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Drittes Buch.

Erstes Kapitel.

Nachdem die Königin gestorben war, kam ein Testament zum Vorschein, in welchem sie sechzehn von ihren Räten und Hofleuten zu Governatoren des Reichs ernannte und ihre Krone dem jüngern Bruder Ludwigs III., Renatus, Herzog von Lothringen, hinterließ. Der Stadt Neapel vermachte sie eine große Summe Geldes und verteilte noch mehrere Legate an die Ihrigen sowohl als an den Visconte in Mailand und die Genueser. Von vielen ward jenes Dokument für untergeschoben gehalten. Flavius Blondus, ein Zeitgenosse, sagt ausdrücklich von den Governatoren: »a quibus testamentum illius nomine, subornatis qui se notarios et testes subscribent, est confictum.« Die Neapolitaner jedoch pflanzten sogleich die Fahne des Renatus und die des Papstes auf und erwählten zwanzig Volksvertreter aus den höhern und niedern Ständen, um der Regierung zur Seite zu stehn, Zwiespalt und Ränke zu verhindern. Gesandte wurden sofort nach der Provence geschickt, um den neuen Oberherrn in sein Erbreich einzuladen.

Bald nach dem Tode der Königin landete Giovanni Ventimiglia in Kalabrien, von Alfons gesendet. Er brachte dem Fürsten von Tarent Verstärkungen und zugleich den Stab des Großkonnetabels. Caldora lag unterdessen krank in Bitonto und schickte seine Söhne Antonio und Berlingiero gegen den Orsino, und diese forderten ihn zur offenen Schlacht heraus. Dem Fürsten riet jedoch Minicuccio von Aquila, den er in seinen Sold genommen, jene Ausforderung zurückzuweisen, da es ihm nicht gezieme, sich selbst und seine wieder erworbenen Besitzungen gegen zwei Abenteurer aufs Spiel zu setzen, die nichts zu verlieren hätten. Caldora indessen, der es nicht verschmerzen konnte, bei der Verteilung des königlichen Nachlasses entfernt zu sein, ließ sich in einer Sänfte nach Neapel tragen und erhielt einen Teil des Raubes, indem zugleich ein neuer Soldvertrag mit ihm abgeschlossen wurde. Ebenso wurden der Graf von Pontadera und Micheletto von Cotignola geworben, und das Heer bestand bald aus 6000 Reitern und 10 000 Mann Fußtruppen, Neapel stellte aus seinen Mitteln noch eine eigene Stadtwache, und es ward beschlossen, daß die Volksvertreter zweimal die Woche am Staatsrat teilnehmen sollten, welcher sich täglich drei Stunden vormittags und drei Stunden des Abends versammelte. Mazzella.

Als Papst Eugen durch Gesandte erklären ließ, daß nur derjenige die Krone erhalten könne, dem er sie selbst verleihe, und daß er den Patriarchen von Alexandrien, Giovanni Vitellesco, als Statthalter nach Neapel senden werde, ward ihm zu wissen gethan, daß man dem rechtmäßigen König Renatus getreu bleiben wolle. Bloß die Städte und Flecken in den Abruzzen schlossen einen Bund und verkündeten, nur ein vom heiligen Vater eingesetztes Oberhaupt anerkennen zu wollen.

Alfons hatte die Nachricht vom Tode Johannas in Messina vernommen und sogleich den Carasello Caraffa ins Königreich geschickt, um die Barone und ihre Gesinnungen auszuforschen. Dieser hatte mit dem Herzog von Sessa und andern unterhandelt, welche sich bereit zeigten, den König aufs entschiedenste zu unterstützen. Der Herzog hatte bereits seine Thätigkeit begonnen. Ein Vasall von ihm, Giovanni Caramanico, war Befehlshaber der Burg von Capua, und diesen suchte er zu bereden, ihm die Stadt in die Hände zu liefern. Caramanico zeigte sich bereitwillig, erklärte jedoch, daß vor allem das Kastell an der Volturnobrücke in seiner Gewalt sein müsse, ehe er die Stadt übergeben könne. Sollte ihm dieser Streich gelingen, so wolle er mit dem Horn ein Zeichen geben. Hierauf brachte er einen seiner Freunde, der auf der Brücke des Kastells die Wache hatte, auf seine Seite, und dieser ließ des Nachts verabredetermaßen ein Seil vom Turme herab, und an diesem kletterten die unten harrenden Soldaten des Herzogs von Sessa empor. Nur dreien jedoch glückte dieses Wagestück wegen der Höhe und Steilheit der Mauern. Caramanicos Freund verbarg dieselben, und da er gegen die Besatzung mit Gewalt nichts auszurichten vermochte, so lockte er sie einzeln unter dem Vorwande eines Auftrags zu sich und ließ sie gefangen setzen. Ebenso gelang es, den Befehlshaber selbst zu verhaften Caramanico wurde bald von diesem günstigen Ereignis unterrichtet, wagte aber noch nicht, die Maske fallen zu lassen, weil er sich vor dem Citatino, dem die Truppen in der Stadt anvertraut waren, fürchtete. Da geschah es, daß Citatino zwei Bürger, die miteinander haderten, festnehmen und in die Burg führen ließ. Hierauf benachrichtigte Caramanico den Citatino, die beiden Bürger wünschten sich in des letztern Gegenwart zu vergleichen, und er möchte sich daher in die Burg begeben. Citatino kam, ward aber auf der Schwelle des Schlosses verhaftet und von seinen Begleitern getrennt. Nun gab Caramanico das Zeichen mit dem Horn; der Herzog von Sessa führte die Seinigen heran und eroberte Capua ohne Blutvergießen. Fazius.

Schleunig wurde hievon Alfons in Sicilien benachrichtigt und um baldige Hilfe angesprochen, da sich Capua gegen das Heer von Neapel, das zu erscheinen nicht lange zaudern würde, mit Schwierigkeit halten könne. Auch ward er um eine persönliche Zusammenkunft gebeten, da man sich über die fernere Führung des Kriegs nicht vereinigen konnte. Alfons begab sich hierauf mit sieben Galeeren nach Ischia, und von da landete er unweit Sessa auf dem Gebiet des Herzogs. Dieser nebst den andern Baronen ging ihm ans Ufer entgegen, und der König lud sie in sein Schiff, um bei einem fröhlichen Mittagsmahle die nächsten Angelegenheiten zu besprechen. Alfons hätte vor allen Dingen gern Gaeta wegen der Sicherheit des Hafens in seiner Gewalt gehabt. Die Barone erklärten jedoch, daß sie die Ihrigen in Capua nicht entbehren könnten, wenn man diesen wichtigen Besitz nicht wieder preisgeben wolle; ja, daß zur Behauptung dieses Platzes Truppenverstärkungen nötig seien. Einstimmig wurde beschlossen, den Fürsten von Tarent nach Capua zu berufen; unterdessen sollten die Infanten in Sicilien die königliche Flotte ausrüsten. Mitten durch die Feinde fand Carafello den Weg zu dem Orsino, der sich bereitwillig zeigte, mit einer bedeutenden Heerschar aufzubrechen. Als ihm Berlingiero Caldora bei den caudinischen Pässen die Straße versperrte, ging er über Cerito und schlug ein Lager bei Francolisi. Nachdem er eine Zusammenkunft mit Alfons gehabt, warf er einen Teil seiner Truppen nach Capua. Caldora und Pontadera eilten herbei, um die Stadt zu belagern, und mehrere unentschiedene Gefechte fanden statt. Doch verzögerte Caldora geflissentlich einen ernsthaften Angriff; denn er wünschte, daß ihn im Fall der Einnahme die Governatoren zum Herrn von Capua machten, wie es früher Braccio und Sergianni besessen hatten. Die Governatoren erklärten jedoch, hiezu keine Vollmacht zu besitzen.

Zweites Kapitel.

Alfons hatte sich unterdessen mit seinen Galeeren nach Gaeta begeben, dessen Besitz er als den Entscheidungspunkt des ganzen Krieges betrachtete. In Gaeta befanden sich damals Ottolin Zoppo, Gesandter des Herzogs von Mailand, und Francesco Spinola mit einer genuesischen Besatzung, welche der Senat von Genua, wie es schein:, aus eigner Machtvollkommenheit gesandt hatte, teils aus verjährtem Haß gegen die Katalanen, teils weil sich in Gaeta große Niederlagen genuesischer Kaufmannswaren befanden. Den Ottolino hatte der Visconte an die Königin Johanna geschickt, um ihr sein Beileid über den Tod Ludwigs III. zu bezeugen und wahrscheinlich um eigene Ansprüche auf Neapel geltend zu machen. Als jedoch Ottolino in Gaeta ankam, erfuhr er den Tod der Johanna. Summonte.

Alfons belagerte nun die Stadt zu Wasser und zu Land und schnitt alle Zufuhr ab, nachdem er auch den Fürsten von Tarent mit einem großen Teil der Seinigen an sich gezogen hatte. In Capua blieb Ventimiglia zurück. Der Berg über Gaeta, auf welchem der sogenannte Turm des Orlando steht, geriet durch Bestechung in des Königs Gewalt. Er lag zwar schon damals innerhalb der Befestigungen, es war jedoch zwischen demselben und der eigentlichen Stadt noch eine zweite Mauer gezogen. Sofort sahen sich die Gaetaner aufs höchste bedrängt, und noch mehr als die Belagerungswerkzeuge, gegen welche sie sich durch Wollsäcke schützten, bestürmte der Hunger. Außer dem Getreide, wovon wenig vorhanden war, diente besonders der Zucker als Nahrungsmittel, dessen sich viel in den Warenspeichern vorfand und welchen Spinola in kleinen Raten verteilen ließ. Fazius. Endlich entschloß man sich, alle Waffenunfähigen mit Gewalt aus der Stadt zu stoßen. Die Begleiter des Königs rieten demselben, sie nach Kriegsrecht zurückzutreiben. Als jedoch diese Verjagten von den Gaetanern mit Steinwürfen verfolgt wurden und sich verzweifelnd vor dem Lager Alfonsens auf die Kniee warfen, erbarmte er sich der Unglücklichen und ließ sie mit Speise erquickt ihres Wegs ziehn. Während aber die Not in Gaeta wuchs, verlangten die Einwohner von Ottolino (Spinola lag an einer Wunde danieder), daß mit dem Könige unterhandelt würde, Ottolino erbat sich daher von Alfons als Unterhändler den unter dem Namen Panormita bekannten Lehrer des Königs, mit welchem dieser die Alten zu lesen pflegte. Panormita kam in die Stadt. Er stellte den Gaetanern die Uebermacht des Königs, die wenige Hoffnung auf Entsatz vor Augen, er nannte den Hunger das einzige Uebel, dessen Ertragung unmöglich sei. Sodann verwies er auf Alfonsens Großmut und erklärte, daß man entweder zu siegen fähig sein oder dem Sieger gehorchen müsse. Fazius. Die Gaetaner zeigten sich jedoch zu keiner Uebergabe geneigt und erbaten sich eine gewisse Frist, die der König um so weniger bewilligte, als unterdessen auch die Infanten mit der Flotte aus Sicilien angelangt waren. Ottolino, gegen den Willen Spinolas, erschien selbst im feindlichen Lager, um mit Alfons zu unterhandeln; jedoch ohne Erfolg. Letzterer begann einen allgemeinen Sturm, ward aber zurückgeworfen.

Unterdessen hatte man in Genua vierzehn Schiffe ausgerüstet, um den Belagerten beizustehn. Nicht ohne Widerstreit des Adels und nur durch den herzoglichen Einfluß ward zum Befehlshaber Biagio Assereto ernannt, von plebejischer Abkunft, aber als Seeheld berühmt. Um die Stärke der aragonischen Flotte auszuforschen, war Benedikt Pallavicini unter dem Vorwand an Alfons gesandt, daß er sich mit ihm wegen der Uebergabe Gaetas verständigen solle. Ihm ward vom Könige vergönnt, sich in die Stadt zu begeben, die er zum Widerstand aufmunterte und schleunige Hilfe versprach. Dem Könige brachte er die Nachricht zurück, daß es unmöglich sei, die Gaetaner zur Nachgiebigkeit zu bereden, worauf er sich nach Genua zurückbegab. Lengueglia, Guerra de' Genovesi contro Alfonso Primo.

Bald darauf langte im Lager des Königs die Nachricht an, daß eine genuesische Flotte herannahe. Da Alfons im Golf von Gaeta seine Schiffe nicht hätte entfalten können, beschloß er, dem Feinde ins offene Meer entgegen zu fahren. Er selbst übernahm den Oberbefehl, damit unter den Infanten kein Rangstreit entstehe, und steuerte nach der Richtung der Ponzainseln. Eine Anzahl Fahrzeuge ließ er zurück, um die Stadt blockiert zu halten.

Als die Flotte von den Genuesern bemerkt wurde, schickten sie einen Trompeter an den König. Sie verlangten, hieß es, mit ihm keinen Krieg; er möchte erlauben, daß sie das ihnen verbündete Gaeta mit Lebensmitteln und Soldaten unterstützten, dann würden sie ohne Feindseligkeit nach Genua zurückkehren. Alfons behielt den Boten zwei Tage lang auf dem Schiffe und besprach sich erst vielfach mit den Seinigen. Seine eigene Meinung war ganz für das Wagstück einer Schlacht; er haßte die Genueser und glaubte ihnen wegen Bonifazio Wiedervergeltung schuldig zu sein. Ueberdies vertraute er auf die Größe seiner Schiffe, auf den Mut seiner Truppen, auf seine Ueberlegenheit an Streitkräften. Gleichwohl gab es manche im Rat des Königs, die sich einem zu liefernden Seetreffen widersetzten. Die Genueser, sagten sie, hätten bessere Matrosen, und daran läge in einer Seeschlacht mehr als an den Truppen selbst. Die Größe der aragonischen Schiffe sei kein Vorteil bei einer so windstillen Jahreszeit (es war im hohen Sommer), sie würden sich bloß durch ihre Unbeweglichkeit auszeichnen. In einem Kriege, bei dem so viel auf Wind und Wetter ankommt, dürfe man die Person des Königs nicht mutwillig aussetzen. Besser sei es, nach Gaeta zurückzuschiffen, um die Zufuhr zu verhindern, wozu die großen Lastschiffe tauglicher seien als zum Gefecht. Bracelli. Fazius.

Alfons war für solche Vorschläge taub. Jedoch sandte er mit dem Trompeter den Grafen von Venafro, Francesco Pandone, an den genuesischen Admiral und ließ gemäßigte Bedingungen vorschlagen. Wolle Assereto sein Vorhaben aufgeben, so verspreche Alfons, dem Spinola mit den Seinigen freien Abzug zu gewähren, im Falle Gaeta erstürmt werde. Was die in der Stadt niedergelegten Kaufwaren betreffe, so verspreche er, dieselben unter seine eigene Obhut zu nehmen. Beschließe man aber einen ungleichen Kampf, so solle man die Uebermacht der königlichen Flotte in Erwägung ziehn und nicht Genua zu Grunde richten wollen, um Gaeta zu retten, das Alfons bloß als rechtmäßiger Besitzer in seine Gewalt bekommen wolle. Hierauf erwiderte Assereto: Den Belagerten beizustehn, habe Genua sein Wort verpfändet; nicht über die Sicherheit der Genueser wolle man unterhandeln, sondern über die der Gaetaner. Daß er unverrichteter Dinge umkehre, würden selbst seine Soldaten nicht zugeben. Lengueglia.

So rüstete man sich gegenseitig zur Schlacht, die in den ersten Tagen des August unweit der Insel Ponza statthatte. Vom frühen Morgen bis zum Einbruch der Nacht wurde gekämpft. Gleich im Anfange des Treffens hatte Assereto dem Jakob Giustiniani befohlen, mit drei Schiffen scheinbar die Flucht zu ergreifen. Der Infant Don Enrique wollte sie verfolgen, ward aber von Alfons zurückgehalten. Außer dem Admiralschiff Asseretos und noch zweier andern war jedes der genuesischen Fahrzeuge gezwungen, gegen zwei aragonische zu fechten. Die kämpfenden Schiffe ketteten sich mit Haken aneinander, so daß der Ausweg zur Flucht unmöglich wurde. Bald zeigte sich der Vorteil, den die seegeübten Genueser vor den Landtruppen des Königs voraus hatten. Von den letztern konnten sich wenige auf den Verdecken aufrecht halten, viele wurden von der Seekrankheit befallen. Das königliche Schiff, die Mañana, hatte gleich im Anfange das feindliche des Assereto mit großem Ungestüm angegriffen; aber dieses drehte sich plötzlich und stieß mit solcher Gewalt wider das Hinterteil der Mañiana, daß dieselbe sich völlig auf eine Seite neigte und den Geschossen der Genueser offnen Spielraum darbot. Hievon war besonders Ursache, daß Alfons außer dem obern Mastkorb noch einen zweiten in der Mitte des Hauptmastes hatte befestigen lassen, der mit Soldaten erfüllt war. Fazius. Der ganze Ballast war bereits auf die geneigte Seite herabgesunken, und der untere Raum begann leck zu werden. Während die Mañana sich in dieser Bedrängnis befand, sah sie mit einemmale die drei von Giustiniani befehligten Schiffe umkehren und gegen sich heransegeln. Der Angriff der Neuhinzugekommenen war so heftig, daß Alfons gezwungen war, sich mit einigen Fürsten unter das erste Verdeck zu verfügen, ohne sich jedoch ergeben zu wollen. Vergebens hatte sich eine aragonische Galeere an die Mañana angelegt, um den König zur Flucht zu bewegen. Das Verdeck war von den Pfeilen und Wurfzeugen der Genueser besät; sie bedienten sich zugleich des Oels, um den Boden zu verunsichern, und des Kalks, der die Luft dergestalt verfinsterte, daß kaum Freund und Feind sich mehr unterscheiden konnten. Giornali del Duca. Der König war wieder aufs Verdeck emporgestiegen, um mit den Seinigen zu sterben oder, wo möglich, zu entrinnen. Aber auch diese letzte Ausflucht wurde vereitelt. Die Genueser, deren viele bereits auf der Mañana kämpften, hatten die katalanischen Matrosen vermocht, die Taue des Mastbaums zu durchschneiden, so daß dieser mit Krachen herabstürzte. Als nun ein großes Wurfgeschoß unmittelbar an der Seite des Königs niederfiel und das Schiff jeden Augenblick mehr Wasser schöpfte, drangen die Fürsten auf das entschiedenste in Alfons, sich ins Unabänderliche zu fügen und nicht durch einen freiwilligen Tod die Hoffnung künftiger Triumphe zu vereiteln. Schon früher hatte sich der König von Navarra mit seinem Schiffe dem Galeotto Lomellino übergeben. Alfons forschte nun nach den Namen der feindlichen Hauptleute, und als er hörte, daß ein Giustiniani dabei sei, welche Familie damals die Insel Scios als Souverän beherrschte, so ergab er sich in dessen Hände und ward vermittelst einer Brücke auf das feindliche Verdeck gebracht. Collenucio. Bracelli.

Am andern Morgen übergaben die verschiedenen Schiffshauptleute ihre Gefangenen dem Admiral, und Alfons erklärte, daß er sich in die Verfügung des Herzogs von Mailand stelle. Außer den beiden Königen fielen auch der Infant Don Enrique, der Fürst von Tarent, der Herzog von Sessa, der Graf von Venafro, Minicuccio von Aquila nebst einer namhaften Anzahl sicilianischer und katalanischer Großen in die Hände der Sieger. Die Menge der geringern Gefangenen war so bedeutend, daß sie Assereto ohne Lösegeld freiließ, weil sie seiner eignen Mannschaft überlegen waren. Bloß Don Pedro rettete sich mit den Galeeren und einem Kriegsschiff nach Ischia. Dreizehn Schiffe eroberten die Genueser, und als sie in Gaeta anlangten, verbrannten sie dieselben sämtlich im Uebermut des Siegs. Giornali del Duca Unterdessen hatten auch die Gaetaner einen Ausfall auf das Landheer des Königs, das sich wegen der Trauerbotschaft in großer Zerrüttung befand, gemacht, dasselbe zerstreut und im Lager eine ungeheure Beute vorgefunden. Jakob Caldora, der das Gebiet des Herzogs von Sessa verwüstete, kam herbei, um den Raub zu teilen.

Assereto mit seinen Gefangenen verließ jedoch Gaeta bald wieder, unter dem Vorwand, einen Streich auf Ischia auszuführen. Der eigentliche Grund mochte sein, daß er nicht unter Spinolas Befehlen stehn wollte, welcher letztere der republikanischen Partei in Genua zugethan war, während Assereto sich unter dem Einflüsse des Visconte befand. Dem Könige ward nun der Antrag gestellt, Ischia und die Kastelle von Neapel den Siegern zu überliefern, was er jedoch auf das standhafteste ablehnte. Als die Flotte ungefähr tausend Schritte von Ischia entfernt war, wurde sie durch einen heftigen Sturm zerstreut und sammelte sich erst später wieder bei der Insel Ponza. Anstatt aber nach Ischia umzukehren, richtete Assereto seinen Lauf nordwärts und landete in Porto Venere. Dort fand er einen Boten des Visconte, welcher ihm befahl, den König nicht nach Genua, sondern nach Savona zu führen, von wo ihn der Herzog nach Mailand wolle bringen lassen. Im Angesicht der Schiffshauptleute, die sämtlich der genuesischen Adelspartei angehörten, ein solches Vorhaben in Vollzug zu setzen, wagte Assereto keineswegs. Er bediente sich daher folgender List: Alle Befehlshaber, so gebot er, sollten am nächsten Morgen die sämtliche Beute ausliefern, damit eine gleiche Verteilung derselben veranstaltet werde. Hiezu waren jene wenig geneigt und schifften voraus nach Genua. Fazius. Das Admiralschiff indessen, das zurückgeblieben, steuerte gegen Savona und gab dort den König in die Hände des herzoglichen Statthalters. Vergebens warteten die Genueser ungeduldig auf die Ankunft des erlauchten Gefangenen.

Drittes Kapitel.

Unterdessen waren die neapolitanischen Gesandten, welche den Thronerben aus der Provence abzuholen bestimmt waren, in Marseille angelangt. Hier erfuhren sie aber, daß Renatus sich in der Gefangenschaft des Herzogs von Burgund befinde, und so waren denn die beiden Kronbewerber des unglücklichen Reichs ihrer Freiheit beraubt.

Renatus hatte sich in zartem Alter mit der Tochter des Herzogs von Lothringen vermählt und dieser ihn zum Erben eingesetzt, welches Erbrecht auch von Kaiser Sigismund anerkannt worden war. Renatus setzte sich in Besitz des Landes, nachdem der Kardinal von Bar, Bruder des letzten Herzogs, im Jahre 1430 gestorben. Aber Anton von Vaudemont, Neffe des in der Schlacht bei Azincourt getöteten Karls, behauptete, Lothringen sei ein Mannslehen und könne nicht auf die Tochter des Verstorbenen übergehn. Er gehörte zur burgundisch-englischen Partei, während Renatus, nachdem das Mädchen von Orleans den Dauphin nach Reims geführt, seine Waffen mit denen der Franzosen vereinigt hatte. Daher bewilligten die burgundischen Stände, die durch die Besitznahme des Renatus einen neuen Feind an ihren Grenzen sahn, eine Geldsumme, um die Ansprüche Antons zu beschützen. Hiezu forderte sie besonders der Marschall von Toulongeon auf, der Antons Freund war. Barante, Histoire des Ducs de Bourgogne.

Schwer ward es jedoch diesen beiden, eine Anzahl Truppen zusammen zu bringen; denn Philipp der Gute von Burgund wollte seine übrigen Provinzen nicht entblößen. Endlich brachte man ein kleines Heer aus, meist aus Abenteurern und Bastarden vornehmer Familien zusammengesetzt. Das Heer des Renatus jedoch war ebenso zahlreich als ansehnlich; ihn begleiteten viele lothringische und deutsche Herren. Bei Bulligneville traf man zusammen. Der Marschall, der die Burgunder befehligte, wollte sich wegen der Uebermacht des Feindes zurückziehn; aber Renatus schnitt ihnen den Weg ab. Uebermut war die Stimmung seiner Truppen, welche von jeher zur Niederlage geführt hat. Die Burgunder verschanzten sich hinter ihr Gepäck und stellten auf beiden Flügeln einiges Geschütz auf. Man beschloß, zu Fuß, nach Weise der Engländer, zu kämpfen. Renatus, nachdem er eine Herausforderung an den Marschall erlassen, drang vor. Aber die Seinigen wurden gleich im Anfange durch die feindlichen Feldschlangen in Unordnung gebracht. Bald darauf fiel einer der angesehensten Hauptleute; Renatus selbst ward verwundet und gefangen, ebenso der Bischof von Metz. Der Sieg Burgunds war vollständig, und der Marschall führte den Renatus nach Dijon. Dort besuchte ihn sechs Monate später der Herzog von Burgund. Renatus, der sich in seiner Einsamkeit mit Poesie und Malerei beschäftigt, machte demselben ein Geschenk mit zwei Gemälden auf Glas, worauf er Philipp den Guten selbst und dessen Vater abgebildet. Der Herzog ließ sie in die Kirchenfenster der Kartause einsetzen. Barante.

Isabelle, die Gemahlin des Renatus, wandte indes alles an, um ihren Gatten zu befreien. Ebenso der lothringische Adel. Diese Befreiung gelang endlich im Jahre 1432; doch unter der Bedingung, daß sich Renatus bei dem Aufruf des Herzogs wieder zu stellen habe. Seine Söhne gab er als Geiseln. Da man sich nun über die förmliche Auslösung nicht verständigen konnte, kehrte er später in seine Haft zurück und ward in einem Schlosse bei Salins gefangen gehalten. Der Herzog erlaubte ihm, als die Gesandten von Neapel in Burgund ankamen, dieselben in Dijon zu bewillkommnen. Doch gab er ihm trotz der Verwendungen des Königs von Frankreich seine Freiheit nicht zurück, da er mit Alfons ein freundschaftliches Verhältnis unterhielt.

Die Gesandten beredeten nun des Renatus Gemahlin, ihnen nach Neapel zu folgen. Isabelle schiffte sich mit ihrem zweiten Sohne, der den Titel Marquis von Piemont führte, ein und landete im Oktober 1435 mit vier Galeeren in Gaeta. Da sie dem Ottolino Zoppo mißtraute, führte sie ihn als herzoglichen Botschafter mit sich nach Neapel und veränderte den Magistrat, welches ihr jedoch später zu großem Nachteile gereichte. In Neapel ward sie mit allgemeinem Jubel als Königin empfangen und unter dem Baldachin durch die Stadt begleitet. Selbst der Graf von Nola, wiewohl des Verständnisses mit Alfons verdächtig, huldigte ihr. Den Jakob Caldora ernannte sie zum Großkonnetabel.

Dieser letztere hatte sich von Gaeta nach Sessa zurückgewandt und belagerte die Stadt. Um sich von ihm zu befreien, pflanzten die Sessaner die Fahnen des Visconte auf, und Caldora ward auf Ottolins Mahnung veranlaßt, Sessa zu verlassen, und kehrte nun alle seine Streitkräfte gegen Capua, in dessen Besitz er als Fürst zu gelangen hoffte. Er schlug eine Schiffbrücke über den Volturno und schickte einen Teil des Heers unter Micheletto Attendolo und Antonio Pontadera auf das jenseitige Ufer, um die Stadt von beiden Seiten einzuschließen. Capua war durch Mangel an Lebensmitteln nicht minder als durch innern Parteizwist bedrängt; Ventimiglia jedoch wußte die Ordnung zu behaupten und knüpfte Unterhandlungen mit Pontadera an. Caldora erhielt hievon Nachricht und ließ den Pontadera zu sich entbieten. Dieser aber leugnete hartnäckig, und Caldora, der vielleicht einen Soldatenaufstand befürchtete oder den Micheletto, Antonios Freund, nicht beleidigen wollte, entließ ihn wieder zu den Seinigen. Fazius. Pontadera empfing nun von Ventimiglia dreitausend Goldgulden, verheimlichte den Verrat nicht länger und zog sich mit seinen Söldlingen nach der römischen Kampagne, wo seiner jedoch ein trauriges Schicksal harrte, das wir später erzählen werden. Micheletto allein vermochte sich nicht zu halten und vereinigte sich mit Caldora. Dieser hatte unterdessen die Nachricht erhalten, daß die Grafen von Sora und Laureto (von Alfonsens Partei) seine Besitzungen in den Abruzzen verheerten. Er hob daher, ohnedem geschwächt, die Belagerung von Capua aus und eilte nach den Abruzzen, wo er nicht nur sein Eigentum wieder eroberte, sondern auch die Feinde hart in die Enge trieb. Micheletto wandte sich nach Kalabrien und brachte die ganze Provinz bis auf die Stadt Scilla in seine Gewalt. Ihn begleitete der Marquis von Piemont, damals ein zehnjähriger Knabe.

Viertes Kapitel.

Die Königin Isabella erwarb sich indessen das allgemeine Zutrauen. Ihre glänzende Schönheit, ihr kluges und herablassendes Betragen, die Art, wie sie alle zu gewinnen, allen ein geneigtes Gehör zu schenken wußte; dabei die Sittsamkeit ihres Wesens, worin sie so sehr von ihrer Vorgängerin abwich, war für die Neapolitaner ein so seltnes und hinreißendes Schauspiel, daß sie mehr wie eine Gottheit als eine Sterbliche verehrt wurde. Mazzella. Leider sollte das glückliche Gestirn, unter dem sie ihre Herrschaft antrat, seine Stellung bald verändern. Während sie die Haft ihres Gemahls beklagte, konnte es ihr zum Troste gereichen, daß auch der Gegner sich in fremder Gewalt befinde; plötzlich aber langte die Nachricht an, Alfons sei befreit und nähere sich dem Königreich.

Alfons, der mit königlicher Auszeichnung behandelt wurde, war von Savona nach Mailand gebracht worden. Bis zehn Millien vor der Stadt ging ihm Piccinino entgegen. Die Herzogin, welche ihm gleichfalls entgegenkam, kniete vor ihn: nieder. Zurita. Er ward außer der Stadt in den Palast geführt, welchen die letztere zu bewohnen pflegte. Nach dreien Tagen erst ward er in die Burg begleitet. Der Herzog hatte sich an einem Ort verborgen, wo er, ohne bemerkt zu werden, den König betrachten konnte.

Filippo Visconte, einer der bedeutendsten aber rätselhaftesten Charaktere jener Zeit, lebte fast von aller menschlichen Gesellschaft getrennt mit einigen Lieblingen in den geheimsten Gemächern seiner Paläste. Von dort aus regierte er, und dort brütete er beständig kriegerische Plane, obwohl persönlich dem Waffenhandwerk abgeneigt. Bloß die Jagd liebte er leidenschaftlich. Feldherrntalente ehrte er vor allen, Kunst und Wissenschaft wenig; doch bezeugt die große Vorliebe, die er für Dante und Petrarca empfand, den Tiefsinn seines Geschmacks, während er die Dichter seiner eignen Zeit verachtete. Zweizüngigkeit in Rede und Schrift war ihm zur andern Natur geworden; in alle Kunstgriffe des Herrschens schien er eingeweiht. Aber während er auf der einen Seite seinen Umgebungen überlegen war, folterten ihn auf der andern Gespensterfurcht und ein bis ins Kleinlichste gehender Aberglaube; und die Widersprüche, von denen sein Leben voll war, begleiteten ihn bis ins Grab. Er, der unaufhörlich vor dem Tode gezittert hatte, starb zuletzt mit der größten Fassung, ja beinahe freiwillig, da er die Ratschläge der Aerzte zurückwies. Candidus Decembrius, Vita Philippi Vicecomitis.

Dieser Mann war es, der in dem Zeitpunkte, von dem wir sprechen, zum Schiedsrichter Italiens berufen war. Schwer fiel es ihm, seine Menschenscheu zu überwinden und seinem erlauchten Gast persönlich entgegenzutreten. Endlich ward festgesetzt, daß bei der ersten Zusammenkunft bloß von gleichgültigen Dingen die Rede sein solle. Hierauf erschien der Visconte vor dem Könige mit entblößtem Haupte und gebeugtem Knie. Bracelli. Man unterhielt sich über Gegenstände der Jagd, einem Vergnügen, dem auch Alfons besonders ergeben war. Des andern Morgens schickte ihm der Herzog Falken und Pferde zum Geschenk. Sie sahen sich hierauf öfters und jagten zusammen im herzoglichen Park. Hier gelang es nun bald Alfonsen, den Visconte ganz für sich einzunehmen. Dazu trug nicht wenig Niccolo Piccinino bei, der seine Absichten gegen Francesco Sforza, den der König haßte, durch diesen durchzusetzen hoffen konnte. Auch bedurfte Filippo kaum der Einflüsterungen eines andern, um gewahr zu werden, wie gefährlich es sei, den Franzosen in Italien festen Fuß fassen zu lassen, da Mailand und Genua leicht die ersten Opfer davon sein konnten. Er entschied sich daher für die katalanische Partei, wiewohl der Erfolg auf die Länge den Erwartungen nicht entsprach. Seine Astrologen konnten ihm nicht vorhersagen, daß seine eigene Nachkommenschaft und die des Königs von Aragonien von demselben Schlage sollte zerschmettert werden, und noch weniger, welch ein Weltreich im Westen von Europa sollte gegründet werden, um den Ruin Italiens zu vollenden. Sehen wir doch in unsern eignen Tagen weit deutlichere Wahrzeichen verachten und aus ähnlicher Franzosenfurcht den Untergang von Europa beschleunigen!

Der Visconte entließ alle seine Gefangenen ohne Lösegeld. Der König von Navarra und Don Enrique begaben sich nach Spanien, und ersterm wurde die Statthalterschaft von Aragonien anvertraut. Der Fürst von Tarent und der Herzog von Sessa wurden nach Neapel vorausgesandt, um ihre Partei aufs neue zu ermutigen. Alfons selbst eilte über Pontremoli nach Porto Venere, das noch von seinen Truppen besetzt war, um eine neue Flotte vorzubereiten.

Welchen Eindruck diese Begebenheiten in Genua hervorbringen mußten, war vorauszusehn. Da befahl der Visconte den Genuesern, eine Anzahl Schiffe zu Alfonsens Unterstützung auszurüsten; ja, als gaetanische Gesandte nach Genua kamen, um dem Senat für ihre Rettung zu danken, ließ sie der Herzog nach Mailand bringen und als Gefangene behandeln. Nun riß den Genuesern die Geduld. Längst hatte Francesco Spinola auf eine Gelegenheit gelauert, seine Vaterstadt zu befreien. Früher in venetianischer Gefangenschaft, hatte er dort schon Plane zum Verderben des Visconte geschmiedet und Venedigs Beistand angerufen. Er versammelte nun viele der Edeln in seinem Palaste, und in feuriger Rede die Beleidigungen des Herzogs vorstellend, bot er sich zum Haupt der Verschwörung an, wenn es andern an Mut gebrechen sollte. »Nie soll es,« fügte er hinzu, »von Francesco Spinola gesagt werden, daß er sich weniger tapfer für Genua bewiesen als für Gaeta!« Lengueglia.

Mit Thomas Fregoso, dem in Sarzana verbannten Dogen, wurden Unterhandlungen angeknüpft und der Plan gefaßt, den herzoglichen Statthalter, Opizino Alzate, am Weihnachtsabend zu ermorden. Dies ward jedoch wieder aufgegeben. Die ganze Unternehmung schien höchst bedenklich, da der Visconte das Castelletto in Genua und die Festungen im Polceverathale in seiner Gewalt hatte. Endlich bot sich eine andere Gelegenheit dar. Der Herzog, dem die Umtriebe in Genua nicht entgangen waren, schickte einen neuen Statthalter in der Person des Erasmo Trivulzio. Opizino zog demselben vor das Thor S. Tommaso entgegen. Diesen Augenblick eines festlichen Aufzugs benutzte Spinola und brach plötzlich mit einer bewaffneten Schar von Verwandten und Freunden hervor, die Freiheit ausrufend. Das Volk schloß sich ihm an; Erasmo flüchtete ins Castelletto, Opizino suchte in den Straßen der Stadt die Seinigen zu versammeln; doch ward er bald aus den Fenstern durch Steinwürfe von den Frauen verwundet, von dem entrüsteten Volke durchbohrt. Lange lag sein nackter Leichnam vor der Kirche S. Siro als Siegeszeichen. Giustiniano, Storie di Genova Seine Soldaten verschonte man, das Blut eines einzigen sollte genügen. Später wurden auch die Festungen erobert; vergeblich sandte der Herzog den Piccinino, um die Stadt wieder zu unterjochen. Acht Proveditoren wurden ernannt; sie erwählten den Isnardo Guarco, einen siebzigjährigen Greis, zum Dogen. Aber Thomas Fregoso erschien mit den Seinigen, vertrieb ihn aus dem Palast und verkündete, daß sein eignes früheres Recht weder durch die Tyrannei des Visconte, noch durch die Wahl des Isnardo erloschen sei. Folieta, Historia Genuensis.

Fünftes Kapitel.

Der Fürst von Tarent hatte sich zuerst nach Palermo eingeschifft, wo er den Infanten Don Pedro von dem Vorgefallenen benachrichtigte und ihn aufforderte, den König in Porto Venere abzuholen. Hierauf ging er über die Meerenge von Messina nach Kalabrien hinüber. Don Pedro rüstete seine Flotte und schickte ein Schiff mit Lebensmitteln nach Porto Venere voraus, welches, durch heftigen Wind getrieben, schon am dritten Tag anlangte. Er selbst jedoch sah seine Fahrzeuge durch den Sturm zerstreut, und erst im Golf von Gaeta, wo er in bedeutender Entfernung von der Stadt anlegte, gelang es ihm, sie wieder zu sammeln. Da begaben sich einige Männer von Gaeta, die der katalanischen Partei angehörten, zu ihm und stellten ihm als leichte Unternehmung dar, sich der Feste zu bemächtigen. In der Stadt wüte die Pest, der Governatore sei gestorben, die meisten Provençalischgesinnten hätten sich in gesündere Gegenden geflüchtet. Die Wachen seien nachlässig verteilt; man ruhe auf den errungenen Lorbeern. Fazius. Don Pedro ergriff eine so günstige Gelegenheit mit Freuden. Durch Ueberredung und Bestechung gelang es, noch mehrere zu gewinnen. In größter Stille näherte sich die Flotte des Nachts; Leitern wurden an einer wenig bewachten Stelle angelegt; eine Anzahl Katalanen bemächtigte sich des nächsten Turms und öffnete das Thor. Nun drang der Infant mit den Seinigen gewaltsam ein, und nach kurzem Widerstand ergab sich die Besatzung, welche aus der Stadt gejagt und durch aragonische Truppen ersetzt wurde. So erlag Gaeta einer nächtlichen List, um welches Achill und die tausend Kähne vergebens gekämpft hatten.

Auf Panormitas Rat blieb Don Pedro in Gaeta und sandte den Perellos mit den Schiffen nach Porto Venere. Alfonsens Abreise verzögerte sich; denn der Visconte bat ihn, sich mit seiner Flotte gegen Savona zu wenden, welches damals noch in der Gewalt des Herzogs war. Aber ein anhaltend ungünstiger Wind verhinderte den König, den Hafen zu verlassen, und als er die Fahrt antreten wollte, befand sich Savona bereits in den Händen der Genueser, und der Herzog entließ ihn seiner Verpflichtung. Er segelte hierauf nach Gaeta, wo er am 2. Februar 1436, ein Jahr nach dem Tode der Königin Johanna, anlangte. Frühling und Herbst vergingen im Hin- und Herreisen zwischen Gaeta und Capua und in den Zurüstungen eines neuen Heers. Er erbaute damals das Kastell von Gaeta, wie es noch heutzutage vorhanden ist, und nahm den Minicuccio von Aquila mit 200 Lanzen in seinen Sold. Summonte. Währenddessen hatte sich Jakob Caldora nach Apulien geworfen und einen Krieg im Kleinen mit dem Fürsten von Tarent geführt, den jedoch ein Waffenstillstand beendigte. Denn im Oktober waren Minicuccio und Riccio von Montechiaro in den Besitz der Stadt Pescara gelangt, und Chieti war abgefallen. Dorthin eilte der alte unermüdliche Caldora, wiewohl im tiefsten Schmerz über den Tod seines Sohns Berlingiero. Dieser hatte sich in Bari in einen Pagen verliebt, und als er sich des Nachts zu demselben schleichen wollte, ward er von einem Steinwurfe getroffen. Aus Scham verheimlichte er die Wunde und starb daran. Giornali del Duca.

Das Glück war indessen Alfonsen günstig. In Capua führte ihm der Fürst von Tarent seinen Vetter, den Grafen von Nola, zu, der zur katalanischen Partei übertrat. Alfons gab ihm seine Verwandte, Leonora von Aragonien, zur Gemahlin und zur Mitgift Amalfi. Und als Leonora, damals in Spanien, sich dieser Verbindung widersetzte, befahl der König, sie mit Gewalt zu Schiff zu bringen. Zurita. Auch der Graf von Caserta siel von der Königin ab. Mit Hilfe dieser beiden gelang es, Scafati zu erobern, dessen feste Burg auf einer Insel im Sarno lag. Da jedoch Brücke und Ufer des schmalen Flusses besetzt waren, so konnte die Burg nicht lange widerstehn. Alfons schenkte diese Herrschaft dem Grafen von Nola, der auch Sarno besaß. Hierauf wandte er sich gegen Castellamare; die Stadt ergab sich, das Kastell wurde erstürmt. Vergebens suchte er jedoch auf einem Zug durch die caudinischen Pässe den Trojano Caracciolo, Sergiannis Sohn, der Graf von Avellino war, auf seine Seite zu locken. Als er zurückkehrte, überfiel ihn mitten in den Apenninen ein ungewöhnliches Schneegestöber, wodurch viele seines Heers erkrankten. Der Fürst von Tarent bezog hierauf Winterquartiere in Apulien.

Isabella, die bereits einen Teil der nächsten Umgebungen Neapels in der Gewalt der Feinde sah, schickte den Ottino Caracciolo an den Papst nach Florenz, seinen Beistand anflehend. Eugen sandte ihr wirklich ein Hilfsheer, dessen Anzahl sehr verschieden bezeichnet wird. Anführer desselben war Giovanni Vitelleschi, Patriarch von Alexandrien.

Dieser merkwürdige Mann war in Corneto geboren. Nachdem er seine Studien in Bologna vollendet, kehrte er in seine Vaterstadt zurück, wo er sich zum Parteihaupt aufwarf. Ohne gelehrt zu sein, besaß er eine große Beredsamkeit und das Talent, die verwickeltsten Händel mit Leichtigkeit zu schlichten. Bald schloß er sich an den Tartaglia an, der sich damals in Toscanella aufhielt. Dieser benutzte ihn als Schreiber und zu Gesandtschaften, nicht selten auch zum Waffenhandwerk. Als Tartaglia in Aversa enthauptet wurde, kehrte Vitelleschi nach Rom zurück, und Martin V., der seine Gaben zu schätzen wußte, ernannte ihn zum Protonotar. Noch günstiger war ihm das Glück, als Eugen IV. an die Regierung kam. Er hatte diesen Papst früher als Kardinal von Siena kennen gelernt und ihm in Viterbo, wo Eugen sich seiner Gesundheit wegen aufhielt, dienstfertig und hilfreich zur Seite gestanden. Garimberti, Fatti memorabili di alcuni Papi e di tutti i Cardinali passati. Dessen erinnerte sich Eugen, der ein unterwürfiges Anschließen an seine Person besonders liebte, und ernannte ihn zum Bischof von Recanati und später zum Patriarchen von Alexandrien. Als hierauf der Papst durch einen Aufstand der Römer gezwungen ward, nach Florenz zu flüchten, Rom jedoch bald wieder durch eine List des Befehlshabers der Engelsburg in päpstliche Gewalt kam, ward Vitelleschi gesendet, um den Kirchenstaat aufs neue zu unterjochen. Hierbei entfaltete er sein ganzes militärisches Talent und seine ganze Grausamkeit. Er war der Ruffo jener Zeit. Vor allem wütete er gegen die Savellen und Colonnesen. Palästrina, das den letztern gehörte, ward dem Boden gleich gemacht. Den Antonio, Grafen von Pontadera, dessen Söldlinge, wie schon erzählt worden, die Campagna von Rom durchstreiften, nahm er bei Piperno gefangen und befahl, ihn an einen Oelbaum aufzuhängen. Als ihn Pontadera um eine seinem Range mehr angemessene Todesstrafe anflehte, ließ ihn der Patriarch höher als die übrigen und mit zwei Stricken zugleich aufknüpfen. Jovius, Elogia. Pontaderas Neffen erlitten später auf dem Kapitol dieselbe Strafe. Als hierauf der Patriarch seinen Einzug in Rom hielt, ward er mit großem Jubel empfangen. Teils weil er die unruhigen Barone ausgemerzt, teils weil er die Kornpreise (denn es herrschte eine große Teurung) herabgesetzt hatte. Magistrat, Priester und Volk, mit Fackeln und Olivenzweigen in den Händen, gingen ihm bis zum Lateran entgegen und führten ihn unter einem prächtigen Baldachin, der dann dem Volk zur Beute überlassen wurde, bis S. Lorenzo in Damaso, wo der Patriarch vom Pferde stieg und den Hochaltar küßte. Hierauf wurde ihm von der Bürgerschaft eine große Geldsumme in einem goldnen Becher überreicht. Paolo Petroni, Mesticanza, im Muratori.

Sechstes Kapitel.

Es war im April 1437, als der Patriarch die Grenzen des Königreichs überschritt, wohin er schon früherhin einen Streifzug unternommen hatte. Alfons, der ihm ohne die Hilfe des Fürsten von Tarent nicht gewachsen war, wollte sich auf den Rat der Katalanen nach Gaeta zurückziehn. Die neapolitanischen Barone vermochten ihn jedoch, in Kampanien zu bleiben, und da Capua nicht hinlänglich mit Lebensmitteln versorgt war, zog er sich mit dem Heere nach Tiano. Der Patriarch eroberte Cepperano nebst andern Kastellen und drang in Kampanien ein. Da er sich nicht stark genug fühlte, um Capua zu belagern, bat er die Königin um Hilfstruppen, und Isabelle sandte den Antonio Caldora, Sohn des Konnetabels, mit achthundert Reitern. Antonio jedoch verließ das Heer, um seine Gemahlin zu besuchen, und währenddessen ward sein Stellvertreter vom Ventimiglia geschlagen, und fast alle gerieten in Gefangenschaft. Hierauf entsagte der Patriarch der Belagerung von Capua und begab sich nach Neapel, wo ihn Isabella mit Ehrenbezeugungen empfing. Doch zeigte sich bald, daß die Caldoresken, auf seinen Einfluß eifersüchtig, ihn zu unterstützen wenig geneigt seien. Nach drei Tagen zog er sich gegen Aversa und sodann durch die caudinischen Pässe nach Montesarchio, das er verbrannte und plünderte.

Unterdessen hatte Alfons den Fürsten von Tarent herbeigerufen, und dieser schlug ein Lager bei Montefuscolo, während Ventimiglia auf der andern Seite herankam, um den Weg nach Benevent abzuschneiden. Der Patriarch schickte hierauf eine Schar nach Benevent, um Lebensmittel herbeizuführen, indem er vier Schwadronen in den Hinterhalt legte. Der Fürst eilte heran, um sich der Lebensmittel zu bemächtigen, ward aber plötzlich überfallen und mußte sich in sein Lager zurückziehn. Die Folge dieses Siegs war, daß die Burg von Montesarchio, die bisher widerstanden hatte, sich ergab, worauf der Patriarch am frühen Morgen des andern Tags das Heer des Fürsten unversehens angriff und in die Flucht schlug. Der Fürst, der durch einen Weinberg entfloh, verwickelte sich in die Reben, das Pferd stürzte, und er selbst ward gefangen. Collenuccio. Als der Papst diese Nachricht erfuhr, schickte er dem Patriarchen den Kardinalshut. Auch Jakob Caldora, der ein Todfeind des Fürsten war, näherte sich nun dem Vitelleschi. Beide hatten eine Zusammenkunft im Lager des letztern; sie umarmten sich und wechselten ihre gegenseitigen Ansichten über die Führung des Kriegs. Doch war dies Bündnis von kurzer Dauer. Der Papst, der der Familie Orsino vielfach befreundet war, befahl, den Fürsten von Tarent zu befreien, wenn er die päpstlichen Zeichen aufzupflanzen geneigt sei, wozu sich Gian Antonio verpflichtete. Hiedurch fanden sich aber sowohl die Königin als Caldora beleidigt. Schwer ist es übrigens, während dieses ganzen Bürgerkriegs, bei so widersprechenden Nachrichten, den wahren Zusammenhang der Begebenheiten auszumitteln. So viel scheint gewiß, daß der Kardinal Vitelleschi das Land eher im Namen der Kirche als für den König Renatus zu erobern wünschte, während Caldora bei der provençalischen Partei seinen Vorteil zu finden glaubte, wiewohl er auch mit Alfons mehrmals Unterhandlungen anspann. Zurita.

Wiewohl nun Caldora und Vitelleschi einige feste Plätze gemeinschaftlich eroberten, so wurde doch Alfons bald benachrichtigt, daß zwischen beiden eine neue Entfremdung eingetreten sei, wozu die Freilassung des Orsino, wie es scheint, den Anstoß gegeben. Der Kardinal zog allein nach Salern; Alfons hatte sich ins Nolanische geworfen, um ihm entgegenzugehn, dem er nach dem Abmarsche Caldoras beinahe überlegen war. Da kamen ein paar Vitelleskische Reiter ins Lager des Königs, die diesem vorstellten, daß der Kardinal leicht zu einem Waffenstillstande die Hand bieten würde, wozu sich Alfons geneigt zeigte. Doch glaubte er zu diesem Zweck das Vitelleskische Heer noch mehr in die Enge treiben zu müssen und eilte gegen Salern. Auf dem Wege schlug eine Schar Hilfstruppen, welche unter dem Befehl eines Deutschen von Montefuscolo herbeikamen, und nahm einen großen Teil derselben gefangen. Der Kardinal ging hierauf einen zweimonatlichen Waffenstillstand ein und versprach, zwischen König und Papst den Frieden zu vermitteln. Alfons schlug bald nachher ein Lager zwischen Aversa und Neapel, um der Hauptstadt die Lebensmittel abzuschneiden. Die Königin Isabella jedoch wandte alles an, um den Kardinal mit Caldora auszusöhnen, und es gelang ihr mittels des Erzbischofs von Benevent. Die beiden Heere vereinigten sich und zogen die ganze Nacht hindurch bei Fackelschein gegen das königliche Lager. Ein aragonisch gesinnter Baron hatte dem Könige zwölf Briefe in verschiedenen Richtungen zugesandt, die ihn von der bevorstehenden Gefahr benachrichtigen sollten. Alle bis auf einen wurden aufgefangen. Collenuccio, Fazius. Alfons jedoch, teils wegen der Entzweiung der Gegner, teils wegen des mit Vitelleschi abgeschlossenen Vertrags, schenkte der Nachricht keinen Glauben und setzte sich ruhig zur Tafel. Plötzlich erschien ein Bote, welcher aussagte, daß die Feinde bloß noch eine Millie entfernt seien. Alfons stieß den Tisch um und schwang sich aufs Pferd, den Weg nach Capua einschlagend. Nur ein geringer Teil der Mannschaft konnte ihm folgen. Doch dienten ihm die Sümpfe, die sich zwischen Capua und Aversa befinden, zum Anhaltspunkt, und die beutelustigen Feinde zeigten keine Lust, sich der stark besetzten Brücke zu bemächtigen. Gepäck und Hausrat nebst vielen Gefangenen fielen in ihre Hände. Auch die Aversaner machten einen Ausfall ins Lager des Königs, wo sie das Fleisch noch an den Spießen und die Tische gedeckt fanden. Giornali del Duca.

Caldora und Vitelleschi begaben sich hierauf nach Neapel, wo jedoch neuerdings offene Feindseligkeit zwischen beiden ausbrach. Der Kardinal hatte von der Königin die Uebergabe von Aversa verlangt, teils um seine Gefangenen unterzubringen, teils um einen festen Wohnort im Königreich zu besitzen, Caldora hatte sich im Staatsrate diesem Ansinnen widersetzt und Isabella es abgeschlagen. Hierauf wandte sich Caldora nach seinen Besitzungen in den Abruzzen, und der Kardinal beschloß nach Apulien zu ziehn, um jene reichen Provinzen zu brandschatzen. Hierüber waren besonders die Bürger von Trani, einer sehr wohlhabenden Stadt, erschrocken. Ein großer Teil der Einwohner war erst vor Kurzem vom Judentum zur christlichen Religion übergetreten und fürchtete für die unter der Aegide des alten Glaubens erworbenen Schätze. Sie schickten daher die Schlüssel der Stadt an Alfons, welcher versprach, in Kurzem einige Galeeren zu senden, um das Kastell, das noch in den Händen der Gegner war, von der Seeseite zu belagern. Dorthin wandte sich nun Vitelleschi und ging zuerst nach Andria, wo der Fürst von Tarent sich aufhielt. Aber bald kam es zwischen den Vitellesken und den Bürgern zu einem blutigen Kampf, und nur mit Mühe gelang es dem Fürsten, die Ordnung herzustellen. Der Verdacht des Kardinals, der dem Fürsten bereits mißtraute, vermehrte sich, als dieser wegen Gesundheitsrücksichten sich weigerte, gegen Trani mitzuziehn. Doch gewährte er dem Kardinal einen großen Teil seiner Reiterei.

Die von Trani, an deren Spitze Paolo Palagano stand, hatten zwischen der Stadt und dem Kastell, das auf einer Landzunge liegt, einen tiefen Graben gezogen, um einen Ausfall unmöglich zu machen. Um denselben zu überschreiten, ließ Vitelleschi die Reiter absitzen; aber die Reiterei des Fürsten weigerte sich, zu gehorchen, und der Kardinal, der sich verraten glaubte, verließ Trani und zog mit den Seinigen nach Bisceglia und Giovinazzo, wo er alles vorsätzlich verheeren ließ. Für jeden abgehauenen Olivenstamm gab er seinen Söldlingen einen Ablaß von hundert Tagen. Giornali del Duca. Als er aber mit jedem Augenblick den aragonischen Schiffen entgegensehen mußte und die ganze Macht des Fürsten von Tarent im Rücken hatte, als endlich Caldora, an den er Boten geschickt, sich weigerte, ihm zu Hilfe zu eilen, verließ ihn der Mut. Auf einer kleinen Barke schiffte er sich nach Ancona ein und ging von dort nach Ferrara, wo damals Eugen mit dem griechischen Kaiser eine Kirchenvereinigung bezweckte. Noch einige Zeit gelang es ihm sich in der Gunst des Papstes zu erhalten und einem großen Teile des Kirchenstaats vorzustehn. Doch endlich stürzten ihn seine eigenen Ränke oder der Haß des Patriarchen von Aquileja, von welchem Eugen beherrscht wurde. Vitelleschi ward beschuldigt, ein geheimes Verständnis mit Niccolo Piccinino, dem Feldhauptmann des Visconte, zu unterhalten, und als er eben im Begriff war, mit seinem Heere Rom zu verlassen, um nach Toscana zu ziehn, und vorher noch den prachtvollen Palast in Augenschein zu nehmen, den er sich in Corneto erbaut hatte, hielt ihn der Befehlshaber der Engelsburg auf der benachbarten Brücke an und lockte ihn unter einem Vorwande bis ans Thor des Kastells, wo er von den Wachen gefangen genommen und, da er sich zur Wehre setzte, verwundet wurde. An diesen Wunden starb er bald darauf, oder, wie es wahrscheinlicher ist, an Gift. Bonincontrius. Garimberti.

Die Truppen, die er in Apulien zurückgelassen, wußte Caldora an sich zu ziehn, und diesem fiel auch der reiche Hausrat des Kardinals in die Hände. Die Burg von Trani jedoch, zu Land und See belagert, übergab sich nach tapferm Widerstand, und die genuesischen Galeeren, die ihr zu Hilfe eilen wollten, kamen zu spät. Der Fürst von Tarent ließ die päpstlichen Zeichen von den Zinnen seiner Schlösser abnehmen und erklärte sich wieder offen für Alfons.

Siebentes Kapitel.

Endlich im April 1438 langte in Neapel die Nachricht von der Befreiung des Renatus an. Er mußte dem Herzog von Burgund ein ungeheures Lösegeld bezahlen und vier lothringische Festungen zum Pfand geben. Barante. In der Provence mit Freudenbezeugungen aufgenommen und die Stände um Geld bittend, schiffte er sich mit fünf Galeeren nach Genua ein. Die Genueser gaben ihm sieben Schiffe zur Begleitung, und zwei andere fand er in Porto Venere. In Porto Pisano kam ihm Francesco Sforza entgegen und bot ihm seine Dienste an. Renatus lehnte sie ab, sei es aus Geldmangel, sei es, weil er fürchtete, Caldoras Eifersucht zu erregen. Zu Neapel landete er an der Magdalenenbrücke und begab sich ins Castel Capuano. Der Papst hatte ihm die Investitur zugeschickt, und am folgenden Himmelfahrtstage ritt er, die Krone auf dem Haupte, durch die Stadt. Auf das Verlangen seiner Gemahlin schlug er siebenundzwanzig vornehme Jünglinge zu Rittern, und die damit verbundenen Feste waren vom größten Jubel des Volks begleitet, das den ganzen Krieg für beendigt hielt. Aber Geldmangel vermochte ihn, die genuesische Flotte wieder zu entlassen, und als seine Armut bekannt wurde, nahm sein Anhang bedeutend ab. Giornali del Duca. Caldora wurde nun aus Apulien, Micheletto aus Kalabrien herbeigerufen, und beide stellten ihre Söldnerscharen dem neuen Könige vor. »Ich vermag,« sagte ihm Caldora, »deiner Majestät kein andres Geschenk zu machen als diese Leute und sterbe zufrieden, dein Angesicht gesehn zu haben; denn da ich alt bin, will ich mich zurückziehn, um auszuruhen.« Renatus versetzte: Im Kriegshandwerk seien die Alten die Erfahrensten, und er hoffe, seines väterlichen Rats zu genießen.

Hieraus ging Caldora nach Scafati und nahm es ein. Da jedoch Alfons in die Abruzzen gezogen war, fürchtete Caldora für seine Güter und entbot den Micheletto mit seinen Heerhaufen zu sich, um dem Könige desto sicherer die Spitze bieten zu können. Micheletto bat ihn, noch ein paar Tage Geduld zu haben, worauf er ihm folgen wolle. Caldora, darüber entrüstet, ließ ihm sagen, er möchte nur zu den Stieren von Kalabrien zurückkehren; worauf Micheletto erwiderte, Caldora möchte nach Belieben die Schafe in den Abruzzen heimsuchen. Cronica di Napoli.

Alfons war unterdessen gegen Sulmona vorgerückt, und diese Stadt hatte ihm ihre Schlüssel übersandt. Caldora folgte ihm und schlug ein festes Lager bei Casa Candidella unweit Sulmona. Beide Heere standen sich hier gegenüber, nur ein Bach trennte sie. Aber Alfons vernahm, daß Francesco Sforza nördlich durch die Marken ins Königreich eingedrungen, um die Besitzungen des Josua Acquaviva, seines persönlichen Feindes, zu verwüsten, der einer der Feldhauptleute des Königs war. Dieser, um nicht von beiden Seiten eingeschlossen zu werden, vermied eine Schlacht mit Caldora und zog sich nach Celano und Alba, die er eroberte. Sforza stand indessen in Atri und rückte nicht weiter vor, wahrscheinlich durch den Visconte zurückgehalten, der ihm seine Tochter Bianca zur Ehe versprochen hatte; wiewohl florentinische Geschichtschreiber behaupten, der Visconte hätte ihn geflissentlich als gelegentliches Schreckbild gegen Alfons in die Abruzzen einrücken lassen. Alfons schickte ihm drei schöne Pferde und ein prächtiges, mit Perlen gesticktes Kleid. Zugleich bot er ihm den Stab des Großkonnetabels und den Besitz von Salern an. Sforza schickte die Geschenke zurück, mit dem Bemerken, daß er bessere Pferde besitze als der König. Cronica di Napoli. Zurita.

Caldora beschwor hierauf den Renatus, sich mit ihm zu vereinigen, um den Krieg mit einem Schlage zu beenden. Renatus machte sich mit Micheletto auf den Weg, und in Torrello erschien vor ihm der Graf von Caserta und huldigte ihm. Bei Sulmona vereinigten sich die beiden Heere; doch mißlang die Einnahme dieser Stadt. Die Aquilaner jedoch, der französischen Partei leidenschaftlich ergeben, sandten ihm siebentausend Mann Fußtruppen, so daß das Heer des Renatus bis zu achtzehntausend Mann stieg. Giornali del Duca Alfons erhielt hievon Nachricht, als er bei Castelvecchio sich sorglos dem Vergnügen der Jagd hingab. Er floh hierauf mit den Seinigen ins Lager. Doch Renatus bezweckte keinen Ueberfall. Er sandte Alfonsen einen Herold mit dem blutigen Eisenhandschuh, um ihn zur Feldschlacht, Heer gegen Heer, herauszufordern. Alfons nahm den Handschuh an und beschenkte den Herold reichlich, erwiderte jedoch, daß ihm selbst als Geforderten die Wahl des Kampfplatzes gebühre. Er bescheide daher seinen Nebenbuhler binnen acht Tagen nach Terra di Lavoro zwischen Acerra und Nola. Fazius Diesem Ruf zu folgen, war Renatus keineswegs geneigt, da er sich der Abruzzen mit leichter Mühe zu bemächtigen hoffte. Er eroberte verschiedene Kastelle und ward in Aguila mit großem Jubel empfangen. Dort hatte er mehrfache Unterredungen mit Fra Bernardino von Siena, der nachmals heilig gesprochen wurde, und besuchte dessen Predigten mit seinen Feldhauptleuten. Cirillo, Annali della città dell'Aquila. Im S. Bernardino zu Aquila bewundert man noch heutzutage das schöne Grabmal des Heiligen aus der besten Zeit der Kunst Durch die Geschenke der Aguilaner unterhielt er noch eine Zeitlang sein großes Heer; doch als der Sold erschöpft war, verließ es ihn größtenteils.

Alfons erwartete unterdessen an der anberaumten Stelle den Feind, und als dieser nicht erschien, ließ er ein öffentliches Instrument darüber ausfertigen. Hierauf zog er durch die caudinischen Pässe nach Arpaja, bemächtigte sich der Stadt und nahm den Marino Boffa, dem sie gehörte, gefangen. Mit diesem versöhnte er sich und ließ ihn seine übrigen Kastelle abtreten, um sie ihm nach vollendetem Kriege zurückzustellen. Als der Graf von Caserta hörte, daß der König sich gegen seine Besitzungen wende, kam er ins Lager und schwur ihm abermals den Eid der Treue, indem er seinen Sohn als Geisel zurückließ; nicht ohne das Gespött des Lagers, wo man ihm vorwarf, in zwei Jahren die Feldzeichen fünfmal gewechselt zu haben. Zurita. Cronica di Napoli.

Nachdem Alfons sich auch mit den Grafen aus der Familie Zurlo verständigt, rückte er gegen das Ende Septembers vor Neapel, um es zu Land und Meer zu belagern. Seine Galeeren beliefen sich auf zwölf, sein Landheer auf fünfzehntausend Mann. Neapel fand sich entblößt, da fast die ganze kriegsfähige Jugend den Renatus begleitet hatte. Ottino Caracciolo lag krank im Bette. Doch waren vier genuesische Schiffe in der Nähe, welche Lebensmittel herbeigeführt hatten, und es gelang diesen, ihre Mannschaft ans Land zu bringen, um der bedrängten Stadt beizustehn. Alfons bezog ein Lager auf der Nordseite, und nahe dabei hatte sich der Infant Don Pedro mit seinen Heerhaufen gelagert, unweit der Karmeliterkirche, in welcher Konradins Grab. Eines Tags, als eben der Infant die Seinigen anfeuerte, traf ihn eine Kugel vom Glockenturm jener Kirche. Sie zerschlug ihm den Schädel, den sie mit sich ins nahe Meer führte. Alfons erhielt diese Botschaft, als er eben in der Magdalenenkirche die Messe hörte. Doch erhob er sich nicht eher von den Knien, als bis der Gottesdienst beendigt war. Hierauf ließ er sich zum Leichnam seines Bruders führen, und weinend öffnete er dessen Harnisch und küßte die nackte Brust, indem er ausrief: »Frater, laborum et gloriae nostrae particeps, aeternum vale!« Mazella. Fazius.

Don Pedro starb im siebenundzwanzigsten Jahr seines Alters, an Schönheit und Tapferkeit hervorragend, zum Krieger geboren. Ein Kalabrese hatte die seidene Mütze des Infanten gefunden und brachte sie in die Stadt zur Königin Isabella. Doch empfing diese die Nachricht unter Thränen, den Tod eines Verwandten in ihm beklagend. Sie bot Alfonsen an, den Infanten in der Stadt begraben zu lassen, und wollte ihm den ganzen Klerus heraussenden. Alfons lehnte es ab und ließ den Leichnam in einer verpichten Kiste nach dem Castel dell' Ovo bringen, um ihm dermaleinst ein feierliches Leichenbegängnis zu bereiten.

Sechsunddreißig Tage stand der König vor Neapel. Da traten so heftige und andauernde Regengüsse ein, daß es unmöglich schien, sich länger im Lager zu halten. Gott wolle nicht, hieß es, daß Neapel genommen werde. Schon Don Pedros Tod hatte die Soldaten entmutigt; denn man schrieb seinen Fall einer göttlichen Strafe zu, weil er die Kirche hatte beschießen lassen. Zugleich tischten die Priester ein Wunder auf, dem auch der König Glauben schenkte. Er zog sich hierauf nach Capua und der Fürst von Tarent nach Apulien.

Achtes Kapitel.

Als Renatus von der Belagerung Neapels Kunde erhielt, zog er aus, die Hauptstadt zu retten, und schickte den Caldora gegen Ventimiglia, der ihm den Weg versperren wollte. Ventimiglia ward geschlagen, und Renatus drang bis Neapel vor. Caldora kehrte sogleich in die Abruzzen zurück und nahm den einzigen Sohn des Herzogs von Sessa, den er gefangen genommen, mit sich, da er ein großes Lösegeld für denselben erwartete. Dem Renatus, der seine persönliche Hilfe verlangte, machte er Vorschüsse, wofür ihm dieser Aversa verpfändete. Noch ehe dies geschah, hatte Alfons Caivano, einen zwischen Neapel und Caserta gelegenen Ort, erobert, welchem Renatus wegen Geld- und Truppenmangel keinen Beistand verleihen konnte. Doch fiel Caivano in seine Hände, nachdem Alfons sich gegen Ponte corvo gewandt hatte, um keinen Feind im Rücken zu behalten. Alfons kehrte nun sogleich zurück und bemächtigte sich des Städtchens abermals, worauf er seine Truppen nach Mondragone legte. In seine Fahnen hatte er einen gekrönten Drachen als Sinnbild der Wachsamkeit aufgenommen, im Gegensatz eines andern Emblems des Renatus, welches einen Stier vorstellte, mit der Aufschrift: Pas à Pas. Mazella.

Um diese Zeit erschien ein französisch gesinnter Priester aus Pozzuoli vor dem Renatus und versprach, das Castel dell' Ovo in dessen Gewalt zu bringen. Unter der Besatzung befindet sich einer seiner Freunde und Landsleute, Namens Giacomo Cecato, Schwiegersohn des Kastellans, und ihn hoffe er vermittels Versprechungen leicht zu überreden. Renatus verhieß ihm eine bedeutende Belohnung, und der Priester offenbarte seinem Freunde den Vorschlag. Giacomo ging scheinbar darauf ein, teilte jedoch den Plan sogleich seinem Schwiegervater mit, der sich darüber bei Arnaldo Sanz, einem Katalonier, der im Castel nuovo befehligte, Rats erholte. Arnaldo schlug vor, sich einer List zu bedienen, um den Feind in die Falle zu locken. Giacomo mußte mit ein paar Franzosen, die Renatus unter dem Vorwande der Auswechslung von Gefangenen ins Castel dell' Ovo geschickt hatte, sich besprechen und zeigte sich bereitwillig, in einer anberaumten Nacht, wo er die Wache hatte, das Kastell zu überliefern. Renatus schickte zuerst fünf Mann und zwei Trompeter voraus, welche letztere, nachdem die beiden ersten Thore in ihrer Gewalt seien, ein Zeichen geben sollten. Jene fünf wurden von Giacomo festgehalten und die Trompeter zum Blasen gezwungen. Nun ließ Renatus die Seinigen über den Brückendamm nach dem Inselkastell vorrücken, während die Besatzung auf den Mauern stand, um sie mit Steinen zu zerschmettern. Da jedoch die Nacht sehr finster war, so hatten die Argonesen ihre Feinde nicht nahe genug herankommen lassen: die List wurde bald entdeckt, und nur wenige waren verwundet. Fazius

Dieser Vorfall hatte jedoch sehr bedeutende und für Alfons nachteilige Folgen. Bald hierauf nämlich ließ Arnaldo Sanz die genuesischen Schiffe bombardieren, die sich noch immer, unter Anführung des Niccolo Fregoso, im Hafen befanden. Da geschah es, daß ein Stein (denn eiserner Kugeln scheint man sich noch selten bedient zu haben) unmittelbar bei dem Fregosen, der eben Geld zählte, niederfiel und das Schiff namhaft beschädigte. Niccolo schwur, dafür Rache zu nehmen. Er ließ auf dem Dach einer am Molo gelegenen Kirche eine Balliste aufpflanzen und das Kastell dergestalt mit Steinwürfen übersäen, daß die Wachen sich nicht mehr zu halten vermochten. Arnaldo schickte hierauf eine Barke ins Castel dell' Ovo und ließ jene fünf gefangenen Franzosen herbeiführen, welche er den Geschossen der Wurfmaschine aussetzte. Als die Genuesen gleichwohl fortfahren wollten, zu schießen, eilte ein französischer Anführer herbei, beschützte seine Landsleute und forderte den Fregosen auf, statt einer ungerechten, lieber eine ruhmwürdige Rache zu nehmen und den Turm S. Vincenzo, der dem Castel nuovo zum größten Schutz gereiche, zu erobern. Er selbst wolle ihm hierin mit den Seinigen beistehn. Niccolo willigte ein, und Renatus ward davon benachrichtigt.

Der Turm S. Vincenzo lag unweit des Kastells, auf allen Seiten vom Meer umgeben; eine starke Mauer schützte ihn von der Seeseite gegen die Brandung. Arnaldo sandte sogleich zwanzig der Tapfersten nach dem Turm, die jeden Versuch der Uebergabe sich selbst dadurch zu vereiteln suchten, daß sie die Schlüssel ins Meer warfen. Fazius Aber Arnaldo, dessen Pulvervorrat erschöpft war, konnte nicht verhindern, daß eines der Schiffe zwischen Turm und Kastell seine Stellung nahm, so daß der erstere von allen Seiten umschlossen und bestürmt wurde. Die Besatzung stand auf der Plattforme, welche den Turm umgab: aber das Geschütz der umringenden Feinde wirkte so heftig, daß jene, bereits alle verwundet, ins Innere zurückzuweichen gezwungen waren. Die Franzosen bemächtigten sich der Plattforme, und es gelang ihnen, nach siebenstündigem Gefecht die Thüre des Turms in Brand zu stecken, worauf sie hineindrangen und die Besatzung zwangen, die Waffen niederzulegen. Renatus, die Tapferkeit der Feinde ehrend, ließ die Verwundeten verpflegen. In ihm war hiedurch der Gedanke aufgestiegen, sich auch des Kastells zu bemächtigen, da er bemerkt hatte, daß es gänzlich an Pulver fehle. Hierin bestärkte ihn ein Soldat, der sich aus dem Kastell an einem Seile heruntergelassen; dieser verriet ihm, daß die Lebensmittel beinahe aufgezehrt seien.

Sobald Alfons, der in Gaeta stand, Nachricht von der Einnahme des Turms erhielt, sammelte er seine Truppen und zog gegen die Hauptstadt, nur daß er zuerst noch die Ankunft des Fürsten von Tarent erwarten wollte. Eine zweite Verzögerung wurde ihm durch die List eines gewissen Marco Persico bereitet, der als scheinbarer Ueberläufer ihm versprach, die Karmeliterkirche Neapels, welche am Ausgange eines Thors nach der Seeseite gelegen und stark befestigt war, in seine Gewalt zu bringen. Doch müßte man der Sicherheit wegen den Neumond abwarten.

Unterdessen hatte Renatus vor dem Castel nuovo ein Lager geschlagen, das er mit einem Walle und doppelten Graben umzingelte. Zugleich wurde eine Balkenkette vom Turm S. Vincenzo bis zum Molo gezogen und dieselbe durch die genuesischen Schiffe bewacht. Endlich kam der König Alfons über die Berge herbei und lagerte auf dem Pizzofalcone, welcher damals außerhalb der Stadt lag. Doch war diese Stellung, da sie dem Geschütz von S. Elmo ausgesetzt war, unhaltbar. Einzelne Kämpfe entspannen sich nun zwischen beiden Lagern, und unter andern drang Pierluigi Origlia, des Renatus Haushofmeister, ins aragonische Lager ein, um seine Lanze zu brechen. Alfons bewunderte dessen Tapferkeit und verbot, bei dem Verlust der beiden Hände, nach dem Origlia mit einem Feuergewehr zu zielen. Bloß Schwert und Lanze seien gegen ihn erlaubt. Collenuccio.

Um diese Zeit wollten sich die Provençalen eines Geschützes bemächtigen, das vor dem Thore des Kastells ausgepflanzt war. Sie drangen mit Ungestüm vor, befestigten an der Kanone ein Seil und zogen sie gegen den Molo zu. Aber Arnaldo ließ sogleich eine Menge Steine auf sie hinabwerfen, und unmittelbar darauf machten die Katalanen einen Ausfall, trieben den Feind zurück, zerschnitten das Seil mit den Schwertern und brachten die Kanone im Triumph zurück. Bei diesem Anlasse hatten sich drei genuesische Schiffe jenseits des Molo gezogen, und diesen Augenblick benutzte der Kastellan des Kastells dell' Ovo, um ein Boot mit achtunddreißig Mann und einigen Lebensmitteln nach dem Castel nuovo zu senden, welche glücklich, wiewohl nicht ohne hartnäckigen Kampf, ihre Bestimmung erreichten. Bald hierauf gelang es auch dem Arnaldo, durch zwei in einem Kahne befindliche Seesoldaten die Hafenkette zu brechen, indem sie einen eisernen Haken daran befestigten, welcher vom Kastell aus durch ein Seil gelenkt wurde. Doch frommte dieses Wagestück wenig, da die Genueser ihre Wachsamkeit verdoppelten. Indessen unterhielt Arnaldo seinen Verkehr mit Alfons durch einen Schwimmer, der die in eine Wachskugel verpichten Briefe unter dem Wasser beförderte. Fazius. Constanzo. Da im Kastell die Lebensmittel sowohl als Steine und Wurfgeschütz völlig ausgingen, vergönnte Alfons dem Kastellan, in Unterhandlungen einzugehn. Er selbst zog sich mit dem Heere nach Castellamare, weil in seinem Lager, das beständig von S. Elmo beschossen wurde, die größte Unzufriedenheit überhand nahm. Man wolle gern, hieß es, im Kampfe sterben, aber nicht wie Ziegen erlegt werden.

Um diese Zeit waren Gesandte des Königs von Frankreich angekommen, die den Frieden vermitteln sollten. Wolle Alfons (so wurde vorgeschlagen) dem Renatus einen jährigen Waffenstillstand bewilligen, so solle nach Ablauf dieser Zeit das Castel nuovo sein gehören, unterdessen aber in der Gewalt der Gesandten verbleiben, denen es Arnaldo um freien Abzug bereits übergeben hatte. In diesen Vorschlag einzugehn, war Alfons wenig geneigt. Da geschah es, als sich die Abgesandten von Neapel aus zum Könige begeben wollten, daß sie auf dem Wege von katalanischen Kriegsknechten überfallen und geprügelt wurden. Hierüber erbittert, reisten sie sogleich ab und übergaben das Kastell dem Renatus, die Rache ihres Monarchen androhend. Giornali del Duca. Diese blieb jedoch aus, da Karl VII. zu viel bei sich selbst beschäftigt war. Die Uebergabe erfolgte im August 1439.

Alfons ging hierauf von Castellamare nach Salern, welche Stadt er, nicht aber das feste Schloß, einnahm und dem Raimund Orsino schenkte. Sodann eroberte er Capaccio, versöhnte sich mit den Sanseverinen und ging nach Kampanien zurück, als er hörte, daß Jakob Caldora aus den Abruzzen herannahe. Er versperrte diesem den Uebergang des Volturno unweit S. Agata. Caldora, welchem ohnedem die Nachricht zukam, daß Neapel an Lebensmitteln Mangel habe, zog sich ins Beneventanische. Hier wollte er seine Soldaten in eine kleine Stadt, Namens Colle, einquartieren; doch widersetzte sich der Magistrat. Caldora beschloß nun, die Stadt mit den Waffen zu nehmen. Als er nun außerhalb derselben mit dem Grafen Altavilla und einigen andern spazieren ritt, rühmte er sich, bald gewaltsam nach Neapel vordringen zu wollen. Er habe siebzig Jahre, doch fühle er die Kraft eines Fünfundzwanzigjährigen. Aber bei diesen Worten überfiel ihn ein Schlagfluß, und er stürzte, von den Seinigen aufgefangen, vom Pferd. Cronica di Napoli. Ins Zelt getragen, starb er bald nachher im November des oben erwähnten Jahrs und ward in Sulmona begraben. Er hinterließ den Ruf des erfahrensten Feldherrn seiner Zeit und des habgierigsten. Uebrigens besaß er außerdem eine große Beredsamkeit und jene feinere Bildung, die nur aus Büchern erlernt wird. Den Herzogstitel, der ihm erteilt war, legte er sich niemals bei. Auf dem Harnisch seiner Pferde und den Bedeckungen der Wagen war folgendes Motto angebracht: » Coelum coeli Domino, terram autem dedit filiis hominum.«

Neuntes Kapitel.

Bald hierauf geschah es, daß Acerra sich dem König Alfons übergab und seinen ehemaligen Herrn, den Fürsten von Tarent, zurück verlangte. Nun ward auch trotz des strengen Winters Aversa eingenommen und das feste Schloß durch Giovanni Ventimiglia belagert. Renatus, der ganz Kampanien in den Händen des Königs sah und dem Aversa wegen der Zufuhr von Lebensmitteln vor allem wichtig war, entbot den Antonio Caldora mit seinem Heere nach Neapel. (Denn dieser hatte sich nach den Abruzzen gezogen, weil er nach dem Tode seines Vaters einen Abfall der Vasallen befürchtete.) Zugleich bestätigte ihn Renatus in den Lehen und Würden seines Vaters. Aber Antonio entschuldigte sich, daß er als neuer Feldherr, ohne vorher die Truppen zu besolden, einen solchen Zug nicht wagen könne; vielmehr solle sich Renatus nach den Abruzzen begeben, wo er die ihm ergebenen Provinzen leicht zu einer Beisteuer bewegen könne. Renatus, der einen Verrat von seiten Antonios besorgte, wollte demselben jede Ausflucht abschneiden und beschloß, ihm nach Apulien entgegenzukommen. Mit den Truppen war dies unmöglich, teils weil sie der Macht Alfonsens nicht gewachsen waren, der alle festen Plätze in seiner Gewalt hatte; teils weil Neapel nicht entblößt werden durfte. Er bediente sich daher einer List und ließ öffentlich bekannt machen, daß er seine Sache für verloren erachte und auf einem genuesischen Fahrzeuge nach der Provence zu schiffen gewillt sei. Diese Nachricht wurde sogleich dem König von Aragon hinterbracht, der Neapel bereits für erobert hielt, weshalb dann auch die Zugänge von Campanien nachlässiger bewacht wurden. Giornali del Duca. Cronica di Napoli.

Da ließ Renatus gegen Ende Januars 1440 eine Anzahl seiner Getreusten bei Nacht zu sich einladen, teilte ihnen seinen Plan mit, heimlich zu den Caldoresken zu entfliehn, und empfahl ihnen seine Gemahlin und Kinder. Vierzig Ritter begleiteten ihn und einiges Fußvolk. Mehrere junge neapolitanische Edelleute gingen zu Fuß mit, da sie keine Zeit mehr fanden, ihre Pferde zu holen. Einsame Feldwege einschlagend, sahn sie sich mit Tagesanbruch im Angesichte Nolas. In Bajano wurden sie angehalten und gaben sich für Aragonesen aus, die Summonte erobern wollten, indem sie » Orso! Orso!«, den orsinischen Kriegsruf, ertönen ließen, der von denen in Bajano wiederholt wurde. Bei hellem Tage schien es nicht länger ratsam, auf offenkundigen Straßen zu verweilen, und Fra Antonello, ein Mönch aus Monte Vergine (einem berühmten Wallfahrtsort bei Avellino), führte sie übers Gebirg, wo sie jedoch einige Fuß hoch Schnee trafen. Dabei trat Regen und Schneegestöber ein, und mehrere verunglückten.

Auch fehlte es an Nahrungsmitteln. Nur ein Soldat hatte dreizehn Brote und eine Flasche Wein bei sich, die Renatus selbst unter die Ermatteten verteilte. So kamen sie nach S. Angelo della Scala, einem befreundeten Ort, der dem Ottino Caracciolo zugehörte. Der Kastellan empfing den Monarchen aufs beste und gab ihm seine Kleider zum Wechseln, da Renatus durchnäßt war und die Mantelsäcke verloren gegangen. Zugleich schürte er ein großes Feuer an, und Renatus sott sich selbst die Eier; denn es war Fasttag. Auch schaffte der Kastellan mit Mühe ein kleines Glas für den König herbei, da sonst nur irdene Krüge vorhanden waren. Doch Renatus versetzte, er wolle die Landessitte nicht verderben, und trank aus dem Krug. Giornali del Duca.

Erquickt und getrocknet schlugen sie die Straße von Benevent ein. Die Bauern von Pietra Stornina überfielen den Zug mit Geschrei, da sie den König nicht erkannten. Aber ein französischer Hauptmann mit einigen Reitern trieb sie zurück und machte fünf von ihnen zu Gefangenen, die er dem Renatus, der sich bereits bei Altavilla befand, zuführte. Die Landleute knieten vor demselben nieder; doch er hieß sie aufstehn und frei in ihre Heimat zurückkehren, indem er sagte: »Ich bin Renatus, der gekommen ist, das Land zu retten, und nicht, es zu verderben.« Als die von Altavilla dessen gewahrten, brachten sie Lebensmittel aus der Stadt und luden den König ein, bei ihnen zu übernachten, wiewohl sie der feindlichen Partei angehörten; denn der Graf hatte sich nach Calderas Tode mit Alfons verglichen. Renatus nahm diese Einladung nicht an und ritt noch in der Nacht bis Benevent, wo ihn der Erzbischof in sein Haus aufnahm und ihm fünfzig Dukaten vorstreckte. Des andern Tags aß Renatus in der ärmlichen Wohnung des Fra Antonello, der in Benevent zu Hause und leidenschaftlicher Anhänger der provençalischen Partei war. Diese Huld und Leutseligkeit des Königs erwarb demselben allenthalben Freunde, und viele boten sich an, ihn zu begleiten. Er hieß sie jedoch zurückkehren und bat sie, wenn sie ihm wahrhaft dienen wollten, auf Schleichwegen Lebensmittel nach Neapel schaffen zu lassen. Constanzo. Er selbst ging nach Padula. In der Nähe standen ein paar der feindlichen Partei angehörige Condottieren mit einer kleinen Truppenzahl, die ihm jedoch zwei Pferde und sechs silberne Tassen überschickten und sich bereit zeigten, in seinen Sold zu treten, was Renatus auch annahm. Sodann ging er nach Lucera und endlich nach Aquila. Ueberall wurden ihm Geldgeschenke überbracht, die aber nicht hinreichten, um den Antonio Caldora zu befriedigen.

Unterdessen hatte Alfons die Flucht des Renatus mit großem Unwillen vernommen. Er schalt diejenigen, die ihm die Nachricht von dessen Einschiffung überbracht hatten, und sagte zu den Umstehenden: »Nun gilt es, dich jeder seine Schuldigkeit thue, da jener Löwe entfesselt ist!« Cronica di Napoli. Die Belagerung der Burg von Aversa ward nun mit großem Eifer und bedeutenden Kriegsanstalten betrieben.

Renatus wandte alles an, um diesen wichtigen Punkt zu retten; allein Antonio Caldora war den ganzen Frühling hindurch zu keinem Aufbruch zu vermögen. Endlich, gegen Ende Mais, war Renatus bis Dragonara vorgerückt, in der Hoffnung, Caldora werde nachfolgen. Dieser aber befand sich in Carpenone bei seiner Gemahlin, die er auf das zärtlichste liebte. Als Renatus ihn auch bis dorthin aufsuchen wollte, kam ihm Antonio beschämt bis Bajano entgegen, und empfing von ihm das demselben noch übrige Geld, womit er sich aber auch nicht beruhigen wollte, wiewohl Renatus versprach, ihn in Neapel besser zu befriedigen, wo er von den Florentinern geschickte Summen erwarte. Cronica di Napoli. Mit Mühe ließ sich Caldora endlich von seinem Schwager Trojano Caracciolo, den Alfons aus Avellino verjagt hatte, bereden, sich dem Heer des Renatus anzuschließen.

Durchs Beneventanische wollte dieser letztere gegen Aversa vordringen. Aber Alfons kam ihm durch die caudinischen Pässe entgegen. Als sich die Heere gegenüberstanden, sandte Renatus einen Herold ins aragonische Lager, um dem König Alfons abermals einen Zweikampf, sei es Mann gegen Mann oder Schar gegen Schar, anzubieten, welcher über die Herrschaft des Landes entscheiden solle. Aber Alfons antwortete, daß er bereits die meisten Plätze des Reichs in seiner Gewalt habe und nicht mehr darum kämpfen könne. Auch sei das Ziel eines guten Feldherrn nicht der Kampf, sondern der Sieg. Zurita.

Renatus entschloß sich hierauf zur Schlacht und griff das Lager des Königs mit außerordentlichem Ungestüm an. Auch begannen bereits die Aragonesen zu weichen, und Alfons, welcher sich Unwohlseins halber in einer Sänfte tragen ließ, war nahe daran, in Gefangenschaft zu geraten. Da rief Antonio Caldora plötzlich seine Leute aus dem Treffen zurück, und als ihm Renatus darüber Vorwürfe machte, versetzte er, der Feind sei überlegen, es sei ein Hinterhalt zu befürchten, und Renatus sei von der Art, in Italien Krieg zu führen, nicht unterrichtet. Schon früher soll Riccio da Montechiaro, Antonios Freund, einen Reiter an Alfons geschickt haben, um ihm zu versichern, daß Antonio und er selbst seine Diener seien. Vielleicht hätte Caldora diesen Tag zu völligem Abfall benutzt, wenn er nicht bemerkt hätte, daß Renatus die Truppen durch seine Tapferkeit begeistert habe. Cronica di Napoli. Dieser letztere eilte nun gegen Neapel, und Antonio, wiewohl widerwillig, mußte nachfolgen. Da Proviant von Genua ankam, so fiel Antonios Vorwand, in Neapel Hungers sterben zu müssen, zu Boden.

Während Alfons nach Aversa zurückgekehrt war, jedoch vergeblich den ihm vom Visconte mit viertausend Reitern zu Hilfe gesandten Niccolo Piccinino erwartete (denn dieser war unterdessen von den Florentinern besiegt worden), schlug Renatus ein Lager bei Neapel, auf dem Weg nach Nola, und lud die sämtlichen Feldhauptleute zu einem Mittagsmahle ins Castel nuovo ein. Hier richtete er folgende Worte an Caldora: »Herzog, Ihr wißt, daß ich Euch nach dem Tode Eures Vaters in allen seinen Würden und Besitzungen bestätigte und Euch bat, hieher zu eilen, um mir und dieser Stadt beizustehn. Ihr fandet für gut, mich zu überreden, zu Euch zu kommen, und ich, den königlichen Anstand auf die Seite setzend, folgte Eurem Rate. Mit Gefahr meines Lebens durchzog ich die Provinzen, nicht als König, sondern vielmehr als Euer Steuereinnehmer, und alles Geld, das ich eingetrieben, übergab ich Euch. Gleichwohl wißt Ihr, wie viele Mühe es mir kostete, Euch zum Abmarsche zu bewegen. Auf der Reise, wenn ich eine Sache anordnete, befahlt Ihr das Gegenteil, und bei den caudinischen Pässen habt Ihr mir den sichern Sieg entrissen. Aus Liebe zu Eurem Vater will ich Euch in allen Euren Titeln und Güterbesitzungen ungekränkt lassen; aber ich will, daß Eure Truppen, die ich bezahlen muß, auch meinen Befehlen gehorchen.« Cronica di Napoli. Giornali del Duca.

Antonio wollte sich entschuldigen; Renatus aber ließ ihm ein Zimmer des Kastells zur Haft anweisen. Als jedoch des erstern Dienerschaft diese Nachricht im Lager verbreitete und hinzufügte, daß Antonio solle enthauptet werden, entstand ein Tumult unter den Caldoresken, und die provençalischen Feldzeichen wurden zerrissen. Raimund Caldora jedoch, Antonios Oheim, beruhigte die Truppen und begab sich zum Renatus, um diesen zu bewegen, dem Antonio die Freiheit zu schenken; dann wolle er für das Heer gut stehen. Antonio wurde nun befreit und als Vicekönig nach den Abruzzen abgeschickt, worauf die Truppen den Eid der Treue leisteten. Aber bald erfuhr man, daß Antonia, statt abzureisen, sich an der Magdalenenbrücke befinde und den größten Teil des Heers um sich versammelt habe. Er schickte einen Boten um den andern an Renatus und bat um seine Wiedereinsetzung als Feldherr, indem er die Schande nicht ertragen könne, allein und mit der Fahne im Sack nach den Abruzzen zurückzukehren. Giornali del Duca. Renatus, mit Recht entrüstet, wollte sich zu keinem Vergleich verstehn, und endlich ließ ihm Antonio sagen, er befände sich auf der Magdalenenbrücke und nicht im Kastell und könne jeden Augenblick zu Alfons nach Aversa abziehn. Endlich auf das Zureden von Antonios Verwandten schickte ihm Renatus zweitausend Dukaten und befahl ihm, zurückzukehren. Aber Antonio, der sich von Alfons einen Geleitsbrief ausgewirkt, ging mit den Truppen nach den Abruzzen. Ihm folgte auch Trojano Caracciolo, sein Schwager, nachdem er sich bei Renatus beurlaubt. Dieser letztere, durch solche Treulosigkeit außer Fassung gebracht, schickte auch den Raimund Caldora mit den Seinigen von sich; denn obgleich er ihn, wie er sagte, für einen Biedermann halte, so genüge doch der Name Caldora, um ihn abzuschrecken. So blieb Renatus mit wenigen Kriegshaufen in Neapel zurück.

Ehe jedoch Antonio abreiste, hatte er noch eine heimliche Unterredung mit Alfons in einem Wäldchen bei Acerra, wohin sich der König unter dem Vorwand der Jagd begab. Alfons soll hier, über die außerordentliche Schönheit und kriegerische Gewandtheit Antonios erstaunt, zu den Seinigen geäußert haben: »Dieser Mann würde der erste Ritter in der Christenheit sein, wenn er reiner Gesinnungen fähig wäre.« Constanzo. Eine nähere Verbindung kam jedoch nicht zustande, da beide den Fürsten von Tarent scheuten, der, ein Todfeind der Caldoresken, die Würde des Großkonnetabels bekleidete. Antonio aber, um dem Könige seinen guten Willen zu beweisen, vermochte den Kastellan von Aversa, dessen Freund er war, zur Uebergabe der Burg.

Zehntes Kapitel.

Nachdem Aversa verloren war, hielt Renatus seine Lage für so unsicher, daß er Frau und Kinder nach der Provence zurückschickte. Zugleich sollte ihr Bestreben sein, ihn von dorther mit Geld und Truppen zu unterstützen. Auch wurden Unterhandlungen solcher Art mit Alfons angeknüpft, daß dieser letztere in den vollen Besitz des Königreichs gesetzt werden solle; nach seinem Tode jedoch, da er keine rechtmäßigen Erben habe, solle das Land an die Söhne des Renatus zurückfallen. Alfons hatte wenig Veranlassung, in solche Bedingungen einzugehn, und auch die dem Renatus leidenschaftlich ergebenen Neapolitaner widersetzten sich jeder Aussicht auf katalanische Herrschaft.

Unterdessen hatte Alfons, wiewohl fruchtlos, Pozzuoli und Torre del Greco belagert, die einzigen außer Neapel ihm in Kampanien noch abspenstigen Orte, und Garzia Cavanilla hatte auch Benevent durch Vertrag in die Hände des Königs gebracht. Sodann hatte Caldoras Statthalter in Apulien sowohl Bari als andere Städte dem Fürsten von Tarent überliefert. Antonio, der bisher eine zweideutige Rolle gespielt hatte, glaubte nun, wenn er nicht alles verlieren wolle, sich ernstlich der aragonischen Partei anschließen zu müssen. Er sandte daher seinen Sohn dem Könige als Geisel. Alfons gab denselben als Gesellschafter seinem eigenen natürlichen Sohn Ferrante bei, den er, einen achtzehnjährigen Jüngling, kürzlich aus Spanien entboten hatte.

Wer die Mutter dieses Don Ferrante, der nachmals in der Geschichte Italiens eine so bedeutende Rolle spielte, gewesen, ist nie bekannt geworden. Da einmal Alfons geäußert haben soll, sie stünde höher als er selbst, so schloß man daraus, daß er mit seiner Schwägerin Donna Catalina von Kastilien in einem unerlaubten Umgang gelebt habe. Wahrscheinlicher ist, daß sie eine Ehrendame seiner Gemahlin gewesen, welche letztere vergiften ließ, worauf Alfons den Schwur solle gethan haben, die Königin niemals wiederzusehn, den er auch gehalten hat. Zurita.

Wie dem auch sei, Alfons hatte sich den Don Ferrante zum Nachfolger in dem Lande erkoren, dessen Eroberung er bald zum Ziele zu führen hoffen konnte. In diesem Falle versprach er auch dem Antonio Caldora reichen Ersatz für die in Apulien eingebüßten Besitzungen, die er dem Fürsten von Tarent zu entreißen keineswegs gewillt war. Unterdessen hatte sich Renatus an den Papst und an Francesco Sforza gewandt, die ihm schleunige Hilfe zusagten.

Francesco, welcher in Apulien Troja, Manfredonia, Lucera und andere Orte besaß, sandte den Cäsar Martinengo mit einem Heerhaufen, und dieser schloß sich an die Sforzeskische Besatzung an, die Viktor Rangone in Troja befehligte. Auch Renatus schickte seinen Feldherrn Lionello, Grafen von Celano, nach dieser Seite. Alfons, der Cajazza und einige andere feste Plätze eingenommen, zog sich nun nach Apulien. Antonio Caldora verstärkte ihn mit fünfhundert Reitern, da er selbst die Abruzzen wegen der Nähe Sforzas, der in den Marken stand, nicht verlassen wollte.

Troja liegt auf einem Hügel, der die apulische Ebene beherrscht. Die Stellung des Feinds war vorteilhaft; doch Alfons, der zuerst seine Anzahl ausgekundschaftet, bot ihm die Schlacht an. Rangones Rat war, sich auf der Höhe zu halten und die Stadt zu verteidigen. Martinengo jedoch glaubte den rechten Flügel des Königs umgehen zu können und warf sich in die Ebene. Durch eine Wendung schnitt ihn Alfons von der Stadt ab, und indem jener sich wieder zu nähern strebte, entstand unter den Seinigen eine allgemeine Flucht. Der Graf von Celano mußte sich an einem Seil auf die Mauern von Troja emporziehn lassen. Cronichette antiche. Dem Francesco Severino gelang es, mit unerhörtem Sprunge, über den Stadtgraben zu setzen. Ein ebenso seltner Fall wird von einem aragonischen Ritter erzählt, der, den Feind verfolgend, bis in die Stadt hineinsprengte, aber wohlbehalten durch das entgegengesetzte Thor wieder hervorkam. So groß war die Verwirrung. Alfons selbst hatte sich zu weit hervorgewagt; er ward von einem Sforzesken angehalten, der ihn zum Gefangenen machen wollte und um seinen Namen befragte. Als jedoch Alfons mit entschiedener Fassung antwortete, er sei der König, fiel ihm jener zu Füßen und ergab sich ihm als Gefangener. Fazius.

Das katalanische Heer begab sich hierauf nach Biccari, um dieses Kastell einzunehmen. Die Belagerten warfen volle Bienenkörbe auf den Feind herab, wodurch dieser erst zum Weichen gezwungen, sodann aber, durch den Mut des Lodovico Podio angetrieben, das Städtchen einnahm und plünderte. Fazius.

Unterdessen hatte Francesco Sforza seinen Bruder Alexander ins Königreich geschickt, und dieser hatte bei Chieti den Raimund Caldora aufs Haupt geschlagen und gefangen genommen. Sodann knüpfte Francesco Unterhandlungen mit Antonio an und beredete ihn, die Partei des Königs, in dessen Heere er doch nur eine untergeordnete Rolle spielen könne, zu verlassen, wofür er seinen Oheim befreien wolle. Antonio, der gegen Alfons wegen der Nichtzurückgabe von Bari erzürnt war, fand sich zum abermaligen Wechsel geneigt und schloß sich mit den Seinigen an die Sforzesken an. Vorher ließ er jedoch den König bitten, ihm seinen Sohn auf einige Tage nach Carpenone, wo die Mutter krank läge, zu senden, welches ihm auch Alfons bewilligte.

An demselben Tage, an welchem Alfons Caldoras Verrat erfuhr, verriet ihm ein Priester die Insel Capri, die er sogleich von seinen Galeeren besetzen ließ. Kurz darauf landete dort ein provençalisches Schiff, von jener Uebergabe nicht unterrichtet, und fiel mit einer großen Geldsumme in die Hände der Katalanen, wodurch die letzte Hoffnung des Renatus, den Krieg mit einigem Erfolge fortzusetzen, zu Grunde ging.

Zwar hatte Eugen den Kardinal von Tarent mit einem Heere über die Grenze geschickt; aber dieser schloß bald darauf einen Waffenstillstand mit Alfons und zog sich wieder ins Römische zurück, wahrscheinlich weil dem Papste Francesco Sforza gefährlicher schien als Alfons. Die Genueser hatten den Arunzio Cibo mit achthundert Bogenschützen nach Neapel gesandt, und von dorther kamen auch von Zeit zu Zeit Lebensmittel; gleichwohl wuchs die Not in Neapel täglich, und das Getreide stieg zu ungeheuren Preisen. Das nicht waffentragende Volk mußte sich mit Kräuterkost begnügen. Denn Alfons hielt die Stadt bereits in strenger Belagerung und bemächtigte sich einer Bastei, die Renatus auf dem Pizzofalcone hatte erbauen lassen. Fazius. Dort ließ er seinen Sohn zurück und ging nach Pozzuoli.

Diese auf einem schroffen, in den Golf von Bajä sich hinauserstreckenden Felsen erbaute Stadt war ihrer Lage nach unbezwingbar; da sie aber Alfons zu Land und Wasser umzingelte, zwang sie der Hunger zur Uebergabe. Diesem Beispiele folgte auch Torre del Greco. Auch Vico und Massa am sorrentinischen Vorgebirge wurden im Frühling 1442 von den Galeeren des Königs erobert, die Ebene von Sorrent, welche Stadt sich nicht ergeben wollte, verwüstet. Denn von dorther kamen noch häufig Barken mit Lebensmitteln nach Neapel.

Während dieser Zeit hatte Riccio da Montechiaro unter dem Vorwand, daß er zu Alfonsens Partei gehöre, den Durchzug durch San Germano verlangt, den ihm der dortige Kastellan Arnaldo Sanz bewilligte. Als er sich jedoch auf dem Marktplatze befand, nahm er den Arnaldo gefangen und brachte die Stadt in seine Gewalt. Hierauf belagerte er das feste Schloß, das auf der Höhe unweit des Klosters von Monte Casino liegt. Alfons aber, davon unterrichtet, zog ihm in Eilmärschen entgegen. Sodann ließ er durch Mendoza den Berg umgehn, während er selbst die Truppen des Riccio von der Stadtseite angriff. Letzterer, der sich umzingelt sah. flüchtete zuerst mit den Seinigen ins befestigte Kloster und sodann nach den Grenzen des Kirchenstaats. San Germano öffnete dem Könige die Thore, worauf dieser zur Belagerung von Neapel zurückkehrte. Fazius.

Elftes Kapitel.

Da geschah es, daß zwei Brüder, der Maurerzunft angehörig, durch den Hunger aus der Stadt getrieben wurden und sich zu Alfons, der sich gerade in Aversa aufhielt, begaben. Sie entdeckten ihm, daß sie früher an dem Aquädukt, der das Wasser von Ogliuolo nach Neapel bringt, gearbeitet und daß die Stadt durch diesen Zugang am leichtesten zu erobern sei. Alfons, höchst erfreut über diesen Vorschlag, teilte ihn den Seinigen mit, die ihn jedoch als schwierig und unnütz zurückwiesen, indem die ausgehungerte Stadt keinen langen Widerstand mehr zu leisten fähig sei. Der König beschloß jedoch, diese Gelegenheit zu ergreifen, da er wußte, daß Antonio Caldora mit den Sforzesken sich anschicke, Neapel zu entsetzen. Cronica di Napoli.

Das Nötige wurde verabredet, den Maurern große Belohnungen versprochen. Die Sache wurde jedoch in der Stadt ruchbar, und Renatus befahl zweien Anführern, der Wasserleitung zu wahren, und diese ließen innerhalb des Aquädukts eine dreifache Mauer erbauen, durch welche vermöge eines Gitters das Wasser seinen Durchfluß nehmen konnte.

Am Fronleichnamsfeste, das Renatus feierlich beging, kam ein Neapolitaner aus dem aragonischen Lager in die Stadt und erzählte, Alfons hätte behauptet, binnen achtzehn Stunden in Neapel sein zu wollen. Dies wurde jedoch als leere Drohung verachtet. Die der Wasserleitung Vorgesetzten bedienten sich zur Untersuchung derselben eines gewissen Sacchitello, welcher aber, wahrscheinlich von den Feinden bestochen, einen ungetreuen Bericht abstattete. Wenigstens verschwand er kurz darauf aus der Stadt, indem er sich von der Mauer hinunterließ. Cronica di Napoli.

An einem Abende in den ersten Tagen des Junius 1442 beorderte Alfons zweihundert Mann, welche samt den beiden Maurern mit Fackeln versehn durch einen außerhalb Neapel gelegenen Brunnen in den Aquädukt hinabstiegen. Sobald die ersten in der Stadt seien, solle der letzte ein Zeichen geben, auf welches der König mit dem Heere gegen die Stadtmauern vorrücken sollte. Alfons wartete lange vergeblich, endlich rückte er vor; da aber von den Seinigen keine Stimme laut wurde, zog er sich wieder zurück, indem er sie für verunglückt hielt. Dieser Zufall schlug ihm zum Vorteil aus, da die Wachen auf den Zinnen, als sie ihn abziehn sahen, nachlässiger wurden und zum Teil der Ruhe pflegten.

Die Ursache jedoch der langen Zögerung derjenigen, die sich in der Wasserleitung befanden, war die vorgefundene Sperrmauer, welche erst zerstört und sodann der Weg geebnet werden mußte. Die Soldaten, die der Niedrigkeit des Gewölbes wegen bloß mit Armbrüsten und kurzen Picken bewaffnet waren, kamen endlich an den ersten Brunnen innerhalb der Stadt, unweit des Thors S. Sofia. Mit großen Schwierigkeiten war das Emporklettern im Brunnen verbunden, das sie jedoch, indem sich einer auf die Schultern des andern stellte, ausführten. Fazius. . Die Maurer steigen zuerst hinauf und sehn sich in einer kleinen Wohnung, wo sie eine alte Frau mit ihrer Tochter finden. Die Alte, welche Lärm schlagen will, wird teils mit Gewalt, teils mit Versprechungen zurückgehalten, indem auch die Tochter die Partei der Ankömmlinge ergreift. Vierzig Mann sind auf diese Weise glücklich emporgestiegen, da man sogleich Strickleitern hinabgelassen hatte. Da pocht der von der Arbeit zurückgekommene Sohn der Alten an der Thüre. Man beschließt, ihn zu töten, wird jedoch durch die Bitten der Mutter zurückgehalten. Als dieser nun bei geöffneter Thür die Gewaffneten wahrnimmt, ergreift er die Flucht und ruft durch die Straßen, daß der Feind in der Stadt sei. Die Soldaten, in Verzweiflung, stürzen aus dem Hause, um sich über die nahe Stadtmauer zu retten. Da sie aber dieselbe schlecht beschützt finden, töten sie die Wachen und suchen das Thor zu öffnen. Dieser Versuch mißlingt, und sie bemächtigen sich des nächsten Turms, auf dem sie die aragonische Fahne aufpflanzen. Alfons, der unterdessen das verabredete Zeichen erhalten, war wieder umgekehrt. Es war allmählich Tag geworden, und Renatus eilte sogleich mit einer Schar nach dem Thor S. Sofia. Die Eingedrungenen werden hart bedrängt, und viele retten sich durch einen Sprung von der Mauer ins Freie. Renatus tötet mehrere mit eigner Hand. Alfons läßt auf der Außenseite Sturmleitern anlegen. Ein Pferd, dessen sich ein Katalane bemächtigt, vermehrt die Verwirrung; denn Renatus glaubt, die feindliche Reiterei sei durch ein offnes Thor gedrungen. Collenuccio.

Unterdessen vernahmen dreihundert gepanzerte Genueser, welche das Thor S. Gennaro bewachten, das aragonische Heer sei in der Stadt. Da sie den tödlichen Haß der Katalanen gegen die Genueser kannten, verlassen sie ihren Posten und flüchten sich ins Castel nuovo. Das oben erwähnte Thor lag damals, bei kleinerem Umfang der Stadt, unweit des Frauenklosters Donna Regina. Einige Nonnen, welche bei dem Heere des Königs Verwandte und Brüder hatten, steigen auf das flache Dach und geben den Feinden Winke, sich dieser schwach besetzten Seite zu nähern. Giornali del Duca Pedro de Cardona mit vierhundert Mann eilt sogleich dem Thore zu, und ein gewisser Spiccicaso, der ein Handgeld verdienen wollte, läßt ihnen Strickleitern von der Mauer hinab.

Bald war nun die Stadt voll von Feinden, und das Thor S. Sofia ward gesprengt. Renatus, um nicht gefangen zu werden, zog sich ins Castel nuovo zurück. Vier Stunden lang plünderten die Katalanen Neapel; endlich zeigte sich Alfons und gebot bei Todesstrafe, der Plünderung Ziel zu setzen.

Bei Renatus befanden sich von neapolitanischen Edeln vor allen Giovanni Cossa und Ottino Caracciolo. Da Weib und Kinder des erstern im Castel Capuano wohnten, so ließ Renatus bei freiem Abzug dieses letztere dem Könige übergeben, da es aus Mangel an Lebensmitteln ohnedem nicht zu behaupten war. Er selbst schiffte sich auf einem genuesischen Schiffe, das einen Tag nach der Eroberung Neapels am Castel nuovo mit Lebensmitteln gelandet war, ein, oft die sehnsüchtigen Blicke nach der schönen Stadt zurückwendend und sein eignes Schicksal verwünschend. Fazius. Auch er sollte des oft erprobten Sprichworts gewahr werden, daß die Lilie in Italien keine Wurzeln schlägt. Zuerst ging er nach Pisa und von dort nach Florenz zu Papst Eugen. Später ließ er auch Castel nuovo überliefern, unter der Bedingung, daß Giovanni Cossa und Ottino Caracciolo von Alfons Verzeihung erhalten sollten, welches bewilligt ward. Auch mußte Alfons dem Kastellan, einem Genueser, Namens Antonio Calvo, die große Geldsumme ausbezahlen, welche Renatus diesem letztern schuldig war. Das Castel St. Elmo wurde schon früher eingenommen.

Kurze Zeit nach dem Fall von Neapel zog Alfons mit dem Heere nach den Abruzzen, wo Antonio Caldora und Giovanni Sforza mit auserlesenen Truppen standen. Antonio beeilte sich nicht, dem Könige entgegenzukommen, da er ihn vielmehr in den ihm selbst ergebenen Provinzen, deren Oertlichkeit ihm genau bekannt war, erwarten wollte. Er stand zwischen Castel di Sangro und Trivento. Der König rückte bis Isernia vor und nahm diese Stadt. Hierauf ging er nach Carpenone, wo Caldoras Familie und Schätze sich befanden. Antonio Reale, Caldoras Milchbruder, versprach, den Ort in vier Tagen zu übergeben, wenn keine Hilfe sich zeige; wahrscheinlich in der Absicht, Alfonsens Heer bei Carpenone festzuhalten. Caldora kam indessen heran und suchte den König in dem engen Thal einzuschließen, das von dem Berge, auf dem Carpenone liegt, und zweien andern gebildet wird. Geteilt waren die Meinungen im aragonischen Lager, ob hier eine Schlacht zu liefern sei. Ventimiglia riet hiezu, wofern die unschätzbare Person des Königs nicht zugegen wäre. Alfons erwiderte, seinetwegen solle eine große That nicht unterbleiben, und setzte den Helm auf. Fazius.

Indessen gelang es, durch einen gefangenen Caldoresken den Paolo Sangro, einen der besten von Antonios Hauptleuten, zu bestechen. Die Schlacht begann hierauf mit großer Hartnäckigkeit von beiden Seiten und neigte sich zuerst zum Vorteile Caldoras, der das erste Treffen des Königs durchbrach. Aber da Alfons immer neue Mannschaft voranschickte, da ein Teil der Caldoresken, um das Gepäck der Katalanen zu plündern, sich entfernt hatte, da endlich Paul Sangro mit seiner Schar unter dem Ruf: » Aragona! Aragona!« sich gegen die Seinigen umwandte, erfolgte in Caldoras Heer allgemeine Flucht und Entmutigung. Antonio, der sich einen Ausweg mit dem Schwerte bahnen wollte, wehrte sich mit großer Tapferkeit gegen acht bis zehn katalanische Reiter. Da kam Alfons herbei und rief dem Umzingelten zu: »Graf, Ihr habt uns lange genug zu schaffen gemacht; es ist nun Zeit, daß wir zu Tische gehn.« Cronica di Napoli. Antonio sprang hierauf vom Pferde und ließ sich vor dem Könige auf ein Knie nieder, der ihn jedoch wieder aufsitzen hieß. Unterdessen war Giovanni Sforza mit fünfzehn Reitern nach der Grenze entflohn.

Carpenone öffnete nun die Thore. Nachdem der König gespeist hatte, ließ er den ganzen Schatz des Antonio Caldora, von dessen Vater gesammelt, vor sich bringen. Außer einer großen Summe in Gold fanden sich eine Menge von Kostbarkeiten. Alfons aber eignete sich nichts zu, als einen kristallenen Becher. Collenuccio. Fazius. Panormita u. s. w. Alles andere übergab er der Gemahlin Antonios, Sergiannis Tochter. Dem Antonio selbst ließ er alle Erbgüter der Familie; nur die von den beiden Caldoras zu Lehn getragenen verteilte er unter die Getreuen seines Heers. Gerechtigkeit, pflegte er zu sagen, sei bloß den Guten angenehm, Milde aber auch den Schlechten. Panormita.

Hierauf übersandten Aquila und andere Städte freiwillig ihre Schlüssel. Alfons zog durch Apulien, nahm die Sforzeskischen Besitzungen weg und brachte das ganze Land zur Ruhe. So gelangte er nach zweiundzwanzigjähriger Ausdauer in den friedlichen Besitz des Königreichs. Beruhte sein Unternehmen auf einem strafbaren Ehrgeiz, so haben wenigstens seine Nachkommen teuer dafür gebüßt.

Zwölftes Kapitel.

Für den Jänner des folgenden Jahrs 1443 hatte Alfons ein Parlament nach Benevent zusammenbeschieden, da er Neapel als eine ihm zu abgeneigte Stadt betrachtete. Die Neapolitaner baten jedoch dringend, daß jene Zusammenkunft nach alter Weise in der Kirche S. Lorenzo zu Neapel gehalten werde. Alfons bewilligte dies mit Freuden, verschob aber seinen Einzug, da ihm ein Triumph nach Art römischer Feldherren sollte bereitet werden. Die Mauern der Stadt wurden beim Carmine niedergerissen, um den hohen Wagen aufzunehmen. Dieser war vergoldet, der Sitz von Purpur; vier weiße, prächtig geschirrte Pferde zogen ihn. Ueber ihm trugen zwanzig aus den ersten Häusern den Baldachin. Nur der Fürst von Tarent wollte sich zu dieser demütigen Rolle nicht bequemen und ritt neben den Wagen her. Cronica di Napoli. Der König trug ein seidnes, mit Zobel besetztes Kleid, sein Haupt war unbedeckt; denn den Lorbeerkranz, den man ihm anbot, wollte er nicht annehmen. Indem er die sämtlichen Sitze in der Stadt durchzog, die mit Blumen bestreut und mit Teppichen behangen waren, begrüßten ihn dort unter Gesang und Musik die tanzenden Frauen. Fazius.

Hinter den Wagen gingen Klerus und Adel, und es folgten sodann einige festliche Aufzüge, unter denen sich besonders der von den Florentinern veranstaltete auszeichnete. Zwölf schön gekleidete Jünglinge mit klingendem Roßgeschirr ritten voraus. Ihnen folgte die Fortuna mit ihrer Kugel. Sodann erschienen die Tugenden, Gerechtigkeit am höchsten, und hinter ihnen ein gekrönter Julius Cäsar, der vor den König trat und ihm die Tugenden vorstellte. »Du hast sie bisher gepflegt,« sagte er, »bewahre sie bis ans Ende! Denn nicht sie, wohl aber das Glück ist unsicher. Doch bitte ich zu Gott, daß er dir dein Glück erhalte und der Stadt Florenz ihre Freiheit!« Panormita. Hierauf folgten ähnliche Züge der Spanier und Neapolitaner.

Vom Parlamente wurde dem Könige eine Beisteuer von einem Dukaten für den Feuerherd bewilligt und sein Sohn Ferrante als Nachfolger und Herzog von Kalabrien anerkannt. Später erschien auch die Investitur des Papstes.

Jener Triumphzug jedoch sollte durch ein plastisches Kunstwerk dargestellt und verewigt werden, welches noch bis auf den heutigen Tag über dem innern Portal des Castel nuovo wahrzunehmen. Dieses vorzügliche und seiner Zeit voraneilende Werk wird vom Vasari dem Giuliano da Majano, einem Florentiner, zugeschrieben. Aus einer Grabschrift in der Kirche S. Maria nuova erhellt jedoch, daß es von einem mailändischen Meister, Pietro di Martino, verfertigt worden, der, von Alfons in den Ritterstand erhoben, erst 1470 starb. Eugenio, Napoli Sacra. Summonte.

So viel scheint gewiß, daß Alfons auch den Giuliano mit großen Ehren überhäufte und dessen Leichenbegängnis auf das feierlichste begehn ließ. Das Castel nuovo ließ er verschönern, den Molo vergrößern, die Grotte des Posilipps erweitern. Außer der Kunst erfreute sich auch die Wissenschaft, zumal Geschichtschreibung und Gottesgelehrtheit, seines ausgezeichneten Schutzes. Er rühmte sich, die ganze Bibel vierzehnmal durchlesen zu haben, und besuchte häufig die theologischen Hörsäle. Panormita. Mit seinem Lehrer Panormita pflegte er die alten Historiker zu lesen. Den Livius und Cäsars Kommentarien führte er beständig bei sich. Bei der Belagerung von Gaeta wollte er sich der Steine aus Ciceros nahgelegener Villa nicht bedienen, wiewohl daran Mangel war.

Die Gelehrten seiner Zeit wurden reichlich von ihm beschenkt, unter ihnen Lorenzo Valla, der ihm den Herodot und Thucydides übersetzen mußte. Von Georg von Trapezunt ließ er den Aristoteles, von Poggio die Cyropädie übertragen, vom Filelfo den Xenophon und einige Lebensbeschreibungen des Plutarch, wofür er jenem 12 000 Thaler und zwei Ringe von großem Wert schenkte. Als er hörte, daß der Kanzler des genuesischen Senats, Jakob Bracello, beschäftigt sei, den Krieg der Republik gegen die Katalanen zu beschreiben, schickte er ihm eine reiche Halskette mit goldnem Gehänge, auf welchem auf einer Seite die Wahrheit, auf der andern der Ruhm abgebildet waren. Mazzella. ] Einen Hof ohne Gelehrte pflegte er eine sternlose Nacht, Könige ohne Bildung gekrönte Gimpel zu nennen.

Was das Aeußere betrifft, so war Alfons von mittlerer Statur und zart gebaut, die Farbe bleich, das Angesicht heiter, die Nase gebogen und das Haar dunkel. Von Hochmut war er so weit entfernt, daß er einmal einem Bauern seinen Esel aus dem Kote ziehen half, und bei der Belagerung von Pozzuoli, als das Meer den Leichnam eines Genuesers ausspülte, ließ er denselben beerdigen und schnitzte selbst das hölzerne Kreuz, um es auf den Hügel zu pflanzen. Panormita. Als ihm einmal ein Höfling zum Verdienst anrechnete, daß er Sohn, Bruder und Enkel eines Königs sei, antwortete er mit einem Vers von Dante:

»Che sol grande è colui chi per se splende.« Mazzella.


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