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Erstes Kapitel
Eine wissenschaftliche Entdeckung

§ 1
Gegensatz von Gebrauchswert und Tauschwert

»Die Eigenschaft aller Produkte, seien sie industrielle oder Naturprodukte: dem Unterhalt des Menschen zu dienen, wird im besonderen Gebrauchswert genannt, ihre Eigenschaft, sich gegeneinander auszutauschen, Tauschwert ... Wie wird der Gebrauchswert Tauschwert? ... Die Erzeugung der Idee des (Tausch-) Wertes ist von den Ökonomen nicht mit hinreichender Sorgfalt gekennzeichnet worden, wir haben daher hier haltzumachen. Da nämlich unter den Dingen, deren ich bedarf, eine große Zahl nur in mäßiger Menge oder selbst gar nicht in der Natur sich vorfindet, so bin ich gezwungen, der Produktion dessen, was mir fehlt, nachzuhelfen, und da ich nicht an so viele Dinge selbst Hand anlegen kann, so werde ich anderen Menschen, meinen Mitarbeitern in verschiedenen Tätigkeitszweigen, den Vorschlag machen, mir einen Teil ihrer Produkte im Austausch gegen meines abzutreten.« (Proudhon, Bd. 1, Kap. 2.)

Herr Proudhon nimmt sich vor, uns vor allen Dingen die doppelte Natur des Wertes, » die Unterscheidung des Wertes in sich«, das Hervorgehen des Tauschwertes aus dem Gebrauchswerte, auseinanderzusetzen. Mit Herrn Proudhon müssen auch wir bei diesem Transsubstantiationsakt haltmachen. Sehen wir, wie sich dieser Akt nach unserem Verfasser vollzieht.

Eine sehr große Zahl von Produkten findet sich nicht in der Natur, sondern ist nur herzustellen durch die Industrie. Sobald die Bedürfnisse die freiwillige Produktion der Natur überschreiten, ist der Mensch gezwungen, zur industriellen Produktion seine Zuflucht zu nehmen. Was ist diese Industrie in der Vorstellung des Herrn Proudhon? Welches ist ihr Ursprung? Ein einzelner Mensch, der das Bedürfnis nach einer großen Anzahl von Dingen empfindet, »kann nicht an soviel Dinge selbst Hand anlegen«. Soviel zu befriedigende Bedürfnisse setzen voraus soviel zu produzierende Dinge. Kein Produkt ohne Produktion. Soviel zu produzierende Dinge setzen aber schon mehr voraus als die aushelfende Hand eines einzelnen Menschen. Von dem Augenblick jedoch, wo mehr als eine zur Produktion beitragende Hand vorausgesetzt wird, wird bereits eine ganze, auf Teilung der Arbeit begründete Produktion unterstellt. So unterstellt das Bedürfnis, wie Herr Proudhon es annimmt, die Arbeitsteilung vollständig. Die Arbeitsteilung vorausgesetzt, haben wir den Austausch und folglich auch den Tauschwert. Ebensogut konnten wir den Tauschwert von vornherein als gegeben voraussetzen.

Aber Herr Proudhon hat es vorgezogen, im Kreise zu laufen; folgen wir ihm also auf seinen Umwegen, die uns stets wieder zu seinem Ausgangspunkt zurückführen werden.

Um aus dem Zustand, wo jeder als Einsiedler für sich produziert, heraus und zum Austausch zu gelangen, »wende ich mich«, sagt Herr Proudhon, »an meine Mitarbeiter in verschiedenen Tätigkeitszweigen«. Ich habe also Mitarbeiter, die alle verschiedenen Beschäftigungen obliegen, ohne daß wir darum, ich und alle anderen – immer nach der Voraussetzung des Herrn Proudhon –, aus der vereinsamten und wenig sozialen Stellung der Robinsons herausgetreten wären. Die Mitarbeiter und die verschiedenen Tätigkeitszweige, Arbeitsteilung und Austausch, den letztere in sich begreift, sind da, vom Himmel gefallen.

Fassen wir zusammen: Ich habe Bedürfnisse, die sich auf Arbeitsteilung nach Austausch gründen. Indem Herr Proudhon diese Bedürfnisse voraussetzt, hat er auch bereits den Austausch und den Tauschwert vorausgesetzt, »dessen Entstehung er gerade mit größerer Sorgfalt als die übrigen Ökonomen zu kennzeichnen« sich vornimmt.

Herr Proudhon hätte ebensogut die Reihenfolge der Vorgänge umkehren können, ohne die Richtigkeit seiner Schlüsse zu beeinträchtigen. Um den Tauschwert zu erklären, bedarf es des Austausches. Um den Austausch zu erklären, bedarf es der Arbeitsteilung. Um die Arbeitsteilung zu erklären, bedarf es der Bedürfnisse, welche die Arbeitsteilung nötig machen. Um diese Bedürfnisse zu erklären, muß man sie einfach » voraussetzen«, was keineswegs heißt sie leugnen, entgegen dem ersten Axiom im Prolog des Herrn Proudhon: »Gott voraussetzen, heißt ihn leugnen« (Prolog, S. 1).

Wie verfährt nun Herr Proudhon mit der Teilung der Arbeit, die er als bekannt voraussetzt, um den Tauschwert zu erklären, der für ihn stets das Unbekannte bleibt?

»Ein Mensch« macht sich auf, »anderen Menschen, ›seinen Mitarbeitern‹ in verschiedenen Tätigkeitszweigen, vorzuschlagen«, den Austausch herzustellen und einen Unterschied zwischen Gebrauchswert und Tauschwert zu machen. Mit der Annahme dieser vorgeschlagenen Unterscheidung haben die Mitarbeiter Herrn Proudhon keine weitere »Sorgfalt« überlassen, als die, von dieser Tatsache Akt zu nehmen, die »Entstehung der Idee des Wertes« in seiner Abhandlung über politische Ökonomie zu vermerken, sie zu »kennzeichnen«. Aber er soll uns noch immer die »Entstehung« dieses Vorschlages erklären, uns endlich einmal sagen, wie dieser einzelne Mensch, dieser Robinson, plötzlich auf den Einfall gekommen ist, »seinen Mitarbeitern« einen Vorschlag der bekannten Art zu machen, und wie diese Mitarbeiter ihn ohne irgendwelchen Einwand angenommen haben.

Herr Proudhon geht auf diese genealogischen Einzelheiten nicht ein, er gibt einfach der Tatsache des Austausches eine Art historischen Gepräges, indem er sie vorführt unter der Form eines Antrages, welchen ein Dritter gestellt, dahingehend, den Austausch einzuführen.

Hier haben wir eine kleine Probe von der » historischen und beschreibenden Methode« des Herrn Proudhon, der eine so souveräne Verachtung für die »historische und beschreibende Methode« von Adam Smith und Ricardo an den Tag legt.

Der Austausch hat seine eigene Geschichte. Er macht verschiedene Phasen durch.

Es gab eine Zeit, wo man, wie im Mittelalter, nur den Überfluß austauschte, den Überschuß der Produktion über den Verbrauch. Es gab ferner eine Zeit, wo nicht nur der Überfluß, sondern alle Produkte, das ganze industrielle Dasein, in den Handel übergegangen waren, wo die ganze Produktion vom Austausch abhing. Wie diese zweite Phase des Austausches, den Tauschwert auf seiner zweiten Potenz, erklären?

Herrn Proudhons Antwort ist sofort fertig: Man nehme an, daß ein Mensch »anderen Menschen, seinen Mitarbeitern in verschiedenen Tätigkeitszweigen, vorgeschlagen« habe, den Tauschwert auf seine zweite Potenz zu erheben.

Kam endlich eine Zeit, wo alles, was die Menschen bisher als unveräußerlich betrachtet hatten, Gegenstand des Austausches, des Schachers, veräußert wurde.

Es ist dies die Zeit, wo selbst Dinge, die bis dahin mitgeteilt wurden, aber nie ausgetauscht, gegeben, aber nie verkauft, erworben, aber nie gekauft: Tugend, Liebe, Überzeugung, Wissen, Gewissen usw., wo mit einem Wort alles Sache des Handels wurde. Es ist die Zeit der allgemeinen Korruption, der universellen Käuflichkeit oder, um die ökonomische Ausdrucksweise zu gebrauchen, die Zeit, in der jeder Gegenstand, ob physisch oder moralisch, als Handelswert auf den Markt gebracht wird, um auf seinen richtigsten Wert abgeschätzt zu werden.

Wie nun diese neue und letzte Phase des Austausches – den Tauschwert auf seiner dritten Potenz – erklären?

Herrn Proudhons Antwort wäre sofort fertig: Nehmt an, eine Person habe »anderen Personen, ihren Mitarbeitern in verschiedenen Tätigkeitszweigen, vorgeschlagen«, aus der Tugend, der Liebe usw. einen Handelswert zu machen, den Tauschwert auf seine dritte und letzte Potenz zu erheben.

Man sieht, »die historische und beschreibende Methode« des Herrn Proudhon ist zu allem gut, beantwortet alles, erklärt alles. Handelt es sich darum, »die Erzeugung einer ökonomischen Idee« historisch zu erklären, so setzt er einen Menschen voraus, der anderen Menschen, »seinen Mitarbeitern in verschiedenen Tätigkeitszweigen«, vorschlägt, diesen Akt der Erzeugung zu vollziehen, und alles ist fertig.

Von nun an akzeptieren wir »die Erzeugung« des Tauschwertes als einen vollzogenen Akt; es bleibt jetzt nur noch die Beziehung des Tauschwertes zum Gebrauchswert auseinanderzusetzen. Hören wir Herrn Proudhon:

»Die Ökonomen haben den doppelten Charakter des Wertes sehr gut hervorgehoben, was sie aber nicht mit derselben Deutlichkeit ausgedrückt haben, ist seine sich selbst widersprechende Natur – hier beginnt unsere Kritik ... Es bedeutet wenig, beim Gebrauchswert und Tauschwert auf jenen überraschenden Kontrast hinzuweisen, bei dem die Ökonomen nur etwas sehr Einfaches zu sehen gewohnt sind, es gilt zu zeigen, daß diese vorgebliche Einfachheit ein tiefes Mysterium verbirgt, welches zu durchdringen unsere Pflicht ist; ... Um uns technisch auszudrücken, stehen Gebrauchswert und Tauschwert im umgekehrten Verhältnis zueinander.«

Wenn wir den Gedanken des Herrn Proudhon richtig erfaßt haben, so will er folgende vier Punkte feststellen:

1. Gebrauchswert und Tauschwert bilden »einen überraschenden Kontrast«, stehen im Gegensatz zueinander.

2. Gebrauchswert und Tauschwert stehen im umgekehrten Verhältnis zueinander, widersprechen sich.

3. Die Ökonomen haben weder den Gegensatz noch den Widerspruch gesehen oder erkannt.

4. Die Kritik des Herrn Proudhon fängt an mit dem Ende.

Auch wir fangen an mit dem Ende, und um die Ökonomen von den Anklagen des Herrn Proudhon zu entlasten, wollen wir zwei ziemlich bedeutende Ökonomen sprechen lassen.

Sismondi: »Der Handel hat alle Dinge auf den Gegensatz zwischen Gebrauchswert und Tauschwert zurückgeführt etc.« (Études, »Studien.« Band 2, S. 162, Brüsseler Ausgabe.)

Lauderdale: »Im allgemeinen nimmt der Nationalreichtum (Gebrauchswert) in dem Verhältnis ab, wie die Einzelvermögen durch das Steigen des Tauschwertes anwachsen; und in dem Maße, wie dieselben durch das Fallen dieses Wertes abnehmen, steigt in der Regel der erstere.« ( Recherches sur la nature et l'origine de la richesse publique; traduit par Lagentie de Lavaisse »Unternehmungen über die Natur und den Ursprung des öffentlichen Reichtums«, übersetzt von Lagentie de Lavaisse.. Paris 1807 Im Original steht: Largentil de Lavaise, Paris 1808. Offenbar ein Druckfehler. D. Übers..)

Sismondi hat auf den Gegensatz zwischen Gebrauchswert und Tausehwert seine Haupttheorie begründet, nach welcher das Einkommen abnimmt im Verhältnis wie die Produktion gesteigert wird.

Lauderdale hat sein System auf das umgekehrte Verhältnis beider Wertarten begründet, und seine Theorie war zur Zeit Ricardos so populär, daß dieser von ihr wie von einer bekannten Sache sprechen durfte. »Durch Verwirrung der Begriffe von Tauschwert und Reichtum (Gebrauchswert) kam man zur Behauptung, man könne den Reichtum vermehren durch Verminderung der Menge der zum Leben notwendigen, nützlichen oder angenehmen Dinge.« (Ricardo, Principes d'économie politique, traduit par Constancio, annotés par J.-B. Say »Grundsätze der politischen Ökonomie«, übersetzt von Constancio, mit Anmerkungen versehen von J.-B. Say., Paris 1835, Band 2, Kapitel Über Wert und Reichtum.) Wir sehen, daß die Ökonomen vor Herrn Proudhon auf das tiefe Mysterium vom Gegensatz und Widerspruch »hingewiesen« haben. Sehen wir jetzt, wie Herr Proudhon nach den Ökonomen seinerseits dieses Mysterium erklärt. Der Tauschwert eines Produktes fällt in dem Maße, wie das Angebot zunimmt, wenn die Nachfrage dieselbe bleibt; mit anderen Worten: je mehr ein Produkt im Verhältnis zur Nachfrage überreichlich vorhanden ist, um so niedriger ist sein Tauschwert oder Preis. Umgekehrt: je schwächer das Angebot im Verhältnis zur Nachfrage ist, um so höher steigt der Tauschwert oder Preis des Produktes; mit anderen Worten: je größer die Seltenheit der angebotenen Produkte im Verhältnis zur Nachfrage, um so größer die Preiserhöhung. Der Tauschwert eines Produktes hängt von seinem Überfluß oder seiner Seltenheit ab, aber stets im Verhältnis zur Nachfrage. Man nehme ein mehr als seltenes, meinetwegen in seiner Art einziges Produkt – es wird mehr als überreichlich vorhanden, es wird überflüssig sein, wenn keine Nachfrage dafür da ist. Umgekehrt, man nehme ein ins Millionenfache vervielfältigtes Produkt, es wird stets selten sein, wenn es nicht die Nachfrage deckt, d. h. wenn zuviel Nachfrage nach ihm ist.

Das sind, möchten wir sagen, fast gemeinplätzliche Wahrheiten, und doch mußten wir sie hier wieder vorführen, um die Mysterien des Herrn Proudhon verständlich zu machen.

»So daß, wenn man das Prinzip bis zu seinen letzten Konsequenzen verfolgen wollte, man zu diesem logischsten aller Schlüsse gelangen müßte, daß die Dinge, deren Gebrauch notwendig und deren Menge unbegrenzt ist, umsonst zu haben sein, und diejenigen, deren Nutzwert Null und deren Seltenheit außerordentlich ist, unendlich hoch im Preise stehen müßten.

Was die Verwirrung auf den Gipfel steigert, ist, daß in der Praxis diese beiden Extreme nicht vorkommen: Einerseits kann kein menschliches Produkt je zu unendlicher Menge anwachsen; andererseits müssen die seltensten Dinge bis zu einem gewissen Grade nützlich sein, sonst würden sie gar keinen Wert haben können. Gebrauchwert und Tauschwert sind also notwendigerweise miteinander verbunden, obwohl sie ihrer Natur nach sich beständig auszuschließen streben.« (Band 1, S. 39.)

Was steigert die Verwirrung des Herrn Proudhon auf den höchsten Gipfel? Ganz einfach, daß er die Nachfrage vergessen hat, und daß ein Ding nur überreichlich oder selten vorhanden ist, je nachdem es verlangt wird. Einmal die Nachfrage beiseite gelassen, setzt er den Tauschwert der Seltenheit und den Gebrauchswert dem Überfluß gleich. In der Tat, wenn er sagt, daß die Dinge, »deren Unterwert Null und deren Seltenheit außerordentlich ist, unendlich hoch im Preise stehen«, sagt er ganz einfach, daß Tauschwert lediglich Seltenheit ist. »Äußerste Seltenheit und Nützlichkeit gleich Null«, das ist Seltenheit schlechtweg. »Unendlich hoher Preis« ist das Maximum des Tauschwertes, ist der reine Tauschwert. Diese beiden Ausdrücke stellt er in Gleichung. Tauschwert und Seltenheit sind somit gleichbedeutende Bezeichnungen. Indem er zu diesen angeblich »äußersten Konsequenzen« gelangt, hat Herr Proudhon allerdings die Worte aufs äußerste getrieben, aber nicht den Inhalt, den sie ausdrücken, und er treibt damit mehr Rhetorik als Logik. Da, wo er neue Konsequenzen gefunden zu haben glaubt, findet er nur seine ursprünglichen Voraussetzungen in ihrer ganzen Nacktheit wieder. Dank demselben Verfahren bringt er es fertig, Gebrauchswert und reinen Überfluß als gleichbedeutend hinzustellen.

Nachdem er Tauschwert und Seltenheit, Gebrauchswert und Überfluß gleichgesetzt hat, ist Herr Proudhon ganz verwundert, daß er weder den Gebrauchswert in Seltenheit und Tauschwert noch den Tauschwert in Überfluß und Gebrauchswert findet; und da er ferner einsieht, daß in der Praxis diese Extreme nicht vorkommen, bleibt ihm nichts übrig, als an ein Mysterium zu glauben. Er kennt einen Preis, der unendlich hoch ist, eben weil es keine Käufer für ihn gibt, und Käufer wird er nie finden, solange er von der Nachfrage absieht.

Andererseits scheint der Überfluß des Herrn Proudhon von selbst zu entstehen. Er vergißt ganz, daß es Leute gibt, die ihn produzieren, und daß es in ihrem Interesse liegt, die Nachfrage nie aus dem Auge zu verlieren. Wenn nicht, wie käme Herr Proudhon sonst dazu, zu behaupten, daß die Dinge, die einen sehr großen Nutzwert haben, sehr billig sein oder sogar nichts kosten müßten? Er hätte im Gegenteil zu dem Schluß kommen müssen, daß man den Überfluß, die Produktion der sehr nützlichen Dinge, einschränken müsse, wenn man ihren Preis, ihren Tauschwert erhöhen will.

Wenn früher die französischen Weinbauern ein Gesetz verlangten, welches die Anlage neuer Weinberge untersagte, wenn die Holländer die Gewürze Asiens verbrannten, die Nelkenbäume auf den Molukken ausrotteten, so wollten sie einfach den Überfluß vermindern, um den Tauschwert zu erhöhen. Das ganze Mittelalter verfuhr nach demselben Prinzip, als es durch Gesetze die Anzahl der Gesellen einschränkte, die jeder einzelne Meister beschäftigen, die Zahl der Werkzeuge, die er in Anwendung bringen durfte. (Vgl. Anderson, Geschichte des Handels.)

Nachdem er nun Überfluß als Gebrauchswert und Seltenheit als Tauschwert hingestellt – nichts leichter als der Nachweis, daß Überfluß und Seltenheit sich umgekehrt zueinander verhalten –, identifiziert Herr Proudhon den Gebrauchswert mit dem Angebot und den Tauschwert mit der Nachfrage. Um die Antithese noch krasser erscheinen zu lassen, schiebt er einen anderen Ausdruck unter und setzt » Meinungswert« statt Tauschwert. So ist der Streit auf ein anderes Gebiet verlegt, und wir haben auf der einen Seite die Nützlichkeit (Gebrauchswert, Angebot), auf der anderen die Meinung (Tauschwert, Nachfrage). Wie diese einander widersprechenden Faktoren aussöhnen? Was tun, um sie in Einklang zu setzen? Läßt sich zum mindesten ein Punkt finden, der ihnen gemeinsam ist?

»Sicher«, ruft Herr Proudhon aus, »es gibt einen: der freie Wille. Der Preis, der aus diesem Kampf zwischen Angebot und Nachfrage, zwischen Nutzen und Meinung, sich ergibt, kann nicht der Ausdruck der ewigen Gerechtigkeit sein.«

Herr Proudhon entwickelt diese Antithese weiter:

»In meiner Eigenschaft als freier Käufer bin ich Richter über mein Bedürfnis, Richter über die Zweckmäßigkeit des Gegenstandes, Richter über den Preis, den ich dafür anlegen will. Andererseits bist du als freier Produzent Herr über die Herstellungsmittel und folglich imstande, deine Kosten zu verringern.« (Band 1, S. 41.)

Und da Nachfrage oder Tauschwert identisch ist mit Meinung, so sieht sich Herr Proudhon veranlaßt, zu sagen:

»Es ist erwiesen, daß es der freie Wille ist, der den Gegensatz zwischen Gebrauchswert und Tauschwert herbeiführt. Wie diesen Gegensatz auflösen, solange der freie Wille besteht? Und wie den freien Willen opfern, ohne den Menschen preiszugeben?« (Band 1, S. 41.)

Hier ist es also nicht möglich, zu einem Resultat zu gelangen. Wir haben einen Kampf zwischen zwei sozusagen inkommensurablen Mächten, zwischen Nutzen und Meinung, zwischen freiem Käufer und freiem Produzenten.

Sehen wir die Dinge etwas näher an.

Das Angebot stellt nicht ausschließlich den Nutzen, die Nachfrage nicht lediglich die Meinung dar. Bietet derjenige, der nachfragt, nicht ebenfalls selbst irgendein Produkt oder das Vertretungszeichen aller Produkte: Geld, an und vertritt er nicht als Anbietender nach Herrn Proudhon den Nutzen oder Gebrauchswert?

Der Anbietende, andererseits, hält er nicht gleichzeitig Nachfrage nach irgendeinem Produkt oder dem Vertretungszeichen aller Produkte: Geld? Und wird er damit nicht Vertreter der Meinung, des Meinungs- oder Tauschwertes?

Die Nachfrage ist gleichzeitig ein Angebot, das Angebot gleichzeitig eine Nachfrage. Somit beruht die Antithese des Herrn Proudhon, die einfach Angebot und Nachfrage mit Nutzen und Meinung identifiziert, lediglich auf einer hohlen Abstraktion. Was Herr Proudhon Gebrauchswert nennt, nennen andere Ökonomen mit ebensoviel Recht Meinungswert. Wir wollen nur Storch anführen. ( Cours d'économie politique »Kursus der politischen Ökonomie.«, Paris 1823, S. 88 und 99.)

Nach ihm heißen die Dinge, für die wir Bedürfnis empfinden, Bedürfnisse; Werte diejenigen, denen wir einen Wert beilegen. Die meisten Dinge haben nur Wert, weil sie die durch die Meinung geschaffenen Bedürfnisse befriedigen. Die Meinung über unsere Bedürfnisse kann wechseln, und so auch die Nützlichkeit der Dinge, die nur die Beziehung dieser Dinge zu unseren Bedürfnissen ausdrückt. Selbst die natürlichen Bedürfnisse wechseln beständig. In der Tat, welche Verschiedenheit besteht nicht z. B. zwischen den Gegenständen, die bei den verschiedenen Völkern als Hauptnahrung dienen!

Der Kampf findet nicht zwischen Nutzen und Meinung statt: er geht vor zwischen dem Handelswert, den der Anbietende fordert, und dem Handelswert, den der Nachfragende anbietet. Der Tauschwert des Produktes ist stets die Resultante dieser einander widersprechenden Abschätzungen.

In letzter Instanz stellen Angebot und Nachfrage die Produktion und die Konsumtion einander gegenüber, aber Produktion und Konsumtion begründet auf den Austausch zwischen einzelnen.

Das Produkt, welches man anbietet, ist nicht das Nützliche an und für sich. Der Konsument erst bestimmt seine Nützlichkeit. Und selbst wenn man ihm die Eigenschaft der Nützlichkeit zuerkennt, so stellt es nicht die Nützlichkeit als solche dar. Im Verlauf der Produktion ward es gegen alle Produktionskosten ausgetauscht, gegen Rohstoffe, Arbeitslöhne usw., alles Dinge, die einen Handelswert haben. Somit vertritt das Produkt in den Augen des Produzenten eine Summe von Handelswerten. Was er anbietet, ist nicht nur ein nützlicher Gegenstand, sondern auch, und zwar vor allem, ein Tauschwert.

Was die Nachfrage anbetrifft, so ist sie nur wirksam, soweit sie über Tauschmittel verfügt. Diese Mittel sind selbst wiederum Produkte, Tauschwerte.

In Angebot und Nachfrage finden wir somit einerseits ein Produkt, welches Tauschwerte gekostet hat, und das Bedürfnis, zu verkaufen; andererseits Mittel, die Tauschwerte gekostet haben, und den Wunsch, zu kaufen.

Herr Proudhon stellt den freien Käufer dem freien Produzenten gegenüber. Er legt beiden rein metaphysische Eigenschaften bei. Daher kann er auch sagen: »Es ist erwiesen, daß der freie Wille des Menschen es ist, der den Gegensatz zwischen Gebrauchswert und Tauschwert hervorruft.« (I, 41.)

Solange der Produzent in einer auf Arbeitsteilung und Einzelaustausch begründeten Gesellschaft produziert – und das ist die Voraussetzung des Herrn Proudhon –, ist er gezwungen, zu verkaufen. Herr Proudhon macht den Produzenten zum Herrn der Produktionsmittel, er wird uns aber zugeben, daß der Besitz dieser Produktionsmittel nicht vom freien Willen abhängt. Mehr noch: diese Produktionsmittel sind zum großen Teil Produkte, die er vom Ausland bezieht, und in der modernen Produktion ist er nicht einmal frei, die Menge, die er will, zu produzieren; der jeweilige Stand der Entwicklung der Produktionskräfte zwingt ihn, auf dieser oder jener bestimmten Stufenleiter zu produzieren.

Der Konsument ist nicht freier als der Produzent. Seine Meinung hängt ab von seinen Mitteln und seinen Bedürfnissen. Beide werden durch seine soziale Lage bestimmt, die wiederum selbst abhängt von der allgemeinen sozialen Organisation. Allerdings der Arbeiter, der Kartoffeln kauft, und die ausgehaltene Mätresse, die Spitzen kauft, folgen beide nur ihrer respektiven Meinung; aber die Verschiedenheit ihrer Meinungen erklärt sich durch die Verschiedenheit der Stellung, die sie in der Welt einnehmen und die selbst wiederum ein Produkt der sozialen Organisation ist.

Ist das System der Bedürfnisse in seiner Gesamtheit auf die Meinung oder auf die gesamte Organisation der Produktion begründet? In den meisten Fällen entspringen die Bedürfnisse aus der Produktion oder aus einem auf die Produktion begründeten allgemeinen Zustand. Der Welthandel dreht sich fast ausschließlieh um Bedürfnisse – nicht der Einzelkonsumtion, sondern der Produktion. Um ein anderes Beispiel zu wählen, setzt nicht das Bedürfnis nach Notaren ein gegebenes Zivilrecht voraus, das nur der Ausdruck einer bestimmten Entwicklung des Eigentums, d. h. der Produktion, ist?

Es genügt Herrn Proudhon nicht, aus dem Verhältnis von Angebot und Nachfrage die Elemente auszumerzen, von denen wir gesprochen. Er treibt die Abstraktion auf die Spitze, indem er alle Produzenten in einen einzigen Produzenten, alle Konsumenten in einen einzigen Konsumenten zusammenschweißt und den Kampf zwischen diesen beiden chimärischen Personen sich ausspielen läßt. Aber in der wirklichen Welt wickeln sich die Dinge anders ab. Die Konkurrenz zwischen den Anbietenden sowohl wie die Konkurrenz zwischen den Nachfragenden bildet ein notwendiges Element des Kampfes zwischen Käufern und Verkäufern, dessen Ergebnis der Tauschwert ist.

Nachdem er Produktionskosten und Konkurrenz ausgemerzt hat, kann Herr Proudhon die Formel von Angebot und Nachfrage nach Belieben aufs Absurde reduzieren.

»Angebot und Nachfrage«, sagt er, »sind nichts anderes als zwei zeremonielle Formen, die dazu dienen, Gebrauchswert und Tauschwert einander gegenüberzustellen und ihre Versöhnung In den früheren deutschen Ausgaben und auch in der französischen Originalausgabe steht »Zirkulation«, in der Druckfehlerberichtigung jedoch korrigiert in »Versöhnung«. D. R. zu veranlassen. Es sind die beiden elektrischen Pole, die, in Verbindung gesetzt, die Wahlverwandtschaftserscheinung, Austausch genannt, zur Folge haben müssen.« (Band 1, S. 49 u. 50.) Ebensogut könnte man sagen, der Austausch sei nur eine »zeremonielle Form«, um den Konsumenten und den Konsumtionsgegenstand zusammenzuführen. Ebensogut könnte man sagen, alle ökonomischen Beziehungen seien nur »zeremonielle Formen«, um den unmittelbaren Konsum zu vermitteln. Angebot und Nachfrage sind Verhältnisse einer gegebenen Produktion, nicht mehr und nicht weniger als der Einzelaustausch.

Worin besteht somit die ganze Dialektik des Herrn Proudhon? Darin, daß er für Gebrauchs- und Tauschwert, für Angebot und Nachfrage abstrakte und sich widersprechende Begriffe setzt, wie Seltenheit und Überfluß, Nützlichkeit und Meinung, einen Produzenten und einen Konsumenten, beide Ritter vom freien Willen.

Und worauf wollte er hinaus?

Sich das Mittel freihalten, früher oder später eines der ausgemerzten Elemente, die Produktionskosten, einzuführen als die Synthese zwischen Gebrauchswert und Tauschwert. Und so bilden denn in seinen Augen die Produktionskosten den synthetischen oder konstituierten Wert.

§ 2
Der konstituierte oder synthetische Wert

»Der Tauschwert ist der Eckstein des ökonomischen Gebäudes.« Der »konstituierte« Wert ist der Eckstein des Systems der ökonomischen Widersprüche.

Was ist nun dieser » konstituierte (Tausch-)Wert«, der die ganze Entdeckung des Herrn Proudhon in der politischen Ökonomie ausmacht?

Die Nützlichkeit einmal vorausgesetzt, ist die Arbeit die Quelle des Wertes. Das Maß der Arbeit ist die Zeit. Der relative Wert der Produkte wird bestimmt durch die Arbeitszeit, die zu ihrer Herstellung aufgewendet werden mußte. Der Preis ist der in Geld ausgedrückte relative Wert eines Produktes. Der konstituierte Wert endlich eines Produktes ist ganz einfach der Wert, der konstituiert wird durch die in demselben enthaltene Arbeitszeit.

Wie Adam Smith die Arbeitsteilung entdeckt hat, so behauptet Herr Proudhon, den » konstituierten Wert« entdeckt zu haben. Das ist nicht just »etwas Unerhörtes«, indes muß man zugeben, daß in keiner Entdeckung der ökonomischen Wissenschaft etwas Unerhörtes liegt. Immerhin sucht Herr Proudhon, der die ganze Bedeutung seiner Entdeckung ahnt, das Verdienst derselben abzuschwächen, »um den Leser über seine Ansprüche auf Originalität zu beruhigen und die Geister wieder auszusöhnen, deren Ängstlichkeit neuen Ideen wenig günstig ist«. Nach Maßgabe jedoch, wie er seinen Vorläufern den Anteil zumißt, den jeder von ihnen an der Feststellung des Wertes gehabt, kommt er gezwungenermaßen dahin, laut zu verkünden, daß ihm der größte, der Löwenanteil gebührt.

»Die synthetische Wertidee wurde von Adam Smith in unbestimmter Weise erfaßt ..., aber diese Wertidee war bei Adam Smith ganz intuitiv: Die Gesellschaft jedoch ändert ihre Gewohnheiten nicht auf bloße Intuitionen hin, sie folgt erst der Autorität der Tatsache. Die Antinomie mußte auf eine eindrucksvollere und präzisere Art und Weise hervorgehoben werden: J.-B. Say war ihr hauptsächlicher Dolmetscher.« (I, 66.) Da haben wir die Geschichte der Entdeckung des synthetischen Wertes fix und fertig: Adam Smith gebührt die vage Intuition, J.-B. Say die Antinomie, Herrn Proudhon die konstituierende und »konstituierte« Wahrheit. Und man täusche sich nicht: alle anderen Ökonomen, von Say bis Proudhon, haben sich im Geleise der Antinomie bewegt. »Es ist unglaublich, daß so viele verständige Menschen sich seit vierzig Jahren gegen eine so einfache Idee abquälen. Aber nein, die Vergleichung der Werte wird vollzogen, ohne daß es zwischen ihnen irgendeinen Vergleichspunkt gäbe und ohne Maßeinheit: – das haben die Ökonomen des neunzehnten Jahrhunderts, anstatt die revolutionäre Theorie der Gleichheit zu erfassen, gegen alle und jeden zu behaupten sich entschlossen. Was wird die Nachwelt dazu sagen?« (Band 1, S. 68.)

Die auf so brüske Art angerufene Nachwelt wird zunächst über die Chronologie in Zweifel geraten. Sie muß sich notwendig fragen: Sind denn Ricardo und seine Schule keine Ökonomen des neunzehnten Jahrhunderts? Das System Ricardos, der als Prinzip aufstellte, »daß der relative Wert der Waren ausschließlich auf der zu ihrer Herstellung erforderten Arbeit beruht«, datiert vom Jahre 1817. Ricardo ist das Haupt einer ganzen Schule, die seit der Restauration Wiederherstellung, d. h. die auf die Revolution von 1640 folgende Zeit der Reaktion und Wiedereinsetzung des verjagten Herrscherhauses. D. R. in England herrscht. Die Ricardosche Lehre repräsentiert schroff, unbarmherzig die ganze englische Bourgeoisie, die selbst wiederum der Typus der modernen Bourgeoisie überhaupt ist. »Was die Nachwelt dazu sagen wird?« Sie wird nicht sagen, daß Herr Proudhon Ricardo nicht gekannt hat, denn er spricht von ihm, lang und breit, er kommt immer wieder auf ihn zurück und sagt schließlich, daß sein System »Kohl« ist. Wenn sich die Nachwelt jemals hineinmischt, so wird sie vielleicht sagen, daß Herr Proudhon, aus Furcht, die Anglophobie seiner Leser zu verletzen, es vorgezogen hat, sich zum verantwortlichen Herausgeber der Ideen Ricardos herzugeben. Wie dem jedoch sei, wird sie es sehr naiv finden, daß Herr Proudhon das als »revolutionäre Zukunftstheorie« hinstellt, was Ricardo wissenschaftlich nachgewiesen hat als die Theorie der gegenwärtigen, der bürgerlichen Gesellschaft, und daß er somit als Auflösung der Antinomie zwischen Gebrauchswert und Tauschwert das annimmt, was Ricardo und dessen Schule lange vor ihm als die wissenschaftliche Formel einer Seite der Antinomie, des Tauschwertes, aufgestellt haben. Aber lassen wir ein für allemal die Nachwelt beiseite und konfrontieren wir Herrn Proudhon mit seinem Vorgänger Ricardo. Folgende Stellen aus diesem Schriftsteller fassen seine Werttheorie zusammen:

»Nicht die Nützlichkeit ist das Maß des Tauschwertes, obwohl sie ein notwendiges Element desselben ist.« (S. 3, Band 1, von » Principes de l'économie politique etc.«, traduit de l'anglais par J. S. Constancio, Paris 1835.)

»Die Dinge, sobald sie einmal als an sich nützlich anerkannt sind, ziehen ihren Tausehwert aus zwei Quellen: aus ihrer Seltenheit und der zu ihrer Gewinnung nötigen Arbeitsmenge. Es gibt Dinge, deren Wert nur von ihrer Seltenheit abhängt. Da keine Arbeit ihre Zahl vermehren kann, so kann ihr Wert nur sinken auf Grund ihres größeren Überflusses. Hierhin gehören Bildsäulen, kostbare Gemälde usw. Dieser Wert hängt einzig von dem Vermögen, dem Geschmack und der Laune derer ab, die Lust verspüren, diese Gegenstände zu besitzen.« (Band 1, S. 4 u. 5 a. a. O.) »Sie machen jedoch nur ein sehr geringes Quantum der Waren aus, die täglich ausgetauscht werden. Da die größte Anzahl der Gegenstände, die man zu besitzen wünscht, Erzeugnisse der Industrie sind, kann man sie, sobald man die zu ihrer Herstellung notwendige Arbeit aufwenden will, nicht nur in einem Lande, sondern in mehreren Ländern in fast unbegrenzter Menge vervielfältigen.« (Band 1, S. 5 a. a. O.) »Wenn wir also von Waren, ihrem Tauschwert und den Prinzipien reden, nach denen sich ihr Preis regelt, so haben wir nur diejenigen Waren im Auge, deren Menge durch menschliche Arbeit beliebig vermehrt werden kann, deren Produktion durch die Konkurrenz gefördert wird und auf keine Hindernisse stößt.« (Band 1, S. 3.)

Ricardo zitiert Adam Smith, der nach ihm die erste Quelle des Tauschwertes mit großer Genauigkeit entwickelt hat« (Band 1, S. 5), und fügt hinzu:

»Daß dies (die Arbeitszeit nämlich) in Wahrheit die Grundlage des Tauschwertes aller Dinge ist, die ausgenommen, welche durch menschliche Arbeit nicht beliebig vermehrt werden können, ist ein höchst wichtiger Lehrsatz der politischen Ökonomie: denn aus keiner Quelle sind soviel Irrtümer geflossen, soviel Meinungsverschiedenheiten in dieser Wissenschaft entsprungen, als aus der oberflächlichen und wenig präzisen Auslegung des Wortes Wert.« (Band 1, S. 8.) »Wenn die in einen Gegenstand hineingelegte Arbeitsmenge es ist, die seinen Tauschwert bestimmt, so folgt daraus, daß jede Vermehrung der Arbeitsmenge notwendigerweise den Wert des Gegenstandes vermehren muß, auf den sie verwendet wurde, und daß ebenso jede Verminderung der Arbeit den Preis desselben vermindern muß.« (Band 1, S. 8.)

Ricardo macht dann Adam Smith den Vorwurf:

1. Daß er »für den Wert einen anderen Maßstab als die Arbeit aufstellte, bald den Wert des Getreides, bald die Arbeitsmenge, welche eine Sache zu kaufen vermag usw.« (Band 1, S. 9 u. 10.)

2. Daß er »das Prinzip ohne Vorbehalt einräume und doch seine Anwendung auf den ursprünglichen rohen Zustand der Gesellschaft beschränke, der der Anhäufung der Kapitalien und dem Privateigentum an Grund und Boden vorhergeht«. (Band 1, S. 21.) Ricardo sucht den Nachweis zu liefern, daß das Grundeigentum, d. h. die (Boden-)Rente, den Wert der Lebensmittel nicht beeinflussen kann, und daß die Akkumulation der Kapitalien nur einen zeitweiligen und oszillierenden Einfluß auf das Verhältnis der Werte ausübt, die bestimmt werden durch das Verhältnis der zu ihrer Herstellung aufgewendeten Arbeitsmenge. Um diesen Satz zu beweisen, entwickelt er seine berühmte Grundrententheorie, analysiert er das Kapital und gelangt in letzter Instanz dahin, in demselben nur aufgehäufte Arbeit zu finden. Alsdann entwickelt er eine ganze Theorie über das Verhältnis von Arbeitslohn und Profit und beweist, daß Lohn und Profit im umgekehrten Verhältnis zueinander steigen und fallen, ohne den Wert des Produktes zu beeinflussen. Er übersieht dabei nicht den Einfluß, den die Anhäufung der Kapitalien und ihre verschiedene Natur (fixes und flüssiges Kapital) sowie die Lohnhöhe auf den verhältnismäßigen Wert der Produkte ausüben können. Es sind das sogar die hauptsächlichsten Probleme, die Ricardo beschäftigen.

»Keine Ersparnis von Arbeit«, sagt er, »ermangelt je den relativen Wert Ricardo bestimmt bekanntlich den Wert einer Ware durch die »Menge der Arbeit, die zu ihrer Erlangung erforderlich ist«. Die in jeder auf Warenproduktion beruhenden Produktionsweise, also auch in der kapitalistischen, herrschende Austauschform bringt es aber mit sich, daß dieser Wert nicht direkt in Mengen von Arbeit ausgedrückt wird, sondern in Mengen einer anderen Ware. Der Wert einer Ware, ausgedrückt in einem Quantum einer anderen Ware (Geld oder nicht), heißt bei Ricardo ihr relativer Wert. F. E. einer Ware sinken zu machen, sei es, daß diese Ersparnis die Arbeit, die zur Verfertigung des Gegenstandes selbst nötig ist, betrifft, sei es, daß sie sich auf die zur Bildung des bei dieser Verfertigung angewendeten Kapitals bezieht.« (Band 1, S. 28 Bei Marx irrtümlich S. 48. D. R..) »Solange daher ein Arbeitstag dem einen die gleiche Menge Fisch und dem anderen ebensoviel Wildbret abwirft, wird die natürliche Höhe der bezüglichen Tauschpreise stets dieselbe bleiben, welche Veränderungen auch sonst in den Arbeitslöhnen und Profiten vorgehen mögen und unbeschadet aller Einwirkungen der Kapitalanhäufung.« (Band 1, S. 32.) »Wir haben die Arbeit als die Grundlage des Wertes der Dinge betrachtet und die zu deren Herstellung notwendige Arbeitsmenge als den Maßstab, der die Menge der Waren bestimmt, die im Austausch für andere hingegeben werden müssen; aber wir haben nicht die Absicht, zu leugnen, daß in dem jeweiligen Preis der Waren zufällige und vorübergehende Abweichungen von diesem ursprünglichen natürlichen Preise vorkommen.« (Band 1, S. 105, a. a. O.) »Die Produktionskosten sind es, die in letzter Instanz den Preis der Dinge bestimmen, und nicht, wie man oft behauptet hat, das Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage.« (Band 2, S. 253.)

Lord Lauderdale hatte die Veränderungen des Tauschwertes nach dem Gesetz von Angebot und Nachfrage oder von Seltenheit und Überfluß in Beziehung zur Nachfrage entwickelt. Nach ihm kann der Wert einer Sache steigen, wenn deren Menge abnimmt, aber die Nachfrage nach ihr wächst; er kann sinken, je nachdem ihre Menge zunimmt oder die Nachfrage nach ihr abnimmt. So kann der Wert eines Gegenstandes sich verändern durch die Einwirkung von acht verschiedenen Ursachen, nämlich der vier Ursachen, welche auf diesen selbst Bezug haben, und der vier Ursachen, welche sich auf das Geld oder jede andere Ware beziehen, die als Maß ihres Wertes dient. Ricardo widerlegt das folgendermaßen:

»Produkte, welche das Monopol eines einzelnen oder einer Gesellschaft sind, ändern ihren Wert nach dem Gesetz, welches Lord Lauderdale aufgestellt hat; sie sinken entsprechend dem Wachsen des Angebots und steigen mit dem Verlangen, welches die Käufer an den Tag legen, sie zu erwerben; ihr Preis steht in keinem notwendigen Verhältnis zu ihrem natürlichen Wert. Was aber die Dinge betrifft, die der Konkurrenz unter den Verkäufern unterliegen und deren Menge bis zu einem gewissen Grade vermehrt werden kann, so hängt ihr Preis endgültig nicht von dem Stande der Nachfrage und Zufuhr, sondern von der Vermehrung oder Verminderung der Produktionskosten ab.« (Band 2, S. 259.)

Wir überlassen es dem Leser, die so präzise, klare, einfache Sprache Ricardos mit den rhetorischen Anstrengungen zu vergleichen, die Herr Proudhon anstellt, um zur Festsetzung des Tauschwertes durch die Arbeitszeit zu gelangen.

Ricardo zeigt uns die wirkliche Bewegung der bürgerlichen Produktion, die den Wert konstituiert. Herr Proudhon abstrahiert von dieser wirklichen Bewegung und quält sich ab, um neue Prozesse zu erfinden und die Welt nach einer angeblich neuen Formel einzurichten, die nur der theoretische Ausdruck der von Ricardo so schön dargelegten wirklichen Bewegung ist. Ricardo nimmt seinen Ausgangspunkt aus der bestehenden Gesellschaft, um uns zu zeigen, wie sie den Wert konstituiert, Herr Proudhon nimmt als Ausgangspunkt den konstituierten Wert, um vermittels dieses Wertes eine neue soziale Welt zu konstituieren. Für Herrn Proudhon muß der konstituierte Wert sich im Kreis bewegen und für eine bereits auf Grund dieses Wertmaßstabes völlig konstituierte Welt neuerdings konstituierend werden. Die Bestimmung des Wertes durch die Arbeitszeit ist für Ricardo das Gesetz des Tauschwertes, für Herrn Proudhon ist sie die Synthesis von Gebrauchswert und Tauschwert. Ricardos Theorie der Werte ist die wissenschaftliche Darlegung des gegenwärtigen ökonomischen Lebens, die Werttheorie des Herrn Proudhon ist die utopische Auslegung der Theorie Ricardos. Ricardo konstatiert die Wahrheit seiner Formel, indem er sie aus allen wirtschaftlichen Vorgängen ableitet und auf diese Art alle Erscheinungen erklärt, selbst diejenigen, welche im ersten Augenblick ihr zu widersprechen scheinen, wie die Rente, die Akkumulation der Kapitalien und das Verhältnis der Löhne zu den Profiten. Gerade das ist es, was seine Lehre zu einem wissenschaftlichen System macht; Herr Proudhon, der diese Formel Ricardos mittels rein willkürlicher Hypothesen neuerdings gefunden hat, ist demgemäß gezwungen, einzelne ökonomische Tatsachen zu suchen, die er martert und fälscht, um sie als Beispiele, als bereits bestehende Anwendungen, als Keime der Verwirklichung seiner neuschöpferischen Idee hinstellen zu können. (Siehe unten § 3, Anwendung des konstituierten Wertes.)

Gehen wir jetzt zu den Schlüssen über, welche Herr Proudhon aus seinem (durch die Arbeitszeit) konstituierten Wert zieht. Eine gewisse Menge der Arbeit ist gleichwertig dem Produkt, welches durch diese Arbeitsmenge geschaffen worden.

Jeder Arbeitstag gilt soviel als ein anderer Arbeitstag; d. h. bei gleicher Menge gilt die Arbeit des einen soviel wie die Arbeit des anderen: es gibt keinen qualitativen Unterschied. Bei gleicher Arbeitsmenge tauscht sich das Produkt des einen für das Produkt des anderen. Alle Menschen sind Lohnarbeiter, und zwar für gleiche Arbeitszeit gleich bezahlt. Vollständige Gleichheit beherrscht den Tausch.

Sind diese Schlüsse die natürlichen und notwendigen Konsequenzen des »konstituierten«, d. h. des durch die Arbeitszeit bestimmten Wertes?

Wenn der Wert einer Ware bestimmt wird durch die zu ihrer Herstellung erforderliche Arbeitsmenge, so folgt daraus notwendigerweise, daß der Wert der Arbeit, d. h. der Arbeitslohn, gleichfalls durch die Arbeitsmenge bestimmt wird, die zu seiner Herstellung erforderlich ist. Der Lohn, d. h. der relative Wert oder der Preis der Arbeit, wird demnach bestimmt durch die Arbeitszeit, die erforderlich ist zur Erzeugung alles dessen, was der Arbeiter zu seinem Unterhalt bedarf. » Vermindert die Herstellungskosten der Hüte, und ihr Preis wird schließlich auf ihren neuen natürlichen Preis herabgehen, mag auch die Nachfrage sich verdoppeln, verdreifachen oder vervierfachen. Vermindert die Unterhaltskosten der Menschen durch Ermäßigung des natürlichen Preises der zum Leben notwendigen Nahrung und Kleidung, und ihr werdet sehen, wie die Löhne fallen, selbst wenn die Nachfrage nach Arbeitern erheblich steigen sollte.« (Ricardo, Band 2, S. 253.)

Gewiß, die Sprache Ricardos ist so zynisch wie nur etwas. Die Fabrikationskosten von Hüten und die Unterhaltskosten des Menschen in ein und dieselbe Reihe stellen, heißt die Menschen in Hüte verwandeln. Aber man schreie nicht zu sehr über den Zynismus. Der Zynismus liegt in der Sache und nicht in den Worten, welche die Sache bezeichnen. Französische Schriftsteller, wie die Herren Droz, Blanqui, Rossi und andere, machen . sich das unschuldige Vergnügen, ihre Erhabenheit über die englischen Schriftsteller dadurch zu dokumentieren, daß sie den Anstand einer »humanitären« Sprache zu beobachten suchen; wenn sie Ricardo und seiner Schule ihre zynische Sprache vorwerfen, so nur, weil es sie verletzt, die ökonomischen Beziehungen in ihrer ganzen Nacktheit aufgedeckt, die Mysterien der Bourgeoisie verraten zu sehen.

Fassen wir zusammen: Die Arbeit, wo sie selbst Ware ist, mißt sich als solche durch die Arbeitszeit, welche zur Herstellung der Ware Arbeit notwendig ist. Und was ist zur Herstellung der Ware Arbeit nötig? Genau die Arbeitszeit, die notwendig ist zur Herstellung der Gegenstände, die unerläßlich sind zum ununterbrochenen Unterhalt der Arbeit, d. h. um den Arbeiter in den Stand zu setzen, sein Leben zu fristen und seine Rasse fortzupflanzen. Der natürliche Preis der Arbeit ist nichts anderes als das Minimum des Lohnes Der Satz, daß der »natürliche«, d. h. der normale Preis der Arbeitskraft zusammenfällt mit dem Minimum des Lohnes, d. h. mit dem Wertäquivalent der zum Leben und zur Fortpflanzung des Arbeiters absolut notwendigen Lebensmittel – dieser Satz wurde zuerst von mir aufgestellt in den »Umrissen zu einer Kritik der Nationalökonomie« (Deutsch-Französische Jahrbücher. Paris 1844) und in der »Lage der arbeitenden Klasse in England«. Wie man hier sieht, hatte Marx diesen Satz damals akzeptiert. Von uns beiden hat Lassalle ihn übernommen. Wenn aber auch in der Wirklichkeit der Arbeitslohn die beständige Tendenz hat, sich seinem Minimum zu nähern, so ist der obige Satz dennoch falsch. Die Tatsache, daß die Arbeitskraft in der Regel und im Durchschnitt unter ihrem Wert bezahlt wird, kann ihren Wert nicht ändern. Im »Kapital« hat Marx sowohl den obigen Satz richtig gestellt (Abschnitt: Kauf und Verkauf der Arbeitskraft) wie auch (Kap. XXIII, Das allgemeine Gesetz der kapitalistischen Akkumulation) die Umstände entwickelt, welche der kapitalistischen Produktion erlauben, den Preis der Arbeitskraft mehr und mehr unter ihren Wert zu drücken. F. E.. Wenn der Marktpreis des Lohnes sich über seinen natürlichen Preis erhebt, so kommt dies gerade daher, daß das von Herrn Proudhon als Prinzip aufgestellte Wertgesetz in dem Wechsel des Verhältnisses von Angebot und Nachfrage sein Gegengewicht findet. Aber das Lohnminimum bleibt nichtsdestoweniger der Mittelpunkt, nach welchem der Marktpreis des Lohnes gravitiert.

So ist der durch die Arbeitszeit gemessene Wert notwendigerweise die Formel der modernen Sklaverei der Arbeiter, anstatt, wie Herr Proudhon behauptet, die »revolutionäre Theorie« der Emanzipation des Proletariats zu sein.

Sehen wir nunmehr zu, in wie vielen Fällen die Arbeitszeit als Maßstab des Wertes unverträglich ist mit dem bestehenden Antagonismus der Klassen und der ungleichen Verteilung des Arbeitsertrages zwischen dem unmittelbaren Produzenten (dem Arbeiter) und dem Besitzer des Produktes.

Nehmen wir irgendein Produkt, z. B. die Leinwand. Als solches enthält dieselbe ein bestimmtes Quantum Arbeit. Dieses Arbeitsquantum wird stets das gleiche sein, wie immer die Lage derer sich zueinander gestalten möge, die zur Herstellung dieses Produktes mitgewirkt haben.

Nehmen wir ein anderes Produkt: Tuch, welches dasselbe Arbeitsquantum erfordert haben möge als die Leinwand.

Wenn ein Austausch dieser beiden Produkte stattfindet, so findet Austausch gleicher Arbeitsmengen statt. Tauscht man diese gleichen Mengen von Arbeitszeit aus, so tauscht man keineswegs die gegenseitige Lage der Produzenten aus, noch ändert man irgend etwas an der Lage von Arbeitern und Fabrikanten unter sich. Behaupten, daß dieser Austausch von durch Arbeitszeit gemessenen Produkten zur Folge habe eine gleiche Bezahlung aller Produzenten, heißt voraussetzen, daß dem Tausch eine gleiche Beteiligung am Produkt vorausgegangen sei. Ist der Austausch des Tuches gegen Leinwand vollzogen, so werden die Produzenten des Tuches denjenigen Anteil an der Leinwand haben, der ihrem früheren Anteil am Tuch entspricht.

Herrn Proudhons Illusion kommt daher, daß er für Konsequenz nimmt, was höchstens als eine unbewiesene Voraussetzung gelten kann.

Gehen wir weiter.

Setzt die Arbeitszeit als Maßstab des Wertes wenigstens voraus, daß die (Arbeits-) Tage gleichwertig sind, d. h. daß der Arbeitstag des einen soviel wert ist als der Arbeitstag des anderen? Nein.

Nehmen wir einmal an, der Arbeitstag eines Goldarbeiters sei drei Arbeitstagen eines Webers gleichwertig, so wird jeder Wechsel im Wertverhältnis der Schmuckwaren gegen Gewebe, soweit er nicht eine vorübergehende Folge der Schwankungen von Angebot und Nachfrage ist, zur Ursache haben eine Verminderung oder Vermehrung der zur Herstellung der einen oder der anderen Art Produkte angewendeten Arbeitszeit. Gesetzt, drei Arbeitstage verschiedener Arbeiter verhalten sich zueinander wie 1, 2, 3, so wird jeder Wechsel im relativen Wert ihrer Produkte auch eine Änderung sein nach diesem selben Verhältnis von 1, 2, 3. Auf diese Art kann man den Wert durch die Arbeitszeit messen, trotz der Ungleichheit des Wertes der verschiedenen Arbeitstage; doch müssen wir, um ein solches Maß anwenden zu können, einen vergleichenden Maßstab für die verschiedenen Arbeitstage haben: diesen Maßstab liefert die Konkurrenz.

Gilt deine Arbeitsstunde soviel als die meinige? Diese Frage wird durch die Konkurrenz entschieden.

Die Konkurrenz bestimmt, nach einem amerikanischen Ökonomen, wieviel Tage einfacher (unqualifizierter) Arbeit in einem Tage zusammengesetzter (qualifizierter) Arbeit enthalten sind. Setzt diese Reduktion von Arbeitstagen zusammengesetzter Arbeit in Arbeitstage einfacher Arbeit nicht voraus, daß man die einfache Arbeit an sich als Wertmaß annimmt? Wird das Quantum der Arbeit an sich, ohne Rücksicht auf die Qualität, als Wertmesser genommen, so setzt dies voraus, daß die einfache Arbeit der Angelpunkt der Industrie geworden ist. Sie setzt voraus, daß die Arbeiten durch die Unterordnung des Menschen unter die Maschine oder die äußerste Arbeitsteilung gleichgemacht sind, daß die Menschen gegenüber der Arbeit verschwinden, daß der Pendel der Uhr der genaue Messer für das Verhältnis der Leistungen zweier Arbeiter geworden, wie er es für die Schnelligkeit zweier Lokomotiven ist. So muß es nicht mehr heißen, daß eine (Arbeits-) Stunde eines Menschen gleichkommt der Stunde eines anderen Menschen, sondern daß vielmehr ein Mensch während einer Stunde so viel wert ist, wie ein anderer Mensch während einer Stunde. Die Zeit ist alles, der Mensch ist nichts mehr, er ist höchstens noch die Verkörperung der Zeit. Es handelt sich nicht mehr um die Qualität Die Quantität allein entscheidet alles: Stunde gegen Stunde, Tag gegen Tag; aber diese Gleichmachung der Arbeit ist keineswegs das Werk von Herrn Proudhons ewiger Gerechtigkeit Sie ist ganz einfach ein Ergebnis der modernen Industrie.

In der mit Maschinen arbeitenden Fabrik unterscheidet sich die Arbeit des einen Arbeiters fast in nichts mehr von der Arbeit eines anderen Arbeiters: die Arbeiter können sich voneinander nur unterscheiden durch das Quantum von Zeit, welches sie bei der Arbeit aufwenden. Nichtsdestoweniger erscheint dieser quantitative Unterschied von einem gewissen Gesichtspunkt aus qualitativ, insofern die für die Arbeit aufgewendete Zeit abhängt einerseits von rein materiellen Bedingungen, wie physische Konstitution, Alter, Geschlecht, anderseits von moralischen, rein negativen Umständen, wie Geduld, Unempfindlichkeit und Emsigkeit. Endlich, wenn es einen qualitativen Unterschied in der Arbeit der Arbeiter gibt, so ist dies höchstens eine Qualität von der schlechtesten Qualität, die weit entfernt ist, eine unterscheidende Spezialität zu sein. Das ist in letzter Instanz der Stand der Dinge in der modernen Industrie. Und auf diese bereits in der Maschinenarbeit verwirklichte Gleichheit setzt Herr Proudhon seinen Hobel der »Gleichmachung« an, die er universell zu verwirklichen vorhat in der »Zeit die kommen wird«.

Alle »egalitären« Folgerungen, welche Herr Proudhon aus der Theorie Ricardos zieht, beruhen auf einem fundamentalen Irrtum. Er verwechselt nämlich den durch die aufgewendete Arbeitsmenge bestimmten Warenwert mit dem Warenwert, bestimmt durch den » Wert der Arbeit«. Wenn diese beiden Arten, den Wert der Waren zu messen, dasselbe ausdrückten, so könnte man unterschiedslos sagen: der Wert irgendeiner Ware wird gemessen durch die in ihr verkörperte Arbeitsmenge, oder aber: er wird gemessen durch die Menge von Arbeit, die er zu kaufen imstande ist; oder endlich: er wird gemessen durch die Menge von Arbeit, welche ihn zu erwerben vermag. Aber dem ist bei weitem nicht so. Der Wert der Arbeit kann ebensowenig als Maßstab des Wertes dienen, als der Wert jeder anderen Ware. Einige Beispiele werden genügen, das eben Gesagte dem Verständnis näherzubringen.

Wenn ein Scheffel Getreide zwei Arbeitstage an Stelle eines einzigen kostete, so würde er das Doppelte seines ursprünglichen Wertes besitzen; aber er würde nicht die doppelte Arbeitsmenge in Bewegung setzen, denn er würde nicht mehr Nährstoff enthalten als zuvor. So wäre der Wert des Getreides, gemessen durch die zu dessen Hervorbringung angewendete Arbeitsmenge, verdoppelt; aber gemessen, sei es durch die Arbeitsmenge, die er kaufen kann, oder durch die Arbeitsmenge, die ihn kaufen kann, ist er weit entfernt, verdoppelt zu sein. Anderseits, wenn dieselbe Arbeit doppelt soviel Kleidungsstücke als früher erzeugt, so fiele der Wert derselben um die Hälfte; aber nichtsdestoweniger wäre diese doppelte Menge von Kleidern dadurch nicht so weit herabgedrückt, daß sie nur über die halbe Menge Arbeit verfügen könnte, noch wäre dieselbe Arbeit imstande, über die doppelte Menge von Kleidungsstücken zu verfügen; denn die Hälfte der Kleider würde nach wie vor den Arbeitern denselben Dienst leisten.

Es widerspricht somit den ökonomischen Tatsachen, den Wert der Lebensmittel durch den Wert der Arbeit zu messen; das hieße, sich in einem fehlerhaften Kreislauf bewegen, den relativen Wert durch einen relativen Wert bestimmen, der seinerseits erst wieder bestimmt werden muß.

Es unterliegt keinem Zweifel, daß Herr Proudhon diese beiden Maßstäbe durcheinander wirft: die zur Herstellung einer Ware notwendige Arbeitszeit und den Wert der Arbeit. »Die Arbeit eines jeden Menschen«, sagt er, »kann den Wert kaufen, den sie in sich schließt.« (I, 81.) Somit gilt nach ihm ein gewisses in einem Produkt fixiertes Arbeitsquantum ebensoviel wie die Entlohnung des Arbeiters, d. h. wie der Wert, der Arbeit. Dies ist auch derselbe Schluß, der ihm erlaubt, Produktionskosten und Löhne gleichzusetzen.

»Was ist der Lohn? Der Herstellungspreis von Getreide usw., der vollständige Preis jedes Dinges.« Einige Zeilen später: »Der Lohn ist die Proportionalität der Elemente, die den Reichtum bilden.« (I, 110.) Was ist der Lohn? Der Wert der Arbeit.

Adam Smith nimmt zum Maßstab des Wertes bald die zur Herstellung einer Ware notwendige Arbeitszeit, bald den Wert der Arbeit. Ricardo hat diesen Irrtum aufgedeckt, indem er die Verschiedenheit dieser beiden Messungsarten klar nachwies. Herr Proudhon überbietet noch den Irrtum von Adam Smith, indem er zwei Dinge identifiziert, die jener nur nebeneinander gebraucht.

Um das rechte Verhältnis zu finden, nach welchem die Arbeiter an den Produkten teilhaben sollen, oder, mit anderen Worten, um den relativen Wert der Arbeit zu bestimmen, sucht Herr Proudhon einen Maßstab für den relativen Wert der Waren. Um den Maßstab für den relativen Wert der Waren zu bestimmen, weiß er nichts Besseres auszuklügeln, als uns als Äquivalent für eine gewisse Menge von Arbeit die Summe der durch sie geschaffenen Produkte hinzustellen, was vermuten läßt, daß die ganze Gesellschaft aus nichts als Arbeitern besteht, die als Lohn ihr eigenes Produkt bekommen. In zweiter Linie behauptet er die Gleichwertigkeit der Arbeitstage der verschiedenen Arbeiter als Tatsache, mit einem Wort: er sucht den Maßstab für den relativen Wert der Waren, um zur gleichen Entlohnung der Arbeiter zu gelangen, und nimmt die Gleichheit der Löhne als bereits fertige Tatsache hin, um sich auf die Suche nach dem relativen Wert der Waren zu machen. Welch bewunderungswürdige Dialektik!

»Say und die Ökonomen, welche ihm folgen, haben bemerkt, daß, da die Arbeit selbst der Schätzung unterworfen, kurz, eine Ware wie jede andere ist, es ein fehlerhafter Kreislauf sei, sie als Prinzip und entscheidenden Faktor des Wertes zu nehmen. Diese Ökonomen haben damit, mit Verlaub zu sagen, eine ungeheuerliche Unachtsamkeit an den Tag gelegt. Man sagt von der Arbeit, daß sie einen Wert hat (» valoir«), nicht sowohl als eigentliche Ware, als im Hinblick auf die Werte, welche man in ihr potenziell enthalten annimmt. Der Wert der Arbeit ist ein figürlicher Ausdruck, eine Antizipierung der Ursache vor, der Wirkung; er ist eine Fiktion von demselben Kaliber wie die Produktivität des Kapitals. Die Arbeit produziert, das Kapital hat Wert (vaut) ... Durch eine Art Ellipse sagt man Wert der Arbeit ... Die Arbeit wie die Freiheit ... ist etwas seiner Natur nach Vages und Unbestimmtes, was jedoch gemäß seinem Objekt bestimmte Form annimmt, d. h. welches durch das Produkt Realität wird.« (I, 61.)

»Aber wozu sich dabei aufhalten? Sobald der Ökonom (lies: Herr Proudhon) den Namen des Dinges, vera rerum vocabula den wahren Namen der Dinge. wechselt, gesteht er folgerungsgemäß seine Ohnmacht ein und streckt die Waffen.« (Proudhon, I,188.)

Wir haben gesehen, wie Herr Proudhon aus dem Wert der Arbeit den »entscheidenden Faktor« des Wertes der Produkte macht, in einer Weise, daß für ihn der Lohn, wie der »Wert der Arbeit« gemeinhin genannt wird, den »vollständigen Preis jedes Dinges« bildet. Darum verwirrt ihn der Einwand von Say. Er sieht in der Ware Arbeit, die eine furchtbare Realität ist, nur eine grammatische Ellipse. Demgemäß ist die ganze heutige, auf den Warencharakter der Arbeit begründete Gesellschaft von jetzt an ein« poetische Lizenz, auf einen figürlichen Ausdruck begründet. Will die Gesellschaft »alle Unzuträglichkeiten ausmerzen«, unter denen sie zu leiden hat, nun, so merze sie die anstößigen Ausdrücke aus, so ändere sie die Sprache; und sie braucht sich zu diesem Behufe nur an die Akademie zu wenden, um von ihr eine neue Ausgabe ihres Wörterbuches zu verlangen. Nach allem, was wir gesehen haben, begreifen wir leicht, warum Herr Proudhon in einem Werk über politische Ökonomie lange Dissertationen über Etymologie und andere Teile der Grammatik abhandeln muß. So diskutiert er noch gelehrt über die veraltete Ableitung des Wortes servus von servare. Diese philologischen Dissertationen haben einen tiefen Sinn, einen esoterischen Sinn, sie machen einen wesentlichen Teil der Beweisführung des Herrn Proudhon aus.

Die Arbeit ist, soweit sie gekauft und verkauft wird, eine Ware wie jede andere Ware und hat daher einen Tauschwert. Aber der Wert der Arbeit oder die Arbeit als Ware produziert ebensowenig, wie der Wert des Getreides oder das Getreide als Ware zur Nahrung dient.

Die Arbeit »gilt« mehr oder weniger, je nachdem die Lebensmittelpreise höher oder niedriger sind, je nachdem Angebot von und Nachfrage nach Arbeitskräften in diesem oder jenem Grade vorhanden ist etc. etc.

Die Arbeit ist nicht etwas »Vages«, es ist immer eine bestimmte Arbeit, nie Arbeit im allgemeinen, die man kauft und verkauft Es ist nicht nur die Arbeit, deren Beschaffenheit durch das Objekt bestimmt wird, auch das Objekt wird bestimmt durch die spezifische Beschaffenheit der Arbeit

Insofern die Arbeit gekauft und verkauft wird, ist sie selbst Ware. Warum kauft man sie? »Im Hinblick auf die Werte, welche man in ihr potenziell enthalten annimmt« Aber wenn man sagt, daß irgendeine Sache Ware ist, so handelt es sich nicht mehr um den Zweck, zu dem sie gekauft wird, d. h. um den Nutzen, den man aus ihr ziehen, den Gebrauch, den man von ihr machen will. Sie ist Ware als Gegenstand des Handels. Alle Klügeleien des Herrn Proudhon beschränken sich auf folgendes: Man kauft die Arbeit nicht als Objekt unmittelbarer Konsumierung. Nein, man kauft sie als Produktionsmittel, wie man eine Maschine kauft. Solange die Arbeit Ware ist, hat sie Wert, aber produziert nicht.

Herr Proudhon hätte ebensogut sagen können, daß es absolut keine Waren gibt, da jede Ware nur zu irgendeinem bestimmten Gebrauchszweck gekauft wird und niemals als Ware an sich. Wenn Herr Proudhon den Wert der Waren durch die Arbeit mißt, so überkommt ihn ein unbestimmtes Gefühl, daß es unmöglich ist, die Arbeit, soweit sie einen Wert hat, die Ware Arbeit, nicht auch diesem selben Maßstab zu unterwerfen. Er ahnt, daß er damit das Lohnminimum zum natürlichen und normalen Preis der unmittelbaren Arbeit stempelt, daß er also den gegenwärtigen Zustand der Gesellschaft akzeptiert. Und so, um sich dieser fatalen Konsequenz zu entziehen, machte er kehrt und behauptet, daß die Arbeit keine Ware ist, daß sie keinen Wert haben kann. Er vergißt, daß er selbst den Wert der Arbeit als Maßstab genommen hat; er vergißt, daß sein ganzes System auf der Ware Arbeit beruht, auf der Arbeit, die man verschachert, kauft und verkauft, die sich austauscht gegen Produkte usw., auf der Arbeit endlich, die unmittelbar Einkommensquelle des Arbeiters ist – er vergißt alles.

Um sein System zu retten, entschließt er sich, die Basis desselben zu opfern.

»Et propter vitam vivendi perdere causas!« Und wegen des Lebens die Gründe zu leben verlieren! Juvental, Satiren, 8/84.

Wir gelangen jetzt zu einer neuen Erklärung des » konstituierten Wertes«.

»Der Wert ist das Proportionalitätsverhältnis (rapport de proportionnalité) der Produkte, welche den Reichtum bilden.«

Bemerken wir zunächst, daß das einfache Wort »relativer« oder »Tauschwert« die Idee irgendeines Verhältnisses einschließt, in welchem sich die Produkte gegenseitig austauschen. Wenn man diesem Verhältnis den Namen Proportionalitätsverhältnis gibt, so hat man nichts am relativen Wert geändert, außer dem Namen. Weder die Herabdrückung noch die Steigerung des Wertes eines Produktes nehmen ihm die Eigenschaft, sich in irgendeinem »Proportionalitätsverhältnis« zu den anderen Produkten, die den Reichtum bilden, zu befinden.

Warum also dieser neue Ausdruck, der keine neue Idee zutage fördert?

Das »Proportionalitätsverhältnis« läßt an viele andere ökonomische Verhältnisse denken, wie an die Proportionalität der Produktion, die rechte Proportion zwischen Angebot und Nachfrage usw.; und Herr Proudhon hat an alles das gedacht, als er diese didaktische Paraphrase des Tauschwertes formulierte. Da zunächst der relative Wert der Produkte bestimmt wird durch die zur Herstellung eines jeden derselben aufgewendete entsprechende Arbeitsmenge, so bedeutet das Proportionalitätsverhältnis, auf diesen speziellen Fall angewendet, die entsprechende Menge von Produkten, die in einer gegebenen Zeit hergestellt werden und infolgedessen gegeneinander ausgetauscht werden können.

Sehen wir nun, welchen Gebrauch Herr Proudhon von diesem Proportionalitätsverhältnis macht.

Alle Welt weiß, daß, wenn Angebot und Nachfrage sich ausgleichen, der relative Wert eines Produktes genau bestimmt wird durch die in ihm fixierte Arbeitsmenge, d. h. daß dieser relative Wert das Proportionalitätsverhältnis genau in dem Sinne ausdrückt, in dem wir es soeben erklärt haben.

Herr Proudhon stellt die Reihenfolge der Dinge auf den Kopf. Man fange an, sagt er, den relativen Wert eines Produktes durch die in ihm fixierte Arbeitsmenge zu messen, und Angebot und Nachfrage werden sich unfehlbar ausgleichen. Die Produktion wird der Konsumtion entsprechen, das Produkt wird stets ausgetauscht werden können, sein laufender Marktpreis wird genau seinen richtigen Wert ausdrücken. Anstatt mit jedermann zu sagen: Wenn das Wetter schön ist, sieht man viele Leute spazierengehen, läßt Herr Proudhon seine Leute spazierengehen, um ihnen gutes Wetter zusichern zu können.

Was Herr Proudhon als Folgerung aus dem a priori durch die Arbeitszeit bestimmten Tauschwert hinstellt, könnte nur gerechtfertigt werden vermittels eines Gesetzes, das ungefähr folgenden Wortlaut haben müßte:

Die Produkte werden künftig ausgetauscht im genauen Verhältnis der Arbeitszeit, die sie gekostet haben. Welches auch das Verhältnis von Angebot und Nachfrage sei, der Austausch der Waren soll stets so vor sich gehen, als ob dieselben im Verhältnis zur Nachfrage produziert worden wären. Möge Herr Proudhon es übernehmen, ein solches Gesetz zu formulieren und durchzusetzen, und wir wollen ihm die Beweise erlassen. Wenn er im Gegenteil darauf Wert legt, seine Theorie nicht als Gesetzgeber zu rechtfertigen, sondern als Ökonom, so wird er zu beweisen haben, daß die zur Herstellung einer Ware nötige Zeit genau ihren Nützlichkeitsgrad anzeigt und außerdem ihr Proportionalitätsverhältnis zur Nachfrage und folglich zur Summe des gesellschaftlichen Reichtums feststellt. In diesem Falle werden, wenn ein Produkt sich zu einem seinen Herstellungskosten gleichen Preise verkauft, Angebot und Nachfrage sich stets ausgleichen; denn die Produktionskosten gelten als der Ausdruck des wahren Verhältnisses von Angebot zu Nachfrage.

Herr Proudhon versucht in der Tat den Beweis zu liefern, daß die Arbeitszeit, die zur Herstellung eines Produktes erforderlich ist, sein richtiges Verhältnis zu den Bedürfnissen ausdrückt, so daß die Gegenstände, deren Produktion am wenigsten Zeit kostet, solche von unmittelbarstem Nutzen sind, und so Schritt vor Schritt weiter. Bereits die bloße Produktion eines Luxusobjekts beweist nach dieser Lehre, daß die Gesellschaft Zeit überflüssig hat, die ihr erlaubt, ein Luxusbedürfnis zu befriedigen.

Den Beweis für seine Behauptung findet Herr Proudhon in der Beobachtung, daß die nützlichsten Dinge am wenigsten Produktionszeit erfordern, daß die Gesellschaft stets mit den leichtesten Industrien beginnt, und daß sie sich »allmählich auf die Produktion von Gegenständen wirft, die mehr Arbeitszeit kosten und höheren Bedürfnissen entsprechen«.

Herr Proudhon entlehnt Herrn Dunoyer das Beispiel der extraktiven Industrie – Einsammlung, Weide, Jagd, Fischerei usw. –, welche die einfachste, am wenigsten kostspielige Industrie ist und mittels deren der Mensch »den ersten Tag seiner zweiten Schöpfung« begonnen hat. (I, 78.) Der erste Tag seiner ersten Schöpfung ist in der Genesis geschildert, die uns Gott als den ersten Industriellen der Welt vorführt.

Die Dinge vollziehen sich ganz anders, als Herr Proudhon denkt Mit dem Moment, wo die Zivilisation beginnt, beginnt die Produktion sich aufzubauen auf den Gegensatz der Berufe, der Stände, der Klassen, schließlich auf den Gegensatz zwischen angehäufter und unmittelbarer Arbeit. Ohne Gegensatz kein Fortschritt: das ist das Gesetz, dem die Zivilisation bis heute gefolgt ist. Bis jetzt haben sich die Produktivkräfte auf Grund dieser Herrschaft des Klassengegensatzes entwickelt. Heute behaupten, daß, weil alle Bedürfnisse aller Arbeiter befriedigt waren, sich die Menschen der Erzeugung von Produkten höherer Ordnung, komplizierteren Industrien haben widmen können, das hieße, von dem Klassengegensatz abstrahieren und die ganze historische Entwicklung auf den Kopf stellen. Das wäre dasselbe, als ob man sagen wollte, daß, weil man unter den römischen Kaisern Muränen in künstlichen Teichen ernährte, man die ganze römische Bevölkerung im Überfluß ernähren konnte; während gerade im Gegenteil das römische Volk des Nötigsten entbehrte, um Brot zu kaufen, die römischen Aristokraten hingegen nicht der Sklaven ermangelten, um sie den Muränen als Futter vorzuwerfen.

Der Preis der Lebensmittel ist fast stetig gestiegen, während der Preis der Manufaktur- und Luxusartikel fast stetig gesunken ist. Man nehme die Landwirtschaft selbst: die unentbehrlichsten Gegenstände, wie Getreide, Fleisch usw., steigen im Preis, während Baumwolle, Zucker, Kaffee usw. in überraschendem Grade stetig fallen. Und selbst unter den eigentlichen Eßwaren sind die Luxusartikel, wie Artischocken, Spargel usw., heute verhältnismäßig billiger als die nötigsten Lebensmittel. In unserer Epoche ist das Überflüssige leichter herzustellen als das Notwendige. Endlich sind in verschiedenen historischen Epochen die gegenseitigen Verhältnisse der Preise nicht sowohl verschiedene, sondern vielmehr entgegengesetzte. Im ganzen Mittelalter waren die landwirtschaftlichen Produkte verhältnismäßig billiger als die Manufakturprodukte; in der Neuzeit ist das Verhältnis ein entgegengesetztes. Hat deshalb die Nützlichkeit der landwirtschaftlichen Produkte seit dem Mittelalter abgenommen?

Die Verwendung der Produkte wird bestimmt durch die sozialen Verhältnisse, in welchen sich die Konsumenten befinden, und diese Verhältnisse selbst beruhen auf dem Gegensatz der Klassen.

Die Baumwolle, die Kartoffel und der Branntwein sind Gegenstände des allgemeinsten Gebrauches. Die Kartoffeln haben die Skropheln erzeugt; die Baumwolle hat zum großen Teil die Schafwolle und das Leinen verdrängt, obwohl Leinen und Schafwolle, in vielen Fällen von viel größerem Nutzen sind, sei es auch nur in hygienischer Beziehung. Endlich hat der Branntwein über Bier und Wein gesiegt, obwohl der Branntwein als Genußmittel allgemein als Gift anerkannt ist. Während eines ganzen Jahrhunderts kämpften die Regierungen vergeblich gegen das europäische Opium; die Ökonomie gab den Ausschlag, sie diktierte dem Konsum ihre Befehle.

Warum aber sind Baumwolle, Kartoffeln und Branntwein die Angelpunkte der bürgerlichen Gesellschaft? Weil zu ihrer Herstellung am wenigsten Arbeit erforderlich ist und sie infolgedessen am niedrigsten im Preise stehen. Warum entscheidet das Minimum des Preises in bezug auf das Maximum der Konsumtion? Vielleicht etwa wegen der absoluten Nützlichkeit dieser Gegenstände, wegen der ihnen innewohnenden Nützlichkeit, wegen ihrer Nützlichkeit, insofern sie auf die nützlichste Art den Bedürfnissen des Arbeiters als Menschen und nicht des Menschen als Arbeiter entsprechen? Nein; sondern weil in einer auf das Elend begründeten Gesellschaft die elendesten Produkte das naturnotwendige Vorrecht haben, dem Gebrauch der großen Masse zu dienen.

Behaupten wollen, daß, weil die wenigst teuren Dinge mehr im Gebrauch sind, sie deshalb von größerem Nutzen sein müssen, heißt behaupten, daß der infolge der geringen Produktionskosten desselben so verbreitete Gebrauch des Branntweins der zwingendste Beweis seiner Nützlichkeit ist, heißt, dem Proletarier vorreden, daß die Kartoffel ihm heilsamer ist als das Fleisch, heißt, den gegenwärtigen Stand der Dinge akzeptieren, heißt endlich, mit Herrn Proudhon eine Gesellschaft verherrlichen, ohne sie zu verstehen.

In einer künftigen Gesellschaft, wo der Klassengegensatz verschwunden ist, wo es keine Klassen mehr gibt, würde der Gebrauch nicht mehr von dem Minimum der Produktionszeit abhängen, sondern die Produktionszeit, die man den verschiedenen Gegenständen widmet, würde bestimmt werden durch ihre gesellschaftliche Nützlichkeit.

Um zur Behauptung des Herrn Proudhon zurückzukommen, so kann, sobald einmal die zur Produktion eines Gegenstandes notwendige Arbeitszeit nicht der Ausdruck seines Nützlichkeitsgrades ist, der im voraus durch die Arbeitszeit bestimmte Tauschwert dieses Gegenstandes niemals maßgebend sein für das richtige Verhältnis von Angebot zur Nachfrage, d. h. für das Proportionalitätsverhältnis in dem Sinne, den Herr Proudhon zur Zeit mit diesem Wort verbindet.

Es ist nicht der Verkauf irgendeines Produktes zu seinem Kostenpreise, der das »Proportionalitätsverhältnis« von Angebot und Nachfrage, d. h. die verhältnismäßige Quote dieses Produktes gegenüber der Gesamtheit der Produktion konstituiert; es sind vielmehr die Schwankungen von Angebot und Nachfrage, die den Produzenten die Menge angeben, in welcher eine gegebene Ware produziert werden muß, um im Austausch wenigstens die Produktionskosten erstattet zu erhalten, und da diese Schwankungen beständig stattfinden, so herrscht auch eine beständige Bewegung in Anlegung und Zurückziehung von Kapitalien in den verschiedenen Zweigen der Industrie.

»Nur nach Maßgabe solcher Schwankungen werden die Kapitalien gerade in dem erforderlichen Verhältnis und nicht darüber hinaus zur Produktion der verschiedenen Waren verwendet, nach denen Nachfrage besteht. Durch Steigen oder Sinken des Preises erheben sich die Profite über, beziehungsweise fallen sie unter ihr allgemeines Niveau, und dadurch werden die Kapitalien angezogen zu oder abgelenkt von dem besonderen Geschäftszweig, welcher die eine oder die andere dieser Schwankungen erfahren hat.

Wenn wir unsere Augen auf die Märkte der großen Städte werfen, so sehen wir, mit welcher Regelmäßigkeit sie mit allen Sorten von Waren, einheimischen wie ausländischen, in der erforderlichen Menge versehen werden, und wie verschieden auch die Nachfrage sich gestalte durch die Wirkung von Laune und Geschmack oder der Bevölkerungsveränderung, ohne daß Stockung infolge überreichlicher, noch übertriebene Teuerung infolge mangelnder Zufuhr oft vorkommen: und man muß zugestehen, daß das Prinzip, welches das Kapital den verschiedenen Industriebranchen in dem genau erforderlichen Verhältnis zuführt, mächtiger wirkt, als man gewöhnlich annimmt.« (Ricardo, Band 1, S. 105 u. 108.)

Wenn Herr Proudhon zugibt, daß der Wert der Produkte durch die Arbeitszeit bestimmt wird, so muß er gleichfalls die oszillatorische Bewegung anerkennen, die allein aus der Arbeitszeit das Maß des Wertes macht In der im handschriftlichen Nachlaß aufgefundenen Liste Engels von Anmerkungen und Änderungen ist zwischen »die« und »allein« eingefügt: »in den auf den individuellen Austausch gegründeten Gesellschaftsordnungen.« D. R.. Es gibt kein fertig konstituiertes »Proportionalitätsverhältnis«, es gibt nur eine konstituierende Bewegung.

Wir haben gesehen, in welchem Sinne es richtig ist, von der »Proportionalität« als einer Konsequenz des durch die Arbeitszeit bestimmten Wertes zu sprechen. Wir werden nunmehr sehen, wie diese Messung durch die Zeit, von Herrn Proudhon »Gesetz der Proportionalität« genannt, sich in ein Gesetz der Disproportionalität verwandelt.

Jede neue Erfindung, welche es ermöglicht, in einer Stunde zu produzieren, was bisher in zwei Stunden produziert wurde, entwertet alle gleichartigen Produkte, die sich auf dem Markt befinden. Die Konkurrenz zwingt den Produzenten, das Produkt von zwei Stunden ebenso billig zu verkaufen wie das Produkt einer Stunde. Die Konkurrenz führt das Gesetz durch, nach welchem der Wert eines Produktes durch die zu seiner Herstellung notwendige Arbeitszeit bestimmt wird. Die Tatsache, daß die Arbeitszeit als Maß des Tauschwertes dient, wird auf diese Art zum Gesetz einer beständigen Entwertung der Arbeit. Noch mehr; die Entwertung erstreckt sich nicht nur auf die dem Markt zugeführten Waren, sondern auch auf die Produktionsinstrumente und auf ganze Werkstätten. Diese Tatsache deutet bereits Ricardo an, indem er sagt: »Durch das beständige Wachstum der Produktivität wird der Wert verschiedener bereits früher produzierten Dinge beständig vermindert.« (Band 2, S. 59.) Sismondi geht noch weiter. Er sieht in diesem durch die Arbeitszeit » konstituierten Wert« die Quelle aller heutigen Widersprüche zwischen Handel und Industrie. »Der Tauschwert«, sagt er, »wird in letzter Instanz stets durch die Menge von Arbeit bestimmt, die notwendig ist, um den abgeschätzten Gegenstand zu beschaffen: nicht durch die, welche er seinerzeit gekostet hat, sondern durch die, welche er künftighin kosten würde, infolge vielleicht verbesserter Hilfsmittel; und obwohl diese Menge schwer abzuschätzen ist, wird sie doch stets genau durch die Konkurrenz bestimmt ... Sie ist die Basis, auf Grund deren sowohl die Forderung des Verkäufers wie das Angebot des Käufers berechnet wird. Der erstere wird vielleicht behaupten, daß der Gegenstand ihn zehn Arbeitstage gekostet hat; aber wenn der andere sich überzeugt, daß derselbe künftig in acht Arbeitstagen hergestellt werden kann und die Konkurrenz beiden Kontrahenten den Beweis dafür liefert, so wird der Wert auf nur acht Tage herabgesetzt und der Handel auf diesen Preis hin abgeschlossen. Beide Kontrahierenden sind allerdings überzeugt, daß der Gegenstand nützlich ist, daß er verlangt wird, daß ohne Verlangen nach ihm kein Verkauf möglich wäre; aber die Festsetzung des Preises hängt in keiner Beziehung ab von der Nützlichkeit.« ( Études etc., Band 2, S. 267, Brüsseler. Ausgabe.)

Es ist wichtig, den Umstand im Auge zu behalten, daß, was den Wert bestimmt, nicht die Zeit ist, in welcher eine Sache produziert wurde, sondern das Minimum von Zeit, in welchem sie produziert werden kann, und dieses Minimum wird durch die Konkurrenz festgestellt. Man nehme für einen Augenblick an, daß es keine Konkurrenz mehr gebe, und folglich kein Mittel, das zur Produktion einer Ware erforderliche Arbeitsminimum zu konstatieren, was wäre die Folge davon? Es genügte, auf die Produktion eines Gegenstandes sechs Stunden Arbeit zu verwenden, um nach Herrn Proudhon berechtigt zu sein, beim Austausch sechsmal soviel zu verlangen, als derjenige, der auf die Produktion desselben Gegenstandes nur eine Stunde aufgewendet hat.

An Stelle eines »Proportionalitätsverhältnisses« haben wir ein Disproportionalitätsverhältnis, wenn wir uns überhaupt auf Verhältnisse, schlechte oder gute, einlassen wollen.

Die beständige Entwertung der Arbeit ist nur eine Seite, nur eine Konsequenz der Abschätzung der Waren durch die Arbeitszeit; übermäßige Preissteigerungen, Überproduktion und viele andere Erscheinungen industrieller Anarchie finden in diesem Abschätzungsmodus ihre Erklärung.

Aber schafft die als Wertmaß dienende Arbeitszeit wenigstens die verhältnismäßige Varietät in den Produkten, die Herrn Proudhon so entzückt?

Ganz im Gegenteil bemächtigt in ihrer Folge das Monopol in seiner ganzen Monotonie sich der Produktenwelt, ebenso wie alle Welt weiß und sieht, daß das Monopol sich der Welt der Produktionsmittel bemächtigt. Nur einige Zweige der Industrie, wie die Baumwollenindustrie, sind imstande, sehr schnelle Fortschritte zu machen. Die natürliche Konsequenz dieser Fortschritte ist z. B. ein rapides Fallen der Preise der Produkte der Baumwollenmanufaktur; aber in dem Maße, wie der Preis der Baumwolle fällt, muß der Preis der Leinwand im Verhältnis steigen. Was ist die Folge davon? Die Leinwand wird durch die Baumwolle verdrängt. Auf diese Art ist die Leinwand aus fast ganz Nordamerika verdrängt worden. Und statt der proportionellen Varietät der Produkte haben wir das Reich der Baumwolle.

Was bleibt also von diesem »Proportionalitätsverhältnis«? Nichts als der Wunsch eines Biedermannes, der gern möchte, daß die Waren in solchen Proportionen hergestellt würden, daß man sie zu einem Biedermannspreise losschlagen könnte. Zu allen Zeiten haben gute Bürger und philanthropische Ökonomen sich darin gefallen, diesen unschuldigen Wunsch auszusprechen.

Geben wir dem alten Bois-Guillebert das Wort:

»Der Preis der Waren«, sagt er, »muß stets proportioniert sein, da nur ein solches gegenseitiges Einverständnis ihnen eine Existenz ermöglicht, worin sie einander in jedem Augenblick wieder erzeugen (hier haben wir die beständige Austauschbarkeit des Herrn Proudhon) ..., da also der Reichtum nichts anderes ist als dieser beständige Tauschverkehr zwischen Mensch und Mensch und Geschäft und Geschäft, so wäre es eine erschreckliche Verblendung, die Ursache des Elends woanders zu suchen als in der durch eine Verschiebung der Preisproportionen hervorgerufenen Störung eines solchen Handels.« ( Dissertation sur la nature des richesses, éd. Daire »Abhandlung über das Wesen der Reichtümer.« Herausgegeben von Daire., S. 405, 408.)

Hören wir auch einen modernen Ökonomen:

»Ein großes Gesetz, welches auf die Produktion angewendet werden muß, ist das Gesetz der Proportionalität (the law of Proportion), das allein die Kontinuität des Wertes erhalten kann ... Das Äquivalent muß garantiert sein ... Alle Nationen haben zu verschiedenen Epochen mittels zahlreicher kommerzieller Reglements und Einschränkungen dieses Gesetz der Proportionalität bis zu einem gewissen Punkt zu verwirklichen gesucht; aber der der menschlichen Natur innewohnende Egoismus hat sie dahin getrieben, dieses ganze System der Regulierung über den Haufen zu werfen. Eine proportionierte Produktion ( proportionate production) ist die Verwirklichung der wahren sozialökonomischen Wissenschaft.« (W. Atkinson, Principles of political economy »Grundsätze der politischen Ökonomie.«, London 1840, S. 170-195.)

Fuit Troja! Troja ist dahin! – Die Herrlichkeit ist verschwunden. Diese richtige Proportion zwischen Angebot und Nachfrage, die wiederum der Gegenstand so vieler Wünsche zu werden beginnt, hat seit langem zu bestehen aufgehört. Sie hat das Greisenalter überschritten; sie war nur möglich in jenen Zeiten, wo die Produktionsmittel beschränkt waren, wo der Austausch sich in außerordentlich engen Grenzen vollzog. Mit dem Entstehen der Großindustrie mußte diese richtige Proportion verschwinden, und mit Naturnotwendigkeit muß die Produktion in beständiger Aufeinanderfolge den Wechsel von Prosperität und Depression, Krisis, Stockung, neuer Prosperität und so fort durchmachen.

Diejenigen, welche, wie Sismondi, zur richtigen Proportionalität der Produktion zurückkehren und dabei die gegenwärtigen Grundlagen der Gesellschaft erhalten wollen, sind reaktionär, da sie, um konsequent zu sein, auch alle anderen Bedingungen der Industrie früherer Zeiten zurückzuführen bestrebt sein müssen.

Was hielt die Produktion in richtigen oder beinahe richtigen Proportionen? Die Nachfrage, welche das Angebot beherrschte, ihm vorausging; die Produktion folgte Schritt für Schritt der Konsumtion. Schon durch die Instrumente, über welche sie verfügte, gezwungen, in beständig größerem Maße zu produzieren, kann die Großindustrie nicht die Nachfrage abwarten. Die Produktion geht der Konsumtion voraus, das Angebot erzwingt die Nachfrage.

In der heutigen Gesellschaft, in der auf den individuellen Austausch basierten Industrie, ist die Produktionsanarchie, die Quelle so vieles Elends, gleichzeitig die Ursache alles Fortschritts.

Demnach von zwei Dingen eins:

Entweder man will die richtigen Proportionen früherer Jahrhunderte mit den Produktionsmitteln unserer Zeit, und dann ist man Reaktionär und Utopist in einem.

Oder man will den Fortschritt ohne Anarchie: und dann verzichte man, um die Produktivkräfte beizubehalten, auf den individuellen Austausch.

Der individuelle Austausch verträgt sich nur mit der kleinen Industrie früherer Jahrhunderte und der ihr eigentümlichen »richtigen Proportion« oder aber mit der Großindustrie und ihrem ganzen Gefolge von Elend und Anarchie.

Es ergibt sich also schließlich Nach der »Liste« von Engels sollte »Es ergibt sich schließlich« gestrichen werden. Dafür sollte es Zeile 18 statt »ist nur« heißen: »ist aber nur«. D. R.: Die Bestimmung des Wertes durch die Arbeitszeit, d. h. die Formel, welche Herr Proudhon uns als diejenige hinstellt, welche die Zukunft regenerieren soll, ist nur der wissenschaftliche Ausdruck der ökonomischen Verhältnisse der gegenwärtigen Gesellschaft, wie Ricardo lange vor Herrn Proudhon klar und deutlich bewiesen hat.

Gebührt aber wenigstens die » egalitäre« Anwendung dieser Formel Herrn Proudhon? Ist er der erste, der sich eingebildet hat, die Gesellschaft dadurch zu reformieren, daß er alle Menschen in unmittelbare, gleiche Arbeitsmengen austauschende Arbeiter verwandelt? Kommt es ihm zu, den Kommunisten – diesen aller Kenntnis der politischen Ökonomie ermangelnden Menschen, diesen »hartnäckig dummen Menschen«, diesen »paradiesischen Träumern« – den Vorwurf zu machen, nicht vor ihm diese »Lösung des Problems des Proletariats« gefunden zu haben?

Wer nur ein wenig mit der Entwicklung der politischen Ökonomie in England vertraut ist, dem ist nicht unbekannt, daß fast alle Sozialisten dieses Landes zu den verschiedensten Zeiten die egalitäre Anwendung der Ricardoschen Theorie vorgeschlagen haben. Wir können Herrn Proudhon zitieren: die politische Ökonomie von Hodgskin (1822); William Thompson: An inquiry into the principles of the distribution of wealth, most conducive to human happiness (1824); T. R. Edmonds: Practica! moral and political economy (1828), etc. etc. und noch vier Seiten Etceteras. Wir beschränken uns darauf, einen englischen Kommunisten sprechen zu lassen, Herrn Bray. Wir wollen die entscheidenden Stellen seines bemerkenswerten Werkes, Labour's Wrongs and Labour's Remedy »Der Arbeit Übel und der Arbeit Heilmittel.«, Leeds 1839, anführen und werden uns ziemlich lange dabei aufhalten, erstens, weil Herr Bray in Frankreich noch wenig bekannt ist, und ferner, weil wir in seinem Buch den Schlüssel gefunden zu haben glauben für die vergangenen, gegenwärtigen und zukünftigen Schriften des Herrn Proudhon.

»Das einzige Mittel, zur Wahrheit zu gelangen, ist, sich über die ersten Grundbegriffe klarzuwerden. Steigen wir zunächst zu der Quelle zurück, von der die Regierungen sich herleiten. Indem wir so der Sache auf den Grund gehen, werden wir finden, daß jede Form der Regierung, jede soziale und politische Ungerechtigkeit dem gegenwärtig herrschenden sozialen System entstammt – der Einrichtung des Eigentums, wie es gegenwärtig besteht (the Institution of property as it at present exists) –, und daß man daher, um ein für allemal der Ungerechtigkeit und dem Elend unserer Zeit ein Ende zu machen, den gegenwärtigen Zustand der Gesellschaft von Grund aus umstürzen muß ... Indem wir die Ökonomen auf ihrem eigenen Gebiet und mit ihren eigenen Waffen angreifen, verhindern wir so das absurde Geschwätz von den Teilern und Doktrinären, welches sie stets anzustimmen geneigt sind. Wenn sie die anerkannten Wahrheiten und Prinzipien, auf welche sie ihre eigenen Argumente basieren, nicht leugnen oder mißbilligen, so werden die Ökonomen nicht imstande sein, die Schlüsse zu bestreiten, zu welchen wir vermittels dieser Methode gelangen.« (Bray, S. 17 u. 41.) » Nur die Arbeit ist es, die Wert schafft (It is labour alone which bestows value) ... Jeder Mensch hat ein unzweifelhaftes Recht auf alles, was seine ehrliche Arbeit ihm verschaffen kann. Wenn er sich so die Früchte seiner Arbeit aneignet, begeht er keine Ungerechtigkeit gegen die anderen Menschen, denn er beeinträchtigt nicht dem anderen sein Recht, ebenso zu handeln ... Alle Begriffe von höherer und niederer Stellung, von Herr und Knecht kommen daher, daß man die elementarsten Grundsätze außer acht gelassen hat und daß sich infolgedessen die Ungleichheit des Besitzes eingeschlichen hat (and to the consequent rise of inequality of possessions). Solange diese Ungleichheit aufrechterhalten bleibt, wird es unmöglich sein, diese Begriffe auszurotten sowie die Einrichtungen aufzuheben, die auf ihnen beruhen. Bis jetzt hegt man immer noch die vergebliche Hoffnung, einem widernatürlichen Zustand, wie der gegenwärtig bestehende, dadurch abzuhelfen, daß man die bestehende Ungleichheit zerstört und die Ursache der Ungleichheit bestehen läßt; aber wir werden bald nachweisen, daß die Regierung keine Ursache, sondern eine Wirkung ist, daß sie nicht schafft, sondern geschaffen wird – daß sie mit einem Wort das Ergebnis der Ungleichheit des Besitzes ist (the offspring of inequality of possessions) und daß die Ungleichheit des Besitzes unzertrennlich verbunden ist mit dem gegenwärtigen gesellschaftlichen System.« (Bray, S. 33, 36, 37.)

»Das System der Gleichheit hat nicht nur die größten Vorteile für sich, sondern auch die höchste Gerechtigkeit ... Jeder Mensch ist ein Glied, und zwar ein unerläßliches Glied in der Kette der Wirkungen, die von einer Idee ausgeht, um vielleicht auf die Produktion eines Stückes Tuch hinauszulaufen. So darf man aus der Tatsache, daß unsere Neigungen für die verschiedenen Berufe nicht die gleichen sind, nicht schließen, daß die Arbeit des einen besser bezahlt werden müsse als die des anderen. Der Erfinder wird stets neben seiner gerechten Belohnung in Geld den Tribut unserer Bewunderung erhalten, den nur das Genie uns abgewinnen kann ...

Gemäß der Natur selbst der Arbeit und des Tausches fordert die höchste Gerechtigkeit, daß alle Austauschenden nicht nur gegenseitige, sondern gleiche Vorteile davontragen (all exchangers should be not only mutually, but they should likewise be equally benefitted). Zwei Dinge gibt es nur, welche die Menschen unter sich austauschen können, nämlich die Arbeit und das Produkt der Arbeit. Wenn der Tausch nach einem gerechten System vor sich ginge, so würde der Wert aller Gegenstände durch ihre gesamten Produktionskosten bestimmt werden; und gleiche Werte würden sich stets gegen gleiche Werte austauschen. (If a just System of exchanges were acted upon, the value of all articles would be determined by the entire cost of production, and equal values should always exchange for equal values.) Wenn z. B. ein Hutmacher einen Tag braucht, um einen Hut zu machen, und ein Schuhmacher dieselbe Zeit für ein Paar Schuhe (vorausgesetzt, daß der von ihnen verwendete Rohstoff denselben Wert habe), und sie diese Gegenstände unter sich austauschten, so würde der Vorteil, den sie daraus zögen, gleichzeitig ein gegenseitiger und ein gleicher sein. Der Vorteil, der für einen der beiden Teile daraus flösse, könnte kein Nachteil für den anderen sein, da jeder dieselbe Menge Arbeit geliefert hat, und die Stoffe, welche sie verwendeten, gleichwertig waren. Aber wenn der Hutmacher zwei Paar Schuhe gegen einen Hut erlangt hätte, immer unter unserer obigen Voraussetzung, so ist es klar, daß der Tausch ungerecht wäre. Der Hutmacher würde den Schuhmacher um einen Arbeitstag bringen; und wenn er so bei allen seinen Tauschgeschäften vorginge, so würde er gegen die Arbeit eines halben Jahres das Produkt eines ganzen Jahres einer anderen Person erhalten. Bisher haben wir stets dieses im höchsten Grade ungerechte Austauschsystem befolgt: die Arbeiter haben dem Kapitalisten die Arbeit eines ganzen Jahres im Austausch gegen den Wert eines halben Jahres gegeben (the workmen have given the capitalist the labour of a whole year, in exchange for the value of only half a year) – und hieraus und nicht aus einer vermeintlichen Ungleichheit der physischen und intellektuellen Kräfte der Individuen ist die Ungleichheit von Reichtum und Macht hervorgegangen. Die Ungleichheit im Austausch, die Verschiedenheit der Preise bei Kauf und Verkauf kann nur unter der Bedingung bestehen, daß die Kapitalisten in alle Ewigkeit Kapitalisten und die Arbeiter Arbeiter bleiben – die einen eine Klasse von Tyrannen, die anderen eine Klasse von Sklaven ... Dieser Vorgang beweist also klar, daß die Kapitalisten und Eigentümer dem Arbeiter für die Arbeit einer Woche nur einen Teil des Reichtums geben, den sie von ihm in der abgelaufenen Woche erhalten haben, d. h. daß sie ihm für Etwas Nichts geben (nothing for something) ...

Die Vereinbarung zwischen Arbeitern und Kapitalisten ist eine bloße Komödie: faktisch ist sie in Tausenden von Fällen nur ein unverschämter, wenn auch gesetzlicher Diebstahl (The whole transaction between the producer and the capitalist is a mere farce: it is, in fact, in thousands of instances, no other than a bare faced though legal robbery).« (Bray, S. 45, 48, 49 u. 50.)

»Der Profit des Unternehmers wird so lange ein Verlust für den Arbeiter sein – bis der Tausch unter beiden Teilen gleich ist; und der Tausch kann so lange nicht gleich sein, als die Gesellschaft in Kapitalisten und Produzenten geteilt ist und die letzteren von ihrer Arbeit leben, während die ersteren sich vom Profit dieser Arbeit mästen.« ...

»Es ist klar«, fährt Herr Bray fort, »daß Ihr ganz gut diese oder jene Form der Regierung herstellen ..., daß Ihr ganz gut im Namen der Moral und der Bruderliebe predigen mögt ... die Gegenseitigkeit ist unverträglich mit der Ungleichheit des Austausches. Die Ungleichheit des Austausches, die Ursache der Ungleichheit des Besitzes ist der geheime Feind, der uns verschlingt. (No reciprocity can exist where there are unequal exchanges. Inequality of exchanges, as being the cause of inequality of possessions is the secret enemy that devours us.)« (Bray, S. 51 u. 52.)

»Die Betrachtung von Zweck und Ziel der Gesellschaft berechtigt mich zu dem Schlusse, daß nicht nur alle Menschen arbeiten müssen, damit sie in die Lage kommen, austauschen zu können, sondern daß gleiche Werte sich gegen gleiche Werte austauschen müssen. Noch mehr: da der Vorteil des einen nicht der Verlust des anderen sein darf, so muß der Wert bestimmt werden durch die Produktionskosten. Dennoch haben wir gesehen, daß unter dem gegenwärtigen sozialen Regime der Profit des Kapitalisten und des Reichen stets der Verlust des Arbeiters ist – daß dieses Resultat unvermeidlich eintreten muß, und daß der Arme unter jeder Regierungsform dem Reichen auf Gnade und Ungnade ausgeliefert ist, solange die Ungleichheit des Austausches fortbesteht – und daß die Gleichheit im Austausch nur durch ein soziales System gesichert werden kann, welches die Universalität der Arbeit anerkennt ...

Die Gleichheit im Austausch würde den Reichtum nach und nach aus den Händen der gegenwärtigen Kapitalisten in die der arbeitenden Klassen hinüberleiten.« (Bray, S. 53-55.)

»Solange als dieses System der Ungleichheit des Tausches fortbesteht, werden die Produzenten stets so arm, so unwissend, so überarbeitet sein, als sie es heute sind, selbst wenn man alle Abgaben, alle Steuern abschaffen würde ... Nur eine totale Veränderung des Systems, die Einführung der Gleichheit der Arbeit und des Tausches kann diesem Stand der Dinge abhelfen und den Menschen die wahre Gleichheit der Rechte sichern ... Die Produzenten haben nur eine Anstrengung zu machen – und sie selbst sind es, von denen jede Anstrengung für ihr eigenes Heil ausgehen muß –, und ihre Ketten werden auf ewig gesprengt werden ... Die politische Gleichheit als Zweck ist ein Irrtum, sie ist sogar ein Irrtum als Mittel. (As an end, the political equality is there a failure, as a means also, it is there a failure.)«

»Bei der Gleichheit des Austausches kann der Vorteil des einen nicht der Verlust des anderen sein: denn jeder Austausch ist nur eine einfache Übertragung von Arbeit und Reichtum, sie erfordert keinerlei Opfer. So wird unter einem auf die Gleichheit des Tausches basierten System der Produzent es noch mittels seiner Ersparnisse zum Reichtum bringen; aber sein Reichtum wird nur noch das angesammelte Produkt seiner eigenen Arbeit sein. Er wird seinen Reichtum austauschen oder einem anderen geben können; aber es wird ihm unmöglich sein, auf eine etwas längere Zeit hinaus reich zu bleiben, nachdem er aufgehört hat, zu arbeiten. Durch die Gleichheit des Tausches verliert der Reichtum seine heutige Fähigkeit, sich sozusagen von selbst zu erneuern und zu vermehren: er wird den durch den Verbrauch entstehenden Verlust nicht aus sich ersetzen können; denn wenn er nicht durch die Arbeit neu geschaffen wird, so ist der Reichtum, einmal verzehrt, auf immer verloren. Was wir heute Profit und Zinsen nennen, wird unter dem System des gleichen Austausches nicht bestehen können. Der Produzent und derjenige, der die Verteilung besorgt, werden gleichmäßig entlohnt werden, und die Summe ihrer Arbeit wird dazu dienen, den Wert jedes verfertigten und dem Konsumenten zugänglich gemachten Gegenstandes zu bestimmen ...«

»Das Prinzip der Gleichheit des Tausches muß also naturnotwendig die allgemeine Arbeit zur Folge haben.« (Bray, S. 67, 88, 89, 92 u. 109.)

Nachdem er die Einwände der Ökonomen gegen den Kommunismus widerlegt hat, fährt Herr Bray folgendermaßen fort: »Wenn eine Veränderung der Charaktere unumgänglich notwendig ist, um ein auf Gemeinsamkeit beruhendes gesellschaftliches System in seiner vollendeten Form zu ermöglichen, wenn andererseits das gegenwärtige System weder die Möglichkeit noch die Umstände zeitigt, die geboten sind, um diese Veränderung der Charaktere herbeizuführen und die Menschen für einen besseren Zustand, den wir alle wünschen, vorzubereiten, so ist es klar, daß die Dinge notwendigerweise so bleiben müssen, wie sie sind, wenn man nicht einen vorbereitenden Modus der Entwicklung entdeckt und durchführt – einen Prozeß, der sowohl dem gegenwärtigen System als auch dem Zukunftssystem (System der Gemeinschaftlichkeit) angehört – eine Art Übergangsstadium, in welches die Gesellschaft eintreten kann mit allen ihren Ausschreitungen und allen ihren Verrücktheiten, um es alsdann zu verlassen, reich an den Eigenschaften und Fähigkeiten, welche die Lebensbedingungen des Systems der Gemeinschaftlichkeit sind.« (Bray, S. 134.)

»Dieser ganze Prozeß würde nichts erfordern als die Kooperation in ihrer einfachsten Form ... Die Produktionskosten würden unter allen Umständen den Wert des Produktes bestimmen, und gleiche Werte würden sich stets gegen gleiche Werte austauschen. Wenn von zwei Personen die eine eine ganze, die andere eine halbe Woche gearbeitet hätte, so würde die erstere doppelt soviel Entschädigung erhalten als die andere; aber dieses Mehr der Bezahlung würde dem einen nicht auf Kosten des anderen gegeben werden: der Verlust, den der letztere sich zugezogen hätte, würde in keiner Weise auf den ersteren entfallen. Ein jeder würde seinen individuellen Lohn gegen Dinge vom selben Wert wie sein Lohn umtauschen, und auf keinen Fall könnte der Gewinn, den irgend jemand oder irgendeine Industrie erzielte, den Verlust eines anderen oder einer anderen Industriebranche bilden. Die Arbeit jedes Individuums wäre der einzige Maßstab für seinen Gewinn oder Verlust ...

... Vermittels allgemeiner und lokaler Büros ( boards of trade) würde man die Menge der verschiedenen Gegenstände bestimmen, welche für den Verbrauch benötigt sind, und den relativen Wert jedes einzelnen im Vergleich mit den anderen (die Zahl der in den verschiedenen Arbeitszweigen erforderlichen Arbeiter), mit einem Wort alles, was auf die gesellschaftliche Produktion und Verteilung Bezug hat. Diese Aufstellungen würden für eine Nation in ebenso kurzer Zeit und mit derselben Leichtigkeit gemacht werden können, als heutzutage für eine Privatgesellschaft ... Die Individuen würden sich in Familien gruppieren, die Familien in Gemeinden, wie unter dem gegenwärtigen Regime ..., man würde nicht einmal die Verteilung der Bevölkerung in Stadt und Land direkt abschaffen, so schädlich sie auch ist ... In dieser Assoziation würde jedes Individuum nach wie vor die Freiheit genießen, welche es heute besitzt, so viel zu akkumulieren, als ihm gut scheint und von dem Angesammelten den ihm konvenierenden Gebrauch zu machen ... Unsere Gesellschaft würde sozusagen eine große Aktiengesellschaft sein, zusammengesetzt aus einer unendlich großen Anzahl kleiner Aktiengesellschaften, die sämtlich arbeiten und ihre Produkte auf dem Fuße der vollständigsten Gleichheit herstellen und austauschen ... Unser neues System der Aktiengesellschaften, das nur eine Konzession an die heutige Gesellschaft ist, um zum Kommunismus zu gelangen, das so eingerichtet ist, daß das individuelle Eigentum an den Produkten fortbesteht neben dem gemeinschaftlichen Eigentum an den Produktivkräften, läßt das Schicksal jedes Individuums von seiner eigenen Tätigkeit abhängen und gewährt ihm einen gleichen Anteil an allen durch die Natur und die Fortschritte der Technik bewirkten Vorteilen. Infolgedessen kann es auf die Gesellschaft, wie sie ist, angewendet werden und sie auf weitere Veränderungen vorbereiten.« (Bray, S. 158, 160, 162, 168, 194 u. 199.)

Wir haben nur wenige Worte Herrn Bray zu entgegnen, der trotz uns und gegen unseren Willen sich in der Lage befindet, Herrn Proudhon ausgestochen zu haben, mit dem Unterschied, daß Herr Bray, weit entfernt, das letzte Wort der Menschheit sprechen zu wollen, nur die Maßregeln vorschlägt, welche er für eine Epoche des Überganges von der heutigen Gesellschaft in das System der Gemeinschaftlichkeit für geeignet hält.

Eine Arbeitsstunde von Peter tauscht sich gegen eine Arbeitsstunde von Paul aus, das ist das fundamentale Axiom des Herrn Bray.

Nehmen wir an, Peter habe zwölf Stunden Arbeit vor sich und Paul nur sechs, so wird Peter mit Paul nur einen Austausch von sechs gegen sechs vollziehen können. Peter wird daher sechs Arbeitsstunden übrigbehalten; was wird er mit diesen sechs Arbeitsstunden machen?

Entweder nichts, d. h. er wird sechs Stunden für nichts gearbeitet haben; oder er wird sechs andere Stunden feiern, um sich ins Gleichgewicht zu setzen; oder, und dies ist sein letztes Auskunftsmittel, er wird diese sechs Stunden, mit denen er nichts anzufangen weiß, Paul mit in den Kauf geben.

Was wird somit Peter schließlich mehr verdient haben als Paul? Arbeitsstunden? Nein. Er wird nur Mußestunden verdient haben, er wird gezwungen sein, während sechs Stunden den Faulenzer zu spielen. Und damit dieses neue Nichtstuerrecht von der neuen Gesellschaft nicht nur geduldet, sondern sogar geschätzt werde, muß diese ihr höchstes Glück in der Faulheit finden und die Arbeit sie wie eine Fessel bedrücken, der sie sich um jeden Preis zu entledigen hat. Und wenn wenigstens, um auf unser Beispiel zurückzukommen, diese Mußestunden, die Peter an Paul verdient hat, ein wirklicher Profit wären! Nicht im geringsten; Paul, der damit beginnt, nur sechs Stunden zu arbeiten, kommt durch eine regelmäßige und geregelte Arbeit zu demselben Resultat, das auch Peter nur erreicht, obwohl er mit einem Übermaß von Arbeit beginnt. Jeder wird Paul sein wollen, es wird eine Konkurrenz um die Stelle des Paul entstehen – eine Faulheitskonkurrenz.

Was hat uns nun der Austausch gleicher Arbeitsmengen gebracht? Überproduktion, Entwertung, Überarbeit, gefolgt von Stockung, endlich ökonomische Verhältnisse, wie wir sie in der gegenwärtigen Gesellschaft bestehen sehen, ohne die Arbeitskonkurrenz.

Nicht doch, wir täuschen uns; es bleibt noch ein Auskunftsmittel, welches die neue Gesellschaft retten kann, die Gesellschaft der Peter und Paul. Peter wird allein das Produkt der sechs Arbeitsstunden, die ihm bleiben, verzehren. Aber von dem Augenblick an, wo er nicht mehr auszutauschen braucht, weil er produziert hat, wird er nicht mehr zu produzieren brauchen, um auszutauschen, und die ganze Annahme einer auf Tausch und Arbeitsteilung basierten Gesellschaft fiele dahin. Man würde die Gleichheit des Tausches dadurch gerettet haben, daß der Tausch selbst aufhörte: Paul und Peter würden auf den Standpunkt Robinsons gelangen.

Wenn man also annimmt, daß alle Mitglieder der Gesellschaft selbständige Arbeiter sind, so ist ein Tausch gleicher Arbeitsstunden nur unter der Bedingung möglich, daß man von vornherein über die Stundenzahl übereinkommt, welche für die materielle Produktion notwendig ist. Aber eine solche Übereinkunft schließt den individuellen Tausch aus.

Wir kommen auch zur selben Folgerung, wenn wir als Ausgangspunkt nicht mehr die Verteilung der erzeugten Produkte, sondern den Akt der Produktion nehmen. In der Großindustrie steht es Peter nicht frei, seine Arbeitszeit selbst festzusetzen, denn die Arbeit Peters ist nichts ohne die Mitwirkung aller Peter und aller Paule, die in einer Werkstatt vereinigt sind. Daraus erklärt sich auch sehr wohl der hartnäckige Widerstand, den die englischen Fabrikanten der Zehn-Stunden-Bill entgegensetzten; sie wußten nur zu gut, daß eine Verminderung der Arbeit um zwei Stunden, einmal den Frauen und Kindern bewilligt, gleichermaßen eine Verminderung der Arbeitszeit für die Erwachsenen zur Folge haben müsse. Es liegt in der Natur der Großindustrie, daß die Arbeitszeit für alle gleich sein muß. Was heute durch das Kapital und die Konkurrenz der Arbeiter unter sich bewirkt wird, wird morgen, wenn man das Verhältnis von Arbeit und Kapital aufhebt, das Ergebnis einer Vereinbarung sein, die auf dem Verhältnis der Summe der Produktivkräfte zu der Summe der vorhandenen Bedürfnisse beruht.

Aber eine solche Vereinbarung ist die Verurteilung des individuellen Austausches, und somit sind wir wiederum bei unserem obigen Resultat angelangt.

Im Prinzip gibt es keinen Austausch von Produkten, sondern einen Austausch von Arbeiten, die zur Produktion zusammenwirken. Die Art, wie die Produktivkräfte ausgetauscht werden, ist für die Art des Austausches der Produkte maßgebend. Im allgemeinen entspricht die Art des Austausches der Produkte der Produktionsweise. Man ändere die letztere, und die Folge wird die Veränderung der ersteren sein. So sehen wir auch in der Geschichte der Gesellschaft die Art des Austausches der Produkte sich nach dem Modus ihrer Herstellung regeln. So entspricht auch der individuelle Austausch einer bestimmten Produktionsweise, welche selbst wieder dem Klassengegensatz entspricht; somit kein individueller Austausch ohne Klassengegensatz.

Aber das Biedermannsgewissen verschließt sich dieser evidenten Tatsache. Solange man Bourgeois ist, kann man nicht umhin, in diesem Gegensatz einen Zustand der Harmonie und ewigen Gerechtigkeit zu erblicken, der niemanden erlaubt, sich auf Kosten des anderen Geltung zu verschaffen. Für den Bourgeois kann der individuelle Austausch ohne Klassengegensatz fortbestehen: für ihn sind dies zwei ganz unzusammenhängende Dinge. Der individuelle Austausch, wie ihn sich der Bourgeois vorstellt, gleicht durchaus nicht dem individuellen Austausch, wie er wirklich vorgeht.

Herr Bray erhebt die Illusion des biedern Bürgers zum Ideal, das er verwirklichen möchte; dadurch, daß er den individuellen Austausch reinigt, daß er ihn von allen widerspruchsvollen Elementen, die er in ihm findet, befreit, glaubt er, ein » egalitäres« Verhältnis zu finden, das man in die Gesellschaft einführen müßte.

Herr Bray ahnt nicht In der »Liste« von Engels ist das ursprüngliche französische »ne pense pas« (denkt nicht), das im deutschen Text mit »ahnt nicht« übersetzt ist, in »sieht nicht« berichtigt worden. D. R., daß dieses egalitäre Verhältnis, dieses Verbesserungsideal, welches er in die Welt einführen will, selbst nichts anderes ist als der Reflex der gegenwärtigen Welt, und daß es infolgedessen total unmöglich ist, die Gesellschaft auf einer Basis rekonstituieren zu wollen, die selbst nur der verschönerte Schatten dieser Gesellschaft ist. In dem Maße, wie der Schatten Gestalt annimmt, bemerkt man, daß diese Gestalt, weit entfernt, ihre erträumte Verklärung zu sein, just die gegenwärtige Gestalt der Gesellschaft ist Wie jede andere Theorie hat auch die des Herrn Bray ihre Anhänger gefunden, die sich durch den Schein haben täuschen lassen. Man hat in London, in Sheffield, in Leeds, in vielen anderen Städten Englands equitable-labour-exchange-bazars (gerechte Austauschbanken) gegründet, die nach Absorbierung beträchtlicher Kapitalien sämtlich skandalösen Bankrott gemacht haben. Man hat den Geschmack daran für immer verloren: Warnung für Herrn Proudhon! (Man weiß, daß Proudhon sich diese Warnung nicht zu Herzen genommen hat. Im Jahre 1849 versuchte er selbst eine neue Tauschbank in Paris. Sie scheiterte aber schon, ehe sie ordentlich in Gang gekommen war; eine gerichtliche Verfolgung Proudhons mußte zur Deckung ihres Zusammenbruchs vorhalten. F. E.).

§ 3
Anwendung des Gesetzes der Proportionalität des Wertes

a) Das Geld

»Gold und Silber sind die ersten Waren, deren Wert zu seiner Konstituierung gelangt ist.« (I, 69.)

Somit sind Gold und Silber die ersten Anwendungen des – von Herrn Proudhon – »konstituierten Wertes«. Und da Herr Proudhon den Wert der Produkte dadurch konstituiert, daß er ihn durch die in denselben verkörperte Arbeitsmenge bestimmt, so hatte er einzig und allein den Beweis zu liefern, daß die mit dem Wert von Gold und Silber vorgehenden Veränderungen stets ihre Erklärung finden in den Veränderungen der zu ihrer Produktion notwendigen Arbeitszeit. Herr Proudhon denkt nicht daran. Er spricht nicht von Gold und Silber als Ware, sondern er spricht von ihnen als Geld.

Seine ganze Logik, soweit bei ihm von Logik die Rede sein kann, besteht darin, die Eigenschaft von Gold und Silber, als Geld zu dienen, allen Waren unterzuschieben, welche die Eigenschaft haben, ihr Wertmaß in der Arbeitszeit zu finden. Kein Zweifel, diese Eskamotage zeugt mehr von Naivität als von Malice.

Ein nützliches Produkt, einmal durch die zu seiner Herstellung notwendige Arbeitszeit abgeschätzt, ist stets tauschfähig (acceptable en échange). Beweis, ruft Herr Proudhon aus, das Gold und das Silber, die sich in der von mir gewollten Lage der »Austauschbarkeit« befinden. Somit sind Gold und Silber – der in den Zustand seiner Konstitution gelangte Wert, die Verkörperung der Idee des Herrn Proudhon. Es ist unmöglich, in der Wahl seiner Beispiele glücklicher zu sein. Gold und Silber besitzen außer der Eigenschaft, eine Ware zu sein, die wie jede andere durch die Arbeitszeit geschätzt wird, noch die, allgemeines Tauschmittel, Geld, zu sein. Dadurch nun, daß man Gold und Silber als eine Anwendung des durch die Arbeitszeit » konstituierten Wertes« hinstellt, ist nichts leichter als der Beweis, daß jede Ware, deren Wert durch die Arbeitszeit konstituiert sein wird, stets austauschbar, Geld sein wird.

Eine höchst einfache Frage drängt sich dem Geiste des Herrn Proudhon auf: Warum genießen Gold und Silber das Privilegium, der Typus des »konstituierten Wertes« zu sein?

»Die besondere Funktion, welche der Gebrauch den edlen Metallen beigelegt hat, als Vermittler des Verkehrs zu dienen, ist rein konventionell, jede andere Ware könnte, vielleicht weniger bequem, aber ebenso zuverlässig, diese Rolle ausfüllen: die Ökonomen erkennen das an, und man zitiert mehr als ein Beispiel dafür. Was ist somit die Ursache dieses allgemein den Metallen eingeräumten Vorzuges, als Geld zu dienen, und wie erklärt sich diese Besonderheit der Funktionen des Geldes, die kein Analogon hat, in der politischen Ökonomie? ... Nun also, ist es vielleicht möglich, den Zusammenhang (série) wiederherzustellen, aus dem das Geld herausgerissen zu sein scheint, und somit dieses seinem wirklichen Prinzip wieder zuzuführen.« (I, 68-69.)

Bereits damit, daß er die Frage in diesen Ausdrücken stellt, setzt Herr Proudhon das Geld voraus. Die erste Frage, welche er sich hätte stellen sollen, wäre die, zu erfahren, warum man im Tauschverkehr, wie er sich heute herausgebildet hat, den Tauschwert sozusagen individualisieren mußte durch Schaffung eines besonderen Austauschmittels. Das Geld ist nicht eine Sache, sondern ein gesellschaftliches Verhältnis. Warum ist das Verhältnis des Geldes ein Produktionsverhältnis wie jedes andere ökonomische Verhältnis, wie die Arbeitsteilung usw.? Wenn Herr Proudhon sich von diesem Verhältnis Rechenschaft abgelegt hätte, so würde er in dem Geld nicht eine Ausnahme, nicht ein aus einem unbekannten oder erst wieder zu ermittelnden Zusammenhang herausgerissenes Glied gesehen haben.

Er würde im Gegenteil gefunden haben, daß dieses Verhältnis nur ein einzelnes Glied in der ganzen Verkettung der ökonomischen Verhältnisse und als solches aufs innigste mit ihr verbunden ist, und daß dieses Verhältnis ganz in demselben Grad einer bestimmten Produktionsweise entspricht wie der individuelle Austausch. Was aber tut er? Er fängt damit an, das Geld aus dem Zusammenhang der heutigen Produktionsweise herauszureißen, um es später zum ersten Glied eines imaginären, eines noch zu findenden Zusammenhanges zu machen.

Hat man einmal die Notwendigkeit eines besonderen Tauschmittels, d. h. die Notwendigkeit des Geldes eingesehen, so handelt es sich nicht mehr um die Erklärung, warum diese besondere Funktion vor allen anderen Waren dem Gold und Silber zugefallen ist. Es ist das eine sekundäre Frage, die nicht im Zusammenhang der Produktionsverhältnisse ihre Erklärung findet, sondern in den besonderen stofflichen Eigenschaften von Gold und Silber. Wenn demgemäß die Ökonomen bei dieser Gelegenheit »aus dem Gebiet ihrer Wissenschaft herausgetreten sind, wenn sie Physik, Mechanik, Geschichte usw. getrieben haben«, wie ihnen Herr Proudhon vorwirft, so haben sie nur getan, was sie tun mußten. Die Frage gehört nicht mehr in das Gebiet der politischen Ökonomie.

»Was keiner der Ökonomen«, sagt Herr Proudhon, »erkannt noch begriffen hat, ist der ökonomische Grund, der für die Bevorzugung, deren sich die Edelmetalle erfreuen, maßgebend war.« (I, 69.)

Den ökonomischen Grund, den niemand, und zwar aus guten Gründen, erkannt noch begriffen hat, Herr Proudhon hat ihn erkannt, begriffen und der Nachwelt überliefert.

»Was nämlich niemand bemerkt hat, ist die Tatsache, daß Gold und Silber die ersten Waren sind, deren Wert zur Konstituierung gelangt ist. In der patriarchalischen Periode werden Gold und Silber noch in Barren gehandelt und ausgetauscht, aber schon mit einer sichtbaren Tendenz zur Herrschaft und einer ausgeprägten Bevorzugung. Nach und nach bemächtigen sich die Souveräne derselben und drücken ihnen ihr Siegel auf: und aus dieser souveränen Weihung geht das Geld hervor, d. h. die Ware par excellence, die, aller Erschütterungen des Marktes ungeachtet, einen bestimmten proportionellen Wert beibehält und überall als voll in Zahlung genommen wird ... Die besondere Stellung, die Gold und Silber einnehmen, ist, wiederhole ich, eine Folge der Tatsache, daß dieselben, dank ihren metallischen Eigenschaften, der Schwierigkeit ihrer Beschaffung und namentlich der Intervention der staatlichen Autorität, sich rechtzeitig als Waren, Festigkeit und Authentizität erobert haben.«

Behaupten, daß von allen Waren Gold und Silber die ersten sind, deren Wert zu seiner Konstituierung gelangt ist, heißt nach dem Vorstehenden behaupten, daß Gold und Silber die ersten sind, die Geld geworden sind. Dies die große Offenbarung des Herrn Proudhon, dies die Wahrheit, die niemand vor ihm entdeckt hatte.

Wenn Herr Proudhon mit diesen Worten sagen wollte, daß Gold und Silber Waren sind, deren zu ihrer Erzeugung notwendige Arbeitszeit früher bekannt war als die aller anderen, so wäre dies wieder eine jener Annahmen, mit denen er seine Leser so bereitwillig beschenkt. Wenn wir uns an diese patriarchalische Gelehrsamkeit halten wollen, so würden wir Herrn Proudhon sagen, daß man zuallererst die Arbeitszeit kannte, die zur Herstellung der allernotwendigsten Gegenstände erforderlich war, wie Eisen usw. Den klassischen Bogen von Adam Smith schenken wir ihm.

Aber wie kann Herr Proudhon nach alledem noch von der Konstituierung eines Wertes sprechen, wo doch ein Wert niemals für sich allein konstituiert wird? Der Wert eines Produktes wird nicht durch die Arbeitszeit konstituiert, die zu seiner Herstellung für sich allein notwendig ist, sondern im Verhältnis zur Menge aller anderen Produkte, die in derselben Zeit erzeugt werden können. Die Konstituierung des Wertes von Gold und Silber setzt also bereits die fertige Konstituierung (des Wertes) einer Menge anderer Produkte voraus.

Es ist also nicht die Ware, die im Gold und Silber »konstituierter Wert« geworden ist, sondern es ist der »konstituierte Wert« des Herrn Proudhon, der im Gold und Silber Geld geworden ist.

Untersuchen wir jetzt die ökonomischen Gründe, die nach Herrn Proudhon dem Gold und Silber den Vorzug verschafft haben, früher als alle anderen Produkte zu Geld erhoben zu werden, vermöge der Konstituierung ihres Wertes.

Diese ökonomischen Gründe sind: »die sichtbare Tendenz zur Herrschaft«, die schon in der »patriarchalischen Periode« »ausgeprägte Bevorzugung« und andere Umschreibungen des einfachen Faktums, welche die Schwierigkeit vermehren, indem sie die Tatsache vervielfältigen durch Vervielfältigung der Fälle, die Herr Proudhon vorführt, um die Tatsache zu erklären. Herr Proudhon hat indes noch nicht alle angeblich ökonomischen Gründe erschöpft. Greifen wir einen von überwältigender, souveräner Kraft heraus.

»Aus der souveränen Weihung geht das Geld hervor: die Souveräne bemächtigen sich des Goldes und Silbers und drücken ihnen ihr Siegel auf.« (I, 69.)

Somit ist für Herrn Proudhon das Belieben der Souveräne der höchste Grund in der politischen Ökonomie!

In der Tat, man muß jeder historischen Kenntnis bar sein, um nicht zu wissen, daß es die Souveräne sind, die zu allen Zeiten sich den wirtschaftlichen Verhältnissen fügen mußten, daß aber niemals sie es gewesen sind, welche ihnen das Gesetz diktiert haben. Sowohl die politische wie die bürgerliche Gesetzgebung proklamieren, protokollieren nur das Wollen der ökonomischen Verhältnisse.

Hat sich der Souverän des Goldes und Silbers bemächtigt, um sie durch Aufprägung seines Siegels zu allgemeinen Tauschmitteln zu machen, oder haben sich nicht vielmehr diese allgemeinen Tauschmittel des Souveräns bemächtigt, indem sie ihn zwangen, ihnen sein Siegel aufzudrücken und ihnen eine politische Weihung zu geben?

Das Gepräge, welches man dem Gold gegeben hat und gibt, drückt nicht seinen Wert, sondern sein Gewicht aus: die Festigkeit und Authentizität, von denen Herr Proudhon spricht, beziehen sich nur auf den Feingehalt der Münze; dieser Feingehaltstitel Titre heißt einerseits Titel, Name, andererseits aber auch, bei Gold und Silber, deren Feingehalt. D. Übers. zeigt an, wieviel Metallstoff in einem Stück gemünzten Geldes enthalten ist. »Der einzige innewohnende Wert einer Mark Silber«, sagt Voltaire mit seinem bekannten gesunden Menschenverstand, »ist ein halbes Pfund Silber im Gewicht von acht Unzen. Gewicht und Feingehalt ergeben allein diesen immanenten Wert.« ( Voltaire, Système de Law.) Aber die Frage: Wieviel ist eine Unze Gold oder Silber wert? besteht darum nicht minder fort. Wenn ein Kaschmir aus dem Magazin »zum großen Colbert« das Fabrikzeichen »reine Wolle« trägt, so gibt diese Fabrikmarke noch nicht den Wert des Kaschmirs an. Es bleibt noch immer zu ermitteln, wieviel die Wolle wert ist. »Philipp I., König von Frankreich«, sagt Herr Proudhon, »versetzt das Geld-Pfund Tournois (Gewicht Karls des Großen) mit einem Drittel Legierung, indem er sich einbildet, daß, da er allein das Monopol der Geldfabrikation hatte, er auch tun könne, was jeder Kaufmann tut, der das Monopol eines Produktes besitzt. Was war in der Tat diese Philipp und seinen Nachfolgern so sehr zum Vorwurf gemachte Münzfälschung? Ein vom Standpunkt der geschäftlichen Routine sehr berechtigtes, aber vom Standpunkt der ökonomischen Wissenschaft sehr falsches Räsonnement; daß man nämlich, da Angebot und Nachfrage den Wert regulieren, sowohl durch eine künstlich erzeugte Seltenheit wie durch Monopolisierung der Fabrikation die Schätzung und somit auch den Wert der Dinge steigen machen kann, und daß dies ebenso von Gold und Silber gilt wie von Getreide, Wein, Öl und Tabak. Indes, kaum war der Betrug Philipps ruchbar geworden, als sein Geld auf den richtigen Wert reduziert ward und er zur selben Zeit das verlor, um was er seine Untertanen geglaubt hatte, prellen zu können. Dasselbe Schicksal hatten in der Folge alle ähnlichen Versuche.« (I, 70-71.)

Zunächst hat es sich gar oft gezeigt, daß, wenn der Fürst daran geht, die Münzen zu fälschen, er es ist, der dabei verliert. Was er bei der ersten Emission einmal verdient, verliert er so oft, als die gefälschten Münzen ihm in Form von Steuern usw. wieder zufließen.

Aber Philipp und seine Nachfolger wußten sich mehr oder minder gegen diesen Verlust zu schützen; denn kaum daß das gefälschte Geld in Umlauf gesetzt, hatten sie nichts Eiligeres zu tun, als ein allgemeines Umschmelzen des Geldes auf den alten Fuß anzuordnen.

Dann aber, hätte Philipp I. wirklich, wie Herr Proudhon, räsonniert, so hätte Philipp I. vom »kommerziellen Gesichtspunkt« aus nicht gut räsonniert. Weder Philipp I. noch Herr Proudhon legen kaufmännischen Geist an den Tag, wenn sie sich einbilden, daß man den Wert des Goldes wie den jeder anderen Ware aus dem einzigen Grunde ändern könne, daß ihr Wert durch das Verhältnis von Angebot und Nachfrage bestimmt wird.

Wenn König Philipp angeordnet hätte, daß ein Malter Weizen künftighin zwei Malter Weizen heißen solle, so würde er ein Betrüger gewesen sein; er würde alle Rentiers, alle Leute betrogen haben, die hundert Malter Weizen zu empfangen hatten; er wäre die Ursache gewesen, daß alle diese Leute statt hundert Malter Weizen nur fünfzig empfangen hätten. Man nehme an, der König sei Schuldner von hundert Malter Weizen gewesen, so hätte er nur fünfzig zu bezahlen gehabt. Aber im Handel wären hundert Malter nie mehr wert gewesen als vorher fünfzig. Damit, daß man den Namen ändert, ändert man nicht die Sache. Die Menge Weizen, die angebotene wie geforderte, wäre durch diese einfache Veränderung der Namen weder vermindert noch erhöht worden. Da trotz dieser Veränderung des Namens das Verhältnis von Angebot und Nachfrage das gleiche bliebe, so erlitte der Preis des Getreides keinerlei wirkliche Veränderung. Wenn man von Angebot und Nachfrage der Dinge spricht, so spricht man nicht von Angebot und Nachfrage des Namens der Dinge. Philipp I. machte nicht Gold oder Silber, wie Herr Proudhon sagt, er machte nur Namen von Münzen. Gebt eure französischen Kaschmire für indische aus, so ist es möglich, daß ihr ein oder zwei Käufer täuscht, aber sobald der Betrug einmal bekannt ist, werden eure vorgeblich indischen Kaschmire auf den Preis der französischen fallen. Damit, daß er dem Gold und Silber eine falsche Etiquette gab, konnte Philipp I. die Leute nur so lange hinters Licht führen, als der Betrug nicht bekannt war. Wie jeder andere Krämer betrog er seine Kunden durch eine falsche Bezeichnung der Ware: das konnte eine Zeitlang dauern. Früher oder später mußte er die Unerbittlichkeit der Gesetze des Verkehrs erfahren. Wollte Herr Proudhon das beweisen? Nein. Nach ihm empfängt das Geld vom Souverän und nicht vom Verkehr seinen Wert. Und was hat er in Wirklichkeit bewiesen? Daß der Verkehr souveräner ist als der Souverän. Der Souverän ordne an, daß eine Mark künftig zwei Mark sei, und der Verkehr wird stets behaupten, daß diese zwei Mark nur so viel wert sind wie die eine Mark von früher.

Aber damit ist die Frage des durch die Arbeitsmenge bestimmten Wertes um keinen Schritt vorwärtsgerückt. Es bleibt noch immer zu entscheiden, ob diese zwei Mark, die jetzt wieder die Mark von früher geworden, bestimmt werden durch die Produktionskosten oder durch das Gesetz von Angebot und Nachfrage?

Herr Proudhon fährt fort: »Es bleibt auch noch zu erwägen, daß, wenn es in der Macht des Königs gelegen hätte, statt das Geld zu fälschen, dessen Menge zu verdoppeln, der Tauschwert von Gold und Silber um die Hälfte gefallen wäre, immer auf Grund der Proportionalität und des Gleichgewichtes.« (I, 71.) Wenn diese Herrn Proudhon mit den anderen Ökonomen gemeinsame Ansicht richtig ist, so spricht sie zugunsten ihrer Doktrin von Angebot und Nachfrage und keineswegs zugunsten der Proportionalität des Herrn Proudhon. Denn welches auch immer die in der doppelten Masse von Gold und Silber verkörperte Arbeitszeit gewesen wäre, immer wäre ihr Wert um die Hälfte gefallen, wenn die Nachfrage dieselbe geblieben wäre und das Angebot sich verdoppelt hätte. Oder liefe zufällig das » Gesetz der Proportionalität« diesmal auf das so verachtete Gesetz von Angebot und Nachfrage hinaus? Die richtige Proportionalität des Herrn Proudhon ist in der Tat so elastisch, sie gestattet so viele Variationen, Kombinationen und Permutationen, daß sie wohl einmal mit dem Verhältnis von Angebot und Nachfrage zusammenfallen kann.

Behaupten, daß »jede Ware (jederzeit), wenn nicht tatsächlich, so wenigstens von Rechts wegen austauschbar« sei, mit dem Hinweis auf die Rolle, welche Gold und Silber spielen, heißt diese Rolle verkennen. Gold und Silber sind nur deswegen von Rechts wegen (jederzeit) austauschbar, weil sie es tatsächlich sind; und sie sind es tatsächlich, weil die gegenwärtige Organisation der Produktion eines allgemeinen Tauschmittels bedarf. Das Recht ist nur die offizielle Anerkennung der Tatsache. Wir haben gesehen, daß das Beispiel vom Geld als Darstellung des zu seiner Konstituierung gelangten Wertes von Herrn Proudhon nur gewählt wurde, um seine ganze Lehre von der Austauschbarkeit einschmuggeln zu können, d. h. um nachzuweisen, daß jede nach ihren Produktionskosten abgeschätzte Ware Geld werden müsse. Alles das wäre schön und gut, bestände nicht der kleine Übelstand, daß gerade Gold und Silber in ihrer Eigenschaft als Münze (als Wertzeichen) von allen Waren die einzigen sind, die nicht durch ihre Produktionskosten bestimmt werden; und das ist so sehr richtig, daß sie in der Zirkulation durch Papier ersetzt werden können. Solange ein gewisses Verhältnis zwischen den Bedürfnissen der Zirkulation und der Menge des ausgegebenen Geldes beobachtet wird, sei dieses Papier-, Gold-, Platina- oder Kupfergeld, so wird es sich nicht darum handeln, ein Verhältnis zwischen dem innewohnenden Wert (Produktionskosten) und dem Nominalwert des Geldes einzuhalten. Kein Zweifel, im internationalen Verkehr wird das Geld, wie jede andere Ware, durch die Arbeitszeit bestimmt. Aber auch Gold und Silber sind im internationalen Verkehr Tauschmittel als Produkte, nicht als Münze, d. h. sie verlieren diesen Charakter der »Festigkeit und Authentizität«, der »souveränen Weihe«, die für Herrn Proudhon ihren spezifischen Charakter bilden. Ricardo hat diese Wahrheit so gut begriffen, daß, obwohl er sein ganzes System auf den durch die Arbeitszeit bestimmten Wert aufbaut und erklärt: » Gold und Silber haben, wie jede andere Ware, nur Wert im Verhältnis zu der Arbeitsmenge, die notwendig ist, sie zu produzieren und auf den Markt zu bringen« – er nichtsdestoweniger hinzufügt, daß der Wert des Geldes nicht durch die in seiner Materie fixierte Arbeitszeit, sondern nur durch das Gesetz von Angebot und Nachfrage bestimmt wird. »Obwohl das Papier keinen inneren Wert hat, so kann doch, wenn man seine Menge begrenzt, sein Tauschwert dem Wert von Metallgeld im gleichen Betrage oder von nach ihrem Münzwert abgeschätzten Barren gleichkommen. Ganz ebenso, infolge desselben Prinzips, d. h. dadurch, daß man die Menge des Geldes einschränkt, können unterwertige Geldstücke zu dem Wert zirkulieren, den sie haben würden, wären ihr Gewicht und ihr Gehalt die vom Gesetz vorgeschriebenen, nicht aber nach dem inneren Wert des reinen Metalles, das sie enthalten. Deshalb finden wir in der Geschichte des englischen Geldes, daß unser Hartgeld niemals sich in dem gleichen Verhältnis entwertete, als es gefälscht wurde. Die Ursache liegt darin, daß es niemals im Verhältnis seiner Entwertung vermehrt wurde.« (Ricardo, a. a. O., S. 206-207.)

J.-B. Say bemerkt zu diesem Satze Ricardos:

» Dieses Beispiel sollte, wie mir scheint, genügen, um den Autor zu überzeugen, daß die Grundlage jedes Wertes nicht die zur Herstellung einer Ware notwendige Arbeitsmenge ist, sondern das Bedürfnis, das man nach ihr empfindet, zusammengehalten mit ihrer Seltenheit.«

So wird das Geld, das für Ricardo nicht mehr ein durch die Arbeitszeit bestimmter Wert ist und welches J.-B. Say deshalb als Beispiel nimmt, um Ricardo zu überzeugen, daß die anderen Werte ebensowenig durch die Arbeitszeit bestimmt werden können – so wird dieses Geld, welches J.-B. Say als Beispiel eines ausschließlich durch Angebot und Nachfrage bestimmten Wertes nimmt, für Herrn Proudhon das Beispiel par excellence der Anwendung des – durch die Arbeitszeit konstituierten Wertes.

Um zum Ende zu kommen: wenn das Geld kein durch die Arbeitszeit konstituierter Wert ist, so kann es noch weit weniger irgend etwas mit der richtigen »Proportionalität« des Herrn Proudhon gemein haben. Gold und Silber sind stets austauschbar, weil sie die besondere Funktion haben, als universelles Tauschmittel zu dienen, und keineswegs, weil sie in einer der Gesamtheit der Güter proportionellen Menge vorhanden sind; oder, um es noch besser auszudrücken, sie sind stets proportionell, weil sie von allen Waren allein das Geld, als universelles Tauschmittel dienen, in welchem Verhältnis auch immer ihre Menge zur Gesamtheit der Güter stehe. »Das in Zirkulation befindliche Geld kann nie reichlich genug vorhanden sein, um überzuströmen; denn wenn ihr seinen Wert herabsetzt, werdet ihr in demselben Verhältnis seine Menge vermehren, und mit der Vermehrung seines Wertes werdet ihr seine Menge vermindern.« (Ricardo, II, 205.)

»Welches Imbroglio ist die politische Ökonomie!« ruft Herr Proudhon aus. (I, 72.)

»Verdammtes Gold!« ruft possierlich ein Kommunist (durch den Mund des Herrn Proudhon). Ebensogut könnte man sagen: Verdammter Weizen! Verdammte Weinstöcke! Verdammte Hammel! denn »ebenso wie Gold und Silber muß jeder Handelswert zu seiner peinlich genauen Festsetzung gelangen«.(I, 73.)

Die Idee, Hammeln und Weinstöcken die Eigenschaft des Geldes zu verschaffen, ist nicht neu. In Frankreich gehört sie dem Jahrhundert Ludwig XIV. an. In dieser Epoche, wo das Geld angefangen hatte, seine Allmacht geltend zu machen, beklagte man sich über die Entwertung aller anderen Waren und rief sehnsüchtig den Moment herbei, wo jeder »kommerzielle Wert« zu seiner peinlich genauen Festsetzung gelangen, Geld werden könne. Schon bei Boisguillebert, einem der ältesten Ökonomen Frankreichs, finden wir folgenden Satz: »Dann wird das Geld, dank diesem unermeßlichen Zufluß von Konkurrenten, den in ihren richtigen Wert wieder eingesetzten Waren selbst, wieder in seine natürlichen Grenzen verwiesen werden.« ( Economistes financiers du dix-huitième siècle, S. 422, éd. Daire »Finanz-Ökonomen des 18. Jahrhunderts.« Herausgegeben von Daire..) Man sieht: die ersten Illusionen der Bourgeoisie sind auch ihre letzten.

b) Der Arbeitsüberschuß

»Man findet in den Abhandlungen über politische Ökonomie folgende abgeschmackte Hypothese: wenn der Preis aller Dinge verdoppelt würde ... Als ob der Preis aller Dinge nicht das Verhältnis der Dinge wäre und man eine Proportion, ein Verhältnis, ein Gesetz verdoppeln könnte!« (Proudhon, Bd. 1, S. 81.) Die Ökonomen sind in diesen Irrtum verfallen, weil sie die richtige Anwendung des »Gesetzes der Proportionalität« und des »konstituierten Wertes« nicht verstanden.

Leider findet man in dem Werke des Herrn Proudhon selbst, Bd. 1, S. 110, diese abgeschmackte Hypothese, daß, »wenn der Lohn allgemein stiege, der Preis aller Dinge steigen würde«. Zum Überfluß findet man, wenn man in den Abhandlungen über politische Ökonomie die fragliche Phrase findet, ebendaselbst auch ihre Erklärung. »Wenn man sagt, daß der Preis aller Waren steigt oder sinkt, so schließt man stets die eine oder die andere der Waren aus: die ausgeschlossene Ware ist gewöhnlich das Geld oder die Arbeit.« ( Encyclopaedia Metropolitana or Universal Dictionary of Knowledge, vol. IV, Artikel Political Economy »Hauptstädtische Enzyklopädie oder Universal-Lexikon des Wissens«, Bd. IV, Artikel: Politische Ökonomie. von Senior, London 1836. Vgl. auch über diesen Ausdruck J. St. Mill, Essays on some unsettled questions of political economy »Abhandlungen über einige ungelöste Fragen der politischen Ökonomie.«, London 1844, und Tooke, A history of prices »Eine Geschichte der Preise.«, London 1838.)

Schreiten wir jetzt zur zweiten Anwendung des »konstituierten Wertes« und anderer Proportionalitäten, deren einziger Fehler ist, wenig proportioniert zu sein; und sehen wir zu, ob Herr Proudhon dort glücklicher ist als in der Verwandlung der Hammel in Geld.

»Ein von den Ökonomen einstimmig anerkanntes Axiom sagt, daß jede Arbeit einen Überschuß ergeben muß. Dieser Satz gilt mir als absolut und allgemein wahr: er ist die Ergänzung des Gesetzes von der Proportionalität, welches man als die Summe aller ökonomischen Wissenschaft betrachten kann. Aber ich bitte die Ökonomen um Verzeihung. Das Prinzip, daß jede Arbeit einen Überschuß ergeben muß, hat in ihrer Theorie keinen Sinn und ist keines Beweises fähig.« (Proudhon, I, 73.)

Um zu beweisen, daß jede Arbeit einen Überschuß ergeben muß, personifiziert Herr Proudhon die Gesellschaft, er macht aus ihr eine Gesellschaftsperson, eine Gesellschaft, die keineswegs die Gesellschaft der Personen ist, da sie ihre besonderen Gesetze hat, die nichts gemein haben mit den Personen, aus denen sie sich zusammensetzt; die ebenfalls ihren »eigenen Verstand« hat, der nicht der Verstand der gemeinen Menschen ist, sondern ein Verstand, der nicht den gemeinen Menschenverstand hat. Herr Proudhon wirft den Ökonomen vor, die Persönlichkeit dieses Gesamtwesens nicht begriffen zu haben. Es macht uns Vergnügen, ihm den folgenden Satz eines amerikanischen Ökonomen entgegenzuhalten, der den anderen Ökonomen das gerade Gegenteil vorwirft: »Dem moralischen Individuum (the moral entity), dem grammatikalischen Wesen ( the grammatical being), Gesellschaft genannt, wurden Eigenschaften beigelegt, die nur in der Einbildung derer bestehen, welche aus einem Wort eine Sache machen ... Dies hat zu vielen Schwierigkeiten und beklagenswerten Irrtümern der politischen Ökonomie Veranlassung gegeben.« (Th. Cooper, Lectures on the Elements of Political Economy »Vorträge über die Elemente der politischen Ökonomie.«, Columbia 1826.)

»Dieses Prinzip des Arbeitsüberschusses«, fährt Herr Proudhon fort, »trifft in bezug auf die Individuen nur zu, weil es von der Gesellschaft ausgeht, die ihnen so die Wohltat ihrer eigenen Gesetze zukommen läßt.« (I, 75.)

Will Herr Proudhon damit lediglich sagen, daß die Produktion des Individuums in der Gesellschaft die des isolierten Individuums übertrifft? Will er von diesem Überschuß der Produktion der assoziierten Individuen über die der nicht assoziierten Individuen sprechen? Wenn dem so ist, so können wir ihm hundert Ökonomen zitieren, welche diese einfache Wahrheit ausgesprochen haben ohne den ganzen Mystizismus, in den sich Herr Proudhon hüllt. So sagt z. B. Herr Sadler:

»Die gemeinschaftliche Arbeit ergibt Resultate, welche die individuelle Arbeit niemals hervorzubringen vermag. In dem Maße daher, wie die Menschheit der Zahl nach sich vermehrt, werden die Produkte der vereinigten Arbeit bei weitem die Summe übertreffen, welche sich aus einer einfachen Addition der Menschenzahl-Vermehrung ergibt ... In den mechanischen Industrien wie auf wissenschaftlichem Gebiet kann jeder einzelne heute in einem Tage mehr leisten als ein isoliertes Individuum während seines ganzen Lebens. Das mathematische Axiom, daß das Ganze der Summe der Teile gleich ist, ist falsch in Anwendung auf unseren Gegenstand. In bezug auf die Arbeit, diesen großen Grundpfeiler der menschlichen Existenz ( the great pillar of human existence), kann man sagen, daß das Produkt der gemeinschaftlichen Anstrengungen bei weitem alles übertrifft, was isolierte Bemühungen der einzelnen je zu produzieren vermögen.« (Th. Sadler, The law of population »Das Bevölkerungsgesetz.«, London 1830.)

Kehren wir zu Herrn Proudhon zurück. Der Arbeitsüberschuß, sagt er, findet seine Erklärung in der Person: Gesellschaft. Die Lebenstätigkeit dieser Person richtet sich nach Gesetzen, die den Gesetzen widersprechen, welche die Tätigkeit des Menschen als Individuum bestimmen; dies will er durch » Tatsachen« beweisen.

»Die Entdeckung eines neuen wirtschaftlichen Verfahrens kann nie dem Erfinder einen Vorteil eintragen, der dem gleich ist, welchen er der Gesellschaft verschafft ... Man hat bemerkt, daß die Eisenbahnunternehmungen weit weniger eine Reichtumsquelle für die Unternehmer sind als für den Staat ... Der Durchschnittspreis des Gütertransportes per Achse (Fuhre) beträgt 18 Centimes pro Tonne und Kilometer ab und an Lager. Man hat ausgerechnet, daß bei diesem Preise ein gewöhnliches Eisenbahnunternehmen keine 10 Prozent Reingewinn machen würde, ein Resultat, das beinahe dem eines Fuhrunternehmens gleichkommt. Aber nehmen wir an, daß die Geschwindigkeit eines Transportes per Eisenbahn sich zu der eines Fuhrunternehmens wie 4:1 verhält, so wird, da in der Gesellschaft die Zeit selbst Wert ist, bei Gleichheit des Preises die Eisenbahn gegenüber der Frachtfuhre einen Gewinn von 400 Prozent darstellen. Indes realisiert sich dieser enorme, für die Gesellschaft sehr reelle Gewinn bei weitem nicht in dem gleichen Verhältnis für den Transportunternehmer, der, während er der Gesellschaft einen Vorteil von 400 Prozent verschafft, selbst keine 10 Prozent bezieht. Nehmen wir in der Tat an, um die Sache noch greifbarer zu machen, daß die Eisenbahn ihren Tarif auf 25 Centimes festsetzt, während der der Fracht per Achse 18 bleibt, so wird sie sofort alle ihre Gütertransporte verlieren. Absender und Empfänger, alle Welt wird, wenn es sein muß, auf die alten Rumpelkasten zurückkommen. Man wird die Lokomotive stehenlassen: ein gesellschaftlicher Vorteil von 400 Prozent wird einem privaten Verlust von 35 Prozent aufgeopfert werden. Die Ursache davon ist leicht einzusehen: der Vorteil, den die Geschwindigkeit der Eisenbahn zur Folge hat, ist rein sozial, und jeder einzelne nimmt daran nur im geringsten Maße Anteil (vergessen wir nicht, daß es sich in diesem Augenblick nur um den Gütertransport handelt), während der Verlust den Konsumenten direkt und persönlich trifft. Ein sozialer Vorteil, gleich 400, stellt für das Individuum, wenn die Gesellschaft nur aus einer Million Menschen besteht, 4/10 000 dar, während ein Verlust von 33 Prozent für den Konsumenten ein soziales Defizit von 33 Millionen voraussetzte.« (Proudhon, I, 75, 76.)

Es mag noch angehen, daß Herr Proudhon eine vervierfachte Geschwindigkeit mit 400 Prozent der ursprünglichen Geschwindigkeit ausdrückt; aber wenn er die Prozente der Geschwindigkeit mit den Prozenten des Profites in Verbindung bringt und zwischen zwei Dingen ein Verhältnis herstellen will, die zwar jedes für sich nach Prozenten gemessen werden können, aber dessenungeachtet eins mit dem anderen inkommensurabel sind, so heißt dies ein Verhältnis zwischen den Prozenten herstellen und die Dinge selbst beiseite lassen.

Prozente sind immer Prozente. 10 Prozent und 400 Prozent sind kommensurabel, sie verhalten sich zueinander wie 10:400; daher, schließt Herr Proudhon, ist ein Profit von 10 Prozent vierzigmal weniger wert als eine vierfache Geschwindigkeit. Um den Schein zu retten, sagt er, daß für die Gesellschaft die Zeit der Wert ist ( time is money). Dieser Irrtum stammt daher, daß er sich dunkel erinnert, daß ein Verhältnis zwischen Wert und Arbeitszeit besteht, und er hat nichts Eiligeres zu tun, als die Arbeitszeit der Zeit des Transportes gleichzusetzen, d. h. er identifiziert die paar Heizer, Zugführer und Genossen, deren Arbeitszeit nichts anderes ist als die Zeit des Transportes, mit der ganzen Gesellschaft. So wird mit einem Male die Geschwindigkeit Kapital, und auf diese Art hat er vollauf recht, zu sagen: »Ein Vorteil von 400 Prozent wird einem Verlust von 35 Prozent aufgeopfert.« Nachdem er diesen sonderbaren Satz als Mathematiker aufgestellt hat, erklärt er ihn uns als Ökonom.

»Ein sozialer Vorteil, gleich 400, stellt für das Individuum, wenn die Gesellschaft nur aus einer Million Menschen besteht, 4/10 000 dar.« Einverstanden; aber es handelt sich nicht um 400, sondern um 400 Prozent, und ein Vorteil von 400 Prozent stellt für das Individuum 400 Prozent dar, nicht mehr und nicht weniger. Welches immer das Kapital sei, die Dividenden werden sich stets im Verhältnis von 400 Prozent berechnen. Was tut Herr Proudhon? Er nimmt die Prozente für das Kapital, und als ob er fürchte, daß seine Konfusion nicht »greifbar«, nicht deutlich genug sei, fährt er fort:

»Ein Verlust von 33 Prozent für den Konsumenten würde ein soziales Defizit von 33 Millionen voraussetzen.« 33 Prozent Verlust für den Konsumenten bleiben 33 Prozent Verlust für eine Million Konsumenten. Wie kann Herr Proudhon daher vernünftigerweise sagen, daß bei einem Verlust von 33 Prozent sich das gesellschaftliche Defizit auf 33 Millionen belaufe, wo er weder das soziale Kapital noch auch nur das Kapital eines einzigen Interessenten kennt? Es genügte somit Herrn Proudhon nicht, Kapital und Prozente zusammengeworfen zu haben, er übertrifft sich noch, indem er das in ein Unternehmen gesteckte Kapital mit der Zahl der Interessenten identifiziert.

»Setzen wir in der Tat, um die Sache noch greifbarer zu gestalten«, ein bestimmtes Kapital voraus. Ein sozialer Profit von 400 Prozent, auf eine Million von Teilnehmern repartiert, von denen jeder mit einem Franc beteiligt ist, ergibt vier Franc Profit pro Kopf und nicht 0,0004, wie Herr Proudhon behauptet. Ebenso repräsentiert ein Verlust von 33 Prozent für jeden der Teilnehmer ein gesellschaftliches Defizit von 330 000 Franc und nicht von 33 Millionen (100:33=1 000 000:330 000).

Von seiner Theorie der Persongesellschaft bestochen, vergißt Herr Proudhon, die Teilung durch hundert vorzunehmen. Er erlangt so 330 000 Franc Verlust, aber 4 Franc Profit pro Kopf machen für die Gesellschaft 4 000 000 Franc Profit. Bleibt für die Gesellschaft ein reiner Profit von 3 670 000 Franc. Diese exakte Rechnung beweist just das Gegenteil von dem, was Herr Proudhon beweisen wollte: nämlich daß Profit und Verlust der Gesellschaft sich keineswegs im umgekehrten Verhältnis zu Profit und Verlust der Individuen verhalten.

Nachdem wir so diese einfachen Rechenfehler berichtigt haben, wollen wir nun einmal die Konsequenzen betrachten, zu denen man gelangen müßte, wollte man für die Eisenbahnen das Verhältnis von Geschwindigkeit und Kapital, wie Herr Proudhon es gibt, ohne die Rechenfehler zugrunde legen. Nehmen wir an, daß ein viermal schnellerer Transport viermal mehr kostet, so würde dieser Transport nicht weniger Profit ergeben als der Transport per Achse, der viermal langsamer geht und den vierten Teil der Fracht kostet. Wenn also der Achsentransport 18 Centimes nimmt, so könnte die Eisenbahn 72 Centimes nehmen. Das wäre nach »mathematischer Genauigkeit« die Konsequenz der Voraussetzung des Herrn Proudhon, immer von seinen Rechenfehlern abgesehen. Aber da sagt er uns mit einem Male, daß, wenn die Eisenbahn statt 72 Centimes nur 25 nehmen würde, sie sofort alle ihre Gütertransporte verlieren würde. Entschieden, man muß zum alten Rumpelkasten zurückkehren. Wenn wir indes Herrn Proudhon einen Rat zu geben haben, so ist es der, in seinem » Programme de l'association progressive« »Programm der fortschreitenden Vereinigung.« nicht die Division durch hundert zu vergessen. Aber leider ist nicht zu erwarten, daß unser Rat erhört werde, denn Herr Proudhon ist von seiner »progressiven« Berechnung, die seiner »progressiven Assoziation« entspricht, so entzückt, daß er mit großer Emphase ausruft: »Ich habe bereits im zweiten Kapitel, bei der Lösung der Antinomie des Wertes, gezeigt, daß der Vorteil jeder nützlichen Entdeckung unvergleichlich geringer für den Erfinder ist, was er auch tun möge, als für die Gesellschaft; ich habe den Beweis in dieser Beziehung bis zur mathematischen Genauigkeit geführt!«

Kehren wir zur Fiktion von der Persongesellschaft zurück, die keinen anderen Zweck hatte, als die einfache Tatsache zu beweisen, daß eine neue Erfindung, die mit derselben Arbeitsmenge eine größere Menge Waren verfertigen läßt, den Marktpreis des Produktes sinken macht. Der Gesellschaft fällt damit ein Gewinn zu, nicht dadurch, daß sie mehr Tauschwert erlangt, sondern daß sie mehr Waren für denselben Wert erhält. Was den Erfinder anbetrifft, so bewirkt die Konkurrenz, daß sein Profit sukzessive bis zum allgemeinen Niveau der Profite fällt. Hat Herr Proudhon, wie er wollte, diesen Satz bewiesen? Nein; das verhindert ihn aber nicht, den Ökonomen vorzuwerfen, diesen Beweis nicht erbracht zu haben. Um ihm das Gegenteil zu beweisen, zitieren wir nur Ricardo und Lauderdale; Ricardo, das Haupt der Schule, die den Wert nach der Arbeitszeit bestimmt, Lauderdale, einen der entschiedensten Verteidiger der Bestimmung des Wertes durch Angebot und Nachfrage. Beide haben denselben Satz aufgestellt.

»Indem wir beständig die Leichtigkeit der Produktion erhöhen, vermindern wir fortgesetzt den Wert einiger der früher produzierten Dinge, obwohl wir durch dieses Mittel nicht nur den Nationalreichtum vermehren, sondern auch die Möglichkeit, für die Zukunft zu produzieren ... Sobald wir mittels Maschinen oder unserer naturwissenschaftlichen Kenntnisse die Naturkräfte zwingen, die Arbeit zu verrichten, die bis dahin der Mensch leistete, so fällt infolgedessen der Tauschwert des Produktes. Wenn zehn Leute notwendig wären, um eine Getreidemühle zu drehen, und man entdeckte, daß vermittels des Windes oder des Wassers die Arbeit dieser zehn Menschen erspart werden könnte, so würde das Mehl, das Produkt der Mühlenarbeit, von diesem Augenblick an im Verhältnis zur Summe der ersparten Arbeit fallen, und die Gesellschaft würde sich um den vollen Wert der Dinge bereichert finden, welche die Arbeit dieser zehn Männer zu erzeugen vermag, da die zur Erhaltung der Arbeiter bestimmten Fonds damit nicht die geringste Verminderung erfahren hätten.« (Ricardo, II, 59.)

Lauderdale seinerseits sagt:

»Der Profit der Kapitalien entstammt stets dem Umstand, daß sie einen Teil der Arbeit auf sich nehmen, welche der Mensch mit seinen Händen verrichten müßte, d. h. daß sie eine Portion Arbeit über die persönlichen Bemühungen des Menschen hinaus verrichten, die er selbst nicht auszuführen vermöchte. Der schmale Profit, den im allgemeinen die Besitzer der Maschinen erzielen im Vergleich zum Preis der Arbeit, welche diese ersetzen, wird vielleicht Zweifel über die Richtigkeit dieser Ansicht hervorrufen. Eine Dampfpumpe befördert z. B. in einem Tag mehr Wasser aus einer Kohlenmine, als dreihundert Menschen auf ihrem Rücken heraustragen könnten, selbst wenn sie eine Eimerkette bildeten, und es unterliegt keinem Zweifel, daß sie die Arbeit derselben zu viel geringeren Kosten ersetzt. Dasselbe ist der Fall mit allen Maschinen. Die bisherige Menschenarbeit, an deren Stelle sie getreten sind, müssen sie zu billigerem Preise verrichten ... Angenommen, dem Erfinder einer Maschine, welche die Arbeit von Vieren verrichtet, sei ein Patent erteilt worden, so ist es klar – da das ausschließliche Privilegium jede Konkurrenz verhindert, außer der, welche die Arbeit der Arbeiter gewirkt –, daß der Lohn dieser Arbeiter während der ganzen Dauer des Privilegiums der Maßstab des Preises sein wird, den der Erfinder für seine Produkte bestimmen wird: d. h. um sich der Aufträge zu versichern, wird er etwas weniger fordern als den Lohn für die Arbeit, die seine Maschine ersetzt. Sobald aber das Privilegium verfallen ist, werden andere Maschinen derselben Art aufgestellt und rivalisieren mit der seinigen. Alsdann, wird er seinen Preis nach dem allgemeinen Prinzip festsetzen, indem er ihn von der Menge der Maschinen abhängig macht. Der Profit der angelegten Fonds ..., obwohl das Resultat ersetzter Arbeit, regelt sich schließlich nicht nach dem Wert dieser Arbeit, sondern wie in allen übrigen Fällen nach Maßgabe der Konkurrenz unter den Kapitalbesitzern, und die Höhe desselben wird stets durch das Verhältnis der Menge der zu diesem Zweck disponiblen Kapitalien zur Nachfrage nach denselben bestimmt.« (S. 119, 123, 124, 125, 134.)

In letzter Instanz wird es somit, solange der Profit größer ist als in anderen Industriezweigen, Kapitalien geben, die sich auf die neue Industrie werfen, bis der Profitsatz auf das allgemeine Niveau gefallen ist.

Wir haben gesehen, wie das Exempel von der Eisenbahn keineswegs geeignet war, einiges Licht auf die Fiktion der Persongesellschaft zu werfen. Nichtsdestoweniger setzt Herr Proudhon seine Rede kühn fort: »Diese Punkte einmal klargelegt, ist nichts leichter als die Erklärung, warum die Arbeit jedem Produzenten einen Überschuß lassen muß.« (I, 77.)

Was nunmehr folgt, gehört dem klassischen Altertum an. Es ist eine poetische Erzählung, die den Zweck hat, den Leser sich erholen zu lassen nach der Anstrengung, welche ihm die Genauigkeit der vorhergegangenen mathematischen Demonstrationen verursacht haben dürfte. Herr Proudhon gibt seiner Persongesellschaft den Namen Prometheus und verherrlicht dessen Taten folgendermaßen:

»Im Anfang erwacht Prometheus, hervorgegangen aus dem Schoße der Natur, zu einem Leben in einer Untätigkeit voller Reize usw. usw. Prometheus geht ans Werk, und von dem ersten Tage an, dem ersten Tage der zweiten Schöpfung, ist das Produkt des Prometheus, d. h. sein Reichtum, sein Wohlbefinden, gleich zehn. Am zweiten Tage teilt Prometheus seine Arbeit, und sein Produkt wird gleich hundert. Am dritten und den folgenden Tagen erfindet Prometheus Maschinen, entdeckt er neue Eigenschaften in den Körpern, neue Kräfte in der Natur ... Bei jedem Schritt, den seine industrielle Tätigkeit macht, steigt die Ziffer seiner Produktion und verkündet ihm einen Zuwachs von Glück. Und da schließlich für ihn Konsumieren Produzieren ist, so ist es klar, daß jeder Tag des Konsums, indem er nur das Produkt des vorigen Tages verbraucht, einen Produktionsüberschuß für den nächsten Tag liefert.« (I, 77-78.)

Dieser Prometheus des Herrn Proudhon ist ein sonderbarer Heiliger, ebenso schwach in der Logik wie in der politischen Ökonomie. Solange er uns nur lehrt, wie die Arbeitsteilung, die Anwendung von Maschinen, die Ausbeutung der Naturkräfte und der technischen Wissenschaften die Produktivkraft der Menschen vermehrt und einen Überschuß gibt gegenüber dem, was die isolierte Arbeit hervorbringt, hat dieser neue Prometheus nur das Pech, zu spät zu kommen. Aber sobald Prometheus sich daran gibt, von Produktion und Konsumtion zu sprechen, wird er in der Tat grotesk. Konsumieren heißt für ihn produzieren; er konsumiert am folgenden Tage, was er tags zuvor produziert hat; auf diese Art ist er stets einen Tag voraus. Dieser Tag voraus ist sein »Arbeitsüberschuß«. Aber indem er den folgenden Tag verzehrt, was er tags zuvor produziert hat, so muß er wohl am ersten Tage, der keinen Vorläufer hatte, für zwei Tage gearbeitet haben, um in der Folge einen Tag voraus zu haben. Wie hat Prometheus am ersten Tage, wo es weder Arbeitsteilung noch Maschinen noch andere Kenntnisse von Naturkräften als die des Feuers gab, diesen Überschuß erzielt? Wie wir sehen, ist die Frage damit, daß sie »bis auf den ersten Tag der zweiten Schöpfung« zurückgeschoben wurde, keinen Schritt vorwärtsgerückt. Diese Art, die Dinge zu erklären, tappt gleichzeitig ins Griechische und Hebräische, sie ist mystisch und allegorisch zu gleicher Zeit, sie erlaubt Herrn Proudhon, unbedingt zu verkünden: »Ich habe theoretisch und durch Tatsachen das Prinzip nachgewiesen, daß jede Arbeit einen Überschuß lassen muß.«

Die Tatsachen sind die famose progressive Rechnung; die Theorie, der Mythus von Prometheus.

»Aber«, fährt Herr Proudhon fort, »dieses Prinzip, welches so feststeht wie ein Satz der Arithmetik, ist weit entfernt, sich für alle Welt zu realisieren. Während durch den Fortschritt der gemeinschaftlichen Arbeit der Arbeitstag jedes einzelnen Arbeiters ein immer größeres Produkt erzielt, und während daher in notgedrungener Folge der Arbeiter bei demselben Lohn von Tag zu Tag reicher werden müßte, gibt es in der Gesellschaft Stände, die sich bereichern, und andere, die am Verkommen sind.« (I, 79-80.)

Im Jahre 1770 betrug die Bevölkerung des vereinigten Königreiches Großbritannien fünfzehn Millionen, die produktive Bevölkerung drei Millionen. Die Leistungsfähigkeit der technischen Produktivkräfte entsprach ungefähr einer Bevölkerung von zwölf Millionen; infolgedessen gab es in Summa fünfzehn Millionen produktiver Kräfte. Somit verhielt sich die produktive Leistungsfähigkeit zur Bevölkerung wie 1:1 und die technische Leistungsfähigkeit zur Leistungsfähigkeit der menschlichen Arbeit wie 4:1.

1840 belief sich die Bevölkerung nicht über dreißig Millionen, die produktive Bevölkerung betrug sechs Millionen, während die technische Leistungsfähigkeit auf sechshundertfünfzig Millionen stieg, d. h. sich zur Gesamtbevölkerung wie 21:1 und zur Leistungsfähigkeit der menschlichen Arbeit wie 108:1 verhielt. In der englischen Gesellschaft hat somit der Arbeitstag in siebzig Jahren einen Überschuß von 2700 Prozent an Produktivität gewonnen, d. h. im Jahre 1840 produzierte er siebenundzwanzigmal mehr als 1770. Nach Herrn Proudhon müßte man die Frage folgendermaßen stellen: Warum war der englische Arbeiter von 1840 nicht siebenundzwanzigmal reicher als der von 1770? Um eine solche Frage zu stellen, muß man natürlich voraussetzen, daß die Engländer diesen Reichtum ohne die historischen Bedingungen hätten produzieren können, unter denen er produziert wurde, wie: Anhäufung von Privatkapitalien, moderne Arbeitsteilung, Maschinenbetrieb, anarchische Konkurrenz, Lohnsystem, mit einem Wort lauter Dinge, die auf dem Klassengegensatz beruhen. Das waren nämlich gerade die Existenzbedingungen für die Entwicklung der Produktivkräfte und des Arbeitsüberschusses. Es war somit, um diese Entwicklung der Produktivkräfte und diesen Arbeitsüberschuß zu erlangen, notwendig, daß es Klassen gab, die profitierten, und andere, die am Verkommen waren.

Was ist also in letzter Instanz dieser von Herrn Proudhon auferweckte Prometheus? Es ist die Gesellschaft, es sind die gesellschaftlichen Verhältnisse, basiert auf dem Klassengegensatz. Diese Verhältnisse sind nicht die von Individuum zu Individuum, sondern die von Arbeiter zu Kapitalist, von Pächter zu Grundbesitzer usw. Streicht diese Verhältnisse, und ihr habt die ganze Gesellschaft aufgehoben; euer Prometheus ist nur mehr ein Phantom ohne Arme und Beine, d. h. ohne Maschinenbetrieb, ohne Arbeitsteilung, dem mit einem Wort alles fehlt, was ihr ihm ursprünglich gegeben habt, um ihn diesen Arbeitsüberschuß erlangen zu machen.

Wenn es somit in der Theorie genügte, die Formel des Arbeitsüberschusses mit Herrn Proudhon im Sinne der Gleichheit aufzufassen, ohne Rücksicht auf die gegenwärtigen Bedingungen der Produktion, so müßte es in der Praxis genügen, unter den Arbeitern eine gleiche Verteilung aller heute erworbenen Reichtümer vorzunehmen, ohne irgend etwas an den heutigen Produktionsbedingungen zu ändern. Diese Verteilung würde sicherlich den einzelnen Beteiligten keinen ausnehmend großen Wohlstand sichern.

Aber Herr Proudhon ist nicht so pessimistisch, wie man wohl glauben könnte. Da die Proportionalität alles für ihn ist, so muß er wohl oder übel in dem fertig gegebenen Prometheus, d. h. in der heutigen Gesellschaft, einen Anfang zur Verwirklichung seiner Lieblingsidee erblicken.

»Aber auch überall ist der Fortschritt des Reichtums, d. h. die Proportionalität der Werte, das herrschende Gesetz; und wenn die Ökonomen den Klagen der sozialistischen Partei das fortschreitende Anwachsen des Nationalreichtums und die Verbesserungen in der Lage selbst der unglücklichsten Klassen entgegenhalten, so verkünden sie damit, ohne es zu ahnen, eine Wahrheit, welche die Verurteilung ihrer Theorien ist.« (I, 80.) Was ist in Wirklichkeit das gemeinschaftliche Vermögen, der Nationalreichtum? Der Reichtum der Bourgeoisie, aber nicht der jedes einzelnen Bourgeois. Nun wohl; die Ökonomen haben nichts anderes getan, als den Nachweis zu liefern, wie unter den gegenwärtig bestehenden Produktionsverhältnissen der Reichtum der Bourgeoisie sich entwickelt hat und noch anwachsen muß. Was die arbeitenden Klassen anbetrifft, so ist es eine noch sehr bestrittene Frage, ob ihre Lage sich infolge der Vermehrung des angeblichen öffentlichen Reichtums verbessert hat. Wenn die Ökonomen uns als Stütze für ihren Optimismus das Beispiel der englischen Baumwollenarbeiter zitieren, so berücksichtigen sie deren Situation nur in den seltenen Momenten der industriellen Prosperität. Diese Momente der Prosperität verhalten sich zu den Epochen der Krise und Stagnation in der »richtigen Proportionalität« von 3 zu 10. Aber vielleicht haben die Ökonomen, wenn sie von Verbesserung sprachen, von den Millionen Arbeitern sprechen wollen, die in Ostindien umkommen mußten, damit den 1½ Millionen in der gleichen Industrie in England beschäftigter Arbeiter drei Jahre Prosperität auf zehn verschafft würden.

Was die zeitweilige Teilnahme an dem Anwachsen des Nationalreichtums betrifft, so ist das etwas anderes. Das Faktum der zeitweiligen Teilnahme findet seine Erklärung in der Theorie der Ökonomen. Es ist keineswegs ihre »Verurteilung«, wie Herr Proudhon sagt, sondern ihre Bekräftigung. Wenn etwas zu verurteilen wäre, so wäre es sicher das System des Herrn Proudhon, welches den Arbeiter, wie wir gezeigt haben, trotz des Anwachsens des Reichtums auf das Lohnminimum reduzieren würde. Nur dadurch, daß er ihn auf das Lohnminimum reduziert, würde er eine Anwendung der richtigen Proportionalität der Werte, des durch die Arbeitszeit »konstituierten Wertes«, vollziehen. Gerade weil der Lohn infolge der Konkurrenz über oder unter den Preis der zur Erhaltung des Arbeiters notwendigen Lebensmittel schwankt, kann dieser in gewissem Grade an der Entwicklung des gesellschaftlichen Reichtums teilnehmen oder auch ebensogut vor Elend umkommen. Das ist die ganze Theorie der Ökonomen, die sich darüber keinen Illusionen hingeben.

Nach seinen langen Abschweifungen auf die Frage der Eisenbahnen, auf den Prometheus, die neue, auf den »konstituierten Wert« zu rekonstituierende Gesellschaft, sammelt sich Herr Proudhon, das Gefühl übermannt ihn, und er ruft in väterlichem Tone aus:

»Ich beschwöre die Ökonomen, einen Augenblick in der Tiefe ihres Herzens, fern von den Vorurteilen, die sie verwirren, und ohne Rücksicht auf die Ämter, die sie einnehmen oder erstreben, auf die Interessen, denen sie dienen, auf die Stimmen, um welche sie werben, auf die Auszeichnungen, in denen ihre Eitelkeit sich gefällt, sich zu fragen und zu antworten, ob ihnen bis heute das Prinzip, daß jede Arbeit einen Überschuß lassen muß, mit dieser Kette von Prämissen und Folgen erschienen ist, die wir enthüllt haben.« (I, 80.)


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