Isolde Kurz
Singende Flamme
Isolde Kurz

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Bahnwärters Töchterlein

    Zum Schlagbaum tritt ein schläfrigs Kind,
Die Handlaterne zuckt im Wind.
Das Fähnlein hoch und scharfe Wacht!
Sie steht und hat der Schienen acht
Beim kleinen Wärterhäuschen.

Das ist der Schnellzug Wien-Paris,
Er braust schon durch die Finsternis.
Er glotzt mit Augen rot und still
Ins finstre Land, das schlafen will
Und nicht sein Kommen achtet.

Die hellen Fenster, Licht an Licht,
Drin schläft das Glück und regt sich nicht.
Auf Sammetpolstern lehnt's in Ruh,
Am Tage wirft ihr's Küsse zu,
Und lacht und blitzt vorüber.

O dürft' ich mit zur Riesenstadt,
Wo ihren Sitz die Freude hat,
Juwelen blinken, Seide strotzt,
Die Nacht dem Tag mit Lichtern trotzt,
Das Glück an meiner Seite.

Er rollt vorbei, verhallt im Raum,
Ins Dunkel rinnt des Mädchens Traum.
Wie wird die Weite klein und nah!
Und von der Welt ist nichts mehr da,
Nichts als das Wärterhäuschen.

 


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