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Die Gewürze.

Unsere wichtigsten Nahrungsmittel wie reines Eiweiß, reine Stärke, reines Fett sind geschmacklos und nur durch Hinzugabe von Gewürzen ist es uns möglich, diese unbedingt notwendigen Nahrungsmittel mit Wohlbehagen zu genießen.

Der Zucker ist Nahrungsmittel und gleichzeitig Genußmittel.

Das Kochsalz ist Nahrungsmittel und Genußmittel; kein Mensch kann ohne Kochsalz leben. Das Salz ist ein nie fehlender Bestandteil des Blutes. Alle pflanzenfressenden Tiere haben Heißhunger nach Salz; aber die Tiere, welche nur Fleisch fressen, haben kein Salz nötig, weil sie das salzhaltige Fleisch und Blut der gefangenen Tiere aufnehmen und so für ihren eigenen Körper genug Kochsalz aufnehmen.

Je reiner das Salz ist, um so schöner für den Tisch. Dann bleibt es auch längere Zeit trocken. Ein feucht werdendes Salz ist nicht genug gereinigt.

Manchmal hört man auch die Ansicht vertreten, die eine Sorte Salz sei kräftiger wie eine andere. Das ist eine falsche Ansicht, Salz ist Salz, und wenn man eine Speise mit abgewogenen Mengen Salz würzt, so wird nachher Niemand herausschmecken, ob man die eine oder die andere Sorte Salz benutzt hat.

Den Würzstoffen unserer Speisen sind auch folgende zuzuzählen, welche alle auf dem Wege des Reflexes die Verdauungsthätigkeit erhöhen.

Zucker, Kochsalz, scharfschmeckende Substanzen und ätherische Oele und Weine regen, auf die Zunge gebracht, die Sekretion der Speicheldrüsen und die Abscheidung des Magensaftes an. Aus diesem Grunde trinkt man vor größeren Mahlzeiten ein Glas starken Wein oder eine Tasse Bouillon oder man ißt ein Schnittchen mit Caviar.

Als wirkliche

Genußmittel

bezeichnet man die Substanzen, welche erst nach Aufnahme in den Blutkreislauf ihre Wirkung auf das Nervensystem ausüben können. Hierher gehören alle alkoholhaltigen Getränke, Kaffee, Thee und Tabak. Diese charakteristisch wirkenden organischen Stoffe könnte man passend als Nervenreizmittel bezeichnen und sind sie in vernünftigem Maaße benutzt keineswegs als etwas durchaus Schädliches zu bezeichnen.

O. Funke giebt seiner Ansicht folgenden treffenden Ausdruck:

»Es ist thöricht und unberechtigt, auch den bescheidensten Genuß der genannten Reizmittel zu verwerfen. Man braucht sie nicht damit in Schutz zu nehmen, daß der Trieb, sie in irgend welcher Form sich zu verschaffen, wiederum der Ausfluß eines untilgbaren Menscheninstinktes ist, der sich zu allen Zeiten und bei allen Völkern geltend gemacht hat.

Man braucht sich nur zu fragen: »Muß denn unsere Maschine, wie das Pendel der Uhr, immer in demselben monotonen, langweiligen Tempo arbeiten? Was schadet es ihr denn, wenn sie von Zeit zu Zeit mit etwas stärker gespanntem Dampf etwas rascher pumpt, sobald sie nur in den darauffolgenden Intervallen bei langsamerer Arbeit die kleine Luxusausgabe von Kraft aus dem genügenden Vorrat wieder einbringen und etwaige kleinere Defekte ihres Mechanismus wieder ausbessern kann?« Wahrlich, manche leuchtende, fruchtbringende Idee ist schon aus einem Römer duftenden Rheinweines geboren, welche vielleicht nie den nüchternen Wasserkrügen der Vegetarianer entstiegen wäre; manch bitteres Herzweh, das bei Himbeerlimonade tiefer gefressen hätte, hat ein Schälchen Kaffee gemildert; manche Sorge, manche Grille hat sich mit dem Rauch einer Zigarre verflüchtigt und das ist doch auch etwas wert in so mancher armseligen Menschenexistenz.«

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Gewürze!

Es giebt eine Anzahl Kräuter, Samen und Früchte, welche sich im Haushalte eingebürgert haben ohne jedoch Nahrungsmittel zu sein. Diese Pflanzenteile haben einen auffallenden Geruch oder Geschmack und deshalb benutzt man sie um Speisen mit diesem Geschmacke zu durchtränken.

Diese Gewürze gehören zu den Genußmitteln und sind deshalb von größter Bedeutung für den Wohlgeschmack unserer Hauptnahrungsmittel. Das was wir im Allgemeinen als Geschmack bezeichnen ist vielmehr ein Riechen wie ein Schmecken und wer einen tüchtigen Schnupfen hat wird finden, daß auch der Geschmack der Speisen sehr nachgelassen hat.

Für alle Kuchen und Puddings hat sich nun Zitronen und Vanille am meisten eingeführt. Von der Zitrone reibt man die gelbe Außenhaut mit dem aetherischen Oele ab und verwendet nach Belieben.

Die Vanille-Schoten zerstößt man mit Zucker oder kocht sie mit Milch aus. Da nun die Vanilleschoten sehr teuer sind, so hat sich in letzter Zeit Vanillin-Zucker eingeführt und die kleinen 10 Pfg. Päckchen, welche von Dr. Oetker versandt werden, finden immer mehr den Beifall der Hausfrauen.

Was man früher mit 50-75 Pfg. bezahlen mußte, erhält man jetzt für 10 Pfg. Es giebt kaum einen anderen Küchenartikel, welcher sich so schnell eingeführt hat. Um Puddings, Getränke, Saucen, Kuchen etc. mit dem prächtigen Vanille-Aroma zu versehen, braucht man nur von diesem Vanillin-Zucker unterzurühren.

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