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Zweite Abteilung.
In Berlin. 1825-1826.

Berlin, den 10. September. Morgens ging ich sogleich zu Amalie, die mich schwesterlich empfing, auch ihre Kinder begrüßten mich wie eine alte Bekannte. Bror ist hochaufgeschossen und sieht gut aus, aber doch nicht so, wie er es in seiner Kindheit versprach, er hat noch etwas von den Flegeljahren in seiner Haltung. Sehr herzlich schloß er mich in seine Arme, die siebenjährige Dora gleicht mehr ihrem Vater als ihrer Mutter.

Bald darauf kam Helvig herein, ebenso gerührt wie erfreut, mich wiederzusehen. Er ist derselbe geblieben, nur etwas beleibter geworden. Später begleitete Amalie mich in die Wohnung, die Helvig mir in ihrer Nachbarschaft ausgesucht hat. Sie schien mir recht wohlfeil, 18 Taler im Monat, aber als wir hinkamen, war ich recht enttäuscht – zwei dunkle Treppen, und das schlimmste von allem, ein unangenehmer, zänkischer Hauswirt, der für einen Monat Bezahlung verlangte, wenn ich die Zimmer nicht behalten wollte. Ich hätte sie gerne erlegt, wenn ich nur etwas Besseres hätte bekommen können, allein die Zimmer sind hier sündhaft teuer. Als ich in das Hotel zurückkam, hatte sich Lindblad seinerseits nach Logis für sich umgesehen, aber nichts anderes finden können als höchst elende Löcher, oder auch sollte er acht bis zehn Taler monatlich für eine einzige Stube bezahlen. Ich beschloß daher, doch gleich zu dem unangenehmen Patron Röligk zu ziehen, zwei Treppen hoch, Ecke der Friedrichs- und Rosmarinstraße, um doch nicht für zwei Wohnungen Miete bezahlen zu müssen, und bis auf weiteres Lindblad ein Zimmer von den dreien, die ich habe, zu überlassen. Eine Tür zwischen den Zimmern, die in denselben Flur münden, läßt sich versperren. Dies ist das Klügste und eine Ersparnis für uns beide. Ich bezahle 13 und er 5 Taler. Um 1 Uhr kam Geijer in das Hotel nach, wo ich nun zum letzten Male mit meinen lieben Reisekameraden zu Mittag aß, und wir tranken zum Abschied eine Flasche Champagner. Nachmittags half mir Helvigs Bedienter beim Umzug, und ich ergriff von meiner neuen Wohnung Besitz.

Dann ging ich mit Helvigs und meinen Herren in den Tiergarten, eine schöne nahegelegene Promenade, zu der man durch das Brandenburger Tor unter den Linden geht. Wir saßen ein Weilchen da und tranken Weißbier und Tee. Es war mir eine Freude, Helvig wieder zu treffen – wir haben so viele gemeinsame Erinnerungen. Viel haben wir einander vielleicht zu danken, so behauptet er wenigstens, es tat mir wohl, das zu hören. Daß ich von ihm viel gelernt habe – das weiß ich.

Den Abend verbrachten wir bei Helvigs. Da war auch der Kammerherr Bernhard Rosenblad. Ich war sehr müde und begab mich zeitig in mein neues Heim.

 

Berlin, den 11. September. Wunderlich, in dieser fremden Wohnung zu erwachen, die nun für mehrere Monate mein Heim sein wird. Adolf wohnt gut und hat es gut – bin froh darüber. Ach, es ist so süß, jemandem helfen zu können – und er ist nun einmal mein Herzblättchen! Las etwas in Kernells Briefen und Aufzeichnungen, von denen ich von seinem Schwager Stenhammer die ersten Druckbogen bekam – das war der Gottesdienst dieses Sonntags!

Mittag bei Helvigs mit Geijer und Lindblad. Letzterer fühlt sich da nicht wohl und scheint mir auch dem Herrn wie der Frau des Hauses zu mißfallen. Wohl möglich, daß meine Ungeschicklichkeit, ihn zu überreden, Geijer und mich den ersten Abend in Dresden zu Amalie zu begleiten, den Grund hiezu gelegt hat – betrüblich! Helvig hat ein zerrissenes Gemüt, die Liebe zu Schweden und der Gram, davon getrennt zu sein, hat sein ohnehin reizbares Temperament ganz zugrunde gerichtet. Am Nachmittag fuhren wir alle nach Charlottenburg. Da ist es schön, aber das Monument der geliebten, schönen Königin Louise war heute nicht zugänglich. Wir sahen es nur von außen, schön, düster und einfach, von Tränenweiden umgeben. Meine Herren gingen dann in die Oper, und ich verbrachte den Abend allein mit Helvigs, in vertraulichem Gespräche. Als ich dann zu Hause war, kam Adolf noch spät zurück, aber wollte mir noch erzählen, welches Vergnügen es ihm gewesen, Blaubart mit Grétrys Musik, gut dargestellt, gesehen und gehört zu haben. Es soll von großer und echter Wirkung sein – freute mich, daß sie einen solchen Genuß gehabt hatten.

 

Den 12. Ein vergnügter Tag. Zuerst mit Amalia in Läden, wo ich kaufte, was ich nötig hatte. Unterdessen war Adolf mit Geijer bei Zelter gewesen, dem hiesigen Musikdirektor und Leiter der Singakademie, ein Ehrenmann und Freund Goethes. Geijer und Lindblad waren sehr erbaut von seiner Bekanntschaft, und letzterer gedenkt Lektionen bei ihm zu nehmen. Er ist jetzt froh und heiter – das stimmt auch mich freudig.

Ich werde von nun ab täglich bei Helvigs speisen und dafür bezahlen. Adolf soll im Speisehaus essen, aber da er nun die ganze Zeit über so gewohnt war, alles und jedes mit uns zu teilen, kommt es ihm jetzt sehr öde vor, allein zu sein, und er freute sich wie ein Kind, als ein Bote kam, der uns alle einlud, mit dem Kammerherrn Rosenblad in Treptow zu speisen. Die Herren sollten mit Rosenblad fahren, aber Helvig war vorausgegangen, so fuhr Geijer mit Amalia, ihrem Töchterchen und mir. Es war sehr hübsch und die Unterhaltung lebhaft. Man sprach von Amaliens Novelle »Hélène von Tournon«, die Geijer nicht ganz billigte, während sie sie verteidigte.

Treptow, ein Wirtshaus, etwa eine halbe schwedische Meile vor dem Schlesischen Tor, liegt an der Spree, welche hier einen See bildet, der Rommelbergersee genannt wird und recht hübsch ist. Ein kleines Dorfkirchlein, von hohen Bäumen umgeben, liegt am anderen Flußufer. Es heißt Stralau, soll sehr alt sein und hat nach Helvigs Ansicht ursprünglich dem Tempelorden gehört. Hier wird am 24. August jedes Jahres ein Volksfest gefeiert. Eine zahllose Volksmenge versammelt sich auf der grünen Wiese vor der Kirche und bringt sich ihren Proviant mit.

Unser junger Gastgeber kam uns mit Graf Axel Bielke, Doktor Schwartz und Lindblad entgegen, die Gesellschaft bestand mithin aus lauter Schweden. Rheinwein und Champagner wurde aus Herzenslust getrunken, auf das Wohl Helvigs und seiner Frau und Geijers. Der Trinkspruch auf die schwedischen Frauenzimmer und Schweden wurde mit kleinen Scherzreden von dem wohlmeinenden Rosenblad ausgebracht, dessen guter Wille belebender wirkt als die Art und Weise seines Vorgesetzten, des feinen Weltmanns Brandel. Nachmittags saßen Amalie, Helvig, Geijer und ich auf einem Altan, von dem wir eine schöne Aussicht hatten. Später fuhren wir alle in einem der kleinen Boote, die am Strande bereit liegen, über den See. Es war ganz ausnehmend schön – Geijer ungewöhnlich beredt und mitteilsam. Amalia las uns aus ihrer Frithjofübersetzung vor – ganz vortrefflich! Eine wahre Freude, sie zu sehen und zu hören! Schwartz interessierte mich durch sein lebendiges Gefühl der Bewunderung für sie und Geijer, und ich fühlte mich so recht herzensfroh. Wir landeten bei der Kirche in Stralau, die sehr schön an einer Landzunge liegt. Wenn ich in Berlin sterben sollte, möchte ich da begraben sein. Viele Denkmäler sind da errichtet für jene, die beim Baden im Flusse ertrunken sind. Es geht die Sage, daß die Spree bei Stralau jährlich ein Opfer haben muß. Wir kehrten nach Treptow zurück, tranken Tee und begaben uns dann in die Stadt. Helvig ging auch jetzt zu Fuß. Amalie sprach mir von ihrem Bruder Karl Imhoff und seiner englischen Frau, die den vorigen Winter in Berlin verbracht haben. Sehr viel Freude hatte ich an Amaliens und Geijers Gespräch, es wurde dadurch unterbrochen, daß ein Wagenrad brach, aber da es ganz langsam geschah, so erschraken wir nicht, sondern setzten den Weg zu Helvigs zu Fuß fort, dort blieben wir bis elf Uhr beisammen. Amalie zeigte uns ein Heft von Goethes eben erschienenem »Kunst und Altertum«, worin sein Urteil über Frithjof vorkommt, nämlich über die fünf oder sechs Romanzen, die er durch Amaliens Übersetzung kennt und die im »Morgenblatt« abgedruckt waren.

Dieser Tag war der schönste, den ich seit Jahren gehabt habe, der erste, an dem ich Amalie so ganz in ihrem natürlichen Reichtum gesehen und für sie jenes tiefe Gefühl der Bewunderung und ehrfürchtigen Zuneigung empfunden habe, das mich beglückt. Es will mir scheinen, als stünde sie jetzt besser mit Helvig, hätte mehr Geduld. Er ist sehr freundlich gegen mich – und hat ein gar getreues Gedächtnis. Dora ist ein allerliebstes, lebendiges Mäuschen.

Als ich heimkam, war Adolf noch nicht in seiner Kammer, kam aber bald und erzählte, daß er mit den anderen Herren im Schauspiel gewesen sei und den Schluß von Hamlet gesehen habe.

 

Den 13. September. Mit Geijer zu Mittag bei Helvigs. Frau von Bardeleben, von der ich so viel Gutes gehört, kam für ein Weilchen. Sie flößt Achtung und Vertrauen ein. Helvig zeigte Geijer allerlei Experimente und Erfindungen. Es prasselte und knallte beständig in seiner Kammer. Wenn er auf diese seine Steckenpferde kommt, ist er unermüdlich – ich glaube kaum, daß Geijer so recht mit dabei war.

Die Baronin von Arnim, Bettina Brentano, kam zu Amalie. Sie sieht wunderlich aus! Kohlschwarzes Haar in großen hängenden Locken um das kleine, magere, bleiche Antlitz, braune, scharfe Augen, dazu eine kleine, feine, zierliche Gestalt, kleine Hände und Füße. Adolf sagt, daß sie den deutschen Studenten gleicht, und er hat Recht. Sie hat sechs Kinder, vier Söhne und zwei Töchter, die jetzt alle krank gewesen sind und sie selbst ebenfalls. – Sie war zuvorkommend gegen mich, aber sagte mir, als Amalie ihr Professor Geijer vorstellte, sie könne die Gelehrten nicht leiden, und dieser mache ein böses Gesicht. Ich sagte dies Geijer, und dies schien ihn gerade anzuspornen, ihr Vorurteil zu überwinden, was ihm auch gelang. Amalie las ihre Übersetzung von »Frithjof und Angantyr«, Geijer machte Bemerkungen dazu, ebenso Frau Arnim.

Um 6 Uhr gingen Amalie und ich ins Theater – Geijer und Adolf wollten sich zuerst Zelters Singakademie anhören. Es wurde Shakespeares König Lear in A. W. Schlegels Übersetzung gegeben. Das Haus ist groß und schön, breiter und heller als das Operntheater in Stockholm. Die Hauptrolle, Lear, wurde ganz unvergleichlich gut von Devrient gespielt, Glocester auch gut von Mattausch, die anderen waren mehr oder weniger mittelmäßig, aber im ganzen habe ich wohl noch nie ein so gut dargestelltes Schauspiel dieser Art gesehen. Diese furchtbare Tragödie übt eine ganz unbeschreibliche Wirkung! – Amalie sprach aus, was ich dachte: wir alle erfahren mehr oder minder das, was Lear fühlt, und die Schwäche, zu viel zu geben, rächt sich stets selbst. Ich dachte auch an meine gute alte Großmutter – und entsann mich mit Reue so mancher Ungeduldigkeit, so mancher undankbaren Klage!

Adolf spielt jetzt auf einem Klavier, das er sich heute zur Miete verschafft hat. Ich höre ihn durch die verschlossene Türe, das ist mir ein gutes, wohltuendes Gefühl. Ach, könnte ich doch bei denen, die ich liebe, stets unsichtbar gegenwärtig sein – ich wollte für mein eigen Teil nichts von ihnen verlangen!

 

Am 14. bekam ich zeitig früh ein Billett von Amalie, ob ich mit ihr im Boot nach Charlottenburg fahren wolle. Ich ging zu ihr – allein der Tag wurde ganz anders, als er gedacht war – ein Brief meiner Schwester Gustava sagte mir, daß mein Bruder gestorben ist! Helvig freundschaftlich teilnahmsvoll. Mittag mit Geijer und Adolf bei ihnen; abends zusammen im Freischütz, der in vieler Hinsicht besser gegeben wird als in Stockholm, in anderer schlechter. Frau Seidler ist unvergleichlich besser als Frau Sevelin, aber Ännchen, Demoiselle Hoffmann, schlechter als Demoiselle Widerberg.

 

Schrieb den 15. den ganzen Vormittag, aß Mittag zu Hause mit Adolf. Um 5 Uhr ging ich zu Amalie und mit ihr und Geijer in Savignys Garten. Savigny ist hier ein sehr berühmter »Rechtsgelehrter«, mit Bettina Brentanos Schwester vermählt. Savignys selbst sind verreist, und ein Fräulein Verdier vertritt die Hausfrau. Lange gingen wir da allein herum. Amalie sprach von ihrem Verhältnis zu Klocks und De Rons, die beide Unrecht gegen sie gehabt haben. Frau v. Bardeleben kam dann, des ferneren Frau von Arnim, und wir begaben uns in einen schönen Raum, wo Tee und Früchte serviert wurden. Frau Arnim ist sehr witzig, lebhaft und unterhaltend – nur sehr unruhig, friedliches Behagen wird man bei dieser Generation vergeblich suchen! Man schwatzt, schreit und lacht ohne Unterlaß. Adolf kam zu meiner Verwunderung hin, ebenso ein Herr Schinkel, Architekt und Maler, und ein Hannoveraner, Herr Klingemann. Er ist musikalisch, sang und spielte eigene Kompositionen, aber mir gefallen die Lindblads viel besser. Dieser war jedoch zu nichts zu haben, sondern saß nur stumm und in sich gekehrt in einem Winkel. Geijer spielte und sang sogar einen Vers aus seinem Köhlerknaben. Das Souper bestand aus deliziösem Kuchen und Früchten. Es sah schön aus und schmeckte gut, war aber für schwedische Mägen doch vielleicht gar zu ästhetische Nahrung. Dann spielte Adolf endlich, von Geijer aufgefordert, und sang einige schwedische Volkslieder, auch sein eigenes Jägerlied und Seemannsweise. Es war nach meinem Geschmack sehr schön, gefiel auch sehr, und ich fühlte, wie wohl einer Mutter der Sukzeß eines geliebten Kindes tun mag. Dieser Abend war sehr hübsch. Bettina zuvorkommend und angeregt, sehr neckisch gegen Geijer, der sich nicht so recht in all dies Geschwätz zu finden wußte, aber doch gut antwortete wie immer. Adolf und ich sprachen dann noch lange über diesen Abend – genußreich. Er fühlt sich so einsam, gleichsam verloren unter all diesen fremden Menschen, von denen ihm auch keiner so recht gefällt, und er verschmäht es, sich ihnen angenehm zu machen, was er, wie ich glaube, sehr leicht könnte.

 

Den 16. Vormittags in Kaufläden mit den Damen Helvig und Bardeleben sowie auch Geijer, um seine Kommissionen zu besorgen. Dann im Atelier des Bildhauers Tieck. Er sieht seinem Bruder (dem Dichter) sehr ähnlich. Wir sahen da verschiedene schöne Dinge. Amalia erblickte eine geradezu kolossale Büste, sehr häßlich und ungeheuer korpulent. Verwundert, beinahe erschrocken rief sie: »Ach mein Gott, wer ist das?« »Das ist der König von Bayern,« erwiderte der Künstler in ehrfurchtsvollem, zurechtweisendem Ton. Amalia wollte etwas Versöhnendes sagen, konnte aber nichts anderes herausbringen als: »Der ist tüchtig!«, und wir mußten herzlich lachen.

Wir waren auch in Professor Rauchs Atelier und sahen das Modell zu Fürst Blüchers Monument – die Basreliefs an dem Piedestal sind schön; höchst interessant zu sehen, wie die Plastik dazu verwendet wird, das Gegenwärtige auszudrücken, nämlich die letzten Kriegstaten. Auch einige vorgeschlagene Modelle für ein Goethemonument wurden uns gezeigt. Das beste soll wirklich das von Frau Arnim sein, das wir gestern in Gips ausgeführt bei Savignys sahen. Es stellt den großen Dichter auf einem antiken Stuhle sitzend da, dessen Lehne mit Basreliefs verziert ist, von denen das vorderste auf der einen Seite Mignon ist, die höhere Liebe verkörpernd, auf der anderen Seite die in seinen italienischen Sonetten erwähnte Seiltänzerin Bettina, die irdische Liebe darstellend. In der einen Hand hält er achtlos einen Lorbeerkranz, die andere ruht auf einer Leier, vor ihm steht Psyche, eine schöne Kindergestalt mit Schmetterlingsflügeln, und greift in die Saiten. Geijer war von der Idee entzückt. – Wir waren auch in Professor Wachs Atelier, wo er mit seinen jungen Schülern malte. Da war ein schönes Bild von Schinkel, eine griechische Landschaft in Griechenlands Blütezeit darstellend. Auch sahen wir das Porträt der Kronprinzessin Elisabeth in schwarz und weißer Kreide von einem jungen Künstler. Sie ist nicht besonders schön, aber sieht gut und sinnig aus. Ich finde, man bekommt hier selten schöne Frauenzimmer zu Gesicht.

Am Nachmittag fuhren wir zum Kreuzberg, ein Stück vor dem Hallischen Tor, da hat der König ein Denkmal zur Erinnerung an den Befreiungskrieg errichten lassen. Der Berg ist nur ein Sandhügel, aber er wird schön werden, denn es wird da gesät und gepflanzt, und alles grünt und blüht. Oben ist ein großes Steinrondell, ringsherum Stufen und ein schönes Eisengitter und in der Mitte eine prächtige gußeiserne Pyramide in altdeutschem Geschmack. An den vier Seiten liest man in Goldbuchstaben Großbeeren, Leipzig, Paris, Waterloo; darunter stehen in Nischen gutausgeführte allegorische Figuren, und zwischen diesen die weniger wichtigen Siege in Eisenlettern und mit kleineren Figuren. Es ist ein schönes Monument, das nur alt zu werden braucht, um verdoppelten Wert zu erhalten. Alles ist neu in und um Berlin.

Wir tranken Kaffee in einem kleinen Boskett, und Amalie las uns einige kleinere Gedichte, »Für Griechenland« und »Die Weinlese 1822«, vor. Geijer und ich hatten Interesse und Freude daran, aber Adolf, der arme Junge, hatte nichts für sich, langweilte sich und war verstimmt. Amalie erzählte Geijer und mir Einzelheiten von Helvigs Verabschiedung aus dem schwedischen Dienst. Ich war dann den ganzen Abend mit Herrn und Frau v. Varnhagen bei Helvigs. Gebildete Menschen, von denen der Mann mir besser gefiel als die Frau. Helvig zeigte uns seine Experimente mit Sand auf Glasscheiben, der, wenn man über den Rand der Scheibe mit einem Violinbogen streicht, nach den verschiedenen Tönen verschiedene Formen annimmt, sogenannte akustische Versuche. Es wurde aus Goethes »Kunst und Altertum« vorgelesen, und das Ganze war interessant, nur etwas weitläufig. Varnhagen schneidet ausnehmend gut Papierfiguren aus, er hat so verschiedene Dinge gemacht, u. a. den Erlkönig – ein seltsamer Einfall, aber artig und fein ausgeführt.

 

Den 17. September. Geijer kam morgens und sagte, wir sollten mit Amalie nach Charlottenburg fahren. Wir fuhren mit Klein-Dora bei schönstem Wetter ab, lustwandelten in dem Parke, wo wir so gut wie allein waren und sahen das schöne Monument der Königin Luise an, die unter der Wölbung dieses Baus begraben ist, wo auch ihr Gatte ruhen soll. Ihre von Rauch geschaffene Marmorstatue liegt schlummernd oder tot – man weiß es nicht recht – in der schönen Rotunde, ihr Kopfkissen ist sternbesät, eine leichte Draperie bedeckt den Körper, dessen schöne Formen sichtbar werden. Da hingen sieben Kränze, von ihren sieben Kindern an ihrem Todestag niedergelegt, diese werden alljährlich erneuert. Glücklich, wer selbst in Frieden, noch in liebevollem Angedenken fortlebt!

Es war ein göttlich schöner Septembertag. Wir setzten uns an die Spree, wo zwölf kleine Segelboote an uns vorüberzogen. Amalie las uns aus ihrer Frithjofübersetzung vor, und ich hatte wahren Genuß an dem Gespräch, das sie mit Geijer darüber führte. Nach dem Mittagsessen fütterten wir die großen Karpfen mit Brot, die, daran gewöhnt, ihr Futter so zu erhalten, herankommen, wenn man eine kleine Glocke läutet, die unter einer Brücke befestigt ist. Es ist ganz lächerlich, zu sehen, wie die Fische auf den Glockenschlag heranschwimmen und ihre dicken Köpfe heben, um das Brot aufzuschnappen. Oft sind sie mit langen Wasserpflanzen bedeckt und sehen aus, als hätten sie Allongeperücken. Dies belustigte Geijer höchlichst.

Geijer und Lindblad gingen dann in das Königstädter Theater, um »Die Italienerin in Algier« zu sehen, wo eine überaus artige, schöne Sängerin, Demoiselle Sonntag, auftrat und aller Entzücken erregte. Sie ist unbeschreiblich beliebt, und viele Anekdoten sind darüber im Umlauf. Dabei wird sie ebensosehr hochgeschätzt wie bewundert und soll es auch verdienen. Man erzählt sich von ihr, daß, als sie in ihrer Vaterstadt Wien auftrat, ein junger Fürstensohn sich in sie verliebte, sie heiraten wollte und auch ihre Neigung gewann. Allein sein Vater, zu sehr alter Aristokrat, um in eine solche Mesalliance willigen zu können, schrieb ihr und beschwor sie, von einer Verbindung abzustehen, die ihn ins Grab bringen würde, und versprach ihr dafür eine ansehnliche Geldsumme. Demoiselle Sonntag erwiderte, sie würde nie das Mitglied einer Familie werden, die sie so ungerne aufnehmen wollte, sie würde nicht zwischen Vater und Sohn treten und ihren häuslichen Frieden stören. Sie würde sich entfernen, den Mann, den sie liebte, nie wiedersehen, aber sie könne das Geschenk, das ihr angeboten wurde, nicht annehmen. Mit ihrer Mutter verließ sie sogleich Wien, hielt sich einige Zeit verborgen und unbekannt in einer kleinen Stadt auf, bis sie vorigen Sommer im Königstädter Theater in Berlin auftrat. Ein höchst vortreffliches und allerliebstes Mädchen ist sie, jetzt etwa zwanzig Jahre alt.

Ich ging zu Amalie. Dahin kam auch Frau Bardeleben und Atterboms ehemalige Reisegefährtin in Italien, Frau Herz, eine große dicke Frau, die sicherlich einmal sehr schön gewesen ist. Die Italiener sollen von ihr gesagt haben, sie gleiche » una bella statua male ristorata«. Das Gespräch war lebhaft und wurde es noch mehr, als die kleine Zauberin Bettina kam.

Sie wollten, daß ich ihnen von meiner Reise erzähle, und ich tat es, so gut ich es in meinem schlechten Deutsch konnte, das ihnen ganz besonderen Spaß machte. Namentlich Bettina ist meine Beschützerin. Geijer kam nach dem Schauspiel hin, sehr zufrieden damit. Bettina sagte ihm viele schmeichelhafte Dinge und erfreute ihn, wie ich glaube, damit. Auch meine Eitelkeit wurde geschmeichelt und kajoliert.

 

Den 18. Geijer kam und machte uns die Proposition, mit ihm und Frau Helvig das Palais des Königs anzusehen. Wir gingen und sahen behagliche, aber beinahe dürftige Stuben, ein schmales Bett ohne Umhänge, die Kleider Sr. Majestät auf Stühlen hängend usw. Aber wir sahen auch prächtige Gemächer und darin schöne Kunstwerke, herrliche Bilder von Murillo, darunter eine Madonna, genannt » La perle«, und eine andere, genannt » del Pesce«, weil ein Jüngling darauf einen Fisch hält – der junge Tobias vielleicht? Eins heißt » La madonne au berceau«. Ein schönes Bild von Caudell stellt den Vorhof zur Peterskirche vor, von Mondschein und Fackeln erleuchtet. Eine Hebestatue von Canova entzückend, und ein süßer Amor von Schadow.

Als wir fortgingen, regnete und donnerte es. Wir fuhren in den Tiergarten, aßen dort mit Helvigs und Rosenblad zu Mittag – es war schön! Geijers bevorstehende Abreise exaltiert das Gegenwärtige durch das Gefühl des künftigen Verlusts. Ich bin der reinen Seele so gut, wenn ich auch seine freimütigen, beinahe übermütigen Inkonsequenzen oft nicht recht verstehe. Am Nachmittag fuhren wir nach Bellevue, sahen dort den Sonnenuntergang in seiner ganzen Pracht und den Neumond zwischen den Wolken – es war ein herrlicher Abend! Von dort gingen wir wieder zu Helvigs und hatten noch einige behagliche Stunden da. Wir sahen uns Corneliussens Zeichnungen zu Goethes Faust an, auch eine mit illuminierten Zeichnungen geschmückte Beschreibung eines Festes, das vorigen Winter am Berliner Hofe gegeben wurde, als die älteste Tochter Prinzeß Charlotte, nunmehr Alexiewna, mit ihrem Gemahl, dem damaligen Großfürsten Nikolaus, da war. Es waren lebende Bilder aus Moores Dichtung Lalla Rookh. Amalie las einige ihrer Poesien, und Helvig demonstrierte Galls Organlehre.

 

Den 19. Mit Geijer und Amalie in der königlichen Bibliothek, wo wir Frau Bardeleben trafen. Wir sahen Dénons ägyptische Gravüren durch und auch einige Rollen mit Hieroglyphen. Von dort gingen wir in das Kunstkabinett, wo wir eine Menge Dinge sahen, aber noch lange nicht alles. Das Merkwürdigste war meiner Meinung nach eine Reliefkarte der Schweiz mit ihren Gletschern, Tälern, Seen und Flüssen. Wir sahen auch Friedrichs des Zweiten letzte Uniform und Napoleons Hut und Orden, in seinem Wagen gefunden, den Gneisenau bei Waterloo nahm. Als Gneisenau alle diese Sterne dem König von Preußen schickte, sandte dieser ihm den preußischen Schwarzen Adlerorden und schrieb darauf: »Jedem den Seinigen.« Diese Dinge, einstmals von Bonaparte getragen, sah ich nicht, ohne der Träume meiner Jugend zu gedenken.

Der letzte Abend mit Geijer bei Helvigs! Adolf – wie wird er sich jetzt ohne Geijer zurechtfinden? Wie soll ich ausreichen? Beklommen – gerne folgte ich Geijer zurück in mein Heimatland!

 

Den 20. September. Ging zeitig zu Helvigs. Abschied von Geijer, der abreiste. Amalie tat mir grenzenlos leid, sie sieht diesen teueren Freund wohl nie wieder. Sie behielt gute Fassung, nahm gleich irgendeine Angelegenheit vor. Nachmittag fuhren wir nach Bellevue, traulich-inniges Gespräch über Geijer.

 

Den 21. Am Nachmittag fuhr ich mit Amalie, Frau Bardeleben, Dora und Adolf auf dem Kutschbock, nach der Rummelsburg, wo Baron Knobelsdorf, der 1814-16 in Schweden war, und den ich damals bei den Schwestern Imhoff sah, jetzt lebt. Ein schöner Edelsitz, der Hausherr und seine Frau angenehm und gebildet, artige Kinder. Musik, ein Lied » il pescator del onde« entzückte mich. Es tat mir wohl, wieder einmal ländliches Behagen zu sehen. Rückfahrt bei Mondschein.

 

Den 23. Unpäßlich – mußte fast immerzu schlafen. Aber da ich Adolf versprochen hatte, ihn in die Oper zu begleiten, zwang ich mich dazu und sah »Der Gefängnisturm in Neustadt« – sehr schöne Musik.

 

Den 24. Vertrauliches Gespräch mit Amalie – auch sie altert. Frau Arnim kam, unterhaltend, aber unruhig. Helvig erinnert sich gut und mich gerne an meine Jugendzeit – manchmal bringt er mich in Verlegenheit. Ich lese jetzt Moores »Lalla Rookh«, es verbreitet förmlich einen Wohlgeruch von morgenländischen Spezereien. Elegante leckere Verse machen den prunkenden glänzenden Stoff noch schimmernder. Eine gewisse Weichheit und wollüstige Eintönigkeit durchzieht das Ganze und beeinträchtigt die Freude daran.

 

Den 25. Wir lasen Schillers und Goethes Briefe aus der Zeitschrift »Kunst und Altertum«. Im Anschluß daran erzählte Amalie von ihren Weimaraner Zeiten. Helvig kam dann auf sein Lieblingsthema – unsere erste Bekanntschaft. Er erinnert sich meiner noch in meiner glücklichen Jugendzeit, als die Hoffnung noch alles rosig färbte.

 

Den 26. Ging mit Maja-Lisa in Kaufläden und fand dann allein zu Frau Bardeleben. Eine sehr verständige Frau. Geduldiger, vernünftiger, als ich in ihrer Lage sein könnte. Sie ist furchtbar unglücklich gewesen. Früh mit einem Manne verheiratet, den sie von ganzem Herzen liebte, mußte sie sich von ihm trennen, weil er sich, mehr aus Leichtsinn denn aus Liebe, an ein Mädchen attachiert hatte, das er später heiratete. Mutter zweier Söhne, sah sie sie zu kränklichen Krüppeln werden und sterben, der eine 6, der andere 9 Jahre alt. Jetzt ist sie einsam, sie hat nur eine alte Mutter, die sie aus Pflichtgefühl pflegt, ohne Ursache zu haben, sie zu lieben. Sie wohnen auch nicht zusammen.

Nach dem Mittagsessen bei Helvigs fuhren wir zuerst in den Botanischen Garten vor dem Potsdamer Tor, ein schöner Park, reich an exotischen Gewächsen. Da sah ich zum ersten Male Georginen oder Dahlien blühen. Diese Pflanze ist von Alexander von Humboldt aus Amerika herübergebracht. Dann fuhren wir nach Schöneberg, da sahen wir eine Prozession vorbeigehen, mit Erntekränzen geschmückte Mädchen, Musik und viel Volk, das sich versammelt hatte, um nach beschlossener Ernte zu tanzen.

 

Den 27. Abends mit Frau Bardeleben und Knobelsdorf im Königstädter Theater, »Die Italienerin in Algier« gesehen, die durch Demoiselle Sonntags Gesang und Spiel so beliebt und berühmt ist. Sie ist jung und recht schön und hat eine hübsche, biegsame Stimme. Aber das Stück ist unbedeutend und die Musik nicht sonderlich nach meinem Geschmack, so daß ich nicht entzückt davon war. Ein komischer Akteur, Spitzeder, hat eine schöne Baßstimme und schien mir vortrefflich.

 

Den 28. Begann Amalie Geijers »Geschichte Schwedens« vorzulesen. Adolf kam abends hin und spielte und sang mit Dora, die ihn gut leiden mag.

 

Den 29. Promenade zum Lustschloß Schönhausen mit Amalie, Frau Bardeleben und Dora. Das Schloß verdient den Namen nicht, denn es ist ein ganz gewöhnliches altes Haus, der Garten hingegen ist schön. Jetzt wohnt da über den Sommer die Herzogin von Cumberland, geborene Prinzessin von Mecklenburg-Strelitz, Schwester der geliebten und beweinten Königin Luise. Sie war in erster Ehe mit einem Bruder des jetzigen Königs von Preußen verheiratet, nach seinem Tode vermählte sie sich ein zweites Mal mit einem Prinzen von Solms, mit dem sie drei Kinder hatte. Es heißt, daß sie sich ihrer nun schämt, weil sie nicht von so hoher Geburt sind. Verschiedene Anekdoten sind über diese Prinzessin und ihre Gatten im Umlauf. Mit diesem dritten hat sie einen Sohn, Prinz George, der englischer Thronerbe werden kann. Wir hatten einen vergnügten Vormittag, besuchten Frau von Berg, die Obersthofmeisterin, die in altväterischen, aber behaglichen Stuben gut wohnt. Von Luxus ist hier, finde ich, weniger zu merken, als in unserem armen Schweden. Man begnügt sich damit, bequem zu wohnen, zuweilen fehlt es doch auch an Sauberkeit.

Den Abend verbrachten wir bei Varnhagens. Da waren auch Frau Bardeleben, Herr Klingemann und Herr Robert, Frau von Varnhagens Bruder. Es war recht anregend. Natürlich ist das Gespräch zuweilen für mich weniger interessant, da es sich oft um Personen dreht, die ich nicht kenne und die mir manchmal der Beschreibung nach recht gewöhnlich und unbedeutend vorkommen. Gleichwohl habe ich meine Freude dran, zuzuhören und zu beobachten – selbst wage ich nicht, viel zu sprechen. Frau von Varnhagen ist sicher sehr denkend und verständig vielleicht mehr theoretisch als praktisch. Sie wird wohl nahe an fünfzig sein. Bei Mondschein begleiteten sie mich nach Hause. Als Adolf dann noch ein Weilchen zu mir hereinkam, hatte ich das Gefühl, als wäre ich in die Heimat zurückversetzt, und wir, er, Maja-Lisa und ich, freuten uns daran, Schwedisch sprechen zu können.

 

Den 30. Wie gewöhnlich bei Helvigs. Amalie war matt und schlief am Nachmittag, während ich in der Dichtung »Waldemar der Große« von Ingeman las. Dann plauderte ich ein Weilchen mit Amalie. Da ist irgend etwas, das macht, daß wir einander doch nicht recht verstehen können. Sie beurteilt alles nach einer vielseitigeren, allgemeineren Perspektive, die ich nicht recht erfassen kann, weil ich nie auf denselben Standpunkt zu kommen vermag wie sie. Und sie kann sich wiederum nicht auf die einsame Bergeshöhe versetzen, von der ich das Ganze zu überschauen vermeine, so weit mein kurzsichtiger Blick eben dringen kann. Was ich nicht außerhalb von mir sehe, glaube ich in mir zu finden.

Den Abend waren wir bei Frau Bardeleben, die bequem und behaglich wohnt. Ein Herr Elsholz, der kürzlich aus Italien heimgekehrt ist, war auch da. Er sieht verständig aus und war namentlich durch das Interesse sympathisch, das er allem und allen entgegenbrachte. Frau Herz kam ebenfalls, eine große, elegante Frau, die sicherlich eine wirkliche Schönheit gewesen ist und es, wie alle solche, wohl schwer vergessen kann. Varnhagen und Klingemann waren auch da. Das Gespräch war lebhaft, zuweilen schreiend. Es war die Rede von Madame Sévigné und wie schade es sei, daß man nicht noch mehrere derartige Briefsammlungen habe, da doch sicherlich viele geschrieben worden seien, die dieselbe Aufmerksamkeit verdienen, und daß man im allgemeinen mehr das schreiben sollte, was man denkt und erfährt. Ich wagte zu widersprechen und äußerte die Vermutung, daß, wenn allzuviel geschrieben und gedruckt würde, die Mittelmäßigkeit sich ewig zur Produktion dessen aufblähen würde, was wenig verdient gelesen zu werden. Man fand meine Äußerung anfangs beinahe paradox, aber Frau Varnhagen verstand mich recht, nachdem Amalie meinen Gedanken besser verdolmetscht hatte, als ich selbst, der Sprache ungewohnt, ihn ausdrücken konnte. –

Später kam auch Adolf aus dem »Don Juan«, der zwar nicht in allen Stücken seinen Erwartungen entsprochen hatte, aber von dem er doch ganz erfüllt war. Bettina Brentano kam auch – sie sieht abgezehrt und verstört aus – ein wunderliches Wesen! Sie schmeichelt mir beständig, sagt, daß ich schöne Augen habe, ein edles Aussehen, daß ich Vertrauen einflöße usw. usw., sie erschreckt mich beinahe! Im ganzen war es ein lebhafter schöner Abend.

 

Den 1. Oktober. Mit Amalia in einer Pension, sie will Dora in Halbpension hingeben. Demoiselle Mägel, die Vorsteherin, machte den Eindruck einer recht manierlichen Person. Um sechs Uhr kam Adolf und begleitete mich in das Theater, wo wir »Käthchen von Heilbronn« von Kleist sahen. Ein seltsames, aber höchst interessantes, hinreißendes Stück, meisterhaft gegeben. Käthchen, Frau Devrient, spielte ganz vortrefflich, mit einem Abandon, einer Naturwahrheit, die zu Tränen rührte. Keinen einzigen Augenblick fiel sie aus der Rolle, sie gab sie mit einem so tiefen und innigen Gefühl, wie es nicht genug bewundert werden kann. Diese Rolle ist auch sehr ergreifend und das ganze Stück etwas ganz und gar Ungewöhnliches. Es ist eigentlich auf einem gemeinsamen Traum begründet, der die beiden Liebenden, Graf Wetter von Strahl und Käthchen, miteinander bekannt macht, ehe sie sich noch in Wirklichkeit getroffen haben. Lange verkennt er sie, aber mit Treue und Hingebung folgt sie ihm beschützend. Im Anfange verletzte es mich, Käthchen so oft vor ihrem harten Liebling knien und ihn so schroff abweisend zu sehen, allein er hält es für seine Pflicht, sie fernzuhalten und handelt nach seiner Überzeugung recht. Ihre Phantasie und ihr ganzes Wesen ist von dem Gedanken durchdrungen, daß es ihre Bestimmung ist, ihm anzugehören und alles für ihn zu tun, das ist bei ihr eine fixe Idee, durch die Erscheinung der Silvesternacht hervorgerufen. Dévouement ist für mich etwas so rührend Begreifliches.

 

Den 2. Ging mit Maja-Lisa in die Domkirche. Es ist ein schönes Gebäude, aber eher für einen Ballsaal geeignet als für eine Kirche, nicht feierlich und weihevoll. Abends ging ich mit Adolf zur Oper, um den »Figaro« mit Mozarts schöner Musik zu hören, die ihn entzückte und auch mir Freude machte.

 

Den 3. Ging mit Amalie zu dem Maler Professor Wach und sah da mehrere schöne Porträts. Das der Kronprinzessin ausnehmend schön gemalt. Als wir zu Helvigs zurückkehrten, war eine Einladung von der Prinzessin Wilhelm (der Schwägerin des Königs) gekommen, Frau Helvig möge den Abend bei ihr verbringen. Amalie mußte daher der kleinen Gesellschaft absagen, die sie am Abend hatte bei sich sehen wollen. Ich ging nach Hause und schrieb. Um neun Uhr kam Adolf aus dem Schauspiel zurück, wo er sich bei einer Komödie sehr gut unterhalten hatte. Er ist jetzt täglich bei Zelter und schreibt unter seiner Leitung Musik. Ich höre ihn an seinem Fortepiano komponieren und habe meine Freude daran. Möchte es ihm zum Nutzen und zur Entwickelung dienen, dann ist mein Zweck erreicht.

 

Den 4. Ein angenehmer Abend bei Helvigs mit Varnhagens, Frau Bardeleben und einer Frau Dieffenbach, sehr häßlich, aber durch ihre Lebhaftigkeit sehr beliebt. Sie ist von ihrem ersten Manne geschieden und jetzt mit einem Arzte verheiratet, der Amaliens Ratgeber ist. Es ist merkwürdig, wie häufig und allgemein es hier ist, geschieden und wieder verheiratet zu sein. Bei uns findet man die meisten Beispiele dafür in der »großen Welt«, in Hofkreisen, es dringt selten in die sogenannten unteren Stände.

Professor Wach sowie die Herren Elsholz und Streckfuß waren auch bei Helvigs. Letzterer übersetzt Dantes »Divina Commedia«. Das Gespräch war lebhaft und angeregt. Elsholz ist viel gereist und weiß gut zu sprechen, aber wendet sein Urteil mit ausnehmender Geschmeidigkeit nach dem derjenigen, mit denen er gerade spricht, das hatte ich bald heraus. Ich bewundere die Feinheit und Geschicklichkeit, mit der er es trotzalledem vermeidet, sich selbst zu widersprechen, aber habe keine rechte Achtung davor. Frau von Varnhagen gefällt mir immer mehr und mehr. Eine Frau Majorin sang, von Adolf akkompagniert, eine Arie aus Alceste, dann spielte er und sang ein Volkslied und einige seiner und Geijers Lieder und fand Beifall. Das tat mir wohl.

Nach dem leichten Souper las Streckfuß aus seiner Übersetzung vor. Ich fand großen Gefallen an diesem Manne und hatte viel Freude an seiner Vorlesung. Auch Adolf war davon entzückt.

 

Den 5. Befand mich nachts und den ganzen Tag über recht schlecht.

 

Den 6. Oktober. Fühlte mich besser, ging zum Mittagsbrot zu Helvigs. Amalie zeigte mir einen Brief, den sie an Tegnèr geschrieben, mit einem Schema, den »Abschied« in Frithjof aus einem Dialog in zwei Romanzen umzuwandeln. Es wird interessant sein, seine Antwort auf diesen Vorschlag zu hören. Ihr Brief ist so ehrlich gemeint und dabei so voll Achtung und Bewunderung, daß er davon nicht verletzt sein kann.

Am Nachmittag machten wir mit Frau Bardeleben und Bror Helvig eine Spazierfahrt nach Moabit, einem schönen Dorfe in der Nähe von Bellevue. Das Wetter war so schön und so mild, wie es nur an einem schönen Oktobertag sein kann. Alle Schatten sind so lang, und die Wärme der Sonne hat etwas so Zartes und Schonendes wie ein älterer erfahrener Freund, der nicht mit der Hitze der Jugend entflammt, sondern nur zu versüßen und zu wärmen sucht. Mir war sehr wohl, ich bedauerte nur, daß mein junger Freund nicht mit war. Ich fürchte, daß die immerwährende Einsamkeit für ihn nicht zuträglich ist und wünschte, er könnte einige für ihn angenehme Bekanntschaften machen. Wir gingen in einen schönen Garten am Rande der Spree, Graf Bülows Witwe gehörig. Da sah ich zum ersten Male Goldfasanen.

Auf dem Rückweg stieg ich bei mir ab, um mit Lindblad ins Schauspiel zu gehen. Wir sahen »Don Carlos«. Es ist etwas ganz anderes, ein dramatisches Werk zu lesen, als es im Theater zu sehen. »Don Carlos«, will es mich bedünken, gewinnt dabei nicht. Es kam mir fast wie eine Profanation vor, Schillers schöne Gedanken von diesen Lippen aussprechen und Fehler hervortreten zu hören, die mir früher unmerklich gewesen waren und die ich nicht verstanden hatte, wenn ich sie von anderen aussetzen hörte. Das Höchste tritt in den Hintergrund, während das Schlechtere sich vordrängt. Posas Rolle, die ich im Lesen so sehr bewundert hatte, erschien mir jetzt nicht natürlich, sie wurde auch schlecht gegeben. Elisabeths schöner edler Charakter wurde durch Frau Unzelmanns zornige, schielende Augen verhunzt. Carlos, ein dicker, plumper Geselle mit einem platten, runden Gesicht, verstand wenigstens seine Rolle und gab sie so erträglich, als es mit einem solchen Korpus möglich ist. Philipp war unleugbar am besten, aber als er zum Schluß von Leid überwältigt sein sollte, taumelte er beinahe wie ein Betrunkener. Die Eboli (Frau Stich, eine hier sehr berühmte Schauspielerin) spielte mit Wahrheit, aber das kleine Käthchen übertraf sie nach meinem Geschmack alle miteinander. »Don Carlos« machte mir im ganzen genommen einen wehmütigen Eindruck, es war, als hätte ich auf einmal den höchsten Grad von Ehrfurcht und Bewunderung für jemanden verloren, der lange mein Ideal gewesen war.

Lange disputierten Adolf und ich dann noch über »Don Carlos«. Ich vermisse an Adolf Tiefe und Konsequenz im Urteil – und er muß doch so viel mehr an mir vermissen!

 

Den 7. Nachmittags mit Helvigs nach »Mon Bijou«, einem sogenannten Schloß mit einem Garten innerhalb der Stadt. Wir besahen da schöne, neue, gemalte Fenster, für das von deutschen Ordensrittern im dreizehnten Jahrhundert erbaute Schloß Marienburg bestimmt, das jetzt restauriert wird. Zehn Fenster werden für den großen Rittersaal gemalt und beweisen, daß diese Kunst nicht verloren gegangen ist.

Die Kunst blüht und gedeiht in Berlin und macht diese Stadt heute zu einer der interessantesten in ganz Deutschland. In den meisten anderen sieht man alte Denkmäler und hat Grund, um das zu trauern, was einst gewesen, hier kann man sich über das freuen, was wird. Diese neuen Fenster sind schön und nach meinem Geschmack schöner als die alten, die ich gesehen habe, auch die Farben sind ebenso lebhaft, mit Ausnahme der roten, die nicht zu derselben Klarheit zu bringen ist wie einstmals. Namentlich ein Fenster ist unbeschreiblich schön. Es stellt ein von den Ordensrittern eingerichtetes Hospitium für Kranke dar. Eine steile Treppe hinauf werden unter hohen Wölbungen mehrere Kranke getragen, die Ritter stehen ringsherum und scheinen sie zu warten, ein Knabe hält eine Fackel, die die Szene beleuchtet, und der Mond scheint durch eine Fensteröffnung hinein und gibt wieder ein anderes Licht – vortrefflich. Die Prinzen und Prinzessinnen des Preußischen Hauses haben jedes ein Fenster gestiftet, ihre Namen und Wappen sind auf das Glas gemalt. Ein Engel Michael in hellvioletter Farbe, den Drachen tötend, ist unbeschreiblich schön.

Den Abend verbrachte ich dann bei Helvigs, lesend und plaudernd. Helvig war den ganzen Tag ungewöhnlich guter Laune. Schade, daß sie zuweilen nicht mehr Findigkeit hat, so manche Verdrießlichkeit könnte dadurch vermieden werden. Aber es ist auch schwer, das ganze Leben lang die Findigkeit als Stütze des Wohlwollens immer zur Hand haben zu müssen. Wunderlich, wie oft doch die Menschen gegenseitig ihre besten Gaben in Kummer und Betrübnis verwandeln. Ach, könnte ich doch recht sanft sein, recht nachgiebig zur rechten Zeit, recht selbstverleugnend, möchte ich doch nie die Ruhe anderer stören! Oh du, dessen unerfahrenes Herz zu schlagen aufhören durfte, ehe du noch den Wogenschwall der Leidenschaften empfunden, verdammst du mich? Wirst du deine Freundin verstoßen?

 

Den 8. Den Abend bei Varnhagens. Sie ist sehr verständig, fein und gebildet und gewinnt jedesmal, wenn man sie sieht. Da war auch eine Frau Rethel mit ihrer Tochter, vermutlich Stieftochter, denn sie sahen aus wie zwei Schwestern. Frau Varnhagen zeigte uns in einem Tageblatt Auszüge aus einem persischen Buche »Kadbus«, das sie sehr rühmte.

 

Den 9. Adolf war mit Zelter bei Mendelssohns und hörte da Musik, die ihn entzückte, namentlich von dem jungen, achtzehnjährigen Felix Mendelssohn, Goethes und Zelters Liebling. – Das war einmal eine gute Bekanntschaft, die mich für ihn freute. Am Abend ging ich mit Adolf in das Theater und sah den »Barbier von Sevilla« mit Rossinis sprühender, lebendiger Musik. – Wir essen an diesen Schauspielabenden immer daheim. Wir haben etwas kaltes Fleisch, Maja-Lisa brät Kastanien, dazu bekommen wir frische Butter und Trauben zum Dessert – so haben wir ein kleines Schweden für uns und befinden uns wohl dabei.

 

Den 11. Am Abend bei Frau Bardeleben, deren Geburtstag war. Wir brachten Blumen mit, aber sie hatte schon schönere von ihrem geschiedenen Manne erhalten, der vor uns dagewesen war. – Ein wackerer Mensch, sehr wacker, der Vater ihrer verstorbenen Söhne, vermutlich die Liebe ihrer Jugend. Sie sah sehr gut aus, belebt und gerührt und hatte jene Farbe der Jugend auf den Wangen, die nur die Erinnerung an die Liebe auf ein welkes Gesicht zaubern kann – sie tat mir von Herzen leid, und ich bewunderte sie. Ich an ihrer Stelle hätte diesen Mann nicht sehen können. Aber wer weiß, was sie im tiefsten Inneren empfand! Habe ich nicht ebenso bittere Gefühle in meinem Herzen verschlossen?!

Bei Frau Bardeleben war auch Fräulein Verdier, eine junge, liebliche Frau Neander und für ein Weilchen Bettina. Wie gewöhnlich, schmeichelte sie mir und war sehr zutunlich – seltsam ist sie.

Als ich heimkam, hatte ich ein Gespräch mit Adolf, wobei ich ihn so edel, ehrlich und reingesinnt fand, daß es mir in der Seele wohl tat!

 

Den 12. Ich las die Frithjofsage in Peringskjölds alten Heldensagen. Abends kam Bettina und war munter und sprühend.

 

Den 13. Nachmittag holten wir Frau Bardeleben ab und fuhren mit ihr in den Brunnengarten, wo wir die besten Trauben bekamen, die ich je gekostet. Elsholz war mit uns, auch Adolf, aber stumm und düster! Ach, wie mir das alles verbittert. Ich bin nichts, wenn er traurig ist.

 

Den 14. Wir promenierten mit Helvigs nach Charlottenburg. Abends las ich aus Geijers Buch vor, das belebte mich – ich hatte mich so tot und matt gefühlt. Dieses beständige Herabsetzen aller Ansprüche an die Freude, zu bewundern, hochzuachten, zu verehren und zu lieben, dieses ewige Reduzieren von allem auf das Mittelmaß, diese Resignation zum dumpfen Stillstand, diese strittigen Elemente, die mich umgeben und zwischen denen ich vermitteln und beschwichtigen möchte – all dies verstimmt und bedrückt mich. Amaliens edle, poetische Natur, von Alltagssorgen bedrückt, von Sorgen abgenützt, entlädt sich jetzt oft in Reizbarkeit. Helvig, mit dem Gefühl der Kraft und Leistungsfähigkeit zu einem untätigen Leben verurteilt, sucht es mit Kleinigkeiten auszufüllen, mit wissenschaftlichen Experimenten ohne eigentliche Resultate, und isoliert sich mitten in der Welt, ohne anders an dem, was sich da zuträgt, teilzunehmen, als durch das, was er aus den Zeitungen erfahren kann. Redlich, lebhaft, gut, wie er ist, muß man es beklagen, daß dieser Mann nicht alles geworden ist, was er hätte werden können. Er sagte heute: »Ich glaube, in diesen letzten Jahren Entdeckungen in den Artilleriewissenschaften gemacht zu haben, die Schweden nützen könnten. Gerne würde ich fünf Jahre im Fegefeuer verbringen, wenn ich dann fünf Jahre meine Kenntnisse und meine Kräfte für das Wohl meines Vaterlandes einsetzen dürfte.« Bror denkt mehr nach, als man ursprünglich glauben sollte. Von seinem Vater übersehen, kann er sich nur an seine Mutter halten, und auch sie empfindet, wie unzulänglich die mütterliche Liebe oft ist. Dora ist ein munteres, lebhaftes Kind, aber ungehorsam, launenhaft und überaus begehrlich nach Näschereien. Als Liebling ihres Vaters und einzige Freude ihrer Mutter, ist sie von ihnen auch ein wenig verwöhnt. Das Ganze bildet einen ungemütlichen häuslichen Kreis, doch empfinde ich mit Freude, daß es besser geworden ist, seit ich ihm angehöre.

 

Den 16. Ging in die Kirche, hörte Neander predigen. Amalia las mir dann diverse Aufsätze und Betrachtungen vor, die sie geschrieben, unter anderem auch eine Beschreibung von Atterbom, so wie er ihr 1817 in Dresden erschien, diese interessierte mich besonders, weil sie nicht nur auf ihn zutrifft, sondern in gewisser Weise auf uns alle. Am Abend war ich mit Helvigs bei der »Jungfrau von Orleans«. Prächtige Dekorationen, großen Effekt macht dieses Schauspiel, erfreulicher zu sehen als »Don Carlos«, bei dem das Spiel der Akteure alles entscheidet. Wenn nur Johannas Rolle leidlich gespielt wird (wie dies nun bei der schönen Frau Unzelmann der Fall war), macht das ganze Stück einen guten Eindruck. Mich belebte es und erweckte so manches schlummernde Gefühl! Vaterlandsliebe, Ehre, Aufopferung, ach, hätte ich doch Worte oder Töne, um sie auszudrücken!!

In der Szene mit Lionel ging Frau Unzelmann meiner Meinung nach zu einer zu weichlichen Zärtlichkeit über, sie soll stark, aber keusch und zurückhaltend sein, so daß man den Kampf des Herzens merkt. Vielleicht kann das nicht so gegeben werden, wie ich es mir denke. Disput darüber mit Adolf. Im Schauspiel machte ich die Bekanntschaft des schwedischen Konsuls in Stralsund, Lundblad, der mit warmem Anteil von Tegnèr erzählte, daß es um seine Gesundheit jetzt schlimmer stehe. Ängstlich.

 

Den 17. Promenade mit Amalia. Wir trafen Bettina, die mit uns in Savignys Garten ging, wo wir auch Major von Wildermuth trafen, einen sehr angenehmen jungen Mann. Ich sehne mich darnach, einmal junge Frauenzimmer zu sehen, Mädchen, ich habe schon lange keine zu Gesicht bekommen. Wir gingen dann in einen Buchladen und sahen uns Kupfer an. Eines davon, » La religieuse d'Orviédo«, stellt eine Nonne dar, einsam in einer öden Landschaft mit einem neugeborenen Kindlein in den Armen. Ihre tränenvollen Augen sind zum Himmel erhoben, man sieht, daß ein Gebet auf ihren Lippen schwebt – es sagt, daß sie das Kind verlassen, Hungers sterbend gefunden hat und daß ihr Gebet die Hilfe des Himmels anruft, durch ihre Brust dem Säugling Nahrung zu geben. Diese schöne Gravüre rührte mich tief. Warum – dies liegt in meinem Herzen verschlossen. Ein einziger hat mich in dieser Hinsicht verstanden und ist dann doch hart gewesen.

Wir setzten am Abend die Lektüre von Geijers Buch fort. Eben heimgekommen, höre ich durch die Wand Adolf lauter Menuette komponieren, die ich hier für mich selbst tanze, um den Takt auszuprobieren.

 

Den 18. Ich werde so dumm! – Bin ich es immer gewesen, oder fange ich an zu altern, und die Fähigkeiten nehmen ab? – Gespräch mit Amalie über verschiedene wunderliche Verhältnisse hier in Deutschland. Ich finde doch, daß bei uns die Sitten schlichter, reiner sind. Ein gewisser Kindersinn herrscht noch bei den Schweden und schützt sie. Hier ist alles so durchdacht, so anatomisiert, daß man zuletzt nicht weiß, wo man eigentlich hingehört. Bin ich zu einfältig, zu beschränkt, um das zu begreifen? Ich weiß nicht, aber es macht mir einen unbehaglichen, störenden Eindruck, von diesen Ehebrüchen und -scheidungen zu hören. Wenn ich doch ein einziges glückliches, zufriedenes Paar zu sehen bekäme, ein wahrhaft friedevolles Heim, das würde mir in der Seele wohltun.

 

Den 19. Amalie malt nun alle Vormittage bei Professor Wach und kommt von da sehr heiter und belebt zurück. Am Abend erschien Professor Lachmann, und Amalie ging mit ihm die ersten Romanzen ihrer Frithjofübersetzung durch. Ich möchte keine Schriftstellerin sein! Die Freude daran könnte für mich nicht die Qual aufwiegen, jedes Wort so zerfasern zu müssen, zum mindesten möchte ich nicht übersetzen. Vorher hatte Amalie sehr artig eine Sage von Rübezahl im Riesengebirge in Schlesien erzählt. Daheim gemütlich, Adolf heiter.

 

Den 21. Den Abend bei Frau Bardeleben mit Welly Sparres Schwester, Frau Cohen von Barr, einer freundlichen, angenehmen, alten Dame, die viel versucht und ausgestanden und fünf tüchtige, hoffnungsvolle Kinder aufgezogen hat, von denen Betsy das vierte ist. Frau Groeben war auch da und zwei niedliche Mädchen, die Fräulein Burislaffsky, die eine Hoffräulein bei der Prinzessin Wilhelm, die andere nach meinem Geschmack schöner und anmutiger.

 

Den 22. Zank mit Adolf über einen Mantel, den er sich kaufen sollte. Ich wollte, er solle den praktischsten und wärmsten nehmen, und er wollte den elegantesten haben. Ich ungeduldig, er artig und liebenswürdig. Peinlich, wie eine alte Gouvernante sein zu müssen! Ein Herr Moltke war abends ein Stündchen bei Helvigs, auch Bettina. Ich fürchte, die Männer sind außerhalb Schwedens gebildeter, haben mehr Sinn für Kunst und mehr Kenntnisse. Wenigstens finde ich, daß die wenigen, die ich gesehen habe, weitere Gebiete für das Gespräch haben, als die Alltagsthemen, die bei uns die Konversation ausfüllen müssen, damit sie nicht einschläft. Dora las uns abends vor. Schade, daß es da nie behaglich aussieht – es könnte es so leicht werden, aber in allem tritt eine gewisse Unsicherheit zutage. Amalie versteht es nicht recht, die Gewohnheit als Mittel zum Behagen auszunützen. – Bettina ein Weilchen bei uns.

 

Den 23. Mißlungener Versuch, in die Kirche zu gehen. Es war da so voll, daß Adolf und ich wieder nach Hause gehen mußten, wo er mir dann vorlas. Am Nachmittag kam er mit zu Helvigs, und es wurde von Atterboms »Insel der Glückseligkeit« gesprochen, worauf wir zusammen in die Oper gingen, wo Spontinis »Fernando Cortez« gegeben wurde. Prächtige Ausstattung, turbulente Musik, aber schöne Melodien. Der Anfang des letzten Duetts im ersten Akt sprach mich besonders an, auch die Kriegsmusik, während die Kanonen über die Bühne gezogen werden.

 

Den 24. Adolf und ich gingen ins Schauspiel und sahen »Peter und Paul«, ein unterhaltendes Stück aus der Geschichte Zar Peter des Ersten, »Komm her« von Elsholz, recht gut und artig gespielt von Frau Stich, und schließlich »Die Entführung«, die mich an entschwundene Jugendfreuden erinnerte. Lange plauderten wir dann noch bei unseren Kastanien und Trauben und fanden die Gegenwart schön und traulich.

 

Den 25. Den ganzen Vormittag zu Hause. Adolf schrieb Noten und ich meine Erinnerungen, wir bekamen frische Trauben, lachten und scherzten und hatten es fröhlich. Auch bei Helvigs schön. Briefe von Tegnèr, Geijer und Atterbom, der erstere leider recht betrüblich. Er ist krank an Leib und Seele, die beiden anderen froh und vergnügt.

 

Den 27. Bei Helvigs mit Rosenblad. Später mit Frau Groeben bei Frau Bardeleben. Adolf kam auch hin und las Atterboms Briefe an Malsburg vor, die Frau Bardeleben nach seinem Tode geerbt hat. Diese Briefe sind sehr interessant und gut geschrieben.

 

Den 29. Kam etwas spät zu Helvigs, die das immer übelnehmen. Ich will mich bemühen, diesen Verdruß nicht mehr zu verursachen. Zur Abendgesellschaft die Damen Bardeleben und Groeben, eine junge Witwe, Frau Zimmermann, die eine angenehme Stimme hat und recht artig sang, Frau Varnhagen, die Witzige, Verständige, Herr Elsholz, Graf Kalckreuth, der Sohn des alten prächtigen Moltke von der hiesigen dänischen Gesandtschaft, Varnhagen, Rosenblad, ein Musiker Berg. Ich servierte den Tee, was mir Spaß machte, es wurde musiziert und geplaudert, und der Abend war lebhaft und kurzweilig, obgleich es schon spät war, als wir uns trennten.

 

Den 30. In der Kirche mit Frau Bardeleben. Hörte Schleiermacher predigen. Sein Text war: »Lasset uns nicht vom Bösen überwunden werden, aber das Böse mit Gutem vergelten.« Erbaulich und schön, erhabene Sprache, etwas Deklamation.

Ich begleitete Frau Bardeleben nach Hause, die mir freundlich und vertraulich von ihren früheren Umständen sprach, ihrem Manne und ihren Kindern. Ach, was ist sie unglücklich gewesen! Ganz jung, vermählte sie sich aus Liebe mit diesem Manne, der auch sie von Herzen liebte, und sie waren unbeschreiblich glücklich. Ihre Erziehung war nicht gründlich gewesen, aber er, der tiefe Kenntnisse hatte, unterwies sie in Sprachen, Geschichte und Geographie. So lebten sie sechs bis sieben Jahre ohne Ungemach, nur daß ihre beiden Söhne schwach und skrofulös waren. Der ältere, Hermann, starb und wurde von seinem Vater unbeschreiblich betrauert. Ihre alte Mutter wohnte in demselben Hause mit einem Professor, der mehrere erwachsene Töchter hatte, welche Frau Bardelebens Mutter ausnehmend gefielen und fast täglich bei ihr waren. Aber Bardeleben sprach sich nicht günstig über sie aus. Doch in dem Schmerz um den Tod des Knaben schien er sich immer mehr und mehr an sie anzuschließen, und eines Tages erklärte er seiner Frau, das älteste dieser Mädchen habe sein Herz gewonnen, sie sei ihm wahlverwandt und er wolle sich scheiden lassen, um sie zu heiraten. Der Schmerz der Gattin war unbeschreiblich. Sie versuchte ihn zu bewegen, von diesem unseligen Vorsatz abzulassen; aber als ihre Mutter von alledem erfuhr, geriet sie vor Zorn ganz außer sich, beleidigte Bardeleben und sagte ihrer Tochter, sie sollte zu stolz und zu zartfühlend sein, um einen Mann, der sie nicht mehr liebte, gegen seinen Willen festhalten zu wollen. So wurde sie überredet, in die Ehescheidung zu willigen, und Bardeleben verlobte sich mit seiner Geliebten. Da brach gerade der Krieg aus, er war lange abwesend, hatte Gelegenheit, sich bei mehreren Anlässen auszuzeichnen und schrieb der verlassenen Gattin, daß sie doch immer diejenige sei, an die er zuerst und am herzlichsten denke, wenn es ihm gut ergehe, und daß er wisse, sie würde seinen Namen nicht gleichgültig mit Ehren in den Zeitungen genannt sehen. Sie hatte inzwischen der Gesundheit ihres einzigen Sohnes wegen ein Haus mit einem Garten außerhalb von Berlin gemietet und wohnte da in größter Zurückgezogenheit, einzig und allein damit beschäftigt, das kranke Kind zu warten, das die ganzen Tage lang draußen im Garten in einem Wägelchen herumgezogen wurde, da es nicht mehr gehen konnte. Es war damals fünf Jahre alt.

Nach der Schlacht bei Waterloo, wo Bardeleben Gneisenaus Adjutant war, wurde er zum Obersten ernannt und mit Napoleons Wagen und Trophäen, die von Gneisenau erbeutet worden waren, nach Berlin heimgeschickt. Eines Abends, ganz unerwartet, kam er zu seiner geschiedenen Frau, zärtlich, herzlich, liebevoll, und sagte ihr, daß er ihr allein sein Glück zuschreibe, seinem Vaterlande so gut gedient zu haben, daß er ihr für das Beste in sich zu danken habe. Er umarmte seinen Sohn, und als dieser zur Ruhe gegangen war, wollte er die Mutter nicht verlassen, sondern bestürmte sie mit Liebe – und sie waren doch nun getrennt! Schmerzbewegt riß sie sich von ihm los und sagte, so könnten sie einander nicht mehr sehen. In Verzweiflung und heftigster Unruhe verbrachte sie die Nacht. Sie wußte, daß er am nächsten Abend zur Armee zurückkehren mußte. Nachmittags, als der Knabe von seiner gewohnten Spazierfahrt im Garten zu ihr zurückkehrte, merkte sie, daß er geweint hatte, und als sie ihn fragte, wollte er zuerst nicht mit der Sprache heraus, aber warf sich ihr schließlich schluchzend um den Hals und sagte: »Ich habe den Vater gesehen. Er ist gekommen, um Abschied von mir zu nehmen, aber er bat mich, es dir nicht diesen Abend zu sagen.« Von der Kinderfrau erfuhr sie dann, daß ein Herr, in einen Radmantel gehüllt, herangeritten gekommen war, sein Pferd am Gitter festband, in den Garten trat, den Kleinen aus seinem Wägelchen nahm und ihn lange herumtrug. Schließlich setzte er ihn wieder in den Wagen, küßte ihn mit Tränen in den Augen und ritt spornstreichs davon. Da die Kinderfrau noch nicht lange in ihren Diensten stand, hatte sie den fremden Herrn nicht erkannt. Der Schmerz und Kummer der armen Mutter brach von neuem los. Mit dem Knaben wurde es immer schlimmer, und er starb noch denselben Herbst. Bardeleben kehrte erst wieder, als der Vater seiner »Braut« ihm schrieb, daß der Zustand seiner Tochter eine baldige Hochzeit verlange.

Nun waren seitdem zehn Jahre verstrichen. Anfangs hatten sie einander nicht gesehen. Aber nach einigen Jahren war Bardeleben zu seiner ehemaligen Gattin gekommen und hatte sie gebeten, seine Freundin, seine Schwester zu sein und ihr gestanden, daß er sich in seiner zweiten Ehe nicht glücklich fühle. Zwei gesunde Kinder waren seine Freude, aber er konnte die Teilnahme und den Rat seiner ersten und besten Freundin nicht entbehren.

Mit strömenden Tränen und dem lebhaftesten Gefühl erzählte sie mir dies. Und ich ging heim, ganz davon erfüllt, beseelt von dem herzlichsten Mitgefühl für die leidende Gattin und Mutter. Adolf, der mich, als er nach Hause kam, weinend fand, mußte ich das Ganze erzählen. Dann war ich bei Helvigs und abends mit Adolf im Schauspiel bei »Kabale und Liebe«, im großen ganzen gut dargestellt, mit Ausnahme von Luises Rolle, die widerwärtig gegeben wurde. Diese Person ist auch meiner Meinung nach so unzart ausgeführt, daß es schwer ist, sie erträglich zu machen. Das Stück hat schöne Stellen, aber macht einen peinlichen Eindruck.

 

Den 31. Mit Amalie und Frau Bardeleben zum Buchhändler Reimer, um Bilder anzusehen. Sie waren auch schön, namentlich eine Maria mit dem Jesuskind und eine Kreuzabnahme. Sie sind von alten deutschen Meistern, letzteres von Schorrel, ersteres von Memling. Am allermeisten gefiel mir der Besitzer und sein schönes Heim. Er mag zwischen fünfzig und sechzig Jahren sein und sieht ungewöhnlich gut aus, der Ausdruck seines Gesichtes ist wie auf den alten deutschen Bildern. Er wohnt in einem prächtigen großen Hause, auf der einen Seite ist ein schöner Hof, auf der anderen ein Garten mit hohen Alleen, die bis zum Tiergarten hinabführen und mit ihm verbunden sind. Elf gesunde Kinder hat dieser glückliche Mensch!

Um sechs Uhr kam Adolf zu Helvigs und holte mich zum Theater ab, wo wir »Die Unzertrennlichen« sahen, ein kleines, sehr unterhaltendes Stück, und »Laß die Toten ruhn« von Raupach, noch amüsanter und sehr gut gegeben. Das erste war vielleicht besser, aber Devrients Spiel macht das andere so köstlich. Zu Hause las Adolf mir dann den Cid in Herders schöner Übersetzung vor.

 

Den 2. November. Besuch bei Mendelssohns mit Amalie. Angenehme Menschen. Die junge Frau Mendelssohn, schön und liebenswürdig, führte mich in ein Konzert, das von dem Violinspieler Maurer gegeben wurde. Die schöne ausgezeichnete Sängerin Demoiselle Sonntag fuhr auch mit, sie ist höchst einnehmend. Maurer spielt vortrefflich. Felix Mendelssohn, der gerade heute sein achtzehntes Jahr vollendet hat, dirigierte eine von ihm selbst komponierte Symphonie und spielte dann auf dem Klavier ein herrliches Konzert von Beethoven, dies fand ich am allerschönsten.

 

Den 3. Bei Helvigs, die Frauen Bardeleben und Arnim. Interessantes, unterhaltendes Gespräch, soweit ich es recht erfassen konnte. Bettina sprach davon, daß sie von ihrer ersten Jugend, ja von ihrer Kindheit an das Bedürfnis gehabt habe, mit Leidenschaft geliebt zu werden und daß ihre Kinder und die Obsorgen für sie ihr jetzt wie die Korybanten vorkämen, die den neugeborenen Jupiter lärmend umringten, auf daß seine Schreie nicht vom Vater Saturn gehört würden, der ihn sonst verschlungen hätte. In gleicher Weise betäuben jetzt die täglichen Sorgen die Schreie der Seele, die gebieterisch Seligkeit begehrt. Die Seelen mancher Menschen schreien nicht so heftig, daß sie selbst ihre Rufe vernehmen. Liebe sei das einzige auf der Welt, was man Seligkeit nennen könne, und dennoch habe man nicht Genie genug, diese Seligkeit im Augenblick zu erfassen, denn es sei Genie nötig, um Abandon genug zu haben, glücklich zu sein, und dabei Besonnenheit genug, um sein Glück zu fühlen und zu genießen und den Gegenstand seiner Liebe glücklich zu machen. Wenn man sich kalt und weniger süß bewegt fühlt, müsse man zu seinem Troste wissen, daß, was auf der einen Seite fehlt, auf der anderen ersetzt wird. Zwei Liebende lieben selten im selben Augenblick gleich, und wenn man selbst am meisten liebt, wird man nie am meisten geliebt. Sie führte dieses Thema mit einer metaphysischen Weitläufigkeit aus, der ich nicht zu folgen vermochte. Ich mußte meine ganze Denkfähigkeit und Aufmerksamkeit anstrengen, um sie fassen und verstehen zu können. Mir, glaube ich, könnte sie recht gefährlich werden, denn sie ist wie ein Schwefelhölzchen. Sie findet sicherlich einiges Gefallen an meiner Einfalt, an der Neubegier, mit der ich ihren Worten folge, und dies macht es, daß sie sich gegen mich besonders gefällig bezeigt. Es ist ein Gemisch von Behagen an ihren geistreichen Gesprächen und von Unbehagen an ihrer Art, das in seiner Weise ganz eigen ist. – Wir betrachteten dann indische Malereien, die Amalie von ihrem Vater aus der Zeit hat, die er in Kalkutta war. Ein kurzweiliger und interessanter Abend.

 

Den 5. Besuch bei Frau Cohen, wo ich Betsys schöne kleine Nichte sah, und bei der kleinen, hübschen, anmutigen Frau Ulff (mit einem Schweden verheiratet). Abends war ich mit Amalia im Königstädter Theater, sah ein recht mittelmäßiges Stück, »Arm und reich«, und hörte den schönen Gesang von Demoiselle Sonntag.

 

Den 6. Bei Helvigs ungewöhnlich heiter und behaglich. Adolf kam am Nachmittag hin und hatte ein Gespräch mit Amalie, das mich von Herzen erfreute. Sie bestärkt ihn darin, Logiers neue Methode des Unterrichts im Fortepianospiel zu erlernen und sie in Schweden einzuführen. Geijer riet davon ab, er hält es für Charlatanerie, ich weiß nicht, aber mir kommt es doch vor, als könnte das eine bestimmte Beschäftigung für ihn werden und ein Mittel, seinen Lebensunterhalt zu verdienen und Sophie Kernell zu heiraten. Ich will tun, was ich kann, um dazu beizutragen. – Wir gingen dann ins Schauspiel, wo wir »Cardillac oder das Stadtviertel des Arsenals« sahen, ein interessantes Stück voll Effekt. Immerhin will es mir scheinen, als hätte man aus Hoffmanns Novelle etwas Originelleres und Spannenderes machen können. Frau Wolff als Madame de Scudéry war vortrefflich. Gutes Gespräch mit Adolf, der am Vormittag bei Mendelssohns schöne Musik gehört hatte.

 

Den 7. Mit Adolf im Schauspiel, wir sahen die »Braut von Messina«. Einen so schlichten, weihevollen Effekt habe ich wohl noch nie bei einem Theaterstück gesehen, eine echte Tragödie! Sie wurde gut gegeben, Frau Schröckh, die Fürstin-Mutter, war vortrefflich, ihre schwarze Witwentracht bildete in den letzten Szenen einen schönen Kontrast zu Beatrices (Frau Unzelmann, recht hübsch) kreideweißem Novizengewand, sie war auch besser als gewöhnlich. Welche göttlich schönen, gediegenen Verse in diesem Stück! Die Chöre machen einen seltsamen, aber angenehm weihevollen Eindruck und stören den Gang des Stückes nicht. Lemm führte den einen Chor prächtig, Mattausch den anderen. Schön ist das Ganze, mächtig und ergreifend. – Adolf war zufrieden.

 

Den 8. Bei Frau Bardeleben. Bettina kam hin, interessant. Sie sprach mit Freundschaft und Teilnahme von einem jungen Graubündner Häßly.

Bei Helvigs war er wieder schlechter Laune schrecklich unerquicklich – Amalie faßte dann wieder Mut, und es wurde mit ihr und den Kindern gemütlich. Sie lasen uns eine überaus anmutige Novelle aus der Penelope vor, »Das Vermächtnis«.

 

Den 9. Amalie kam zu mir und zeigte mir einen Brief, den sie an Helvig geschrieben hat. Möchte er doch das erwirken, was er erstrebt! Ich war dann zum Mittagsessen bei ihr, er ließ sich nicht sehen! – Fuhr mit Amalie zu Frau Schimboffsky, die mit ihrer jungen Tochter allein war, dann zu Graf Goeben und seiner anmutigen Frau Selma, Atterboms Freunde und Ideal. Sie saß mit ihrem ältesten Sohn, einem schönen Knaben, und einem kleineren Mädchen an einem Tische. Das sah so häuslich und traulich aus, und die junge Mutter, die vor einigen Wochen ihr siebentes Kind bekommen hat, sieht aus, als wäre sie fünfundzwanzig Jahre, schön und lebendig. Sie ließ ihren Mann verständigen, der bald hereinkam und herzensfreundlich war, er sprach von Schweden mit Achtung und Liebe und von Atterbom mit inniger Teilnahme. In allem fand ich Atterboms Beschreibung bestätigt. Selma ist das schöne, liebevolle Weib und Carl der redliche, biedere Mann, von dem ich ihn erzählen gehört. Nur Kraft vermißte ich an ihm – er sieht schwach und kränklich aus. Er fragte nach unserem König und Kronprinzen und nach der »Geistlichkeit in Schweden«, dies war das einzige, was auf jene Bigotterie hindeutete, derentwegen ich ihn tadeln gehört. Wir fuhren von dort zu Frau Bardeleben, wo wir den Abend mit der alten Frau Groeben, ihrer Schwester, der Generalin Knobelsdorff, der Staatsrätin Kunz und Bror Helvig verbrachten. Es war recht unterhaltend – aber ich machte die Reflexion, daß Amalie tausend Bekannte hat, hundert Bewunderer, aber eigentlich keine intimen Freunde; alles ist lose, vorübergehend, für den Augenblick! So ist es wohl überall – vielleicht ist es richtiger, als sich ein ganzes Leben lang so warm und treu an ein und denselben Gegenstand zu hängen. Diese Beständigkeit bereitet Schmerz und Enttäuschungen. Amalie las einige schöne Verse. Ach – darin spricht sich ihr ganzes besseres Ich aus, so sanft, so schön, als es ursprünglich ist.

 

Den 10. Bei Helvigs war der Hausherr noch immer unsichtbar und unzugänglich – düster! Da Helvig sich nun den dritten Tag nicht zeigte, ging ich auf den Wunsch seiner Frau zu ihm hinein und fragte, ob ich es sei, die ihn so von seinem Tische verjagte, an dem seine Frau und seine Kinder ihn vermißten. Er war freundlich gegen mich, aber mißvergnügt und schwermütig. Ich fürchte, dieses unglückliche Verhältnis ist unheilbar. Wo Achtung und Liebe fehlt, gibt es kein Mittel, eine erträgliche Ehe zusammenzuleimen. Er liebt sie, aber sie kann ihn weder lieben noch achten. Bror, der arme neunzehnjährige Junge, fühlt wohl das Unglück der Lage, aber trägt durch seine stumpfe Untüchtigkeit noch dazu bei, sie zu verschärfen. Düster und schwer ist das Leben, wenn es so dahingeschleppt wird.

 

Den 11. Helvig war im Salon, als ich zu ihnen kam, freundlich und sanft gegen mich – aber das Ganze unbehaglich. Ich las Amalie »Die Weinlese« aus dem Morgenblatt vor. Abends mit Amalie bei Varnhagens. Da waren die Nichten der Frau, Frau Bardeleben, Klingemann, Robert u. a. Das Gespräch war lebhaft und interessant wie immer bei Varnhagens. Klingemann sprach mit Interesse von Adolf.

 

Den 12. Amalie mutlos und wehmütig – ängstlich! Um sie ein wenig aufzumuntern, schlug ich ihr und Dora vor, mich in die Komödie zu begleiten; wir sahen da »Die eigene Wahl«, eine kleine amüsante Komödie, und »Der Bär und der Pascha«, ein burleskes und höchst drolliges Stück.

 

Den 13. In der Kirche, hörte Schleiermacher predigen. Sein Text war: Laßt uns gute Haushalter sein über die Gaben Gottes! – Vortrefflich. War dann mit Adolf in der Oper und hörte die »Zauberflöte«, eine herrliche, köstliche Musik.

 

Den 15. Adolf kam zu Helvigs, traulicher Abend. Adolf las uns aus Bonstettens Arbeiten vor und sang einige Lieder, die sehr gefielen. Die Fräulein Burislaffsky und Lang waren auch da, niedliche Mädchen. Adolf war jedoch nicht zufrieden. Mein armer Freund, er hat es schwer, vergebens versuche ich zu tun, was in meinen Kräften steht, um abzuhelfen – aber ich kann es nicht mehr.

 

Den 16. Mit Amalie zu dem Maler Ländrick, wo wir schöne Bilder sahen. Doch mehr als alle Bilder interessierten mich ein paar lebende Menschen, die da waren, Theodor Körners Eltern. Die Mutter ist zweifellos schön gewesen, und er sieht wie ein Ehrenmann von echtem Schrot und Korn aus, eine Ähnlichkeit mit dem Porträt des Sohnes, das ich auf einem Kupfer gesehen habe, ist nicht zu verkennen. Wie glücklich und unglücklich sind diese Eltern doch gewesen! Mit einem solchen Kinde begnadet zu sein und es verlieren! Wir waren dann bei dem Maler Schadow und sahen in seinem Atelier einige schöne Bilder eines jungen, kürzlich verstorbenen Künstlers Wägner. Auch mehrere von Schadow selbst, darunter die Fürstin Liegnitz (die spätere Gemahlin des Königs von Preußen), schöne Augen, Stirn und Nase, aber häßlicher Mund. Elsholz kam auch hin und begleitete uns zu den Bildhauern Wichmann, sehr angenehme Menschen. Da war eine schöne Gruppe Amor und Psyche, doch nicht so schön wie die Sergels, und eine sitzende Statue der Großfürstin Alexandra, ehemaligen Prinzessin Charlotte von Preußen, die älteste Tochter des Königs, mit dem Großfürsten Nikolas vermählt.

 

Den 17. Bettina kam am Abend zu Helvigs und ging mit mir nach Hause. Ihre inhaltsreichen Gespräche munterten Adolf auf und taten ihm gut. Er begleitete mich dann in die Oper, wo »Romeo und Julia« gegeben wurde – vortrefflich. Madame Stich als Julia ist prächtig, schade nur, daß sie bald zu alt für diese Jugendrolle sein wird. Wir gingen dann bei schönem Mondschein nach Hause. Diese Schauspielabende mit meinem jungen Freunde sind so genußreich! Und unsere Kastanien und Trauben schmecken dann so gut. Adolf war vergnügt und heiter – ich zufrieden.

 

Den 18. Adolf kam nachmittags zu Helvigs und las uns »Der Proselyt« vor. Gute Briefe von zu Hause. Schlummerte mit dem frohen Gefühl ein, wie liebenswürdige Freunde ich doch besitze und welch ausgezeichneter Kreis mich daheim in Upsala vermißt! Arme Amalie! So viel mehr wert, hat sie doch weder das eine noch das andere.

 

Den 19. Im Königstädter Theater. Nach vielen Deliberationen und Beschwerlichkeiten hatten wir doch viel Spaß am »Tiroler Wastel«, der da gegeben wurde. Die Tiroler Melodien sprechen mich unbeschreiblich an, und ich sah auch viel Grazie in der Ausführung. Adolf fand das nicht und hat vermutlich in musikalischer Beziehung recht. Spitzeder und Demoiselle Sertorius waren sehr artig und ihre Tiroler Lieder und Tänze charmant.

 

Den 21. Zu Mittag bei Mendelssohns mit Helvigs. Die Schwester des Hausherrn, Demoiselle Mendelssohn, die dreiundzwanzig Jahre im Hause des Generals Sebastiani in Frankreich war und seine Kinder erzogen hat, ist ein vortreffliches, angenehmes und gebildetes Frauenzimmer. Der Minister Wilhelm von Humboldt mit seiner Frau war auch da, ferner zwei Fräulein Saaling und viele andere. Ich saß bei Tische zwischen Humboldt und dem Chevalier de Breme, dem Gesandten aus Turin. Mit dem letzteren sprach ich ziemlich viel, er ist recht artig, kennt Mathilde d'Orozeo und ihre Mutter, so daß wir dadurch Gesprächsthemen hatten. Mein anderer Nachbar war mit Fräulein Saaling, seiner anderen Tischdame, die eine außerordentliche Schönheit ist, so beschäftigt, daß für mich nur wenige Worte abfielen, was ich recht sehr regrettiere. Das Diner war lecker, eine Menge guter Dinge, an denen ich mir hätte acht Tage gütlich tun müssen, um sie so recht zu genießen. Um sieben fuhren wir wieder fort, es scheinen gute, verständige Menschen zu sein, ein reiches und gastliches Haus. Wir fuhren zu Savignys, Frau Arnims Schwester, die sich etwas unpäßlich fühlte, uns aber trotzdem empfing. Sie sieht recht gut aus und hat eine ganz andere Turnüre als Bettina, mehr Welt, Gleichgewicht und vielleicht – Mittelmäßigkeit. Ihre Tochter, ungefähr achtzehn Jahre, natürlich und angenehm. Es war behaglich und traulich, und ich sah, daß man eine gute Meinung von mir hatte. Bettina kam und schwätzte Torheiten wie gewöhnlich. Savigny, der ein berühmter Jurist sein soll, sieht prächtig aus, sie haben zwei schöne Knaben, neun und fünf Jahre alt. Bettina unterhielt mich und brachte mich in Verlegenheit wie gewöhnlich.

Jean Paul Richter ist gestorben! Ach, der edle genialische Mann! Wie bin ich doch froh, daß ich ihn einmal gesehen habe und daß er so herzensgut und freundlich gegen mich war! Unvergeßlich wird mir diese Stunde immer bleiben. Mit Adolf sprach ich zu Hause noch lange von Jean Paul. Adolf ist recht traurig, niedergeschlagen und gedankenvoll.

 

Den 22. Fuhr mit Amalie in die Singakademie, wo Zelter dirigierte, Adolf kam mit. Da wird ohne Akkompagnement irgendeines Instruments gesungen. Fasch, der diese Singakademie begründet hat, war Zelters Vorgänger. Diesmal wurden Kompositionen von Fasch, Schulz und Spohr gesungen. So gut eingeübte Chöre bekommt man selten zu hören. Von dort gingen wir zur Baronin von Arnim, die uns für den Abend gebeten hatte. Sie ist ein unbeschreibliches Wesen, aber voll Anmut und Geist. Anfangs war sie nicht heiter, doch belebte sie sich bald. Fräulein Verdier scheint ihre Stütze in häuslichen Dingen zu sein, und eine solche hat sie wohl sehr nötig. Wir waren zuerst allein mit ihr, und da war sie besonders interessant in ihren Bemerkungen über Musik. Dann kam der Architekt Schinkel mit seiner Frau. Er ist Künstler und Bettinas ausgesprochener Liebling, die Frau sieht trocken und langweilig aus. Herr und Frau v. Savigny, ein junger Herr Rudolf, Klingemann und die gute Frau von Bardeleben bildeten die übrige Gesellschaft. Es war sehr hübsch bei Bettina. Sie zeigte uns einige an sie gerichtete Verse, darunter einen kleinen eigenhändig geschriebenen von Goethe, den ich unschätzbar fand, und den sie in kindlichem Mutwillen zerknüllte – sie kommt mir manchmal wie ein Kind vor. Es ist sicherlich schade um sie. Ihre Kinder kamen nicht zum Vorschein, »sie passen nicht in Gesellschaft«, sagte sie. Klingemann und Lindblad spielten Fortepiano, sangen und fanden Beifall.

 

Den 24. Amalie las mir eine Zueignung ihrer Frithjofübersetzung an Goethe vor. Ich war dann abends daheim in meinen kleinen Stuben, trauliche Einsamkeit. Versuch, es für Adolf ein wenig behaglicher einzurichten – mißglückt! Wie habe ich mich doch verändert! Habe ich viel verloren – oder gewonnen? Ich fürchte ersteres – obgleich ich in der ungewöhnlichen Ruhe meines Herzens, in seiner mir bis jetzt fast unbekannten Freiheit von allen Ansprüchen, die Gewähr zu finden glaube, daß ich demütiger geworden bin, selbstverleugnender und nur etwas für einen anderen zu tun brauche, um zufrieden zu sein.

 

Den 25. Amalie war müde. Vormittag war ein alter Bekannter bei ihr gewesen, an dem sie früher Freude gehabt hatte, jetzt ganz gealtert und verändert – trauriger Anblick, der ihr einen tief schmerzlichen Eindruck hinterließ. Helvig war heute bei guter Laune. Adolf ging mit mir ins Schauspiel, wo ich mit Frau Bardeleben »Fanchon« sah, eine anmutige Operette mit schöner Musik. Madame Seidler als Fanchon war charmant, schön und lieblich und sah auch sehr jung aus.

 

Den 26. Den ganzen Tag bei Helvigs bis sieben Uhr, dann gingen Amalie und ich zu Frau Bardeleben; da waren auch Frau Groeben, Frau Kunz, ein junger Herr Grasunder, recht angenehm, Elsholz und Lindblad. Lebhafte Unterhaltung, die mir gut tat, mich von ängstlichen Gedanken ablenkte und so heilsam wirkte. Es wurden Gespenstergeschichten erzählt, und Amalia erzählte die vom »Graupappegesicht« folgendermaßen:

Einer der sieben Brüder des berühmten Herzogs Bernhard von Sachsen-Weimar war von Kindheit an wild und böse. Im Dreißigjährigen Krieg, den er mitmachte, versuchte er einmal Tilly zu ermorden und wurde entdeckt, aber aus Schonung gegen seine Familie nicht bestraft, sondern nur gefesselt nach Weimar zurückgebracht, wo er fortfuhr, ein wüstes Leben zu führen und einmal gegen seine leibliche Mutter einen Pistolenschuß abfeuerte, der allerdings nicht traf. Wegen seiner unbändigen und gefährlichen Gemütsart wurde er in ein Gefängnis gesperrt, in dem die Fenster so hoch oben angebracht waren, daß er, auf dem Boden stehend, nicht hinaussehen konnte. Aber um sich die Zeit zu vertreiben, kletterte er hinauf und grinste die Vorübergehenden an, sein Antlitz war grau und grimmig und wurde allgemein das Graupappegesicht genannt. Nach einiger Zeit verschwand er. Einige erzählten, er habe sich einmal zu weit aus dem Fenster gebeugt, sei auf die Straße gefallen und daran gestorben. Andere sagten, er wäre eines Morgens mit umgedrehtem Halse tot in seinem Bette aufgefunden worden, manche glaubten, der Teufel habe ihn geholt, andere wieder, seine eigenen Verwandten hätten ihn insgeheim töten und die Leiche in einem Keller unter dem großen Hause begraben lassen, in dem er gefangen gewesen und das einstmals ein Kloster gewesen war. Dieses Haus stand seither in dem Rufe, daß es da spuke. Frau Helvig hatte ihre Mutter und Großmutter die Personen, welche die gruseligen Ereignisse, die im folgenden erzählt werden, erlebt haben, mit Namen nennen gehört.

Eine Magd, die Bier aus dem Keller zu holen pflegte, verspätete sich bei dieser Verrichtung oft sehr. Als ihre Herrin ihr diese ihre Langsamkeit vorhielt, erwiderte sie, »der graue Mann« stünde immer an der Kellertüre, und sie müßte warten, bis er wieder fort sei. Eine Liebesintrige zog einen jungen Mann oft in dieses Haus, und er sagte, daß er auf der Treppe häufig dem »grauen Manne« begegnete. Eine Frau Jaxthausen kaufte das Haus und wohnte da mit ihrem Sohne und ihrer Tochter. Der Knabe mochte ungefähr 9 Jahre alt sein, er wurde kränklich und wunderlich, sprach oft zu sich selbst und wich zur Seite, gleichsam jemandem aus dem Wege, den niemand sah. Und wenn man ihn fragte, sagte er, der »graue Mann« wolle, daß er mit ihm gehe. Sein Lehrer versuchte ihm den Mut einzuflößen, einmal mitzugehen oder sich auch von diesen Phantasien ganz zu befreien. Eines Tages, als der Lehrer mit seinem Schüler ausgegangen war und seine Türe verschlossen hatte, fand er bei seiner Rückkehr alle Bilder in dem Zimmer umgedreht. Schließlich sprach man mit einem Geistlichen darüber, und der glaubte, das beste wäre, wenn man den Knaben überreden könnte, dem wunderlichen Rufe zu folgen, nachdem er ein Gebet gesprochen und sich so vorbereitet hätte. Aber der Knabe wollte es um keinen Preis tun und wurde mit jedem Tage unruhiger; und einmal, als er auf der Treppe rasch umkehren wollte, fiel er und schlug sich tot. Die jüngere Schwester sagte, daß sich nachts »etwas« auf ihr Bett setzte und so tief seufzte, daß sie weinen mußte. Die Mutter verkaufte die düstere Behausung.

Nun zog ein älterer Mann, der eine junge Frau hatte, ein. Sie hörte nachts oft Lärm, vermochte aber den Alten nicht davon zu überzeugen, bis er krank wurde und wachend das gleiche hörte. Er ließ das ganze Haus genau durchsuchen und fand nichts, aber das Gebäude nebenan war ein Zuchthaus, und er glaubte, daß irgendeine Unordnung von dort den Lärm verursachen könnte. Eines Nachts hörte man ein Wispern wie von einer großen Gesellschaft, es war ganz unheimlich und gruselig. Dann war es eine Zeitlang still. Der alte Herr starb, und die mutige Frau blieb da wohnen, obschon sie zuweilen wunderliche Laute hörte. Eines Abends, als sie allein in einem Zimmer saß, wo ihr Klavier geöffnet mit aufgeschlagenen Noten stand, blätterte es in ihren Noten, sie hörte es und sah die Blätter wenden. Entsetzt wollte sie zum Glockenstrang eilen, um zu klingeln, aber sieh da! Da stand nun der Mann mit dem Graupappegesicht und lehnte sich an die Wand. Versteinert sank sie auf einen Stuhl und hörte zu ihrer unaussprechlichen Freude, wie eine Türe aufging und jemand hereinkam. Es war eine ihrer Schwestern, die in Weimar wohnte, und sie sagte: »Wie gut, daß ich dich daheim treffe, ich komme, um den Abend bei dir zu verbringen!« Bald fand sie es jedoch kalt, unheimlich, gleichsam kellerartig im Zimmer und hielt es nicht länger darin aus. Die junge Frau folgte ihr und zog bald aus der unheimlichen Wohnung fort.

Hierauf zog eine andere Familie ein, die einen alten strammen, verabschiedeten Militär bei sich hatte, welcher auf sein eigenes Verlangen in das Zimmer einquartiert wurde, wo der Spuk am tollsten sein sollte. Er hörte zuweilen wunderliche Geräusche, aber kümmerte sich nicht darum. Eines Abends, als die vorhergehenden Nächte unruhiger als gewöhnlich gewesen waren, legte er seine zwei geladenen Pistolen und seinen Degen auf einen Tisch neben sein Bett und ließ die Lampe brennen. Nachts erwacht er durch ein Geräusch in der entgegengesetzten Ecke des Zimmers, er stürzt mit dem Degen in der Hand hin und findet nichts; aber als er sich umdreht, sieht er den »grauen Mann« am Tische sitzen, eine Pistole in jeder Hand, auf ihn gerichtet. Am Morgen wurde er ohnmächtig auf dem Boden gefunden, und auch diese Familie räumte das Feld.

Nach einigen Jahren zog eine Witwe mit ihrem jungen Sohne ein, einem unternehmenden kühnen Mann; und einer seiner Freunde wohnte zuweilen in dem erwähnten Zimmer bei ihm. Dieser letztere war ein Bekannter von Fräulein Imhoff und pflegte ihr zuweilen eine Visite im herzoglichen Schlosse zu machen, wo sie als Hoffräulein wohnte. Einmal äußerte sie ihre Verwunderung darüber, daß er am Vormittag ungepudertes Haar habe, wo er doch sonst wie alle anderen zu jener Zeit Puder gebrauchte. Er erwiderte, halb ernst, halb scherzend, dies käme von dem Angstschweiß, der ihn überfiel, wenn er jede Nacht bei den seltsamsten Lauten die Decke über den Kopf zog, um nur nichts zu sehen. Mehrere der Freunde des jungen Herrn beschlossen, sich eines Nachts im Hause zu verteilen, um das Geheimnis zu ergründen. Seme Mutter war von diesem Vorhaben nicht sonderlich erbaut, da sie in einem der Zimmer eine Flaschenbatterie hatten und die Nacht zechend zu verbringen gedachten. Sie stand an ihrem Fenster und sah sie über den kleinen Hof in dem erleuchteten Zimmer trinken und fröhlich sein, als sie plötzlich ein ungewöhnliches Geräusch hörte und alle Lichter erloschen. Die zechenden jungen Herren hatten den Lärm an der Türe gehört und sie rasch geöffnet. Da schwirrte ihnen etwas wie ein paar große Flügel entgegen, löschte alle Lichter und schlug etliche von ihnen so auf die Arme, daß sie blaue Flecken davontrugen. – Nach diesem letzten Vorfall blieb das Haus unbewohnt und wurde im Jahre 1810 in ein Kriminalgericht umgewandelt.

Mit Mühe ließ Adolf sich dann persuadieren, seine Lieder zu singen und war hernach nicht übler Laune.

 

Den 27. Bei Helvigs Gespräch über Geijer und die Schweden im allgemeinen. Adolf kam hin – heiterer und unbefangener als gewöhnlich. Er und ich gingen dann ins Opernhaus, wo man Schillers »Räuber« gab. Devrient als Franz Moor vortrefflich und Krüger als Karl ungewöhnlich gut – ein gruseliges Stück! – Adolf vergnügt und guter Dinge.

 

Den 28. Amalie den ganzen Abend mit ihrer Frithjofübersetzung beschäftigt. Bror und ich lasen am selben Tische »Phantasiegemälde« von Doering. Es ekelt mir schon förmlich vor dieser Unmasse kleiner Romane und Novellen, und ich wünschte, daß alle diese Taschenbücher einmal ein Ende nähmen. Wenn man eines anfängt, muß man es doch zu Ende lesen und hat schließlich keinen Gewinn davon.

 

Den 29. Zu Hause. Las »Ion« von Euripides, ein Schauspiel aus dem Griechischen von August Wilhelm Schlegel. Der einfache große Geschmack der Antike erhebt dieses Stück himmelhoch über die Schauspiele der Gegenwart. Alles scheint mir darin vortrefflich. Professor Lachmann bei Helvigs zu Mittag. Der Adjutant des Herzogs von Cumberland, Oberstleutnant von Pollen, zur Visite da. Der Abend war lebhaft und verging nur zu rasch. Amalie sprach von Goethes und Schillers Verhältnis zueinander und von Goethe im allgemeinen.

 

Den 30. Brandel kam am Nachmittag zu Helvigs und war umgänglicher als ich ihn noch je gefunden. Zum Abend war Mademoiselle Maillet da, Doras Pensionsgouvernante, und ihrer Schwester und ewigen der Pensionäre, unter denen Angelika Couratowsky, eine junge Polin, besonders interessierte und gefiel. Mit vierzehn Jahren hat sie ihre Eltern und ihre Großmutter verloren und hat jetzt nur entfernte Verwandte, die sich ihrer annehmen, ein anmutiges, liebliches Mädchen. Mademoiselle Maillet erzählte, daß sie ihr Vaterland, das unglückliche Polen, so innig liebt, daß, wenn sie Geographie lernt und das geteilte Polen vorkommt, große Tränen auf die Karte des zerstückelten Vaterlandes fallen.

Noch mehrere andere waren bei Amalie, darunter die liebenswürdigen Damen Groeben und Bardeleben. Wir lasen aus Washington Irvings Reiseerzählungen – etwas mir ganz Unbekanntes. Er ist Amerikaner und soll ein besonders guter Schriftsteller sein und ganz neue frische Ansichten über das alte Europa haben.

 

Den 1. Dezember. Den ganzen Vormittag zu Hause, hörte Adolf neue Lieder spielen, schön, traulich, gut. Am Nachmittag machte ich mit Lindblad bei Frau Arnim Visite. Wir fanden Bettina schreibend. Adolf setzte sich auf ihren Wunsch an das Pianoforte, und sie las mir den Brief vor, den sie eben schrieb – ich weiß nicht, an wen. Arme Bettina! Ich verstehe sie vielleicht besser, als sie glaubt, obgleich ich in ihrer Lage, als Gattin und Mutter von sechs Kindern, wohl genug für mein Herz und meinen Tätigkeitsdrang hätte. Aber größere Gaben bedingen wohl auch größere Bedürfnisse, Gefahren und Verlockungen.

Ihre »Liebesbegegnisse« mit Goethe sind eigen! Er war sechzig, sie zwanzig Jahre alt, da gingen sie eines Abends durch eine Straße in Weimar. Es war dunkel, aber auf einmal wurden sie durch eine Laterne beleuchtet. Goethe sagte: »Siehst du, unvermutet zuweilen kommt der Lichtstrahl und zeigt uns, was wir lieben!« Und er, der Starke, nahm sie in seine Arme und trug sie in ihr Haus, zwei Treppen hoch und nannte sie »Götterkind, Sternenkind!« Oben schlief ihre Schwester schon, der matte Schein einer Lampe erhellte das Zimmer. Sie setzten sich, und Bettina sagte schmeichelnd: »Siehst du, wir genießen zusammen die Flamme der Nacht.« »Ja, mein liebes Kind, aber es ist uns nicht erlaubt, sie länger zusammen zu genießen!« Und bewegt verließ er sie.

Einmal zeigte er ihr seine Büste im Alter von vierzig Jahren und stellte sich daneben, um ihr den Unterschied zu zeigen. Lange betrachtete sie die Büste, so lange, daß er glaubte, sie erkenne sie nicht und darüber zürnte – da küßte sie die Büste innig. Eifersüchtig riß er sie von der Büste weg, drückte warme Küsse auf ihre Lippen und hob sie hoch empor mit dem Ausruf: »Götterkind! Sternenkind!« Bettina machte drauf die Reflexion: »Es ist gefährlich, diese Ausrufe der Liebe zu hören, sie bleiben zu tief im Herzen haften, man glaubt an sie! Aber in diesem Augenblick war ich das, was er mich nannte, von seinen Armen zum Himmel erhoben!«

Am Abend vor ihrer Abreise aus Weimar war sie mit mehreren anderen bei Goethe. Sie saß auf dem Sofa und lehnte sich zurück, er nahm ein Kissen, legte es ihr unter den Kopf und sagte: »Schlafe da ruhig, mein Kind, bleibe länger als die anderen!« Als sie dann aufstand, um ihrer Wege zu gehen, nahm er das Kissen, legte es in sein Bett und sagte: »Was meinst du, wenn du hier neben mir schlafen wolltest? Du siehst, daß ich dich nicht störe!« »Ja,« antwortete sie, »ich werde einmal neben dir schlafen.« Sie entfernte sich, aber später in der Sommernacht trat sie in den Garten neben dem Hause, in dem sie mit ihrer Schwester wohnte und der an Goethes Garten grenzte. Sie stieg über die niedrige Mauer, die die Gärten trennte, setzte sich auf ein Blumenbeet vor seinem Fenster und weinte süße Tränen. Gegen Morgen pflückte sie die schönsten Blumen, so viel sie nur tragen konnte, huschte leise in sein Zimmer, das Glastüren in den Garten hatte und sah da das Kissen, an das sie abends ihren Kopf gelehnt, nun unter dem Haupte des schlummernden Greises. Sie legte ihre Blumen vor sein Bett hin und schlief da ein paar Stunden süßer denn je. Als sie munter wurde, ging sie ganz leise denselben Weg hinaus, aber da erwachte er und rief sie verwundert an. »Siehst du,« sagte sie, »ich habe zu deinen Füßen geschlafen, die zerdrückten Blumen bezeugen es!« Er rief sie zurück – sie umarmte ihn und enteilte. Eine Stunde später saß sie in dem Wagen, der sie aus Weimar führte.

Viele Jahre später traf sie ihn unvermutet im Parke in Teplitz – sie lief ihm entgegen. »Bombe,« sagte er, »warum zersprengst du mein Herz?«

All dies stand in einem Brief beschrieben, den sie mir vorlas, aber so poetisch und schön, daß mich die größte Lust anwandelte zu weinen. – Ich muß mich zusammennehmen, mich nicht zu sehr an dieses wunderliche Geschöpf zu hängen – ich fürchte, es wäre schmerzlich und gefahrvoll. Sie ist hinreißend, aber ich kann sie nicht billigen.

Wir kehrten zu Helvigs zurück, und Adolf las uns den ersten Teil der »Insel der Glückseligkeit« von Atterbom vor. Amalie war in guter Stimmung, ebenso Helvig, der fast zu freundlich gegen mich ist. Adolf war so herzensgut, wie er nur sein kann und machte mich sehr froh. Adolfs schöne Musik zu Ingeborgs Klage in Frithjof entzückte mich.

 

Den 2. Helvig sprach so schlecht von unserem König Carl Johan, daß ich mich gedrungen sah, ihn zu bitten, mich mit derlei zu verschonen, da ich finde, daß das Vaterland Carl Johan großen Dank schuldig ist und ich persönlich nur Liebe und Dankbarkeit für meinen König empfinde. Amalie und ich gingen zu Varnhagens, der Musiker Berger begegnete uns auf der Treppe und schloß sich uns an, auch Frau Bardeleben und Kalckreuth waren da. Interessantes lebhaftes Gespräch – aber zuweilen kommt es mir doch wunderlich vor. Die natürlichen, einfachen Begriffe haben sie so raffiniert, daß sie sie, wie mich dünkt, selbst nicht wiedererkennen! Das Neue interessiert mich, es gibt mir Stoff zum Nachdenken, ohne mich doch von meiner Einfalt fortzulocken. Oft macht mir Amalie den Vorwurf, daß ich stumm wie ein Fisch bin. Einerseits kann ich über ihre verwickelten metaphysischen Themen nicht mitsprechen, andererseits fällt es mir schwer, mich in der fremden Sprache auszudrücken. Ich fühle mich dumm und sehe keine Verpflichtung zu sprechen. Ging zeitig heim und traf Adolf bei guter Laune. Er ließ mich seine schönen Kompositionen zu Ingeborgs Klage und Balders Lohe hören.

 

Den 4. Bei Helvigs. Amalie hatte aus Weimar ein Exemplar von Goethes Iphigenie bekommen, ein Neudruck zu seinem Jubelfest, den 17. November 1825, wo es fünfzig Jahre her sind, daß er in Weimar ist. Dies war von seinem Freunde und Beschützer, dem Herzog, veranstaltet, der auch Amalie dies geschickt hatte, nebst allen Versen, die zu der Gelegenheit verfaßt worden waren, und einer Medaille der Großherzogin Luise von Weimar-Sachsen, zur Erinnerung an ihre Standhaftigkeit, die Stadt nicht zu verlassen, als sie 1806 von der französischen Armee bedroht wurde. Auf der einen Seite ist das Brustbild und der Name der Herzogin, auf der anderen ein Eichenlaubkranz, in dem steht: »Das gerettete Weimar, November 1806.«

Gegen Abend kam Adolf und begleitete mich in die Oper, wo wir »Alceste« sahen. Glucks schöne Musik erweckte so manches schlummernde Gefühl in mir, so manche süße Kindheitserinnerungen. Groß und herrlich ist diese Musik! Schöner, guter Abend.

 

Den 5. Den ganzen Vormittag daheim, behaglich! Dann bei Helvigs unbehaglich. Ach, der Mangel an innerer Harmonie verbannt den süßen Frieden. Jeder für sich sind sie ausgezeichnete Menschen, gut und interessant, aber sie passen gar nicht zusammen, hauptsächlich hat er unrecht.

Frau Bardeleben kam und lud uns für den Abend ein. Da waren Frau von Groeben, ein pommerisches Fräulein Schwerin, der angenehme Grafunter, Doktor Diefenbach mit Frau und Hauptmann Hoffmann. Ahnungen und Geistergeschichten kamen aufs Tapet, und ich fand den Mut, »Die Gastkammer im Pfarrhof« zu erzählen, die mit Interesse angehört wurde.

 

Den 6. Adolf fühlt sich nicht wohl, im übrigen gemütlicher Vormittag daheim. Ich las ihm und Maja-Lisa »Tante Dorothea« aus Luise Hegermann-Lindencronas dänischen Erzählungen vor, die wirklich vortrefflich sind. Zum Mittagsessen bei Helvigs. Wollte abends bei meinem kranken Freund sein, aber Amalie hatte Billette ins Schauspiel genommen, und ich konnte nicht refüsieren, sie zu begleiten. Adolf schlechter, ließ Diefenbach holen, der erst kam, als ich schon fort war – sehr unruhig und unglücklich darüber. Es verdarb mir gänzlich das Vergnügen, das ich sonst an dem Schauspiel »Jery und Bätely« (Musik von Marx) hätte haben können – recht anmutig, darauf eine Ballettpantomime »Alexis und Suzette oder die Weinlese in Mont Olivetto«. Die Dekorationen in diesem wie in dem vorhergehenden Stücke sind ganz entzückend. Amalie zeigte mir von weitem den Schriftsteller Fouqué. – Als ich endlich heimkam, fand ich Adolf sehr krank, mit hohem Fieber, das die ganze Nacht währte, so daß er gar keinen Schlaf fand. Gebe Gott, daß ich ihm helfen könnte! Schwere, unruhige Nacht!

 

Den 7. Adolf etwas besser, Dieffenbach kam, gut und freundlich. Tausend Schwierigkeiten, hier das zu bekommen, was man für einen bettlägerigen Kranken braucht. Ab und zu las ich ihm vor und versuchte, die anderen guten Muts zu erhalten, obgleich mir selbst recht beklommen ums Herz war. Als ich nach dem Mittagsessen bei Helvigs nach Hause kam, fand ich Dieffenbach bei Adolf. Er sagte mir, die Krankheit sei ein rheumatisches Nervenfieber, aber wir dürften es dem Kranken nicht sagen. Unruhig – doch froh, etwas für ihn tun zu können. Ich ließ die Türe zwischen meiner und seiner Stube aufschließen, um rascher zur Hand sein zu können. Der Abend wurde recht friedlich ich erzählte allerhand Anekdoten und Histörchen, um ihn zu zerstreuen. Die Nacht besser als die vorhergehende, aber immerhin unruhig.

 

Den 8. Ungeduldiges Warten auf Dieffenbach, der fand, daß die Krankheit ihren gewöhnlichen Verlauf nimmt. Als ich zu Mittag zu Helvigs kam, empfing er mich sehr herzlich, umarmte mich und sagte, er nehme warm an meiner Besorgnis teil. Wir müßten trachten, Lindblad in ein Krankenhaus zu bringen, und ich sollte inzwischen zu ihnen übersiedeln, um der Ansteckung des vermuteten Nervenfiebers auszuweichen. Auch leide meine Reputation zu sehr unter der Art, wie ich mich um Lindblad sorge usw., peinlich und verletzend, benahm mir allen Appetit. – Das Gespräch bei Tische schien mir den abgekarteten Plan zu verraten, mich zu überreden, von meinem kranken Freunde fortzuziehen. So wie ich ihn kenne, weiß ich, daß er sich ohne uns Schweden, Maja-Lisa und mich um sich, allzu verlassen und einsam fühlen würde; ich lasse ihn darum nicht im Stich, aber es machte mich furchtbar traurig! Glücklicherweise kam die gütige Frau von Bardeleben und munterte mich etwas auf – dann erschien auch Dieffenbach, der mir instruiert schien, mich zum Umzug zu persuadieren. Ich sprach aufrichtig mit ihm und fand ihn gutmütig und teilnahmsvoll, aber etwas – beschränkt. Ich war tief betrübt, und die Tränen waren mir nahe – alle wollten sie, daß ich Adolf verlasse.

Wie gewöhnlich schwach gegen die Urteile und Meinungen anderer, war ich einen Augenblick unschlüssig. Ich sprach noch einmal mit Helvig und sagte ihm, daß der Klatsch, den er gehört habe, vermutlich durch den Verdacht der Dienstleute entstanden sein dürfte, und daß es nicht meine Art wäre, mich in meiner Handlungsweise nach derlei zu richten. Er erwiderte mir, dieses bedauerliche Gerücht käme aus Schweden und zitierte ein paar Äußerungen, die ich aus meinen Briefen an meine Schwester wiedererkannte. – Also aus Ulriksdal kam mir dies, das nun so schwer über mich hereinbrach! Und ich, die ich mir so gewissenhaft fast jedes Vergnügen, das ich genossen, vorgeworfen hatte, weil es Geld kostete, das ich besser für sie hätte verwenden können! Seltsam kurzsichtige und kalte Menschen! Schmerzlich und heftig erregt!

Bettina begleitete mich nach Hause und bestärkte mich in meinem Vorsatz, bei meinem jungen Freunde zu bleiben und ihn zu pflegen. Sie war die einzige, die mich in diesem Falle richtig verstand und beurteilte. Gott segne sie für das Gute, das sie mir dadurch in einem der schwersten Konflikte erwies! Mit Freude fand ich mich wieder daheim, in den drei kleinen Stübchen, die unsere schwedische Wohnung bilden – aber der Gram nagte an meinem Herzen und malte sich auf meinem Antlitz, obgleich ich versuchte, ruhig auszusehen. Adolf, der so scharfblickend ist, merkte das sogleich und glaubte, Diefenbach hätte mir etwas Beunruhigendes über seine Krankheit gesagt. Er wollte es durchaus wissen, und so mußte ich ihm, um ihn zu beruhigen, alles sagen, so peinlich es mir auch war! Der Abend wurde doch recht behaglich, ich las dänisch vor und tat, als sei nichts vorgefallen, aber es rumorte in meinem Kopfe und pochte in meiner Brust! Nachts schrieb ich an Helvig und hörte Adolf schlafen, Gott sei Dank! – Ich schlief nicht!

 

Den 9. Ich schrieb: da ich meinen Entschluß gefaßt hätte, meinen kranken Landsmann nicht zu verlassen, wollte ich meine Gedanken über diesen Gegenstand lieber schriftlich aussprechen. Ich hatte diese Reise, die ihn von seinen Freunden und Angehörigen trennte, angeraten und gefördert. Bei der Abfahrt hatte sein Pflegevater und seine Braut ihn meiner Obhut rekommandiert, und ich hatte ihnen und mir selbst gelobt, ihm nach besten Kräften beizustehen. Im Alter von mehr als vierzig Jahren war es mir nicht in den Sinn gekommen, daß ich den Tadel der Menschen zu fürchten brauchte, um so weniger, als ich bisher das Glück gehabt hatte, von ihm verschont zu bleiben. Und wie bitter er mich jetzt auch traf, würde ich darum doch nicht das verabsäumen, was ich für meine Pflicht ansähe. Außerdem könne ich nicht einsehen, warum meine »Reputation« gewinnen sollte, wenn ich den kranken Lindblad verlasse, nachdem ich mit dem gesunden in derselben Wohnung gelebt und mich seiner wie eines nahen Angehörigen angenommen habe. Wenn meine Freunde Grund zu haben glauben, sich meiner zu schämen, wolle ich ihnen nicht lästig fallen. Solange Lindblad krank sei, bliebe ich bei ihm. Später, wenn die Jahreszeit es erlaubte, wollte ich zu meiner Base, der Baronin Krassow in Pommern reisen und dort verbleiben, bis der Frühling es mir ermöglichte, in die Heimat zurückzukehren.

Dies war ungefähr der Inhalt meines Briefes, den ich sogleich absandte. Ich brauchte lange Zeit dazu, weil ich tief und schmerzlich aufgewühlt war und es mir schwer fiel, in meinen Äußerungen nicht zu scharf und unbillig zu sein, was ich vermeiden mußte und wollte. Infolgedessen konnte ich nicht so viel bei Adolf sein, als er wünschte. Er ist recht krank, und es ist mein einziger Trost, ihm ab und zu ein Stündchen verkürzen zu können.

Amalie ließ mich bitten, mit ihr auszugehen, das Wetter war gut, ich hatte es nötig, herauszukommen und mich zu erfrischen und ging gerne mit ihr. Wir wanderten durch den Tiergarten und Die Zelte, einen so schönen Dezembertag habe ich in Schweden noch nie gesehen. Amalie war freundlich und mitteilsam, wir begegneten Helvig, auch er war in seiner Weise ganz angenehm.

Ich war zu Frau Groeben gebeten, aber exküsierte mich. Dieffenbach und Kreschmer kamen ein Weilchen zu Adolf, und das zerstreute ihn ein wenig. Wollte Gott, daß er mehr Bekannte hätte, die ihm die langen Stunden der Pein verkürzen könnten – oder daß ich so reichen Geistes wäre, musikalisch und witzig genug, um ihn unterhalten zu können! Ich las ihm und Maja-Lisa »Das Bild« aus »Dänische Erzählungen« vor, und wir hatten einen ruhigen, traulichen Abend. Ach, solche sind mir sehr teuer! Es ist doch das Schönste, in der Stille für einen guten Freund wirken zu können, zur Freude und zum Nutzen zu gereichen, ja, das ist beseligend! Könnte meine körperliche Hülle verschwinden und ich nur als ein Geisterhauch für den wirken, den ich liebe – das wäre mein höchster, mein inbrünstigster Wunsch!

 

Den 11. Ich war bei Amalie, wo ich nur Zerstreuung, nicht Trost finden kann. Sie ist so weit davon entfernt, sich wirklich in meine Lage versetzen zu können. Das Unglück hat ihr Herz abgestumpft, gleichsam verkümmert – nein, ich tue ihr unrecht, sie hat nur zu ausgedehnte Bekanntschaften in dieser Welt – Geist und Kunstsinn leiten das zärtliche Gefühl ab, das sich bei mir nur allzusehr konzentriert. Doch, ich fürchte, ich bin zu alt, um mich noch ändern zu können! – Daheim bei Adolf bis 7 Uhr, dann mußte ich wieder zu Helvigs, um mich nicht zu affichieren, und war da in Gesellschaft von Frau Bardeleben, Kalckreuth, Varnhagens u. a. Kalckreuth las Anmerkungen, die er über Malsburgs Leben und Arbeiten geschrieben hat, namentlich für jene interessant, die den Verblichenen gekannt haben. Varnhagens Aussprüche darüber interessierten mich am meisten, er ist so voll Kritik. Er und seine Frau kommen mir wie ein paar Zuschauer vor, die gemächlich in einer kleinen, geschlossenen Proszeniumsloge sitzen und das allgemeine Schauspiel betrachten und mit feinen und witzigen Bemerkungen begleiten. Selbst sind sie ganz außerhalb des Spiels. – Ich sehnte mich nach meinem kranken Freund.

Adolf Schlechter! Er glaubt sich immer schlechter zu fühlen, wenn ich fort bin. Ach, wenn sie mich doch in Frieden bei ihm lassen wollten! Ängstlich, unruhig! Ich las ihm am Sonntag das Evangelium und einige Psalmen vor – süß, trostreich, wehmütig, beseligend, beste Freude! An keinen Menschen in dieser weiten Welt kann ich mich lehnen und Stütze und Trost suchen. Vater! Solltest auch Du dein verlassenes Kind verstoßen? Geijers Worte beginnen ihre drohende Macht zu verlieren, und ich fühle, daß ich wieder mit Zuversicht beten und danken kann.

 

Den 11. Ruhiger und hoffnungsvoller. Vorsatz, ohne alle Menschenfurcht das zu tun, was mich recht dünkt!

Ach, Schweden, Schweden! Edles, gutes Land! Bald kehre ich zu dir zurück. – Bald? Vier Monate!

 

Den 12. Adolf vormittags immer schlechter. Zu Mittag bei Helvigs und Nachmittag mit Amalie zu einer Kaffeegesellschaft bei Frau Bardeleben, wo wir eine Frau Sydow trafen, die viel von Jean Paul Richter erzählte, mit dem sie lange in einem ununterbrochenen Briefwechsel gestanden hat, den sie uns zur Lektüre versprach. Man ist hier so » à la piste« von allem, was interessieren, den Gedanken Stoff und der Neugierde Nahrung geben kann. Mehr oder weniger herzlos erscheinen mir doch alle diese Bekanntschaften. Um sich zu amüsieren, trifft man sie, schont ihrer dann nicht und sieht sie oft monate- und jahrelang nicht wieder!

Um sieben Uhr ging ich zu meinem Patienten nach Hause und begann ihm Ingemans schönes Epos »Waldemar der Große und seine Mannen«, das ich so sehr bewundere, vorzulesen. Aber Adolf ist in trüber, düsterer Laune und verzagt – wie sollte ich ihm Mut geben können, die ich selbst so ängstlich bin! Dieffenbach tröstete mich doch.

 

Den 13. Adolf etwas besser. Amalie war nachmittags bei der Prinzessin Wilhelm und ich daheim, bis spät abends, wo ich zu Frau Bardeleben gebeten war. Da waren Varnhagens, Klingemann, Elsholz u. a. Kaiser Alexanders Tod wurde besprochen und die Folgen, die er für die Welt haben kann.

Bettina kam gerade, als Elsholz begonnen hatte, uns seine Komödie »Die Hofdame« vorzulesen. Ihre Ankunft turbierte den Verfasser sichtlich. Mit Verlegenheit fuhr er fort, sein in Alexandrinern gut geschriebenes Stück zu lesen, an dem die Fabel mir wohl nicht ganz zusagt, aber das ich doch für ebensogut, ja für besser halte, als so manches aufgeführte Theaterstück.

Es muß doch recht schwer und embarrassant sein, seine Arbeit so scharfblickenden Beurteilern vorzulesen, wie sie hier versammelt waren. Das lange Gesicht des Verfassers wurde auch immer länger und länger, und Varnhagens ausgeschnittene Menagerie trug auch nicht gerade dazu bei, es zu verkürzen! Ehrlich waren die Zuhörer, keine Schmeichelei entschlüpfte ihnen – nur das Lob, das das Stück verdiente, und hie und da eine billige Bemerkung. Frau Varnhagen gefiel mir besonders durch » bonne foi« und Geist.

Nachdem sein Stück beendet war, las Elsholz einen darauf bezüglichen Brief von Goethe vor. Er ist dem großen Dichter persönlich nicht bekannt, sondern hatte ihm seine Komödie mit einem Briefe geschickt, in dem er sich sein Urteil erbat. Goethe las das Stück nicht sofort – der Brief geriet inzwischen in Verstoß – und als er nach der Lektüre den Brief beantworten wollte, fand er die Adresse nicht mehr, und der Verfasser war ihm unbekannt. Da schickte Goethe seine Antwort an einen Bekannten hier in Berlin mit der Bitte, den Verfasser aufzusuchen, der inzwischen ganz verzagt war und seine Vermessenheit bereut hatte, sich an Goethe gewendet zu haben. Dieser rühmt in seinem Briefe die leichtfüßigen Verse, den Gang und den Endzweck der Intrige, der das sittliche Gefühl versöhnt, das sich sonst durch die verwickelten Liebesverhältnisse, die vorkommen, leicht verletzt fühlen könnte, und zieht einen Vergleich zwischen »Die Hofdame« und seinem Stücke »Die Mitschuldigen«, das, obschon gerne gelesen, nie auf dem Theater Eingang gewinnen könne, weil die widergesetzlichen Handlungen den Genuß des Komischen verderben. Das Gefühl, sagt Goethe, kann an sich selbst nie lächerlich sein, es wird es erst durch »Leichtsinnigkeit und Flattersinn«. Wir erlauben uns wohl im Leben, sagt er, solche Abwechslungen in der Liebe, aber dort oben (auf dem Theater) wollen wir doch etwas Besseres haben.

 

Den 15. Bei Helvigs zu Mittag. Er sagte, daß Schweden jetzt nach Kaiser Alexanders Tod die erste Unordnung in Rußland dazu benutzen sollte, Finnland zurückzuerobern. Er war dabei so voll Feuereifer, daß es interessant war, ihm zuzuhören, nur peinlich, seine unbarmherzigen Urteile über jemand zu hören, der vermutlich klüger ist als er. Amalie mild und sanft. Bror lebhafter als gewöhnlich. Berger kam und sprach mit Interesse von Adolf, dann von Weber und Spontini. Um 6 Uhr ging ich heim, herzlich willkommen und froh, wieder bei meinem Freunde zu sein, der seine Abhandlung über die Musik in Schweden begonnen hat und den ganzen Abend daran arbeitete. Ich saß neben ihm und stickte – unbeschreiblich traulich! Er ist jetzt schon ganz Rekonvaleszent!

 

Den 19. Bror Helvig kam und proponierte mir, um sieben Uhr mit seiner Mutter und Schwester auf den Weihnachtsmarkt zu fahren. Ich willigte mit tausend Freuden ein. Schöner Mondschein – frohes, lustiges Treiben auf dem Markte und bei einem Konditor, wo wir eine elegante, sogenannte »Aufstellung« sahen. Alles zeugt von mehr Mitteln und Ressourcen als bei uns. Nur die Herzenswärme und das Wohlwollen der Menschen gegeneinander scheint mir in der Heimat reicher, aber vielleicht habe ich da unrecht. Ein froher Anblick ist dieses Menschengewimmel.

 

Den 20. Ich war mit Amalie in einem Lokal, wo allerlei Dinge zum besten von 480 Armen verkauft werden, die der »Frauenverein« erhält und versorgt. Dafür arbeiten jene Frauenzimmer, die nicht die Mittel haben, Geldspenden zu geben, und dann werden diese Arbeiten verkauft.

 

Den 21. Amalie sprach davon, daß sie für ihren Bruder Charles Imhoff das Johanniterordenskreuz in einer Weise anstrebt, die beweist, daß sie Wert auf diese gesuchten Auszeichnungen legt – wunderlich! Bror Helvig begleitete mich in das Opernhaus, wo wir »Macbeth« sahen, gut gegeben, von großer, echter Wirkung – schaurig und vortrefflich. Nichts fortgelassen, alles vollendet ausgeführt. Amalie saß mit ihrem Töchterchen in der Direktionsloge, sie war sehr zufrieden mit der Darstellung.

Überall findet man die Welt in der Wirklichkeit sehr verschieden von der Vorstellung, die ein poetisches Gemüt sich davon machen wird. Ehre, Liebe, Freundschaft, Patriotismus, Frömmigkeit, Edelmut – all dies ist schöner in Büchern, in Gedanken, in Malerei und Musik, als ich es in Wirklichkeit gesehen habe. Immerhin ist Schweden das Land, wo man seine Illusionen am ehesten behalten, wo man die Unschuld des Gemüts am längsten vor Verbildung bewahren kann.

 

Den 22. Mit Helvigs bei mehreren Weihnachtsaufstellungen: »Charlottenburg« in einem Diorama, und »Jerusalem, Josafatstal«, gut ausgeführt. Geladene Kamele und schwere Wagen schleppende Pferde zogen, richtig einen Fuß vor den anderen setzend, vorbei – eine völlige Illusion hervorrufend. Eine melancholische Weihe schwebt über dieser Landschaft. Wo wir dann waren, sahen wir die Kaskaden bei Tivoli und das Königstädter Theater mit dem Alexanderplatz, der von Menschen wimmelte, unter denen die Berliner so manche ihrer Originale erkennen – all dies ist wirklich vortrefflich ausgeführt, ebensosehr in betreff der Perspektive wie hinsichtlich der ganzen Anordnung. Schließlich ging ich müde und erhitzt heim, um meinem Freunde zu berichten, was ich gesehen hatte.

 

Den 23. Las Adolf »Über Republikanismus und Feudalismus« von Geijer vor. Dann den ganzen Tag bei Helvigs, Zurüstungen zum Christbaum. Recht gemütlich. Zu Hause am gemütlichsten. Es ist mir immer, als käme ich in die Heimat zurück!

 

Weihnachtsabend. Bei Helvigs. Adolf kam zum ersten Male seit seiner Krankheit hin – so steif und unzugänglich wie immer dort, er ging auch früh nach Hause. Frau Bardeleben charmant und angenehm, anregend und lebhaft, spielte und sang. Doras Weihnachtsjubel! Auf dem Tische nach schwedischer Art eine Unmenge Paketchen und Scherze, recht fröhlich und munter. Helvig bei ausnehmend guter Laune. Ich gab und erhielt diverse Kleinigkeiten, die mir Spaß machten. Daheim hatte ich Adolf und Maja-Lisa eine kleine Bescherung arrangiert. Ich kam erst gegen 1 Uhr nach Hause.

 

Weihnachtstag. Gespräch mit Adolf, das mit Tränen und Qual endigte. Törichtes altes Herz, warum so sehr das Leben anderer leben, so ganz in ihren Konflikten aufgehen? Mit Mühe konnte ich mich zu Helvigs schleppen. Amalie herzensgut und freundlich! Nachmittags kam zu meiner großen Verwunderung und Freude Adolf hin – er will ja immer so gerne wieder gutmachen, der gute Junge! Er hatte Lust, in die Oper zu gehen, so begleitete ich ihn, und sah und hörte Glucks herrliche »Iphigenie in Tauris« – göttlich! Adolf weinte wie ein Kind, köstlich, gut. – Daheim dann traulich!

 

Den 26. erwachte ich frischer, Adolf hingegen heute nicht so wohl, er kam doch gegen Abend zu Helvigs und war heiter und gesprächig.

 

Den 28. Adolf scheint mir heute wieder wohl zu sein. Wir gingen mit Maja-Lisa aus und sahen einen lebendigen, jungen, zahmen und folgsamen Elefanten, ein Krokodil, ein Armadil, ein kleines Tier mit dreieckigem Kopfe und einem länglichen Körper, der Form nach den abscheulichen Wandläusen gleichend, aber vom Geschlecht der Schildkröten mit hartem Panzer und vier Füßen. Mit Amalie ging ich dann zu Parrys und sah da Bilder und Kunstwerke in Elfenbein – eine sterbende Kleopatra gefiel mir am besten. Mit Adolf in der Oper, sah »Euryanthe« von Weber, Text von Helmina von Chezy. Gefällt mir nicht sonderlich. Schöne Dekorationen, aber das Ganze nicht sehr interessant.

 

Den 29. Bei Helvigs. Frau Bardeleben überaus charmant. Wir lasen in der »Insel der Glückseligkeit«, unterbrochen von Adolf, der kam und um die Erlaubnis bat, Frau Helvig seinen Aufsatz vorlesen zu dürfen. Ich sehr erfreut darüber, wie auch über ihre Anregung, er möchte doch versuchen, eine Oper zu schreiben.

 

Den 30. Begann den Roman »Die Kronenwächter« von Baron von Arnim, Bettinas Mann, zu lesen. Höchst interessant!

Bei Helvigs – dahin kamen auch Frau Bardeleben und Arnim für ein Weilchen. Er sieht gut aus und spricht gut, aber soll nicht der passende Mann für Bettina sein. Der Himmel mag auch wissen, für wen sie als Frau passen würde!

 

Den 31. Bei Helvigs eine Art Picknick-Souper, zu dem wir alle in irgendeiner Weise beigetragen hatten: Professor Streckfuß, Frau Bardeleben, Frau Groeben, Lindblad. Lebhaftes Gespräch – Punsch getrunken.

Gedanken an das entschwundene Jahr, an abwesende Freunde, an Dahingegangene!


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