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[Vorworte]

Vorwort zur ersten Auflage

So prächtig und großartig, wie unser lieber, deutscher Böhmerwald in seinen dem Himmel entgegen ragenden Baumriesen, ist auch der deutsche Dichterwald mit seinen himmelan strebenden Geistern. Da ist es nun selbstverständlich, dass mancher schmucke Stamm, der in einer weniger zahlreiche, minder erhabenen Gesellschaft gebieterisch Bewunderung uns abringen würde, von herrlichen, majestätischeren Genossen in den Schatten gestellt, dürftiger erscheint, geringer geschätzt, ja oft gar nicht beachtet wird.

Gleichwie ferner von einem Forstmanne und wäre er der vorzüglichste Kenner eines größeren Revieres, nicht verlangt werden kann, dass er, bei Ausschluss jeder Absichtlichkeit, eine gewissenhafte Auswahl der besten seiner Naturkinder ohne Übergehung mancher vortrefflichen und der Wahl würdigen durchführen solle, kann billigerweise selbst von dem erfahrensten und in den Geistesschätzen deutschen Schrifttums vertrautesten Gelehrten und Forscher Gleiches auf diesem Gebiete nicht gefordert werden.

Daher kommt es denn, dass oft ein wirkliches Talent, wenn es dazu noch weitab von den Vereinigungspunkten und Pflegestätten geistiger Bestrebungen gedieh und zur vollen Entwicklung seiner mitunter sehr reichhaltigen Eigenart kam, Anerkennung und Wertschätzung derselben kaum auf engerem Heimatboden erreichen konnte.

Niemand hat sich eben gefunden, der es würdigend auch für weitere Kreise hervorgehoben hätte, damit diese an seinen Gehalt, an seine Güte glauben; es ward im Leben einfach schon tot geschwiegen und als Toter erst recht vergessen, nicht berücksichtigt. Doch auch viele, einst hellstrahlende Namen, deren Träger wahrlich nicht als »Lebendig-Begrabene« solch ein traurig Los über sich ergehen lassen mussten, werden wieder von der allemal Neues schaffenden Zeit, die nicht wenig dabei sich von der Mode des Geistes beeinflussen lässt, dennoch auf der Tafel der Erinnerung gelöscht und versanken im Lethestrome! Ihre geistigen Werke gleichen dann wohl jenen Denkmälern und Schätzen menschlicher Schaffenskraft, welche, verschwunden von dem Boden, dessen Zierde sie einst als Kunstschöpfungen gebildet, in ihren Schuttgräbern der glücklichen Hand entgegen harren, der es zufällig oder mit Vorbedacht gelingt, sie zu neuem Leben zu erwecken. Wohl ihnen, wenn in ihrem Tode noch Leben wohnt und sie im Lichte der Erkenntnis ihres Wertes wieder glänzen dürfen, zur dauernden Ehre derer, die sie schufen, zugleich aber auch zum Ruhme des Bodens, auf dem sie entstanden sind. Als bleibende Monumente rufen sie dann zwar verblichene Verdienste zu erneutem Dasein, sprechen jedoch leider gleichzeitig von einer gewissen Undankbarkeit, die sprichwörtlich der Welt Lohn ist.

Auch unsere geliebte Böhmerwald-Heimat besitzt Männer, denen gegenüber eine Schuld zu tilgen ist, will sie nicht als undankbar gelten, für die Offenbarung und Verkündigung ihrer geheimnisvollen Naturschönheiten, die warm fühlende Dichterherzen ihr abzulauschen vermochten, für die gehobenen Schätze der Poesie, die gottbegnadete Seher im heimatlichen Alltagsleben zu schauen, zu erfassen und zur Verherrlichung ihrer Waldheimat in ihren geistigen Erzeugnissen zu verarbeiten verstanden.

Von diesen natürlichen Erwägungen gleitet, habe ich es unternommen, den Lebens- und Entwicklungsgang der drei bedeutendsten, nahezu gleichzeitig lebenden und wirkenden Dichter des deutschen Böhmerwaldes nebeneinander zu stellen, ihre Errungenschaften auf dem Gebiete des Geistes im schlichten Gewande, meinen bescheidenen Kräften entsprechend, vorzuführen und dies in erster Linie meinen lieben Heimatgenossen.

Denn, so wie dem leiblichen Auge so vieler Böhmerwäldler die örtliche Heimatkunde nur zu sehr fremd ist, hat auch ihr geistiges Auge die heimischen Produkte dichterischer Begeisterung nicht geschaut und in sich aufgenommen, die doch zumeist wieder nur dem Boden angehören, dem ihre Erzeuger entsprossen, den sie in seinen vielen Herrlichkeiten und charakteristischen Eigenheiten der Welt bekannt machen.

Und dieser Boden musste naturgemäß mit seinem poesiereichen Leben die Dichter Adalbert Stifter, Josef Rank und Josef Meßner hervorbringen.

Zweifellos ist es wohl bei der inneren Entwicklung dieser Böhmerwaldsöhne, bei ihrer geistig schaffenden Tätigkeit feststehend, dass gerade von dem mächtigen Naturzauber, von dem gesundkernigen Volksleben unserer Waldheimat die vielseitigsten farbenreichsten und dabei doch reinsten Eindrücke tief in ihre dichterisch zart besaiteten Seelen sich eingruben, so dass sie dieselben mit ihrer ungeschwächten Zeugungskraft mit sich trugen fürderhin in die Fremde, wo sie später wohl bei Stifter und Meßner mit ähnlichen aus der Alpenwelt ergänzt und verschmolzen wurden, bei allen drei Dichtern aber die natürliche Heimstätte, den gedeihlichen Nährgrund für die lieblichsten, gesündesten, ureigensten und gewiss nicht unbedeutenden Kinder ihrer Muse bildeten, in denen sie das wiedergaben, was sie in und aus der Heimat empfangen hatten.

Es muss aber als eine höchst eigentümliche Fügung des Schicksals angesehen werden, dass diese drei Dichtergestalten in ihren Werken das Leben und die Natur des ganzen schönen Stückes Erde, das man unter »Böhmerwald« sich vorstellt, umfassen, und dass jeder von ihnen, entsprechend der Lage seiner Geburtsstätte, mit seinem Herzen und Sinne einem bestimmten Teile des Böhmerwaldes angehörend, diesem namentlich seine eigene Poesie abzugewinnen vermochte.

Ist Stifter da der Vertreter des südlichen Gebietes desselben, so können wir Meßner beiläufig den mittleren Teil zuweisen, während wir Rank in den davon nördlich gelegenen Gegenden zu Hause finden. Aber nicht nur örtlich ergänzen sich ihre Dichtungen, sondern auch in den Grundstoffen und in der eigenartigen Behandlung derselben. Und wieder fügt es der Zufall, dass da Meßner zwischen Stifter und Rank zu stehen kommt. Denn während Stifter vorzugsweise durch seine, oft die kleinsten Kleinigkeiten in sich schließenden, herzerfreuenden Stimmungsbilder unübertroffen den Zauber der Waldnatur, landschaftliche Schönheiten unserer Heimat schildert und nebenbei das innere, menschliche Seelenleben zart beleuchtet, Rank jedoch in seinen zahlreichen Schriften mehr den Volkscharakter im Böhmerwalde, des Volkes Gebräuche und Sitten wahr und ungekünstelt, doch bilderreich darstellt, den Böhmerwäldler in seiner Denk- und Sinnesart und gemäß dieser im äußeren Leben der Gegenwart uns zeigt, ohne dabei aber auf Naturschilderungen näher einzugehen, vereint Meßner in frischer Weise eine glückliche Mischung beider Richtungen in sich. Jeder von ihnen hat aber eigenartig seine poetische Kraft schön und reich entfaltet, Gutes, ja Treffliches hervorgebracht, so dass der Böhmerwald zufrieden sein kann mit diesen seinen Hauptvertretern in der Literatur, die als Dichter der Pflichten gegen ihren Volksstamm, ihre Heimat gewiss nachgekommen sind.

Dies will ich nun bei der folgenden Einzelbesprechung der 3 Dichter zu erläutern und nachzuweisen versuchen, zugleich jedoch auch nach Möglichkeit dazu beitragen, dass dieselben vor allem auf heimatlichem Boden genauer gekannt, verstanden und geliebt werden.

Vorwort zur zweiten Auflage

Innerhalb weniger Monate war die erste Auflage des vorliegenden Büchleins im Buchhandel vergriffen. Ich übergab dasselbe der Öffentlichkeit mit dem Herzenswunsche, es möge heimische Dichtung insbesondere den Stammesgenossen im lieben Böhmerwalde näher bringen. Diesen Zweck scheint meine bescheidene Arbeit erfüllt zu haben, wie es mir, abgesehen von mancher wohlwollenden öffentlichen Besprechung und Würdigung derselben, noch vielseitige private Mitteilungen mit freundlicher Anerkennung meines Bestrebens bezeugen.

Ich beabsichtige nun, bei einer Neuauflage einerseits den Inhalt der 3 Skizzen zu erweitern und zu ergänzen, anderseits aber den darin besprochenen drei Dichtern noch zwei andere heimatliche bei zu gesellen, die es sicher noch verdienen, dass man ihren Werken den Weg ebne zum Herzen der Landsleute.

Leider sind meine diesbezüglichen Vorarbeiten noch nicht so weit gediehen, um jetzt schon dieses Vorhaben auszuführen zu lassen, weshalb es wohl aufgeschoben, doch nicht gleichzeitig gänzlich aufgehoben werden soll.

Bis zur Verwirklichung meines Planes aber möge die 2. Auflage von »Drei deutsche Böhmerwalddichter« fürderhin sich eignen, Anteil an heimischer Dichtung zu erwecken, wie Liebe zu ihr zu fördern und zu festigen.


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