Plautus
Die Zwillinge (Menaechmi)
Plautus

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Dritter Act.

Erste Scene.

Kehrwisch. Ueber dreißig Jahre bin ich jezt hinaus; doch macht' ich nie,
Seit ich lebe, solchen dummen, solch verruchten Streich, wie heut,
Wo ich in die Volksversammlung (o der Schmach!) mich eingedrängt.
Während ich das Maul daselbst aufsperre, macht Menächmus sich
Weg von mir, läuft wohl zu seinem Liebchen hin, und läßt mich steh'n.
Straften ihn doch alle Götter, der die Volksversammlungen
Einst erfand und schon beladne Leute so noch mehr belud!
Sollte man nicht Müßiggänger auserseh'n zu dem Geschäft?
Kämen die nicht zur gebotnen Zeit, so strafte man sie gleich.
Viele gibt's, die Ein Gericht nur täglich essen, nichts zu thun
Haben, und zu keinem Mahle laden noch geladen sind.
Wären die nicht gut genug zu Volks- und Wahlversammlungen?
Gälte das, dann hätt' ich heute nicht die Mahlzeit eingebüßt,
Die so sicher, als ich lebe, mir die Götter zugedacht.
Aber geh' ich: auch die Hoffnung auf die Brocken reizt mich noch.
Doch Menächmus seh' ich dort; er kommt bekränzt heraus.»Er kommt bekränzt heraus.« Die Alten sezten bei ihren Gelagen Blumenkränze auf, damit, wie die Ausleger bemerken, auch die Nase nicht ohne Genuß bliebe. Das Mahl
Ist vorüber; ihn zu holen, komm' ich eben recht daher.

Zweite Scene.

Menächmus II. Kehrwisch.

Menächmus II. (spricht in's Haus hinein zu Erotion, den Mantel haltend)
Bist du's zufrieden, bring' ich den (auf den Mantel deutend)
                                                        dir heute noch
Fein und geschmackvoll ausgepuzt bei Zeit zurück?
Er wird so ganz verändert, daß du sagen wirst,
Das sei der alte nimmermehr.

Kehrwisch. (bei Seite)                     Er trägt das Kleid
Zum Seidensticker, nun das Mahl vollendet ist,
Der Wein getrunken, und der Freund hinausgesperrt.
Ich bin nicht ich, bei'm Himmel, wenn ich diesen Schimpf
Nicht tüchtig räche. Will doch erst aufpassen, was
Er treibt; dann tret' ich näher hin, und red' ihn an.

Menächmus II. Wo, große Götter, gabt ihr einem Menschen je
An Einem Tag mehr Gutes, und ganz unverhofft?
Ich aß, ich trank, war bei dem Dirnchen dort, und stahl
Den Mantel, den kein Andrer mehr besizen wird.

Kehrwisch. (bei Seite)
Nicht deutlich hör' ich, was er da so leise spricht:
Wohl, weil er satt ist, über meinen Theil am Mahl!

Menächmus II. Sie sagt, ich hätt' ihr ihn geschenkt, und meiner Frau
Ihn weggenommen. Als ich sah, sie irre sich,
Da that ich gleich, als wär' ich längst schon ihr Galan,
Und gab ihr Recht in Allem; Alles, was sie sprach,
Da stimmt' ich zu. Was braucht es vieler Worte noch?
Nie ging es mir für so geringen Preis so wohl.

Kehrwisch. Ich trete näher, will ihm einen Possen thun.

Menächmus II. Wer kommt mir hier entgegen?

Kehrwisch.                                                         Was, Abscheulicher,
Schandbild der Menschheit, hinterlistiger Taugenichts,
Spizbube, federleichter Schelm, was that ich dir,
Das dich berechtigt, mich zu Grund zu richten, Kerl?
Was stahlest du dich hinter mir vom Markte weg?
Indeß ich fern war, gabest du dem Mahl den Tod.
Was nahmst du mir, wovon ich Erbe war, wie du?

Menächmus II. Was hab' ich (rede, junger Mensch!) mit dir zu thun,
Daß du mich Fremden, ohne mich zu kennen, schmähst?
Hast du für böse Worte Lust nach böser That?

Kehrwisch. Ich denke, damit hast du schon mich heimgesucht.

Menächmus II. Antworte, bitt' ich, junger Mensch, wie heißest du?

Kehrwisch. Du spottest noch, als wäre dir mein Name fremd.

Menächmus II. Bis heute hab' ich wissentlich dich nie geseh'n,
Noch kenn' ich dich, bei'm Castor; aber wer du seist,
Thu mir die Liebe, falle mir nicht mehr zur Last.

Kehrwisch. Du kennst mich nicht?

Menächmus II.                               Wenn ich dich kennte, sagt' ich es.

Kehrwisch. Wach' auf, Menächmus!

Menächmus II.                                 Meines Wissens bin ich wach.

Kehrwisch. Wie? Kennst du deinen Parasiten nicht?

Menächmus II.                                                         Mein Freund,
Du bist im Oberhause, scheint's, nicht recht gesund.

Kehrwisch. Antworte: hast du heute deinem Weibe nicht
Dies Kleid gestohlen und der Erotion geschenkt?

Menächmus II. Ich habe weder eine Frau, noch stahl ich, noch
Gab ich Erotion das Kleid.

Kehrwisch.                                 Bist du bei Trost?
Das ist verzweifelt. Sah ich nicht in diesem Kleid
Dich aus dem Hause gehen?

Menächmus II.                             Weh dir! Glaubst du denn,
Die Welt sei voll von Gauklern, weil du Einer bist?
Den Mantel hätt' ich angehabt, behauptest du?

Kehrwisch. Ja, wahrlich.

Menächmus II.               Fort zum Henker, wo du hingehörst!
Nein, laß dich lieber als verrückt entsündigen!»Nein, laß dich lieber als verrückt entsündigen.« Vgl. die Anmerkung zu II, 2, 17.

Kehrwisch. Nun geh' ich (Niemand wehre mir's!) zu deiner Frau,
Die ganze Sache rund heraus ihr kundzuthun.
Auf dich zurück fällt aller Schimpf und alle Schmach;
Nicht ungerochen sollst du mir dein Mahl verdau'n.
(Kehrwisch geht ab)

Menächmus II. Wie toll! Sobald mich Einer nur ansichtig wird,
Muß ich mich narren lassen. Doch die Thüre knarrt.

Dritte Scene.

Eine Magd der Erotion. Menächmus II.

Die Magd. (Etwas eingewickelt in der Hand haltend)
Menächmus, das hier, bittet dich Erotion,
Zugleich zum Schmid zu tragen und ein Unzchen Gold
Zu dem gewog'nen Golde noch hinzuzuthun,
Damit er eine neue Spang' ihr fertige.

Menächmus II. Nicht dieses nur, nein, alles Andre, was sie sonst
Verlangt, bestell' ich herzlich gern, das sag' ihr nur.

Die Magd. (indem sie das Eingewickelte öffnet)
Du kennst die Spange hier?

Menächmus II.                           Ja, – daß sie golden ist.

Die Magd. Dieselbe, die du heimlich einst aus ihrem Schrank,
Wie du mir selbst erzähltest, deiner Frau entwandt.

Menächmus II. Das that ich niemals.

Die Magd.                                           Weißt du das nicht mehr? So gib
Die Spange wieder, wenn du dich nicht mehr entsinnst.

Menächmus II. Jezt weiß ich's: halt! Die ist es, die ich ihr geschenkt.

Die Magd. Wohl!

Menächmus II.   Auch ein Armband gab ich ihr. Wo blieb denn das?

Die Magd. Das gabst du nie.

Menächmus II.                     Zugleich mit diesem (auf die Spange deutend)
                                                                        gab ich's ihr.

Die Magd. Nun, willst du's ihr besorgen?

Menächmus II.                                         Gern; und sage nur,
Gewand und Spange bring' ich ihr zugleich zurück.

Die Magd. Mir, mein Menächmus, laß ein Paar Ohrringe dann,
Gefaßt mit Perlen, machen, nur zwei Lothe schwer,
Damit ich gern dich sehe, wenn du uns besuchst.

Menächmus II. Gut, gib das Gold; ich zahle dann den Macherlohn.

Die Magd. O gib's von Deinem! Späterhin erstatt' ich's dir.

Menächmus II. Nein, gib's von Deinem!

Die Magd.                                               Doppelt geb' ich's dir zurück.

Menächmus II. Ich hab' es nicht.

Die Magd.                                   Doch wenn du's hast, dann gibst du mir's? –
Verlangst du sonst was?

Menächmus II.                     Sage nur, ich sorge schon, –
(bei Seite)
Es loszuschlagen, so geschwind, so hoch es geht.
(die Magd geht ab)
Ging sie hinein? – Wohl ging sie, schloß die Thüre zu.
(frohlockend)
Die Götter alle schüzen, fördern, lieben mich.
Was säum' ich aber, jezo die gelegne Zeit
Zu nüzen, und aus diesem Kupplernest zu flieh'n?
Menächmus, eile, rühre dich, gib Fersengeld!
(er reißt sich den Kranz ab)
Weg, weg den Kranz! Den werf' ich linker Hand hinweg,
Daß, wer mir nachkommt, glaube, hier sei ich hinaus.
Jezt such' ich meinen Sklaven auf, daß er von mir
Das Glück erfährt, das gute Götter mir gegönnt.
(geht ab.)


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