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1772 – 1773

Die eine Schwester ergriff den Schleier und die andere den Hosen-Schlitz. πμ

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Empfindungen die zwar sehr fein und platonisch sind, jedoch schon außerhalb der Grenzen der Kastraten-Empfindungen fallen.

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Bei mir liegt das Herz dem Kopf wenigstens um einen ganzen Schuh näher als bei den übrigen Menschen, daher meine große Billigkeit. Die Entschlüsse können noch ganz warm ratifiziert werden.

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Ein Drei-Groschen-Stück ist immer besser als eine Träne.

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Ihr die ihr so empfindsam von der Seele eurer Mädchen sprechen könnt, ich gönne euch diese Freude, glaubt aber ja nicht, daß ihr so was Erhabenes tut oder sagt, oder dünkt euch nicht edler als der Pöbel, der gewiß so gar unrecht nicht hat sich hauptsächlich an den Körper zu halten. Was doch ein junger Rezensionen-Leser für eine Idee von einem so feinen Sentiment hat! Der Bauerknecht schielt nach dem Unterrock-Schlitz und sucht den Himmel dort, den du in den Augen suchst. Wer hat recht? Ich wäge keine Gründe in dieser Frage und noch viel weniger entscheide ich sie, aber raten will ich es aus treuem Herzen allen empfindsamen Kandidaten, daß sie sich mit dem Bauern setzen, es könnte sonst auf verdrießliche Weitläuftigkeiten hinauslaufen.

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Mit größerer Majestät hat noch nie ein Verstand still gestanden.

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Die Sand-Uhren erinnern nicht bloß an die schnelle Flucht der Zeit, sondern auch zugleich an den Staub in welchen wir einst verfallen werden.

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Vergangener Schmerz ist in der Erinnerung angenehm, vergangenes Vergnügen auch, künftiges Vergnügen wieder, auch gegenwärtiges, also ist nur der zukünftige und gegenwärtige Schmerz, was uns quälet; ein merkliches Übergewicht von Seiten des Vergnügens in der Welt, das noch dadurch vermehrt wird, daß wir uns beständig Vergnügen zu verschaffen suchen dessen Erhaltung wir in vielen Fällen mit ziemlicher Gewißheit voraussehen können; hingegen der noch künftige Schmerz weit seltner vorausgesagt werden kann.

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Ja die Nonnen haben nicht allein ein strenges Gelübde der Keuschheit getan, sondern haben auch noch starke Gitter vor ihren Fenstern.

A. O durch das Gelübde wollten wir wohl kommen, wenn wir nur durch die Gitter wären.

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Er kann sich einen ganzen Tag in einer warmen Vorstellung sonnen.

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Die Mädchen hören euch vielleicht gerne zu, wenn ihr auf euren Lauten eure Phantasien vorklimpert, wenn es ihnen aber zu tun ist zwischen Geist und Fleisch Friede zu stiften, so werdet ihr nie zum Kongreß gelassen.

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Die englischen Genies gehen vor der Mode her und die deutschen hinten drein.

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Ich will dir keinen Schatten machen kleines Tierchen (es war eine Spinne), die Sonne gehört dir so gut als mir.

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Wir schrieben einander die verbindlichsten Briefe, er lobte meinen Fleiß und ich nannte ihn den Stolz der Deutschen. So schwänzelten wir einen ganzen Sommer gegen einander, bis in den September, da der Herr Hof-Rat auf einmal den Schwanz fallen ließ. Ich dachte gleich damals er würde nun beißen und habe gegen einige meiner Freunde diese Vermutung in klaren Worten geäußert. Er biß würklich, es ging aber nicht durch.

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Es ist ein Vorurteil unsers Jahrhunderts in Deutschland, daß das Schreiben so zum Maßstab des Verdienstes gediehen ist. Eine gesunde Philosophie wird vielleicht dieses Vorurteil nach und nach vertreiben.

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Unsere Gelehrten verfallen in den Fehler der Krämer in den kleinen Städten, sie kaufen nicht an der Stelle, wo es wächst, sondern lassen sich es lieber erst von einem Engländer oder Franzosen vorsagen. Das ewige Unsern-Lands-Leuten-bekannt-Machen, warum suchen wir unsern Landsleuten nicht den Geist einzuprägen selbst zu versuchen, und immer auf das Bessermachen zu denken?

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Was einem das Liegen auf dem rechten Ellenbogen ist, nachdem man eine Stunde auf dem linken gelegen.

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Den 2 ten Dezember 1772. des Abends fragte mich jemand in Osnabrück (Herr Henrici): aber Herr Professor, heißt man das nicht das Klima, wenn ich des Abends hinausgehe und so in die Höhe sehe?

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Seitdem jedermann kritische Chartequen liest, so sind die Produkte des Witzes der Leute gewissermaßen der Maßstab geworden, nach welchem man ihren Wert als Mensch überhaupt bestimmt.

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Man hätte immerweg denken und leben können ohne sich um die Art unsres Denkens und wie es zugehe zu bekümmern, gewiß hat man erst über Dinge außer uns philosophiert, bis endlich einer dieses Mikroskop auch auf sich selbst richtete. Wie geht es zu daß wir denken? fragte sich einer, der Neugierde und Beobachtungs-Geist besaß; nicht jeder Mensch, o Millionen von Menschen, manchen Professor, der die Psychologie erklärt, selbst nicht ausgenommen, würden nie eine solche Frage getan haben. Wie viele Menschen fragen heutzutage: warum fällt alles nach der Erde? Die Kraft, die das tut und die Euler so wenig kennt als Rudolph von Bellinkhaus, ist so notwendig zu unserer zeitlichen Glückseligkeit, als immer die uns denken machende zur ewigen. Die Würkungen der ersten haben viele Geistern zugeschrieben, ich habe aber nicht Kenntnis der Geschichte der menschlichen Torheiten genug dazu, um zu wissen ob je ein ehrgeiziger Religionsstifter die Versöhnung dieser Geister an die notwendigen Pflichten der Menschen angereihet hat, und durch deren Unterlassung es einmal dahin kommen könnte, daß unsre nicht mehr schwere Hülle durch die Himmel zerstiebe. Aus der Hypothese, daß es ein Geist sei, was in uns denkt, hat man erstaunliche Folgen gezogen und die Religionsstifter andere Meinungen, die nicht unmittelbar aus der Hypothese folgen, daran gehängt, und so stützt sie nunmehr die Gesellschaft so wie jene Kraft die Veste des Himmels. Dieses Gebäude ist zu groß, als daß ein menschlicher Plan zum Grund liegen kann, ich wollte eher glauben, daß die Zeugung eine menschliche Erfindung sei. Hier ist Gott. Aber der, der uns durch die größte sinnliche Wollust zur Fortpflanzung zog, der kann uns durch eingepflanzte Andacht zu einem bloß zeitlichen Wohl zusammenziehen; aber hieße das nicht betrogen? Uns scheint es Betrug.

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Es gibt 100 Witzige gegen einen der Verstand hat, ist ein wahrer Satz, womit sich mancher witzlose Dummkopf beruhigt, der bedenken sollte, wenn das nicht zuviel von einem Dummkopf gefordert heißt, daß es wieder 100 Leute, die weder Witz noch Verstand haben, gegen einen gebe, der Witz hat.

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Gib meinen guten Entschlüssen Kraft, ist eine Bitte, die im Vaterunser stehen könnte.

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Aus der Weisheit Gottes manche Sachen schließen zu wollen ist nicht viel besser, als es aus seinem eignen Verstand zu tun.

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Beschreibung eines sonderbaren Bettvorhanges. Im Jahr 1769 geriet ich auf den Gedanken, allerlei Gesichter auf einen Bogen Papier neben einander zu zeichnen, die meistens etwas Lächerliches an sich hatten. Wenige Personen, denen ich das Papier vorlegte, konnten sich des Lachens enthalten, durch kein Buch hätte sich dieses so bald erreichen lassen. Ich hatte aber noch nicht 40 Köpfe gezeichnet, als ich mich schon erschöpft fühlte. Die Zusätze kamen nur selten. Im folgenden Jahr legte mich ein kleines Flußfieber in ein Bette, das einen schrägen Himmel hatte, durch dessen nicht gar dichtes Gewebe, das noch dazu aus ziemlich ungleichen Fäden bestund, die weiße Wand durchschien. Hier zeigte sich eine unzählbare Menge der seltsamsten und drolligsten Gesichter. Ich konnte in einer Fläche, die kaum so groß als ein Quartblatt war, über 100 hervorbringen, und jedes hatte mehr Ausdruck und Eignes als sonst in den gezeichneten Gesichtern anzutreffen ist, die unverbesserlichen Köpfe des Hogarth ausgenommen mit denen sie viel Ähnliches hatten. Wenn ich einen Kopf hatte, so nahm ich seinen Mund zum Auge und den Augenblick stund ein neuer da, der mich bald anlächelte bald anfletschte, ein dritter lachte mich aus und ein vierter blickte ihn höhnisch an. Es ist unmöglich alle die hustenden, niesenden und gähnenden Stellungen zu beschreiben, die sich mir vorstellten. Hätte ich sie mit eben der Kraft zeichnen können, mit welcher sie sich meinem Auge und meiner Einbildungskraft darstellten, ich würde gewiß diesen Vorhang verewigen. Leonardo da Vinci soll diese Beschäftigung jungen Malern empfehlen.

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Diogenes ging in einem schmutzigen Aufzug über die prächtigen Fußdecken in den Zimmern des Plato. Ich trette, sagte er, den Stolz des Plato mit Füßen; ja, erwiderte Plato, aber nur durch eine andere Art von Stolz.

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Tue nicht allzufein, damit nicht ein natürlich Feinerer zuweilen merkt, daß du würklich so bist, wie du ihn gerne finden wolltest. pm

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Es gibt eine Art Vögelchen, die in die dicksten hohlen Bäume Löcher hacken, sie trauen ihren Schnäbeln so viel Kraft zu, daß sie allemal nach jedem Hieb auf die entgegengesetzte Seite des Baumes gehen sollen um zu sehen, ob der Streich nicht durch und durch gegangen sei.

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Wer hört Entschuldigungen, wenn er Handlungen hören kann?

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Wir Protestanten glauben nunmehr in sehr aufgeklärten Zeiten in Absicht auf unsere Religion zu leben. Wie wenn nun ein neuer Luther aufstünde? Vielleicht heißen unsre Zeiten noch einmal die finstern. Man wird eher den Wind drehen oder aufhalten können, als die Gesinnungen des Menschen heften.

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Es war ihm unmöglich die Wörter nicht in dem Besitz ihrer Bedeutungen zu stören.

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In Hannover logierte ich einmal so, daß mein Fenster auf eine enge Straße ging, wodurch die Kommunikation zwischen zwo großen erhalten wurde. Es war sehr angenehm zu sehen, wie die Leute ihre Gesichter veränderten, wenn sie in die kleine Straße kamen, wo sie weniger gesehen zu sein glaubten, so wie einer hier pißte, der andere dort sich die Strümpfe band, so lachte der eine heimlich, und schüttelte der andere den Kopf. Mädchen dachten mit einem Lächeln an die vorige Nacht und legten ihre Bänder zu Eroberungen auf der nächsten großen Straße zurecht.

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Es wird schwerlich Ein Mensch können gefunden werden, dessen Urteil über das Gute und Schöne als die Stimme der menschlichen Natur wird angesehen werden können. Man sollte anfänglich glauben, daß ein Mann von der größten Erfahrung und Einsicht allemal am besten schreiben würde. Allein ist der Witzige nicht eben so gut ein Mensch; Da ein menschliches Geschlecht von lauter Weisen so wenig das glücklichste wäre als eines von lauter Narren oder Witzigen, sondern das Glück desselben vielmehr in einer Mischung derselben besteht, so kann kein Glied desselben sein Gedanken- und Gesinnungen-System als das Maß des Besten angeben. Seneca und Plinius haben so gut recht als Cicero. Am besten wird derjenige schreiben, der so schreibt wie es die Vernünftigsten derjenigen Klasse gut finden würden die er durch seine Schriften zu belehren gedenkt. Allgemeine Regeln werden sich nie in diesem Stück angeben lassen.

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Die Astronomie ist vielleicht diejenige Wissenschaft, worin das wenigste durch Zufall entdeckt worden ist, wo der menschliche Verstand in seiner ganzen Größe erscheint, und wo der Mensch am besten kennen lernen kann wie klein er ist. Vaezupahc.

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Die kleinsten Unteroffizier sind die stolzesten.

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Bei der Abhandlung von Gespenstern könnte vorzüglich die Neigung der Menschen zum Wunderbaren, das daher entstehende Selbstbelügen, und das Bemühen die Sache wenigstens so vorteilhaft vorzustellen als sie es leidet. Es hat z. B. jemand etwas gesehen. So bald er es für würdig hält zu erzählen, so kann man sicher sein, er wird nichts fehlen lassen den Leuten wenigstens begreiflich zu machen, daß die Sache bemerkenswert gewesen sei. Jedem Kenner des Menschen ist es bekannt wie schwer es ist Erfahrungen so zu erzählen, daß sich in die Erzählung kein Urteil einmischt.

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Ich habe sehr oft schon darüber nachgedacht, worin sich eigentlich das große Genie von dem gemeinen Haufen unterscheidet. Hier sind einige Bemerkungen, die ich gemacht habe. Der gewöhnliche Kopf ist immer der herrschenden Meinung und der herrschenden Mode konform, er hält den Zustand in dem sich alles jetzt befindet für den einzig möglichen und verhält sich leidend bei allem. Ihm fällt nicht ein, daß alles von der Form der Meublen bis zur feinsten Hypothese hinauf in dem großen Rat der Menschen beschlossen werde, dessen Mitglied er ist. Er trägt dünne Sohlen an seinen Schuhen, wenn ihm gleich die spitzen Steine die Füße wund drücken, er läßt die Schuh-Schnallen sich durch die Mode bis an die Zehen rücken, wenn ihm gleich der Schuh öfters stecken bleibt. Er denkt nicht daran, daß die Form des Schuhs so gut von ihm abhängt, als von dem Narren, der sie auf elendem Pflaster zuerst dünne trug. Dem großen Genie fällt überall ein: könnte auch dieses nicht falsch sein? Er gibt seine Stimme nie ohne Überlegung. Ich habe einen Mann von großen Talenten gekannt, dessen ganzes Meinungs-System, so wie sein Meubeln-Vorrat, sich durch eine besondere Ordnung und Brauchbarkeit unterschied, er nahm nichts in sein Haus auf, wovon er nicht den Nutzen deutlich sah, etwas anzuschaffen, bloß weil es andere Leute hatten, war ihm unmöglich. Er dachte, so hat man ohne mich beschlossen, daß es sein soll, vielleicht hätte man anders beschlossen, wenn ich mit dabei gewesen wäre. Dank sei es diesen Männern, daß sie zuweilen wenigstens wieder einmal schütteln, wenn es sich setzen will, wozu unsere Welt noch zu jung ist. Chineser dürfen wir noch nicht werden. Wären die Nationen ganz von einander getrennt, so würden vielleicht alle obgleich auf verschiednen Stufen der Vollkommenheit zu dem sinesischen Stillstand gelangt sein.

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Bei einem Brief an einen guten Freund, der gut geschrieben sein soll, muß immer hauptsächlich der eine Gedanke durch das Ganze hervorsehen: Sie hatten nicht nötig gehabt sich zu bedanken. Im Jetzigen muß das Künftige schon verborgen liegen. Das heißt Plan. Ohne dieses ist nichts in der Welt gut.

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Er weiß am besten, wo ihn der Soccus oder der Kothurn drückt.

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Er mäanderte wohl dreimal um die Stelle herum.

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Er speiste so herrlich, daß 100 Menschen ihr: tägliches Brod gib uns heut davon hätte erfüllt werden können.

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Das Bekehren der Missetäter vor ihrer Hinrichtung läßt sich mit einer Art von Mästung vergleichen, man macht sie geistlich fett, und schneidet ihnen hernach die Kehle ab, damit sie nicht wieder abfallen.

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Vorher war er sehr unordentlich. Es kostete ihn viele Mühe und er tat sich etwas Rechts zugute darauf, daß er drei Wochen hinter einander seine Schere, ein altes Messer, das er oft brauchte, und ein Federmesser an einem gewissen bestimmten Ort beisammen behalten konnte.

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Stade.

Eine Strafe im Traum ist allemal eine Strafe. Vom Nutzen der Träume.

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Der Unterleib hatte gar keine Portion zu dem übrigen.

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Der Mensch vergibt sich nichts ohne etwas zu erwarten, daher das Sammeln des Lohns im Himmel, Geißelung und dergleichen. Die Philosophie des gemeinen Mannes ist die Mutter der unsrigen, aus seinem Aberglauben konnte unsre Religion werden, so wie unsere Medizin aus seiner Hausmittelkenntnis. Er tat etwas ohne Belohnung vorauszusehen, er erhielt sie aber auch ohne sich eines kurz vorhergängigen Verdienstes bewußt zu sein, was war natürlicher als eine Verbindung zwischen jenem Verdienst und dieser Belohnung zu finden? Was konnte für den Religionsstifter wichtiger und was der Gesellschaft nützlicher sein? So wurde der Mensch aus Eigennutz uneigennützig und was ihm das Glück ohnehin zugeführt hätte wurde ihm als eine Bezahlung angerechnet, die ihn noch mehr verpflichtete.

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Die Katholiken bedenken nicht, daß der Glauben der Menschen sich auch ändert, wie überhaupt die Zeiten und Kenntnisse der Menschen. Hier zunehmen und dort stille stehn ist den Menschen unmöglich. Selbst die Wahrheit bedarf zu andern Zeiten wieder einer andern Einkleidung um gefällig zu sein.

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Zwei auf einem Pferd bei einer Prügelei ein schönes Sinnbild für eine Staatsverfassung.

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Ein Mann, der sich in einem engen Felde mit Aufmerksamkeit und Nachdenken beschäftigt hat, wird, wo es nicht auf Geschmack sondern auf Verstand ankommt, gewiß außer diesem Feld gut urteilen, wenn ihm der Fall gehörig vorgestellt wird, da der andere der vielerlei weiß nirgends recht zu Hause ist. Wenn sich eine mannigfaltige Kenntnis heutzutage nicht so leicht aus Büchern erwerben ließe, ohne andere Anstrengung, als allein des Gedächtnisses, so ließe sich noch eher etwas dafür sagen, da aber dieses gewiß immer der Fall ist, so ziehe ich schon aus diesem Grund eine geringe aber deutliche Kenntnis vor.

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Zeit urbar machen.

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Du fragst mich Freund welches besser ist, von einem bösen Gewissen genagt zu werden oder ganz ruhig am Galgen zu hängen?

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Ist denn kein Unterschied zwischen Gerechtigkeit und Schinderei?

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Als der brave Mann tod war, so trug dieser den Hut, der den Degen so wie er, der ließ sich so frisieren, jener ging wie er, aber der redliche Mann wie er wollte keiner mehr sein.

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Wir können beim Anblick einer Sache uns nicht enthalten wenigstens etwas von der Sache zu urteilen, auch dieses tun wir bei Menschen, darauf hat einer eine Physiognomik gebaut.

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So wie Julius Caesar einen Brief schreiben und zugleich etliche diktieren konnte, so hatte er die Gabe einen Takt zu tretten und in einem andern Magentropfen in einen Löffel zu zählen.

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Die Bauern (Deutsche) saßen da und waren ungestört frei, eine schöne Gelegenheit, wenn es von einem reisenden Deutschen in England wäre gesehen worden, uns von neuem die Freiheit, Großmut und Gott weiß was der Engländer mit einem Beispiel zu belegen.

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Die Vergnügen der Einbildung sind gleichsam nur Zeichnungen und Modelle, womit die armen Leute spielen, die sich die andern nicht anschaffen können.

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Er redete oft an Orten sehr frei wo jedermann eine heilige Miene annahm, dafür predigte er aber die Tugend wiederum an Orten, wo sie sonst kein Mensch predigte.

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Wie leicht Eigenliebe, ohne daß wir es merken, die Triebfeder mancher uns von derselben ganz independent scheinenden Handlung sei, können wir daraus sehen, daß Leute das Geld lieben können als Geld ob sie gleich nie Gebrauch davon machen.

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Gäbe es nur lauter Rüben und Kartuffeln in der Welt, so würde einer vielleicht einmal sagen, es ist schade daß die Pflanzen verkehrt stehen.

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Die Indianer nennen das höchste Wesen Pananad oder den Unbeweglichen weil sie selbst gerne faulenzen.

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Er spricht mit dem Maule wie der Franzose, mit Handlungen wie der Engländer, mit den Achseln wie der Italiäner oder mit allen dreien, wie der Deutsche.

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Ich kann es wohl begreifen aber nicht anfassen und umgekehrt.

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Wenn jemand auf die Ärzte, auf Advokaten oder die elenden Philosophen loszieht, so lachen die Vernünftigen unter denselben mit. Allein wenn man auf einen schlechten Geistlichen loszieht, deren es doch gewiß mehrere gibt als schlechte Leute in irgend einer Fakultät, deswegen weil es schwerer ist ein guter zu sein, so werfen selbst gute Männer unter ihnen mit Eifer und Verfolgung um sich.

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Die Steine und Mineralien dienen nur von Füßen getretten zu werden, und den Tieren und Pflanzen gleichsam unterwürfig zu sein, sagt Buffon. Allein wo liegt der Quell der Kräfte der jene bewegt? Und würde eine Laus, wenn sie Vernunft hätte, nicht ebenso von Fleisch und Blut urteilen?

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Daß die großen Herrn sich den Regen noch nicht eigen gemacht haben ist ein Glück, mit den Gewittern könnten sie es tun.

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Ich habe einmal in Stade eine Ruhe mit einem heimlichen Lächeln in dem Gesicht eines Kerls erblickt, der seine Schweine glücklich in eine Schwemme gebracht hatte worein sie sonst ungern gingen, desgleichen ich nachher nie wieder gesehen habe.

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Die oft schon gemachte Betrachtung, daß einem jeden das Seine am besten gefällt, ließe sich noch einmal recht lebhaft und mit vieler Philosophie behandeln.

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Es gibt Materien in der Welt die sich am füglichsten in Registern, andere die sich in Noten, wieder andere, die sich fast allein in Dedikationen sagen lassen. Andere nehmen sich im Vorbeigehen gesagt am besten aus. Zu einer Vorrede habe ich diejenige für die schicklichste befunden, die ich sogleich abhandeln will und gewiß allemal abhandeln werde, sollte ich auch noch hundert Vorreden schreiben.

Soliloquium des Lesers.

Wer bist du der du nachstehendes Büchelchen lesen willst? Belüge dich ja selbst nicht, alles aufrichtig gestanden.

Sehr wohl, da du nun dieses bist und nichts weiter, glaubst du auch daß es Leute geben kann die etwas anders sind?

Dieses zugestanden. Hältst du diese Leute für besser oder für schlechter als dich, da sie Fleisch und Blut wie du, fünf Sinne haben wie du, da sie auf derselben Erde stehen, da ihre Meinungen sich auch unter dem Mond und in einer Form von derselben Masse formiert haben wie die deinigen?

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Der Magnet diente anfänglich nur den Taschenspielern.

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Ich kann es keinem Mädchen verdenken, wenn sie sich in ihrer Wahl eines Gemahls nicht nach dem Willen der Eltern richtet. Soll sie etwas, das sie so oft im Spiegel beschaut, woran sie so oft poliert und geputzt hat, dessen Auszierung, Pflegung und Erhaltung so lange ihre einzige Sorge gewesen ist, soll sie das jemanden hingeben, den sie nicht leiden kann?

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Bei einem kleinen Werkchen denke ich immer, das ist nur ein Späh-Büchelchen, wodurch er Ankergrund für ein größeres suchen läßt.

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Sie hatten bei dem jungen Menschen die eigentliche Pfropf-Zeit vorbeistreichen lassen, und es wollte nichts mehr auf dem wilden Stamm bekleiben.

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Was geht es dich an was der Grund dieser guten Tat bei diesem Manne gewesen sein mag? Wenn auch nicht Neid die Quelle der Tat gewesen ist, so kann es doch das Vergnügen, beneidet zu werden, sein. Nicht der eigne Neid also, sondern der Neid andrer. Z. U.

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Glaubt ihr etwa, eure Überzeugung habe ihre Stärke den Argumenten zu danken? Ihr irrt sicherlich, sonst müßte jeder, der sie hört, überführt werden, so gut als ihr. Voltaire ist verblendet, sagen die Theologen, und er sagt: ihr seid verblendet. Da sie gar nicht gerichtlich dartun können, daß sie mehr Vernunft haben als er, und er mehr Weltkenntnis und Philosophie besitzt als sie, so ist noch ein Übergewicht auf seiner Seite. Man kann so gut für als wider einen Satz verblendet sein. Gründe sind öfters und meistenteils nur Ausführungen von Ansprüchen, um etwas, das man in jedem Fall doch getan haben würde, einen Anstrich von Rechtmäßigkeit und Vernunftmäßigkeit zu geben. Es scheint die Natur habe eine so nötige Sache, als ihr die Überzeugung beim Menschen war, nicht gern auf Vernunftschlüsse allein ankommen lassen wollen, indem diese leicht betrüglich sein können. Der Trieb kommt uns, dem Himmel sei es gedankt, schon über den Hals, wenn wir oft mit dem Beweis der Nützlichkeit und Nötigkeit noch nicht halb fertig sind.

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Ich bemerkte würklich auf seinem Gesicht den Nebel, der allezeit während des Wonnegefühls aufzusteigen pflegt das man hat, wenn man sich über andere erhaben zu sein glaubt.

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Es gibt Menschen die nicht so wohl schön schreiben, als vielmehr jedem decennio und saeculo das Modegesicht ablernen können, daß der Teufel selbst glauben sollte sie schrieben von Natur so. Es mag stürmen wie es will, so schwimmen verzwickte Bälge immer oben. Ich mag immer den Mann lieber, der so schreibt daß es Mode werden kann, als den der so schreibt wie es Mode ist.

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Sie tun die Taten und wir übersetzen die Erzählungen davon ins Deutsche.

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Große Leute fehlen auch, und manche darunter so oft, daß man fast in die Versuchung gerät sie für kleine zu halten.

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Jemand wollte einmal seinen Fliegen in der Stube den Zucker abgewöhnen, und das hat ihn über ein halbes Pfund Zucker gekostet, und doch kamen noch immer welche, die ihn nicht verschmähten.

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Wenn jemand etwas sehr gerne tut, so hat er fast immer etwas in der Sache was die Sache nicht selbst ist. Dieses ist eine Bemerkung, die eine tiefsinnige Untersuchung durch den nützlichen Erfolg belohnen würde. (πμ)

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Mit wollüstiger Bangigkeit.

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Das Gute ist deswegen so schwer in allen Wissenschaften und Künsten zu erreichen weil ein gewisser festgesetzter Punkt erreicht werden soll; etwas nach einer vorgesetzten Regel schlecht zu machen wäre ebenso schwer, wenn es anders alsdann noch den Namen des Schlechten verdient.

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Nicht Größe des Geistes sondern des Windes hat ihn zu dem Manne gemacht.

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Berechnung wie viel jünger man wird, wenn man des Morgends um 3 Uhr aufsteht.

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Wenn man nun einmal in der Welt anfangen wollte, das bloß Nötige zu tun, so müßten Millionen Hungers sterben.

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Die Menschen können nicht sagen, wie sich eine Sache zugetragen, sondern nur wie sie meinen, daß sie sich zugetragen hätte.


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