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Ulrich Schmidels wahrhaftige und liebliche Beschreibung.

1534-1554.

Ulrich Schmidel wurde im Anfang des 16. Jahrhunderts als Sproß einer ansehnlichen Straubinger Familie daselbst geboren. Für einen gelehrten Beruf bestimmt, zog er es wie viele seiner Landsleute, von Abenteuerlust getrieben, vor, sein Glück jenseits des Meeres zu suchen.

Als sich daher Mendoza zu einem Zug ins Goldland Peru rüstete, das er von der Ostküste aus erreichen wollte, schloß sich ihm Schmidel an. Mit 80 Landsleuten segelte er auf einem Schiffe aus, das den Nürnberger Kaufleuten Sebastian Neithart und Jakob Welser gehörte. Am 1. September 1534 fuhr Mendoza von Cadiz ab und kam erst nach 20 Jahren eines unruhvollen, an Abenteuern und Gefahren überreichen Lebens wohlbehalten in seine Vaterstadt zurück.

Schmidels Reisewerk erschien zum erstenmal gedruckt im Jahre 1567 bei Siegmund Feyerabend in Frankfurt als Teil einer Sammlung von Reisebeschreibungen unter dem Titel:

»Wahrhaftige und liebliche Beschreibung etlicher fürnehmen indianischen Landschaften und Insuln, die vormals in keiner Chroniken gedacht und ernstlich in der Schifffahrt Ulrich Schmidels von Straubingen mit großer Gefahr erkundigt und von ihm selber aufs fleißigst beschrieben und dargetan.«

Der folgende Bericht beruht auf der Ausgabe, die Dr. V. Langmantel auf Grund einer Münchener Papierhandschrift aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts veranstaltet hat (gedruckt für den Literarischen Verein in Stuttgart; Tübingen 1889).

Anno als man zählt nach Christi unseres lieben Herrn und Seligmachers Geburt taufendfünfhundertvierunddreißig, habe ich, Ulrich Schmidel von Straubing, auf dem Seeweg von Antorf Antwerpen. A. d. H. aus folgende Nationen und Länder gesehen, nämlich Spanien, Indien Unter Indien ist Amerika zu verstehen. Der letztgenannte Name findet sich bei Schmidel noch nicht. A. d. H. und mancherlei Inseln und habe sie mit großer Gefahr in Kriegsläufen durchzogen. Diese Reise – sie währte von obengenanntem Jahr bis ins vierundfünfzigste, da mir Gott der Allmächtige wieder in die Heimat geholfen – habe ich mit all den Gefahren, die mir samt meinen Gefährten zugestoßen sind, aufs kürzeste hierin beschrieben.

Schmidel erzählt, wie er in Cadiz ankam. Dort fand er 14 wohlausgerüstete Schiffe, die für die Ausfahrt nach Rio della Plata bestimmt waren. Die Mannschaft bestand aus 2500 Spaniern und 150 Deutschen. Oberbefehlshaber war Don Pedro de Mendoza, dem die Stellung eines Adelantado, eines Zivil- und Militärgouverneurs der am La Plata einzurichtenden Kolonie verliehen wurde. Eines der Schiffe gehörte den Nürnberger Kaufleuten Sebastian Neithart und Jakob Welser, die am La Plata eine Faktorei gründen wollten. Schmidel fuhr mit den 14 Schiffen am 24. August von Sevilla nach Sanlucar an der Mündung des Guadalquivir, wo widrige Winde die Ausfahrt vor September unmöglich machten.

Dann gings hinaus ins offene Meer, zunächst zu den drei Kanarischen Inseln Teneriffa, Gomera und Palma, die zu Spanien gehören und nur von Spaniern mit ihren Frauen und Kindern bewohnt sind. Die Schiffe werden auf die drei Inseln verteilt; Schmidel kommt mit drei Schiffen nach Palma. Vier Wochen bleiben die Schiffe dort zur Verproviantierung liegen.

In der Nacht vor der Wiederausfahrt ereignet sich ein Zwischenfall:

Unser oberster Hauptmann, der 8-9 Meilen von uns lag, Bei der Insel Teneriffa. A. d. H. hatte uns befohlen, wieder zu ihm zu stoßen. Auf unserem Schiff hatten wir seinen Vetter Don Jorge de Mendoza, der eine Bürgerstochter aus Palma lieb hatte. Und als wir am nächsten Morgen ausfahren wollten, da war obengenannter Don Jorge de Mendoza um 12 Uhr in der Nacht mit 12 Helfershelfern an Land gegangen und brachte mit ihnen die Bürgerstochter aus Palma und ihre Magd mit ihren Kleidern, Kleinodien und ihrem Geld zu uns aufs Schiff, aber ganz heimlich, so daß weder unser Hauptmann Heinrich Paimen noch sonst jemand aus dem Schiff drum wußte; der allein, der auf der Wache stand, hat sie gesehen, denn es geschah um Mitternacht.

Und als wir morgens auf- und davonfahren wollten, da kam nach 2 oder 3 Meilen ein großer Sturmwind; wir mußten wieder umkehren und im selben Hafen wieder anlegen, wo wir ausgefahren waren; hier warfen wir unsere Anker aus. Nun wollte unser Hauptmann Heinrich Paimen ans Land fahren in einem kleinen Schifflein, das man Boot nennt; und als er hinfuhr und ans Land wollt steigen, da waren am Ufer mehr als 30 Männer, wohlgerüstet mit Büchsen, Spießen und Hellebarden, die wollten unsern Hauptmann Heinrich Paimen fangen; einer seiner Begleiter warnte ihn daher, er solle nicht ans Land steigen, sondern lieber wieder umkehren. Da beeilte sich der Hauptmann, um wieder zu seinem Schiff zu kommen, konnte es aber nicht schnell genug erreichen, denn schon waren die vom Land nahe auf ihm in anderen kleinen Booten, die sie vorher bereitgestellt hatten; doch entkam er ihnen auf ein anderes Schiff, das nahe beim Land gewesen. Und da sie ihn nicht gleich fangen konnten, ließen sie in der Stadt Palma von Stund an Sturm läuten, ließen auch zwei große Stück Geschütz laden und 4 Schüsse auf unser Schiff abgehen, denn wir lagen nicht weit vom Land vor Anker. Der erste Schuß riß unsern irdenen Hafen, der hinten im Schiff voll Süßwasser stand und vier bis fünf Eimer faßte, in Stücke. Mit dem zweiten schossen sie den Massane Das spanische Wort mesana, bedeutet den Besanmast. A. d. H. auch in Stücke. Beim dritten trafen sie mitten aufs Schiff, machten ein großes Loch hinein und erschossen einen Mann; und den vierten Schuß trafen sie nicht.

Es war aber noch ein anderer Hauptmann da, dessen Schiff auch an unserer Seite lag, und der nach Neu-Spanien oder Mexiko fahren wollte; derselbe war draußen an: Land mit 150 Mann, und als er von dem Handel hörte, machte er mit denen von der Stadt und uns Frieden unter der Bedingung, daß ihnen Don Jorge de Mendoza samt der Bürgerstochter und ihrer Magd gewißlich zu Händen gestellt werden sollten. Darauf kam der Statthalter und Richter zu unserem Hauptmann in unser Schiff und wollte Don Jorge de Mendoza und seine Buhlschaft gefangen nehmen; der aber antwortete ihm, sie sei sein Eheweib, und auch sie erzeigte sich nicht anders; daraufhin hat man sie sogleich zusammen verheiratet; der Vater aber war sehr traurig und bekümmert. Dann ließen wir Don Jorge de Mendoza und seine Hausfrau am Land, denn unser Hauptmann wollte ihn auf seinem Schiff nicht mehr haben.

Die Fahrt geht nun zunächst nach Santiago Eine der Kapverdischen Inseln. A. d. H. dort blieben die Schiffe 5 Tage lang, um neuen Proviant an Bord zu nehmen. Nach einer Seefahrt von 2 Monaten wird 1500 Meilen von Santiago entfernt auf einer Vogelinsel Wahrscheinlich das zu Brasilien gehörige Eiland Fernando Norunha. A. d. H. 3 Tage Rast gemacht. Von der Meeresfauna, die Schmidel unterwegs kennen lernt, erwähnt er außer den fliegenden Fischen und dem Walfisch als besonders ausfällig den Strohhutfisch, den Schwertfisch und den Sägefisch. Nach weiteren 600 Meilen erreicht Schmidel die Insel Rio Genno Rio de Janeiro. A. d. H. in India.

Dort waren wir etwa 14 Tage, da befahl Don Pedro de Mendoza, unser oberster Hauptmann, daß Juan de Osorio als sein Waffenbruder uns an seiner Statt regieren sollt, denn er selbst war immer elend, schwach und krank. Aber Juan de Osorio wurde bald bei Don Pedro de Mendoza, seinem Waffenbruder, fälschlicherweise verleumdet und angeklagt, als wollte er sich gegen den obersten Hauptmann mit dem Volk aufrührig machen. Darauf befiehlt Don Pedro de Mendoza 4 anderen Hauptleuten, Juan de Ayolas, Juan de Salazar, Jorge Lujan und Lazaro de Salazar, sie sollen obengenannten Juan de Osorio mit Dolchen töten oder umbringen und mitten auf den Platz legen als einen Verräter; daneben hat er geboten und ausschreien lassen, daß sich bei Todesstrafe keiner des Osorio halber rege, oder es solle demselben, sei er, wer er wolle, auch nichts Besseres widerfahren. Man hat ihm unrecht getan, das weiß Gott der Allmächtige, der sei ihm gnädig; er ist ein frommer, aufrichtiger und tapferer Kriegsmann gewesen und hat seine Leute immer gut gehalten.

Von dannen fuhren wir nach Rio de la Plata und kamen in ein süßes, fließendes Wasser mit Namen Paranaguazu Parana-guazu (= großer Parana) hieß damals der Rio de La Plata. Schmidel versteht unter Rio de Laplata das Land. A. d. H. weit an der Mündung, wenn man vom Meer aus hineinfährt, und etwa 42 Meilen Wegs breit. Von Rio de Janeiro bis zu diesem Wasser sind es 500 Meilen Wegs.

Dann sind wir zu einem Hafen gekommen, der heißt San Gabriel, Jetzt der Name einer Insel unweit Colonia del Sagramento in Uruguay. A. d. H. daselbst haben wir unsere Anker geworfen in das besagte fließende Wasser Parana. Da wir aber mit den großen Schiffen auf eine Büchsenschußweite vom Land bleiben mußten, hat unser Oberster Don Pedro de Mendoza verordnet und den Seeleuten anbefohlen, daß man das Volk auf kleinen Schifflein, die dazu bestimmt und Boote genannt waren, ans Land solle führen. So sind wir durch Gottes Segen zum Rio de la Plata gekommen im Jahr 1535.

Dort haben wir einen indianischen Flecken gesunden, darin sind etwa 2000 Männer, die heißen Charruas und haben nichts anderes zu essen denn Fisch und Fleisch. Als wir hinkamen, haben sie den Flecken verlassen und mit ihren Weibern und Kindern die Flucht ergriffen, so daß wir sie nicht finden konnten. Dieses indianische Volk geht ganz nackt und bloß: nur ihre Weiber haben ihre Scham bedeckt mit einem kleinen baumwollenen Tüchlein vom Nabel bis auf die Knie.

Nun befahl der Oberste Don Pedro de Mendoza, daß man das Volk wiederum in die Schiffe bringen und auf die andere Seite des Flusses Parana führen solle, da wo er nicht breiter als 8 Meilen Wegs ist. Dort haben wir eine Stadt gebaut, die hat geheißen Buenos Aires, d. i. auf deutsch: Guter Wind. Wir haben auch 72 Pferde und Stuten aus Spanien auf den 14 Schiffen mitgebracht.

Auf diesem Land haben wir einen Flecken gefunden mit indianischem Volk; diese Leute heißen Querandis und sind ungefähr 2000 Mann stark samt ihren Weibern und Kindern; auch sie sind wie die Charruasweiber nur mit einem kleinen Tüchlein bekleidet; sie brachten uns Fische und Fleisch zum Essen. Diese Querandis haben keine eigene Wohnung, sondern ziehen im Land umher wie bei uns die Zigeuner, und wenn sie im Sommer reisen, ziehen sie manchmal 30 Meilen weit auf trockenem Land, wo sie keinen Tropfen Wasser zu trinken finden. Und wenn sie dann einen Hirsch oder irgendein ander Wild fangen, so trinken sie dessen Blut; auch finden sie eine Wurzel, die heißt Cardo Vielleicht die Cardonendistel, deren fleischige Blätterrippen genießbar sind. A. d. H. und wird für den Durst gegessen. Blut trinken sie aber nur, wenn sie gar kein Wasser noch irgendein anderes durststillendes Mittel haben, da sie sonst vielleicht verschmachten müßten.

Diese Querandis haben uns täglich ihre Armut von Fischen und Fleisch wohl 14 Tage lang in das Lager gebracht und mit uns geteilt; nur einen Tag blieben sie aus, da sie nicht zu uns kamen. Da schickte unser Oberster Don Pedro de Mendoza einen Richter, genannt Juan Pavon; der ging mit 2 Knechten zu den Querandis, die 4 Meilen von unserem Lager waren. Und da sie zu ihnen kamen, hielten sie sich dermaßen, daß sie alle drei wohl durchgebläut wurden; dann schickten sie sie wieder heim in unser Lager.

Als das unser Hauptmann Pedro de Mendoza inne ward nach der Mitteilung des Richters, der einen solchen Aufruhr im Lager anstiftete, schickt er seinen leiblichen Bruder Diego de Mendoza mit 300 Lanzknechten und 30 wohlgerüsteten Pferden, darunter ich auch gewesen bin, und befahl uns, wir sollten diese Querandis alle totschlagen und ihren Flecken einnehmen. Und wie wir zu ihnen kamen, waren ihrer 4000 Mann, denn sie hatten ihre Freunde zusammengerufen; und als wir sie angreifen wollten, stellten sie sich dermaßen zur Wehr, daß wir an dem Tag genug mit ihnen zu schaffen hatten; sie brachten auch unsern Hauptmann Don Diego de Mendoza um samt 6 Edelleuten zu Roß und Fußknechte; auf unserem Teil sind etwa 20 totgeschlagen worden und auf ihrer Seite kamen etwa 1000 ums Leben; sie haben sich also tapfer gegen uns gewehrt, daß wir's wohl empfunden haben.

Diese Querandis haben als Waffen Handbogen und Wurfspieße, die sind gemacht wie halbe Spieße, vorn dran eine Spitze von Feuerstein wie ein Pfeil gemacht. Sie haben auch Kugeln von Stein und eine lange Schnur dran, in der Größe etwa wie bei uns in Deutschland eine Bleikugel; diese Kugeln werfen sie einem Pferd oder Hirsch um die Füße, daß es dann fallen muß. Die bekannten Bolas, die noch jetzt in Südamerika in Gebrauch sind. A. d. H. Sie haben unseren Hauptmann und die Edelleute auch mit diesen Kugeln umgebracht, was ich selbst mit eigenen Augen gesehen habe; die Fußknechte haben sie dann mit den obengenannten Wurfspießen getötet.

Also gab uns Gott der Allmächtige die Gnade, daß wir obsiegten und ihren Flecken einnahmen; wir konnten aber keinen der Indianer fangen, denn sie hatten auch ihre Weiber und Kinder aus ihrem Flecken geflüchtet, ehe wir sie angriffen. In diesem ihrem Flecken fanden wir nichts als Pelzwerk von Rüderen Wahrscheinlich von dem spanischen nutria (= Fischotter). Es ist wohl der Sumpfbiber gemeint, dessen Fell sehr geschätzt wird. A. d. H. oder Ottern, wie man's heißt, ebenso viele Fische und Fischmehl? wir blieben 3 Tage und zogen alsdann wieder in unser Lager und ließen von unserem Volk 100 Mann im Flecken, daß sie mit der Indianer Netzen zum Unterhalt für unser Volk fischten, denn es gab dort außerordentlich gutes Fischwasser; man gab einem im Tag nur 6 Lot Kornmehl als Speise und alle 3 Tage einen Fisch; diese Fischerei dauerte 2 Monate lang, und wer sonst einen Fisch essen wollte, der mußte 4 Meilen Wegs danach gehen.

Und als wir wieder in unser Lager kamen, teilte man das Volk voneinander, was zum Krieg tauglich und was zur Arbeit; dahin ward jedes gebracht. Und man baute daselbst eine Stadt und eine Mauer aus Erde, so hoch, wie ein halber Spieß lang ist, darum; und drinnen ein starkes Haus für unsern Obersten. Die Stadtmauer war 3 Schuh breit, und was man heute baute, fiel morgen wieder ein; denn das Volk hatte nichts zu essen und starb vor Hunger, so groß war unser Armut. Auch kam es zuletzt so weit, daß die Pferde nicht langten; ja, es vergrößerte sich Not und Jammer des Hungers, da weder Ratten noch Mäuse, weder Schlangen noch anderes Ungeziefer genug vorhanden waren zur Stillung des großen, jämmerlichen Hungers und der unaussprechlichen Armut; auch Schuhe und Leder, alles mußte gegessen sein.

Es begab sich, daß drei Spanier ein Roß entführten und dasselbe heimlich aßen, und als man's von ihnen inne ward, wurden sie gefangen und mit schwerer Pein gefragt, bis sie es bekannten; sie wurden alsdann zum Galgen verurteilt, so daß man sie alle drei hängte. In der Nacht sind andere Spanier zu diesen drei Gehenkten zum Galgen gekommen, haben ihnen die Schenkel abgehauen und Stücke Fleisch aus ihnen geschnitten zur Sättigung ihres Hungers. Ebenso aß ein Spanier seinen Bruder, der da gestorben war in der Stadt Buenos Aires.

Nun sah unser oberster Hauptmann Don Pedro de Mendoza, daß er sein Volk dort nicht länger erhalten konnte; da verordnet und befiehlt er mit seinen Hauptleuten, man solle vier kleine Schifflein – man nennt sie »Parckadines«, Der Ausdruck ist schwer zu deuten; vielleicht kommt er vom italienischen barchettina. Schmidel selbst gebraucht an einer späteren Stelle als gleichbedeutend den deutschen Ausdruck Wasserburg. A. d. H. die muß man rudern, 40 Mann können darin fahren – möglichst rasch machen samt anderen 3 noch kleineren, die nennt man Boote; und als diese sieben Schiffe verfertigt und ausgerüstet waren, ließ unser Hauptmann das Volk zusammenrufen und schickt Jörg Lichtenstein mit 350 Bewaffneten das Wasser Parana hinauf, um die Indianer zu suchen, damit wir Speise und Proviant bekommen möchten. Als uns aber die Indianer wahrgenommen hatten, konnten sie uns keine größere Buberei antun, als daß sie Speise und Proviant, sowie ihre Flecken verbrannten und zerstörten und alle davonliefen; Bei dem oben geschilderten ebenso unverständigen wie unmenschlichen Verfahren gegen die zunächst so hilfsbereiten Eingeborenen ist deren späteres feindseliges Verhalten sehr erklärlich. A. d. H. somit hatten wir immer noch nichts zu essen, nur 3 Lot Brot in Schiffszwieback gab man einem für den Tag.

Auf dieser Reise starb die Hälfte des Volks vor unaussprechlichem Hunger; deshalb mußten wir wieder in den obengenannten Flecken zurückkehren, da unser oberster Hauptmann war. Don Pedro de Mendoza forderte Bericht von Jörg Lichtenstein, unserem Hauptmann auf dieser Reise, wie es denn zugegangen sei, daß so wenig Leute wiederkamen, wir seien doch nur 2 Monate draußen gewesen. Da antwortete er ihm, die Leute seien Hungers gestorben, denn die Indianer hätten alle Speise verbrannt und seien geflohen, wie wir oben kurz gehört haben.

Dann blieben wir noch einen Monat lang beieinander in der Stadt Buenos Aires unter großen Entbehrungen, bis man die Schiffe hergerichtet hatte. In dieser Zeit kamen die Indianer mit großer Macht und Gewalt über uns und unsere Stadt Buenos Aires, an die 23 000 Mann stark; darunter waren 4 Nationen mit Namen: Querandis, Guarauis, Charruas, Chanas-Timbos. Diese alle hofften, sie könnten uns alle umbringen; aber den größeren Teil hat Gott der Allmächtige noch am Leben erhalten, ihm sei Lob und Preis immer und ewiglich. Auf unserer Seite sind ungefähr 30 Mann mit Hauptleuten und Fähnrichen umgekommen.

Und als sie zum ersten Mal zu unserer Stadt Buenos Aires kamen und uns angriffen, da liefen die einen Sturm, die andern schossen mit feurigen Pfeilen auf unsere Häuser, die mit Stroh gedeckt waren, ausgenommen das unseres obersten Hauptmanns, dessen Haus mit Ziegeln gedeckt war, und brannten unsere Stadt in den Grund. Ihre Pfeile sind aus Rohr gemacht, die sie vorn an der Spitze anzünden; auch aus Holz machen sie Pfeile, die, angezündet und abgeschossen, nicht verlöschen, sondern auch alle Häuser anzünden, die aus Stroh gemacht sind.

Dazu verbrannten sie uns auch 4 große Schiffe, die eine halbe Meile von uns auf dem Wasser lagen. Als die Leute, die darauf waren und kein Geschütz hatten, einen so großen Haufen Indianer sahen, flohen sie aus diesen 4 Schiffen in 3 andere, die nicht weit davon lagen und in denen Geschütz war. Als sie die 4 von den Indianern angezündeten Schiffe brennen sahen, da stellten sie sich zur Wehr und ließen das Geschütz auf die Indianer abgehen; als das die Indianer sahen und das Geschütz vernahmen, zogen sie sogleich davon und ließen die Christen zufrieden. Das alles ist geschehen am Sankt-Johannistag [24. Juni] anno 1535.

Nach diesem Ereignis mußte alles Volk alsbald in die Schiffe gehen, und Don Pedro de Mendoza, unser oberster Hauptmann, gab das Volk über an Juan de Ayolas und setzte ihn an seiner Statt ein, daß er unser Hauptmann sein und uns regieren solle. Als dann Ayolas das Volk musterte, fand er von 2500 Mann nicht mehr als 560, die noch am Leben waren; die anderen waren im Kampf gefallen oder vor Hunger umgekommen. Gott der Allmächtige sei ihnen und uns gnädig und barmherzig!

Danach ließ unser Hauptmann Juan de Ayolas schnell 8 kleine Schifflein, Wasserburgen und Boote, herstellen und nahm darauf 400 Mann zu sich von den 560, die andern 160 ließ er in den 4 großen Schiffen, daß sie dieselben verwahren sollten, und stellte ihnen einen Hauptmann zu mit Namen Juan de Romero und gab ihnen auf ein Jahr Proviant, so daß man jedem Kriegsknecht für einen Tag 8 Lot Brot oder Mehl geben konnte; wollte einer mehr essen, so mochte er's suchen.

Alsdann fuhr Juan de Ayolas mit den 400 Mann auf den Wasserburgen das Wasser Parana aufwärts, und Don Pedro de Mendoza, unser alleroberster Hauptmann, fuhr auch mit. Und in zwei Monaten kamen wir zu den Indianern nach 84 Meilen Wegs; diese Völker heißen Timbos; sie tragen auf beiden Seiten der Nase ein kleines Sternlein, das aus weißem und blauem Stein gemacht ist. Es sind große, schöngewachsene Leute, die Weibsbilder aber sind gar ungestaltig, junge wie alte; sie sind unter dem Gesicht zerkratzt und immer blutig. Diese Leute essen nichts anderes, haben auch ihr Leben lang nichts anderes zu essen oder Speise gehabt als Fisch und Fleisch. Man schätzt die Stärke dieses Stammes aus 15 000 Mann oder mehr. Und als wir auf 4 Meilen zu diesen Indianern kamen, bemerkten sie uns und fuhren uns friedfertig entgegen in beinahe 400 Kanoes oder Zillen; auf jedem saßen 16 Mann. Eine solche Zille ist aus einem Baum gemacht, ist 80 Schuh lang und 3 Schuh breit; man muß sie rudern, wie die Fischer in Deutschland ihre Zillen; doch sind die Ruder nicht mit Eisen beschlagen.

Als wir auf dem Wasser zusammenkamen, da schenkt unser Hauptmann Juan de Ayolas dem obersten Indianer von den Timbos, namens Chera-guazu, ein Hemd, einen Rock, ein Paar Hosen und noch andere Tauschhandelssachen. Dann führte uns obengenannter Chera-guazu in ihren Flecken und gab uns Fische und Fleisch überaus genug zu essen. Wenn aber die oben erzählte Reise 10 Tage länger gedauert hätte, so hätten wir alle vor Hunger sterben müssen; und es sind auch auf dieser Reise von den 400 Mann 50 gestorben; alsdann hat sich Gott der Allmächtige ins Mittel gelegt, ihm sei Lob und Dank gesagt.

In diesem Flecken blieben wir vier Jahre lang. Aber unser alleroberster Hauptmann, Don Pedro de Mendoza, der vor Schwäche weder Hände noch Füße rühren konnte und auf dieser Reise 4000 Dukaten in barem Geld verzehrt hatte, mochte nicht länger bei uns in diesem Flecken bleiben und fuhr wieder mit 2 kleinen Wasserburgen zu den 4 großen Schiffen in Buenos Aires und nahm dort 2 große Schiffe mit 50 Mann und fuhr nach Spanien. Aber als er ungefähr den halben Weg zurückgelegt hatte, da griff ihn Gott der Allmächtige an, so daß er kläglich starb. Wie Burmeister, Physikalische Beschreibung der argent. Republik I (S. 33), erzählt, herrschte zu einer Zeit auf Mendozas Schiff Hungersnot, so daß Mendoza seinen Lieblingshund schlachten lassen mußte. Kaum hatte er von dem Fleisch gegessen, so verfiel er in einen Zustand der Raserei, der nach zwei Tagen tödlich endete. Auch wer sonst noch von dem Hundefleisch genossen hatte, erkrankte und starb ebenfalls. A. d. H. Gott sei ihm gnädig!

Er verabredete aber, ehe er von uns abreiste, sobald er oder die Schiffe nach Spanien kämen, sollten 2 andere nach Rio de la Plata geschickt werden, was er auch in seinem Testament getreulich verordnet und geschehen ist.

Als nämlich die 2 Schiffe in Spanien ankamen und als des Kaisers Karls des Fünften. A. d. H. Räte davon Kenntnis erhalten hatten, haben sie sogleich im Namen Seiner Majestät andere Schiffe mit Leuten und Speise und Kaufmannschaft und allem, was die Not erforderte, nach Rio de la Plata geschickt. Der Hauptmann dieser 2 Schiffe hieß Alonso de Cabrera; er brachte 200 Spanier und auf 2 Jahre Proviant mit sich. Mit 160 Mann ist er im Jahre 1538 in Buenos Aires angekommen, wo die andern 2 Schiffe zurückgelassen worden waren.

Als dann der Hauptmann Alonso de Cabrera schließlich an die Insel der Timbos zu unserem Hauptmann Juan de Ayolas gefahren kam, rüsteten sie sogleich ein Schiff und schickten es auf Befehl und Begehr des Kaisers wiederum nach Spanien, um den obengenannten Räten zu berichten, wie es allenthalben im Land aussehe, und wie es um uns stünde.

Nach all dem hielt Juan de Ayolas, unser oberster Hauptmann, einen Rat mit Alonso de Cabrera und mit Domingo Martinez de Irala und seinen anderen Hauptleuten. Es ward beschlossen, daß man das Volk musterte; da fand man, daß die unsrigen zusammen mit denen, die erst aus Spanien gekommen waren, 550 Mann zählten. Da nahmen sie 400 Mann zu sich, die anderen 150 ließen sie bei den Timbos, denn man hatte nicht genug Schiffe; dieser Abteilung stellten sie auch einen Hauptmann zu, der sie beherrschen und regieren sollte; es war Carlos Dubrin, der eine zeitlang bei Seiner Majestät dem Kaiser Kammerbub gewesen war.

Darnach fuhren wir (nach dem Beschluß der Hauptleute) mit den 400 Mann auf 8 Schifflein oder Wasserburgen das Wasser Parana aufwärts, um ein anderes fließendes Wasser zu suchen, das heißt Paraguay, an dem die Guaranis wohnen, die Mais haben und eine Wurzel, namens Mandioka, und eine andere Wurzel Batata Die Batate oder süße Kartoffel. A. d. H. und noch verschiedene Mandiokaarten. Die Wurzel Batata sieht ähnlich aus wie ein Apfel und hat auch diesen Geschmack; die eine Art der Mandioka schmeckt wie Kastanien; aus der andern macht man Wein, den die Indianer trinken. Diese Guaranis haben Fische und Fleisch und große Schafe, wie hierzuland die Maulesel Es scheint, daß Schmidel hier den Tapir meint, der von andern Reisenden ähnlich geschildert worden ist. A. d. H., ebenso haben sie wilde Schweine Wohl die Pekaris, die über einen großen Teil Südamerikas verbreiteten Nabelschweine. A. d. H., Straußen und anderes Wildbret, sowie sehr viele Hühner und Gänse.

Die 400 Mann kommen nun auf ihrer Fahrt weiter zu den Corondas, von denen sie freundlich aufgenommen und gespeist werden; ebenso von den Calchaquis, die 30 Meilen von den Corondas entfernt wohnen. Nach 18tägiger Fahrt erreichen sie das Gebiet der Macurendas, bei denen sie sich 4 Tage lang aufhalten und eine besonders große Wasserschlange zur großen Freude der Indianer töten, denen sie beim Baden dadurch gefährlich geworden war, daß sie ihren Schwanz um einen Badenden schlang und ihn in die Tiefe zog. Der nächste Stamm, den sie antreffen, sind die Chanas salvajicos; diese haben aber nichts zu essen, weshalb die kleine Flotte nur über Nacht bei ihnen bleibt. Die Fahrt geht weiter zu den Mapenis, Besser bekannt unter dem Namen Abiponen. A. d. H. die, nach Schmidel, 100 000 Mann stark, den Europäern einen kriegerischen Empfang bereiten, aber zurückgeschlagen werden. Nun fahren die 8 Barken in den Paraguay ein und kommen bald zu den Curomobas, deren Gastfreundschaft die Spanier 3 Tage lang genießen. Dagegen leisten wieder die Agazes, die sie sodann antreffen, Widerstand. Ebenso das große Volk der Guarani oder Carios, von denen Schmidel folgendes berichtet:

Nach dem mußten wir die Agazes lassen und kamen zu einer andern Nation, heißt Carios, liegen 50 Meilen Wegs von den Agazes. Da gab Gott der Allmächtige seinen göttlichen Segen, daß wir bei diesen Carios fanden von dem türkischen Korn oder Mais und Mandioka, Bataten, Erdnüsse ... auch Fisch und Fleisch, Hirsche und Wildschwein, Strauße, indianische Schafe, Küniglein Ein kleines Nagetier, von den Spaniern canocha genannt. A. d. H., Hühner und Gänse; auch haben sie von dem Honig, da man den Wein daraus macht, überaus genug, item von Baumwolle gar viel im Land.

Diese Carios haben ein weit Land, ungefähr 300 Meilen Wegs weit und breit; sind kurze und dicke Leute, mögen wohl füreinander etwas erleiden. Item die Mannsbilder haben in den Lippen ein kleines Löchlein, darein sie einen gelben Kristall, auf ihre Sprache Barbot Azara (Reise nach Südamerika)erzählt, daß die Mutter wenige Tage nach der Geburt eines Knaben ihm die Unterlippe dicht an der Zahnwurzel durchsticht und den kristallenen oder hölzernen Barbot hineinsteckt. A. d. H. genannt, 2 Spannen lang und dick wie ein Federkiel stecken. Dieses Volk, Mann und Weib, jung und alt, geht mutternackt, wie sie Gott auf die Welt erschaffen hat. Unter diesen Indianern verkauft der Vater seine Tochter, item der Mann sein Weib, wenn es ihm nicht gefällt; auch verkauft oder vertauscht der Bruder seine Schwester; kostet ein Weibsbild ein Hemd oder ein Brotmesser oder eine kleine Hacke oder dergleichen.

Diese Carios essen auch Menschenfleisch, so sie es haben können; nämlich also, wenn sie Krieg führen und in dem einen Feind fangen, Weib oder Mann, und wie man in Deutschland Schwein mästet, desgleichen mästen sie die Gefangenen. So aber das Weibsbild etwas jung und schön, so behält ers ein Jahr oder etliche, und so es etwa in der Zeit seines Gefallens nicht lebt, so schlägt ers zutot und ißt's und hält damit ein groß Festmahl oder wie draußen eine Hochzeit gehalten wird; eine alte Person aber läßt man arbeiten im Feld bis im Tod.

Dieses Volk reiset weiter denn keine Nation des ganzen Landes Rio della Plata; sie geben treffliche Kriegsleute über Land. Ihre Flecken oder Städte liegen hoch am Paraguay ... Ihre Stadt ist mit 2 Palisaden von Holz gemacht ringsum; ein Holz ist so dick wie ein Mann und eine Palisade liegt von der andern 12 Schritt. Die Hölzer sind unter die Erde gemacht oder begraben zwei Klafter tief, und über die Erde ungefähr so hoch wie einer mit einem Rapier reichen mag. Item sie haben auch gehabt ihre Schanzgräben. Auch haben sie 15 Schritt weit von dieser ihrer Stadtmauer tiefe Gruben gehabt, bei drei Mann hoch; darinnen in der Mitte gesteckt (und nicht über die Erde hinausgegangen) ein Spieß, von hartem Holz gemacht und wie eine Nadel scharf oben zugespitzt, und solche Gruben zugedeckt mit Stroh und kleinen Reislein und darüber ein wenig Erde und Gras geschüttet, auf daß, wenn es würde, daß wir Christen den Carios nachliefen oder ihre Stadt stürmten, damit wir in diese Gruben uns verfielen. Solche Gruben aber haben sie für sich gemacht, denn sie sind zuletzt selbst darein gefallen.

Nämlich als unser oberster Hauptmann alles unser Volk ordiniert und damit in bester Rüstung gegen ihre Stadt Lambare zogen, da nahmen sie unser auf einen guten Büchsenschuß weit gewahr mit ihrem Volk, das bei 40 000 stark gewesen in ihrer Rüstung und Wehr als Bogen und Pfeile und entboten uns, wir sollten uns zu unsern Wasserburgen lenken und wieder zurückgehen. So wollten sie uns mit Proviant und anderer Notdurft versehen, und damit wir in Frieden wieder davonführen; wo nicht, so wollten sie unser Feind sein. Aber es war unserm obersten Hauptmann nicht gelegen, daß wir's täten, denn das Land und das Volk stand uns sehr wohl an mit samt der Speise, sonderlich dieweil wir in den verflossenen 4 Jahren 2 Jahren; es liegt entweder ein Versehen Schmidels oder des Abschreibers seiner Handschrift vor. A. d. H. keinen Bissen Brot gegessen noch gesehen hatten und nur mit Fisch und Fleisch uns beholfen.

Alsdann nahmen die Carios ihre Bögen und Wehr, empfingen uns damit und hießen uns willkommen sein. So wollten wir ihnen nichts tun und ließen ihnen dreimal anzeigen, sie sollten Friede halten, wir wollten ihre Freunde sein. Aber sie wollten sich nicht daran kehren, denn sie hatten unsere Büchsen und Wehr noch nicht versucht. Und als wir nah bei ihnen waren, ließen wir unser Geschütz abgehen gegen sie. Da sie es hörten und sahen, daß ihr Volk zur Erde fiel und noch kein Kugel oder Pfeil, nur ein Loch im Leib sehen konnten, nahm es sie wunder, erschraken und gaben alsbald sämtlich die Flucht und fielen übereinander wie die Hunde, Also eilten sie in ihren Flecken, daß bei 200 Carios in diesem Gestrampel selbst in ihre obenerwähnten Gruben fielen.

Danach kamen wir Christen zu ihrem Flecken und griffen den an; aber sie wehrten sich, soviel ihnen möglich, bis in den dritten Tag. Da sie es gar nicht länger erhalten mochten und für ihre Weiber und Kinder fürchteten, begehrten sie Gnade von uns: sie wollten in allem nach unserem Willen leben, wir sollten ihnen nur das Leben fristen. Auch brachten sie unserm Hauptmann Ayolas 6 Frauen, darunter die älteste bei 18 Jahren gewesen; item sie präsentierten ihm auch bei 18 Hirschen und ander Wildbret mehr. Dazu baten sie uns, daß wir bei ihnen blieben, und stellten jeglichem Kriegsmann 2 Frauen zu, damit sie unser pflegten mit Waschen und Kochen. Auch gaben sie uns Speise und was uns von Nahrung von Nöten war. So war damit zwischen uns Friede gemacht.

Nach dem so mußten sie, die Carios, uns ein großes Haus bauen von Stein, Erde und Holz, damit, wenn sie etwa einen Aufruhr gegen die Christen machen wollten, daß die Christen eine Beschützung hätten und sich wehren könnten. Diesen Flecken der Carios haben wir am Tage Nostra signora d'asuncion Mariä Himmelfahrt, 15. August 1536. Es ist die heutige Hauptstadt von Paraguay, Asuncion. A. d. H. gewonnen anno 1536 ... In diesem Scharmützel sind auf unserer Seite untergegangen 16 Mann. Und blieben allda 2 Monate lang.

Zu diesen Carios ist von den Agazes 30 Meilen und von der Insel Buena esperanza, das ist gute Hoffnung, da die Timbus wohnen, ungefähr 335 Meilen Wegs.

Also machten wir einen Kontrakt mit den Carios, daß sie sich bewilligten und zusagten, mit uns Krieg zu führen und beizustehen mit 8000 Mann wider die vorgenannten Agazes.

Unter Beihilfe der Carios straft Ayolas nun die Agazes für ihren Widerstand, indem er sie überfällt und fast sämtlich niedermacht; nur ein kleiner Teil der Indianer wird schließlich begnadigt. Hierauf geht Ayolas nach Asuncion zurück und läßt eine Ruhepause von 6 Monaten eintreten.

Dann wird ein neuer Zug unternommen zu den Payaguas, die weiter oben am Paraguay wohnen. 100 Mann werden in Asuncion zurückgelassen; mit den übrigen 300 zieht Ayolas flußaufwärts durch das Gebiet der Carios zum St. Ferdinandsberg. Hier stoßen die Spanier auf die Payaguas; 9 Tage lang dauert der Aufenthalt bei ihnen. Darauf entschließt sich Ayolas, mit seinen Leuten landeinwärts zu ziehen, und läßt eine Abteilung von 50 Mann auf 2 Schiffen in St. Ferdinandsberg zurück; diese Abteilung sollte nicht länger als 4 Monate auf Ayolas Rückkehr warten und dann nach Asuncion zurückfahren. Der Marsch landeinwärts führt durch verschiedene Stämme, die alle erfolglosen Widerstand leisten, bis schließlich die Spanier im Gebiet der Payzunos, d. h. als sie bereits auf dem bolivianischen Hochland angelangt waren, umkehren müssen; doch lassen sie 3 kranke Kriegsleute bei den Payzunos zurück. Auf dem Rückweg wird die ganze Abteilung samt ihrem Hauptmann Ayolas von den vereinigten Aperues und Payaguas bis auf den letzten Mann erschlagen. Die in St. Ferdinandsberg zurückgelassene Truppe von 50 Mann unter Domingo Martinez de Irala begibt sich nach 6 Monaten vergeblichen Wartens wieder nach Asuncion. Ein Jahr lang harren die Spanier dort auf Nachrichten von Ayolas, bis sie dessen Schicksal von den Carios erfahren; ihre Aussage wird bestätigt durch das Geständnis zweier gefolterter Payaguas.

Die Soldaten wählen nun Domingo Martinez de Irala zum Hauptmann, so lange, bis ein neuer vom Kaiser ernannt worden sei. Irala beschließt, die bei den Timbos und in Buenos Aires zurückgelassenen Truppen alle in Asuncion zusammenzuziehen. Als er aber in »Corpus Christi« bei den Timbos ankommt, findet er diese geflohen, denn die dortige spanische Besatzung hatte kurz zuvor einen Häuptling und viele Timbos ohne alle Ursache ermordet. Die Abteilung wird durch 20 Mann verstärkt; die 3 Anstifter des Totschlags, Francisco Alvarado, Juan Pabon und Pedro Fernandez, nimmt Irala mit sich und setzt an deren Statt Antonio Mendoza zum Oberbefehlshaber von Corpus Christi ein. Durch Verrat der Indianer werden 50 Mann aus der Stadt niedergemacht, und bald darauf erfolgt ein heftiger, doch erfolgloser Angriff auf die Stadt, bei dem der Hauptmann Antonio Mendoza getötet wird. Nachdem die Indianer aus Mangel an Lebensmitteln wieder abgezogen sind, begibt sich die übrige Besatzung auf 2 von Irala geschickten Proviantschiffen nach Buenos Aires.

Fünf Tage, nachdem wir in Buenos Aires angekommen waren, kam eine kleine Karavelle zu uns aus Spanien und brachte uns gute neue Zeitung, nämlich daß noch ein Schiff in St. Katharina angekommen sei; der Hauptmann heiße Alonso Cabrera und habe 200 Mann aus Spanien mitgebracht. Sobald unser Hauptmann diese neue Zeitung vernommen, ließ er von den 2 Schiffen eines zurichten, das war eine kleine Galeere, und schickte es mit dem ersten [das die Nachricht gebracht hatte] nach St. Katharina in Brasilien, das liegt 300 Meilen weit von Buenos Aires, und verordnete dazu einen Hauptmann, der hieß Gonzalo de Mendoza, der solle das Schiff regieren, und befahl ihm zugleich, wenn er nach St. Katharina in Brasilien zum Schiff komme, solle er sein Schiff mit Proviant laden vom Reis, Mandioka und anderer Speise mehr, was er für gut halte. Dieser Hauptmann Gonzalo de Mendoza forderte von unserem obersten Hauptmann Domingo Martinez de Irala, er solle ihm 6 Kriegsknechte zustellen oder vergönnen, auf daß er sich unverzüglich ans Werk mache; da sagt ers ihm zu; jener aber nahm mich und 5 Spanier zu sich, auch andere 20 Leute vom Kriegsvolk und der Schiffsmannschaft.

Nachdem wir von Buenos Aires weggefahren waren, kamen wir in einem Monat nach S. Katharina; da fanden wir jenes Schiff, das aus Spanien gekommen war, und den Hauptmann Alonso Cabrera mit all seinem Volk. Wir freuten uns sehr und blieben 2 Monate daselbst und luden die Schiffe mit Reis, Mandioka und Mais gar viel, daß wir nicht mehr mochten führen auf beiden Schiffen.

Die Schiffe treten den Heimweg an. Durch Ungeschick des Lotsen erleidet aber das Schiff, auf dem sich Schmidel befand, auf dem La Plata Schiffbruch, indem es auf eine Untiefe auffährt.

So wurde in derselben Stunde unser Schiff zu hunderttausend Stücken zerstoßen, und es ertranken 15 Mann und 6 Indianer; etliche kamen hinaus [ans Land] auf großen Hölzern, ich und andere 5 Gesellen kamen hinaus auf dem Segelbaum; von den 15 Personen konnten wir keinen tot finden. Gott der Herr begnad' sie und uns alle!

Darnach mußten wir 10 Meilen zu Fuß laufen, hatten all unsere Kleider im Schiff verloren, auch die Speise; wir mußten uns behelfen mit Wurzeln und Früchten, so wir in den Wäldern fanden, bis daß wir zu einem Hafen namens S. Gabriel kamen; da fanden wir das obengenannte Schiff mitsamt dem Hauptmann; es war 3 Tag vor uns angekommen.

Man hatte es unserm Hauptmann Domingo Martinez de Irala in Buenos Aires angezeigt; er war sonderlich um uns betrübt, und glaubte, wir seien gestorben, ließ derhalben etliche Messen für uns lesen. Nachdem wir nun in Buenos Aires angekommen waren, ließ unser Hauptmann Domingo Martinez de Irala unsern Hauptmann [Alonso Cabrera] und den Piloten oder Steuermann vor sich rufen; und wenn so große Fürbitte nicht für ihn vorhanden gewesen wäre, so hätte er lassen den Piloten henken; so mußte er 4 Jahre lang auf der Brigantine bleiben.

Da nun das Volk alles beieinander war in Buenos Aires, befahl unser oberster Hauptmann, daß man die Brigantinen fertig mache, und nahm das Volk alles zusammen, verbrannte die großen Schiffe und verwahrte das Eisengeschirr; alsdann fuhren wir das Wasser Parana aufwärts und zur vorgenannten Stadt Nuestra Senora de la Asuncion; da blieben wir 2 Jahre lang und warteten auf weiteren Bescheid von Seiner Kaiserlichen Majestät.

Inzwischen kam ein oberster Hauptmann aus Spanien, der hieß Cabeza de Vaca; diesen Hauptmann schickte Seine Kaiserliche Majestät mit 400 Mann und 30 Pferden auf 4 Schiffen, darunter 2 große und 2 Karavellen waren; und schließlich kam er mit diesem Volk zu einem Hafen S. Katharina; allda wollte er Proviant aufnehmen, und als der Hauptmann 2 Karavellen etwa 8 Meilen von obengemeldetem Hafen nach Proviant ausschickte, ist ein solcher Sturm an sie gekommen, daß sie beide haben im Meer bleiben müssen, und ist nichts anderes davongekommen als die Leute, so darauf gewesen. Als das dem obersten Hauptmann berichtet wurde, durfte er sich mit den anderen 2 großen Schiffen nimmermehr aufs Wasser wagen, sonderlich weil sie [die Schiffer] keine große Lust hatten, denn sie fürchteten sich; deshalb kamen sie über Land nach Rio della Plata und kamen zu uns in die Stadt Asuncion; von den 400 Mann blieben ihm 300; die andern waren dem Hunger oder Krankheiten erlegen.

Dieser Hauptmann ist 8 Monate lang unterwegs gewesen, und sind's 500 Meilen von der Stadt Nuestra Senora zu diesem Flecken oder Hafen S. Katharina. So brachte er auch mit sich aus Spanien seine Bevollmächtigung von Seiner Majestät und sagte, daß ihm Domingo Martinez de Irala, unser Hauptmann, die Vollmacht übergeben sollte und alles Volk ihm untertänig sein.

Da war der Hauptmann Domingo Martinez de Irala und das Volk alles willig und gehorsam, doch mit dem Bescheid, daß Cabeza de Vaca etwas vorzeigt, daß er solche Gewalt von Seiner Kaiserlichen Majestät erlangt oder zuwege gebracht; das konnte aber der gemeine Soldat nicht herausbringen, sondern die Pfaffen und 2 oder 3 Hauptleute machten, daß Cabeza de Vaca befahl und regierte. Aber wie es ihm ergangen ist, werdet ihr hernach hören.

Nun machte dieser Cabeza de Vaca unter allem Volk eine Musterung; da fand er alles in allem 800 Mann. Er machte auch zu dieser Zeit mit Domingo Martinez de Irala Bruderschaft und wurden geschworene Brüder, Waffenbrüder. A. d. H. also daß er [Irala] mit dem Volk nicht weniger als vorher zu schaffen und zu tun hatte.

Alsdann ließ Cabeza de Vaca 9 Brigantinen zurichten und wollte das Wasser Paraguay aufwärts fahren, soweit er konnte; so schickte er aber in dieser Zeit, ehe die Schiffe bereit waren, 3 Brigantinen mit 115 Mann, die sollten so weit ziehen als sie konnten und Indianer suchen, die da Mandioka und türkisches Korn hätten. Auch stellte er ihnen zwei Hauptleute zu, namens Antonio de Cabreza und Diego Tobellino; sie kamen erstlich zu einer Nation, die heißt Sarigues; diese hatten von dem türkischen Korn und Mandioka, auch andere Wurzeln wie » mandi« [Erdnüsse], ist einer Haselnuß gleich, ebenso Fische und Fleisch. Die Männer tragen in den Lippen einen großen, glatten Stein, wie einen Brettstein.

Bei diesem Stamm ließen wir unsere Schifflein und etliche unserer Gesellen dabei, daß sie's verwahrten; alsdann zogen wir ins Land vier Tage lang, da fanden wir einen Flecken der Carios, die waren ungefähr 300 Mann stark; wir ließen uns über das Land berichten, und sie gaben uns guten Bescheid. Danach kehrten wir wieder zu den Schifflein zurück und fuhren das Wasser Paraguay abwärts und kamen zu einem Stamm, den Acares. Bei diesen fanden wir einen Brief von unserem obersten Hauptmann Cabeza de Vaca; dieser Brief lautete, man solle den obersten Indianer allda, Aracare, henken. Solchem Befehl kam unser Hauptmann unverzüglich nach. Dann zogen wir das Wasser abwärts zur Stadt Nuestra Señora de Asuncion und zeigten unserem obersten Hauptmann Cabeza de Vaca an, was wir auf dieser Reise ausgerichtet und gesehen hatten.

Darauf begehrte er von dem obersten Indianer, so in der Stadt Nuestra Señora war, daß er ihm solle 2000 Indianer zuordnen, und sollten die mit uns Christen das Wasser aufwärts ziehen. So erboten sich die Indianer, gutwillig und gehorsam zu sein, und sagten hieneben, unser oberster Hauptmann solle sich zuerst wohl besinnen, ehe er aus dem Land ziehe, denn das ganze Land unter dem Häuptling Tabare sei mit aller Macht auf und wolle gegen die Christen ziehen, denn dieser Tabare sei des Aracare, so gehenkt worden, Bruder; deswegen wolle er dessen Tod rächen.

Also mußte unser oberster Hauptmann diese Reise unterlassen und sich dafür rüsten und wider seine Feinde ziehen. Er befahl demnach seinem geschworenen Bruder Domingo Martinez de Irala, daß er 400 Mann und 2000 Indianer nehmen solle und gegen jenen Tabare ziehen und ihn samt all den Seinigen verjagen oder verheeren. Solchem Befehl kam Domingo Martinez de Irala nach und zog mit diesem Volk aus der Stadt Nuestra Señora und kam gegen die Feinde und ließ zuerst den Tabare vermahnen im Namen des Kaisers. Aber dieser Tabare wollte sich nicht daran kehren oder gütlich anlassen; er hatte viel Volks beieinander und seinen Flecken sehr stark gemacht durch Palisaden, das heißt, er hatte eine Mauer aus Holz gebaut, solcher Mauern hatte der Flecken drei um sich und sehr weite Fallgruben; aber diese hatten wir vorher zugeschüttet.

So lagen wir bis an den vierten Tag, daß wir erst obsiegten und drei Stunden vor Tags in den Flecken fielen. Wir erschlugen alles, was wir fanden, und fingen viele Weiber; das war uns eine große Hilfe. In diesem Scharmützel sind 18 Christen untergegangen und auch sonst viele von unserem Volk geschädigt worden, ebenso sind von unseren Indianern viele umgekommen. Sie aber, die Kannibalen, gewannen nicht viel an uns, denn es waren auf ihrer Seite bis in die 3000 tot geblieben. Es dauerte auch nicht lang, da kam der Tabare mit seinem Volk und begehrte Gnade von uns; sie alle baten, wir sollten ihnen ihre Weiber und Kinder wiedergeben, dann wolle er, Tabare, und sein Volk uns Christen auch dienen und untertänig sein. Das mußte ihm unser Hauptmann zusagen nach des Kaisers Befehl, daß man jeden Indianer bis zum drittenmal soll begnadigen; wenn man aber sähe, daß einer zum drittenmal friedensbrüchig würde, so solle dieser sein Leben lang gefangen oder Sklave sein.

Nachdem dieser Friede gemacht war, fuhren wir das Wasser Paraguay wieder abwärts zu unserem allerobersten Hauptmann Cabeza de Vaca und zeigten ihm an, wie es gegangen war. Nun gedachte er, seine alte vorgenommene Reise zu vollbringen und begehrte von Tabare 2000 bewaffnete Indianer, die mit ihm zögen. Des waren sie willig und erboten sich, allzeit willig zu sein. Auch begehrte er, daß die Carios neun Brigantinen [mit Proviant] laden sollten. Als das alles fertig war, nahm er von den 800 Mann Christen 500, und die 300 ließ er in der Stadt, verordnete dazu einen Hauptmann, genannt Juan de Salazar, und fuhr alsdann das Wasser Paraguay aufwärts mit den 500 Christen und 2000 Indianern.

Die Carios hatten 83 Kanoes oder Zillen und wir Christen neun Brigantinen, darin in jedem zwei Pferde; aber man ließ diese [Pferde] 100 Meilen durchs Land gehen, und wir fuhren auf dem Wasser bis zu einem Berg, genannt St. Ferdinand, wo man die Pferde zu Schiff brachte, und fuhren weiter und kamen zu unseren Feinden, den Payaguas. Aber sie warteten nicht auf uns, sondern flohen sogleich mit Weib und Kind und verbrannten zuvor ihre Häuser.

Nach weiteren 100 Meilen kommen die Spanier zu den Guajarapos; auch diese fliehen vor den Fremdlingen. Die nächsten, die sie antreffen, sind die Sarigues, von denen sie freundlich aufgenommen werden.

Die Männer [der Sarigues] haben ein rundes Scheiblein Holz wie ein Brettstein im Zipfel des Ohrs hängen; die Weiber haben einen grauen Stein aus Kristall, etwa so dick und lang als ein Finger, in den Lippen, sind schön und gehen ganz nackt. Auch haben sie türkisches Korn, Mandioka, Erdnüsse, Bataten, Fische und Fleisch genug; es ist ein großer Stamm; unser Hauptmann ließ sie nach den Caracaras fragen, ebenso auch nach den Carios, sie konnten ihm aber nichts anzeigen von den Caracaras, doch von den Carios sagten sie, sie wären noch in ihren Häusern; es war aber nichts.

Darauf befahl unser Hauptmann, daß man sich rüsten solle; er wolle ins Land ziehen, und ließ 150 Mann zurück bei den Schiffen und Proviant auf zwei Jahre und nahm die 350 Mann Christen, auch die 15 Pferde und die 2000 Carios, so von der Stadt Nuestra Señora de Asuncion mit uns ausgezogen, und zog ins Land, aber er richtete nicht viel aus, denn er war kein Mann danach, dazu waren ihm die Hauptleute und die Kriegsknechte alle feind; so verhielt er sich gegenüber den Soldaten.

Die Spanier marschieren 13 Tage lang, ohne auf irgendwelche Menschen zu stoßen; sie müssen aus Mangel an Proviant wieder zurück zu den Schiffen, nur eine kleine Abteilung von 10 Mann unter Francisco de Rivero wird weiter vorgeschickt, um das Land auszukundschaften. Diese 10 Mann stoßen auf einen Stamm, kehren zurück zum Hauptmann und berichten, was sie gesehen haben, Cabeza de Vaca will sofort dorthin ziehen, wird aber durch eine Überschwemmung daran verhindert. Er schickt daher ein Schiff mit 80 Mann wieder unter Francisco de Rivero den Paraguay aufwärts zu den Jarayas. Rivero kommt zuerst zu den Sarigues, die eine Insel im Paraguay bewohnen. Nach 9 Tagen stoßen die Spanier dann auf die Acares, die nach Schmidels Bericht die längsten Menschen sind, die er je drüben getroffen hat. Auf Verlangen von Rivero weisen ihnen die Acares den Weg zu den Sarigues.

Warum dieser Stamm Acares genannt wird, hat folgende Ursache: Der Yacare Der Brillenkaiman ( Alligator sclerops Cuv.), in der Guaranisprache yacare. ist ein Fisch, der hat eine harte Haut, daß man ihn nicht kann wund hauen mit einem Messer, noch einen indianischen Pfeil in ihn schießen, er ist ein großer Fisch und tut den anderen Fischen großen Schaden. Seine Eier oder Rogen, den er von sich legt auf 2 oder 3 Schritt vom Wasser, riechen nach Bisam; er [der Fisch] ist gut zu essen, der Schwanz ist das Beste; auch sonst ist an ihm nichts Schädliches, er wohnt allzeit im Wasser. In Deutschland nämlich hält man ihn für ein schädlich und ekelhaft Tier und heißt es Basilisk, und man sagt, so jemand diesen Fisch schaue, daß der Fisch ihn anstößt, so muß er ohn' alles Mittel sterben, was der Wahrheit nicht ungemäß ist, denn der Mensch an das Sterben muß und nichts Gewisseres ist. Weiter sagt man, daß dieser Fisch im Brunnen wächst, und es wird erfunden, daß es dann kein anderes Mittel gebe, den Fisch umzubringen, als daß man ihm einen Spiegel zeigt und vorhält, daß er sich selbst darin sehe, so müsse er vor dem Anblick seiner eigenen Greulichkeit auf der Stelle sterben. Dies alles aber ist Fabel und nichts; denn ich hätte hundertmal sterben müssen, so es wahr wäre, denn ich habe solcher Fische mehr als 3000 gefangen und gegessen ...

Alsdann kamen wir zu den Jarayas, dahin man von den Acares rechnet 38 Meilen; die zogen wir in 9 Tagen. Es ist eine große Nation; aber sie waren nicht die rechten, bei denen der König wohnt. Diese Jarayas, zu denen wir jetzt kamen, tragen Knebelbärte [?] und haben einen runden Ring von Holz im Zipfel der Ohren hängen, und das Ohr ist um den Ring von Holz gewickelt, daß es wunderlich zu sehen ist. Item die Männer haben auch einen breiten Stein von blauem Kristall in den Lippen ungefähr wie einen Brettstein. Item sie sind auch gemalt von oben bis auf die Knie; es ist wie ein solch Ding, als wenn man Hosen malt. Die Weiber aber sind auf eine andere Art gemalt, auch blau von den Brüsten bis auf die Scham gar künstlich, daß wo anders nicht bald ein Maler gefunden wird, der so kunstvoll wäre. Sie gehen mutternackt und sind schön auf ihre Manier ...

Zogen alsdann über das Wasser Paraguay und kamen zum König, dessen Volk auch Jarayas heißt. Und da wir auf eine Meile hinzukamen, so kam der König uns entgegen mit 12 000 Mann oder eher mehr auf einer Heide in friedlicher Weise. Der Weg, darauf sie gingen, war 8 Schritt breit; solcher Weg ist überstreut gewesen mit lauteren Blumen und Gras bis zu dem Flecken, also daß man keinen Stein, Holz oder Stroh hat finden mögen. Auch hatte der König seine Musika bei ihm, gleich wie bei uns die Schalmeien. Auch hatte der König verordnet, daß man diesmal zu beiden Seiten Hirsche und ander Wildbret um den Weg herum jagt. Demnach fingen sie ungefähr 30 Hirsche und 20 Abestrauße Bei dem fast zwanzigjährigen Aufenthalt unter Spaniern hat Schmidel manches spanische Wort angenommen. Seine Abestrauße kommen offenbar vom spanischen avestruz. A. d. H. oder Nandu, fürwahr daß solches lustig zu sehen gewesen. Als wir nun gar in ihren Flecken kamen, ließ der König allemal 2 Christen in ein Haus geleiten und unsern Hauptmann samt seinen Dienern ins königliche Haus; darnach befahl der König seinen Untertanen, daß sie uns unsere Notdurft geben. Also hielt der König Hof auf seine Manier; wie der größte Herr im Land. Man mußte ihm zu Tisch blasen, wann seine Gelegenheit ist; alsdann mußten die Männer und die schönsten Frauensbilder vor ihm tanzen, daß solcher Tanz von ihnen zu sehen sonderlich uns Christen ganz wunderlich, daß auch einer seines Mauls mochte vergessen.

Dieses Volk ist gleich den Jarayas, von denen oben geredet ist. Ihre Weiber machen große Mäntel von Baumwolle gar subtil wie der Arlas, Nach Arles in Südfrankreich benannt, das von jeher durch seine Webereien berühmt war. A. d. H. darein sie mancherlei Figuren wirkten wie Hirsche, Strauße, indianische Schafe, was eine dann kann. In solchen Mänteln schlafen sie, wenn's kalt ist, oder sitzen drauf, wozu sie es dann brauchen können oder wollen. Diese Frauen sind sehr schön und große Buhlerinnen, gar freundlich und sehr hitzig am Leib, wie mich bedünkt.

Allda blieben wir 4 Tage lang; in dem fragte der König unseren Hauptmann, was unser Begehren und unsere Absicht sei, und wo wir hinwollten. Da antwortete unser Hauptmann, er suche Gold und Silber. Also gab ihm der König eine silberne Krone, die hat ungefähr anderthalb Mark 1 Mark = 8 Unzen = 16 Lot. A. d. H. gewogen; ebenso eine Plantsche Span. plancha = dünne metallene Platte. A. d. H. von Gold, die ist anderthalb Spannen lang und eine halbe Spanne breit gewesen, auch eine Armschiene, das ist ein halber Harnisch, und andere Sachen mehr von Silber, und sprach darauf zu unserem Hauptmann, er habe weder Gold noch Silber mehr, und diese obengenannten Stücke habe er vorzeiten im Krieg mit den Amazonen erobert. Als er sich von den Amazonen hören ließ und von ihrem großen Reichtum uns zu verstehen gab, da waren wir sehr froh. Alsbald fragte unser Hauptmann den Häuptling, ob wir zu Wasser mit unseren Schiffen dahin kommen könnten, und wie weit es zu den besagten Amazonen sei. Darauf antwortete der Häuptling, wir möchten zu Wasser nicht dahin kommen, sondern müßten über Land ziehen und hätten 2 Monate lang hintereinander zu reisen. So wollten wir zu den besagten Amazonen ziehen, wie ihr hören werdet.

Diese Amazonenweiber Der Ursprung dieser sonderbaren Amazonensage ist unklar. Wahrscheinlich handelt es sich um eine Übertragung altweltlicher Vorstellungen auf Amerika, die dadurch begünstigt wurde, daß die Indianer (an der Mündung des Pará) den großen Strom Amassona, d. h. Bootzerstörer, nannten. A. d. H. haben nur eine Brust und kommen zu ihren Männern nur 3- oder 4mal im Jahr, und so sie mit einem Knäblein vom Mann schwanger sind, so schicken sie es ihrem Mann heim; ist es aber ein Mägdlein, behalten sie es bei sich und brennen demselben die rechte Brust ab, damit sie nicht weiterwachsen kann. Dies ist aber die Ursache, daß sie ihre Waffe, die Bogen, brauchen können und mögen, denn es sind streitbare Weiber und führen Krieg wider ihre Feinde.

Auch wohnen diese Weiber in einer Insel, die ist rundum von Wasser eingefaßt und ist eine große Insel; ... aber in dieser Insel haben die Amazonen kein Gold noch Silber, sondern am Festland, das ist im Land, wo die Männer wohnen; daselbst haben sie großen Reichtum. Es ist ein großer Stamm und ein mächtiger König, der soll Jegiuß Der Name mag mit dem Volk der Yaguas am Amazonenstrom zusammenhängen. A. d. H. heißen, wie der [gleichbenannte] Ort anzeigt.

Rivero fordert und erhält von dem Häuptling der Jarayas Indianer zum Tragen des Gepäcks und der Lebensmittel. Der Marsch beginnt trotz dringenden Abratens von seiten des Häuptlings, der zu verstehen gibt, daß das Land zu dieser Jahreszeit voller Wasser stehe. 8 Tage lang gehen die Spanier Tag und Nacht im Wasser, bis zum Gürtel oder bis an die Knie; beim Abkochen legten sie große Scheite aufeinander und machten Feuer darauf, doch kam es häufig vor, daß alles ins Wasser fiel und die Spanier dann mit leerem Magen weiter mußten; zudem lassen ihnen kleine Fliegen bei Tag und Nacht keine Ruhe.

Sie kamen schließlich zu den Paresis und unter deren Führung nach weiteren 9 Tagen zu den Urtueses. Das Wasser, in dem sie gehen mußten, war so warm, als ob es auf dem Feuer gewesen wäre: es war stehendes Regenwasser, dessen fortgesetzter Genuß den Spaniern schließlich schädlich wurde. Als Rivero bei den Urtueses ankommt, findet er, daß bei ihnen eine schreckliche Hungersnot herrscht, der viele Indianer zum Opfer fallen. Heuschrecken hatten ihnen das Korn und die Früchte von den Bäumen glatt abgefressen. Das zwingt die Spanier, sich zu den Jarayas zurückzuziehen, wobei auch sie unter Mangel an Proviant zu leiden haben. Todkrank kommen viele bei den Jarayas an.

So blieben wir allda bei den Jarayas, wo ihr König wohnt, vier Tage lang; traktierten uns sehr wohl und warteten unser fleißig, und der König verordnete seinen Untertanen, daß sie uns raten und gäben, was wir nur von Nöten hätten. So hatte unser einer aus dieser Reise von den Indianern jeder für sein Teil ungefähr bis in die 200 Dukaten Wert erobert allein von den Mänteln von indianischer Baumwolle und Silber, welches wir heimlich und verborgens von ihnen erkauft haben um Messer, Paternoster, Scheren und Spiegel.

Nach diesem allem fuhren wir das Wasser wiederum abwärts zu unserem allerobersten Hauptmann Cabeza de Vaca. Als wir nun zu den Schiffen kamen, da befahl er, Cabeza de Vaca, daß wir bei Leib und Leben nicht aus den Schiffen gehen sollten, und kam selbst zu uns und ließ unseren Hauptmann Francisco de Rivero gefangen nehmen, auch nahm er uns Kriegsleuten alles das, so wir aus dem Land gebracht hatten, und war schließlich sogar willens, unseren Hauptmann Francisco de Rivero an einen Baum henken zu lassen. Als wir aber solches vernahmen, die wir noch in der Brigantine waren, da machten wir einen großen Aufruhr mit anderen guten Freunden, die wir am Land hatten, wider unsern obersten Hauptmann Cabeza de Vaca, nämlich daß er soll gedenken, unseren Hauptmann Francisco de Rivero ledig und frei zu lassen, auch das unsere, so er uns geraubt und genommen, gänzlich wiederum zustellen, wo nicht, so wollten wir anders mit ihm reden. Als aber Cabeza de Vaca diesen Aufruhr von uns sah und unseren Zorn vernahm, war er froh, daß es nur zu dem gekommen war, unseren Hauptmann ledig zu lassen, stellte uns auch alles wieder zu, so er uns genommen hatte und gab gute Worte aus, damit wir nur zufrieden blieben.

Auf Befragen erhielt Cabeza Auskunft über die durchzogenen Länder. Cabeza de Vaca will nun selbst einen Zug ins Innere des Landes unternehmen, erregt aber dadurch die Unzufriedenheit des Kriegsvolkes, das zum größten Teil sehr geschwächt und krank war. So muß er den Marsch aufschieben und 2 Monate lang bei den Sarigues bleiben, die in einer außerordentlich ungesunden Gegend leben, so daß Schmidel dort keinen einzigen Indianer gesehen hat, der 40 oder 50 Jahr alt gewesen wäre. Cabeza de Vaca erkrankt selbst schwer an Fieber.

Nun aber stellte unser oberster Hauptmann in seiner Krankheit 150 Mann Christen und 2000 Indianer der Carios auf und schickte sie mit 4 Brigantinen auf 4 Meilen zu der Insel der Sarigues [einem Teilstamm] und befahl ihnen, sie sollten diese Sarigues alle totschlagen und gefangen nehmen und besonders die Personen zu 50 oder 40 Jahren umbringen.

Und als wir unbesorgter Dinge bei ihrem Flecken angekommen waren, kamen sie uns aus ihren Häusern mit ihrer Wehr, Bogen und Pfeile, friedlich entgegen. Bald aber hub sich ein Lärmen an zwischen den Carios und den Sarigues; danach ließen wir Christen unsere Büchsen abgehen und brachten sehr viele um, fingen auch bis in die 2000, Männer, Weiber, Buben und Mägdlein, verbrannten hierauf ihren Flecken und nahmen alles, was sie hatten.

Dann kehrten wir wiederum zu unserem Hauptmann Cabeza de Vaca zurück, der war über diese Tat sehr wohl zufrieden. Da nun unser Volk zum größten Teil schwach und unzufrieden mit dem obersten Hauptmann war, konnte dieser nichts mit den Leuten anfangen; so ließ er die Schiffe zurichten, und wir fuhren darnach sämtlich das Wasser Paraguay abwärts und kamen zu der Stadt Nuestra Señora de Asuncion, da wir die andern Christen zurückgelassen hatten.

Hier in Asuncion wird Cabeza de Vaca in einer Versammlung abgesetzt und gefangengenommen, um nach Spanien geschickt zu werden, wo er sich wegen seiner Verwaltung verantworten soll. Zwei der Verschworenen gehen als Kläger mit ihm. Domingo Martinez de Irala wird zum zweitenmal zum stellvertretenden Hauptmann gewählt.

Zu dieser Zeit bin ich sehr schwach und krank gewesen an der Wassersucht, die ich samt meinen Gefährten von den Urtueses bekommen, allda wir so lang im Wasser gegangen, wie gehört, und so große Not gelitten, was wir diesmal wohl empfanden, denn es sind unser 80 krank gewesen und nicht mehr als 30 Mann davongekommen mit dem Leben.

Als nun Cabeza de Vaca nach Spanien war geschickt worden, da wurden wir Christen selbst untereinander uneins, so daß einer dem andern nichts Gutes gönnte, schlugen uns Tag und Nacht miteinander, daß wohl der Teufel zur selben Zeit uns regiert hat und keiner vor dem andern sicher gewesen ist. Diesen Krieg trieben wir selbst untereinander zwei ganze Jahre lang wegen Cabeza de Vaca; und da nun solches die Carios, so unsere Freunde gewesen, merkten, daß wir Christen selbst untereinander uneins, untreu und so wohl gewappnet waren, ließen sie sich nicht sonderlich viel von uns gefallen, sondern dachten, ein jedes Reich, das in sich selber zerteilt und uneins ist, das wird zerstört. Sie machten deshalb unter sich einen Vertrag und Anschlag und hielten eine Versammlung, daß sie uns Christen wollten totschlagen und aus dem Land treiben. So war das ganze Land der Carios und anderer Stämme mehr, auch die Agazes, wider uns Christen auf. Als wir dies vernahmen, mußten wir Christen Friede untereinander machen. Wir stellten auch Frieden an mit 2 anderen Stämmen, den Yapirus und den Guatatas, die haben nur Fische und Fleisch zu essen; es sind tapfere Leute zu streiten zu Land und zu Wasser, doch die meisten zu Land. Ihre Waffen sind Wurfspieße, so lang wie halbe Spieße, aber nicht so dick, und vornen dran haben sie eine Spitze von einem Feuerstein gemacht; ebenso haben sie auch einen Prügel unter dem Gürtel; er ist 4 Spannen lang, und vorn dran ein Kolben. Dazu hatte jeder Indianer aus diesen Kriegsleuten 10 bis 12 Hölzlein oder soviel einer will, so lang wie eine gute Spanne und vorn dran eine Spitze, einen breiten langen Zahn von einem Fisch, der heißt palometa auf spanisch und sieht einer Schleie gleich; dieser Zahn schneidet wie ein Schermesser. Nun sollt ihr aber hören, was sie mit diesem tun und wozu sie ihn brauchen.

Zuerst streiten sie mit den obengenannten Wurfspießen, mit denen sie den Feind überwinden und zur Flucht veranlassen wollen. Dann lassen sie die Wurfspieße und laufen ihrem Feind nach. Alsdann werfen sie den Prügel den Feinden unter die Füße, daß er muß zu Boden fallen; darnach sind sie da, geben nicht weiter Achtung, ob derselbe [der Feind] noch halb lebendig oder tot, sondern schneiden ihm sogleich den Kopf ab mit dem obengemeldeten Fischzahn; dieses Abschneiden geht so geschwind, als sich einer aufs schnellste mag umkehren oder umwenden mit dem Leib; darnach stecken sie den Zahn unter den Gürtel oder was einer umhat.

Wenn nun nach einem solchen Scharmützel Gelegenheit ist, so nimmt er diesen Mannskopf und zieht die Haut mitsamt dem Haar über die Ohren herab; dann nimmt er diese Haut mitsamt dem Haar und hebt sie auf und läßt sie dürr werden; danach nimmt er die dürre Haut und macht sie auf eine Stange und steckt diese vor sein Haus oder seine Wohnung zum Andenken, wie hier zu Land ein Ritter oder Hauptmann, wenn er Fähnlein hat, sie in die Kirche steckt.

Es kommt zum Entscheidungskampf mit den Indianern. 300 Spanier und 1000 Indianer rücken gegen 15 000 Carios vor, die schon kampfbereit dastehen. Die Feinde werden aber zurückgeschlagen und ziehen sich in einen Flecken zurück, der vorher stark befestigt worden war. Erst nach dreitägiger Belagerung gelingt es den Spaniern, ihn einzunehmen. Die Carios fliehen darauf in einen anderen Flecken, der mit der einen Seite an einem Wald liegt und schnell auch stark befestigt wird. Dieser Flecken wird erst nach 4 Tagen genommen und zwar durch Verrat des Kaziken, dem die Stadt gehörte und der sie vor der Zerstörung retten wollte. Die meisten Carios werden bei der Einnahme des Fleckens erschlagen, die übrigen fliehen zu einem anderen Häuptling Tabare, von dem schon früher die Rede war. Aus Mangel an Proviant ist es den Spaniern unmöglich, ihnen gleich dahin zu folgen. Irala zieht daher mit seinen Leuten nach Asuncion zurück. Nach einem 14tägigen Aufenthalt daselbst fahren 400 Christen und 1500 Yapirus den Paraguay aufwärts, zu diesen stoßen noch 1000 Carios, die ihnen der verräterische Kazike des obengenannten Fleckens zuführt. Bevor Irala die Indianer unter Tabare angreift, macht er Friedensvorschläge, wird aber abgewiesen. Daraufhin schreitet er sofort zum Angriff vor, geht über den Jejui, einen linksseitigen Nebenfluß des Paraguay, und nimmt nach kurzem Widerstand den Flecken, in den die Indianer sich geflüchtet hatten, ein. Alle Weiber und Kinder wurden gefangengenommen. Die Carios, die mit dem Leben davongekommen waren, kamen nun und baten um Gnade, damit sie ihre Weiber und Kinder wieder erhielten. Nach diesem Krieg erweisen sich die Carios als zuverlässige Freunde der Spanier.

Darnach fuhren wir wieder nach der Stadt Nestra Señora de Asuncion und blieben allda 2 ganze Jahre in dieser Stadt. Nachdem aber in dieser Zeit kein Schiff oder Post aus Spanien gekommen war, da ließ unser Hauptmann Domingo Martinez de Irala dem Volk vorhalten, ob es ihnen gutdünke, so wolle er mit etlichem Volk ins Land ziehen und wolle sehen, ob Gold oder Silber vorhanden wäre. Darauf antwortete ihm das Volk, er solle in Gottes Namen nur ziehen.

So ließ er alsdann zusammenrufen von Spaniern 350 Mann und fragte, ob sie wollten mit ihm ziehen, so wollte er sie versehen mit aller Notdurft auf dieser Reise, seien es Indianer, Rosse oder Kleider. Sie erboten sich ganz willig, mit ihm zu ziehen. Darnach ließ er auch die Häuptlinge der Carios zusammenfordern und ihnen zusprechen, ob sie 2000 Mann stark mit ihm ziehen wollten; auch sie erzeigten sich ganz willig und gehorsam.

So zieht also Irala im Jahre 1548 wieder flußaufwärts zum St. Ferdinandsberg. 2 Brigantinen läßt er hier mit 50 Mann unter Pedro Diaz und Proviant auf 2 Jahre zurück. Irala marschiert mit 300 Christen, 130 Pferden und 3000 Carios ins Land und kommt zuerst zu den Aperues, dann zu den Mbayas, die große Vorräte an allen möglichen Lebensmitteln besitzen, besonders auch Honig, aus dem Wein bereitet wird. Die Frauen dieser Mbayas führen nur die Geschäfte im Haus; für die Nahrung hat der Mann allein zu sorgen.

Die Mbayas locken nun die Spanier in einen kleinen Flecken und schenken ihnen verschiedene Silberwaren, um sie sicher zu machen. Nachdem die Spanier eine Nacht dort geruht haben, erfolgt am Morgen daraus ein Angriff der Mbayas mit 20 000 Mann. Die Spanier aber waren darauf gefaßt, werfen den Angriff zurück und ziehen den Feinden in ihren Flecken nach. Sie finden aber nichts darin. Irala verfolgt die Mbayas unverzüglich, findet aber statt ihrer einen anderen Stamm, der nun ahnungslos überfallen und größtenteils niedergemacht wird.

Dann kommen die Spanier zu den Chanes, die Untertanen der Mbayas sind und bei denen sie eine große Menge von Nahrungsmitteln finden. Irala marschiert weiter zu den Taños, dann zu den Guanas, daraus zu den Morronnos, zu den Perronoß, dann zu den Sunennos, von diesen zu den Borkenes. Bei den Leichonos und den Karchkonos herrscht großer Mangel, da ihre Vorräte von Heuschreckenschwärmen aufgefressen worden waren. 2 Karchkonos zeigen den Spaniern den Weg zu den Paresis, deren Gebiet außerordentlich wasserarm ist, so daß viele Spanier vor Durst starben. In dem Flecken der Paresis steht ein einziger Brunnen, an dem Schmidel als Wache aufgestellt wird. So groß ist dort der Wassermangel, daß die Paresis mit anderen Stämmen um Wasser Krieg führen.

Bei dieser Nation Die Paresis wohnten im Gebiet des brasilianischen Staates Matto Grosso, im Quelland des Tabajoz. A. d. H. blieben wir 4 Tage, daß wir nicht wußten, was wir anfangen sollten, ob wir rückwärts oder vorwärts sollten ziehen; wir warfen alsdann das Los auf diese 2 Wege, so fiel das Los auf vorwärts ziehen. Darauf fragte unser Hauptmann die Paresis nach dem Land und nach dessen Beschaffenheit; da antworteten sie, wir hätten zu ziehen 6 Tag zu einem Stamm, der heißt Payzunos, und unterwegs fänden wir 2 Wässerlein zum Trinken.

So machten wir uns auf den Weg und nahmen etliche Paresis mit uns, die uns den Weg sollten weisen. Da wir aber auf 3 Tagereisen von ihrem Flecken kamen, flohen gedachte Paresis in der Nacht davon, daß wir sie nicht mehr sahen; also mußten wir unsern Weg selbst suchen und kamen darnach zu den Payzunos, die stellten sich zur Wehr und wollten unsere Freunde nicht sein, aber sie gewannen nicht viel an uns, sondern wir überwanden sie durch Gottes Gnade und nahmen ihren Flecken ein, und sie gaben alsdann die Flucht. Doch fingen wir etliche in diesem Scharmützel; die zeigten uns an, wie sie in ihrem Flecken 3 Spanier gehabt hätten, darunter einen namens Jeronimo, der ein Trompeter gewesen sei bei Don Pedro de Mendoza. Diese 3 Spanier hatte Juan de Ayolas bei den Payzunos krank zurückgelassen, als er von diesem Stamm wieder zurückgezogen war. Diese 3 Spanier brachten die Payzunos 4 Tage vor unserer Ankunft um, nachdem sie nämlich unser Heranrücken von den Paresis erfahren hatten; das mußten sie hernach wohl büßen. So lagen wir 14 Tage lang in ihrem Flecken und suchten sie und fanden sie in einem Holz beieinander, aber nicht alle. Diese schlugen wir tot oder nahmen sie gefangen; die gaben uns jede Auskunft über das Land und taten uns guten Bescheid, nämlich daß wir 4 Tagereisen oder 16 Meilen Wegs zu dem Stamm der Maigennos zurückzulegen hätten.

Da zogen wir zu den Maigennos und kamen zu ihrem Flecken; sie stellten sich aber zur Wehr und wollten unsere Freunde nicht sein, ihr Flecken lag auf einem Berglein und war umfangen mit Dornen, sehr dick und breit und so hoch als einer mit einem Rapier reichen konnte. Also griffen wir Christen samt unsern Carios diesen Flecken an zwei Orten an. Dabei brachten uns die Maigennos 12 Christen um samt anderen etlichen unserer Carios, die sie erschossen im Scharmützel, ehe wir den Flecken nahmen. Da sie nun sahen, daß wir gar in ihrem Flecken waren, zündeten sie ihren Flecken selber an und gaben bald die Flucht, da mußten etliche, wie man sich denken kann, Haare lassen.

3 Tage nachher machten sich 500 Carios heimlich auf, daß wir nichts davon wußten, und nahmen ihre Bogen und Pfeile, zogen auf 2 oder 3 Meilen von unserem Lager und kamen zu den geflohenen Maigennos. Alsbald schlugen diese 2 Stämme dermaßen aufeinander, daß von den Carios mehr als 300 Mann umkamen und von den Maigennos, ihren Feinden, unzählige Personen, es waren ihrer so viel, daß sie eine ganze Meile währten. Da schickten unsere Carios zu unserem Hauptmann im Flecken eine Post und begehrten und baten, wir sollten ihnen zu Hilfe kommen, und sie lägen in einem Wald, daß sie weder hinter sich noch vor sich könnten, so waren sie von den Maigennos belagert.

Als dies unser Hauptmann vernahm, besann er sich nicht lange und ließ die Pferde und 150 Christen und 1000 unserer Carios zusammenrufen; das andere Volk mußte im Lager bleiben und daselbst acht geben, damit die Maigennos, unsere Feinde, nicht darein fielen, dieweil wir draußen waren. Dann zogen wir mit den Pferden, 150 Christen und 1000 Carios den obenerwähnten Carios zu Hilfe. Sobald uns aber die Maigennos sahen und bemerkten, hoben sie ihr Lager auf und flohen sogleich davon, wir rückten ihnen nach, konnten sie aber nicht ereilen ... So kamen wir zu den Carios und fanden ihrer und der Feinde sehr viele tot, daß es uns wundernahm. Unsere Freunde aber, die Carios, die noch am Leben waren, waren gar froh, daß wir ihnen zu Hilfe gekommen sind. Darnach zogen wir samt ihnen wieder in unser Lager und blieben 4 Tage lang darin und hatten vollauf zu essen und alle Notdurft.

Alsdann sahen wir es sämtlich für gut an, unsere vorgenommene Reise auszuführen, dieweil wir dann auch die Beschaffenheit des Landes erfahren hätten, machten uns deshalb auch auf den Weg und zogen 13 Tag lang, nach unserer Schätzung ungefähr 72 Meilen Wegs, zu einem Stamm, der heißt Chiriguanos. Und als wir die ersten 9 Tage auf dieser Reise waren, kamen wir zu einem Land, das war 6 Meilen lang und breit, darauf war nichts anderes denn lauter gutes Salz, so dick als ob es geschneit hätte; dieses Salz bleibt Winter und Sommer. Der Heereszug befand sich, nachdem er das Gran Chaco durchzogen hatte, im Gebiet der bolivianischen Salzsteppen. A. d. H. Bei diesem salzigen Land blieben wir 2 Tage lang, daß wir nicht wußten, wo aus oder welchen Weg wir ziehen sollten. Doch gab Gott der Allmächtige seine Gnade, daß wir den rechten Weg fanden, und kamen über 4 Tagereisen zu dem Stamm der Chiriguanos; und als wir ihrem Flecken auf 4 Meilen nahe waren, da schickte unser Hauptmann 50 Christen und 500 Carios voraus, daß sie sollten die Herberge bestellen.

Als wir nun in den Flecken kamen, fanden wir eine große Nation beieinander, dergleichen wir auf dieser Reise noch nie gesehen, weshalb uns sehr angst war. Wir schickten daher einen der Unsrigen zurück und ließen dem Hauptmann anzeigen, wie die Sache um uns ein Gestalt hätte, damit er uns schleunigst zu Hilfe käme; und als unser Hauptmann solche Botschaft vernommen, machte er sich in derselben Nacht auf mit allem Volk und war morgens zwischen 3 und 4 Uhr schon bei uns. Aber die Chiriguanos wußten nicht, daß mehr Volk denn wir vorige vorhanden waren, vermeinten derhalben nicht anders, daß sie uns gewiß überwunden hätten. Als sie aber vernahmen und sahen, daß unser Hauptmann mit mehr Volk nachkam, waren sie sehr traurig, erzeigten uns darnach allen guten und freundlichen Willen, denn sie konnten nicht anders, fürchteten auch für Weib und Kinder und für ihren Flecken; sie brachten uns Fleisch von Hirschen, Gänsen, Hühnern, Schafen, Straußen, Enten und ander Wildbret und Geflügel mehr, deren ein Überfluß im Land ist.

Diese Indianer tragen einen blauen runden Stein in den Lippen, so breit wie ein Brettstein. Ihre Wehr oder Waffen sind Wurfspieße, Bogen und Pfeile, dazu längliche oder runde Schilde. Ihre Weiber haben ein kleines Röhrlein in den Lippen befestigt, darein sie einen grünen oder blauen kristallenen Stein stecken; auch tragen sie ein Tipoy Das ärmellose, unter der Brust durch einen Gürtel zusammengehaltene Hemd, das die Frauen der Indianer jener Gegend noch heutigestages als einziges Kleidungsstück tragen. A. d. H. der ist gemacht von Baumwolle, so groß wie ein Hemd, hat aber keinen Ärmel; es sind schöne Weiber, tun nichts anderes, denn daß sie nähen und haushalten; der Mann muß im Feld arbeiten und für alle Notdurft sorgen.

Unter Führung einiger Chiriguanos geht Irala zu den Machicuis; dabei muß ein Fluß überschritten werden; dies geschieht mit Hilfe von Flößen, auf denen sich die Leute ans andere Ufer treiben lassen; 4 Mann sind dabei ertrunken. Als die Spanier bei den Machicuis ankommen, sprechen diese zu ihrer großen Überraschung spanisch; es stellt sich heraus, daß dieser Stamm unter der Herrschaft des Vizekönigs de la Gasca von Peru steht. Hier flicht Schmidel eine Beschreibung des Sandflohes ein, der besonders bei den Machicuis verbreitet ist. Bald kommt aus Lima in Peru von de la Gasca ein Brief, in dem der Vizekönig den Spaniern unter Irala ein weiteres Vordringen verbietet. De la Gasca hatte bei seiner Ankunft in Peru den Bruder des Eroberers von Peru, Gonzalo Pizarro, enthaupten lassen; ebenso ließ er viele Anhänger Pizarros grausam hinrichten, verbannen und auf Galeeren schmieden. Nach diesem Rückblick kehrt Schmidel zu der Beschreibung seiner Erlebnisse zurück. Irala schickt nun vier seiner Hauptleute zu de la Gasca; zwei davon bleiben unterwegs krank liegen, die anderen zwei kommen in Lima an und werden dort aufs beste empfangen, aber trotzdem mit demselben Bescheid wie in dem Brief zurückgeschickt. Irala muß nun wohl oder übel umkehren und geht zu den Chiriguanos zurück; diese leisten Widerstand, werden aber überwunden. Dann ziehen die Spanier weiter zurück, bis sie schließlich nach 1½jähriger Abwesenheit in St. Ferdinand wieder ankommen. Schmidel erzählt nun:

Und als wir zu den Schiffen kamen, zeiget uns das Volk an, so wir auf den Schiffen gelassen, wie in unserer Abwesenheit ein Hauptmann Diego de Abrigo von Sevilla aus Spanien einerseits, und ein Hauptmann Francisco de Mendoza, den unser oberster Hauptmann Domingo Martinez de Irala zu den 2 Schiffen und zu demselben Volk als Hauptmann verordnet, daß er dieselben an seiner Statt sollt verwalten und regieren, andererseits ein großes Lärmen dieweil angefangen haben, also daß genannter Diego de Abrigo nur allein wollte regieren, darein wollte aber Don Francisco de Mendoza als bestellter Hauptmann und Amtsverwalter von Domingo Martinez de Irala nicht einwilligen. Darüber ging der Bettlerstanz zwischen ihnen an, daß zuletzt Diego de Abrigo das Feld behielt und schlug dem Don Francisco de Mendoza den Kopf ab. Alsdann machte er von Stund an ein Lärmen im Land und wollte wider uns ziehen und machte sich zuerst in der Stadt stark; inzwischen kamen wir mit unserem Hauptmann Domingo Martinez de Irala vor die Stadt, so wollte er aber unseren Hauptmann nicht einlassen, viel weniger als seinen Herrn anerkennen.

Die Stadt wird nun belagert; täglich kommen Überläufer zu Irala, so daß schließlich Abrigo mit 50 Anhängern aus der Stadt flieht, worauf Irala daselbst einzieht. Zwei Jahre lang führt Abrigo einen Parteigängerkrieg gegen Irala, bis die Gegner durch Heirat zwischen beiden Familien versöhnt werden. In dieser Zeit, am 25. Juli 1552, erhält Schmidel einen Brief von seinem Bruder, worin dieser ihn zur Heimkehr auffordert. Schmidel wird auf Grund seiner tapferen Haltung, wenn auch ungern, der Abschied gewährt. So zieht er am 26. Dezember 1552 von Asuncion aus in zwei Kanoes mit 20 Carios. Zwei Spanier und zwei Portugiesen schließen sich ihm an. Er kommt durch verschiedene indianische Orte und schließlich zum Parana, den er noch ein Stück hinabfährt.

Nun hebt sich des Königs von Portugal, nämlich der Tupis, Land an, da mußten wir den Parana und die Kanoes lassen und über Land ziehen zu den Tupis und sind 6 Wochen lang durch Wildnis, Berg und Tal, darin wir der wilden Tiere halber nicht ruhig schlafen konnten, gezogen, denn von der Stelle des Parana bis zu den Tupis sind's 126 Meilen Wegs. Dieser Stamm, die Tupis, essen die Menschen als ihre Feinde, tun nichts anderes als immerdar Krieg führen, und wenn sie ihren Feind überwinden, so begleiten sie ihn gefangen in ihre Flecken, wie man hierzulande eine Hochzeit einbegleitet; und wenn sie dann den Gefangenen umbringen oder schlachten wollen, richten sie dazu einen großen Triumph; solang er aber gefangen liegt, gibt man ihm alles, was er begehrt oder wozu er Lust hat, bis die Stunde kommt, da er dran muß. Sie haben ihre Lust und Freude an dem fortwährenden Krieg.

In den Flecken Karieseba wagen sich zwei von Schmidels Begleitern hinein, werden aber dort aufgefressen. 6000 Indianer greifen die übrigen an, die ihnen 4 Tage lang Widerstand leisten, worauf es Schmidel gelingt, mit seinen Begleitern in der Nacht zu entfliehen.

Von dannen zogen wir 6 Tage hintereinander in wilden Wäldern, dergleichen ich mein Lebtag (bin doch weit und breit gewesen) keinen ärgeren und grausigeren Weg gereist; wir hatten auch nichts zu essen, mußten uns derhalben mit Honig und Wurzeln, die wir fanden, helfen, nahmen uns auch aus Unsicherheit, da wir besorgten, die Feinde möchten uns nachkommen, nicht so viel Zeit, daß wir uns nach Wild umgesehen hätten.

Also kamen wir zu einem Stamm, der heißt Biessaie; da blieben wir 4 Tage lang und machten Proviant, durften aber nicht zum Flecken kommen, weil unser so wenig waren. Bei diesem Stamm ist ein Wasser, heißt Urugay, darin haben wir Nattern oder Schlangen gesehen, 14 Schritt lang und in der Mitte 2 Klafter dick; sie tun großen Schaden; nämlich so ein Mensch badet oder ein Tier im selben Wasser trinkt oder übers Wasser schwimmen will, so kommt eine solche Schlange unter dem Wasser, schwimmt zu dem Menschen oder Tier und schlägt den Schwanz um dasselbige, zeucht es alsdann unter das Wasser und frißt es; denn sie hält allezeit den Kopf über Wasser und sucht, ob etwa ein Mensch oder Tier vorhanden, welches sie umbringen oder überwinden möchte.

Nach einem Marsch von einem Monat kommt Schmidel nach Scherebethueba, wo 3 Tage lang von den Strapazen der Reise ausgeruht wird. Die Reisenden haben oft nur Honig zu essen gehabt und sind daher sehr schwach. Nachts schlafen sie der Sicherheit halber unter freiem Himmel in Hängematten. Dann kommen sie auf eine christliche Ansiedelung, die dem Portugiesen Joao Ramalho gehört. Sie sind froh, daß der Besitzer gerade nicht zu Hause ist, da dieser als Räuber bekannt war. Am 13. Juni 1553 kommt Schmidel endlich im Hafen San Vicente an. Hier traf er zu seiner Freude einen Landsmann, Peter Rössel, als Faktor des Antwerpener Handelshauses Erasmus Schetz, das im Land viel zugehörige Flecken und Dörfer hat, »darin man das ganze Jahr Zucker macht«. Er geht an Bord eines mit Zucker, Brasilholz und Baumwolle geladenen portugiesischen Schiffes, das dem genannten Handelshause gehörte. Aber bald nach der Abfahrt bricht ein Sturm aus, der das Schiff schwer beschädigt, so daß der Schiffer gezwungen ist, bei Espiritu Santo in Brasilien an Land zu gehen. Schmidel erzählt hier von Walfischen, die er auf dieser Fahrt gesehen hat, ebenso wieder vom Strohhutfisch, Sägefisch und verschiedenen anderen. Endlich nach einer erneuten Fahrt von 4 Monaten kommt Schmidel nach der Azoreninsel Terceira, und nach weiteren 14 Tagen am 30. September 1553 nach Lissabon. Von hier aus reist er nach Sevilla, um sich der Aufträge Iralas zu entledigen. Nachdem dies geschehen ist, geht er ans Meer zurück nach Puerto Santa Maria und nach Cadiz. Dort findet er 25 holländische Schiffe beieinander.

Unter den 25 Schiffen war ein schönes, großes, neues Schiff, welches erst eine Reise von Antwerpen aus nach Spanien getan, so rieten mir die Kaufleute, ich sollte auf diesem neuen Schiff fahren. Und der Schiffer hieß Schetz, war ein ehrlicher, frommer Mann, mit dem ich übereinkam des Schifflohns halber, auch wegen der Speise und anderen Sachen, was auf dieser Reise von nöten war; darüber habe ich vollständig mit ihm abgeschlossen. Ich rüstete mich deshalb in der Nacht und ließ mein Plunderwerk als Wein, Brot und dergleichen Zugabe, auch Papageien, die ich aus Indien habe mitgebracht, alles ins Schiff tragen und verabredete schließlich mit dem Schiffer, daß er mirs gerne wollt anzeigen lassen, wenn er losfahren wollte, was mir der Schiffer treulich verhieß; er wollte ohne mich nicht weg, sondern wollte mirs gewißlich zu wissen tun. Nun hatte aber jener Schiffer in der Nacht etwas zu viel gezecht, daß er mich (aus sonderlichem Glück) vergessen und mich in der Herberge gelassen; nämlich 2 Stunden vor Tagesanbruch ließ der Steuermann die Anker aufziehen, und sie fuhren davon. Und als ich morgens nach dem Schiff schaute, da war es schon eine große Meile Wegs vom Land; darnach mußte ich nach einem anderen Schiff sehen und schloß mit einem anderen Schiffer ab, dem mußte ich gleich so viel geben wie dem vorigen; so fuhren wir mit den anderen 24 Schiffen bald davon und hatten die ersten 3 Tage guten Wind; aber darnach hatten wir starken Gegenwind, daß wir unsere Reise nicht mochten vollbringen; doch blieben wir mit großer Gefahr 5 Tage lang und hofften auf Besserung; aber je länger wir zögerten, desto ungestümer ward das Meer, daß wir uns nicht länger auf dem Meer konnten erhalten, sondern mußten wieder zurückfahren den Weg, den wir hinfuhren.

Nun ist es jetzt der Brauch auf dem Meer, daß die Schiffleute und die Schiffer einen obersten Hauptmann unter sich machen. Dieser regiert alle Schiffe, und was er will, daß man auf dem Meer tun soll, das muß geschehen, und die Schiffleute und Schiffer müssen ihm einen Eid schwören, daß einer von dem andern nicht wolle weichen; denn der Kaiser hat befohlen und geboten, daß nicht unter 20 Schiffen von Spanien nach den Niederlanden fahren sollen, von wegen des Königs von Frankreich, weil sie jetzund miteinander kriegen. Weiter ist auch sonst der Brauch auf dem Meer, daß ein Schiffer vom andern nicht über eine Meile Wegs fahren darf, und wenn die Sonne auf- oder niedergeht, so müssen die Schiffer zusammenkommen, und die Schiffer müssen den Admiral grüßen mit 3 oder 4 Schüssen und alle Tage 2 mal; hinwiederum muß der Admiral auf seinem Schiff 2 Laternen von Eisen gemacht hinten an seinem Schiff stecken haben, ... und die ganze Nacht brennen lassen, so müssen die anderen dem Schiff nachfahren, darauf das Licht steht, und dürfen nicht voneinander kommen. Ebenso zeigt auch der Admiral alle Nacht den Schiffleuten an, wo er hinfahren wolle, für den Fall, daß ein Sturm auf dem Meer käme, daß sie möchten wissen, was für einen Weg oder welche Richtung der Admiral genommen hat, auf daß sie einander nicht verlieren können.

Als wir nun, wie gehört, umkehren und zurückfahren mußten, da war des obengenannten Heinrich Schetzs Schiff, darauf ich all mein Plunderwerk gehabt und das mich in Cadiz vergessen hatte, das allerhinterste von den Schiffen, und wie wir auf eine Meile Wegs der Stadt Cadiz nahe kommen, da ward es finster und Nacht, so mußte der Admiral eine Laterne aushängen, damit ihm die andern Schiffe nachzufahren wüßten.

Und als wir kamen zur Stadt Cadiz, warf ein jeglicher Schiffer seinen Anker aus ins Meer, und der Admiral tat seine Laterne auch weg. Dann machte man ruhig ein Feuer am Land, aber es geriet dem Heinrich Schetz und seinem Schiff leider zum ärgsten; das Feuer war bei einer Mühle auf Büchsenschußweite von Cadiz gemacht, da fuhr jener Heinrich Schetz stark dem Feuer zu, denn er meint, er sehe die Laterne vom Admiral, und als er fast ganz mit dem Schiff zum Feuer hinkommt, schießt er mit Gewalt auf die Steine, so allda im Meer liegen; sein Schiff zerbrach wohl in hunderttausend Stücke und ertranken Leute und Gut, ehe eine Viertelstunde verstrichen, und es blieb kein Stück beim anderen; von 22 Personen kamen nicht mehr davon als der Schiffer und der Steuermann, die sich auf einem großen Segelbaum retteten, auch versanken 6 Kisten mit Gold und Silber, welches dem König zugehört hat, und andere große Ware mehr, die Eigentum der Kaufleute gewesen war. Darum sage ich Gott, meinem Erlöser und Seligmacher durch Jesum Christum, ewig Lob, Ehr, Preis und Dank, daß er mich auch diesmal so gnädig geleitet, beschützt und beschirmt hat, damit ich vorher nicht auf jenes Schiff gekommen.

Darnach sind wir 2 Tage in Cadiz still gelegen und am St. Andreastag (30. November) wieder weggefahren nach Antwerpen, so hatten wir auf dieser Reise ein großes Gewitter und einen grausamen Sturm, daß die Schiffer selbst sagten, daß sie in 20 Jahren oder solang sie auf dem Meer gefahren, nie einen so grausamen Sturm gesehen oder gehört haben, der so lang gewähret hat.

So wir nun in England zu einem Hafen namens Wight Schmidel meint die Insel Wight. A. d. H. kamen, hatten wir auf all unseren Schiffen kein Segel mehr, noch ein Seil oder Schiffstau, noch das mindeste auf den Schiffen mehr, und wenn diese solche Reise noch ein wenig länger gewähret hätte, so wäre von diesen 24 Schiffen keins davongekommen; allein Gott der Herr hat sie besonders behüten wollen.

Nun über dem allem sind am Großneujahrstag anno 1554 an der heiligen 3 Könige Tag 8 Schiffe mit Leib und Gut erbärmlich verdorben, daß es wahrlich ein erschrecklich Ding zu sehen war, ja nicht ein einziger Mensch ist davongekommen. Das ist geschehen zwischen Frankreich und England. Gott der Allmächtige wolle sich ihrer und unser aller gnädig erbarmen durch Christum, seinen einigen Sohn. Amen.

So blieben wir 4 Tage in besagtem Hafen Wight in England, von dannen schifften wir auf Brabant zu und kamen in 4 Tagen nach Arnemuiden, das ist eine Stadt in Seeland, da die großen Schiffe liegen und ist von Wight 74 Meilen Wegs; von dannen zogen wir auf Antwerpen zu, welches da 24 Meilen Wegs ist. Und sind den 26. Jänner allda angekommen, anno 1554.

»Ja, Gott sey gelobbt unnd gepreiset in ewikait, der mir solch gliekhselige reiß so genediglich hat beschertt! Amen.«

In seiner Vaterstadt Straubing, wo er sich zunächst niederließ, fand er nicht lange Ruhe. Als öffentlicher Bekenner des Luthertums wird er durch einen Erlaß des Herzogs Wilhelm von Bayern des Landes verwiesen. Er ging daher 1562 nach Regensburg. Hier verheiratete er sich und kaufte sich ein Haus, auf dem später eine Inschrift zu seinem Andenken angebracht wurde, und wo er bis zu seinem Tode im Jahre 1579 lebte.


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