Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Die Liebe höret nimmer auf

Zum Totenfest

Verklungene Lieder, verblaßtes Blau, –
wie kühl der Wind und die Welt wie grau!

Die letzte Rose am Hag verblüht,
ein Tränenregen vom Himmel sprüht.

So schal und dunkel des Jahres Rest –
die Glocken läuten zum Totenfest.

Der Mund, der schmeichelnd dich einst geküßt,
ward kalt und stumm, nun du elend bist –

der Arm, der schützend dein Haupt umschlang,
er ruht im Grabe und modert lang, –

und das Aug', das lächelnd das deine traf,
nun schläft es den tiefen, den ewigen Schlaf. –

Und was dich freute, und all, was dein,
das sollt für immer verloren sein?!

Was irdisch, wurde der Erde Raub;
bekränze den Hügel, – den Staub zum Staub.

Dann aber den tränenden Blick hinauf:
»Die Liebe, sie höret nimmer auf!«

Wer heiß geliebt und wer hoch gestrebt,
der ist nicht begraben und tot, der lebt –

Das Samenkorn, das wir der Erde vertraut,
wird keimen, sobald der Himmel blaut,

Und das Auge, das heut in Schmerzen weint,
wird lächeln, wenn wieder die Sonne scheint.

O Tag der Toten, du Tränentag:
Wie trüb der Himmel auch scheinen mag,

wie tief auch Hügel und Tal verschneit:
Ich glaub an die kommende Frühlingszeit, –

ich schlage das Auge zum Licht hinauf
und weiß: Die Liebe hört nimmer auf!


 << zurück weiter >>