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Von der Küste Californiens nach den Sandwich-Inseln.

Den 11ten November. Breite 25º 5' 55", Länge 138º 1' 16". Ein günstiger Wind aus NNW und NO, welcher uns bisher begleitet, verließ uns in der vergangenen Nacht. Es erfolgten starke Windstöße aus SW, die, verbunden mit Regen und ganz bedecktem Himmel, anhielten. Um acht Uhr Abends, als es schon ganz finster geworden, sahen wir den Himmel im Zenith fünfzehn Secunden lang, so stark erleuchtet, daß man die Gegenstände auf der Schanze so deutlich wie am Tage unterscheiden konnte.

Den 13ten befanden wir uns schon in der Breite 23º 46', ohne daß der Passat sich einstellte; der SW ward im Gegentheil noch beständiger, und am Ende so heftig, daß wir gezwungen waren, ein Paar Riffe zu nehmen. In dieser großen Entfernung vom Lande, ist zwischen den Tropen ein anhaltender SW Wind, mir eine bis jetzt unbekannte Naturerscheinung, die erwähnt zu werden verdient.

Den 16ten. Breite 22º 34', Länge 104º 25'. Endlich erhob sich nach einer Windstille, der Wind aus NO und wir erhielten den lang erwarteten Passat; eine Veränderung, die vielleicht durch die Sonnenfinsterniß, welche wir hatten, bewirkt wurde. So lange der Wind aus SW anhielt, bemerkten wir jeden Abend starkes Wetterleuchten in S.

Die Gesellschaft des Herrn Elliot de Castro, welcher viel natürlichen Verstand besitzt, war uns sehr angenehm; er hat, getrieben von dem Verlangen, schnell reich zu werden, in allen Welttheilen sein Glück versucht, sobald er aber ein kleines Vermögen erworben, es durch falsche Spekulationen wieder verloren, und ist sogar einmal in Buenos-Ayres, und nachher in Californien in Gefangenschaft gerathen. Sehr angenehm war es mir, zu erfahren, daß Herr Elliot sich vor zwei Jahren als Leibarzt und erster Günstling des Königs Tammeamea, eine geraume Zeit auf den Sandwich-Inseln aufgehalten. Der König hatte ihm viel Land geschenkt (das er noch als sein Eigenthum betrachtete) und es ging ihm wohl; da er aber nach Schätzen strebte, so trieb ihn die Gewinnsucht nach Sitka, zu Herrn Baranof, wo er sich goldene Berge versprach, und in Folge dessen, das Gefängniß in Californien kennen lernte, wie dem Leser bekannt ist. Herr Elliot besitzt wirklich Kenntnisse in der Arzneikunst, und ist in Rio-Janeiro mehrere Jahre als Chirurgus beim Hospitale angestellt gewesen. Seine Bekanntschaft mit dem Könige Tammeamea ist uns später sehr zu Statten gekommen.

Den 21sten Nov. Um 1 Uhr Nachmittags waren wir fünfzig Meilen von O Waihi entfernt, und sahen den Berg Mauna-Roa. Auf Elliots Rath beschloß ich, zuerst die Nordseite von O Waihi zu umsegeln, um in der Bay Tocahai, wo sich der Engländer Jung aufhält, Nachrichten, sowohl über den Zustand der Insel, als über den Aufenthalt des Königs einzuziehn. Diese Vorsicht schien mir um so nothwendiger, da auf den Fall, daß Tammeamea vielleicht nicht mehr existirte, wir uns von den Gesinnungen der Einwohner gegen die Europäer unterrichten mußten. Ueberdem bewohnt der König oft die Insel Wahu, und man erspart einen beträchtlichen Weg, wenn man die südliche Spitze O Waihis vermeidet, wo der hohe Mauna-Roa den Seefahrer durch Windstille aufhält. Nach Elliots Versicherung, müsse man sich, um Lebensmittel zu erhalten, mit dem Könige selbst in Handel einlassen, weil die Einwohner nicht das Recht hätten, die Schiffe zu versorgen. Erst bei Sonnenuntergang, befanden wir uns in der Nähe der Insel, segelten längs dem nördlichen Theile derselben, hielten uns während der Nacht an der östlichen Seite, und nahmen bei Tagesanbruch den Cours nach der nördlichen Spitze, welche uns am Mittag den 22sten in einer Entfernung von elf Meilen in SW lag. Die Nordost-Seite O Waihis gewährt dem Seefahrer zwar einen malerischen, aber keinen einladenden Anblick. Das Land erhebt sich eben und langsam bis zu einer Höhe, die in den Wolken verschwindet. Die Insel soll auf dieser Seite nicht fruchtbar seyn, indeß nach der großen Menge Rauchsäulen zu urtheilen, welche wir emporsteigen sahen, ist sie sehr bevölkert. Elliot versicherte, daß er das Stück Land, welches er auf dieser Seite besäße, nur zur Weide für seine Schweine brauchen könne. Ein Canot mit zwei Mann ruderte auf uns zu, und als ich beilegen ließ, in der Hoffnung, schon hier einige Nachrichten einzuziehn, kam auch sogleich einer der Insulaner, an Bord, der uns ein Huhn und einige selbst verfertigte Taue verkaufen wollte. Elliot, der seine Sprache verstand, und sogleich von ihm für den Naja (so hieß er bei dem Könige) erkannt ward, konnte ihm nur mit Mühe die Nachricht entlocken, daß der König sich in der Bay Karakakoa und Jung (Old Hanna) sich auf der Insel Wahu befinde. Die Einsilbigkeit und das mißtrauische Wesen des Wilden, machten uns seine Aussagen verdächtig, und Elliot glaubte, es müsse sich ein unangenehmer Vorfall auf der Insel ereignet haben, weshalb die größte Vorsicht nothwendig sey. Während wir uns mit dem Insulaner beschäftigten, schlug das Boot, welches mit einem Tau an das Schiff befestigt war, um, und der darin Sitzende fiel heraus, er hatte das Tau aber sogleich erfaßt, und ließ sich, obgleich wir sehr schnell segelten, hinter dem Schiffe herschleppen. Wir bewunderten die Kraft dieses Menschen; es wurde beigelegt, und unser Handelsmann sprang in die See, um das Boot loszubinden; hierauf hatten Beide viel zu thun, um es wieder zu wenden, und das Wasser heraus zu schöpfen, indem die hohen Wellen es immer wieder füllten. Da dieses alles schwimmend geschah, so kann der Leser sich eine kleine Vorstellung davon machen, wie weit sie es in dieser Kunst gebracht haben. Endlich saßen sie drin, nun aber fehlten die Ruderstangen, welche bei dem Umschlagen verloren gingen; ein Europäer hätte sich nicht leicht zu helfen gewußt, diese aber geriethen in keine Verlegenheit, denn sie fanden ihre Rettung in ihrer Kraft, und ruderten mit den Händen rasch vorwärts. Um zwei Uhr Nachmittags doublirten wir die Nordspitze, und segelten in einer Entfernung von ¾ Meilen längs dem Ufer der Tocahai-Bay zu. Schiffe die die nördliche Spitze von O Waihi dubliren, müssen sich sehr hüten, die Stangen nicht zu verlieren, da sich gewöhnlich über dem Lande plötzlich Windstöße ereignen; einige Amerikaner, welche unvorsichtig gewesen, haben die ihrigen hier eingebüßt. Wir unterschieden jetzt die Gegenstände am Lande deutlich, und genoßen hier schon einer freundlichern Ansicht, indem wir grüne Felder, und viele Wohnungen, beschattet von Bananen und Palmen, am Ufer erblickten. Wir sahen einige Morais, welche den Befehlshabern dieser Gegend gehören, und an der Einfassung von Stein und den darin befindlichen Götzenbildern zu erkennen sind. Mehrere Canots, angefüllt mit Mädchen, ruderten auf uns zu; ich hatte aber keine Zeit, die Artigkeit gegen das schöne Geschlecht zu beobachten, und segelte rasch vorwärts, um Karakakoa so schnell als möglich zu erreichen, wo ich Tammeamea zu finden hoffte. Die Nordspitze von O Waihi, besteht aus niedrigem Lande, welches sich in gerader Linie unter einem spitzen Winkel bis in die Region der Wolken erhebt. Sobald man diese Gegend erreicht, wirkt der Passat nicht mehr und man hat See- und Landwinde zu erwarten, die oft durch gänzliche Windstille und leichten Luftzügen aus allen Strichen des Compasses unterbrochen werden; dieses war unser Fall in der Nähe der Tocahai-Bay, wo der Wind ganz verschwand. Wir sahen jetzt Jungs Ansiedelung, welche aus mehreren, nach europäischer Art von weißem Stein erbauten Häusern bestand, umgeben von Bananen und Palmen; das Land hat ein dürres Ansehn, und soll der Cultur wenig fähig seyn, da es meistentheils aus Lavamassen besteht. Ein Canot mit sechs Menschen benutzte die Windstille, um an Bord zu kommen, und sie erkannten alle, da sie des Königs Unterthanen (Kanakas) Kanaka heißt das gemeine Volk auf den Sandwich-Inseln. waren, Herrn Elliot für den Naja; einer von diesen, der als Matrose mit einem amerikanischen Schiffe in Boston gewesen war, etwas englisch sprach, und ein gewandter Kerl war, blieb auf Elliots Bitte an Bord, um uns zu lotsen; dieser meinte ebensfalls, daß der König in Karakakoa, und Jung in Geschäften nach Wahu geschickt sey; ferner erzählte er: daß in Wahu zwei, und in Karakakoa ein Schiff, alle unter amerikanischer Flagge, vor Anker lägen, wovon letzteres durch einen heftigen Sturm in der Nähe der Sandwich-Inseln alle Masten verloren habe. Als unser Lotse erfuhr, daß er sich auf einem russischen Schiffe befände, ward er sehr ängstlich, und auf Elliots Frage über den Grund seiner Furcht, erfuhren wir folgendes: »Vor fünf Monaten hatten sich zwei russische der amerikanischen Compagnie gehörige Schiffe (die Elemenia und die Entdeckung) hier aufgehalten; es waren Streitigkeiten zwischen den Russen und den Eingebornen, worin letztere nach dem Bericht des Erzählers, in sehr vorteilhaftem Lichte erschienen, vorgefallen; die Schiffe hatten, als sie die Sandwich-Inseln verließen, gedroht, bald mit einer starken Macht zurückzukommen, und überdem von einem Kriegsschiffe gesprochen, das ebenfalls die Absicht hätte, feindselig gegen die Einwohner zu verfahren.« Jetzt begriffen wir das ängstliche Betragen des ersten Sandwichaners, und es gelang Herrn Elliot nur mit Mühe, unserm Wilden, welcher sich durch einen Sprung in die See vor uns retten wollte, davon abzuhalten, indem er ihn versicherte, wir wären nur hergekommen, um die Vergehungen unserer Landsleute bei seinem Volke wieder gut zu machen. Es war mir sehr lieb, alle diese Nachrichten vor der Zusammenkunft mit Tammeamea erhalten zu haben, denn dieser konnte leicht, erbittert gegen die Russen, unser Schiff für das erwartete feindliche Kriegsschiff halten. Ich fühlte jetzt doppelt, wie nützlich uns Elliot war, indem er hier gewissermaßen unser Schutzgeist werden konnte. Eine vollkommene Windstille fesselte uns heute an Einem Platz.

Den 23sten November. Wir sind den ganzen Tag, des schwachen Windes wegen, wenig vorgerückt. Heute früh besuchte uns ein Canot, um zu erfahren, was für ein Schiff wir führten? Zu gleicher Zeit brachte man uns die Nachricht, daß der König Karakakoa verlassen, und sich nach Ti-utatua, eine kleine Bay, einige Meilen nordwärts begeben, wo er aber nur die Nacht bleiben, und morgen die Küste weiter nach Norden verfolgen würde; der Grund dieser Abreise war der Bointenfang, den der König leidenschaftlich lieben soll. Ich schickte sogleich das Canot mit der Nachricht zum Könige: daß ein russisches Kriegsschiff in freundschaftlichen Absichten gekommen sey, daß der Befehlshaber desselben seine Majestät zu sprechen wünsche, und ihn deßhalb ersuche, Ti-utatua nicht zu verlassen, wo er morgen einzutreffen hoffe; auch der Naja ließ dem Könige seine Ankunft melden. Während der Nacht führte uns ein frischer Wind in die Nähe von Ti-utatua. Der Strom lief am Tage nach S und Nachts nach N parallel mit der Küste, welches eine Folge der Land- und Seewinde ist.

Den 24sten Nov. Mit Tagesanbruch näherten wir uns der Bay; einige Böte, vom Könige geschickt, kamen uns entgegen, und ich benutzte die Gelegenheit, Elliot mit den Herren Gelehrten ans Land zu schicken, um den König mit dem Zweck unserer Reise bekannt zu machen. Da die Insel O Waihi keinen bequemen Hafen bietet, so hatte ich beschlossen, sobald ich mit dem Könige über die Lieferung der Lebensmittel übereingekommen, nach der Insel Wahu zu segeln, wo sich nach Elliots Versicherung, ein, noch in keiner Reisebeschreibung angeführter, sicherer Hafen befinden sollte; ich ließ also den Rurick unter Segel, und lavirte in kurzen Borden in der Nähe des Landes. Das amerikanische Schiff, welches in Karakakoa gelegen, sahen wir jetzt nach Ti-utatua segeln, wo es, obgleich man in dieser Bay unsicher liegt, da sie offen ist und der Grund aus Korallen besteht, die Anker warf. Um 8 Uhr Morgens hatte Elliot seine Geschäfte glücklich und vortheilhaft für uns beendigt, er kam mit zwei der vornehmsten Chefs des Landes, von denen der eine ein Bruder der Königin war, an Bord, und diese bewillkommten uns im Namen des Königs. Es waren ein Paar außerordentlich lange, herkulisch gebaute Leute, deren Anzug, nach der neuesten Mode in O Waihi, uns sehr auffiel, indem er bloß aus einem schwarzen Frack, und einem kleinen, weißen Strohhute bestand. Von Elliot erfuhr ich, daß der König wirklich die Ankunft des feindlichen Kriegsschiffes erwartet, und gleich den Befehl ertheilt hatte, die ganze Küste mit Soldaten zu besetzen, welche auch schon 400 Mann stark mit Flinten bewaffnet, bereit standen. Der König ließ mir sagen: er bedaure sehr, mich nicht auf dem Schiffe besuchen zu können, indem sein mißtrauisches Volk ihm das nicht erlaube, er selbst habe eine bessere Meinung von uns, nachdem sein Naja ihn mit dem Zweck unserer Reise bekannt gemacht, und er läde mich zum Zeichen seiner freundschaftlichen Gesinnungen in sein Lager, wo er mich mit einem in der Erde gebackenen Schweine bewirthen wolle. Zu meiner Sicherheit hatte er befohlen, daß einer der Chefs, so lange ich am Lande wäre, an Bord bleiben sollte, und so fuhr ich um 10 Uhr in Begleitung des Herren Elliot, Schischmaref und eines Chef, Namens Es ist hier der Gebrauch, den Namen der Europäer, mit denen man Freundschaft geschlossen, anzunehmen. John Adams, ans Land. – Die Aussicht auf das Lager des Königs war nur durch eine schmale, aus nackten Felsen bestehende Landzunge verborgen, als wir aber um diese herum geschifft, überraschte uns der Anblick der reizendsten Landschaft. Wir befanden uns in einer kleinen Sandbay, geschützt vor den Wellen des Meeres, auf spiegelglattem Wasser; am Ufer lag ein freundliches Palmenwäldchen, unter dessen Schatten sich mehrere gut gebaute Strohhäuser befanden; durch die grünen Blätter der Bananen schimmerten rechts zwei blendend weiße, nach europäischer Art gebaute Häuser von Stein hervor, wodurch dieser Ort das gemischte Ansehn eines europäischen und O Waihischen Fleckens erhielt, welches unserm Auge einen befremdenden, aber reizenden Anblick gewährte. Links, dicht am Wasser, stand auf einer durch Kunst hervorgebrachten Anhöhe das Murai des Königs, umringt von großen hölzernen Statüen, welche karikaturmäßige menschliche Figuren vorstellen, und seine Götter sind. Den Hintergrund dieses Thals bildet der majestätisch hohe Berg Mauna-Wororay, dessen Höhe nach meiner Berechnung 1687 Toisen beträgt; er erhebt sich an dieser Seite ziemlich steil; an seinem Abhange wechseln grüne Felder und Thäler mit schönen Wäldern, zwischen welchen man nicht selten mächtig große, überhängende Lava-Felsen gewahr wird, die der ganzen Landschaft, durch den Wechsel von Wildniß und Kultur, ein malerisches Ansehn geben. Eine Menge mit Flinten bewaffneter Insulaner stand am Ufer; der König kam uns mit einigen seiner vornehmsten Krieger bis zum Landungsplatz entgegen, trat, als wir ausgestiegen, auf mich zu und schüttelte mir herzlich die Hand. Die Neugier trieb das Volk von allen Seiten herbei, aber es herrschte die größte Ordnung und weder Lärm noch Zudringlichkeit war erlaubt. Da stand ich nun neben dem berühmten Tammeamea, der die Aufmerksamkeit von ganz Europa auf sich gezogen, und mir jetzt durch seinen Anstand und durch sein ungezwungenes, freundliches Benehmen das größte Zutrauen einflößte. Er führte mich in seinen Strohpalast, der nach hiesiger Landesart nur aus einem einzigen geräumigen Saale bestand, und wie alle Häuser hier, dem Landwinde sowohl, wie dem Seewinde freien Durchzug gestatten, wodurch die drückende Hitze gemildert wird. Man bot uns recht niedlich gearbeitete europäische Stühle, setzte einen Mahagoni-Tisch vor uns, und so hatten wir sämmtliche Meubeln des Palastes in Besitz. Obgleich der König steinerne, europäisch gebaute Häuser besitzt, so zieht er diese einfache Wohnung doch vor, um die Landessitte nicht zu verletzen; alles was er als nützlich erkennt, ahmt er nach, und sucht es seinem Volke beizubringen; Paläste von Stein erscheinen ihm überflüßig, da die Strohhäuser bequem sind, und er nur das Glück, nicht aber die Bedürfnisse seiner Unterthanen vermehren will. Tammeameas Anzug, der aus einem weißen Hemde, blauen Hosen, einer rothen Weste und einem schwarzen Halstuch bestand, fiel mir auf, denn ganz anders hatte meine Phantasie seinen königlichen Schmuck mir ausgemalt. Zuweilen aber soll er sich prachtvoll kleiden, indem er mehrere gestickte Uniformen und andere Kleidungsstücke besitzt. Die Vornehmen, welche bei unserer Audienz gegenwärtig, alle auf dem Fußboden Platz genommen hatten, waren in einem noch sonderbarern Kostüm als das des Königs, denn die schwarzen Fracks auf dem bloßen Leibe nehmen sich höchst lächerlich aus; dazu kommt, daß sie ihnen selten passen, da sie von amerikanischen Schiffen eingetauscht sind, wo die Leute nicht leicht die Größe und Dicke der vornehmen Sandwichaner erreichen. Dem einen der Minister saß die Taille hoch auf dem Rücken; nur mit der größten Gewalt war der Rock zusammen gezogen, er schwitzte in seinem engen Staat, und man sah ihm sein Elend an, aber die Mode erlaubte ihm nicht, sich von dieser Last zu befreien. Es ist sonderbar, daß die Wilden uns Europäer noch übertreffen im Ertragen der Unbequemlichkeiten, welchen die Gewalt der Mode sie unterwirft. Die Schildwachen an der Thür waren ganz nackt; eine Patrontasche mit einem Paar Pistolen hatten sie um den Leib gebunden, und eine Flinte hielten sie in der Hand. Nachdem der König uns recht guten Wein eingeschenkt, und selbst auf unsere Gesundheit davon getrunken hatte, machte ich ihm meine Absicht bekannt, hier frische Lebensmittel, Wasser und Holz einzunehmen. Ein junger Mann, Namens Cook, der einzige Weiße den der König um sich hatte, war gewandt, nicht ohne Bildung, und sprach fertig die Sprache des Landes; er hatte früher auf einem Schiffe als Steuermann gedient, sich aber schon vor mehrern Jahren auf dieser Insel niedergelassen, wo er in des Königs Gunst stand, und ein beträchtliches Stück Land besaß; dieser machte jetzt den Dolmetscher zwischen uns. Tammeamea ließ mir folgendes sagen: »Ich erfahre, daß Sie Anführer eines Kriegsschiffes und auf einer ähnlichen Reise wie Cook und Vancouver begriffen sind, folglich sich mit dem Handel nicht abgeben; ich bin deßhalb gesonnen, keinen mit Ihnen zu treiben, sondern Sie unentgeltlich mit allem zu versorgen, was meine Inseln hervorbringen. Diese Sache ist hiermit abgethan, und bedarf weiter keiner Erwähnung. Jetzt aber bitte ich Sie, mir zu sagen, ob der Wille Ihres Kaisers ist, daß seine Unterthanen mich in meinem hohen Alter anfangen zu beunruhigen? Seit Tammeamea König dieser Inseln ist, hat kein Europäer Ursache gehabt, sich über ein Unrecht zu beklagen, das ihm hier widerfahren wäre. Ich habe meine Inseln zur Freistatt aller Nationen gemacht, und jedes Schiff, das Lebensmittel zu haben wünschte, mit Rechtschaffenheit damit versorgt. Vor einiger Zeit kamen von der amerikanischen Colonie Sitka, Russen her, eine Nation, mit der ich früher nichts zu thun gehabt hatte; diese wurden freundlich aufgenommen und mit dem Nöthigen versorgt, aber sie haben mir schlecht gelohnt, indem sie auf der Insel Wahu meine Unterthanen feindselig behandelten und mit Kriegsschiffen drohten, welche die Inseln erobern sollten; indeß, solange Tammeamea lebt, wird das nicht geschehen! – Ein russischer Arzt, Namens Scheffer, welcher vor einigen Monaten herkam, gab vor, von dem Kaiser Alexander hergeschickt zu seyn, um auf meinen Inseln zu botanisiren; nun hatte ich viel Gutes von dem Kaiser Alexander gehört, und besonders wohl gefiel mir seine Tapferkeit: ich erlaubte also dem Herrn Scheffer nicht nur zu botanisiren, sondern versprach ihm jeden Beistand, schenkte ihm ein Stück Land mit Bauern, wodurch es ihm nie an Lebensmittel fehlen konnte; mit einem Wort, ich suchte ihm den Aufenthalt hier so angenehm als möglich zu machen und ihm keine seiner Forderungen zu verweigern. Was aber war die Folge von meiner Gastfreundschaft? Schon in O Waihi vergalt er meine Güte mit einem Undank, den ich geduldig ertrug; hierauf reiste er, seinem Wunsche gemäß, von einer Insel zur andern, und ließ sich endlich auf der fruchtbaren Insel Wahu nieder, wo er sich als mein ärgster Feind bewies, indem er dort das Murai, unser Heiligthum, zerstörte, und auf der Insel Otuwai den König Tamary, der sich meiner Macht schon vor Jahren unterwarf, gegen mich aufwiegelte. Dort befindet sich Scheffer noch diesen Augenblick, und bedroht meine Inseln.« – So lautete die Erzählung des Königs, für deren Wahrheit ich nur in so fern bürgen kann, als Tammeamea jeden Europäer, der sich bei ihm niederläßt, bei einer guten Aufführung sehr vorzieht, und allgemein als ein biederer, rechtschaffener Mann bekannt ist. Herrn Scheffer kenne ich nicht persönlich, habe aber späterhin erfahren, auf welche Weise er auf die Sandwich-Inseln gerieth. Er diente nämlich als Arzt auf dem, der russisch-amerikanischen Compagnie gehörigen Schiffe Suworof, das unter Führung des Lieutenant Lasaref 1814 von Kronstadt nach Sitka ging. Lasaref ließ, aus mir unbekannten Gründen, Doctor Scheffer 1815 in Sitka zurück, und trat seine Rückreise nach Europa ohne Arzt an. Herr Baranof, welcher sich als Director aller russisch-amerikanischen Colonien gewöhnlich in Sitka aufhält, und dessen Ruf nicht der beste ist, nahm ihn in seinen Schutz, schickte ihn nach den Sandwich-Inseln; in welcher Absicht? – das ist unbekannt; was er dort getrieben, wissen die Leser.

Ich betheuerte Tammeamea, daß die schlechte Aufführung der Russen hier, durchaus nicht auf den Willen unseres Kaisers zu schieben sey, da dieser nie seinen Unterthanen eine unrechtmäßige That befehle; die Größe seines Reichs verhindere ihn aber, die schlechten Handlungen gleich zu erfahren, die indeß nie unbestraft blieben, wenn sie zu seinen Ohren gelangten. Meine Versicherung, daß der Kaiser nicht gesonnen sey, seine Inseln zu erobern, erfreute den König sehr; die Gläser wurden sogleich auf die Gesundheit des Kaisers geleert; er ward noch herzlicher als zuvor, und wir konnten uns keinen angenehmern und zuvorkommendern Wirth wünschen. Mit einer für sein Alter bewundernswürdigen Lebhaftigkeit führte er die Unterhaltung, that allerlei Fragen über Rußland, und machte Bemerkungen. Nicht immer war Cook im Stande die Worte des Königs zu übersetzen, welche der O Waihischen Sprache eigenthümlich und so witzig waren, daß seine Minister oft in ein lautes Gelächter ausbrachen. Eine von Tammeameas Frauen spazirte bei unserm Hause vorbei, und wünschte mir durch die Thür freundlich einen guten Tag, durfte aber nicht herein treten, da dieses des Königs Speisehaus war. Mit des Königs Erlaubniß machten wir in Cooks Begleitung einen Spaziergang, wobei uns fünf nackte Soldaten als Ehrenwache mitgegeben wurden. Wir besuchten die Favorit-Königin Kahumanna, deren Vancouver erwähnt, fanden bei ihr auch die beiden andern Frauen, und wurden von allen freundschaftlich empfangen. Das Haus, welches Kahumanna bewohnt, ist niedlich gebaut, und im Innern sehr reinlich; die Diele, worauf die drei Frauen nach asiatischer Sitte Platz genommen, war mit seinen, hübsch gearbeiteten Matten bedeckt, sie selbst ziemlich verhüllt in dem feinsten hiesigen Zeuge. Kahumanna saß in der Mitte, an ihren beiden Seiten, die andern Frauen, und ich erhielt die ehrende Einladung, mich ihnen gegenüber auch auf die Diele zu setzen; sie thaten mehrere neugierige Fragen, die ich durch Cook zu ihrer Zufriedenheit beantwortete. Es wurden Wassermelonen gebracht, und Kahumanna war so artig, selbst eine zu zerschneiden und mir ein Stück davon zu reichen. Die Hauptbeschäftigung der königlichen Frauen besteht im Tabackrauchen, sich das Haar auskämmen, mit einem Fächer die Fliegen vertreiben, und im Essen. Nur Tammeamea raucht nicht, sonst aber hat dieser Gebrauch auf den Sandwich-Inseln seit einigen Jahren so überhand genommen, daß kleine Kinder früher rauchen als gehen, und die Erwachsenen das Rauchen so übertreiben, daß sie davon sinnlos niederfallen, und oft daran sterben. Die Tabackspflanze, welche von Europäern hergebracht ist, wird mit Sorgfalt cultivirt, und ist einheimisch geworden; der Geruch ist sehr angenehm, der Taback aber äußerst stark. Der Pfeifenstiele bedürfen sie hier nicht; die Pfeifenköpfe aber, welche sie nach Landessitte immer an der Seite hängen haben, machen einen Theil des königlichen Schmucks aus; diese waren von der Größe der beträchtlichsten Meerschaumpfeifen, aus dunkelm Holze gearbeitet, und mit Messing beschlagen, was aber nur reiche Leute haben können. Mit vielem Wohlgeschmack that Kahumanna einige Züge aus der Pfeife, schluckte einen Theil des Rauchs nieder, und ließ den übrigen durch die Naselöcher heraus; halb betäubt reichte sie mir die Pfeife, und als ich dankte gab sie sie, verwundert über meine europäische Dummheit, ihrer Nachbarin, und diese überließ sie nach einem kurzen Genuß der dritten Frau; sobald auf diese Weise die Pfeife geleert war, wurde eine neue gestopft, und begann den nämlichen Kreislauf. Die zweite Beschäftigung der Damen ist das Frisiren ihres, nach der Mode, kurz geschnittenen Haars; nur über die Stirn lassen sie es ein Paar Zoll lang wachsen, schmieren es mit einer weißen klebrigen Masse ein, und kämmen es in die Höhe; die schneeweißen Strahlen, die dadurch über das dunkelbraune Gesicht emporsteigen, geben demselben ein abentheuerliches Ansehn. Alle drei Königinnen waren sehr große dicke Weiber, die ein halbes Jahrhundert überlebt hatten, und wohl nie hübsch gewesen seyn mochten. Ihr Anzug unterschied sich von dem der übrigen Damen durch verschiedene seidene Tücher. Vor der Thür saß auf einer Matte, die Tochter des Königs, ein ziemlich hübsches Mädchen; hinter ihr stand ein kleiner Negerknabe, der ihr einen seidenen Schirm über den Kopf hielt, um sie vor den Sonnenstrahlen zu schützen; ein Paar andere Knaben verscheuchten mit rothen Federbüschen die Fliegen aus ihrer Nähe; die ganze Gruppe nahm sich niedlich aus. Als ich aufstehen wollte hielt mich Kahumanna zurück, um sich noch mit vieler Theilnahme nach Vancouver zu erkundigen; dieser hatte nämlich während seines dortigen Aufenthalts Tammeamea mit Kahumanna entzweit gefunden, und Versöhnung gestiftet. Die Nachricht seines Todes schien sie zu betrüben. – Nachdem wir die Frauen des Königs verlassen, besuchten wir seinen Sohn. Cook erzählte mir, daß dieser Prinz als Thronfolger, schon in die Rechte des Vaters getreten sey, welche in Erfüllung der wichtigsten Tabus Das erste Tabu des Königsohns besteht darin, daß Niemand ihn am Tage sehen darf; begegnet dieses einem Unglücklichen, so muß er seinen Frevel mit dem Tode büßen. bestehen; Tammeamea hat dieses aus politischen Gründen so eingerichtet, damit nach seinem Tode keine Revolution entstehe; denn sobald der Sohn das wichtigste königliche Tabu vollbringt, ist er heilig, steht mit den Priestern in Verbindung, und Niemand wagt es, ihm den Thron streitig zu machen. Der Prinz erhält, wenn er in die Rechte des Vaters getreten, den Namen: Lio-Lio, d. h. Hund aller Hunde, und als einen solchen fanden wir ihn wirklich. Wir traten in ein reinliches Häuschen, in welchem Lio-Lio, eine lange, dicke, nackte Figur, ausgestreckt auf dem Bauche lag, und nur träge den Kopf erhob, um seine Gäste anzuschauen; neben ihm saßen einige nackte Soldaten mit Gewehren, welche das Ungeheuer bewachten; ein junger hübscher Sandwichaner verscheuchte ihm mit einem rothen Federbusch die Fliegen, und ich hätte lieber diesen, seiner interessanten Phisionomie und seines anständigen Betragens wegen, für des Königs Sohn gehalten. Tammeamea, der sich durch seine weise Regierung einen Nachruhm erworben, und den Grund zur Bildung und Cultur seines Volks gelegt hat, müßte einen Nachfolger haben, der das angefangene Werk mit Eifer und Vernunft fortsetzte. Für die Schifffahrt wäre es sehr wichtig, wenn die Sandwich-Inseln mit Europa auf demselben Grad der Cultur ständen, und die Engländer, welche diese Inseln unter ihre Protection genommen, sollten dafür sorgen, daß nach Tammeamea's Tode ein vernünftiger Mann ihm folgte, und jede Revolution vermieden würde. Auch verdient Tammeamea wohl, daß man ihm hier ein Denkmahl errichte. Mit vieler Trägheit richtete sich endlich der Hund aller Hunde auf, und ein dummes, nichts sagendes Gesicht gaffte uns gähnend an. Meine gestickte Uniform schien seinen Beifall zu haben, denn er sprach weitläuftig darüber mit einem Paar nackter Kammerherren. Sein Alter konnte ich nicht erfahren, da man hierüber keine Rechnung führt; ich schätzte es ungefähr auf 22 Jahr, und glaube, daß seine ungeheuere Corpulenz von der liegenden Lebensart herrührt.

Zu Mittag kehrten wir nach Tammeamea's Wohnung zurück, wo ich überrascht war, am Ufer 60-70 Fuß lange Lastböte, ganz nach europäischer Art gebauet, zu sehen, die dazu gebraucht werden, Lebensmittel von einer Insel zur andern zu transportiren. Tammeamea bemüht sich europäische Schiffsbaumeister in sein Land zu ziehen und bezahlt ihren Unterricht gut. Während unsers Spazierganges waren wir immerfort von einer Menge Männer und Weiber begleitet, die viel Lärm und Spaß machten, sich aber dabei anständig betrugen. Tammeamea empfing uns freundlich, und nach einigen Fragen, wie mir der Ort gefallen, ließ er uns Wein reichen, und führte uns hierauf in ein niedliches, dicht neben dem Murai gebautes Häuschen, wo der Tisch nach europäischer Art schon gedeckt stand. Er gab vor, daß in dem Hause wo wir früher gewesen, kein Schweinefleisch gegessen werden dürfe, weil seine Weiber in dessen Nähe wohnten; Jung aber, der den König ganz studirt hat, erklärte mir die Sache anders: er meinte nämlich, der König habe das Haus neben dem Murai, worin er seine Opfermahlzeiten gewöhnlich hält, deßhalb zu unserm Speisehause gewählt, weil er das zu unserer Bewirthung gebackene Schwein, seinen Göttern aus Dankbarkeit für die Versöhnung mit den Russen opfern wolle. Bei den Mahlzeiten der Männer, dürfen die Weiber bei Todesstrafe nicht zugegen seyn, weshalb auch jede Familie außer den Wohnhäusern, noch zwei andere besitzt: das Speisehaus der Männer und das der Weiber. Die Tafel war nur für uns Europäer gedeckt und der König und seine Minister genoßen nichts, obgleich sie gegenwärtig waren; weil, wie er sagte, das Schweinefleisch heute für ihn Tabu (verboten) sey. Das Opferschwein, welches auf einem Palmenzweige in der Mitte des Tisches ruhte, ward von einem der Minister, unter verschiedenen Ceremonien zerlegt, und außer dieser Speise bewirthete man uns mit süßen Pataten, Jams und gebackenen Taro-Wurzeln. Der König war während der Mahlzeit sehr gesprächig; er unterhielt zuweilen mich, und dann wandte er sich wieder an seine Minister, die sich über seine Einfälle des Lachens nicht enthalten konnten. Er liebt den Wein, doch genießt er ihn nicht im Ueberfluß, und war immer besorgt, unsere Gläser zu füllen. Als er nach englischer Manier die Gesundheit aller seiner Gäste einzeln getrunken, forderte er uns auf, unsere Gläser auf das Wohl unsers Kaisers zu leeren, und nachdem dieses geschehen, überreichte mir einer seiner Minister, einen bunten mit vieler Kunst gearbeiteten Federkragen, den der König an feierlichen Tagen, z. B. zu Kriegszeiten selbst getragen. Hierauf sagte er mir durch Cook, obgleich er selbst ziemlich gut englisch spricht: »Ich habe gehört, daß euer Monarch ein großer Held sey; ich liebe ihn darum, weil ich selbst ein solcher bin, und schicke ihm diesen Kragen als Zeichen meiner Liebe.« Nachdem wir gespeist und das Haus verlassen, war der König sehr besorgt, daß auch meine Ruderer gut bewirthet werden möchten; er trug dieses einem der Chefs auf, und sogleich wurde der Tisch von Neuem gedeckt; sie mußten sich setzen, und wurden mit der nämlichen Aufmerksamkeit bedient, die man uns erwiesen. Gewiß sind die Matrosen in ihrem Leben nicht so vornehm bewirthet worden; denn eben so wie bei uns, stand während des Essens hinter jedem ein Canaka mit dem Federbusch, um ihm die Fliegen abzuwehren. Tammeameas erster Gang war jetzt nach dem Murai; hier umfaßte er eine der Statüen, welche besonders reichlich mit Früchten und Stücken eines geopferten Schweins behangen war, mit den Worten: »Diese sind unsere Götter, die ich anbete; ob ich Recht oder Unrecht, daran thue, weiß ich nicht; aber ich folge meinem Glauben, der nicht böse seyn kann, da er mir befiehlt, nie Unrecht zu thun.« Diese Aeußerung von einem Wilden, der durch eigene Kraft sich zu diesem Grade der Bildung aufgeschwungen, verräth viel gesunde Vernunft, und hatte für mich etwas sehr Rührendes. Wenn der König im Murai ist, darf Niemand hinein, und wir bewunderten, während der Zeit, die aus Holz geschnitzten, kolossalen Götzenbilder, welche die furchtbarsten Karrikaturen darstellten. Bald gesellte sich Tammeamea wieder zu uns, führte uns in das Haus wo er uns zuerst aufgenommen, und wir setzten uns wie vorher auf Stühle, während die Vornehmen ihre Plätze auf der Diele einnahmen. Jetzt kam die Zeit heran, in der Tammeamea seine Mahlzeit zu halten pflegt; er entschuldigte sich, daß er in unserer Gegenwart essen würde, und sagte: »ich habe gesehen wie die Russen essen, jetzt könnt ihr eure Neugier befriedigen, und einmal zusehen, wie Tammeamea ißt.« Der Tisch war nicht gedeckt, sondern die Speisen standen in einem entfernten Winkel auf Bananenblättern, welche statt der Schüsseln dienten, bereit; besondere Aufwärter brachten sie kriechend bis in die Nähe des Königs, wo ein Vornehmer sie in Empfang nahm, und auf den Tisch setzte. Das Mahl bestand aus gesottenen Fischen, Jams, Taro-Wurzeln, und einem gebratenen Vogel, nur wenig größer als ein Sperling, der sich auf den Gipfeln der Berge aufhält, sehr selten, und nur eine Speise für die königliche Tafel ist. Der König speiste sehr schnell und mit vortrefflichem Appetit, unterhielt sich aber dabei unaufhörlich; statt des Brodes dient der Taro-Teig, welcher durch Wasser verdünnt, ein weicher Brey wird, der obgleich der König recht schönes Tischgeräthe besitzt, in einer Kürbisschaale zu seiner Rechten steht; in diese fährt er mit dem Zeigefinger hinein, wenn er Fisch oder Fleisch ißt, und schmiert sich eine gute Portion davon mit vieler Geschicklichkeit in den Mund; und diese unappetitliche Art zu essen, wird von dem Könige bis auf den Gemeinsten beobachtet. Tammeamea, welcher sich bei der ganzen Mahlzeit nur seiner Finger bediente, und wohl merkte, daß ich seinen Bewegungen aufmerksam folgte, sagte mir: »das ist Gebrauch in meinem Lande, und ich will davon nicht abgehn!« –

Sein Spuckdosen-Träger verläßt ihn keinen Augenblick, indem er die Dose, welche aus Holz in Form einer Schnupftabacksdose gearbeitet und mit einem Deckel versehen ist, immer bereit hält; der Deckel wird aufgehoben, wenn der König gesonnen ist auszuspucken und dann schnell wieder zugeschlagen. Dieses sorgfältige Aufbewahren des königlichen Speichels rührt von dem Aberglauben her, daß im Besitze dieses Schatzes ihre Feinde ihnen durch Zauberei keine Krankheit zuschicken können. Nach der Mahlzeit des Königs wurde endlich beschlossen, was ich aus Wahu für Lebensmittel erhalten sollte; diese bestanden aus 43 Schweinen, einer verhältnißmäßigen Anzahl Hühnern und Gänsen, allen Gattungen Früchten, welche die Insel hervorbringt, und Holz, soviel mir selbst beliebte. Tammeamea sagte mir, er habe nach einem Vertrauten geschickt, der mich nach Wahu begleiten, und dort auf die genaue Erfüllung seiner Befehle sehn sollte; überdieß sey mir ein Begleiter nöthig, um in den Hafen von Wahu einzulaufen, da dieses sonst keinem russischen Schiffe erlaubt werde. Diese auffallend großmüthige Behandlungsweise eines halbwilden Monarchen übertraf meine Erwartung, und ich überzeugte mich immer mehr, daß Tammeamea als König nicht leicht zu ersetzen seyn werde, da seine Regierung sich so glänzend auszeichnet durch Gerechtigkeit, Bildung seiner Unterthanen, und Einführung nützlicher Künste. Um ihm einigermaßen meine Dankbarkeit zu beweisen, schenkte ich ihm, im Namen des Kaisers, zwei metallene achtpfündige Mörser mit allem Zubehör, auf deren Laveten der Name: Rurick, eingeschnitten war; ein Geschenk, das ihm sehr viel Freude machte. Ferner verehrte ich ihm, da sein Vorrath ausgegangen war, ¼ Pipe Wein, und versprach ihm aus Wahu noch einige Stangen Eisen zu schicken, die er, zum Bau der Böte, nothwendig brauchte. Es war mir sehr angenehm, seine Geschenke mit lauter ihm nützlichen Gegengeschenken erwiedern zu können. Einige sehr schöne, große Aepfel, die ich noch aus Californien mitgebracht, waren dem König etwas neues; er theilte gleich seinen Ministern davon mit, und als alle sie sehr wohlschmeckend fanden, wurden die Kerne aufbewahrt, um den Versuch zu machen, ob diese Bäume hier fortkämen, woran ich keinesweges zweifle. Die Kunst unsers Malers ward, da einige der Vornehmen in der größten Geschwindigkeit, sprechend ähnlich gezeichnet waren, allgemein bewundert. Selbst Tammeamea sah den Arbeiten des Herrn Choris mit Erstaunen zu, widerstand aber lange meinen Bitten, sich, wie sie hier sagen, aufs Papier bringen zu lassen; weil er mit dieser Kunst wahrscheinlich Vorstellung von Zauberei verband. – Erst als ich ihm vorstellte, wie erfreut unser Kaiser seyn würde, wenn er sein Bild erhalte, verstand er sich dazu, und zu meiner großen Verwunderung gelang es Herrn Choris, ihn sehr gut zu treffen, obgleich Tammeamea, um ihm das zu erschweren, keinen Augenblick ruhig saß und immerfort Gesichter schnitt, wogegen all mein Bitten nichts fruchtete. Um fünf Uhr Abends verabschiedeten wir uns vom Könige, der uns noch einmal wiederholte, daß wir auf der Insel Wahu keinen Mangel leiden sollten. Da unser Begleiter noch nicht angekommen war, so versprach ich, ihn unter Segel in der Nähe des Landes zu erwarten. Ein wohlgewachsenes, zahmes Pferd, das der König durch ein amerikanisches Schiff aus Amerika bekommen, hielt er als Seltenheit, und ließ es frei umher laufen. Eine Menge kleiner Knaben hatten am Ufer den Sand hart getreten, und zeichneten darauf, vermittelst einer Ruthe, mit vieler Geschicklichkeit den Rurick unter Segel. Von Elliot de Castro, der mir versprochen hatte, mich bis Wahu zu begleiten, mußte ich mich trennen, so schwer es mir auch ward; der König wünschte seinen Leibarzt und Naja wieder bei sich zu haben, und diese Bitte konnte ich ihm nicht abschlagen. Ohne Herrn Elliots Gegenwart, wären wir vielleicht ein Opfer fremder Schuld geworden, und unstreitig verdanken wir ihm die freundschaftliche Aufnahme welche uns hier zu Theil ward. Schon hatten wir ein Paar Stunden gekreuzt und noch war unser Begleiter nicht da; die Sonne ging unter, und da die Nähe des Ländes in der Dunkelheit uns gefährlich war, so ließ ich einige Kanonen lösen, um uns dem Könige in Erinnerung zu bringen. Endlich erschien um acht Uhr Herr Cook mit unserm Begleiter, der, weil er tief im Lande war, nicht früher hatte kommen können; dieser, ein lebhafter, mit natürlichem Verstande begabter Mann, Namens Manuja, gehörte nicht zu den Vornehmsten des Landes, besaß aber im höchsten Grade das Vertrauen des Königs, welches sich hauptsächlich dadurch äußerte, daß er ihm kostbare europäische Waaren aus seinem Schatz in Verwahrung gegeben. Cook erzählte mir, daß Tammeamea nie auf den Stand seiner Unterthanen Rücksicht nehme, seine Vertrauten gewöhnlich aus den niedern Klassen wähle, und sich selten in seiner Wahl irre. Seine Vornehmen behandelt er zwar gerecht, doch streng, und da er ihnen wenig traut, so müssen sie ihn gewöhnlich auf seinen Reisen begleiten, wodurch er ihnen die Gelegenheit, sich durch eine Verschwörung von seiner Herrschaft zu befreien, benimmt. Sie haben nicht vergessen, daß Tammeamea der Eroberer ihrer Länder, und jetzt Alleinherrscher ist, und sie würden gewiß ihr Eigenthum wieder zu erobern suchen, wenn er nicht so gut verstände, sie in seiner Gewalt zu erhalten.

Mit Hülfe eines schwachen Landwindes, der sich hier in der Regel einige Stunden nach Sonnenuntergang einfindet, traten wir unsere Fahrt nach der Insel Wahu an. Ich rathe jedem Seefahrer, welcher von O Waihi nach Wahu segelt, sich in der Nähe der Küste zu halten, wo der Land- und Seewind am frischesten weht, da hingegen in der Entfernung einiger Meilen vom Lande Windstillen herrschen, die durch den Mauna-Roa verursacht werden. Sobald man den Kanal zwischen O Waihi und Muve erreicht hat, erhält man den wahren Passat und mag dann getrost den Cours nach Wahu richten, ohne vom Mauna-Roa etwas zu befürchten. Für diejenigen meiner Leser, welche keine Seeleute sind, und nicht wissen, was ich unter Land- und Seewinde verstehe, wird eine kurze Erklärung nicht überflüßig seyn. Bei allen hohen Inseln, die zwischen den Tropen dem ewigen Passat-Winde ausgesetzt sind, bringt die, unter dem Winde sich befindende Küste, d. h. die, welche der vom Passat angewehten, gegenüber liegt, bei Tage einen Wind aus der See hervor, der dem Lande zuströmt, während der Nacht aber den ganz entgegengesetzten. Die Erklärung dieser Erscheinung ist einfach: am Tage nämlich wird das Land durch die brennende Sonne so erhitzt, daß es an Wärme das Meer übertrifft; daher strömt die Luft aus der kältern Gegend in die wärmere, und bringt den sogenannten Seewind hervor. Nachts ist es umgekehrt; die See ist wärmer als das Land, und daraus entsteht der Landwind.

Den 25sten November hatten wir fast den ganzen Tag Windstille, die Inseln O Waihi und Muve waren deutlich zu sehen, beide gewähren dem Seefahrer durch ihre Riesenhöhe einen erhabenen Anblick; die drei hohen Berge auf O Waihi nebst den auf der Insel Muve, erheben sich stolz bis in die Wolken. Ich hatte sowohl dieses Mal als beim zweiten Besuch, den ich den Sandwich-Inseln abstattete, die beste Gelegenheit, ihre Höhe zu messen, da ich sie oft ganz frei von Wolken sah, und theile hier das mittlere Resultat meiner Messungen mit. Auf der Insel O Waihi der Berg Mauna-Roa 2482,4 Toisen Mauna-Koah 2180,1 Toisen; Mauna-Wororai 1687,1 Toisen. Auf der Insel Muve der höchste Gipfel 1669,1 Toisen.

Während der Nacht erhielten wir den Passat und segelten der Insel Tauroa so nahe vorbei, daß wir eine Menge Feuer am Ufer sahen. Den 26sten bei Tagesanbruch befanden wir uns in der Nähe der Insel Ranai; jetzt aber wurde der Wind so schwach, daß wir erst Nachmittags die SW Spitze der Insel Wahu erblickten, und am Abend noch fünf Meilen davon entfernt waren. Da ich nicht hoffen konnte, noch heute den Hafen zu erreichen, so beschloß ich, während der Nacht mich in der Nähe der Wahititi-Bay zu halten, die durch Vancouver hinlänglich bekannt ist, und in welcher sich der neue Hafen befinden soll. In O Waihi sagte man, der Strom bei Wahu setze so stark nach W, daß man sich hüten müsse, unter den Wind der Insel zu gerathen; ich habe aber das Gegentheil erfahren, indem ich bei Tagesanbruch fand, daß der Strom uns acht Meilen nach SO versetzt hatte, obzwar der Wind recht frisch aus SO blies, und sehr hohe Wellen das Schiff beunruhigten.

Mein Begleiter Manuja war diese Nacht seekrank geworden, und sein Diener, ein junger Sandwichaner von 14 Jahren, nicht im Stande sich zu bewegen. Ich hatte Manuja, da er sich sehr anständig zu benehmen wußte, und im Gebrauch der Messer, Gabel und Löffel keinesweges verlegen war, an unsern Tisch genommen; er aß was man ihm vorlegte, mit gutem Appetit, trank gern einige Gläser Wein, und betrug sich überhaupt so, daß es schien, als sey er schon öfter auf europäischen Schiffen gewesen.

Den 27sten Nov. früh nahm ich den Cours auf die Westspitze der Wahititi-Bay, welche durch den darauf befindlichen, zuckerhutförmigen Berg Die Engländer nennen diesen Berg: Diamanten-Hügel, eine Benennung, die durch den dort gefundenen, und für Diamanten gehaltenen Quarz-Kristall entstanden ist. Noch jetzt scheint man der Meinung zu seyn, daß dieser Berg Diamanten enthalte, und hat deßhalb den Einwohnern verboten, ihn zu besuchen. Jung schenkte mir einen Stein von diesem Quarz, und meinte: es könnte, wenn auch kein Diamant, doch wohl ein edler Stein seyn. unverkennbar ist; wir doublirten sie aber, des schwachen Windes wegen, erst gegen Mittag. Wahu ist sowohl von den Eingebornen als von den Europäern, als die fruchtbarste Insel der ganzen Gruppe anerkannt; man nennt sie den Garten der Sandwich-Inseln, und sie hat ein Recht zu diesem Namen, durch die außerordentliche, mit der reizendsten Natur verbundene Cultur. Die schroffen, spitzigen Felsen, welche den südöstlichen Theil der Insel bilden und sich 529 Toisen über die Meeresfläche erheben, benehmen dem Ankommenden den Glauben an die große Fruchtbarkeit der Insel; kaum aber hat man den gelben Diamantenhügel umschifft, so wird man durch freundliche Landschaften überrascht. Gleich am Ufer sieht man grüne mit Bananen und Palmen bewachsene Thäler, wo die Wohnungen der Wilden zerstreut liegen; hinter diesen erhebt sich das Land allmählig, alle Berge sind mit freundlichem Grün bedeckt, und tragen das Gepräge des Fleißes. Hier hat man den südlichen Theil der Insel vor sich, welcher in gerader Linie zwanzig Meilen von O nach W fortläuft, ohne daß die Beschaffenheit des Landes sich ändert. Von dem nordwestlichen Theil Wahus sieht man hier den höchsten Berg der Insel hervorragen, dessen Höhe nach meiner Berechnung 631,2 Toisen beträgt. Wir segelten jetzt an dem Dorfe Wahititi vorbei, neben welchem Vancouver auf einem gefährlichen Platze vor Anker gelegen, ohne zu ahnen, daß er sich in der Nähe eines sehr bequemen Hafens befand, und sahen durch unsere Fernröhre schon den Flecken Hana-rura, an den sich der Hafen gleiches Namens schließt. Ein Canot mit drei Mann kam uns entgegen; Manuja rief den Leuten zu, sprang ins Wasser, und erreichte als geschickter Schwimmer bald das Boot, womit er ans Land fuhr, um den dortigen Befehlshabern unsere Ankunft zu melden, und uns wegen des beschwerlichen Eingangs in den Hafen einen Lotsen zu schicken. Wir befanden uns jetzt in der Nähe von Hana-rura und sahen mehrere, auf europäische Art gebauete Häuser, welche gegen die Hütten der Eingeborenen einen sonderbaren Contrast bildeten. Die Umgebungen von Hana-rura, sind reizend; im Hafen sah man eine Festung, auf welcher Tammeameas Flagge wehete; in der Nähe lagen mehrere Schiffe vor Anker, und das Ganze hätte ein europäisches Ansehn, wenn nicht Palmen und Bananen an einen andern Welttheil erinnerten. Um zwei Uhr Nachmittags schickte uns der Gouverneur einen Lotsen; dieser hieß Hebottel, war von Geburt ein Engländer, stand in Diensten des Königs, und seine Geschäfte waren, alle ankommende Schiffe in den Hafen zu bringen. Auch wir kamen jetzt an den Eingang desselben, und mußten, seinen Wünschen gemäß, die Anker fallen lassen. Die Tiefe betrug acht Faden über einen Grund von Korallen und Sand. Die Beschaffenheit des Landes bringt es hier mit sich, daß der Wind den ganzen Tag aus dem Hafen weht, daher müssen die Schiffe vor demselben den Morgen erwarten, indem kurz vor Aufgang der Sonne eine Windstille eintritt, welche benutzt wird, das Schiff in den Hafen zu bugsiren. Es war mir unangenehm, hier vor Anker zu liegen, da man bei einem starken südlichen Winde, der sich bei Wahu öfters einfindet, ohne Rettung verloren ist; ein Riff an dem sich die Brandung heftig brach, war nur hundert Faden von uns entfernt, und doch ist dieses die einzige Stelle, wo man vor Anker liegen kann, weil etwas weiter die Tiefe unergründlich wird; überdem war die Beschaffenheit des Bodens so schlecht, daß unsere Ankertaue in zwölf Stunden sehr gelitten hatten. Die ganze Küste ist von Korallen-Riffen eingefaßt, die sich an manchen Stellen, eine Meile und weiter in die See erstrecken, und hinter diesen hat die Natur den schönen Hafen Hana-rura gebildet, der von der Meeresseite durch die Riffe gegen die Wuth der Wellen geschützt ist, und den man den ersten in der Welt nennen könnte, wenn der Eingang für große Schiffe nicht zu seicht wäre. Sobald wir die Anker geworfen, fuhr ich ans Land, um dem Gouverneur Kareimoku meine Aufwartung zu machen; obgleich aber Manuja vor uns angelangt, unsere freundschaftlichen Gesinnungen erklärt, und die Befehle des Königs bekannt gemacht hatte, so waren dennoch alle Einwohner durch die Erscheinung eines russischen Kriegsschiffes in Unruhe und unter Waffen. Am Landungsplatze ward ich von dem Engländer Jung Jung, einer der ersten Vertrauten des Königs, hält sich schon über 20 Jahr auf diesen Inseln auf, und war jetzt nach Wahu geschickt, um die Festung zu erbauen. Sein Lebenslauf ist durch Vancouvers Reisen bekannt. unter dem furchtbarsten Geschrei der bewaffneten Insulaner empfangen, und als ich auszusteigen zögerte, rief Jung mir zu, daß ich nichts zu befürchten hätte, und half mir selbst aus dem Boot. Wir gingen in Begleitung einer Menge Soldaten, die die Zudringlichkeit des Volks abwehrten, in seine hübsche, sehr reinliche Wohnung, wo bald darauf auch Kareimoku mit dem vornehmsten Adel erschien. Er sowohl als sein Gefolge, waren in der Tracht des Landes gekleidet, die aus einem weiten, weißen Gewande besteht, das aus Zeug von Baumrinde verfertigt, und nach römischer Art über die rechte Schulter gehängt wird; außerdem haben sie eine Patrontasche und ein Paar Pistolen um den nackten Leib geschnallt. Der ganze Zug kam gerade aus der Festung, wo im Fall eines Angriffs bereits alle Anstalten zur Vertheidigung getroffen waren. Kareimoku's herkulische Figur, verbunden mit seinem vornehmen Anstande, erschien vortheilhaft in dem römischen Costüm; sein Gesicht verrieth Verstand, und da er diesen wirklich besitzt, so haben ihm die hiesigen Engländer den Namen Pitt beigelegt. Er begrüßte mich auf europäische Art, mir die Hand schüttelnd, und nachdem er mich zum Sitzen genöthigt, und sich ebenfalls mit seinem Gefolge niedergelassen hatte, war meine erste Sorge ihm sein Mißtrauen gegen uns zu benehmen. Jung machte ihn mit der Absicht unserer Reise bekannt; sein finsteres Gesicht erheiterte sich ein wenig, und er ließ mir folgendes sagen: die Götter sind Zeugen, daß wir den Russen nie Unrecht gethan, dennoch haben sie uns Gutes mit Bösem vergolten! Ich versicherte, daß alles, was Scheffer (über welchen er sich hauptsächlich beklagte) hier gethan, gegen den Willen unsers Kaisers geschehen sey, und suchte ihn auch über die Zukunft, die er noch immer fürchtete, zu beruhigen. Unser Gespräch endigte damit, daß er mir versprach, Tammeamea 's Befehle, die ihm heilig seyen, in Rücksicht meiner zu befolgen, und morgen früh um vier Uhr, möchte ich eine Kanone lösen, zum Zeichen für die Böte, welche mich in den Hafen bringen sollten; hierauf schieden wir freundschaftlich. Im Hafen lagen drei Schiffe; zwei davon, ein großer Dreimaster und eine hübsche Brigg gehörten <g<Tammeamea, der sie gegen Sandelholz eingehandelt hat. Der Dreimaster, der den Namen Albatros führt, dient fürs erste als Transportschiff, um von Wahu nach O Waihi Lebensmittel zu führen, wird aber in Zukunft unter Tammeamea's Flagge mit Sandelholz nach Canton gehen, um dort chinesische Waaren einzutauschen. Die englische Regierung hat sich anheischig gemacht, seine Flagge überall zu ehren, und seinen Handel in Canton zu unterstützen, und unstreitig werden die Sandwichaner in ihrer Bildung rasch fortschreiten, wenn ihr Handel nach Canton blühend wird. Der Brigg ist der Name der Königin, Kahumanna, beigelegt; sie kann ihrer Größe nach, achtzehn Kanonen führen, ist wie ein Kriegsfahrzeug zum Schnellsegeln gebaut, und vertritt jetzt bei Tammeamea die Stelle eines solchen Schiffes. Ursprünglich ist diese Brigg, welche sehr schnell segeln soll, von den Franzosen zum Kaper-Schiff erbaut, und führte damals den Namen la grande Guimbarde; sie wurde von den Engländern genommen, und an englische Kaufleute verkauft, die ihr den Namen Forester of London beilegten; mit dem Capitain Piccord, der auf derselben mehrere Reisen von West-Amerika nach Canton gemacht, kam dieses Schiff in die Südsee, und hier ward der schon bekannte Handel mit Tammeamea geschlossen. Nach dem Verkauf des Schiffes trat Piccords zweiter Officier, Alexander Adams, in des Königs Dienste, ward Commandeur desselben, und hat als solcher monatlich fünfzig Piaster Gehalt, und alle Lebensmittel, die ihm täglich zugeschickt werden, frei; die Mannschaft besteht aus sechs Europäern und einigen Landeskindern. Das dritte Schiff Traveller of Philadelphia, unter amerikanischer Flagge, war eben im Herumsegeln begriffen, als ich mit dem Rurick anlangte. Der Besitzer desselben, Namens Wilcoks, dessen Bruder in Canton amerikanischer Consul ist, besuchte mich. Herr Wilcoks hatte schon vor einigen Jahren Canton verlassen, und sein Schiff mit chinesischen Waaren beladen, um an den Westküsten Amerikas mit den spanischen Kolonien Schleichhandel zu treiben; es war ihm aber unglücklich ergangen; in Walpareso kam er in Gefahr, sein Schiff zu verlieren, und nur ein glücklicher Zufall rettete ihn selbst von der Gefangenschaft. Nach vielen vergeblichen, mit Gefahr verbundenen Versuchen, seine Ladung im südlichen Amerika los zu werden, segelte er, erschöpft von der langen Seereise nach Botanibay, um sich zu erholen und mit Lebensmitteln zu versorgen, und dort gab ihm der Gouverneur vom Port Jackson ein Schreiben des Königs von England an Tammeamea, nebst verschiedenen Geschenken, worunter sich auch schön gestickte Uniformen befanden, mit. Ferner wird, wie Herr Wilcoks mir erzählte, auf Befehl der englischen Regierung in Port Jackson ein hübsches Schiff für Tammeamea erbaut; aus allem diesem läßt sich schließen, daß die Engländer die Sandwich-Inseln in ihren besondern Schutz genommen, sie vielleicht jetzt schon im Stillen als ihr Eigenthum betrachten, und sie gewiß, sobald es die Umstände erlauben, ganz in Besitz nehmen werden. Herr Wilkoks war jetzt gesonnen, nach der Küste Californien zu segeln, um dort sein Glück zu versuchen. Ehe wir schieden gab er mir noch Nachricht von einer Inselgruppe, welche 1814 von dem Schiff Amerika, aus den vereinigten Staaten, geführt von Capt. Andreas Walther, auf einer Fahrt von den Marquesas nach Canton entdeckt worden ist. Diese Gruppe soll aus niedrigen, stark mit Wald bewachsenen Korallen-Inseln bestehen, und ohngefähr dreißig Meilen im Umfange haben. An ihrer westlichen Seite hat der Capitain einen bequemen Ankerplatz gefunden und ist dort gelandet, um einige Ziegen auf der Insel zurückzulassen. Die observirte Breite derselben ist 30º 48' nördlich, Länge nach den Chronometern 159º 15' westlich von Greenwich.

Den 28sten November. Mit Tagesanbruch ward eine Kanone gelöst, und bald erschien der königliche Lotse, Herr Hebottel, begleitet von acht Doppelcanots, jedes mit 16-20 Ruderern bemannt. In jedem derselben befand sich der Eigenthümer, hier von den Engländern Jerri oder Chef genannt, um beim Bugsiren auf Ordnung zu sehen; der alte Jung saß auf einem kleinen, leichten Kahn, und dirigirte das Ganze. Der Jubel auf den Böten war unterhaltend, man scherzte und lachte, selbst die Arbeiten wurden spielend verrichtet, und die erwachsenen Sandwichaner erschienen wie scherzende Kinder. Wir hatten vollkommene Windstille, die Anker wurden gelichtet, und die Canots bugsirten uns mit solcher Gewalt, daß der Rurick, nach dem Log drei Meilen die Stunde lief. Nach einer halben Stunde hatten wir den Hafen erreicht, und warfen die Anker in der Entfernung eines Pistolenschusses vom Lande, der Festung gegenüber auf acht Faden Tiefe. Jetzt kam Jung an Bord, um mir zu melden, daß die Canots nicht dem Könige angehörten, und daß wir jedem Eigenthümer drei Piaster zu zahlen hätten, wogegen ich als Führer eines Kriegsschiffs, von der Bezahlung des Ankergrundes Für alle Handelsschiffe herrscht hier das Gesetz, nach ihrer Tiefe einen Piaster für den Fuß Ankergrund-Geld zu bezahlen. frei sey. Obgleich ich es seltsam fand, daß man mich nicht früher davon unterrichtet, so mußte ich mich jetzt schon dem Gesetz unterwerfen und vierzig Piaster auszahlen. Kaum waren die Anker geworfen, als eine große Menge Sandwichanerinnen, theils schwimmend, theils auf Böten den Rurick umringten; alle wollten an Bord kommen, und waren entrüstet, als ihnen der Zutritt versagt ward. Ich hatte, um die nothwendigen Arbeiten vorzunehmen, das Schiff auf einige Tage für Tabu erklärt; die liebenswürdigen Nymphen sangen uns noch einige Liebeslieder, und kehrten hierauf voll Verwunderung über unsere Grausamkeit, zurück.

Den 29sten. Heute hat man angefangen, uns auf Tammeamea's Befehl mit Lebensmitteln zu versorgen, täglich erhalten wir Taro, Jams, Cocosnüsse, Bananen und Wassermelonen in Ueberfluß; die Schweine sind so groß, daß die ganze Mannschaft in zwei Tagen nicht Eins verzehren kann, weshalb uns von der empfangenen Anzahl über die Hälfte übrig blieb, die ich theils einsalzen, theils lebendig mitnehmen ließ. Das Schweinefleisch wird hier von einem Spanier, Namens Marini, (er hält sich hier schon seit Jahren auf, und stand früher in der Gunst des Königs) so vortrefflich eingesalzen, daß ich einiges davon, noch ganz unverdorben nach St. Petersburg gebracht habe. In Amerika, den Colonieen der Spanier, wird das Fleisch nicht gesalzen, weil sie glauben, daß es schon während des Salzens selbst in Fäulniß übergehe; in Chili nimmt man zur Schiffsprovision in der Sonne getrocknetes Fleisch, das saft- und kraftlos ist. Man hat unter den heißen Himmelsstrichen beim Salzen besonders darauf zu sehen, daß die Knochen herausgenommen, und daß das Blut durch schwere Gewichte, ausgepreßt werde.

Ein Mißverständniß brachte heute das Volk gegen uns auf, es griff bereits nach den Waffen, und die Sache wäre vielleicht schlimm abgelaufen, wenn sich Jung nicht zu rechter Zeit ins Mittel gelegt; die Ursache war folgende: Da der Hafen Hana-rura so viel ich weiß noch von Niemand aufgenommen, und gewiß nur wenigen Seefahrern bekannt ist, so beschloß ich einen Plan von demselben zu entwerfen, und schickte deßhalb den Untersteuermann Chremtschenko ab, welcher an verschiedenen Punkten lange Stangen mit daran befestigten Flaggen, eingraben mußte. Die Erscheinung dieser Flaggen, brachte die Einwohner zur Verzweiflung, denn einst hatte Scheffer eine russische Flagge aufgezogen, mit den Worten: ich nehme die Insel in Besitz! und daher zweifelten sie nicht, daß auch ich den ersten Schritt zur Eroberung gethan. Als Jung zu mir kam, und mich dringend bat, die Flaggen wegnehmen zu lassen, erklärte ich ihm meine unschuldige Absicht, vertauschte die verhängnißvollen Läppchen gegen Besen, und damit war die Ruhe wieder hergestellt. Um das Vertrauen des Volks noch mehr zu gewinnen, ließ ich den Kareimoku bitten, daß er Morgen zu Mittag den Rurick mit seiner Gegenwart beehren möchte. Das Schiff Albatros von Europäern commandirt, und mit Eingebornen bemannt, verließ heute Wahu, um Lebensmittel nach O Waihi zu bringen.

Den 30. Nov. Kareimoku hatte meine Einladung angenommen, und erschien gegen Mittag mit seiner Frau, Herrn Jung, und den vornehmsten Edelleuten (Jerris) unter denen sich auch der Bruder der Königin Kahumanna befand; auch Jung brachte seine Frau, eine nahe Verwandte Tammeamea's mit. Kareimokus Ernst hatte sich, da sein Mißtrauen verschwunden war, in Freundlichkeit verwandelt; er drückte mir herzlich die Hand, und sagte verschiedene Male: Aroha! (Gott grüß Euch.) Meine Gäste hatten sich alle in den höchsten Staat geworfen; kaum erkannte ich Kareimoku, welcher in der Tracht eines englischen Steuermanns, mit gewichsten Stiefeln, und einem dreieckigen Hut prangte; es saß ihm aber alles so enge, daß er kein Glied frei zu bewegen vermochte, und die Mittagshitze ihn in dieser Tracht zu ersticken drohte; nicht minder stolz, aber eben so unbequem, bewegten sich die übrigen Jerris in ihren europäischen Anzügen, und man sah hier Matrosen, Modegecken und Herrnhuther in buntem Gemisch. Alle waren durch ihren Schmuck in der peinlichsten Lage, und erinnerten an geputzte Affen. Da ist die Kleidung der Minister Tammeamea's doch vorzuziehn, die sich nur auf einen Frack beschränkt. Es ist hier so weit gekommen, daß selbst dem gemeinsten Manne, ein europäisches Kleidungsstück zum Bedürfniß geworden ist, daher man auf dem Lande die lächerlichsten Figuren erblickt; mancher geht im bloßen Hemde, ein anderer hat Hosen, und ein dritter paradirt in einer Weste. Gewiß kaufen die Amerikaner in ihren Städten, alle aus der Mode gekommenen Kleider auf, und verhandeln sie hier mit großem Vortheil. Einer meiner Gäste hatte einen unendlich langen Rock an, mit Knöpfen von der Größe einer Obertasse, die er unaufhörlich mit Wohlgefallen betrachtete. Die Damen hingegen verhüllen sich ganz in ihren eigenen Zeugen ( Tappa) und nur den Hals schmückt ein seidenes Tuch. Madam Jung macht, als die Frau eines Europäers eine Ausnahme und kleidet sich in kostbare chinesische Seidenzeuge, europäisch. Ihr gefälliges Gesicht, und ihr, für eine Halbwilde, sehr bescheidenes Betragen, fielen mir angenehm auf, dahingegen Kareimokus Gemahlin, lang und derb, sich sehr unweiblich betrug. Da der Raum es für eine so zahlreiche Gesellschaft in der Cajüte nicht gestattete, so ward der Tisch auf der Schanze gedeckt; aber umsonst hatten unsere Köche ihre ganze Kunst aufgeboten, um den Sandwichanern eine recht hohe Idee von einem russischen Gastmahle beizubringen; sie aßen nichts. Unglücklicherweise wußte ich nicht, daß das Schweinefleisch nothwendig im Murai eingeweiht seyn muß, um von ihnen gegessen zu werden; jetzt war nicht allein dieses, sondern alle Speisen Tabu, weil sie mit dem Braten auf einem Feuer bereitet waren. Da saßen nun meine Gäste, in ihrem drolligen Staat, und waren nüchterne Zuschauer einer europäischen Mahlzeit, bis sie sich endlich, auf meine inständigen Bitten entschlossen, etwas Zwieback, Käse, und Früchte zu genießen; Wein und Branntwein schienen nicht Tabu, denn sie leerten fleißig ihre Gläser. Leider sind die Insulaner den geistigen Getränken mit Leidenschaft ergeben; die Europäer haben nicht unterlassen, auch hier dieses Gift zu verbreiten, und ihnen mit bösem Beispiel voran zu gehen. Sie leeren mit Leichtigkeit eine Flasche Rum in Einem Zuge, und es ist unglaublich, wie viel sie davon vertragen können. Die Damen, welche nichts essen durften weil ihre Männer zugegen waren, hielten sich desto tapferer an den Wein. Kareimoku versäumte nicht, die Gesundheit unseres Kaisers und Tammeameas auszubringen. Das Schiff, und vorzüglich die innere Einrichtung desselben, machte bei allen viel Glück, besonders betrachtete Kareimoku alles mit der größten Aufmerksamkeit. Durch das Portrait meines Vaters, das schön gemalt in der Cajüte hing, waren meine Gäste so getäuscht, daß sie sich nur durch das Berühren überzeugten, es sey kein lebendes Wesen. Herr Choris zeigte ihnen Tammeameas Portrait, das sie gleich erkannten und eine große Freude darüber hatten. Als es im Lande bekannt ward, daß wir Tammeamea auf dem Papiere besäßen, besuchten uns täglich sehr viele Menschen, um ihn zu sehen. Um vier Uhr verließ meine Gesellschaft das Schiff, sehr zufrieden mit der Aufnahme, da ich versucht hatte, die verunglückte Mahlzeit durch kleine Geschenke zu ersetzen. Mit Sonnenuntergang fängt heute für Kareimoku und seine vornehmsten Jerris ein Tabu an, das eine Nacht und zwei Tage dauert; je vornehmer man hier ist, um desto mehr heilige Pflichten hat man zu erfüllen, und mit jedem Voll- und Neumonde erfolgt ein solches Tabu; sie gehen, sobald die Sonne sich dem Horizonte nähert in das Murai, und verlassen es nicht eher, als bis die bestimmte Zeit vorüber ist. Herr von Chamisso erhielt auf seine Bitte von Kareimoku die Erlaubniß, den ganzen Tabu im Murai mitzumachen; ohne Zweifel ist er der erste Europäer, dem diese Erlaubniß zu Theil ward, und aus seinem Beitrag zu dieser Reise werden die Leser erfahren, wie es ihm an diesem heiligen Orte erging. Nachdem mich Kareimoku besucht, waren auch die Einwohner von meinen friedlichen Gesinnungen überzeugt, und ich durfte ohne Furcht das Land besuchen. Sobald also meine Gäste den Rurick verließen, begab ich mich nach Hana-rura, wo die Einwohner sich sehr bescheiden betrugen, und es gern sahen, wenn ich, um meine Neugier zu befriedigen, in ihre Häuser trat; alle Hausgenossen versammelten sich dann um mich, reichten mir Erfrischungen, sprachen viel und spielten wie die Kinder. An Tabackspfeifen fehlte es in keiner Hütte, und das Rauchen scheint auch hier ein Hauptgenuß. Die Häuser in Hana-rura, welche zuweilen in langen Reihen zusammenhängen, zuweilen auch zerstreut liegen, gleichen denen in O Waihi. Einige Europäer, die sich hier anbaueten, bewohnen Häuser, die als Mittelding zwischen den unsrigen und den dortigen gelten können. Der Spanier Marini, welcher sich ein Haus von Stein gebaut hat, ist jedem der die Insel Wahu besucht zu empfehlen; er hat viele nützliche Pflanzen eingeführt, für deren Fortkommen er sorgt, und ist bis jetzt der einzige, der eine ansehnliche Heerde von Rindern, Kühen und Schaafen besitzt. Im Innern des Landes gibt es viel Rindvieh, das vor vielen Jahren von Europäern hergebracht, sich sehr vermehren soll, es ist aber jetzt so verwildert, daß man in die Gebirge geht, um es mit der Flinte zu erlegen. Jeden Abend treibt ein nackter Sandwichaner Marinis Heerde, worunter sich auch Pferde befinden, die er aus Amerika kommen ließ, nach Hause. Noch lebte schon seit dreißig Jahren auf dieser Insel ein Engländer Namens Homs, der früher Kareimokus Posten bekleidete und dessen Biederkeit allgemein anerkannt ist. Da alle Europäer, welche sich hier niederlassen, Sandwichanerinnen heirathen, so muß einst der Urstamm verloren gehen. Meine Absicht in die Festung zu gehen, ward vereitelt, durch das Wort Tabu!, welches mir die Schildwache zurief; später erfuhr ich, daß der Eintritt jedem Fremden, besonders Europäern untersagt sey. Kareimoku hält sich immer in der Festung, an der noch gearbeitet wird, auf, und da ihnen der Gebrauch der Kanonen nicht geläufig ist, so haben sie den Engländer George Bekley, der früher auf einem Kauffartheischiffe diente, zum Commandanten ernannt. Die Festung selbst ist nichts weiter, als ein mit Kanonenlöchern versehenes Viereck; die Mauern sind zwei Faden hoch aus Korallenstein errichtet. Ich besuchte Jung, der mir den Brief des Königs Georg an Tammeamea den nämlichen, welchen Wilkoks aus Port Jakson mitgebracht, zu lesen gab. Er war in englischer Sprache geschrieben, und Tammeamea Majestät titulirt. Ich theile hier den Hauptinhalt desselben mit: König Georg von England, sagt seiner Majestät dem Könige der Sandwich -Inseln seinen innigen Dank für den ihm, durch die Fregatte Cornwallis überschickten Federmantel. Er versichert ihn seiner Freundschaft und Protection, und meldet, daß es der ganzen englischen Seemacht anbefohlen sey, alle Schiffe welche unter Flagge seiner Majestät des Königs Tammeamea erschienen, mit Achtung zu behandeln! Am Schluß des Briefes ist noch von dem Schiffe die Rede, das im Port Jakson für ihn gebaut, und von Geschenken, die seiner Majestät geschickt sind; und aus dem Ganzen erhellt, daß Tammeamea von der englischen Regierung als wirklicher König anerkannt ist. Alle schriftlichen Sachen, die dieser erhält, werden dem Herrn Jung in Verwahrung gegeben, der das besondere Vertrauen des Königs sowohl als des Volks besitzt, der aber schon alt und schwach, wohl bald seinem Cameraden Davis, der uns durch Vancouver bekannt ist, ins Grab folgen wird. Die Sonne näherte sich ihrem Untergang als ich bei dem Murai vorbei ging, wo eben Kareimoku in Begleitung Chamissos und verschiedener Jerris hinein trat. Dieses Murai ist in einiger Entfernung von Haya-rura sehr eilig erbaut, weil die Einwohner das alte welches durch Eindringen von Scheffers Leuten entheiligt war, zerstören mußten. Die Wuth der Eingebornen ist damals grenzenlos gewesen, und gewiß hätten Scheffers Untergebene, ohne Jungs Dazwischenkunft, ihre That mit dem Leben büßen müssen. Der Zug beobachtete während des Eintritts in das Murai das tiefste Schweigen; bald darauf kamen von allen vier Seiten einige wieder heraus, hoben die Hände gen Himmel, schienen durch lautes Geschrei jemand herabzurufen, und zogen sich, nachdem dieses verschiedene Mal wiederholt war, wieder zurück. Hierauf sprangen zwei Kerle wüthend heraus und liefen aus Leibeskräften in entgegengesetzter Richtung in einem großen Kreise, um das Murai herum, und ich entfernte mich, um ja in keine Berührung mit ihnen zu kommen, denn in diesem Falle war mir ihre Heiligkeit mitgetheilt, und ich hätte das Tabu im Murai mitmachen müssen, einer Ergötzlichkeit der ich mich lieber entzog, da meine Neugier durch Herrn von Chamisso befriedigt werden konnte.

Den 4ten December. Da ich schon lange den Wunsch geäußert den Tanz der Wahuer zu sehen, so lud uns heute Kareimoku dazu ein. Man führte uns an sein Haus, vor welchem ein großer Platz zu der Feierlichkeit bereitet war, und den bereits eine Menge Zuschauer umgaben; für uns hatte man in der Mitte des Zirkels, Matten auf die Erde gebreitet. Es fiel mir auf, daß der Wirth nicht zugegen war, bald aber trat Jung zu mir, und sprach: Der Gouverneur bittet wegen seines Ausbleibens um Verzeihung, seine Gemahlin ist in so hohem Grade betrunken, daß er sie nicht verlassen kann.« So seltsam diese Entschuldigung klang, so war sie dennoch wahr, und ich mußte sie gelten lassen. Die Weiber sind hier im Allgemeinen dem Trunke stärker ergeben, als die Männer. Wir nahmen Platz, und sogleich begann der Tanz. Die Musik machten vier Männer, die mit kleinen Stäben auf ausgehöhlte Kürbisse schlugen, und dadurch ein dumpfes Klappern hervorbrachten, das als Takt zum Gesange gelten konnte. Drei Tänzer von Profession, die auf allen Inseln herumziehen und sich für Geld sehen lassen, traten hervor, ganz nackt, bis auf Armbänder von Schweinshauern und halben Fußharnischen von Hundezähnen. Diese stellten sich uns gegenüber, neben einander, und drückten durch geschickte Bewegungen des ganzen Körpers die Worte des begleitenden Gesanges aus. Besonders wußten sie ihre Gesichter jeden Augenblick zu verändern und den Bewegungen des Körpers anzupassen. Die Zuschauer waren entzückt, traten bei jeder Pause in den Kreis, um die Tänzer zu beschenken, und gaben am Ende in ihrem Enthusiasmus sogar ihre seidenen Tücher hin. Nachdem die Männer sich gehörig ausgezeichnet, veränderte sich die Scene, und eine Menge junger Mädchen ordnete sich in drei Reihen. Die Köpfe und Schultern aller waren mit Blumenkränzen zierlich geschmückt, der Hals mit Perlen und allerlei wunderlichen Sachen verziert, und außerdem hatten sie nur den untern Theil des Körpers mit bunten Tapa bedeckt; diese Gruppe nahm sich artig aus, indem sie zu der eintönigen Musik die graziösesten Bewegungen machten. Die letzten Reihen richteten sich nach der ersten, und machten immer die Bewegungen ihrer Vortänzerinnen nach. Das Ganze hatte den Ausdruck der reinen Natur, und ergötzte mich mehr, als ein künstlich ausgeführtes europäisches Ballet. Der Schauplatz war durch einen Bambuszaun begränzt, hinter welchem ein kleines Häuschen verborgen lag, vor demselben promenirte ein großes, von zwei Kanakas bewachtes Schwein, das vom jedem vorbeigehenden Vornehmen mit Zärtlichkeit gestreichelt ward; diese Liebkosungen fielen mir auf, und ich erfuhr durch Jung, daß sich in dem Häuschen ein Sohn Tammeamea's, ein Kind von neun Monaten, befinde, welches dem Kareimoku zur Erziehung anvertraut ist, und daß dieses das Tabu Schwein sey, welches den Göttern geopfert werde, wenn der junge Prinz seine ersten heiligen Pflichten im Murai erfüllt. Das Tanzfest war heute dem kleinen Königssohne zu Ehren gegeben, denn obgleich er an den Lustbarkeiten nicht Theil nehmen, und überhaupt vor einem gewissen Alter gar nicht zum Vorschein kommen darf, so erfordert seine vornehme Geburt doch, daß ihm öftere Feste gegeben werden.

Den 10. December. Unsere Schiffsarbeiten wurden rasch betrieben; wir bemerkten aber, daß das Kupfer an manchen Stellen wieder beschädigt war, und zwar an einem Theil, der so tief im Wasser lag, daß nur der geschickteste Taucher im Stande war, es zu repariren. Als mein bester Schwimmer vergebens versucht hatte, eine Kupferplatte anzuschlagen, schickte mir Kareimoku einen seiner Leute, der die Arbeit glücklich vollbrachte. Zu unserm Erstaunen blieb er 3 bis 4 Minuten unter dem Wasser, kam dann nur auf einen Augenblick herauf, um Athem zu schöpfen, und tauchte gleich wieder unter. Sein Gefährte reichte ihm die Nägel, benutzte aber die Zeit, während sie eingeschlagen wurden, um über dem Wasser Luft zu schöpfen. Der geschickte Taucher fand bei Untersuchung des ganzen Schiffsbodens viele schadhafte Stellen, die nur durch Kielhohlen auszubessern waren.

Unser Verhältniß mit den Bewohnern Hana-rura's war vortrefflich; täglich besuchte uns eine Menge Jerris, denen allein erlaubt war, den Rurick nach Belieben zu betreten, und die oft Geschenke mitbrachten, ohne Gegengeschenke anzunehmen. Das Schiff war vom Morgen bis zum Abend vom schönen Geschlecht umlagert. Unsere Matrosen, die sich Tage lang am Lande aufhielten, hatten nie Ursache, sich über die Eingebornen zu beklagen, die sie immer gastfreundlich empfingen, und sie sogar ohne Mißtrauen mit ihren Weibern allein ließen. Da uns also am Lande keine Gefahr zu bedrohen schien, so beschloß ich eine kleine Fußreise zu dem, von den Engländern so genannten, Perlenfluß zu unternehmen, der von Hana-rura eine halbe Tagereise nach W liegt. Die Perlenfischerei ist hier bei Todesstrafe verboten, und nur der König zieht Nutzen davon. Einige Perlen aus diesem Flusse, die Kareimoku mir schenkte, sind sehr schön. Ich ließ meinen Wunsch, eine Reise dahin zu unternehmen, dem Kareimoku anzeigen, der mir die Erlaubniß dazu gern ertheilte, und mir der Sicherheit wegen noch zwei Leute mitgab. Herr von Chamisso, der gleichfalls einen Begleiter bekam, unternahm während dessen eine Excursion ins Innere des Landes.

Den 8. December. Früh um neun Uhr versah ich mich mit einem kleinen Compas nebst Taschensextanten, und trat meine Reise mit dem Doctor Eschscholz und dem Untersteuermann Chramtschenko, der mir bei der Ausnahme der Küste behülflich seyn sollte, an. Wir holten den Commandanten Herrn Beklei, welcher uns begleiten wollte, aus seinem Hause ab, wo auch die beiden Soldaten uns schon erwarteten; es waren ein Paar rüstige Leute, die sich der Bequemlichkeit wegen aller Kleidungsstücke entledigt, und nur zum Zeichen ihres Standes mit Silber beschlagene Hirschfänger an der Seite behalten hatten. Sobald wir Hana-rura im Rücken hatten, mußten wir uns über einen Fluß gleiches Namens setzen lassen, der aus dem Gebirge entspringt, und die westliche Seite des Fleckens begrenzt. Seine Breite beträgt an manchen Stellen 15 Faden, seine Tiefe ist hinlänglich, die Böte, welche man, um Wasser zu nehmen, hinschickt, zu tragen. Es ist der einzige Ort, wo man seinen Wasservorrath machen kann, und wäre bequem dazu, wenn nicht an seiner Mündung bei niedrigem Wasser eine Untiefe entstünde. Daher mußte man bei Abfertigung der Böte auf Ebbe und Fluth Rücksicht nehmen, und es so einrichten, daß sie mit hohem Wasser ihren Rückweg antreten, weil sie widrigenfalls zwölf Stunden liegen bleiben würden. Das Wasser ist wohlschmeckend und gesund. Der Weg führte jetzt nach W durch ein schön angebautes Thal, das gegen Norden durch waldbedeckte Gebirge eine reizende Wildniß darstellte, und im Süden vom Meere begrenzt wird. Die künstlichen Taro-Felder, die man füglich Taro-Seen nennen könnte, erregten meine Aufmerksamkeit. Jedes von diesen enthält ungefähr 160 Quadratfuß, bildet ein regelmäßiges Viereck, und ist, wie unsere Bassins, ringsum mit Steinen eingefaßt. Dieses Feld, oder dieser Teich, denn so könnte man es auch nennen, enthält ein Paar Fuß Wasser, in dessen schlammigem Grunde der Taro gepflanzt wird, da er nur in solcher Feuchtigkeit gedeiht; jedes derselben hat zwei Schleusen, um von der einen Seite das Wasser hinein, und von der andern es wieder hinaus ins benachbarte Feld zu lassen, wo es immer so weiter geht. Die Felder werden stufenweise niedriger, und dasselbe Wasser, welches aus einer hochliegenden Quelle oder aus einem Bach hergeleitet wird, kann eine große Pflanzung bewässern. Beim Pflanzen des Taro wird das Wasser bis auf einen halben Fuß abgelassen, und das Kraut von einer schon geerndeten Pflanze in den Schlamm gesteckt, das sogleich wieder Wurzel faßt und nach drei Monaten geerndet werden kann. Der Taro bedarf viel Raum, weil er sehr starke Wurzeln hat; er treibt lange Stängel und große Blätter, die gleichsam auf der Oberfläche des Wassers schwimmend einen seltsamen Anblick gewähren. Auf den Zwischenräumen der Felder, welche 3 bis 6 Fuß breit sind, hat man angenehme schattige Alleen, indem auf beiden Seiten Zuckerrohr oder Bananen angepflanzt werden. Noch einen Nutzen gewähren ihnen die Tarofelder, da die Fische, welche sie in weit entlegenen Bächen fangen, hierher versetzt vortrefflich gedeihen. Auf die nämliche Weise, wie sie hier die Flußfische halten, geschieht es in der See mit den Seefischen, wo sie zuweilen die äußern Korallen-Riffe benutzen, und von diesen bis an das Ufer eine Mauer von Korallensteinen ziehen, welche selbst im Meere gute Fischbehälter bildet. Ein solcher Behälter erfordert zwar viel Arbeit, doch keinesweges so viel Kunst, wie die Taro-Felder, wo beides mit einander verbunden ist. Ich habe ganze Berge mit dergleichen Feldern bebaut gesehen, durch welche das Wasser stufenweise herabfloß, jede Schleuse bildete einen kleinen Wasserfall, der durch Zuckerrohr oder Bananen-Alleen in den benachbarten Teich herabfiel und einen außerordentlich freundlichen Anblick gewährte. Zuckerplantagen und Tarofelder wechselten auf unserm Wege mit zerstreut liegenden Wohnungen, und wir hatten unvermerkt fünf Meilen bis zu dem großen Dorfe Mauna-roa zurückgelegt, das in einem anmuthigen Thale am Abhange eines Berges liegt. Hier ergießt sich ein rauschender Strom gleiches Namens in die See, der sich in weiter Ferne sichtbar malerisch durch Berge und Felsen schlängelt. Vor dem Dorfe, das aus kleinen niedlichen Schilfhäusern besteht, liegen zwei Wäldchen von Kokos- und Brodfruchtbäumen, durch die wir gingen, um auf einem jenseitigen Hügel auszuruhen. Hier hatten wir eine weite Aussicht auf den Hafen; der Compas wurde aufgestellt, und ich nahm mit meinem Sextanten einige Winkel, worüber die mit uns laufenden Einwohner in große Angst geriethen, weil sie jetzt, wie Beklei sagte, ein Werk der Zauberei erwarteten. Da die hiesigen Insulaner selten einen Europäer zu Gesicht bekommen, so betrachteten sie uns um so neugieriger; es war übrigens ein gutmüthiges Völkchen, das sich in Aufmerksamkeit gegen uns erschöpfte, aus Freude über unsere kleinen Geschenke tanzte und sang, und sehr unzufrieden war, als wir bald wieder fortgingen. In mehrern Häusern hörten wir ein lautes Gewimmer, und erfuhren, daß sich in diesen kranke Männer befänden, die von ihren Weibern beweint würden. Es herrscht hier nämlich der Gebrauch, daß, sobald ein Mann erkrankt, seine Weiber und weiblichen Verwandten sich um sein Lager versammeln, laut über seinen Zustand jammern, sich die Haare ausraufen und das Gesicht zerfleischen, in der Hoffnung, ihm dadurch Erleichterung und oft sogar Heilung zu verschaffen; auch die Sitte, bei dem Tode eines vornehmen Jeri seinen Günstling mit zu begraben, findet hier noch statt. Beklei erzählte mir, daß die Priester Tammeamea's Begleiter schon bestimmt, und ihnen ihr Schicksal nicht verheimlicht hätten, weil diese Schlachtopfer, stolz auf ihre Bestimmung, diese Ehre mit Freudigkeit durch den schrecklichsten Tod erkaufen. Ich selbst habe in Wahu eins dieser Opfer gesehen, ein Mann, der immer heiter und fröhlich war. Bei dem Tode des Königs werden diese gebunden in das königliche Murai geführt, und dort unter vielen Ceremonien von dem Priester ums Leben gebracht. – Der Fluß Mauna-roa, welcher einer der breitesten im Lande seyn mag, hat seinen Namen von dem Berge Mauna-roa auf der Insel O Waihi erhalten, und heißt, wörtlich übersetzt: Berg-hoch. – Dem Dorfe gegenüber soll sich ein bequemer Hafen befinden, der indeß zwischen Riffen einen gefährlichen Eingang hat. Nachdem wir gehörig ausgeruht, setzten wir unsere Reise wieder fort, verließen das Ufer, und durchschnitten eine sich weit ins Meer erstreckende Landzunge, wo der Weg uns über einen hohen Berg führte. Auf dieser Höhe linderte der Passat aus NO die drückende Hitze, wehte aber zuweilen so heftig, daß er uns vom steilen Abhange herabzustürzen drohte. Wir bemerkten hier mehrere Tapapflanzungen, ein Baum, aus dessen Rinde das hiesige Zeug verfertigt wird. Die Bereitung dieses Zeuges ist mühsam, indem die Rinde so lange im Wasser geklopft wird, bis sie die nöthige Feinheit erhält. Nur alte Frauen beschäftigen sich damit, während die jungen im Müßiggange leben dürfen, und ihre Zeit damit hinbringen, sich von den Männern den Hof machen zu lassen. So fügt man hier zu der Last des Alters noch die schwere Arbeit, und läßt den armen alten Weibern nichts, als die Erinnerung an ihre froh verlebte Jugendzeit.

Unser Weg führte uns nach zwei Stunden in ein reizendes Thal, wo wir uns unter schattigen Brodfrucht-Bäumen, am Ufer eines Salzsees niederließen, dessen Besitzer ein vornehmer Jeri, beträchtliche Einkünfte davon genießt, da die Ufer dieses Sees mit dem schönsten Salze bedeckt sind. Es befanden sich darauf eine Gattung Taucher, die, obgleich sie nicht fliegen können, dennoch sehr schwer zu schießen sind, weil sie in dem Augenblick, wo das Pulver von der Pfanne brennt, untertauchen. Da ich einige für unsere Naturaliensammlung zu besitzen wünschte, so schickte ich einen meiner Begleiter darnach aus, und dieser bewies, indem er ein Paar davon schoß, daß die Sandwichaner sehr gute Schützen sind. Herr Bekley erzählte mir von einer Gattung wilder Enten, wie wir sie in Europa haben, die im Januar aus dem Norden herkommen, hier brüten, und mit dem Anfang des Frühlings wieder zurückziehen. Diese Angabe, die ich nicht bezweifeln konnte, da Bekley, durch seine Jagdliebhaberei getrieben, sich oft Tagelang an diesem See aufhält, ließ mich vermuthen, daß sich ungefähr in 45º der Breite ein unentdecktes Land befinden müsse, woher diese Zugvögel kommen, denn schwerlich läßt sich denken, daß sie den weiten Weg von den aleutischen Inseln, oder von Nordamerika zurücklegen, um hier einen zweiten Sommer zu genießen.

Nachdem wir einige Erfrischungen zu uns genommen, stiegen wir abermals über einen hohen Berg, und befanden uns bald darauf in einer schön cultivirten Ebene zwischen Taro-Feldern, Zuckerplantagen und Bananenbäumen. In dieser Entfernung von der Hauptstadt, Hana-rura, waren wir den Einwohnern vollends Gegenstände der höchsten Bewunderung. Ein kleines niedliches Mädchen von sechs Jahren hüpfte furchtlos um uns her, und rief den andern, die älter aber viel ängstlicher waren, zu: kommt her und beseht die sonderbaren weißen Menschen; was sie für hübsche Tapa anhaben, und was sie für glänzende Sachen tragen! seyd doch nicht so dumm, kommt doch näher! – Die Freimüthigkeit des Kindes gefiel mir, ich hing ihr eine Schnur Perlen um den Hals, eine Kostbarkeit die sie in Verlegenheit setzte. Die andern Kinder liefen jetzt herbei, um durch Händeklatschen ihre Bewunderung auszudrücken, sie selbst aber betrachtete sie mit stillem Wohlgefallen. Die Gegend ist hier unbeschreiblich angenehm; Felder und Dörfer wechseln mit Cocos- und Brodfruchtwäldern; bald öffnete sich uns auf einer Anhöhe eine weite, romantische Aussicht, und dann stiegen wir wieder in ein friedliches Thal hinab. Wir wanderten jetzt durch eine Allee, von Aloe wie ich glaubte; sie hatte die doppelte Höhe eines Mannes und trug eine runde, rothe Frucht; mein Führer, der meine Aufmerksamkeit darauf bemerkte, pflückte gleich einige ab, und bat mich sie zu essen, ohne zu ahnen, wie fremd sie mir waren; ich biß hinein, und war für meine Naschhaftigkeit bestraft, denn obzwar ich den Geschmack angenehm fand, so hatte ich doch den Mund voll kleiner Stacheln, die mir bis an den andern Morgen Schmerzen verursachten. Er bedauerte zu spät, mir nicht gesagt zu haben, daß man der Frucht die Haut abziehen muß, ehe sie genossen werden kann. Doctor Eschscholz, der zurückgeblieben war, und sich erst nach meinem Unfall wieder zu uns gesellte, kannte die Frucht genau, und belehrte mich, daß es kein Aloe, sondern ein Cactus oder indianische Feige sey. Wir kamen hier bei den Besitzungen von Jung und Homs vorbei, die der König ihnen geschenkt, und die sehr ansehnlich und gut bebaut waren. Obgleich die Sonne noch hoch am Himmel stand, so war die Luft doch angefüllt mit einer kleinen, von den unsrigen verschiedenen Gattung von Fledermäusen. Ich schoß eine im Fluge, das Thier fiel, und meine Kunst erregte bei den Dorfbewohnern ein allgemeines Erstaunen. Um fünf Uhr erreichten wir unser Nachtlager, nachdem wir ungefähr zehn, in gerader Linie aber nur sechs Meilen von Hana-rura zurückgelegt hatten. Wir befanden uns jetzt in einem netten Dörfchen, das Kareimoku gehörte, und seinen Namen Waujau, von einem rasch fließenden Bache erhielt, der sich hier ins Meer ergoß. Ich wollte hier übernachten, um mich am folgenden Morgen nach dem nahe gelegenen Perlenfluß einzuschiffen, und trug deßhalb meinen Begleitern auf, sogleich ein Canot zu miethen; sie sahen sich aber vergebens nach einem solchen um, da die Einwohner auf einige Tage die Küste verlassen hatten, um zu fischen. Es war nur ein einziges Boot vorhanden, das einem Jerri in Hana-rura gehörte, und da seine Leute nicht wagten, es uns zu überlassen, so mußte ich mich schon bis zum nächsten Tage gedulden. Die Bewohner des Dorfes hatten von Kareimoku den Befehl, uns gut zu bewirthen, und ließen es daher ihre erste Sorge seyn, uns ein Mahl zu bereiten. Ein Ferkel wurde mit Taro und Pataten in der Erde gebacken, frische Fische lieferten die Taro-Felder, für den Wein hatten wir selbst gesorgt, unser Appetit war vortrefflich, und so schien die Mahlzeit uns königlich. Eine Menge Zuschauer hatte die Neugier herbeigelockt; einige von diesen bekamen Wein, der ihnen herrlich schmeckte, obgleich sie ihn zum ersten Mal kosteten; ein froher Geist beseelte unsere Gäste, und der Abend verging unter Gesang und Tanz. Späterhin fand es sich, daß uns, trotz aller Vorsicht, ein Messer gestohlen war, und die mir von Kareimoku mitgegebenen Begleiter, welche für das Betragen der Einwohner verantwortlich seyn mußten, bemühten sich vergeblich, den Dieb ausfindig zu machen. Selten bestehlen sich die Sandwichaner unter einander, und immer wird eine solche That mit der Verachtung aller, und oft mit dem Tode bestraft; einem Europäer aber etwas zu entwenden, gereicht ihnen zu großem Ruhm, und sie prahlen damit. Vom Schreiben haben die Insulaner eine hohe Idee, und ein Brief scheint ihnen eine Sache von sehr großem Werthe, wovon Beckley mir folgendes Beispiel erzählte: Als er sich noch in O Waihi aufhielt, schrieb er an einen Freund in Wahu, und gab den Brief einem Kanaka (Bauer) mit, der nach Wahu ging, dieser versprach ihm freudig die Besorgung desselben, behielt ihn aber, und verwahrte ihn als eine große Kostbarkeit. Nach einigen Monaten erschien ein europäisches Schiff; der Kanaka säumte nicht, mit seinem Schatz an Bord zu fahren, um ihn dem Capitain für einen hohen Preis anzubieten; dieser, glücklicherweise ein alter Freund Beckleys, erkannte dessen Handschrift, erhandelte den Brief, und so kam er in die Hände des Schreibers zurück.

Man hatte uns Schlafstellen auf recht reinlichen Matten bereitet; die Lebhaftigkeit der Ratten aber, die lustig über unsere Gesichter wegsprangen, verscheuchte den Schlafe und wir mußten nach einer durchwachten Nacht noch die Unannehmlichkeit erfahren, da wir durchaus kein Canot bekamen, abzuziehn, ohne den Perlenfluß gesehen zu haben. – In der Mündung dieses Flusses befinden sich mehrere Inseln, und er ist so tief, daß die größten Linienschiffe einige Faden vom Ufer ankern können, und so breit, daß hundert Schiffe bequem darin Platz finden. Der Eingang in den Perlenfluß ist von der nämlichen Beschaffenheit, wie der in dem Hafen Hana-rura; die Krümmung zwischen den Riffen soll aber die Durchfahrt noch schwieriger machen. Wäre dieser Ort in den Händen der Europäer, so würden sie gewiß Mittel finden, den Hafen zu einem der besten in der Welt zu machen. In dem sogenannten Perlenflusse befinden sich Hayfische von besonderer Größe, und man hat mehrere Beispiele, daß Menschen beim Baden von ihnen verschlungen worden. Die Einwohner haben am Ufer einen künstlichen Teich von Korallensteinen angelegt, worin ein großer Hayfisch gehalten wird, dem sie, wie man mir erzählte, zuweilen erwachsene Menschen, öfter aber Kinder als Opfer zuwerfen. Auf unserer Rückreise fielen mir halb verweste Schweine auf, die an verschiedenen Bäumen hingen, und ich erfuhr, daß dieses eins Maaßregel der Hüter wäre, um ihren Herrn zu beweisen, daß das Vieh gefallen, und nicht von ihnen geschlachtet sey. Am Abend langten wir glücklich auf dem Rurick an.

Den 9ten December. Heute ließ mich Kareimoku durch Manuja zu einem Lanzenspiel einladen. Jung, der sehr erstaunt war, daß der Gouverneur hierin meinen Bitten nachgegeben, hielt es für eine ganz besondere Gunst, und meinte, ich hätte sie nur meinem Stande, als Befehlshaber des ersten Kriegsschiffs, das in Hana-rura erschien, zu danken. Die Sandwichaner machen, wie ich nachher öfter bemerkte, einen großen Unterschied zwischen Kriegs- und Kauffarthei-Schiffen; sie nehmen sich auf letztern allerlei Freiheiten, denn sie durchschauen das Bestreben der europäischen Kaufleute, sie auf alle Weise zu betrügen, und diese haben dadurch ihre Achtung verscherzt. Kareimoku hatte einen wichtigen Grund mir das Schauspiel der Lanzenübung zu versagen, denn seit Tammeamea die Insel Wahu erobert, sind die Gemüther der Unterjochten immer zum Aufruhr geneigt, und ergreifen jede Gelegenheit dazu. Nur die Vornehmen können Theil nehmen an diesem Spiel, aus dem gewöhnlich bitterer Ernst entsteht, indem es nie ohne Verwundete und Todte abläuft. Vor zwei Jahren, als Tammeamea bei einem Besuch auf der Insel Wahu ein solches Kriegsspiel veranstaltete, hatte er seine Soldaten mit geladenem Gewehr in der Nähe, die der ausbrechenden Wuth bald ein Ende machen mußten. Man sieht hieraus, daß Kareimoku Recht hatte, mir nur dann erst dieses Schauspiel zu gewähren, als ich versprach, ihm mit meiner Mannschaft Beistand zu leisten. Der Tag an dem das Kampfspiel vor sich gehen soll, wird früher bestimmt, damit die Edelleute aus allen Gegenden sich versammeln können, um ihren Muth und ihre Gewandtheit zu zeigen. Es kommen oft über hundert zusammen, die sich in gleiche Theile theilen, und einen großen Platz zum Schlachtfeld einnehmen. Beide Parteien nehmen ihre Position, und von jeder tritt der Anführer in die Mitte des Platzes. Diese beiden suchen jetzt durch Wurfspieße, deren sie mehrere in der Hand haben, einander zu treffen; jeder ist bemüht, durch geschickte Wendungen des Körpers, dem Wurfe seines Gegners auszuweichen, und beide sind in unaufhörlicher Bewegung, indem sie hin und her springen, sich bücken, und dabei immer ihre Lanzen werfen. Die Armeen stehen unterdeß, den Ausgang erwartend, bewegungslos und still, und ein hoher Muth beseelt die Partei, deren Anführer Sieger ward, was sie als eine gute Vorbedeutung betrachten. Nach dieser Einleitung werden beide Armeen lebhaft, es treten Haufen gegen Haufen, in einem Augenblick sind alle in Thätigkeit, und man sieht die Luft voll abgestumpfter Lanzen, denn nur solcher dürfen sie sich in dieser Schlacht bedienen. Ihre wahre Kriegskunst besteht darin, die Linien der Feinde zu durchbrechen, die einzelnen Theile mit Macht anzugreifen, und Gefangene zu machen; daher versäumt ein geschickter Anführer nie, die Fehler des Gegners zu benutzen, oder ihn durch List dahin zu bringen, daß sich seine größere Macht nach einer Seite hinzieht, und dadurch der schwächere Theil ihm Preis gegeben wird. Ist eine solche List gelungen, so ist der Sieg entschieden, und der überlistete Theil unterliegt. Ganz auf die nämliche Weise geht es in wirklichen Schlachten her, nur mit dem Unterschiede, daß die Lanzen spitz genug sind, den Gegner auf zehn Schritt zu durchbohren; auch schleudern sie bei ihren Feldzügen Steine, und bedienen sich großer Knüttel, welche aus schwerem Holze gemacht sind. Da jetzt das Feuergewehr hier eingeführt ist, so wird der Gebrauch der Lanzen wohl bald aufhören. Tammeamea gilt allgemein für den geschicktesten Lanzenwerfer; er hat öfter, um seine Geschicklichkeit darin zu beweisen, mit vierzehn Lanzen zugleich auf seine Brust zielen lassen, wo jeder Wurf tödtlich gewesen wäre, und ist allen mit vieler Gewandheit ausgewichen. Der Ruf seiner unüberwindlichen Tapferkeit, hat ihm die Eroberung der Inseln leicht gemacht. Als er mit seiner Flotte vor Wahu erschien, flüchtete der dortige König in die Gebirge, überzeugt, daß auch an ihm der Gebrauch, den Ueberwundenen zu tödten, vollzogen werden würde. »Ich muß sterben, hatte er zu seinen Vertrauten gesagt, aber nicht durch die Hände meines Siegers, denn diesen Triumph gönne ich ihm nicht. Ich selbst will mich den Göttern opfern!« – Man hat später seinen Leichnam in einer Höhle, auf der Spitze eines Berges gefunden.

Am Nachmittag fuhren wir ans Land, und fanden auf dem bestimmten Platze über sechzig Jerris, die sich bereits zum Kampfe versammelt hatten, deren Lanzen aber, aus den Spitzen des Zuckerrohrs verfertigt, ziemlich unschädlich waren. Man theilte sich; das Spiel begann, und obgleich Kareimoku, der mit Theil daran nahm, es zu keiner entscheidenden Schlacht kommen ließ, so fanden sich doch nach Beendigung desselben, einige recht gefährlich Verwundete. Der Anblick dieses Schauspiels hat indeß etwas sehr Ergötzliches.

Den 10. und 11ten December. Der Rurick war wieder segelfertig, und nur das schlechte Wetter, während dieser beiden Tage, das uns nicht erlaubte, die bereit liegenden Lebensmittel an Bord zu bringen, hielt uns noch in Wahu zurück.

Den 13ten. Da sich das schöne Wetter wieder einstellte, das uns während unsers hiesigen Aufenthalts immer begünstigt hatte, so eilten wir, die Lebensmittel an Bord zu bringen, die in so reichlichem Maaße da waren, daß der Rurick sie nicht alle zu fassen vermochte. Wir bekamen Taro, Brodfrucht, Jams, Pataten, Cocosnüsse, Zuckerrohr und Wassermelonen, nebst siebenzehn Schweinen, einigen Ziegen, Hühnern und Enten. Die Schweine sind im Geschmack den europäischen weit vorzuziehn, was vermuthlich von ihrem Futter herrührt, das aus Zuckerrohr besteht.– Den Mittag speiste noch der Capitain Alexander Adams bei uns, dessen Unterhaltung, da er gescheit und viel gereist ist, uns sehr ergötzte. Er erzählte mir unter andern, daß vor ein Paar Jahren an der Küste Californiens, von den Amerikanern der vereinigten Staaten, eine Insel entdeckt wurde, die, der vielen Seeottern wegen, welche man darauf fand, den Namen: Seeotterinsel, erhielt. Ihre südliche Spitze liegt in 33º 17' nördlicher Breite; Länge nach Monddistanzen, 240º 50' östlich von Greenwich, der Umfang derselben beträgt zwischen 50 und 60 Meilen, und NNW von dieser Insel soll ein gefährlicher Riff seyn. Ferner bemerkte er, daß, während man sich in Europa bemühe, den Sclavenhandel zu vernichten, die Amerikaner ihn recht empor zu heben suchen. Um Sclaven einzuhandeln, begeben sich die amerikanischen Schiffe an die NW Küste Amerikas in die Breite 45º wo die Bevölkerung stark ist. Die dortigen Wilden, welche merken, daß Menschen ihnen besser bezahlt werden als Felle, legen sich auf diese schreckliche Jagd, und da sie alle durch amerikanische Kaufleute mit Feuergewehren versehen sind, so wird es ihnen leicht, die unglücklichen Stämme im Innern des Landes zu überwältigen, und diese dann auf den Schiffen gegen Kleidungsstücke zu vertauschen. Rührende Beispiele von Kindesliebe trifft man dort oft, und selbst davon profitiren die Unmenschen. Wenn z. B. ein Sohn die Gefangenschaft seines Vaters erfährt, so läuft er hin, um sich für diesen anzubieten, und sie nehmen diese Großmuth an, da der Jüngling ihnen lieber ist, als der Greis. Ist auf diese Weise das Schiff hinlänglich mit Sclaven beladen, so begibt es sich nach Norden bis zum 55º der Breite, wo die Küstenbewohner die Unglücklichen zu ihrer Bedienung gegen Seeotterfelle eintauschen, die die Europäer, erfreut über den schändlichen Erwerb, in China theuer verkaufen. Auch Tammeamea's Zutrauen mißbrauchen sie gern, und ein amerikanischer Schiffscapitain, dem er einmal ein Fahrzeug mit Sandelholz anvertraute, um es nach China zu bringen, ist nicht zurückgekehrt. Jährlich werden einige Matrosen, ihrer schlechten Aufführung wegen, hier abgesetzt, und da diese nur böse Beispiele geben, und nichts als Unheil stiften, so ist zu erwarten, daß so die Gutherzigkeit der Sandwichaner bald ganz untergraben seyn wird. Noch ärger beinah spielen ihnen die Missionairs mit, indem sie durch den Religionshaß den sie anfachen, ganze Nationen vernichten. Als ich in Adams Tagebuch blätterte, fand ich folgende interessante Notiz: Brigge Forester, den 24sten März 1815, in der See nahe bei der Küste Californiens. Breite 32º 45' nördlich, Länge 233º 3' östlich.
»Bei starkem Winde aus WNW und Regenwetter, sahen wir heute Morgen um sechs Uhr ein Schiff in geringer Entfernung, dessen unordentlicher Zustand der Segel uns überzeugte daß es Hülfe bedürfe. Wir richteten sogleich unsern Cours dahin und erkannten das verunglückte Schiff für ein Japanisches, welches Mast und Steuer verloren hatte. Ich wurde vom Capitain an Bord geschifft, und fand auf dem Schiffe nur drei sterbende Japaneser, den Capitain und zwei Matrosen. Die Unglücklichen ließ ich nach unserer Brigge bringen, welche nach einer vier monatlichen Pflege gänzlich hergestellt wurden. Wir erfuhren von diesen Leuten, daß sie aus dem Hafen Osaco, (in Japan) ausgelaufen, um nach einer andern Handelsstadt zu segeln, aber gleich beim Auslaufen durch einen Sturm überrascht, Steuer und Mast verloren hatten. Bis zum heutigen Tage war ihr Schiff siebenzehn Monate ein Spiel der Wellen gewesen und von fünf und dreißig Mann Besatzung, waren bloß diese drei übrig geblieben, die andern alle Hungers gestorben.« – Diese Note ist in so fern merkwürdig, da sie beweist, daß der Strom in diesen Meeren, nämlich nördlich von den Tropen, ihre Richtung immer von Westen nach Osten behält.
Adams besitzt das Vertrauen des Königs in hohem Grade, und ist von ihm mit der Brigg, die früher in O Waihi stand, nach Wahu geschickt worden, um dort jeden möglichen Aufruhr zu verhüten. Von O Waihi fürchtet er nichts, da er dort geboren, und die Götter selbst, ihn zum Könige bestimmten; die Bewohner von Wahu aber, scheinen ihm als Unterjochte sehr gefährlich.

Es war in Hana-rura bekannt geworden, daß wir morgen Wahu verlassen wollten. Wir hatten daher heute noch viel Besuch von den Vornehmen, die uns Geschenke brachten, und uns eine glückliche Reise wünschten. Die Weiber umgaben das Schiff schwimmend den ganzen Tag, und sagten ihren Freunden ein zärtliches Lebewohl. Kareimoku ließ mich noch durch Herrn Bekley ersuchen, beim Absegeln die Festung zu salutiren, wodurch er sie gewissermaßen einweihen wollte, und ich versprach es gern.

Den 14ten December. Früh um sechs Uhr forderten wir durch einen Kanonenschuß einen Lotsen, der sogleich in Begleitung einiger Doppelcanots erschien. Die Anker wurden gelichtet, der Rurick heraus bugsirt, und ich ließ, als Kareimoku jetzt an Bord erschien, mit sieben Schuß salutiren, was ihn so sehr erfreute, daß er mich verschiedene Male umarmte. Die Festung säumte nicht, meine Artigkeit zu erwiedern; und als diese geendigt, salutirte die königliche Brigg Kahumanna, was ebenfalls unserer Seits mit gleicher Zahl beantwortet ward. Jetzt war diese europäische Sitte auch auf den Sandwich-Inseln eingeführt; es machte mir Freude, der erste Europäer zu seyn, welcher mit der dortigen Festung Schüsse wechselte, und wenn einst Hana-rura sich zu einer blühenden Stadt erhoben, so kann man sagen: die Russen haben die Festung eingeweiht, und der Erste Schuß derselben fiel zu Ehren ihres Kaisers, Alexander des Ersten.

Um acht Uhr waren wir aus dem Hafen; Kareimoku versprach, die Götter zu bitten, daß uns am Tage die Sonne, in der Nacht der Mond geleiten möge, und verließ uns mit seinen Begleitern, die, indem sie abstießen, drei Mal Hurrah! riefen. Mit einem schwachen O Winde entfernten wir uns vom Lande, und hatten schon Nachmittags, indem ich SW steuern ließ, die höchste Spitze der Insel Wahu aus dem Gesicht verloren.

Meiner Instruction zu Folge, sollte ich mich die Wintermonate in der Gegend der so wenig bekannten Corallen-Inseln aufhalten, um dort Entdeckungen zu machen. Ich machte dazu keinen weitläuftigen Reiseplan, da mir aus Erfahrung bekannt ist, wie selten man einem solchen folgen kann; sind nur die Hauptpunkte bestimmt, so füllen sich während der Reise selbst die Lücken am besten. Jetzt nahm ich mir vor, den Cours von den Sandwich-Inseln so zu richten, daß ich die zwei kleinen Inseln in Augenschein nehmen könnte, welche 1807 von der Fregatte Cornwallis auf ihrer Fahrt von den Sandwich-Inseln nach Canton entdeckt worden sind. Ich hatte Ursache zu glauben, daß ihre Lage nicht ganz richtig angegeben war, da Capt. Krusenstern 1804, wo sie noch nicht entdeckt waren, mit der Nadeshda gerade über den Punkt wegsegelte, wo sie auf der Karte angezeigt sind. Die Menge Seevögel, welche dort die Nadeshda umflatterten, ließen Land in der Nähe vermuthen. Nachdem ich also diese gefunden, wollte ich den Lauf nach den Kutusofs- und Suworofs-Inseln richten, deren Bewohner im Besitz großer Böte sind, die wieder auf die Nachbarschaft anderer Inseln zu deuten scheinen; diese hoffte ich ebenfalls zu entdecken, und hierauf beschloß ich, mich nach den Carolinen zu begeben.

Observationen, die während unsers Aufenthalts in Wahu gemacht worden sind:

Das Mittel aus täglichen Mittagsobservationen gab:
für die Breite unsers Ankerplatzes ... 21º 17' 57" N.

Das Mittel aus Monddistanzen, welche mehrere Tage hinter einander genommen wurden,
gaben für die Länge unsers Ankerplatzes ... 157º 52' W.
Abweichung der Magnetnadel ... 10º 57' O.
Inklination der Magnetnadel ... 43º 39'.

Das Mittel unserer Beobachtungen in Wahu gab für die Zeit der hohen Fluth im Neu- und Vollmonde 2 Stunden 55 Minuten. Die größte Differenz der Wasserhöhe ging bis auf 6 Fuß. Der mittlere Stand des Barometers 29 Zoll 80 Linien. Der mittlere Stand des Thermometers 75º 0 Fahrenheit. – Ich gebe hier noch die Länge und Breite einer kleinen Insel an, die kürzlich entdeckt seyn soll. Breite 28º 15' N, Länge 172º 30' W. Noch muß ich erwähnen, daß Manuja während unsers Aufenthaltes in Wahu pünktlich die Befehle des Königs erfüllte. Nie verließ er das Schiff ohne meine Erlaubniß, bewahrte es vor Diebstahl, und war uns behilflich beim Einkauf hiesiger Seltenheiten. Bedurfte ich etwas, so sprang er sogleich ins Wasser, und ruhte am Lande nicht eher, als bis meine Forderungen erfüllt waren. Zu meinem Holzvorrath trieb er sogleich 100 Insulaner zusammen, die es fällen, herbeischleppen und kleinhauen mußten, was meine Matrosen in dem heißen Klima sehr angegriffen hätte. Wir beschenkten ihn reichlich beim Abschiede; besonders geehrt fühlte er sich dadurch, daß er die Sachen, welche ich Tammeamea schickte, in Empfang nehmen durfte.


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