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7.
Braunschweig

Der Altstadtmarkt. Heinrich der Löwe. Dankwarderode. Der Dom. Lessing's Grab. Das Schill-Denkmal.


. Die blau-gelben Schlagbäume und der Dialekt mit dem reinen A sagten mir, daß ich wieder einmal im Lande des unsichtbaren Herzogs angelangt sei. Wie still war es heute im Vergleich zu damals, als ich zuletzt den Sackbahnhof in all seiner Unbequemlichkeit bewunderte! Es war am Tage des Regierungs-Jubiläums des Herzogs und ganz Braunschweig vom Geiste freudiger Trunkenheit ergriffen. Wie drängten sich die Menschen in den Straßen, wie prächtig ging der Festzug durch diese hindurch, wie freuten sich die Braunschweiger, ihren Herzog einmal zu Gesicht zu bekommen, war es auch nur im geschlossenen Wagen. Und als ich Abends die Stadt verließ, wie strahlten da alle Fenster im Glanz der Illumination, wie glühten die alten Häuser im Scheine bengalischen Feuers und wie röthete sich der Himmel vom Wiederstrahl der lodernden Pechflammen, als schäme er sich des abscheulichen Regens, mit dem er das Fest begoß und die fröhlichen Mienen zu trüben suchte. Aber es gelang ihm nicht. Das wäre kein rechter Braunschweiger, der sich ein solches Fest durch ein paar Tropfen Wasser verderben ließe. Er weiß zu leben und leben zu lassen und freut sich des Daseins und der behaglichen Stätte, die ihm der Himmel geschenkt. Behaglich, würdig und freundlich ist Braunschweig auch im Alltagskleide. Stiller freilich als damals, aber darum nicht erstorben und öde, eine Stadt, die man immer wieder gern besucht, vor deren Vergangenheit mit ihren steinernen Zeugen man sich ehrfurchtsvoll neigt, um dann wieder seitab in die moderne Welt hinüberzuschweifen und zu sehen, was sie dem Menschen bietet.

Vielthürmig erhebt sich die alte Stadt der Brunonen und Welfen. Wer einen tausendjährigen Geburtstag hat feiern dürfen, wie sie es im Jahre 1861 gethan, der darf das Haupt schon kühn emporstrecken und Respekt vom kleinen Sohne der Gegenwart verlangen. Tausend Jahre, mehr schon als tausend Jahre! Es ist wahrhaftig ein Anachronismus, auf der Eisenbahn einzufahren in diese würdige Stadt! Aber er ist gar zu bequem, und so freut man sich, schnell wieder dort zu sein, die festen Thürme und feingeschnitzten Holzhäuser als alte Bekannte zu begrüßen und langsam vom Bahnhof hineinzuschlendern in die Mitte der Altstadt, die im Kranze moderner Gebäude wohlverwahrt daliegt, wie eine ehrwürdige Reliquie im neugeschenkten Schrein. Da ist ja wieder der Kohlmarkt, und die wohlgenährten Tritonen auf dem schmucken Brunnen setzen die Muschelhörner an die Lippen, als wollten sie dem Fremden einen Willkommengruß blasen. Da ist ja auch wieder das hohe Gewandhaus, malerisch und poetisch in seinen krausen, phantastischen Formen der deutschen Renaissance, und da thut sich schon der einzig schöne Altstadtmarkt auf mit dem schlanken Brunnen, dem prächtigen Rathhaus und der St. Martinikirche. Man merkt es den alten Bauten Braunschweigs an, daß die Berge des Elm und des Harzes in der Nähe liegen; der Sandstein herrscht, und vom Backstein, dem Baumaterial der Niederung, ist kaum mehr die Rede. Er dient nur als Füllung für die Fachwerkhäuser, die Hauptsache lieferten dem Bauherrn der Fels und der Wald. Wie mit einem scharfen Federmesser aus dem Felsen herausgeschnitten steht das Rathhaus in zierlichster Gothik da. Zweiflügelig umfaßt es den Marktplatz, und beide Stockwerke öffnen sich mit anmuthig feinen Bögen auf denselben, Laubengängen vergleichbar, in welchen die Ranken zu Stein geworden sind. Und an den Pfeilern, welche die Bögen tragen, stehen die Figuren sächsischer Fürsten und ihrer Gemahlinnen, eine Reihe von Heinrich dem Finkler bis auf Otto das Kind, sie alle einander so ähnlich, daß Niemand an der Echtheit des Geschlechtes zu zweifeln vermöchte. Freundnachbarlich erhebt sich gegenüber die Kirche, dem Rathhaus verwandt in ihren gothischen Formen, und der Brunnen in der Mitte plaudert mit beiden von allem, was sie gemeinsam gesehen. Mehr aber noch, als sie, könnten die Thürme der Kirche erzählen, die abgewandt vom Marktplatze stehen und nur von oben über das Kirchdach herüberlugen. Denn sie sind noch ein paar hundert Jahre älter, als die grauen Bauten ringsumher, die ersten Beispiele einer Erscheinung, die sich bei den meisten Kirchen Braunschweigs wiederholt. Fast bei allen reicht die Thurmanlage in die Glanzzeit romanischen Stils zurück, und der eigenthümliche Reiz dieser verschlossenen Bauart spricht aus ihnen. Der Hauptbau der Kirchen aber ist nicht in diesem Stile fertig geworden, oder hat späteren Bauten Platz machen müssen, und so erhebt sich meist hinter dem schweren Thurm das leichtere gothische Langhaus. Auch bei der Martinikirche ist es so, und wenn die Thürme mit den lauthallenden Glockenstimmen den Ruhm ihres Erbauers ins Land hinaus rufen könnten, so würde man hier zuerst einen Namen vernehmen, der immer wieder in Braunschweig genannt wird und der das Gesicht jedes guten Patrioten in hellem Stolz aufleuchten läßt, den Namen Heinrich's des Löwen.

An seine Gestalt, die von Kriegsruhm und Sagenglanz umwoben herrlich in der Geschichte steht, knüpft der Braunschweiger am liebsten die stolzen Erinnerungen seines Landes. Und viel hat Heinrich der Löwe für Braunschweig gethan. Das weitausgedehnte Reich freilich, das er in der Zeit seiner höchsten Macht sein eigen nennen und beherrschen durfte, zerfiel zugleich mit der Freundschaft zu Kaiser Friedrich, und der stolze Löwe mußte es noch erleben, daß er das Knie vor dem Herrscher beugte, um wenigstens sein Stammland zu retten. Was Heinrich aber für die Stadt Braunschweig gethan, das ist zum Theil bis auf unser Geschlecht erhalten geblieben, und was verging, das wird im Gedächtniß dankbar bewahrt. Als er das Erbe seiner brunonischen Ahnen antrat, fand er in Braunschweig keine fertige, feste Stadt, sondern eine Reihe von Ansiedlungen, die noch durch wüste Flächen von einander getrennt waren. Am rechten Ufer der Ocker, die hier die Lustigkeit und Wildheit des frischen Harzwassers bereits verloren hat und friedlich dahin fließt, lag die alte Wik, die Villa Bruneswik. Gegenüber, auf dem linken Ocker-Ufer, erhob sich die Burg Dankwarderode, vermuthlich ein Holzbau, und das von Heinrich's Großvater, Ekbert II., gegründete Cyriaksstift; südwestlich schloß sich die Altstadt, die Heimath der Kaufleute, an, und nordwärts die Neustadt, der Sitz des Handwerks. Wald, Wiesen und Busch aber trennten diese Ansiedlungen, und keine gemeinsame Mauer umgab sie zu Schutz und Trutz. Da rief der Herzog Ansiedler herbei, die nach seinem Willen im «Hagen», nördlich von der Burg der Herrscher, einen neuen Stadttheil gründeten, und als die Ansiedlung vollendet, ihre Gründer mit den üblichen Rechten und Freiheiten ausgestattet waren, zog er einen Steinwall umher, die Stadttheile auch äußerlich einend und zusammenfassend. Nur die alte Wik jenseit der Ocker blieb davon ausgeschlossen, sie nahm nicht Theil an dem Stadtrechte, das Heinrich der Löwe begründete, und bewahrte so für lange Zeit einen besonderen Charakter. In der geschlossenen Stadt aber begann der Herrscher in reichen Bauten sich selbst die schönsten Male der Erinnerung zu schaffen. Zu den älteren Kirchen, von denen keine bis heute erhalten ist, fügte er fünf neue hinzu, darunter sein Lieblingswerk, den Dom neben der Burg, welcher bestimmt war, seine irdischen Reste zu bergen. Ihn schmückte er vor allem, ihn stattete er mit Reliquien und Kostbarkeiten aus, und vor seinen Thoren errichtete er das Zeichen seiner Macht, den erzenen Löwen, der den geöffneten Rachen die Zähne weisend nach jener Seite kehrt, von wo die Feinde den Herzog bedrohten. Auch der alte Bau der Herrenburg fiel, und an seiner Statt erhob sich ein neuer Palast, prächtig und reich für jene Zeit, der Lieblingsaufenthalt Heinrich's des Löwen, der seine letzten Tage und seinen Tod erblicken sollte.

Hier im Mittelpunkte der Stadt haben wir denn auch heute die ehrwürdigsten und reichsten Erinnerungen Braunschweigs aufzusuchen. Der Löwe steht trotzig, wie vor siebenhundert Jahren, der Dom blickt auf ihn nieder, wie damals, und als sollte die ganze alte Herrlichkeit wieder erstehen, taucht der Bau des Schlosses Dankwarderode, wie Heinrich ihn errichten ließ, beim Abbruch eines späteren Bauwerkes plötzlich vor dem staunenden Auge aus den zertrümmerten Mauern wieder auf. Ein seltsamer Anblick ist es, diese Ruine in der Ruine. Als vor einigen Jahren die durch einen Brand beschädigte Burgkaserne dem Dom gegenüber abgerissen werden sollte, stießen die Zerstörer plötzlich innerhalb der Mauern auf Reste eines viel älteren Bauwerkes. Fensterbögen kamen zum Vorschein, Gesimse mit alten, romanischen Formen, dann auch Säulchen, welche die Fensterbögen trugen. Es ward geprüft, es ward weiter geforscht, es ward hin und her diskutirt, und eines Tages flatterte die frohe Nachricht in die Welt hinaus, daß man einen Theil der alten Burg Dankwarderode wieder freigelegt habe, wie Heinrich der Löwe dieselbe erbaute. Von allen Seiten kamen die Architekten herbei, an Gutachten und Plänen hat es nicht gefehlt, bis heute jedoch ist das Schicksal des interessanten Baudenkmales noch nicht entschieden. Nur allen Blicken freigelegt ist der glückliche Fund, und in der einen Langwand des Kasernenbaues schaut man jetzt unter einem Renaissancegiebel die zierlichen Fenster der alten Burg, spärliche Reste freilich, doch Reste, die nicht untergehen und verderben sollten. Jeder Freund deutscher Kunst und Geschichte muß wünschen, den alten Bau der Burg, die so lange den Mittelpunkt Braunschweigs bildete, wiederhergestellt zu sehen, damit sie zum Dom hinübergrüßt, wie vor Zeiten. Hier saß der alternde Löwe, der seine Macht gebrochen sah, der die Kräfte schwinden und den Tod nahen fühlte. Und wie der Blick hinüberschweifte zum Gotteshause, so hob sich die Seele zum Himmel und löste sich ab vom Irdischen. Aus alten Chroniken ließ er sich vorlesen, wenn er hier am Fenster saß und nach den vorüberziehenden Wolken spähte, oder wenn er träumend hineinschaute in die Gluth des wärmenden Kaminfeuers, und immer stiller wurde es in ihm nach den unruhigen Tagen des Lebens. Hier lag er, als kurz vor seinem Tode ein Blitzstrahl das Kirchendach traf und sein Gemach in rother Gluth aufleuchten ließ, ohne Furcht und Schrecken, doch dankbar, daß der Himmel das Feuer durch einen Regenguß selbst wieder löschte. Und hier starb er mit den Worten auf den Lippen: «Gott sei mir Sünder gnädig».

Dann ward er beigesetzt im Dom an der Seite der Gemahlin Mathilde, die ihm vorangegangen war, als er verbannt in England, in ihrer Heimath, weilte. Hier im Mittelschiff befindet sich ihr Grabmal, auf dem sie in lebensgroßen Figuren liegend dargestellt sind, ein schönes Werk der Bildhauerkunst. Mathildens regelmäßige Züge blicken aus matronenhafter Tracht mit ruhiger Freundlichkeit hervor, und das Antlitz des Gatten an ihrer Seite schaut auffallend jugendlich und milde in die Welt, die Vorstellung zerstörend, die sich die Phantasie von dem energischen, oft grausamen Kriegshelden gemacht hat. So ruht er hier inmitten seines Werkes. Er muß den Bau des Domes mit besonderem Eifer betrieben haben, denn der Stil der Kirche beweist, daß sie schneller vollendet wurde, als ihre Schwestern. Hier ist nicht allein die Thurmanlage romanisch, auch das Mittelschiff und die Chorparthie tragen diese Formen, und nur die beiden Seitenschiffe sind in späterer gothischer Zeit hinzugefügt, das eine mit gewundenen, seltsamen Säulen, die wie Zuckerwerk neben den schweren Pfeilern erscheinen. So hat man in der Gesammtheit den Eindruck einer gewölbten Pfeilerbasilika, ein Muster romanischen Stils, dessen Wirkung durch den vollständigen farbigen Schmuck erhöht und verfeinert wird. Auch hier hat eine Entdeckung stattgefunden, ähnlich der an der Burg Dankwarderode. Wie dort im Mauerwerk die alten Säulen, so fand man hier unter dem Ueberzug von weißem Kalk die alten Bilder, welche den ganzen Raum, die Pfeiler, die Bögen, die Wölbungen geschmückt. Man hat sie restaurirt und ergänzt, und so prangt heute wieder der weite Dom in heiteren, bunten Tönen, wie eine farbenfrohere Zeit sie liebte. Unser an die weißgetünchten, nüchternen Kirchen gewöhntes Auge erschrickt zuerst, wenn es diese Buntheit erblickt, aber es gewöhnt sich bald daran. Die einzelnen Farben verschwimmen in der Harmonie der Gesammtheit, und zuletzt scheint es nur noch, als sei ein goldig rother Schimmer über den weiten Raum ausgegossen, der mit den Strahlen der bunten Glasfenster zusammen dem kalten Stein eine Lebenswärme verleiht, die ihm sonst nicht zu eigen.

Nicht weit von Heinrich dem Löwen, dem erhöhten Chore näher, hat sein Sohn, Kaiser Otto IV., die Ruhe gefunden. Eine Messingplatte deckt sein Grab und erzählt mit vielen Worten von ihm und anderen Großen, die hier in seiner Nähe in die Erde gebettet sind. Auf dem Chor aber finden sich wieder viele Andenken an Heinrich den Löwen. Dort steht der Altar, den seine Gemahlin dem Dome geschenkt, eine Marmorplatte auf fünf metallenen Säulen, seit siebenhundert Jahren dem Dienste Gottes gewidmet. Dort erhebt sich der große, siebenarmige Leuchter, den Heinrich gestiftet, dort steht in Stein gehauen und bunt bemalt sein Bildniß und das des Bischofs Hermann von Hildesheim, der den Dom geweiht, und dort werden wohlverschlossen im eichenen Schrein Reliquien aufbewahrt, die Heinrich seiner Kirche gespendet. Unter dem Chor aber wölbt sich die Krypta, der die Fürstenleichen vieler Jahrhunderte anvertraut sind. Es ist eine lange Reihe von Ekbert II., der 1090 von seinen Dienern im Selkethale erschlagen ward, und Gertrud, der Aeltermutter Heinrich's des Löwen, die 1117 starb, bis zu der Schwester des regierenden Herzogs, deren Sarg, mit rothem Sammet überzogen, jetzt den Platz auf dem Paradebett inne hat, wo der Letztgestorbene steht, bis der Tod einen andern an seine Stelle bringt. Es ist ein stolzes, tapferes Geschlecht, das hier ruht! Neun Fürsten schlummern hier, die ihr Leben in Schlachten gelassen, und neben verwelkten Kränzen liegen Siegestrophäen, unverwelkliche, auf ihren Särgen.

So führt der Tod den Lebenden an den Reihen der Särge vorbei von frühen zu späteren Geschlechtern. Wer die Geschichte Braunschweigs kennt, sieht dieselbe an dieser Stelle vor dem Auge des Geistes vorüberziehen. Er sieht das Werden und Wachsen der Stadt, ihr Gedeihen durch die Pflege mächtiger Fürsten, ihr Erstarken zu kühner Selbständigkeit und Freiwerden von der Landeshoheit. Er erblickt sie als Hauptstadt des sächsich-westfälischen Quartiers der Hansa, mit deren Blüthe ihr höchster Glanz zusammenfällt. Er schaut dann traurige Tage, sieht Bürgerblut von Bürgershand vergossen und Rathsherren ihr Haupt beugen unter dem Beile des Henkers, vernimmt den Lärm der Kämpfe mit der fürstlichen Gewalt und sieht die Herzöge siegreich wieder einziehen in ihre Residenz. Vollständig aber ist das Bild noch nicht, das hier entsteht. Um es zu vollenden, bedarf es eines Weges nach dem Platz in der Nähe des Augustthores, wo ein erzenes Standbild errichtet ist, und von dort hinaus auf den Magnikirchhof zu einem Grabe, das in reichem Schmuck von blühenden Gewächsen, Lebensbäumen und Palmen würdig daliegt. Derselbe Name, wie dort am Postament der Statue, steht hier unter dem Relief des Grabsteins: Gotthold Ephraim Lessing. Der Kämpfer des Geistes muß neben die Kriegshelden treten, um Braunschweig ganz unvergeßlich zu machen. Und noch ein paar hundert Schritte weiter aus der Stadt hinaus liegt ein Denkmal, das wehmüthige und freudige Gefühle zugleich erweckt. Hier im Schatten gepflegter Bäume, auf einer leichten Erhöhung erhebt sich ein Stein mit einem eisernen Kreuze darauf. Unter ihm ruhen die Leiber von 14 Soldaten des Schill'schen Freikorps, die an dieser Stelle erschossen wurden, und bei ihnen das Haupt dessen, der sie zum Kampfe für das geknechtete Vaterland aufrief, und dem sie freudig gefolgt sind bis in den Tod. Daneben ist ein kleiner Erinnerungstempel errichtet, kaum so groß, daß man sich darin umwenden kann, aber voll von Andenken an einen echten deutschen Mann. Hier finden wir Schill's Bildniß, die Uniform, die er getragen, eine Börse, die er benutzt, und als werthvollste Erinnerung eine Brieftasche, die ihm die Königin Luise von Preußen geschenkt, mit der Widmung: «Für den braven Herrn v. Schill. Königsberg, 21. Mai 1808. Luise». Dicht dabei an der Wand aber hängt unter Glas und Rahmen der Aufruf Schill's an die deutsche Nation, der, wie mit Feuerflammen, die Seelen seiner unterjochten Brüder erfaßte. Wunderbar, wie jene Zeit den Soldaten zum Dichter machte! Die Gluth der Begeisterung gab ihm die Sprache der Poesie, wie sie gleich mächtig in Kleist's «Hermannsschlacht» erklingt, und wie sie wundervoll nachhallt in Wildenbruch's «Menonit».

Doch genug von den Gräbern, sonst möchte Braunschweig erscheinen wie ein großer Kirchhof. Das hübsche Mädchen dort, welches an die Seite des flotten Husaren geschmiegt vorübergeht und den Blick nicht losreißen mag von ihm, ist ein passenderes Symbol für die Stadt, welche den Ruf gesunder Lebenslust sich vom Mittelalter her noch bewahrt hat. Wer wollt' es ihr verdenken? Ihr Handel und Wandel blüht, ihre Bauten dehnen sich aus, ihr Besitz mehrt sich – da sollen doch selbst die Kopfhänger zufrieden sein.


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