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Einleitung.

Wer nur irgendwelches Gedächtnis für die bekannten Rechtsfälle hat, die fünfzehn bis zwanzig Jahre zurückliegen, muß sich wenigstens dem Namen nach des außergewöhnlichen Nachlaßprozesses erinnern, der »Johnson kontra Johnson und Genossen« hieß, das Gericht mehrere Wochen hintereinander beschäftigte und in ungewöhnlichem Maße das öffentliche Interesse in Anspruch nahm. Der Fall selbst war durch die ungeheure Menge von Beweismaterial, das der Kläger beibrachte, auffallend, und zwar überraschte dies Beweismaterial die andere Partei vollkommen und warf ihre Rechtssache um wie ein Kartenhaus. Vielleicht erinnert man sich wohl des Falles, weniger aber dessen, daß bei dieser Gelegenheit die Londoner Rechtsanwaltsfirma Smith & Cunning sich zu ihrer jetzigen Bedeutung erhob, ein Erfolg, den die beiden Verteidiger der wunderbaren Fähigkeit verdankten, augenscheinlich aus dem Nichts heraus solch niederschmetterndes Beweismaterial zu finden, das dem Kläger, als dessen Anwälte sie auftraten, in so überzeugender Weise zunutze kommen sollte. Daß die Firma den damals erworbenen Ruf aufrechterhalten, ja noch verbessert hat, braucht kaum erwähnt zu werden, ihr Name ist allbekannt. Aber nicht viele aus dem großen Publikum wissen, daß der ganze Erfolg im Grunde einem jungen Angestellten der Firma Smith & Cunning zu verdanken war, dem die anscheinend verzweifelte Aufgabe zugefallen war, für diesen Fall das Beweismaterial zu sammeln.

Martin Hewitt hatte dafür volle Anerkennung in Wort und Tat von seinen Chefs und deren Klienten geerntet, und mehr als eine Rechtsanwaltsfirma machte Hewitt glänzende Anerbieten, um ihn zu bewegen, seine Stellung zu wechseln. Er beschloß aber, in Zukunft unabhängig zu arbeiten, da ihm der Gedanke gekommen war, ein regelrechtes Geschäft daraus zu machen, indem er für Klienten, die seine Hilfe wünschten, in der Weise arbeitete, wie er es soeben mit auffallendem Erfolg für die Herren Smith & Cunning getan hatte. Das war der Anfang der privaten Detektivtätigkeit von Martin Hewitt, und seine damalige Handlungsweise ist durch die großen Erfolge, die er inzwischen errungen, voll und ganz gerechtfertigt.

Er führt sein Geschäft auf so einfache Weise wie möglich und lehnte stets professionelle Hilfe ab, da er es vorzieht, nur so viele Aufträge auszuführen, als er selbst bewältigen kann. Er behauptet, auf diese Art nicht zu verlieren, da das Zurückweisen eines Falles den Wettbewerb um seinen Beistand vergrößert und sein Honorar auf natürliche Weise steigert. Andererseits könnte es niemand besser verstehen, gelegentliche Hilfskräfte am rechten Platz zu verwenden.

Sein »System« hat immer allgemeine Neugier erregt, und weil er ständig behauptet, kein System zu haben, außer dem kritischen Gebrauch alltäglicher Fähigkeiten, beabsichtige ich, ein paar seiner interessantesten »Fälle« zu veröffentlichen, damit das Publikum selbst urteilen kann, ob Hewitts »alltägliche« Fähigkeiten wirklich ganz so alltäglich sind.

Trotz seiner Liebenswürdigkeit hat er (vielleicht aus Berufsinteresse) nur wenig Freunde. Ich selbst machte durch einen Zufall seine Bekanntschaft. Bei einem in unserem gemeinsamen Wohnhause – in dem er auch sein Bureau hatte – ausgebrochenen Feuer rettete ich ihm wichtige Papiere, und die so begonnene Bekanntschaft hat lange Jahre angehalten und ist zu einer festen Freundschaft geworden.

Ich betrachte Sie, Brett, sagte er zu mir, als den merkwürdigsten aller lebenden Journalisten. Nicht weil Sie besonders gescheit sind – ganz unter uns geben Sie hoffentlich zu, daß Sie das nicht sind –, sondern weil Sie mich und meine Tätigkeit nun schon eine ganze Weile kennen, ohne etwas von meinen Geschäftsgeheimnissen zu verraten. Ich fürchte, es gibt unternehmendere Journalisten, als Sie einer sind, Brett. Nun sollen Sie aber doch etwas schreiben dürfen, wenn Sie es der Mühe wert halten.

Das alles sagte er in seiner netten, gutmütigen Art, die einen Fremden, der ihn sich als grimmigen Entdecker von Geheimnissen und Verbrechen gedacht, gewiß überrascht hätte.

Ich hielt es der Mühe wert, einige seiner Entdeckungen aufzuzeichnen, die ich nun hier der Oeffentlichkeit übergebe.


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