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Mensch und Tierwelt.

Der Mensch hat immer mit Tieren zu tun gehabt. Anfänglich mögen sie alle seine Feinde gewesen sein. Über als er begann, sie sich zu Freunden zu machen, als sie ihm ihr Zutrauen zuwendeten, erlebte er allerlei heiteres mit ihnen. Manches, was an sich nicht heiter war, sah der Mensch als heiter an. Auch erfand er eine Menge Geschichten und Schnurren, in denen er sich mit der Tierwelt auseinandersetzte. Nicht immer als gütiges Mitgeschöpf. Oft in überlegener, überheblicher und spöttischer Weise. Aber oft ist auch er derjenige, der im Erlebnis mit den Tieren und im Vergleich mit ihnen lächerlich wird. –

Eine große Zahl von Witzen zeigt den Menschen ebenso als einen verhöhnten Ignoranten wie als ein Geschöpf, in dem der Humor erwacht, wenn der Mensch mit den Tieren zusammenstößt. –

*

Die Menschen als Tiere.

(Aus einer alten Chronik.)

Das Alter der Männer.

10 Jahr ein Kalb, 60 Jahr ein Wolf,
20 Jahr ein Bock, 70 Jahr ein Hund,
30 Jahr ein Schaf, 80 Jahr eine Katze,
40 Jahr ein Löwe, 90 Jahr ein Esel,
50 Jahr ein Fuchs, 100 Jahr genad dir Gott.

Das AIter der Weiber.

10 Jahr eine Wachtel, 60 Jahr eine Gans,
20 Jahr eine Taube, 70 Jahr ein Geier,
30 Jahr ein Ayerlaster, 80 Jahr eine Eule,
40 Jahr ein Pfau, 90 Jahr eine Fledermaus,
50 Jahr eine Henne, 100 Jahr: Ich gehe aus.

*

Die »Henne«.

Eines Tages erhielt der Maler Lukas Cranach von dem Kurfürsten Friedrich dem Weisen den Auftrag, die Vorfahren des Fürsten in Bildnissen zu verewigen, wie nun Cranach an das Bild der Katharina, einer Tochter des Grafen von Henneberg, kam, die ihrem Gemahl, dem Kurfürsten Friedrich dem Strengen, die Grafschaft Henneberg als Heiratsgut mitgebracht hatte, sagte der Auftraggeber scherzend:

»Mal' Er mir die Hennebergsche Henne nur recht gut, denn sie hat dem Hause Sachsen ein so schönes Ei gelegt.«

*

Das Kalb in der Wiege.

Als die Hussiten im Jahre 1429 die Stadt Guben verwüsteten, rettete eine alte Frau vor dem Klostertore ihr einziges Kalb, und damit ihr ganzes Vermögen, auf folgende Art. Sie legte dem Tiere altes Kinderzeug an, schnürte es tüchtig zusammen, legte es in eine Wiege und wiegte es mit der größten Sorgfalt. Die von Raub- und Mordsucht erfüllten Hussiten kamen bald auch in die Kammer des alten Weibes, stutzten aber nicht wenig über das Kindlein in der Wiege. Hals über Kopf rannten sie davon und schrien den entgegenkommenden Kameraden zu:

»Hier hat der Teufel Junge – ein altes Weib wiegt einen kleinen Teufel!«

*

Vier Tiere im Menschen.

Als Noah nach der Sündflut die Weinrebe fand und sie anbaute, da machte er vier Gruben. In die eine schüttete er Affenblut, in die andere Saublut, in die dritte Schafblut und in die vierte Löwenblut. Dieser Tiere Eigenschaften haben die betrunkenen Leute an sich. Die einen sind wie die Affen, sie springen und sind guter Dinge, und wenn sich einer eine Rippe im Leibe entzwei fällt, so merkt er es nicht eher bis am Morgen, wenn er wieder nüchtern ist. Das sind Affen, und alles, was sie tun sehen, das wollen sie auch tun. Die andern sind Säue. wenn sie betrunken sind, so schreien sie und speien und liegen mehr unter der Bank als auf der Bank und bleiben im Miste liegen, wie es auch sonst die Säue tun. Die dritten sind Schäflein. wenn sie voll sind, so sind sie am frömmsten, reden von der Beichte und von der Hölle, beweinen ihre Sünden – sie haben das trunkene Elend – wollen alle Welt reformieren – und morgens wissen sie nichts mehr davon. Die vierten sind wie die Löwen. Sie wollen fechten, stechen und hauen und alle Welt tot haben. Nun nehme jeder ein Exempel, welchem Tier er gleich sei!

Bruder Johannes Pauli.

*

Die Worte des Bären.

Ein Mann wollte durch einen Wald gehen und dingte einen Bauern in einem Dorfe zu einer festgesetzten Summe, daß er ihn durch den Wald geleiten solle, damit er ihm helfe, wenn etwa ein Bär oder Mörder an ihn käme. Als sie nun so durch den Wald miteinander gingen, da kam auch wirklich ein Bär. Der gedingte Knecht stieg flugs auf einen Baum, so daß der Fremde dem Bären allein nicht widerstehen konnte. Zum Glück fiel ihm ein, daß ein Bär einem toten Menschen nichts täte, darum legte er sich nieder auf den Erdboden auf den Lauch und hielt den Atem an. Der Bär ging um ihn herum und roch, ob er keinen Atem spüre, bald an den Ohren, bald an der Nase. Als er aber kein Leben spüren konnte, meinte er, jener wäre tot, und ging wieder weg. Als der Bär nun weg war, stieg der gemietete Mann wieder vom Baum herab, und der Fremde stand auch auf, und beide gingen miteinander zum Walde hinaus. Da sprach der Knecht zu dem Manne:

»Lieber, was hat der Bär zu dir geredet, als er dir so in ein Ohr raunte?«

Jener antwortete: »Er hat gesagt, ich sei ein Narr, daß, ich einem vertraut hätte, den ich nicht kennte.«

Bruder Johannes Pauli.

*

Der Hund und der Mörder.

Ein Mann wurde im Walde ermordet, und niemand wußte, wer es getan hatte. Aber der kleine Hund des Ermordeten war bei der Untat zugegen gewesen, und seit dieser Zeit fiel er den Mörder, der in dem gleichen Dorfe wohnte wie der Ermordete, bei jeder Gelegenheit an, sei es auf der Straße oder in der Kirche. Und der Täter konnte sich in keiner Weise seiner erwehren. Endlich schöpfte man einen Argwohn auf ihn, weil ihm der Hund also feind war, und als man ihn ergriffen, bekannte er auch, er hätte den Mord begangen, worauf man ihm seinen Lohn gab.

Wollte Gott, daß die Menschen einander so treu wären, oder nur ein Freund dem andern, als die Hunde ihren Herren sind!

Bruder Johannes Pauli, »Schimpf und Ernst«.

*

Der Wolf und der Hund.

Zu einem Wolf, dem es eine Weile sehr schlecht gegangen und der infolgedessen mehr Knochen als Fett zeigte, kam ein sehr feister Hund. Der Wolf sprach zu ihm: »Guter Gesell, wie kommt es, daß du also feist bist, und ich bin so mager?« – »Ja,« antwortete der Hund, »ich diene einem Menschen, und der gibt mir immer genug zu essen!« – Da sprach der Wolf: »So will ich mit dir gehen und will auch dienen!« Als sie nun miteinander gingen, sah der Wolf des Hundes Hals an und sprach zu ihm: »Wie kommt es, daß dein Hals so beschabt und kein Haar daran ist?« – Der Hund antwortete: »Bei Tage legt man mich gefangen und bindet mir ein Halsband um den Hals, das macht mich also blutig. Aber wenn es Nacht ist, bin ich ledig und frei!« Da sprach der Wolf: »Ade, ade, lieber Gesell! Ich will lieber mager und frei, als feist und gefangen sein!«

Bruder Johannes Pauli, »Schimpf und Ernst«.

*

Der Esel.

Ein Vater und Sohn in gutem Sinn
Trieben einen Esel vor sich hin.
Das sah einer und sprach zu ihn':
»Ihr müßt fürwahr große Narren sein,
Daß ihr den Esel treibt herein,
Und dabei beide zu Fuß lauft her,
Es setze sich einer drauf vielmehr!«
Der Vater ihn seines Willens ergetzt,
Den Sohn er auf den Esel setzt.
Da kam ein andrer bald zur Hand
Und sprach: »Ist das nicht eine Schand',
Der alte Mann hier geht im Dreck,
Und reiten tut der junge Geck!«
Der Vater sprach: »Mein Sohn, wir ha'n
Auch hier wohl nicht ganz recht getan.
Steig' ab und laß mich sitzen auf,
Und du mir nebenher nun lauf'!«
Sie hofften, nun wär's jedem recht.
Bald sich ein Dritter herbewegt
Und spricht: »Wer hat das schon gesehn?
Das Kind, es muß im Dreck rum gehn,
Der alte Narr reit' nebenher
Auf einem Esel, grau wie er!«
Der Vater sprach: »Mein Sohn, sag' an,
Wie soll es nunmehr sein getan?
Wir woll'n noch etwas wagen recht,
ob das jemand gefallen möcht'.«
Taten beid' auf dem Esel sitzen,
Drückten ihn stark, daß er mußt' schwitzen.
Kam einer her und sprach: »Sieh' da!
Keine größere Narren ich jemals sah.
Sie sitzen beid' auf dem Tierlein schwach,
Sich keiner sein erbarmen mag.
Ihr könntet den Esel eher tragen,
Als er euch mit seinem leeren Magen.«
Da besannen sich beide nicht lange mehr,
Sie trugen an einer Stange ihn her.
Des wurden sie müd', und sie wurden verlacht,
was schließlich sie beide so wütend gemacht.
Daß sie den Esel schlugen tot,
Damit sich ende aller Spott.
Der Vater zu dem Sohn sprach nun:
»Wer einem jeden recht will tun,
Der muß wahrhaftig früh aufstahn,
Wo ist der Mann, der solches kann?«

Eucharius Eyring (1520–1597).

*

Wie ein Krebs die Schildbürger erschreckte.

Eines Tages hatte sich ein armer Krebs verirrt und war gen Schilda ins Dorf geraten. Als ihn hier einige Bürger gesehen hatten, daß er so viele Füße habe, daß er hinter und für sich gehen könnte, und was ein ehrlicher Krebs dergleichen Tugenden mehr an sich hat, gerieten sie in großen Schrecken, denn sie hatten nie zuvor einen Krebs gesehen. Sie schlugen deswegen Sturm, kamen alle über das ungeheure Tier zusammen und rieten vergebens, was es denn wohl sein könnte. Niemand wußte es, bis zuletzt der Schultheiß, sagte, es müsse wohl ein Schneider sein, da es zwei Scheren bei sich habe.

Um nun dem Krebs ein Probestück zu geben, setzten sie ihn auf ein großes Stück niederländisches Tuch, und wo der Krebs hin und her kroch, da schnitt ihm einer mit einer Schere nach, denn sie glaubten nicht anders, als daß er als rechtschaffener Meisterschneider das Muster eines neuen Anzugs entwerfe. So zerschnitten sie am Ende das ganze Tuch, bis es zu nichts mehr nütze war, und merkten dann erst, daß sie betrogen waren.

Da trat einer unter ihnen auf und sagte, daß er einen sehr erfahrenen Sohn habe, der drei Tage lang auf der Wanderschaft gewesen und zwei Meilen Weges weit und breit gereist sei, der habe gewiß schon solches Getier gesehen. Der Sohn wurde auch in den Rat gerufen und besah sich das Tier lange Zeit von vorn und von hinten und wußte gar nicht, wo er das Tier anfassen sollte und wo es seinen Kopf habe, denn es ging grade hinter sich. Endlich sagte er: »Ich habe gewiß schon viele Wunder in der weiten Welt gesehen, aber so etwas ist mir noch nicht vorgekommen. Jedenfalls, wenn dies Tier kein Storch oder keine Taube ist, dann ist es gewiß ein Hirsch, denn es scheint ein Geweih zu haben. Aber unter den dreien muß es eins sein.«

Jetzt wußten die Schildbürger soviel wie vorher, und als einer den Krebs anfassen wollte, packte ihn dieser mit der Schere dermaßen, daß er laut um Hilfe rief und schrie: »Ein Mörder ist's, ein Mörder!« Als die andern Schildbürger dies sahen, hatten sie genug, setzten sich eilig zu Gericht und ließen folgendes Urteil über den Krebs ergehen: »Sintemalen niemand weiß,, was es für ein Tier sei, es sich aber befindet, daß es uns betrogen und sich für einen Schneider ausgegeben hat, wahrend es doch offenbar nur ein leutebetrügendes, schädliches Tier, ja ein Mörder ist, so erkennen wir, daß es soll gerichtet werden als ein Betrüger und Mörder, und zwar zur mehreren Schmach im Wasser ersäuft werden.«

Demzufolge ward einem Schildbürger der gefährliche Auftrag gegeben, den Krebs zu fassen und auf ein Brett zu legen. Er trug ihn dann dem Wasser zu, und die ganze Gemeinde von Schilda ging mit. Da ward er im Besein und Zusehn aller ins Wasser geworfen. Als der Krebs wieder in seinem Element fühlte, da zappelte er und schwamm hinter sich. Die Schildbürger aber sahen dies nicht ohne großes Mitleid an. Einige huben an zu weinen und sagten:

»Seht doch nur, wie tut der Tod so weh!«

*

Die wildesten Tiere.

Nicht also kürren und schorren die Ratzen,
Nicht also schreien und gmauzen die Katzen,
Nicht also pfeifen und zischen die Schlangen,
Nicht als« rauschen und prasseln die Flammen,
Nicht also schleppern und kleppern die Rätschen,
Nicht also plurrn und schnurrn die Prätschen,
Nicht also wüten und heulen die Hund',
Nicht also brüllet der Löwen ihr Schlund,
Nicht also hauset und brauset das Meer,
Nicht also stürmet ein krieg'risches Heer,
Nicht also reißet und tobet der wind,
Nicht also jammert ein schreiendes Kind:
Wie zwei wankende, zankende, reißende, beißende,
weinende, greinende, mockende, bockende, trutzige,
schmutzige Eheleut'.

(Abraham a Sancta Clara: Aus der Abrahamischen Lauberhütt'.«)

*

Die Ente,.

Ente, wahres Bild von mir,
wahres Bild von meinen Brüdern!
Ente, jetzo schenk' ich dir
Auch ein Lied von meinen Liedern.

Oft und oft muß dich der Neid
Zechend auf dem Teiche sehen,
Oft sieht er aus Trunkenheit
Taumelnd dich in Pfützen gehen.

Auch ein Tier – – o das ist viel!
hält den Satz für wahr und süße,
Daß, wer glücklich leben will,
Fein das Trinken lieben müsse.

Ente, ist's nicht die Natur,
Die dich stets zum Teiche treibet?
Ja, sie ist's; drum folg' ihr nur,
Trinke, bis nichts übrig bleibet.

Ja, du trinkst und singst dazu.
Neider nennen es zwar schnadern;
Aber, Ente, ich und du
Wollen nicht um Worte hadern.

Wem mein Singen nicht gefällt,
Mag es immer Schnadern nennen,
Will uns nur die neid'sche Welt
Als versuchte Trinker kennen.

Aber wie bedaur' ich dich,
Daß du nur mußt Wasser trinken,
Und wie glücklich schätz' ich mich,
Wenn mir weine dafür blinken!

Armes Tier, ergib dich drein.
Laß den Neid dich nicht verführen.
Denn des Weins Gebrauch allein
Unterscheidet uns von Tieren.

In der Welt muß Ordnung sein.
Menschen sind von edlern Gaben,
Du trinkst Wasser, und ich Wein:
So will es die Ordnung haben.

Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781).

*

Die Biene und die Gärtnerin.

Eine kleine Biene flog
Emsig hin und her und sog
Süßigkeit aus allen Blumen.
»Bienchen,« spricht die Gärtnerin,
Die sie bei der Arbeit trifft,
»Manche Blume hat doch Gift,
Und du saugst aus allen Blumen?«
»Ja,« sagt sie zur Gärtnerin,
»Ja, das Gift laß ich darin.«

Johann Ludwig Wilhelm Gleim (1719-1803).

*

Die glücklichen Schweine.

Als der große Amerikaner Franklin einmal nach England reiste, hielt er sich längere Zeit in den Industriebezirken des Nordens auf. Sein Diener, ein Neger, der unterwegs die Sitten des fremden Landes aufmerksam beobachtet hatte, sagte eines Tages zu seinem Herrn:

»England sonderbar Land, Massa; alle arbeiten, Männer arbeiten, Frauen arbeiten, Kinder arbeiten. Feuer arbeitet, Luft arbeitet, Pferd arbeitet, Ruh arbeitet, Schaf arbeitet, Esel arbeitet, alle arbeiten, nur Schwein arbeitet nicht. Schwein trinkt, Schwein schläft, wo will, singt lustig: Yankee doodle, Schwein brummt grimmig über Arbeitsleute, Schwein tut nichts. Schwein geht auf und nieder wie ein Gentleman, nur hat es kein Hemd an, kein Hut auf, keine Perücke auf Kopf, geht barfuß und weiß nicht, wieviel Uhr ist, sonst ganz und gar Gentleman. Oh, die glücklichen Schweine! Sambo möchte gern Schwein sein in England, wenn nicht –«

»Wenn nicht was?« unterbrach ihn Franklin.

»Wenn nicht Wurstmachen und geräucherte Schinken, Massa.«

*

Die Tiere und der Mensch.

Nachdem der höchste Gott Jupiter die Tiere und zuletzt den Menschen erschaffen hatte, trat der Esel vor seinen Thron und sagte: »Wie lange habe ich zu leben, und was habe ich zu tun?« Darauf versetzte Jupiter: »Dein Leben wird dreißig Jahre währen, und dein Tun wird sein, daß du Lasten tragest, Hunger und Durst leidest und, falls du lässig bist, noch Prügel kriegst obendrein.« Da seufzte der Esel tief auf und sagte: »Ach, gerechter Gott, wenn ich nun ein solches elendes Leben führen soll, dann kürze wenigstens meine Jahre ab um zwanzig auf zehn Jahre!« Dies bewilligte Jupiter, und der Esel ging zufrieden von dannen.

Hierauf erschien der Hund und fragte gleichfalls, wie lang er zu leben und was er zu tun habe. Jupiter antwortete: »Dein Leben wird dreißig Jahre währen, und dein Tun wird sein, daß du den Menschen und seine Habe bewachest Tag und Nacht und die Diebe verscheuchest durch Knurren, Bellen und Beißen!« Das gefiel dem Hunde nicht, der gern der Freiheit genossen hätte, und er bat den Jupiter, wenn er doch zur Sklaverei geboren, daß dann die Jahre ihm abgekürzt würden bis auf zehn. Jupiter willfahrte seiner Bitte, und der Hund entfernte sich dankbar.

Nach diesem erschien der Affe, der gleichfalls fragte, wie lang er zu leben und was er zu tun habe. Dem antwortete Jupiter: »Dein Leben wird dreißig Jahre währen, und dein Tun wird sein, daß du in deiner Mißgestalt den Menschen als Schauspiel dienest und zum Gespötte der Kinder.« Darüber erboste sich schier der Affe, und er sagte: »Wenn ich doch zu weiter nichts nutz sein soll auf dieser Welt, so kürze mir mindestens meine Jahre ab bis auf zehn.« Das ward ihm auch zugesagt.

Zuletzt erschien auch der Mensch vor dem Throne Jupiters, und er fragte den Gott, wie lang er zu leben habe. Jupiter antwortete: »Dein Leben wird dreißig Jahre währen.« – »Wie?« fragte der Mensch. »Nur dreißig Jahre? Ist diese kurze Lebenszeit würdig des vollkommensten Wesens, das aus deiner Hand hervorgegangen?« Da sagte Jupiter: »Wohlan, so will ich dir denn noch die zwanzig Jahre zulegen, die ich dem Esel, und die zwanzig, die ich dem Hunde, und die zwanzig, die ich dem Affen abgenommen habe. Dann aber sei auch dein Tun und dein Leiden: daß du von deinem dreißigsten Jahre an bis zum fünfzigsten Lasten tragest und schwitzest und entbehrest und duldest wie der Esel; und daß du von deinem fünfzigsten bis zum siebzigsten dich und deine Habe ängstlich hütest, wie der Hund, knurrend und murrend; und endlich, daß du die weiteren zwanzig Jahre bis zu deinem neunzigsten zu nichts mehr dienest, als wie der Affe zum Gespött der Kinder.«

Und also ist es denn auch geschehen.

Aus dem Volksbüchlein von Ludwig Auerbacher.

*

Der sprechende Papagei.

In dem Kriege, den der Kaiser Napoleon mit dem König von Preußen führte, kam ein deutscher Soldat, der aus Schwaben war und den Franzosen auch mithelfen mußte, in ein preußisches Dorf, das von seinen Einwohnern verlassen und ganz ausgeplündert war. In der Mitte des Dorfes stand ein Edelhof, der war ebenso ausgeleert wie das übrige; der Schwabe aber, der großen Hunger hatte, weil die Franzosen alles vorher weggegessen hatten, dachte, es müßte doch schlimm sein, wenn in dem großen Hause nicht doch soviel wäre, um einen Schwaben satt zu machen.

Er ging also hinein und sah sich um. Die Küche stand offen; aber es war kein Feuer auf dem Herde. In der Milchkammer lagen die Scherben umher, und im Keller gab's nichts als zerschlagene Fässer. Da dachte er: »Wer doch früher zur Kirchweih gekommen wäre!« und ging die Treppe hinauf bis auf den obersten Boden und wieder die Treppe hinab. Aber es half nichts, als daß er noch müder und hungriger wurde. Endlich hörte er von fernher ein Geschrei: »Hilfe! Hilfe! Wo bleibst du, Spitzbube?« und dergleichen; und da er glaubte, er würde gerufen, ging er dem Geschrei nach und kam in einen Gartensaal.

In der Ecke des Saales stand auf einem Tisch ein goldner Käfig, und in diesem schwenkte sich ein grüner Papagei an seinem Ringe. »Wer ruft mich?« fragte der Schwabe, aber der Vogel antwortete nicht. Da dachte jener, in Ermangelung eines anderen Federviehs wäre der Papagei auch ein Braten für ihn, und fing an, mit dem Bajonett nach ihm zu stechen. Der Papagei verstand wohl, daß das nicht gut gemeint war und flog ängstlich hin und her und schrie in seiner Angst: »Pardon, Kamerad!« – »Ei,« sagte der Schwabe, »dich hätte der Henker zu meinem Kameraden gemacht. Ich habe Hunger!« – und stach immerzu. Jetzt rettete sich der Vogel auf die oberste Stange und schrie, so laut er konnte:

»Respekt, ich bin der General!«

Da fuhr der Schwabe zusammen, stellte sich in Positur, präsentierte das Gewehr und sagte: »Haltens zu Gnaden, Ihr' Exzellenz; ich wußt' nicht, daß Ihr' Exzellenz ein Vogel waren.« – Und damit machte er linksum und marschierte ab und suchte anderswo etwas gegen seinen Hunger.

*

Der schlagfertige Geistliche.

Friedrich der Große ritt einst mit mehreren Generalen und dem bekannten Quintus Icilius, der damals nach den Titel Hofrat führte, spazieren. Ein Geistlicher begegnete ihnen, der einen schönen Engländer ritt und gut zu Pferde saß. »Seh' Er einmal, Quintus,« sagte der König, »wie der Pfaffe dort auf einem Engländer stolziert. Reit' Er doch hin und mach' ihn etwas demütig.«

Quintus ließ sich das nicht zweimal sagen. Er ritt hin und sagte zu dem Geistlichen: »Wie, mein Herr, Sie können ein so schönes Pferd reiten, während Ihr Herr und Meister nur ein bescheidenes Eselein bestieg?«

»Das würde ich auch gern tun«, antwortete der witzige Sohn der Kirche. »Allein seit Seine Majestät alle Esel zu Hofräten gemacht haben, kann man ja keinen mehr auftreiben.«

*

Der respektvolle Kutscher.

Friedrich der Große war bekanntlich, ein besonderer Liebhaber von Windspielen, und diejenigen von diesen Tieren, mit denen er am meisten zufrieden war, oder die am höchsten in seiner Gunst standen, wurden gewöhnlich dem König in einer sechsspännigen Kutsche nachgefahren. Sie standen unter der Aufsicht eines von den sogenannten königlichen kleinen Lakaien, der auch gewöhnlich ihre Wartung und Fütterung besorgte. Man erzählt, daß dieser Lakai vor den Hunden eine ganz ungemeine Hochachtung besessen habe. Er nahm auf der Kutsche stets den Rücksitz ein, während die Hunde sich des Vordersitzes erfreuten, und er redete sie nie anders als per Sie an. So sagte er zu ihnen:

»Biche, seien Sie doch artig! Alcmene, bellen Sie nicht so!«

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Blücher und der Esel.

Als Blücher durch eine Stadt kam, hatte sich der Magistrat am Tor versammelt, und der Bürgermeister öffnete gerade den Mund zu einer Begrüßungsrede, als ein in der Nähe stehender Esel gewaltig zu schreien begann. Lachend sagte Blücher:

»Aber, meine Herrn, immer hübsch einer nach dem andern!«

*

Hunde im akademischen Hörsaal.

In früheren Zeiten war es eine böse Unsitte auf den Universitäten, daß sich die Herren Studenten bis zur Ungebühr mit Hunden umgaben, und selbst in den Vorlesungen erschien mancher mit einem oder zwei, meist sehr großen Hunden.

Diese Unart war, wie ein anonymes Anekdotenbuch aus der Biedermeierzeit berichtet, besonders auch in Göttingen eingerissen, zu der Zeit, als der Geheime Rat Pütter und der Ritter Michaelis daselbst Lehrstellen bekleideten. Es gehörte damals direkt zum guten Ton, wenigstens einen solcher Vierfüßler mit ins Kollegium zu bringen. Natürlich hatten die Lehrer, besonders Pütter und Michaelis, oft großes Mißfallen daran, und Pütter besaß eine gewisse Fertigkeit darin, diese Tiere, wenn sie auf sein Katheder kamen, mit dem Fuße so hinabzuschleudern, daß sie weit unter die Sitze der Zuschauer flogen und einen solchen Rippenstoß, weil sie von ihren Herrn eine ganz andere Behandlung gewohnt waren, laut bejammerten. Michaelis aber konnte das nicht tun, weil er bloß vor einem Tische sah. Doch erklärte er oft seinen Unwillen darüber und sagte: »Stehen Sie denn mir oder einem der Zuhörer gut dafür, wenn bei einem Hunde die Tollwut ausbricht und er hier einen von uns beißt, so daß wir uns den Tod oder den Verlust des Verstandes zuziehen? Statt sich Ihre Zeit mit dem Hunde zu vertreiben, sollten Sie lieber zu Hause repetieren und sich für die Vorlesungen präparieren. Haben Sie aber zuviel Brot übrig, so gibt es genug ärmere Leute, denen Sie Ihren Überfluß zu Teil werden können, und die Ihnen dafür dankbar sein werden. Der Hund ist bloß Ihr Parasit. Allenfalls denkt er, das ist ein guter Gesell, der dich satt macht, und mit dem du zum Zeitvertreib spielen kannst. Den ersten Hund, meine Herren, der hier einen unangenehmen Auftritt macht, ersteche ich selbst!«

Nachdem Michaelis auf diese Weise eine ganze Zeit lang vergebens gepredigt hatte, kam es zu einem Auftritt, der die unbotmäßigen Studenten doch etwas beschämte. An einem sehr kalten Wintertage brachte ein lievländischer Baron ein Windspiel in den Hörsaal. Die Wärme des stark eingeheizten Zimmers tat dem Tiere wohl, denn es legte sich an den fast glühenden Ofen und streckte alle Viere von sich. Auf einmal aber bekam der Hund Zuckungen und fing an zu heulen, zu schäumen und unbändig zu zappeln. Ein Zuhörer schrie: »Der Hund ist toll, er schäumt!« Auf einmal herrschte eine Totenstille im Saal, und in allen Mienen drückte sich Angst und Beklommenheit aus. Plötzlich drängte sich die Mehrzahl der Zuhörer zur Tür, um hinauszukommen. Einige sprangen wie unsinnig die Treppe hinauf auf den Boden, andere stürzten sich hinunter auf die Straße und verloren Tintenfässer, Hüte und Mappen. Verschiedene wurden auch zu Boden gerissen und getreten oder sonst verletzt.

Jedenfalls hatte dieser Vorfall die gute Folge, daß sich jetzt die Musensöhne in acht nahmen, in Begleitung ihrer Hunde im akademischen Hörsaal zu erscheinen.

*

Warum die Ochsen gegen den Fortschritt sind.

Als Pythagoras seinen berühmten Lehrsatz erfunden hatte, opferte er den Göttern hundert Ochsen. Seitdem zittern alle Ochsen, sobald eine neue Wahrheit ans Licht kommt.

Ludwig Börne.

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Buffon und die Ochsen.

Der große französische Naturforscher Buffon ging in einer Gesellschaft über Land spazieren, und man unterhielt sich ihm zu Ehren über naturwissenschaftliche Fragen. Als man an einer Viehweide vorbeikam, benutzte eine Dame die Gelegenheit, sich über eine Frage zu unterrichten, die sie offenbar schon lange beschäftigt hatte.

»Ach, Herr Professor,« fragte sie schüchtern, »was ist doch der Unterschied zwischen einem Stier und einem Ochsen?«

Buffon war etwas verblüfft über diese sicherlich nicht erwartete Frage. Endlich sagte er: »Sie sehen doch da die Kälbchen, mein Fräulein? Nun, die Stiere das sind ihre Väter, und die Ochsen das sind die Onkel.«

*

Heinrich Heine's Papagei.

Mathilde war schon verheiratet und wohnte in der Rue Bleue, als Heine, voll Eifersucht über die abgöttische Liebe seiner Frau zu ihrem Papagei, mir eines Tages sagte: »Ich werde ihn vergiften, aber sagen Sie ihr um Gottes willen nichts, ich hätte für immer bei ihr verspielt.«

Ich kaufte also Schirling und gab ihn ihm heimlich. An diesem Tag aßen wir zusammen außerhalb in einem Restaurant und gingen dann gemeinsam wieder heim; in Erwartung einer Szene hatte Heine mich gebeten mitzukommen.

Als Mathilde sah, daß ihr Papagei tot war, stieß sie einen schrecklichen Schrei aus, einen wahren Herzensschrei; sie wurde fast ohnmächtig und wälzte sich, ohne Rücksicht auf Heine und mich, auf dem Boden umher, schluchzte und schrie: »Nun bin ich ganz allein auf der Welt!«

Wir mußten lachen, »Was!« rief Heine, »ich bin dir also nichts?« Da sprang sie mit einem Satz auf, und in der Pose Alicens vor Bertram (in Meyerbeers »Robert der Teufel«) rief sie: »Gar nichts! Gar nichts!« Heine lachte immerzu; da ich eine heftige eheliche Szene voraussah – ich hatte ja schon manch solchem Handgemenge auf dem häuslichen Parkett beigewohnt – drückte ich mich.

Andern Tags war der Friede geschlossen, aber der Schrei: »Nun bin ich ganz allein auf der Welt!« der jäh aus ihrem Herzen hervorbrach wie ein Springquell aus einem Felsen, war noch Jahre hindurch das Thema unseres Tischgesprächs.

Mathilde erfuhr nie, daß ihr Gatte der Mörder ihres Papageis war; sie hätte es ihm nie verziehen. Heine aber kaufte ihr nach acht Tagen einen neuen; er war allerdings häßlicher und bedeutend billiger, und Mathilde war in ihn nicht so ausschließlich vernarrt wie in seinen Vorgänger.

Nach Alexander Weill. Aus: Houben: Gespräche mit Heine.

*

»Ist das Ihre Frau?«.

Der alte Menzel saß eines Tages im Huthschen Weinrestaurant, als ihn ein Ehepaar aus der Provinz, das man auf den berühmten Gast aufmerksam gemacht hatte, durch ziemlich ungeniertes Anstarren belästigte. Menzel nahm ruhig sein Skizzenbuch aus der Tasche und begann lebhaft zu zeichnen, wobei er aber immer wieder scharfe Blicke auf die Frau des Fremden warf, so daß es aussah, als ob er sie abzeichnete. Schließlich erhob sich der Herr und trat zu Menzel hin mit den Worten:

»Mein Herr, ich verbitte mir, daß Sie hier meine Frau abzeichnen!«

Menzel reichte ihm ruhig sein Skizzenbuch hin, auf dem eine behäbige Gans gezeichnet war, und fragte: »Ist das Ihre Frau?«

*

Allerlei Vieh.

Der Maler Schwind hatte eine sehr ungenierte Ausdrucksweise und warf bei all seiner Gutmütigkeit gern mit Schimpfworten um sich. Einmal saß er bei einer großen Festlichkeit mit einem Kollegen in einem Nebenzimmer, und die im Hauptsaal Versammelten hörten von Schwinds Unterhaltung immer wieder laute Kraftausdrücke, wie: Ochs, Esel, Hammel, Rindvieh.

Später fragte ihn jemand, was er denn für eine landwirtschaftliche Unterhaltung geführt habe. »Eine landwirtschaftliche Unterhaltung?« erwiderte er ernsthaft erstaunt. »Gott bewahre! Wir haben die ganze Zeit nur von Kunst gesprochen.«

*

Die Würmer.

Der Münchner Zoologe Professor Niederer war besonders versessen auf die Würmer. Das wußten die Studenten natürlich, paukten sich besonders gut auf die Würmer ein und versuchten beim Examen, ihre Kenntnisse an den Mann zu bringen.

Der erste Kandidat, Herr Weiberger, kommt herein, der Herr Professor fragt: »Was wissen Sie von der Schnepfe?«

»Die Schnepfe ist ein Waldvogel und nährt sich van Würmern. Die Würmer zerfallen in Regenwürmer, Bandwürmer, Spulwürmer, Madenwürmer – –«

»Gut,« sagte der Professor, »ich bin sehr zufrieden, Sie können gehen.«

Den nächsten Kandidaten fragte der Professor, was er vom Elefanten wisse. Der hat sich auf den Elefanten nicht vorbereitet und stammelt in größter Verlegenheit: »Der Elefant ist ein großes graues Tier, sehr groß, sehr grau und hat vorne einen Rüssel. Der Rüssel ist gekrümmt wie ein Wurm. Die Würmer zerfallen in Regenwürmer, Spulwürmer, Madenwürmer, Bandwürmer – –«

»Gut,« sagte der Professor, »auch mit Ihnen bin ich sehr zufrieden.«

Nun kommt der Kandidat Siegfried Morgenstern. Ihn fragt der Herr Professor, was er vom afrikanischen Wüstenhund wisse. Morgenstern hat natürlich keine blasse Ahnung, daß es solch ein Tier überhaupt gibt, legt aber frisch drauf los: »Der afrikanische Wüstenhund lebt in Afrika. In Afrika ist ein anderes Klima wie bei uns, da ist es bedeutend wärmer. Die Würmer zerfallen in Regenwürmer, Madenwürmer, Spulwürmer usw. usw. – –« und er war gerettet.

*

Cuvier und der Teufel.

Der berühmte französische Naturforscher Cuvier konnte an dem geringsten Merkmal eines Tieres, einem Zahn und dergleichen nicht nur das Geschlecht und die Klasse, in die es gehörte, sondern auch seine Lebensgewohnheiten und andere Eigentümlichkeiten erkennen. Einst ging er mit jemand in eine Gemäldeausstellung und fand dort unter anderm auch ein Bild, auf dem der Teufel so natürlich und abschreckend gemalt war, daß der Begleiter Cuviers unwillkürlich ausrief: »Man sollte meinen, er wollte einen verschlingen!« –

»Verschlingen?« erwiderte der berühmte Mann und sah den abgebildeten Teufel mit den Augen der Wissenschaft an. »Hörner? Huf? Gehört zu den grasfressenden Tieren. Sie brauchen sich vor ihm wirklich nicht zu fürchten!«

*

Das Tier im Menschen.

Der große französische Bildhauer Rodin hat sich öfters den Scherz geleistet, wenn er eine Porträtbüste anfertigte, dieser Büste irgendeine versteckte Ähnlichkeit mit einem Tier zu geben.

»Wenn ich einmal heraus hatte,« so erzählte er einem Freunde, »welchem Tiere sie glichen, so brauchte ich nur die Bestie aus dem Marmor hervorzuholen. So habe ich einen südamerikanischen Staatsmann, der einem Kondor glich, als Geier modelliert, ein amerikanischer Milliardär besaß einen Schweinerüssel, und ich habe ihn auch so verewigt.«

»Aber haben sich denn die Leute nicht beschwert?« fragte erstaunt der Freund. »Sie müssen sich doch beleidigt gefühlt haben?«

»Beleidigt? Wieso?« erwiderte Rodin lachend. »Bei den hohen Preisen, die ich ihnen machte, konnten sie gar nicht anders als die Bilder wundervoll finden!«

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Ein Schweinegespann.

Ein Mann, der ein kleines Gut unweit St. Alban in England besaß und von jeher als ein wunderlicher Kopf bekannt gewesen war, kam im Sommer 1813 nach St. Alban, als dort gerade Wochenmarkt war. Er reiste auf einem kleinen Wagen, den vier dicke Schweine zogen. In vollem Trabe kam er unter den Zurufen der Menge, die dieses Schauspiel herbeizog, und fuhr drei- bis viermal um den Marktplatz herum. Dann spannte er in einem Wirtshause aus und ließ seinen Schweinen Bohnen geben. Er blieb zwei Stunden in der Stadt und kehrte unter Hurrageschrei und Händeklatschen, das ihn bis vor die Tore begleitete, auf seine Besitzung zurück. Sechs Monate hatte er auf die Abrichtung der Schweine verwendet, die eine überraschende Geschwindigkeit bewiesen. Ein Liebhaber bot ihm für den Zug fünfzig Pfund Sterling, aber er schlug nicht ein.

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Brief eines Viehhändlers an einen Schlächter.

»Kapitales Vieh, Freund, hab' ich Ihnen aussortiert! Ochsen, Meister, bekommen Sie, daß einem das Herz im Leibe lacht: Kerls wie die Elefanten und gesund wie meine ganze Familie, die Sie herzlich grüßen läßt. Auf Jakobi erhalten Sie das Vieh in zwei Briefen, haben Sie ja selbst den Termin so bestimmt. Das Vieh ist mir wirklich ans Herz gewachsen und unter hundert fl. kann ich mich nicht davon trennen. Müssen aber auch nicht so genau sein, denn es gibt zwar Ochsen genug in dieser Welt, aber es ist ein großer Unterschied zwischen Ochsen und Ochsen. Windhunde, elende Ware gibt's darunter. Die Schweizerkuh, ganz so, wie Ihre liebe Frau sie im Märzmarkte bestellt hat, erhalten Sie mit angeschlossen. Auch Kälber sind bereits fertig, und ich kann mit gutem Gewissen schreiben, die Kälber sind recht honett und billig. Meine fetten Hämmel sind dieses Jahr lauter magere Schöpfe, weil die Hitze zu heiß und die Trocknis zu dürr war. Mit Schweinen gebe ich mich jetzt sehr wenig ab; übrigens können Sie mir doch in der Wurstzeit schreiben, wo ich Ihnen eine Partie von meinen Gedärmen überschicken will. Auch schreiben Sie mir von wegen der Ochsen, ob selbe vielleicht noch vor Jakobi kommen sollen, sonst behalte ich sie auf mein ehrliches Gewissen in Fütterung. Der kleine Irrtum mit der Partie Ochsenhörner auf Ihrer letzten Rechnung ist nicht meine Schuld. Meine Frau, die die Bücher führt, hat, ohne mich zu fragen, mir die Hörner aufgesetzt. Diesen Spaß hat sie mir schon mehrmals gemacht. Vermelden Sie viele Grüße an Ihre Frau und Kinder. Sie wiegen zirka neun Zentner und stehen bei dem Branntweiner Pfanzerl, wo die Bestien keine Not leiden, und ich die Ehre habe, immer zu verbleiben, Ihr wohlaffectionierter Ochs- und Viehhändler.«

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Die Tiere und ihr Feind.

Der Adler lauscht auf seinem Horst;
Der Keiler rauscht zum Kesselforst;
Das Kätzlein klinkt am Ast sich fest;
Der Wolf, er hinkt zum Felsennest;
Das Damwild streicht zum Dickicht ein;
Der Fuchs still schleicht zum Bau hinein;
Aufstutzt, hinflitzt das scheue Reh;
Die Löffel spitzt der Has' im Klee;
Die Ente duckt im düstern Rohr;
Das Fischlein guckt nicht mehr hervor´;
Und alles schweigt im Hinterhalt:
Der Mensch sich zeigt – geht durch den Wald.

Christian Scherenberg.

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Der Mensch und die Tierwelt.

Eine humoristische Naturbetrachtung von Wilhelm Groner.

So erhaben sich auch der Mensch neben den anderen Geschöpfen der Erde vorkommen mag, so hat er doch gerade von den Tieren äußerlich und innerlich viele Eigenschaften und Ähnlichkeiten übernommen. Ihn schmückt, wenigstens in der Jugend, eine Löwenmähne, und über seiner Adlernase befinden sich schöne Kuh- und manchmal auch Schellfischaugen, denen unter Umständen die beliebten Krokodilstränen entströmen. Sehr viele Menschen haben auch Hühneraugen, aber die befinden sich nicht im Gesicht. Eine weitere Zierde des auf einem Stiernacken ruhenden Kopfes ist die immer geöffnete Karpfenschnute oder der Schnabel, den sein Besitzer ebenfalls nie halten kann. Von da gelangt man über einen Schwanenhals und eine Hühnerbrust zu dem eigentlichen Körper, der mit einer Rhinozeroshaut bezogen ist. Häufig verwandelt sich diese in eine Gänsehaut. Im Innern des Körpers befindet sich bei dem einen ein Löwenherz, bei dem andern ein Hasenherz, und etwas darunter ein Straußenmagen, aus dem ein Wolfshunger aufsteigt. Durch die Adern fließt natürlich Fischblut. Als Gliedmaßen besitzt der Mensch zwei Gorillaarme mit Bärentatzen und Wurstfingern, ferner zwei Dackelbeine, mit denen er die berühmten Eselsfußtritte austeilt.

Seelisch gleicht der Mensch zunächst einmal einer ganzen Reihe von Säugetieren. Er ist geduldig wie ein Schaf, dumm wie ein Esel, schlau wie ein Fuchs, naß wie eine Katze. Er wedelt wie ein Hund, auf den er überhaupt gerne kommt, brummt wie ein Bär, den er sich täglich aufbinden läßt, arbeitet wie ein Pferd, säuft wie ein Igel, schläft wie ein Murmeltier, steht wie eine Ruh vor jedem neuen Tor, tanzt wie ein Esel, der aufs Eis gegangen ist, ist flink wie ein Wiesel, mutig wie ein Löwe, wütend wie ein Tiger und verkriecht sich wie eine Maus in ein Mauseloch, besonders wenn man ihn vorher ins Bockshorn gejagt hat. Kein Wunder, daß er die ganze Welt für ein Affentheater ansieht.

Aber in anderer Hinsicht scheint der Mensch entschieden nicht nur einen Vogel zu haben, sondern auch einer zu sein. Wie oft treibt er nicht Vogelstraußpolitik, legt seine Eier in fremde Nester und geht mit den Hühnern zu Bett! Er ist auch stolz wie ein Hahn, eitel wie ein Pfau, locker Wie ein Zeisig, dumm wie eine Gans, geschwätzig wie eine Elster, sanft wie eine Taube. Er stiehlt wie ein Rabe, setzt sich als Kibitz zu den Kartenspielern und bleibt sein Leben lang ein leichtsinniges Huhn, weshalb er schließlich meistens aussieht wie ein gerupfter Spatz.

Überhaupt gibt es wohl kaum ein Tier, dem der Mensch nicht einige charakteristische Eigenschaften gestohlen hat. Er ist klug wie eine Schlange, glatt wie ein Aal, rot wie ein Krebs, giftig wie eine Kröte, fleißig wie eine Ameise, flink wie eine Biene, blind wie ein Maulwurf und natürlich aufgeblasen wie ein Frosch. Er krümmt sich wie ein Wurm, hustet wie ein Floh, watschelt wie eine Ente, schnattert wie eine Gans, quakt wie ein Frosch und will immer gerne Hecht im Karpfenteiche oder Hahn im Korbe sein. Hat er im Trüben gefischt, sich eine Raupe in den Kopf oder einen Floh ins Ohr gesetzt und ist ihm dabei eine Laus über die Leber gelaufen, dann wird er wild wie eine Hummel und verschluckt vor Wut Kröten. Das höchste Ideal des Menschen ist es übrigens, wenn er wie eine Made im Speck leben kann. Aber das gelingt leider nicht jedem.

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Auf den Tod eines Affen.

Hier liegt er nun, der kleine, liebe Pavian,
Der uns so manches nachgetan.
Ich wette, was er jetzt getan,
Tun wir ihm alle nach, dem lieben Pavian.

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Der bissige Hering.

Ein Bauer, der in die Stadt gegangen war, hatte sich dort einen Hering gekauft. Wie er nun, mit diesem Hering in der Hand, auf ein Wirtshaus zuging, um ihn dort zu verzehren, schoß ein mutwilliger Straßenjunge mit einem Blasrohr so derb auf seine Hand, daß er aus Schmerz den Hering fallen ließ. In der Meinung, der Hering habe ihn gebissen, trat er diesem einige Male auf den Kopf, wobei er ausrief:

»Warte, warte, du Bestie, ich will dir das Beißen vertreiben!«

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Elefanten.

Ein Tischler sagte nach Anfertigung eines Büchergestells: »Ich habe es so eingerichtet, daß die Elefanten unten Platz haben.« Er meinte die Folianten.

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Esel und andere Eisenbahnpassagiere.

Ein Gutsbesitzer in Celle wollte seiner kranken Schwägerin in Berlin eine Eselin franko mit der Eisenbahn schicken. Aber die Bahnbeamten in Celle hatten für dergleichen Fracht keine Taxe und wollten daher den besagten Esel nur unfrankiert mitnehmen, damit der Fahrpreis in Berlin bestimmt würde. Der Versender gab seine Einwilligung dazu. Aber bei der Ankunft in Berlin wußte man auch nicht, was die Eselin bezahlen sollte, und folgte endlich dem Rat eines Eckenstehers, der, zum weiteren Transport des Esels ausersehen, die Verhandlungen mit angehört hatte und nun meinte:

»Natürlich muß er bezahlen, was die erste Klasse kostet, denn man sagt ja, wer in der ersten Klasse fährt, der ist ein Esel.«

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Beispiel.

Ein Bürger, der mit seinem kleinen Sohn spazieren ging, bemerkte eine Sau mit ihren Ferkeln und sagte belehrend:

»Sieh, mein Sohn, an diesen possierlichen Tierchen, was für närrische Geschöpfe wir in unserer Kindheit sind.«

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Die Hühner.

Jochem war in Berlin, wo er bei der Garde diente, allen landwirtschaftlichen Dingen gegenüber sehr vornehm geworden. Als er auf Urlaub kommt, fragt er seine Mutter: »Was sind das doch für Tierchen, Mutter, mit die fratzenhafte Gesichter?« – »I ja wat, Jung? Hohnder!« – »Hohnder? Mutter, was ist denn das Hohnder?« –

»No denn, Jung, Höhner, wenn der dat levver es! – Gott stand mer bei, wenn du noch e Iohr in Berlin blivst, sichste ding ohle Mohder für en Koh an.«

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Das mißverstandene Französisch.

Im Schönbrunner Garten in Wien stehen zwei Franzosen in der Menagerie an dem Gitter, das den Eisbären umschließt, und einer ruft: » Il s'élève!« –

Ein Wiener, der daneben steht, unterbricht sie belehrend: »Es is ka Löw, es is halt a Bär, meine Herrn!«

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Die beste Kuh.

Ein Milchmann wurde in der Nacht von einem Spaßmacher mit der Nachricht aufgeweckt, daß seine beste Kuh am Ersticken sei. Er sprang gleich aus dem Bett, um ihr zu helfen, fand sie aber ganz gesund. In der Brunnenröhre aber stak eine dicke Rübe.

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Anzüglich.

Ein Schäferknecht, der ein paarmal aus Furcht vor dem Wolf die Herde verlassen hatte, hörte am Sonntag in der Kirche die Worte: »Der Mietling fleucht, wenn er den Wolf siehet, denn er ist ein Mietling.« Schnell ging er hinaus, lockte seinen Hund und sagte:

»Komm, Fix, komm! He stichelt up uns.«

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Amphibium.

Lehrer: »Was ist ein Amphibium?«

Schüler: »Ein Tier, das sich teils auf dem Lande und teils – teils ...«

Lehrer: »Nun, teils?«

Schüler: »Und teils in der Stadt aufhält.«

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Vorstellung.

Ein Ochs war wild geworden und rannte durch eine Straße. Ein junger Mann, der sich vor dem Tier fürchtete, rettete sich in einen Porzellanladen und riß dort in seiner hast verschiedene Töpfe und Vasen um. »Verzeihen Sie, hier kommt ein Ochs!« entschuldigte er sich bei dem Ladeninhaber.

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Eine unangenehme Sache.

»Wo gehst du hin?« rief einem Metzger ein Freund zu, als jener eilig an ihm vorüberrannte.

»Laß mich«, erwiderte der Metzger. »Ich habe jetzt keine Zeit. Mir steckt ein Ochse in der Nase.«

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Die langlebigen Aale.

Ein Irländer sah in einem Wirtshaus einen Koch Aale zurichten, die sich noch bewegten, als sie schon ausgenommen waren. »Das muß ich sagen,« meinte er, »unter allen Tieren, die ich jemals gesehen habe, lebt der Aal am längsten nach dem Tode.«

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Tollheit.

Ein böses und häßliches Weib wurde von einem Hunde gebissen, und man stritt sich darüber, ob der Hund toll sei.

»Sicher war er toll«, meinte schließlich einer, »wer bei der anbeißt, muß toll sein.«

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Tierschutz.

Bekanntmachung: »Es wird hiermit Jedermänniglich verboten, sein Vieh mit brennenden Pfeifen oder brennenden Zigarren zu füttern. Schuldheißenamt Schildhausen.«

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Verstellung.

Einem Droschkenkutscher passierte etwas mit seinem Pferd, was ihm damit noch nie passiert war – das Pferd ging nämlich durch. Ohne die Zügel anzuziehen, saß er erstaunt da. Die Dame aber, die in der Droschke saß, wurde ängstlich und schrie: »Um Gottes willen, lassen Sie mich heraus!«

»Bleiben Sie ruhig sitzen«, sagte der phlegmatische Kutscher. »Ich kenne mein Pferd besser. Det ist nischt als Verstellung.«

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Zeitungsbericht.

»Der Hund war totgeschlagen, fing aber gleich darauf wieder zu schreien an.«

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Die Fliege.

»Herr Wirt, bringen Sie mir eine Flasche alten Rheinwein!« – »Jawohl.« – »Wie alt ist dieser Wein?« – »Er liegt schon fünfundzwanzig Jahre auf Flaschen!«

»So, dann hat sich aber diese Fliege gut gehalten, die noch lebendig darin herumzappelt.«

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Orthographie.

Eine Braut, die eine kleine Schwäche in der Orthographie hatte, ließ sich malen und schickte ihrem Bräutigam das Bildnis mit den Worten zu: »Kennst du diese Ziege?« Er nahm das Abbild der Züge seiner Holden dankbar an, äußerte aber, daß sie ihm in Lebensgröße lieber wäre als im Brustbild. Sie ließ sich nun, wie er gewünscht hatte, ganz malen und schickte ihm das Bild mit den Worten:

»Da hast du mich Gans!«

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Bekanntmachung.

In dem Jahresbericht des Hamburger Tierschutzvereins vom Jahre 1866 wird unter anderm mitgeteilt: »Ein Tischlerlehrling wird zu zwei Tagen Arrest verurteilt, welcher eine an einer Leine befestigte Katze so lange ins Flet tauchte und wieder herauszog, bis sie krepierte und sich dessen noch rühmte.«

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Noch eine Bekanntmachung.

»Bataillonsbefehl. Von morgen an sind alle Hunde, vom Feldwebel abwärts, in den Kasernen untersagt.«

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Kaninchenpoesie.

Im Ohlauer »Kreis- und Stadtblatt« liest man folgenden Glückwunsch: »Unserem hochverehrten Vorsitzenden Herrn Emil Arlt nebst Frau Gemahlin zu ihrer Silberhochzeit ein dreifach donnerndes ›Gut Wurf‹. Ohlau, den 21. Juli 1926. Kaninchenzüchterverein ›Einigkeit‹ für Stadt und Land Ohlau.« (Die Vereinsmitglieder wollten damit nur zum Ausdruck bringen, welchen guten Wurf ihr verehrter Vorsitzender getan, als er vor 25 Jahren die Gattin heimführte. Die Red.)

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Ein Bulle, wie er sein muß.

Das »westfälische Volksblatt« berichtet aus Kneblingshausen: »Unser Gemeindebulle setzt seinen Siegeszug fort, nachdem er im vergangenen Jahre auf der Wanderausstellung der deutschen Landwirtschaft zu Dortmund den Ia-Preis erhalten hatte. Jetzt wurde er in Leipzig mit dem I. Preis ausgezeichnet. Das ehrt die Gemeinde, besonders aber den Bullenhalter und vielleicht auch den Bullen selbst.«

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Viehzählung.

Eine süddeutsche Dorfgemeinde sandte folgende Meldung an ihre vorgesetzte Behörde:

»Gehorsamste Schafanzeige alle Frühjahr wegen der Schafzucht in der Gemeinde Oberburgfelden.

Es zeigt pflichtschuldig an, daß die Gemeinde heuer 197 Schafe stark ist, worunter nur ein räudiger Hammel

der gehorsamste Gemeindevorsteher Rase

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Eine Eselsfrage.

Richter: »Freund, Ihr seid ein Esel.«

Beklagter: »Herr Richter, bin ich Ihr Freund, weil ich ein Esel bin, oder bin ich ein Esel, weil ich Ihr Freund bin?«

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Ballgespräch.

»Fräulein Else, möchten Sie wohl ein Schwan sein?«

»Ach nein, so den ganzen Tag mit dem Bauch im kalten Wasser, das möcht' ich doch nicht!«

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Ankündigung.

In einem kleinen Städtchen ist ein Menageriebesitzer angekommen und meldet an den Anschlagzetteln unter anderem:

»Das Nähere ist an der Kasse bei den wilden Tieren zu erfahren.«

Ein anderer, dessen Frau mit einer eigenen Menagerie für sich herumreiste, vereinigte sich wieder mit ihr und kündigte nun an:

»Durch das Zusammentreffen mit meiner Frau hat sich meine Menagerie bedeutend vermehrt.«

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Gerechte Entrüstung.

Ein Bauer steht verwundert vor der Elefantenapotheke still und sagt: »Elefantenapotheke, nee, dat is doch schändlich! Bi uns hefft se in all de drei Buurdörper nich mal en Apthek for de Minschen, un hier in de Stadt hefft se sogar eene for de Elefanten.«

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Die Hauptsache.

Ein Kutscher einer reisenden böhmischen Herrschaft trat, als diese bei Tische saß, in den Speisesaal, um sich zu erkundigen, ob sie zur Abfahrt bereit sei, und meldete: »Ew. Gnaden, Pferd meinige haben's schon fresse. Wann Sie haben's auch, kann me weiterfahren.«

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Der Ausrufer.

Vor einer Menagerie stand ein Ausrufer und lockte die Leute an: »Immer herein, meine Herren und Damen! Die seltensten Tiere sind hier zu sehen: Tiger, Eisbären und wilde Löwen! Jeder zahlt nur fünf Groschen und kann sich nicht besser unterhalten, indem alles anstaunenswürdig ist! Kinder und Leute ohne Geld zahlen die Hälfte!«

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Schlaukopf.

»Onkelchen, zieh' mal Bobbi am Schwanz.«

»Warum denn?«

»Ich will mal sehen, ob er beißt.«

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Das Ichneumon.

In einem Eisenbahnzug fuhr ein Mann mit einem verdeckten Kasten, in dem offenbar etwas Lebendiges steckte. Endlich fragte ihn einer der Mitreisenden: »Sagen Sie einmal, was haben Sie eigentlich in dem Käfig?«

»Hm«, machte der Mann geheimnisvoll. »Das ist nämlich eine sehr merkwürdige Geschichte. Ich habe also einen Bruder, der hat Delirium. Und wenn er nun einen Anfall bekommt, dann sieht er immer weiße Ratten. Darum hab' ich ihm ein Ichneumon gekauft, das soll nämlich die Ratten wegfressen.«

Eine Weile schwieg der andere mit sehr nachdenklichem Gesicht. »Aber erlauben Sie mal«, sagte er endlich. »Wenn Ihr Bruder Delirium hat, dann sind das doch keine richtigen Ratten, die er sieht.«

»Weiß ich«, sagte der Mann mit dem verdeckten Käfig. »Es ist aber auch kein richtiges Ichneumon, sondern ein Eichkätzchen.«

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Naturkunde.

»Was, das soll ein Zebra sein? Das ist doch nur ein weißes Pferd, wo sind denn die schwarzen Streifen?«

»Die hat es früher auch gehabt. Aber dann paßten sie ihm nicht mehr, und da ging es an einen Gummibaum und hat sich die Streifen ausradiert.«

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Die Unterhaltung mit dem Gaul.

Mein Peter war ein guter Pferdewärter, aber er hat nie ein Wort mit dem Pferde gesprochen.

»Peter, du mußt mit dem Gaul reden,« sagte ich zu ihm, »der Gaul versteht jedes Wort.«

Am nächsten Tage höre ich aus dem Stalle eine heftige Debatte über die fünfte Kriegsanleihe.

»Ja, was ist denn das?«

»Ich lese der Eisel gerade die Zeitung vor, Herr Hauptmann.«

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Vor dem Elefantenkäfig.

Mutti steht mit ihrem Söhnchen vor dem Elefantenkäfig. Aber Jumbo, der Riese, ist schließlich auch nur –, kurzum, es passiert ihm etwas Menschliches.

Mäxchen beobachtet den Vorgang mit dem Interesse eines Gelehrten. Nach einer Weile bemerkt er schließlich:

»Ich dachte, aus dem Elefanten kommen bloß Billardkugeln ...?«

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Im Zoologischen Garten.

»Die Känguruhs sind ja heute so merkwürdig still. Die springen gar nicht so wie sonst.«

»Vielleicht ist heute grade ein Känguruhetag!«

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Zebrareiten.

Im Zoo darf der kleine Emil Zebra reiten. Als die kleine Ilse es sieht, pipst sie: »Mutti, auch Zebra reiten!«

Mutti wimmelt ab: »Nein, mein Kind, das ist zu teuer.«

»Mutti, kannst du nicht einen Einstreifer nehmen?«

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Die Fischotter.

»Was ist denn das für ein Tier?«

»Nun, eine Fischotter.«

»Eine Fischotter? Was frißt denn die?«

»Nun, die frißt Fische.«

»Fische? Und ganz roh?«

»Ja, wer soll sie ihr kochen?«

»Das ist aber auch wahr.«

*

Vom Papagei.

»Mausi, ein so großes Stück Zucker kann der Papagei nicht mehr beißen. Am Gitter steht, daß er schon dreiundsiebzig Jahre alt ist.«

»Aha, dann ist er ein Großpapa – gei!«

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Ängstlich.

Mutter: »Geh' nicht so dicht an den Eisbären, mein Kind, du bist schon sowieso erkältet!«

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Im Aquarium.

»Vater, hier liejen ja alle Krokodile uff'n Sand. warum jeh'n denn die nich in't Wasser?«

»Dämlack, det is doch keen Wasser. Det sind doch die Krokodilstränen.«

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Der Kiwi-Kiwi.

Kathederweisheit: Der Kiwi-Kiwi ist ein merkwürdiger australischer Vogel. Er besitzt sehr dicke, ganz kurze Füße, nistet in Erdlöchern, bleibt tagelang bewegungslos und geht mit Riesenschritten seiner Ausrottung entgegen.

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Die Wiener Krebse.

Eine empfindsame Frau aus Norddeutschland war nach Wien gezogen und sah eines Tages, wie ihre Köchin Krebse in kaltem Wasser auf den Ofen setzte und langsam kochte. Entsetzt machte sie ihr Vorwürfe über eine solche Grausamkeit.

»Ach, Eure Gnaden«, antwortete die Köchin. »In Berlin mag das den Krebsen vielleicht weh tun, aber die Krebse bei uns z' Wien sind das schon gewohnt!«

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Hundebericht.

Um die Mitte des vorigen Jahrhunderts wurde in Baden eine Hundezählung veranstaltet, und die Behörden der einzelnen Bezirke mußten über die Hunde allerlei Berichte einsenden. Ein Ortsvorsteher schrieb in dem seinigen: Untertänigster Hundebericht. Der Verwalter – ein Hund. Der Doktor – ein Hund. Der Schullehrer – ein Hund. Zusammen drei Hunde.

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Kynologisches.

»Ein herrlicher Seidenpinscher, mein Herr.«

»Was, dieser Köter?«

»Na, zum mindesten prima Halbseide, mein Herr!«

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Tierkenner.

»Die Krammetsvögel schmecken ganz sonderbar!« »Na, wer weiß, von welchem Gaul die stammen!«

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Der verdächtige Hase.

Ein Sachse erhielt in einem Restaurant einen ziemlich anrüchigen Hasenbraten.

»Hären Se mal«, sagte er entrüstet zum Kellner. »Das Dierchen muß Sie in was hineingetreten sein!«

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Ein gefährliches Tier.

Lehrer: »Ich habe euch jetzt von der Klapperschlange erzählt. Wer kennt ein ähnliches Tier, dem man ebenfalls nicht trauen kann?«

Schüler: »Der Klapperstorch, Herr Lehrer.«

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Vor dem Damenabteil.

Schaffner: »Sie dürfen den Mops nicht mit in das Damenabteil nehmen!«

Dame: »Aber ich bitte Sie, es ist doch ein Weibchen!«

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Andere Zeiten.

»Bessere Zeiten waren damals schon«, sagte ein Fuhrmann zu seinem Gast. »Sehen Sie, mit diesem selben Gaul bin ich vor fünfzehn Jahren eine Strecke in zwei Stunden gefahren, für die er jetzt die doppelte Zeit braucht.«

*

Der Ochse.

Ein Professor der Chemie hatte im Kolleg eine elektrische Batterie gefüllt und sagte zu seinen Hörern: »Sehen Sie, meine Herren, die Füllung dieser Flasche ist so stark, daß sie imstande ist, einen Menschen zu töten und einen Ochsen zu betäuben.«

Der Professor kam bei diesen Worten der Batterie zu nahe, sie entlud sich, und er fiel zu Boden. Die Studenten sprangen hinzu, um ihm beizustehen, aber es war nicht nötig; denn mit den Worten:

»Gott sei Dank, ich war nur betäubt!« raffte sich der Professor wieder auf.

*

Ein merkwürdiges Tier.

»Dieses Rindvieh«, schimpfte ein Chef über seinen Angestellten. »Der Affe weiß, daß er ein Ochse ist, und doch bleibt er ein Esel, dieser Stockfisch!«

*

Am grünen Strand der Spree –.

Erster Fisch zum zweiten (während sie um den Angelhaken herumschwimmen): »Halt' du einmal mit der Schnauze das obere Ende des Hakens fest, während ich den Köder abfresse.«

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An Berliner Ufern.

»Ick angle heute mit eingeweckte Regenwürmer.«

»Na, denn fängste vielleicht lauter Ölsardinen.«

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Logik der Großstadt.

»Du, Albert, warum trägt die Kuh denn eene Glocke um den Hals?«

»Weeßte, Aujuste, det liejt so im Jeschäft, Bolle bei uns bimmelt doch ooch immer!«

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Definition.

»Ein Pferd ist ein Pferd, aber ein Berliner Droschkengaul ist ein Pferd, das am Tage auch nicht viel schneller läuft, als es nachts im Stalle steht.

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Großstadttiere.

»Was macht ihr denn mit eurem Tombolagewinn?«

»Wir nennen unser Ferkelchen Bobby, und es soll in der Badewanne wohnen. Da können wir's immer schön sauber halten!«

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Bescheidene Zeit.

»Früher waren zwei Schafe nötig, um eine Frau zu bekleiden.«

»Und heute?«

»Genügt eine Seidenraupe!«

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Kenner.

»Sind das auch wirklich Gänse, Schatzi?«

»Keine Angst, Liebling – Störche treten nie in Herden auf!«

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Bedenken Sie!.

»Ich habe vor acht Tagen eine Lachtaube bei Ihnen gekauft. Sie hat aber noch nicht gelacht.«

»Bedenken Sie doch die traurige Zeit, in der wir leben!«

*

Berliner Tierkunde.

»Teddy, was hat dir denn im Zoo am besten gefallen?«

»Der Elefant mit'n Staubsauger!«

*

Naturkunde.

»Die Fische können im Wasser hören und sehen. Was haben sie noch für Eigenschaften?«

»Wenn sie lange liegen, dann riechen se auch!«

*

Die Eier.

»Liebe Frau, die Eier sind dieses Jahr alle nicht größer!«

Die junge Hausfrau: »Ach nein, Sie sollten lieber dem Bauer einmal sagen, daß er seine Hühner länger darauf sitzen läßt!«

*

Philosophie.

»Ich sag' Ihnen, das ganze Dasein ist eine Menagerie. Gestern hatte ich das Hundeleben einmal satt und kaufte mir einen Affen, aber als ich damit nach Hause kam, wurde meine Frau, der alte Drache, zu einer reinen Hyäne und jagte mich ins Bockshorn. Und heute morgen hatte sich mein Spitz in einen ekligen Kater verwandelt, und ich mußte mir schleunigst einen sauren Hering zu Gemüte führen.«

*

Mucki.

»Sehr nett von Frauchen, daß sie mich beschirmt, hoffentlich denkt sie auch an die Mauerecken!«

*

Nur einen –.

»Hans, wie kommt es, daß dein Aufsatz über den Hund genau den gleichen Inhalt hat wie der von deinem Bruder?«

»Herr Lehrer, wir haben nur einen Hund.«

*

Der Hasenmörder.

»Halt – oder ich schieße!«

*

Eine rätselhafte Geschichte.

Ein armer Häusler besaß ein Kaninchen und ein Huhn, die er des Nachts zusammen in einen Kasten steckte. Eines

nachts nun wurden die beiden Tiere heimlich gestohlen. Lange betrachtete des Morgens der Häusler seinen leeren Kasten und sagte dann endlich gedankenvoll:

»Nun möchte ich wirklich wissen: hat das Kaninchen das Huhn gefressen, oder das Huhn das Kaninchen?«

*

Die wilde Tierschau.

Nach dem Kriege wurden verschiedene Ämter aufgelöst und die darin Angestellten entlassen. Einer fand endlich bei einer reisenden Menagerie eine Stelle als Orang Utang, das heißt, er wurde in ein Affenfell gesteckt und mußte Sprünge machen. In seinem Eifer, es recht gut zu machen, geriet er im Schwung über eine Gitterwand in einen Nebenkäfig, in dem sich ein reißender Tiger befand. Zitternd befahl er seine Seele dem lieben Gott, bis der Tiger, statt sich auf ihn zu stürzen, ihm leise zuflüsterte:

»Mensch, hab' keine Angst, ich bin auch, ein abgebauter Angestellter!«

*

Die Tiere und der Weltkrieg.

Das Pferd, die Kuh und der Esel stritten sich, wer wohl von ihnen die größten Verdienste im Kriege erworben habe.

»Natürlich ich!« sagte das Pferd, »wer hat all die Wagen nach vorne geschleppt? Wer brachte Munition heran? Wer die Lebensmittel bis nahe an die Schützengraben?«

»Na, da bin ich doch viel wichtiger gewesen!« meinte die Kuh. »Ohne mein Fleisch und meine Milch wäre die Armee bald verhungert, und aus meiner Haut hat man noch das Leder für die Soldatenstiefel gemacht!«

»Nun schweigt aber alle beide!« rief der Esel, »wenn ich nicht schon lange vorher in der Regierung gesessen hätte, wäre der Krieg gar nicht ausgebrochen!«

*

Noch ein Tierwitz aus dem Kriege.

»Warum herrschte im Kriege solche Fleischnot?« »Weil die Hammel alle an der Front, die Kälber im Schützengraben, die Schweine in der Etappe und die Ochsen in der Regierung waren.«

*

Das Tier im Menschen.

»Außer den Schmerzen fehlt mir ja eigentlich nichts, Herr Doktor. Ich arbeite wie ein Pferd, esse wie ein Wolf, bin abends müde wie ein Hund und schlafe wie eine Katze.«

»Ja, dann hätten Sie aber wirklich besser zu einem Tierarzt gehen sollen.«

*

Merkwürdige Tiere.

»Vater, was sind eigentlich Blumento-Pferde?«

»Solche Pferde gibt es nicht!«

»Aber hier steht doch in der Zeitung: Blumentopferde billig abzugeben.«

*

Allerlei Tiere.

Ein Tierstimmenimitator verpflichtete sich die Stimme jeden Tieres nachzuahmen, und bat das Publikum, ihm Namen von Tieren zuzurufen, deren Stimmen er nachahmen sollte. Auf diese Weise kopiert er Pferde, Kühe, Löwen, Schweine. Plötzlich aber ruft jemand aus dem Publikum:

»Machen Sie mal eine Ölsardine nach!«

*

Musik.

Aus: Schnipp Fidelius Adelzahn.
Ein Dackelroman von Svend Fleuron, Verlag E. Diederichs, Jena.

Wie gemütlich es bei ihnen war in der warmen Stube an den langen traulichen Frühlingsabenden! Bis der Augenblick kam, wo der musikalische Auditeur sich, um seine stark im »Gesetz für die dänische Kriegsmacht« befangenen Gedanken zu zerstreuen, den ergreifenden Genüssen der Musik hingab.

Wenn Schnipp sah, wie Flöng mit einem Satz vom Stuhl auffuhr, unter gedehntem, behaglichem Gähnen die Arme zur Decke reckte und dann im Wirbel durchs Zimmer bis zur Wand tanzte, wo der große und kleine Kasten mit den eingeschlossenen Katzentönen stand – dann wußte Schnipp Bescheid und rollte sich noch fester zusammen.

Setzte sich der Auditeur an den Flügel, den Kasten, in dem die vielen unsichtbaren und unriechbaren Katzen wohnten, und von dem das zuweilen überwältigende Katzenkonzert – je nachdem es seinem Herrn gefiel, den verschiedenen Katzen mehr oder weniger hart ihre empfindlichen Pfoten zu klemmen – ausging, so konnte er sich einigermaßen beherrschen. Diese Katzen sangen und miauten zwar auch unangenehm, aber sie reizten ihn doch nicht so, daß es ihm physisch unmöglich war, nicht mitzuheulen.

Schlimmer war es, wenn sein lieber Herr, der eine unselige Neigung für Violine hatte, hinging, den kleinen Kasten aufschloß und mit einem Stock begann, hohe, fauchende und kreischende Töne aus dem Buckel eines unglücklichen, alten, rotfunkelnden Katers herauszureiben, während er auf die unbarmherzigste Art das Tier liebkoste, indem er den hinteren Teil an seine Wange legte und es in die langen Ohren kniff – dann rumorte Schnipp in seinen Kissen, wie eine Maus im Wochenbett; er bohrte sich tief unter die Kissen, wälzte sich in ihnen herum und warf sich in immer rundgehenden Spiralen um seinen Mittelpunkt – bis der Bogen auf das hohe E flog und der armen, gemarterten Miez ihr schneidendstes, disharmonischtes Kreischen entlockte. Da verzichtete er darauf, seinem Väterchen noch länger gefügig zu sein; die Natur ging über die Zucht, er flog aus dem Korbe heraus, schüttelte die Kissen von sich ab, setzte sich auf seine Rute und heulte mit.

Unabweisbar sauste dann der Bogen blitzschnell von der E-Saite auf seinen Rücken herab; ja wenn sein Eingriff in das Andante allzu deplaciert gewesen war, bekam er sogar noch ein paar regelrechte Ohrfeigen dazu – und er erwachte zur Besinnung, fuhr ins Schlafzimmer hinein und versteckte sich unter dem Kleiderschrank. Hier genoß er dann von weitem den Rest von Beethoven.


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