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Leonhard Rauwolfs eigentliche Beschreibung.

1573-1576.

In eine ganz andere Welt, nämlich auf den alten Kulturboden Vorderasiens, der zu einer Blütestätte arabischer Kunst und Wissenschaft geworden war, führt der Reisebericht Leonhard Rauwolfs, der 1573 von Augsburg aus eine große, fast drei Jahre währende Reise durch Syrien, Mesopotamien, Armenien, Kleinasien und Palästina antrat. Nicht Handelsgewinn und Abenteuerlust lockte ihn hinaus, wie Springer, Staden und Schmidel, sondern die Liebe zu seiner Wissenschaft, der Pflanzen- und Arzneikunde.

Leonhard Rauwolf, der Sohn eines Augsburger Kaufmanns, hatte an den ersten deutschen, französischen und italienischen Universitäten dem Studium der Medizin obgelegen und sodann einige Jahre als Arzt gewirkt. Am 18. Mai 1573 reiste er – vielleicht auf Anregung seines Bruders Georg, der als Faktor des Augsburger Handelshauses Manlich im syrischen Tripoli (Tarabulus) weilte – auf Kosten seines Schwagers Manlich über Marseille nach Tripoli. Das Werk, das er nach Vollendung seiner Reise verfaßte, dient zum Teil der Beschreibung (in Bild und Wort) der von ihm im Orient gesammelten Kräuter. Von dem weiteren Inhalt seiner trefflichen Schilderung legt das im nachfolgenden in lesbare Form gebrachte Kapitel über Tripoli genügendes Zeugnis ab.

Rauwolfs Reisewerk ist im Jahre 1582 erschienen (vermutlich in Augsburg, wo er sich wieder niedergelassen hatte, doch fehlt in der dem Herausgeber vorliegenden Ausgabe die Angabe des Druckers und Druckortes), und zwar unter dem Titel:

Leonharti Rauwolfen, der Arznei-Doktorn und bestellten Medici zu Augsburg,

Eigentliche Beschreibung der Reis, so er vor dieser Zeit gegen Aufgang in die Morgenländer, nämlich Syriam, Judäam, Arabiam, Mesopotamiam, Babyloniam, Assyriam, Armeniam usw. nicht ohne geringe Mühe und große Gefahr selbst vollbracht – neben Vermeldung viel anderer seltsamer und denkwürdiger Sachen, die alle er auf solcher erkundiget, gesehen und observieret hat.

Rauwolf beginnt seine Reisebeschreibung mit folgender, dem Stil seiner Zeit entsprechenden, etwas schwülstigen Einleitung:

Als ich fast von Jugend auf sondere Begierde gehabt, in ferne Landschaften zu ziehen, fürnehmlich aber in die Morgenländer, als die mehr berühmt und fruchtbar sind als andere, welche die mächtigsten Potentaten und Monarchen der Welt vor Jahren innegehabt und bewohnt, nicht allein derselbigen Inwohner Leben, Sitten und Gebräuche wahrzunehmen, sondern auch und viel mehr die schönen Gewächs und Kräuter, von Theophrasto, Dioscoride, Avicenna, Serapione usw. beschrieben, an den Enden und Orten, da sie wachsen, zu erkundigen und zu erkennen, ... suchte ich, dieses mein Vornehmen ins Werk zu setzen, Mittel und Wege, welche ich im Jahr Christi 1573 allhier in Augsburg bei dem Ehrenfesten Melchior Manlich dem Älteren, meinem günstigen Herrn Schwager und Verwandten, gar gut gefunden; der nahm mich (dieweil er ohne das willens war, etliche mehr in seinen Geschäften hineinzuschicken) bald auf und an, rüstet mich also auf den Weg, damit ich mit ersten Gefährten, so gen Marsilien ziehen würden, auch dahin kommen möchte, von dannen aus ferner auf einem ihrer Schiffe nach Tripoli, in Syria Phöniciä liegend, zu fahren.

Rauwolf reitet am 18. Mai 1573 mit »dem ehrenfesten und fürnehmen Herrn Friedrich Rentzen, Mitbürgers allhier« aus Augsburgs Toren und erreicht über Lindau, Feldkirch, Chur, Splügen, Como, Alessandria, Asti, Nizza nach 17 Tagen (am 5. Juni) Marseille. »Hier fande ich meiner Gefährten einen, nämlich Johann Ulrich Krafften, des edlen, ehrenfesten und weisen Johann Klafften des Älteren und Geheimen Rats zu Ulm Sohn.« Mit diesem schifft er sich auf der der Firma Manlich gehörigen Santa Croce am 2. September ein und fährt am 30. September in den Hafen von Tripoli.

Von der namhaften Stadt Tripoli, ihrer fruchtbaren Gegend und den großen Gewerben derselben; daneben auch etwas von köstlichen Bädern und anderen herrlichen Gebäuen, so darin zu finden.

Außen vor Tripoli an den Gestaden des Meeres herum ersahen wir im Land fünf Castella, die großen und hohen starken Türmen gleichen, deren einer vom andern je einen Büchsenschuß weit ist. Diese Kastelle sind mit etlichen wenigen Janitscharen besetzt, damit sie die Schiffe im Hafen und das Zollhaus an der Landungsstelle samt den großen Gewölben dabei, in denen allerlei Waren von mehr Orten herbeigebracht zu finden, vor Überfall und Einlauf behüten und verwahren.

Nachdem aber die Sonne schon untergegangen und uns nunmehr die Nacht wollte überfallen, eilten wir, in die Stadt zu kommen, wohin wir noch wohl eine Stunde Wegs zu gehen hatten. Mit uns gingen etliche Türken, die hatten keine andere Wehr an sich als lange und starke Bengel, Knüttel. welche sie, wie mir angegeben ward, meistenteils tragen, um die Wölfe, Wohl Schakale. die im Lande zahlreich sind und bei Nacht zu Haufen auf Raub ausgehen, abzutreiben. Deren kamen etliche, indem wir davon redeten, zu uns gelaufen – sie sind in Größe und Gestalt den Hunden ziemlich gleich. Sobald sie aber unser ansichtig wurden, wendeten sie sich und strichen davon.

Da wir nun zur Stadtpforte kamen, fanden wir sie schon geschlossen. Also ruft unserer Bekannten einer, der uns zu empfangen entgegengegangen, etlichen Franzosen in ihrer Herberge, die beim Tor bis auf die Stadtmauern hinausreicht, und bat sie, den Sangiacho Statthalter. anzusprechen und zu bitten, daß man das Tor eröffnen und uns einlassen wollte, was sie gern tun wollten. Dazwischen aber, weil wir vor dem Tor warteten, lief bald ein anderer, mit dem unser Bekannter und Gefährt Feindschaft hatte, hin, etliche Türken und Mohren zu bestellen, daß sie uns überfielen. Die eilten bald, seinem Begehren genug zu tun, und kamen durch eine andere Pforte, so nimmer geschlossen wird, außen an der Stadtmauer zu uns hin, überfielen uns unversehens, schlugen und griffen nach uns, insonderheit aber nach unserm guten Freund, über welchen dieses Spiel angerichtet war; etliche andere aber zückten ihre Säbel über uns, daß wir nicht anders dachten, als es werde Stück' und Trümmer geben.

Weil der Streit also währte, ward das Tor endlich geöffnet und liefen etliche der Franzosen heraus, hernach auch ihr Herr, der Konsul selbst, uns zu helfen. Der sprach ihnen tapfer und ernstlich zu, innezuhalten, daß die Sache dem Sangiacho und dem Kadi werde angezeigt werden, bis sie nach langem Ermahnen abließen. Also sind wir nach solchem unfreundlichen Gruß und Willkommen im Getümmel hinein in ihre Herberge gezogen worden und darin über Nacht geblieben. Der Konsul war hierüber übel zufrieden, dieweil er sah, daß solche Überfälle den Seinigen beschwerlich sein würden; er hat derhalben sich hart beschwert und dem Anstifter so lange nachgefragt, bis er vernommen, wer er wäre.

Als nun der Tag anbrach, kehrten wir bei den Unserigen ein, allda eine Zeitlang zu bleiben. Dazwischen gingen wir etliche Male herum in unsern gewöhnlichen Kleidern, die Stadt zu besehen, die in der Landschaft Syria Phöniciä liegt, welche sich an den Gestaden des Meeres nach Berithus, Tyrns und Acco hinum bis an den Berg Karmel erstreckt. Es ist aber diese Stadt Tripoli ziemlich groß, volkreich und namhaft wegen der großen Niederlage an Waren, die dahin täglich zu Lande und zu Wasser gebracht werden. Es liegt in einer lustigen Gegend an den Vorbergen des hohen Gebirges Libanon, die gegen das Meer hin gar eben ist. In dieser Ebene herum ist viel Wein und wohlgepflanzte Krautgärten zu sehen, die meistens mit Toren und Zäunen umhegt sind, in denen sonderlich Rhamni, Faulbaumartige. Paliuri, Oxyacantha, Weißdörner. Phyllireä, Lycium, Bocksdorn. wilde Granatbäumchen, Rubi, Brombeergewächse. Palmbäumchen außer denen, die noch niedrig sind und erst emporzuschießen anfangen, gefunden werden.

In diesen Gärten, so man hineinkommt, werden gefunden mehrerlei Sorten von Salat und Küchenkräutern, wie Endivien, Lattich, Ruckelen, Aspargen, Spargel. Eppich, dessen oberes Köpflein mit Salz und Pfeffer gar gut zu essen, sonderlich aber deren, so aus Cypern gebracht werden, Tragon, Vielleicht tragopodon (Bocksbart). Cappiskraut, Blumenkohl, Rüben, Rettich, Kren, Meerrettich. Fenchel, Zwiebel, Knoblauch usw. Auch werden nicht minder Früchte gefunden wie Anguriä, Wassermelonen. Melonen, Kürbisse, Citrulli, Koloquinten. Melongena, Eierpflanze, Melanganapfel. Sesam, dessen Samen sie auf das Brot zu streuen pflegen, und andere mehr; insonderheit aber die Colocassia, Zehrwurzel. welche bei ihnen gar gemein und das ganze Jahr durch zu kaufen gefunden wird ... Es stehen auch innerhalb wie außerhalb der Gärten viel Datteln und weiße Maulbeerbäume, die in ihrer Höhe unsere Espen und Nußbäume weit übertreffen. Ebenso Granatbäume und die, daran das Sankt-Johannisbrot wächst, desgleichen Öl- und Mandelbäume, Sebesten, Brustbeerbäume. deren Früchte in unsern Apotheken auch unter dem Namen Adamsäpfel zu finden sind. Am allermeisten aber sind darin Zitronen-, Limonen- und Pomeranzenbäume, welche so gemein sind, daß sie ihrer, sonderlich der Pomeranzen, wohl so wenig achten wie wir der Birnen und Holzäpfel. Durch die Gärten führen verschiedene Wege, daß also gar lustig dadurch zu spazieren, sonderlich zu Sommerszeiten, wenn darin grüne und schattige schöne Plätze zu finden sind, in denen man sich vor der grellen Hitze der Sonne aufhalten kann ...

Außen am Gestade des Meeres herum bei der alten Stadt Tripoli, welche samt anderen mehr wie Antiochia, Laodicea usw. im Jahre 1183 durch ein großes Erdbeben dermaßen verfallen ist, daß weiter nichts als etliche wenige Merkmale zu sehen sind, waren mehr schöne Lust- und Krautgärten, deren etliche Kaufleute noch gedenken. Diese sind aber in wenig Jahren vom Ungestüm des Meeres so gar verwüstet und mit Sand, so das Meer darüber ausgeworfen, dermaßen bedeckt worden, daß heutigentags an denen Orten nichts Besonderes als ein sandiger Boden zu finden. Gleichwohl haben sie um Tripoli an Wasser keinen Mangel, denn etliche Flüsse fallen vom hohen Gebirge Libanon. herab, die teils ihren Lauf durch die Stadt nehmen, teils auch außerhalb durch das Feld, daß sie also in der Stadt an Röhrbrunnen und außerhalb ihre Krautgärten zu wässern reich genug sind.

Die neue Stadt an ihr selbst ist nicht fest, dazu auch mit Mauern und Gruben so übel verwahrt, daß man bei nächtlicher Weil an einigen Orten kann aus und ein kommen. Nur hat sie innerhalb ein altes Schloß auf einer Höhe am Wasser, das mit etlichen wenigen Janitscharen besetzt ist. Es haben auch die Einwohner niedere Behausungen, die übel erbaut sind und oben ganz flach, wie sie im Morgenland gemein sind; darauf ist statt der Dächer ein Estrich, auf dem man, soweit die Behausung ist, herumgehen kann. Also begibt sich's täglich, daß die Nachbarn auf ihren Häusern von einem auf das andere gehen und einander heimsuchen, auch die Nächte, sonderlich zu Sommerszeiten in der Kühle darauf schlafen ...

Gegen die Straßen haben sie nicht wie in unsern Landen so hohe große Tore und weite Einfahrten, ausgenommen etliche wenige Kaufhäuser, dieweil bei ihnen kein Gebrauch weder der Wagen noch der Karren; sie haben meist kleine, niedere Türlein, die manchmal kaum eines halben Mannes hoch, daß sich also einer wohl, der ungestoßen hinein will, bücken muß. Auch sind in vielen Häusern die Eingänge so finster und tief, daß einer sollte vermeinen, er ginge in einen Keller hinab. Wann man aber dadurch hineinkommt, sieht man erst in manchen weite Höfe, in denen schöne Röhrkasten stehen, worin sie sich täglich waschen, in manchen aber gepflasterte Säle, die zum Teil von Marmor künstlich eingelegte Stellen haben, die zwei oder drei Stufen erhöht sind und die sie gar rein und sauber halten, mit schönen Teppichen geziert und umlegt, um darauf zu sitzen. Oben bedeckt sie ein hoher und weiter gewölbter Bogen, der an der einen Seite gar offen ist, daß also die Türken, sonderlich zu Sommerszeiten, fein lustig darunter sitzen mögen.

Ihre Türme und Häuser sind meist mit hölzernen Riegeln geschlossen, die innen hohl sind, und die sie mit hölzernen Schlüsseln aufschließen. Diese Schlüssel sind eine gute Spanne lang und daumdick und haben vorn an der einen Seite 5 bis 9 oder mehr kurze Nägel oder starke Drähte, die sich in entsprechende Hohlräume des Schlosses fügen.

Die Gassen sind ziemlich eng, mit großen Steinen und Platten gepflastert und haben in der Mitte eine Tiefe, die so breit ist, daß darin ein geladenes Kamel wohl gehen oder einer darüber schreiten kann. Diese Tiefe in den Straßen soll dazu gemacht sein, damit in den großen Karawanen die geladenen Kamele, Esel usw., so da täglich ankommen, nacheinander in ihrer Ordnung sein dahergehen, daß man vor ihnen in den Gassen ohne Hindernis handeln und wandeln könnte. Damit aber diese Gänge sauber und trocken bleiben, haben sie an etlichen Orten unter der Tiefe verborgene Rinnen mit langen breiten Steinen bedecket, durch die das Regenwasser sowohl wie das von den Röhrbrunnen seinen Ablauf nimmt.

Sonst haben sie von ansehnlichen, schönen Gebäuden nichts Sonderliches aufzuweisen außer etlichen Kirchen, in die kein Christ gehen darf, er wolle sich denn beschneiden und zum Mameluken machen lassen, sowie etlichen großen Behausungen von Einwohnern, Carwatscharas Karawansereien? genannt. In diesen sind viel Magazine oder Gewölbe und Kammern nebeneinander, wie in ansehnlichen Klöstern zu finden. In ihrer Mitte liegt ein großer weiter Hof, wohin fürnehmlich die Fremden und Kaufleute, so da täglich mit ihren Waren in großen Karawanen ankommen, wie in offene Herbergen einziehen, dieweil sonst in der ganzen Türkei keine Wirtshäuser zu finden.

Diese Herbergen gehören meist dem Großtürken D. h. dem Sultan. und seinen Paschas zu als den vornehmsten, welche sie besonders darum hin und wieder in den Städten erbauen, damit sie ihnen ein jährlich gut Einkommen, wie die Venediger aus dem Deutschen Haus zu Venedig, machen.

Endlich sind außer diesen Gebäuden noch ihre Badestuben, welche so herrlich und wohl erbaut und zugerichtet sind, daß sie bald alle anderen Gebäude in ihrer Schönheit und Köstlichkeit Kostbarkeit. übertreffen, weshalb solche wohl sehenswert sind. Und weil die Türken, Mohren, Mauren. Araber usw. nach ihrem mohammedanischen Gesetz oft baden, sich von ihren vielfältigen Übertretungen und Sünden, so sie täglich begehen, abzuwaschen und zu reinigen, sonderlich aber zur Zeit, wenn sie in die Kirche gehen wollen, so haben sie ihre bereiten Badestuben, die sie mit einem steten Feuerlein in gleicher Hitze die ganze Woche hindurch erhalten, daß man zu jeder Zeit, es sei bei Tag oder Nacht, darin baden könnte; auch heizen sie mit geringen Unkosten, dieweil sie wegen des geschickten und praktischen Baues bei weitem nicht so viel Holz, als man gedenken möchte, verbrennen. Denn sie haben zunächst unter der Erde ein großes und tiefes Gewölb, einem ziemlich weiten Keller gleich, das allenthalben gar wohl verwahrt und dermaßen geschlossen ist, daß es oben nicht mehr als zwei Luftlöcher hat, von denen das obere in der Größe einer ziemlichen Glasscheibe und das andere, so ein wenig besser unterhalb, um ein Ziemliches größer ist. Hierdurch tun sie zur Heizung Prügelholz oder in Ermangelung dessen Fladenstücke aus dem Kot der Kamele, Geißen usw., auch aus den Trestern und Trebern der gekelterten Trauben. Solche sind so dürr, daß sie unten gleich von der großen Hitze überlaufen und anfangen zu glosten wie die Steinkohlen oder der Torf, die in den Niederlanden und andern Orten mehr, da wenig Holz, gebräuchlich. Die geben bald eine grelle Hitze von sich und erwärmen das ganze Gebäude dermaßen, daß sie auch in der Badestube, so gleich darüber ist, eine ziemliche Hitze geben. Und ist doch das Gewölbe so wohl verheimt, So gut verwahrt. daß kein Rauch noch Dampf im Bad gespürt wird, obschon zu Zeiten die Hitze ebenso groß wird. Damit aber das Feuer nicht abgehe, ist sonderlich einer dazu verordnet, der stets des Feuers warte und, soviel zur Unterhaltung nötig sei, hinabwerfe.

Diese ihre Bäder, die nach der alten Griechen und Römer Gebrauch gar herrlich erbauet, haben nahe beim Eingang einen schönen Saal, der, wie auch das ganze Bad durchaus, mit Marmor von mancherlei Farben künstlich eingelegt und gepflastert, auch in die Höhe wie eine große Kapelle gebaut, die oben mit einem runden kugligen Gewölbe geschlossen ist.

An den Seiten herum sind breite Brücken, darauf sich die Badeleute ausziehen ... In der Mitte der Bäder ist ein schöner Röhrbrunnen lustig zu sehen, aus dem sie allen und jeden, so aus dem Bad gehen, Fußwasser anmachen und dabei auch die Badetücher, so gebraucht worden sind, wiederum auslegen, die sie hernach gleich auf die 2 bis 3 Stockwerk hoch aufgezogenen Stricke so gewiß hinaufwerfen und mit einer langen Stange in einem Zug sogleich ausbreiten, als hätten sie es gleich für sich mit Fleiß aufgehängt, daß sich also einer darüber wohl hat zu verwundern. Wenn sie solche Badetücher wiederhaben wollen, langen sie es mit den Stangen, welche zur Hand gleich bei den Röhrbrunnen stehen, wiederum herab. Sie sind aber gar schön von mancherlei Farben gewirkt; davon geben sie einem jeden, der in das Bad will, zwei, wie auch beim Ausgehen noch zwei andere, das eine über den Kopf und das andere um sich zu schlagen, wie die Bäcker und Müller bei uns zu tun pflegen. So man hinein in die Badestube will, hat einer durch zwei oder auch drei Kammern zu gehen, deren je eine wärmer ist als die andere, bis man endlich in die größte und wärmste kommt, welche, wie die andern oben ihr rundes und kugliges Gewölbe hat, darin herum viel Löcher zu sehen, die fein in eine Ordnung gerichtet und mit Scheiben so meisterlich versetzt sind, daß sie dem ganzen Bad ein gutes Licht und schöne Zierde geben.

In der großen Badestube stehen etliche große Geräte ganz aus Marmor, darein das Wasser gelassen wird; auch sind um diese Badestube herum noch wohl drei bis vier kleine Kämmerlein, die vornehmlich für große Herren aufgehalten werden, in denen sie abgesondert ruhig und von andern ungehindert ausbaden mögen.

Außer diesen allen ist noch eine andere Badestube, in der ein ziemlich großer oder tiefer Marmorkasten oder -trog steht, in welchen sich ein jeder nach getanem Schweiß mag begeben. Darein sind Röhren gerichtet, das Wasser nach allem Wohlgefallen zu temperieren. Diese Stuben alle werden unten von dem einen Feuer erwärmt und gehn die Türken und Mohren, welche beide Nationes fast gleiche Religion und Ceremonias haben, gar oft darein; insonderheit aber die Weiber kommen in Haufen, da sie fast nirgends als hier und bei den Gräbern ihrer Verwandten zusammenkommen; es werden daher diese herrlichen und köstlichen Gebäude wesentlich von ihnen unterhalten.

Wenn einer hineinkommt und ein wenig erwärmt, ist bald ein Badeknecht da, die meist schwarze Mohren sind, der ihn rücklings niederlegt, ihm alle Glieder des ganzen Leibes hin und wider dermaßen renkt und ausstieß, daß sie einem krachen möchten; hernach kniet er ihm auch auf seine Arme, die er ihm auf seiner Brust übereinander mit den Knien eine gute Weile geschränkt hält, neigt sich vor sich und hebt ihm mit beiden Händen, weil er ihn als einen Gefangenen unter sich hält, den Kopf über sich. Also hat sich's auch einmal begeben, da unser etliche miteinander darein gingen und uns von den Mohren dermaßen ließen, wie gemeldet, traktieren, daß deren einer meinem Gesellen den Hals so sehr verrenkte, daß er den Kopf in etlichen Tagen nicht umwenden konnte. Wenn das geschehen, so legt der Mohr erst einen vor sich herum auf das Angesicht, greift und renkt ihm abermals alle Glieder dermaßen, als wenn er ein Pflaster malaxiert, steht ihm auch endlich mit beiden Füßen zuoberst auf die Schulterblätter und indem er, sich bückend, an seine beiden Arme hält, fährt er ihm mit denselben über den Rücken aus und richtet ihn hernach wieder auf und geht davon.

Weil dann einer ruht und wieder schwitzt, macht ihm der Badeknecht eine Salbe an, die Haare zu vertreiben, denn sie keine Haare am Leib als unter den Achseln noch an andern Orten wachsen lassen. Dazu nimmt er ungelöschten Kalk und ein wenig Auripigment, die mischt er gepulvert untereinander mit Wasser, bestreicht damit den Badeleuten die haarigen Stellen und sieht so oft dazu, bis er befindet, daß sie anfangen auszugehen. Alsdann wäscht er's ihnen bald, ehe es einen mit seiner Schärfe verletzt, wieder ab; wenn das geschehen, so nimmt der Mohr ein schön weißes Werg, tunkt das in ein Seifenwasser und fährt ihm damit über den ganzen Leib. Das Werg ist, wie gesagt, schön weiß, das die Pilgrime mit sich von Mekka bringen; es kommt her von Rinden der Bäume, die das Bdellium geben. Balsamodendron africanum.

Zuletzt machen sie eine Lauge und vermischen damit manchmals, insbesondere für die Weiber, eine aschfarbene Erde, so sie Malun nennen, um den Kopf zu säubern und lange Haare zu machen. Sie haben auch sonst eine Erde, die sie Jusabor nennen, welche ihre Weiber oft und dick essen, wie bei uns etwa die Schwangeren Kohlen und andere Dinge.

Die geschilderten Bäder stehen den Ausländischen, als den Deutschen, Franzosen, Italienern usw. auch darein zu gehen, so gut offen wie den Türken und Mohren, nur müssen sie sich hüten, in diejenigen zu kommen, in denen ihre Weiber sind, wollen sie sich anders nicht in Gefahr Leibes und Lebens begeben. Damit man aber wissen könnte, in welchen sie seien, hängen sie nun vor der Pforte außen nach der Gasse zu ein Tuch, daß also ein jeder, der schon willens gewesen, darein zu gehen, in Ansehung dessen muß vorüberziehen und ein anderes suchen.

Was nun ferner den Handel anbelangt, so finden sich in dieser Stadt, weil da eine große Niederlage der Waren, die weit in alle Lande hinaus verschickt werden, viel Kaufleute, sonderlich Franzosen und Italiener. Diese Nationen haben zwei weise, verständige ansehnliche Männer zu Vorstehern, von denen der eine, so allhier wohnt, ein Franzose, der andere aber, so sich zu Aleppo verhält, ein Venetianer ist. Sie werden von den Ihrigen Konsuln genannt und haben ihren Landsleuten mit Hilfe und Rat guten Beistand zu tun und die Fremdlinge, so zu ihnen kommen, auf- und anzunehmen. Darum sind sie auch von ihrer Obrigkeit dahin verordnet und mit Privilegien vom türkischen Kaiser bestätigt worden, daß sie die Kaufleute mit ihren Waren lassen bei sich einziehen und sie vor äußerlicher Gewalt der Türken und Mohren beschützen, damit sie unter ihnen ohne Hindernis wandeln und handeln mögen.

Diese Konsuln tragen noch ihre gewöhnlichen Kleider, welche von ganz rotem Atlas, Samt, Damast usw. gar köstlich zugerichtet, und nehmen auch mit sich Schneider, Schuster, insonderheit aber ihre Ärzte, Apotheker, Barbiere, Priester usw., haben auch neben diesen ihre Dolmetscher, welche der türkischen und arabischen Sprache erfahren ...

Es sind auch diesen Konsuln zwei weite Behausungen übergeben, Fondiques genannt, Vielleicht von dem spanischen Wort fonda, das Gasthaus bedeutet. die gleich an zwei Stadttoren stehen, die nach dem Hafen und dem Meeresgestade schauen, damit sie mit ihren Waren um so eher aus- und einkommen. Deshalb halten den ganzen Tag unter den zwei Toren viel Mohren mit kleinen Müllereseln, die Kaufleute und Schiffsleute, so hinaus ans Gestade wollen, aus- und einführen. Diese zwei Behausungen sind weit mit Gewölben und Kammern dermaßen erbaut, daß sie beieinander wohnen könnten und ihre Waren darin genugsam versorgen ...

Die Kaufleute haben mit den Juden täglich viel zu handeln, sintemal solche vieler Sprachen kundig und wohl wissen den Bschiß Unwert. oder Wert aller Waren, die sie entweder zu kaufen oder zu verkaufen haben, wie sie denn fast alle Käufe in den vornehmsten Handelsstätten helfen beschließen, das Geld und die Wechsel erlegen, darum sie auch ihre Leukauf Leikauf, der auf Kosten von Käufer und Verkäufer zur Bestärkung des Kaufvertrags gebotene Schmaus oder ein entsprechendes Entgelt. wie die Unterkeuffel oder Teuschler davon haben.

Ihrer Münzen habe ich vornehmlich dreierlei Sorten ersehen, nämlich Asper, Medin und Sayet [?] die von gutem Silber und durch die ganze Türkei gangbar sind. Wenn große Zahlungen geschehen, zählen sie es nicht lange, sondern legen eine genannte Zahl der Münze in die eine Schüssel der Wage und wägen danach vollends die ganze Hauptsumme in der andern aus. An goldenen Münzen haben sie meist nur Dukaten, welche von gutem lauterem Gold gar lind und biegig sind.

Von ausländischen Münzen finden sich venetianische Dukaten, französische Teston und gute alte Joachimstaler.

In der ganzen Türkei gibt's viel Juden, vornehmlich aber in den Haupthandelsstädten wie in Aleppo und hier in Tripoli, wo sie erst eine gewaltige Behausung und schöne Synagoge erbaut haben. Die Juden haben des Großtürken Einkommen an Zöllen und Mauten meist in ihren Händen, daß also nicht leicht etwas in dieses Land gebracht wird noch daraus verführt, das nicht an sie kommt, was den Kaufleuten nicht geringe Beschwernis bringt. Und müssen die, so ihnen abkaufen, fleißig und wohl aufpassen, damit sie nicht von ihnen, die alles Betruges voll, angeführt werden, wie sie denn von sich selbst frei heraus bekennen, daß keiner neben ihnen etwas gewinnen möge, er wolle denn ein größerer Harami, d. i. Dieb, als sie sein, die wohl eingemachte Nüsse für Muskatnüsse verkaufen dürften.

Die Waren sind in den Karawansereien, sonderlich aber in den Basaren oder Kaufhäusern zu finden. Diese Kaufhäuser sind groß und lang und oben teils ausgewölbt, teils mit einem Zimmer beschlossen, daß man also zu jeder Zeit darunter kann trocken wandeln und handeln. Unten aber haben sie zu beiden Seiten einen Laden am andern, darin sich auch Handwerksleute halten, ... die alle fein in ihre sondere Gassen und Örter zusammengeordnet und ausgeteilt sind. Auch gibt's sonderlich mit Seide einen großen Handel, wie denn viele nur schöne Seide in ihren Läden zu verkaufen haben, welche meist von den nahe herumgelegenen Orten dahin gebracht wird. Denn es ist in den Grenzen und auf dem Gebirge Libanon unzählig viel Volk zu finden, das sich allein vom Seidenspinnen und Seidenwirken nährt, daher auch der weißen Maulbeerbäume allenthalben gar viel zu ersehen, die so groß und hoch, daß sie genugsam Blätter einsammeln mögen, ihre Seidenwürmer zu unterhalten ...

Also sind in ihren Basaren viel Seidensticker, die schönes Gewirk machen wie Borten, Geschling, Knöpflein, auch gestickte Seckel und Binden von mehrerlei Farben, damit sie ihre Lenden umgürten. Solche sitzen zu ihrer Arbeit meist vor ihren Läden, daß sie von männiglich zu sehen. Wenn sie etwas wirken oder einen Faden andrehen wollen, halten sie es mehr mit ihren großen Zehen als daß sie es an Schrauben legten, wie auch die Drechsler tun, die sowohl im Sitzen mit den Zehen wie mit den Händen ihre Drehereien führen.

Ferner werden zu gewissen Zeiten in den Basaren der schön großen und wohlschmeckenden Zibeben Große Rosinen. von Damaskus und andern umliegenden Orten mehr soviel gebracht, daß von dort jährlich etliche viel Schiffe zu uns herausgeführt werden ... Viele Krämer aber führen in ihren Läden nichts als Seife und Asche, aus der Seife gewonnen wird; dies sind vielleicht die beiden Haupthandelsartikel, und es werden von der Asche ganze Schiffe voll nach Venedig geführt, um sowohl Gläser wie auch Seife daraus zu machen. Die Asche wird besonders aus einem Kraut, arabisch Schinan genannt, gewonnen, das in zwei verschiedenen Arten vorkommt ...

Diese beiden Kräuter werden nicht weit von dort gefunden und auf den hohen Bergen herum zu Asche gebrannt, in welcher sich zu unterst am Boden eine ölige Schicht findet, mit der sich die Asche vermischt, und wenn's erkaltet, fast so hart wird wie Stein. Oben gleichwohl bleibt ein Teil der Asche unvermischt, die nicht so gut wie die andere ist. Diese Asche bringen die Mohren auf Kamelen von den Bergen herab in die Stadt etlichen Kaufleuten zu, die großes Gewerbe damit treiben, indem sie sie teils verschicken, teils auch Seife daraus machen.

Wie aber die Seife in Syrien zugerichtet werde, darüber hat man mich also berichtet: Erstlich nehmen sie gewöhnlich 12 Zentner gebrannte Asche; daraus machen sie im Sommer 8 und im Winter 4 Teile, darum weil sie im Winter eher als im Sommer abgesotten wird. Von denen nehmen sie erstlich einen Teil und gießen davon eine gute scharfe Lauge, die sie alsdann in einen großen steinernen Kessel schütten, auf dessen Boden eine ziemlich große dicke Kupferplatte ist. Darein schütten sie 16 Zentner Baumöl und gleich die gegossene Lauge von einem Teil darauf. Wenn das geschehen, lassen sie es Tag und Nacht einsieden und schütten daneben täglich der gegossenen Laugen von einem Teil daran. Ehe die aber ganz abgesotten wird (es dauert im Winter 5, im Sommer 9 bis 10 Tage), nehmen sie einen Zentner Kalk, mit der Asche vermischt, gießen noch eine Lauge da ab und schütten es auch endlich an 2 Tagen zuvor darüber in den Kessel, mehr oder minder, nachdem sie es dick oder dünn befinden. An der Kupferplatte unten ist ein Hahn, um den Überfluß an Lauge ablassen zu können. Wenn das Sieden fast beendet ist, haben sie ein 8 bis 10 Pfund haltendes kupfernes Kesselein. Damit schöpfen sie die dickere Seife, so oben schwimmt, herab, schütten sie auf die Erde, die mit Kalk oder steiniger zerstoßener Kreide bestreut ist, und lassen es im Winter einen, im Sommer aber zwei Tage stehen; so wird die Seife so dick, daß sie auch darauf herumgehen, um sie abzuplätten, schneiden sie dann in bestimmte Stücke eine Querhand breit und drücken endlich ihre Marke darauf.

Rauwolf setzte seine Reise durch Syrien und Mesopotamien fort bis Bagdad. Hier kehrte er infolge eines Briefes, den er von seinem früheren Reisegenossen Ulrich Krafft aus Aleppo in Syrien erhielt, dessen Inhalt aber unbekannt ist, um. Die Rückreise führte ihn über Mossul durch Syrien wieder nach Tripoli. Sodann ging er nach Palästina, besuchte hier die heiligen Stätten und trat endlich die Heimreise über Tripoli und Venedig an. Nach Augsburg zurückgekehrt, wurde er als städtischer Arzt am Pesthause angestellt. Ähnlich wie Schmidel mußte er aber nach einigen Jahren wegen konfessioneller Schwierigkeiten wieder zum Wanderstab greifen. Er ließ sich darauf auf einen Ruf der österreichischen Stände in Linz als Arzt nieder. 1596 begab er sich sodann als Chirurg zu den kaiserlichen Truppen, die in Ungarn gegen die Türken kämpften. In demselben Jahre soll er dort bei der Belagerung von Hatvan an der Ruhr gestorben sein. Vgl. Viktor Hantzsch, Deutsche Reisende des 16. Jahrhunderts. S. 130.


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