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Von Wanzen und Flöhen und anderen Ungeziefer.

Der Herr der Wanzen, Läuse, Flöhe – der Mensch – hat manches von diesem viel verfolgten Ungeziefer zu ertragen und macht schon seit Jahrtausenden sein Liedchen auf die Freuden und Leiden, die ihm aus dem unerwünschten Dasein dieser treuen Begleiter erwachsen.

Vieles könnte hier noch zitiert werden, was vom Ungeziefer und dem Umgang mit ihm handelt. Es sei hier vor allem auf Goethes Flohlied (Faust) hingewiesen, der auch das Ungeziefer salonfähig machte. In manchem andern Abschnitt (siehe Scherzfragen!) findet sich auch noch allerlei zu diesem Kapitel.

*

Die Flohhölle.

(Nach Dante.)

»Nicht minder sind auch Flöhe dort
versammelt an einem besonderen Ort,
Daß sie bei einer glühenden Pfützen
In schwarzen Scharen am Rande sitzen,
Springen nach einem Frauenbein,
Das über der Pfütze schwebt allein,
Fehlen doch stets und fallen ins Feuer,
Da wird ihnen das Lachen teuer.
Bis sie wieder zum Ufer dringen
Und immer von neuem hinanspringen,
Und das so treiben ewiglich,
Bis gerät ihnen der Leckerstich.«

*

Ein Hausmittel.

Von Johann Peter Hebel.

Ein fremder Mann in einem Wirtshause bemerkte lange bei seinem Schöppchen, wie die Frau unaufhörlich am Stricken gehindert wurde durch etwas anderes. Endlich sagte er: »Es scheint, Ihr wollt ander Wetter prophezeien, Frau Vögtin. Euere braunen Tierlein machen Euch viel Zeitvertreib.«

Die Wirtin ward dessen fast verschämt und sagte: »Ihr habt mir nicht sollen zusehen.«

Darauf erwiderte der Fremde: »Ein Floh ist doch auch ein Geschöpflein, und ich weiß nicht, warum man nicht davon reden soll. Wenn sie Euch aber zur Plage sind und es kommt Euch auf einen Vierundzwanziger nicht an, ich wollte Euch wohl sagen, was Ihr tun müßtet, damit Ihr nie in Eurem Leben einen Floh bekämet.«

Die Wirtin sagte: »Einen Vierundzwanziger wär' es wohl noch wert«, und als er sich denselben voraus hatte bezahlen lassen, sagte er mit schelmischem Lächeln:

»Nämlich wenn Euch ein Floh am rechten Arm beißt, müßt Ihr ihn am linken suchen. Beißt er Euch am linken, so sucht ihn am rechten. Alsdann bekommt Ihr gewiß keinen. Ich hab's von der Polizei in Brassenheim gelernt«, sagte er.

*

Die Schellenberger Flöhe.

Über einen lustigen Insektenstreit zur Zeit unserer Großeltern berichtet eine Erklärung, die ein in seiner kaufmännischen Ehre gekränkter Materialwarenhändler im »Schellenberger Kreisblatt« veröffentlichte:

»Die injuriöse Äußerung in Nr. 73 dieses Blattes, als fechte mein Insektenpulver die Schellenberger Flöhe nicht an, ist eine niederträchtige Verleumdung, ausgeheckt, um mein Geschäft, das ohnehin wenig rentiert, vollends zugrunde zu richten. Bis jetzt erlag noch jeder Floh meinem Insektenpulver. Den Floh möchte ich sehen, der, wenn ich aufstreue, nicht den kürzeren ziehen sollte. Die Schellenberger schwarzen Husaren werden von den übrigen deutschen Flöhen nichts voraus haben. Sie sind nicht gefeit, und ihre Konstitution ist ein und dieselbe. Das steht naturgeschichtlich fest in allen darüber erschienenen Lehrbüchern. Um meinem Pulver die möglichste Verbreitung zu sichern, habe ich die Schachtel auf 15 Pfennig herabgesetzt, womit man einer Million Flöhen den Untergang bereiten kann. Wenn in dem injuriösen Artikel gesagt wird, daß sich des Löwenwirts schwarzer Pudel selbst nach dreimaliger Einreibung fort und fort gescharrt habe, so mag dieses Gescharre wohl einen anderen Grund haben, den ich nicht weiter untersuchen will.«

*

Ein lustiger Flohabend.

Im Bremer Wochenblatt stand folgende Ankündigung:

»Gestern ist Herr Ventotto aus Turin angekommen, welcher jeden Floh zu bändigen versteht. Er bedarf hierzu keiner abgerichteten, sondern nur wildfremder Flöhe, welche bisher keinen Begriff von Dressur hatten. Er bittet deshalb die Damen, die unterschiedlichsten Flöhe mitzubringen. Herr Ventotto braucht nicht zu wissen, wieviel Flöhe unter den anwesenden Damen zugegen sind, er wird sie sogleich entdecken. Sie kommen alle zum Vorschein, sobald er auf seiner Flohpfeife die französische Melodie anstimmt: »Couleur de puce c'est mon plaisir«. Eintrittspreis: 1 Mark. Herren mit Flöhen bezahlen die Hälfte, Hunde sind ganz frei.

*

Lob des Flohs.

Du kleiner Nero, Kompagnon der Läuse,
Blutgieriger Tyrann!
Für dich stimm ich nach Meister Fischarts Weise
Nun auch ein Loblied an.
Dein ganz brünetter Teint, so sehr verschieden
vom Teint der blonden Laus,
Erkor gleich anfangs dein Geschlecht hienieden
Zu großen Taten aus.

Nur deinen Stamm, der stets in ganzen Scharen
Bei Mädchen Wache hält,
Hat die Natur zu tapfern Leibhusaren
Der Jungfernschaft erwählt.
Und darum patroullieren auch Schwadronen
Von diesem leichten Heer
Beständig in den dunklen Regionen
Des Unterrocks umher.

Nichts schützt die Mädchen, die sich dir verschließen,
Vor deiner Blutbegier:
Die Erstlinge von ihrem Blute fließen,
Oh, Glücklicher, nur dir!
Du Springinsfeld bist überall gelitten,
Wo nie ein Mann hin soll,
Und schwelgst dich, gleich der Biene an den Blüten,
Goldner Schönheit voll.

Kein Fleck im ganzen weiblichen Gebiete,
Auch noch so heilig, ist,
Auf dem du nicht schon mit verwegenem Tritte
Herumspazieret bist.
Da ist kein Strauch, wo du dich nicht verstecktest,
Kein Plan, wo du nicht liefst,
Kein Hügelchen, worauf du dich nicht recktest,
Kein Tal, wo du nicht schliefst.

Ja, wollte man auch einst rektifizieren,
Der Schönheit Lustrevier,
So brauchte man, um recht es zu mappieren,
Nur dich zum Ingenier! –
Nur das verzeihen dir die Schönen nimmer,
Daß stets von jedem Kuß,
Den insgeheim du ihnen aufdrückst, immer
Ein Fleckchen zeugen muß.

Drum lauern stets auf dich auch, loser Näscher,
Entschlüpfst du nicht geschwind,
Bei Tag und Nacht so viele hundert Häscher
Als Mädchenfinger sind.
Doch hascht ein Mädchen auch dich, kleiner Springer,
Zuletzt in ihrem Schoß,
So ist doch unter einem schönen Finger
Noch neidenswert dein Los!

Alois Blumauer.

*

Flohfang.

Von Landois.

Lustig, munter springt der Floh einher,
Holter polter geht's die Kreuz, die Quer;
Sticht dann mit dem Rüssel tief ins Muskelfleisch hinein,
Kann des Flohes Leben schöner sein?

Sachte, leise, schlauer Weise lauert man auf ihn –
Feuchter nasser Finger droht!
Doch er merkt die Falle, sieh, da springt er, hüpft er hin,
Will nicht kosten herbe Not und Tod.

Saugt mit Behagen das frische warme Blut,
Schwelgend wie Teut in Wallhall,
Schlürfet wie Hertha des Menschen höchstes Gut,
Blut ist ihm Nektar beim Mahl.

Hurtig weiter, immer heiter, froher Sinn!
Keck und queck dem kleinen Geck fließt's Leben hin.
Hupp auf, hupp ab, ohn' Wanderstab das ganze Fell
Beherrscht der zwergig braune Junggesell.

Götter, o Dank: er sinkt hin auf die Knie,
Doch des Strumpfes wirre Maschen
Stricken, wickeln ihn und haschen –
Er weiß, nicht wie!

Bande, Schande,
Drümmel, fümmel,
Knipset, tipset ihn!
Schmerzen, Leiden,
Früher Freuden!

Er entkommt dem Mörder, springt einher,
Holter, polter geht's die Kreuz, die Quer;
Bohrend sticht er tiefer noch ins Muskelfleisch hinein,
Kann des Flohes Leben schöner sein?

*

Der freche Floh.

»Ein Floh ist doch ein unverschämtes Tier! Gestern fange ich einen, und da ich nicht gerne ein Tier töte, setze ich ihn einstweilen in meine Uhr unter den Glasdeckel. Wie ich ihn mir heute besehen will, da sitzt das freche Tier ganz gemütlich auf dem Sekundenzeiger und fährt Karussell.«

*

Blaues Blut.

Der Graf wird von einem Floh gestochen. Der Graf geht auf die Flohjagd. Endlich hat er ihn. Vorsichtig faßte er ihn mit den Fingerspitzen an und läßt ihn zum Fenster hinaushopsen.

»Warum tötest du ihn nicht?« fragt die Gräfin.

»Unmöglich«, sagt würdevoll der Graf. »Mein Blut fließt in seinen Adern!«

*

Ein galanter Ehegatte.

Sie: »Ach, Artur, ich kann gar nicht schlafen, mich beißt ein Floh!«

Er: »Mach Licht! Sobald er dich sieht, hüpft er weg!«

*

Flohhatz.

»Wenn du mal nach einem Floh greifst, faßt du nicht manchmal daneben?«

»Ausgeschlossen, wenn ich daneben greife, fange ich auch stets einen!«

*

Die Metöken.

Es taucht jetzt, nach dem Krieg, oft die Frage auf, wer ihn mitgemacht habe und wer nicht. Die vom Korpsstab erzählen, wie oft sie Feuer kriegten. Die aus dem Schützengraben sagen: nur dort vorn, dicht am Feind wär' wirklich Krieg gewesen; Bataillonskommando – das war schon Hinterland.

Der Streit ist müßig. Das Kriterium »Krieg oder nicht mehr Krieg« geben uns die Läuse. Wer keine hatte, ist nicht im Krieg gewesen.

– – – Lauste sich da eines Tages ein Pionier, und man fragte ihn teilnehmend, ob er viele habe.

»Eine einzige,« sprach er, »eine eigne. Die andern sind nur zu Besuch bei ihr.«

– – – Einen General mit Läusen sich auch nur vorzustellen – im Frieden wär es Blasphemie gewesen.

In den Karpaten aber war kein Brigadier, der einem nicht nach einer Weile erzählte: er sei ungarischer General; jetzt, im Feld freilich, sähe er unscheinbar aus; doch der Besucher sollte den Herrn General erst mal in seinem Galarock sehen: der sei über und über mit Gold verschnürt – hier, hier, hier – überall Litzen, Borten und Gold...«

Roda Roda.

*

Die große Laus.

Ein Amerikaner besucht mit einem Berliner den Zoologischen Garten. Alles, was ihm der Berliner zeigt, gefällt ihm nicht, ist ihm zu klein und zu unansehnlich. Für alles hat er die gleiche Antwort:

»Bei uns in Amerika sind die Tiere alle viel größer.«

Endlich kamen die beiden zu einer Riesenschildkröte. »Was ist denn das für ein Tier?« fragte der Amerikaner. Da blickte der Berliner seinen Begleiter an und sagte: »Das ist eine Berliner Laus. Und wenn Sie jetzt wieder sagen, bei Ihnen in Amerika wären die Läuse viel größer, dann haue ich Ihnen eine in die Fresse! Verstanden?«

*

Eine Wanzengeschichte.

Auf einem beliebten Berliner Vergnügungsort promenierte eine ältere Dame in der Nähe des Musikpavillons und lauschte behaglich einer Opernouvertüre. Plötzlich trat ein sehr elegant gekleideter Herr, der hinter ihr herging, an sie heran, berührte sie vorsichtig an der Schulter und sagte mit einer sanften, unendlich höflichen Stimme: »Entschuldigen Sie vielmals, gnädige Frau!«

Die Dame blieb erstaunt stehen.

»Ich bitte Sie tausendmal um Entschuldigung, aber hier ist in der Tat ein sehr unangenehmes Insekt auf Ihrem Kleid. Wollen Sie gütigst erlauben, daß ich es entferne?«

Die Dame wendete sich mit einem Blick des Entsetzens ab. Es war wirklich ein unangenehmes Insekt, das ließ sich nicht leugnen. Es war, um die Wahrheit zu sagen, – es war einfach eine Wanze, eine braune Bettwanze.

Als die Dame sich von ihrem Schreck und ihrer Beschämung erholt hatte, war es das erste, nach dem Fremden zu sehn, aber er war fort. Sie fand das sehr nett und rücksichtsvoll von ihm, sie empfand sein schnelles Verschwinden als ein Zeichen von Zartgefühl und guter Erziehung. Dann aber dachte sie an das Ding von vorhin, an das Insekt, dessen Namen sie auch in Gedanken zu nennen sich scheute. Wie kam es nur dahin, auf ihr Kleid? Ob es wohl sonst jemand gesehen hatte?

Diese Frage war ihr so peinlich, daß auf einmal die Opernmelodie jeden Reiz für sie verloren hatte. Sie überlegte, ob sie nicht lieber nach Hause gehen sollte, besonders da eine Bekannte, die sie erwartete, nicht gekommen war. Erst jetzt bemerkte sie zu ihrem Schrecken, daß ihre Handtasche offen stand, und daß das darin vorhanden gewesene Portemonnaie und ein Schmuckstück verschwunden war.

Ihre erschreckten Ausrufe und ihr ganz verstörtes Gesicht machten verschiedene Leute in ihrer Nähe aufmerksam, irgend jemand rief einen Schutzmann herbei, der sie schließlich fragte, wann sie die vermißten Gegenstände zuletzt gehabt hatte.

»Ich hatte sie bestimmt noch kurz vordem der nette Herr die Wa...« Sie stockte errötend, denn sie wagte nicht, dieses entsetzliche Tier vor den Ohren der Neugierigen zu nennen.

»Was für ein Herr?« fragte der Schutzmann.

»Oh, ein fremder Herr – er...« Sie sah sich unschlüssig um. »Halt, dort hinten an dem Pavillon geht er ja!«

Der Schutzmann, der zwar nicht recht aus den Worten der alten Dame klug wurde, aber doch erriet, daß dieser Herr wohl etwas mit dem Verschwinden des Portemonnaies und des Schmuckes zu tun hatte, folgte eilig dieser Spur und hielt den eleganten Herrn grade noch fest, als er durch die Ausgangstür verschwinden wollte.

Auf der Wache fand man bei dem Fremden nicht nur die vermißten Schmucksachen der Dame und verschiedene sonstige Wertgegenstände, die alle offenbar Vertreterinnen des weiblichen Geschlechts gehört hatten, sondern auch in der Westentasche ein Schächtelchen mit – Wanzen!

*

Der Tierfreund.

Sekondeleutnant von S. fing in seiner Bettlade eine Wanze. Er klingelt den Burschen. Er kommt.

»Johann, bringe das arme Tierchen auf die Straße; ich mag ihm kein Leid tun.«

Johann kommt nach kurzer Zeit zurück und sagt: »Herr Leutnant! Es ist auf der Straße ein Hundewetter, es stürmt und regnet in Strömen; das Tierchen wird sicherlich umkommen.« Der tierfreundliche Leutnant entgegnete:

»Dann bringe es in dein eigenes Bett!«

*

Entrüstung.

Herr Neumann kommt in ein Hotel und geht an ein im Flur befindliches Pult, um sich ins Fremdenbuch einzutragen. Grad ist er fertig und sieht noch einmal nach, was er geschrieben hat, da bemerkt er eine Wanze, die über das Papier kriecht.

»Herr Wirt«, schreit jetzt Neumann entrüstet. »Ich habe ja schon manches erlebt, Wanzen gibt es überall. Aber daß sie gleich, wenn man angekommen ist, im Fremdenbuch nachsehen, welche Zimmernummer man hat, das ist mir doch noch nicht vorgekommen.«

*

Die tote Wanze.

»Wissen sie, Herr Wirt, in Ihrem Hotel logiere ich in meinem Leben nicht mehr. Die ganze Nacht habe ich auf einer toten Wanze gelegen.«

»Na, eine tote Wanze kann Sie aber doch nicht so belästigt haben!«

»Ja, aber die tausend anderen, die zu ihrem Leichenbegängnis gekommen sind.«

*

Reges Tierleben.

»Herr Wirt, mir scheint es, da oben an der Wand sitzt eine Wanze.«

»Ausgeschlossen! Um diese Zeit sind die längst im Bett.«

*

Wanzenplage.

Ein Berliner Hausbesitzer erhielt folgenden Brief:

»Hiermit zeige ich Ihnen an, daß ich nunmehr die in Ihrem Hause in Zehlendorf innegehabte Sommerwohnung gestern verlassen habe. Ihr Haus ist ja sehr schön gelegen, aber war wegen der Wanzen mir wirklich nicht möglich, noch länger darin auszuhalten.

Zu Tausenden haben wir sie getötet, gebrannt und ausgeräuchert, die in Ihrem Hause in besonderer Größe vorhandenen Bettwanzen. Sie kamen immer wieder, und der Körper meiner Gattin, so wie der meiner Töchter und auch der meinige, gleichen durch das ewige Jucken und Brennen den Rothäuten der wilden Indianer. Glücklich der Mensch, der das Geschäft des nächtlichen Reibens und Kratzens nicht kennt.

Sollten Sie wegen der nur zur Hälfte bezahlten Miete eine Forderung an mich richten, so würde ich mich genötigt sehen, folgende Anzeige in die Zeitungen einrücken zu lassen:

Der Unterzeichnete, der sich kontraktlich verpflichtet hat, seine Sommerwohnung in Zehlendorf bei Herrn Kamplust in demselben Zustand, in welchem er sie übernommen, wieder zurückzugeben, sucht ca. 30 000 lebensfähiger und ausgewachsener Bettwanzen.

Dr. Rollarius, Oberlehrer.«

*

Insektenpulver.

Ein geplagt aussehender Mann kam in die Drogerie und nahm den Hut ab.

»Insektenpulver gegen Wanzen«, forderte er.

»Schön«, sagte der Drogist.

Nach drei Tagen erhielt er einen Brief:

 

Sehr geehrter Herr!

Innigst danke ich Ihnen für Ihre vorzügliche Wanzenkraftnahrung. Die Biester wurden danach dick, groß und stark. Zwei von Ihnen haben heute meine Schwiegermutter gefressen. Mit bestem Danke

ein Befreiter.«

*

Die lästigen Fliegen.

Als der Herzog Karl von Württemberg eines Tages in der Gegend von Nagold jagte, und in einem Wirtshaus die Mittagstafel für ihn bereitet war, beschwerte er sich über die Masse von Fliegen, die ihn belästigen. Halb verdrießlich, halb lachend sagte er zu der Wirtin, sie solle gefälligst den Fliegen hinter dem Ofen einen eigenen Tisch servieren! Es sei nicht anständig, daß die Tiere ungeladen an seinem Tisch zu Gast wären. Die Wirtin, die eine kluge Frau war, besorgte das sofort, und stellte mehrere Schüsseln hinter dem Ofen auf. Dann ging sie zum Herzog und sagte ehrfurchtsvoll:

»Serviert ist, befehlen nun Euer Durchlaucht auch, daß sich die Fliegen an den Tisch setzen!«

*

Ein Fliegenprozeß.

Ein Bauer hatte einem Nachbarn einen Napf mit Milch zum Aufbewahren übergeben, als er ihn aber zurückforderte, war die Milch verschwunden. Der Nachbar behauptete, die Fliegen müßten die Milch verzehrt haben, und so kamen die beiden ins Streiten und gingen, da sie sich nicht einigen konnten, vor Gericht. Der Richter ließ sich den merkwürdigen Rechtsfall erklären und verurteilte den Nachbar zum Ersatz des Schadens.

»Ihr hättet eben die Fliegen totschlagen müssen«, sagte er.

»Wie,« erwiderte der Bauer, »ist es denn gestattet, Fliegen so einfach zu töten?«

»Gewiß doch«, antwortete der Richter. »Überall, wo Ihr Fliegen findet, dürft Ihr sie töten. Das erlaube ich Euch.«

In diesem Augenblick erblickte der Bauer auf der Backe des Richters eine Flieg. Sofort trat er auf ihn zu, gab ihm eine tüchtige Ohrfeige und sagte: »Oh, diese verfluchten Fliegen! Ich wollte, das wäre eine von denen gewesen, die mir die Milch ausgetrunken haben.«

Der Richter hatte eine Ohrfeige weg und durfte sich nicht beklagen, denn er hatte ja dem Bauer die Erlaubnis gegeben, Fliegen überall zu töten.

*

Leibfarbe der Fliegen.

Der Pastor rief mit Mißvergnügen Dem graubejackten Kutscher zu: »Dich läßt ja das Geschmeiß der Fliegen Auf deinem Bocke stets in Ruh', Mich aber will's zu Tode plagen! Kannst du hiervon den Grund mir sagen?« Das machte Hansen wenig Müh': »I nun,« sprach er zu Ihro Würden, »Ich hörte stets von unsern Hirten, Sie gingen meist auf schwarzes Vieh.«

Unbekannter Verfasser.

*

Die gelangweilte Fliege.

»Sehn Sie mal«, sagte Neumann zu seinem Freund Bode. »Dort oben auf dem Kirchturm sitzt eine Fliege.«

»Ja,« sagte Bode, »und sie scheint sich sehr zu langweilen, denn sie gähnt eben, daß man die hohlen Zähne in ihrem Munde sieht.«

*

Der tierliebende Herr und sein Diener.

Herr: »Da, Chrosostomus, nimm die Fliege, die ich grade gefangen habe und nicht töten will noch darf, und trage sie in den Garten hinaus.«

Diener (entfernt sich mit der Fliege, kommt aber mit ihr sogleich wieder zurück): »Euer Gnaden, es geht nicht!«

Herr: »Warum denn nicht?«

Diener: »Es ist draußen für das arme Viecherl viel zu kalt.«

*

Fliegen.

»Lassen Sie doch Ihren Fliegen auch etwas geben, damit man Ruhe hat!« spottete ein Reisender an der Table d'hôte.

»Gleich, gleich!« rief der Wirt. »Befehlen Sie nur, daß sie einstweilen Platz nehmen.«

*

Die Fliegen wissen Bescheid.

»Herr Wirt, der Toilettenraum ist voller Fliegen, man kann gar nicht mehr hingehn.«

»Wissen Sie was? Gehn Sie in der Mittagszeit, dann sind die Fliegen alle im Speisesaal.«

*

Die Spinnen und die Fliegen.

In einem Schlößchen, das verlassen
Und darum halb verfallen stand,
Herbergten in den öden Räumen
Viel dutzend Spinnen an der Wand.

Gesundheitshalber aber mochte
Der letzte der Insassen hier
Zerbrochene Scheiben nicht vertragen
Und flickte alles mit Papier.

Er schnitt dadurch den vielen Spinnen
Der Nahrung Zufuhr gründlich ab,
Von außen kam nicht eine Fliege,
Wie es bald innen keine gab.

Die netzwebende Gemeinde,
Die wußte nicht, wie ihr geschah,
Und war nach langem, grimmem Fasten
Dem bittern Hungertode nah'.

Da ward für den, der Kraft noch fühlte,
Die Selbsterhaltung zum Gesetz,
Er lud beim Schwächern sich zu Gaste
Und fraß ihn auf im eignen Netz.

Doch als zu höchst die Not gestiegen,
Da fügte sich, daß vor dem Schloß
Ein muntrer Knab' vorbeigezogen,
Den Langeweile just verdroß.

Er raffte Kiesel auf vom Wege
Und nahm die Fenster sich zum Ziel,
Nur wenig heile Scheiben blieben
Nach diesem ritterlichen Spiel.

Und durch die Lücken schwärmten Fliegen
In Hülle und in Fülle ein,
Die Spinnen sagten: Gottes Güte
Regierte sichtbarlich den Stein!

Sie falteten die Vorderbeine
Und dankten ihm, der alle nährt,
Und haben dann mit frommen Sinnen
Die Fliegen reinlich aufgezehrt.

Doch meinte deren Schwarm hinwieder –
Der rings bestrickt vom Tod sich fand –
Die Scheiben habe ausgebrochen
Der Satan mit selbsteigner Hand.

Entging den grimmen Stricken eine,
Durch Gottes Huld hielt sie sich frei,
Und ward sie dennoch aufgefressen,
So meint sie, daß es Prüfung sei. –

Das gilt von Fliegen und Spinnen,
Die an Vernunft nicht überreich'
Doch sind wir klugen Menschen ihnen,
Gottlob, in keinem Punkte gleich.

Ludwig Anzengruber.

*

Erprobte Mittel.

»Wie bekommt man keinen Floh?«

»Man stecke einen Zeigefinger in den Mund, feuchte ihn gehörig an und greife immer vor oder hinter dem Floh. Auf diese Weise wird man nie einen bekommen.«

 

Ein Mittel, damit einen die Wanzen im Bett nicht beißen.

»Man bestreiche die Bettstelle mit Terpentin, streue vor dem Schlafengehen Insektenpulver ins Bett und lege sich dann aufs Sofa, so werden einen die Wanzen bestimmt nicht im Bett beißen!«

 

Radikalmittel gegen die lästigen Raupen. – »Man nehme die Raupen im Frühjahr einzeln von den Sträuchern oder Bäumen, werfe sie in eine Mischung von heißem Pech oder Schwefel, in die man zehn Tropfen Pfefferminzessenz gegossen hat. Die Raupen geben danach sofort den Geist auf.«

*

Mittel gegen Flöhe.

Auf einem ländlichen Jahrmarkt hielt ein Mann ein Mittel gegen Flöhe feil, dessen Wirksamkeit er außerordentlich rühmte. Die leichtgläubigen Bauern kauften auch in Scharen von dem Mittel, ohne daß es einem einfiel, sich nach der Art des Gebrauchs zu erkundigen. Erst als sich die meisten Bauern verlaufen hatten, trat eine alte Frau zu dem Händler hin und kaufte auch von dem Pulver gegen die Flöhe. »Wer nun, Herr, sagt mir auch, wie man das Zeug braucht!«

Der Händler war nicht vor den Kopf geschlagen, »Wie man das Zeug braucht, wollt Ihr wissen? Aber das ist doch einfach. Ihr braucht nur, sobald Ihr einen Floh gefangen habt, ein ganz kleines Staubkörnchen von dem Pulver darauf zu, streuen, und – pautz! wird er mit einem lauten Knall entzweispringen.«

Die Frau war zufrieden und wandte sich zum Gehen. Dann aber dreht sie sich noch einmal um und sagte: »Wenn ich einen Floh gefangen habe, dann kann ich ihn doch aber auch so totmachen?«

»Gewiß«, sagte der Handelsmann. »Das könnt Ihr auch, das ist auch ein sehr gutes Mittel.«

*

Ein unfehlbares Mittel gegen Wanzen und Flöhe.

Wird bei Nacht dir die Ruhe geraubt durch hüpfender Flöhe Piekende Schar und sanft anschleichende Wanzen, so gibt es Viele der Zauber, allein nur einer, nur dieser ist wirksam: Ehe du fährst in das Bett, sprich: Flukifligukiwanzuki, Grillipaddunk und Krotterottotter und Mäusekaratta! Neunmal sage den Spruch, und jedesmal trinke dazwischen Drei der Gläser von ung'rischem Wein – es geht auch mit Rheinwein: Hast du nun ganz vollbracht das Sprüchleinsagen und Trinken, Siehe, so beißt kein Floh; und beißt doch auch einer, so beiß' er; Nichts doch fühlst du, du schnarchst wie die seligen Götter des Himmels.

August Kopisch.

*

Die armen Motten.

»Vater, gab es schon alle Tiere, als Adam und Eva im Paradiese lebten?«

»Gewiß, mein Kind!«

»Ach, die armen Kleidermotten! Was haben die denn eigentlich damals gefressen?«

*

Haifische und Krokodile.

Ein Engländer, der in Indien reiste, ging, von seinem eingeborenen Diener begleitet, eines Tages am Strand des Meeres spazieren, und da es sehr heiß war, beschloß er, in einer hübschen Einbuchtung zu baden. Langsam zog er sich aus, fragte dann aber den Diener, ob auch sicher keine Haifische in dieser Bucht hineinkämen. »Es sind nie welche drin!« versicherte ihm der Diener. Der Engländer sprang ins Wasser, machte ein paar Schwimmstöße, schwamm aber dann hastig ans Land, denn es war ihm, als ob er ein großes Tier im Wasser gesehen hätte.

»Das war doch ein Haifisch?« fragte er den Diener mißtrauisch.

»Nein, es war ein Krokodil. Die Haifische sind alle verjagt, seit es hier so viele Krokodile gibt.«

*

Das gefährliche Tier.

Der poetische junge Mann: »Wie entzückend Sie doch sind, Fräulein Edith, um Ihre holde Gestalt spielt ein Zephir –«

Die ängstliche Maid: »Um Gottes willen, jagen Sie das Viehzeug weg. Ich kann Insekten nun einmal nicht ausstehen.«

*

De Imme in de Waterkunst.

Von Fritz Reuter.

»Lach' nich über 'ne Sach', Korl, die du nich verstehst. – Süh, den 'rausgetriebenen Stinkstoff hab' ich bei's Switzen selbst gerochen; aber wo bleibt die festgemachte swarze Kohlensäure? Süh, das ist der Punkt, und weiter bün ich in den Wasserwissenwaften nich gekommen; un glaubst du woll, daß Paster Berens was davon weiß? Ich hab' ihn gestern gefragt – der weiß erst recht nichts davon. – Un du sollst sehn, Korl, die swarze Kohlensäure steckt noch in meinem Leibe, un davon werd' ich den verfluchten Podagra doch wieder kriegen.« – »Awer Zacharies, worüm büst du denn nich noch en beten länger, dor blewen un hest di ordentlich utkuriren laten?« – »Korl,« säd Braesig un slog de Ogen nedder un namm en sihr gedrücktes Wesen an, »es ging nich! – Es ist mich da was passiert. – Korl,« säd hei un kek Hawermann drist in de Ogen, »du kennst mich von lütt auf an, hast du allmeindag' an mir e'n unrespektierliches Wesen gegen die Frauenzimmer bemerkt?« – »Ne, Braesig, dat Tügniß kann 'ck du gewen.« – »Na, un nu doch! – Denk' dir, wo mich das gehn muß! – Diesen Freitag vor acht Tagen krieg ich wieder so'n entsamtes Muckern in den großen Zehe – denn in das bütelste Enn' fängt's ümmer an –, und der Wasserdoktor sagt: ›Herr Entspekter, wir müssen Ihnen eine Extra-Einwickelung apoplexieren, Doktor Strumpen sein verdammtes Aptheker-Kolikum mellt sich, das muß 'raus.‹ – Na, das geschieht, er wickelt mir selbst, un so drang', daß ich knapp Athen holen kann, wobei er sagt, Luft is mich weniger nötig, as Wasser; und dabei will er sogar das Fenster zumachen. – ›Ne,‹ sag' ich, ›soviel versteh' ich nachgradens auch davon, frische Luft muß sein, lassen Sie das Fenster auf‹, und er tut's und geht ab. – Nu lieg' ich denn in meiner bedrückten Lage sachten fort und denke mich auch weiter nichts Slimms, da wird mit en Mal so'n Gebrumm un Gesumm um mich 'rum, und als ich richtig zu Höchten seh', swarmt en ganzer Immenswarm ins Fenster 'rein, und der Weiser vorauf – denn ich kenn' ihn, Korl, du weißt, ich bün en Imker; bün mal in Zittelwitz mit den Schulmeister zusammen Frühjohrs mit siebenundfunfzig Stöck ins Feld gezogen – un dieser Weiser will sich ja woll nu in meine wollne Deck, die der Dokter mir über den Kopp gezogen hatte, ordentlich anbauen. Na, was soll ich nu machen? Rühren konnt' ich mich nich; ich puste also nach ihm, ich pust', bis mich der Athem ausgeht; aber Essig, reiner Essig! Das Biest setzt sich grade t'ens meinen kahlen Kopf – denn die Perück, Korl, nehm' ich ümmer ab, um ihr zu schonen – und nu kommt der ganze Swarm un swenkt sich an mein Gesicht heran. – Na, da war's all! Ich wölter mir aus das Bett heraus. Quuck! fall ich auf die Erde, un wölter mir nu aus die wollne Deck heraus un aus die nassen Laken, bis an die Tür heran, un über mir war der Deuwel los, der leibhaftige Deuwel! Un so spring' ich nu aus der Tür heraus, un so slag' ch mir mit die nachfolgenden Immen herum, wie blind un doll, un so schrei' ich um Hilfe. – Gott sei Lob und Dank, der Existent von dem Wasserdokter – der Mann heißt Ehrfurcht –, traf mich und brachte mich in einem andern Lokale, und von da in die notwendige Bekleidung, so daß ich nach einer mehrstündigen Beruhigung in die Eßstube, was sie einen Salong nennen, hinuntergehen konnte – das heißt mit einem halben Schock Immenangeln in dem Leibe. – Ich fange an mit die Herren zu reden, un sie lachen sich. – Worüm lachen sie sich, Korl? Du weißt's nich, un ich weiß's auch nich. – Ich wend' mir also an eine von die Dam's un red' sie freundschaftlich aufs Wetter an; da wird sie rot. Warum wird sie beis Wetter rot? Das weiß ich nich, un du weißt's auch nich, Korl. – Ich wend' mich an eine, was 'ne Sängerin war, un bitt' ihr freundlich, sie soll das schöne Lied noch mal singen, was sie alle Abende gesungen hatte. Was tut sie, Korl? – sie zeigt mir ihren Rücken. Und als ich mir den nu in meinen besondern Gedanken betrachte, kommt der Wasserdokter und sagt sehr höflich zu mir: ›Herr Entspekter, nehmen Sie's nich übel, Sie haben sich heute nachmittag zu sehr bemerklich gemacht.‹ – ›Wo so?‹ frag' ich. – ›Ja,‹ sagt er, ›wie Sie aus der Tür ausgesprungen sind, is grad' das Fräulein von Hinkefuß über den Corydon gegangen, und die hat's in aller Verschwiegenheit den andern erzählt.‹ – › Und derentwegen‹, sag' ich, ›wollen Sie mich von das natürliche Mitleid entblößen? – Derentwegen wollen die Herren lachen und die Dam's mich ihre angenehme Rücksicht genießen lassen? – Nein, dafor bin ich nich hier! – Wenn mir Fräulein von Hinkefuß so mit dem halben Schock Immenangeln im Leibe entgegengetreten wäre, ich hätte mir alle Morgen in Bescheidenheit nach ihrem Befinden erkundigt. – Aber lasse ihr! – Menschliches Gefühl kann sich keiner auf keinen Jahrmarkt kaufen.‹ – Aber nu kommen Sie, Herr Dokter, und ziehn Sie mir die Immenangeln aus dem Leibe.‹ – Süh, Korl, da könnte er es nich. – ›Was?‹ sag' ich, ›nich mal eine Immenangel können Sie aus der Haut ziehn?‹ – ›Nein,‹ sagt er, ›ich könnte es wohl, aber ich dürfte es nicht, das sind Operamente, wie sie for einen Gregorius Chirurgus. gebühren, un dazu bin ich nicht von der mecklenbürger Regierung qualifiziert.‹ – ›Was?‹ sag' ich, ›Sie wollen, mir die Gicht aus den Knochen kurieren und dürfen mir gesetzlich nich mal 'ne Immenangel aus der Haut ziehn? Sie dürfen sich nich mal mit der Haut von einem auswendigen Menschen befassen und wollen mir mein geheimnisreiches Inwendiges mit Ihr ßackermentsches Wasser ausspülen? – Ich danke Ihnen!‹ – Un süh, Korl, von dem itzigen Augenblicke an hatte ich das Zutrauen zu dem ganzen Wasserdokter verloren, und ohne das können sie nichts machen, das sagen sie jeden selbst, wenn er ankommt. – Ich reis'te also furtsen ab und habe mir die Angeln von dem alten Gregorius Metz in Rahnstädt ausziehn lassen.


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