Johann Heinrich Jung-Stilling
Henrich Stillings Jünglings-Jahre / 1
Johann Heinrich Jung-Stilling

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Sein Vater Wilhelm Stilling war indessen zu Haus mit angenehmern Sachen beschäftiget. Die Wunde über Dortchens Tod war heil, er erinnerte sich allezeit mit Zärtlichkeit an sie; allein, er trauerte nicht mehr, sie war nun vierzehn Jahr tot, und seine strenge mystische Denkungsart milderte sich insoweit, daß er jetzt mit allen Menschen Umgang pfloge, doch war alles mit freundlichem Ernst, Gottesfurcht, und Rechtschaffenheit vermischt, so, daß er Vater Stilling ähnlicher wurde, als eins seiner Kinder. Er wünschte nun auch einmal Hausvater zu werden, eigenes Haus und Hof zu haben, und den Ackerbau neben seinem Handwerk zu treiben; deswegen suchte er sich jetzt eine Frau, die neben den nötigen Eigenschaften, Leibes und der Seelen, auch Haus und Güter hätte; er fand bald was er suchte. Zu Leindorf, zwo Stunden von Tiefenbach westwärts, war eine Witwe von achtundzwanzig Jahren, eine ansehnliche brave Frau; sie hatte zwei Kinder aus der ersten Ehe, wovon aber eins bald nach ihrer Hochzeit starb. Diese war recht froh, als sie Wilhelm begehrte, ob er gleich gebrechliche Füße hatte. Die Heurat wurde geschlossen, der Hochzeitstag bestimmt, und Henrich bekam einen Brief nach Dorlingen, der in den wärmsten und zärtlichsten Ausdrücken, deren sich nur ein Vater gegen seinen Sohn bedienen kann, die ganze Sache bekannt machte, und ihn auf den bestimmten Tag zur Hochzeit einlud. Henrich las diesen Brief, legte ihn hin, stund und bedachte sich, er mußte sich erst tief prüfen, ehe er finden konnte, ob ihm wohl oder weh dabei ward; so ganz verschiedene Empfindungen stiegen in seinem Gemüt auf. Endlich schritte er ein paarmal vor sich hin, und sagte zu sich selbst: »Meine Mutter ist im Himmel, mag diese einsweilen in diesem Jammertal bei mir und meinem Vater ihre Stelle vertreten. Dereinsten werd ich doch diese verlassen, und jene suchen. Mein Vater tut wohl! – Ich will sie doch recht liebhaben, und ihr allen Willen tun, so gut ich kann, so wird sie mich wieder lieben, und ich werde Freude haben.«

Nun machte er Steifmann die Sache bekannt, forderte etwas Geld, und reiste nach Tiefenbach zurück. Er wurde daselbst von allen mit tausend Freuden empfangen, besonders von Wilhelmen, dieser hatte ein wenig gezweifelt, ob sein Sohn auch wohl murren würde; da er ihn aber so heiter kommen sah, flossen ihm die Tränen aus den Augen, er sprung auf ihn zu, und sagte:

»Willkommen, Henrich!«

»Willkommen, Vater! ich wünsche Euch von Herzen Glück zu Eurem Vorhaben, und ich freue mich sehr, daß Ihr nun in Eurem Alter Trost haben könnt, wenn's Gott gefällt.«

Wilhelm sunk auf einen Stuhl, hielt beide Hände vors Gesicht und weinte. Henrich weinte auch. Endlich fing Wilhelm an: »Du weißt, ich hab mir in meinem Witwerstand fünfhundert Reichstaler erspart; ich bin nun vierzig Jahr' alt, und ich hätte vielleicht noch vieles ersparen können, dieses alles entgeht dir nun; du wärst doch der einzige Erbe davon gewesen!«

»Vater, ich kann sterben, Ihr könnt sterben, wir beide können noch lange leben, Ihr könnt kränklich werden, und mit Eurem Geld nicht einmal auskommen. Aber, Vater! ist meine neue Mutter, meiner seligen Mutter ähnlich?«

Wilhelm hielt wiederum die Hände vor die Augen. »Nein!« sagte er, »aber sie ist eine brave Frau.«

»Auch gut«, sagte Henrich, und stund ans Fenster, um noch einmal seine alte romantische Gegenden zu schauen. Es lag kein Schnee. Die Aussicht in den nahen Wald kam ihm so angenehm vor, ob es gleich in den letzten Tagen des Februars war, daß er beschloß hin zu spazieren; er ging den Hof hinauf, und in den Wald hinein. Nachdem er eine Weile umhergewandelt, und sich ziemlich von den Häusern entfernt hatte, wurde es ihm so wohl in seiner Seelen, er vergaß der ganzen Welt, und wandelte in Gedanken vertieft, vor sich hin; indessen kam er unvermerkt an die Westseite des Geisenberger Schlosses. Schon sah er zwischen den Stämmen der Bäume durch, auf dem Hügel die zerfallene Mauern liegen. Das überraschte ihn ein wenig. Nun rauschte etwas zur Seiten im Gesträuche, er schaute hin, und sahe ein anmutiges Weibsbild stehen, blaß, aber zärtlich im Gesicht, in Leinen und Baumwolle gekleidet. Er schauderte, und das Herz klopfte ihm, da es aber noch früh am Tage war, so furchte er sich nicht; sondern fragte: »Wo seid Ihr her?« Sie antwortete: »Von Tiefenbach.« Das kam ihm fremd vor, denn er kannte sie nicht. »Wie heißt Ihr denn?« – »Dortchen.« Stilling tat einen hellen Schrei, und sank zur Erden in Ohnmacht. Das gute Mädchen wußte nicht, wie ihr geschah; sie kannte den jungen Burschen auch nicht. Denn sie war erst als Magd auf Neujahr nach Tiefenbach gekommen. Sie lief bei ihn, kniete bei ihn auf die Erde und weinte. Sie verwunderte sich sehr über den jungen Menschen, besonders, daß er so weiche Hände, und ein so weißes Gesicht hatte; auch waren seine Kleider reiner und sauberer, auch wohl ein wenig besser, als der andern Burschen ihre. Der Fremde gefiel ihr. Indessen kam Stilling wieder zu sich selber, er sahe die Weibsperson nahe bei sich, er richtete sich auf, sah sie starr an, und fragte zärtlich: »Was macht Ihr hier?« Sie antwortete sehr freundlich: »Ich will dürres Holz lesen. Wo seid Ihr her?« Er erwiderte: »Ich bin auch von Tiefenbach, Wilhelm Stillings Sohn.« Nun hörte er, daß sie seit Neujahr erst Magd daselbst war; und sie hörte seine Umstände, es tat beiden leid, daß sie sich verlassen mußten. Stilling spazierte nach dem Schloß, und sie lase Holz. Es hat wohl zwei Jahr' gedauert, eh' das Bild dieses Mädchens in seinem Herzen verlosch, so fest hatte es sich seiner Seelen eingepräget. Als die Sonne sich zum Untergang neigte, ging er wieder nach Haus; er erzählte aber nichts von dem, was vorgefallen war, nicht so sehr aus Verschwiegenheit, sondern aus andern Ursachen.

Des andern Tages ging er mit seinem Vater, und andern Freunden nach Leindorf zur Hochzeit; seine Stiefmutter empfing ihn mit aller Zärtlichkeit, er gewann sie lieb, und sie liebte ihn wieder; Wilhelm freute sich dessen von Herzen. Nun erzählte er auch seinen Eltern, wie betrübt es ihm zu Dorlingen ginge. Die Mutter riete, er sollte zu Haus bleiben, und nicht wieder hingehen; allein Wilhelm sagte: »Wir haben noch immer Wort gehalten, es darf an dir nicht fehlen; tun's andre Leute nicht, so müssen sie's verantworten; du mußt aber deine Zeit aushalten.« Dieses war Stillingen auch nicht sehr zuwider. Des andern Morgens reiste er wieder nach Dorlingen. Allein, seine Schüler kamen nicht wieder; das Frühjahr rückte heran, und ein jeder begab sich aufs Feld. Da er nun nichts zu tun hatte, so wies man ihm verächtliche Dienste an, so, daß ihm sein tägliches Brot recht sauer wurde.

Noch vor Ostern, ehe er abreiste, hatten Steifmanns Knechte beschlossen, ihn recht trunken zu machen, um so recht ihre Freude an ihm zu haben. Als sie des Sonntags aus der Kirche kamen, sagte einer zum andern: »Laßt uns ein wenig wärmen ehe wir uns auf den Weg begeben«, denn es war kalt, und sie hatten eine Stunde zu gehen. Nun war Stilling gewohnt, in Gesellschaft nach Haus zu gehen; er trat deswegen mit hinein, und setzte sich bei dem Ofen. Nun ging's ans Brannteweintrinken, der mit einem Sirup versüßt war; der Schulmeister mußte mittrinken; er merkte bald, wo das hinaus wollte, daher nahm er den Mund voll, spie ihn aber unvermerkt wieder aus, unter den Ofen ins Steinkohlengefäß. Die Knechte bekamen also zuerst einen Rausch, und nun merkten sie nicht mehr auf den Schulmeister, sondern sie betrunken sich selbsten aufs beste; unter diesen Umständen suchten sie endlich Ursache an Stilling, um ihn zu schlagen, und kaum entkam er aus ihren Händen. Er bezahlte seinen Anteil an der Zeche, und ging heimlich fort. Als er nach Haus kam, erzählte er Herrn Steifmann den Vorfall; allein der lachte darüber. Man sah ihm an, daß er den mißlungenen Anschlag bedauerte. Die Knechte wurden nun vollends wütend, und suchten allerhand Gelegenheit, ihm eins zu versetzen; allein Gott bewahrte ihn. Noch zween Tage vor seiner Abreise traf ihn ein Bauernsohn aus dem Dorf auf dem Feld; er war mit bei der Branntweinszeche gewesen, dieser griff ihn am Kopf und runge mit ihm, ihn zur Erde zu werfen; es war aber zu gutem Glück ein alter Greis nahe dabei im Hof, dieser kam herzu, und fragte: was ihm der Schulmeister getan habe? Der Bursche antwortete: »Er hat mir nichts getan, ich will ihm nur ein paar um die Ohren geben.« Der alte Bauer aber griff ihn, und sagte gegen Stilling: »Geh du nach Haus!« und darauf gab er ihm einige derbe Maulschellen, und versetzte: »Nun geh du auch zu Haus, das hab ich nur so vor Spaß getan.«

Den zweiten Ostertag nahm Stilling seinen Abschied zu Dorlingen, und des Abends kam er wiederum bei seinen Eltern zu Leindorf an.

Nun war er insoweit wiederum in seinem Element, er mußte freilich wacker auf dem Handwerk arbeiten; allein, er wußte doch nun wieder Gelegenheit an Bücher zu kommen. Den ersten Sonntag ging er nach Zellberg und holte den Homer, und wo er sonst etwas wußte, das nach seinem Geschmack schön zu lesen war, das holte er herbei, so daß in kurzem das Brett über den Fenstern her, wo sonsten allerhand Geräte gestanden hatte, ganz voll Bücher stund. Wilhelm war dessen so gewohnt, er sah es gern; allein, der Mutter waren sie zuweilen im Wege, so, daß sie fragte: »Henrich, was willst du mit allen den Büchern machen?« Er lase also des Sonntags, und während dem Essen; seine Mutter schüttelte dann oft den Kopf und sagte: »Das ist doch ein wunderlicher Junge!« – Wilhelm lächelte dann so, auf Stillings Weise, und sagte: »Gretchen laß ihn halt machen!« –

Nach einigen Wochen fing nun die schwerste Feldarbeit an. Wilhelm mußte darin seinen Sohn auch brauchen, wenn er keinen Taglöhner an seine Stelle nehmen wollte, und damit würde die Mutter nicht zufrieden gewesen sein; allein, dieser Zeitpunkt war der Anfang von Stillings schwerem Leiden; er war zwar ordentlich groß und stark, aber von Jugend auf nicht dazu gewöhnt, und er hatte kein Glied an sich, das zu dergleichen Geschäften gemacht war. Sobald er anfing zu hacken oder zu mähen, so zogen sich alle seine Glieder an dem Werkzeug, als wenn sie hätten zerbrechen wollen; er meinte oft vor Müdigkeit und Schmerzen niederzusinken, aber da half alles nichts; Wilhelm fürchtete Verdruß im Hause, und seine Frau glaubte immer, Henrich würde sich vor und nach daran gewöhnen. Diese Lebensart wurde ihm endlich unerträglich; er freute sich nunmehr, wenn er zuweilen an einem regnichten Tage am Handwerk sitzen, und seine zerknirschten Glieder erquicken konnte; er seufzte unter diesem Joch, ging oft allein, weinte die bitterste Tränen, und flehte zum himmlischen Vater um Erbarmung, und um Änderung seines Zustandes.

Wilhelm litt heimlich mit ihm. Wenn er des Abends mit geschwollenen Händen voller Blasen, nach Haus kam, und von Müdigkeit zitterte, so seufzte sein Vater, und beide sehnten sich mit Schmerzen wieder nach einem Schuldienst. Dieser fand sich auch endlich nach einem sehr schweren und mühseligen Sommer, ein. Die Leindorfer, wo Wilhelm wohnte, beriefen ihn auf Michaelis 1756 zu ihrem Schulmeister. Stilling willigte in diesen Beruf mit Freuden; er war nun glückselig, und trat mit seinem siebenzehnten Jahr dieses Amt wieder an. Er speiste bei seinen Bauern um die Reihe, vor und nach der Schule aber, mußte er seinem Vater am Handwerk helfen. Auf diese Weise blieb ihm keine Zeit zum Studieren übrig, als nur, wenn er auf der Schule war; und da war der Ort nicht, um selber zu lesen, sondern andre zu unterrichten. Doch stahl er manche Stunde, die er auf die Mathematik, und andere Künsteleien verwandte. Wilhelm merkte das, er stellte ihn darüber zur Rede, und schärfte ihm das Gewissen. Stilling antwortete mit betrübtem Herzen: »Vater! meine ganze Seele ist auf die Bücher gerichtet, ich kann meine Neigung nicht bändigen, gebt mir vor und nach der Schule Zeit, so will ich kein Buch auf die Schule bringen.« Wilhelm erwiderte: »Das ist doch zu beklagen! alles, was du lernst, bringt dir ja kein Brot und Kleider ein, und alles, was dich ernähren könnte, dazu bist du ungeschickt.« Stilling betrauerte selber seinen Zustand, denn das Schulhalten war ihm auch zur Last, wenn er dabei keine Zeit zum Lesen hatte; er sehnte sich derowegen von seinem Vater ab, und an einen andern Ort zu kommen.

Zu Leindorf waren indessen die Leute ziemlich mit ihm zufrieden, obgleich ihre Kinder in der Zeit mehr hätten lernen können; denn sein Wesen und sein Umgang mit den Kindern gefiel ihnen. Auch der Herr Pastor Dahlheim, zu dessen Kirchspiel Leindorf gehörte, ein Mann, der seinem Amt Ehre machte, liebte ihn. Stilling wunderte sich über die Maßen, als er das erstemal bei diesem vortrefflichen Mann auf sein Zimmer kam; er war ein Greis von achtzig Jahren, und lag just auf einem Ruhebettchen, als er zur Tür hereintrat; er sprung auf, bot ihm die Hand, und sagte: »Nehmt mir nicht übel, Schulmeister! daß Ihr mich auf dem Bette findet, ich bin alt und meine Kräfte wanken.« Stilling wurde von Ehrfurcht durchdrungen, ihm flossen die Tränen die Wangen herab. »Herr Pastor!« antwortete er, »es freut mich recht sehr, unter Ihrer Aufsicht Schule zu halten! Gott gebe Ihnen viel Freude und Segen in Ihrem Alter!« »Ich danke Euch, lieber Schulmeister!« erwiderte der edle Alte, »ich bin, Gott sei Dank! nahe an dem Ziel meiner Laufbahn, und ich freue mich recht auf meinen großen Sabbat.« Stilling ging nach Hause, und unterwegens machte er die besondere Anmerkung: Herr Dahlheim müßte entweder ein Apostel, oder Herr Stollbein ein Baalspfaffe sein.

Herr Dahlheim besuchte zuweilen die Leindorfer Schule, wenn er auch dann eben nicht alles in gehöriger Ordnung fande, so fuhr er nicht aus, wie Herr Stollbein, sondern er ermahnte Stillingen ganz liebreich, dieses oder jenes abzuändern; und das tat bei einem so empfindsamen Gemüt immer die beste Wirkung. Diese Behandlung des Herrn Pastors war würklich zu bewundern, denn er war ein gähzorniger hitziger Mann, aber nur gegen die Laster, nicht gegen die Fehler; dabei war er auch gar nicht herrschsüchtig. Um den Charakter dieses Mannes meinen Lesern zu schildern, will ich eine Geschichte erzählen, die sich mit ihm zugetragen hat, als er noch Hofprediger bei einem Fürsten zu R... gewesen war. Dieser Fürst hatte eine vortreffliche Gemahlin, und mit derselben auch verschiedene Prinzessinnen, dennoch verliebte er sich in eine Bürgerstochter in seiner Residenzstadt, bei welcher er, seiner Gemahlin zum höchsten Leidwesen, ganze Nächte zubrachte. Dahlheim konnte das ungeahndet nicht hingehen lassen; er fing auf der Kanzel an, unvermerkt dagegen zu predigen, doch fühlte der Fürst wohl wohin der Hofprediger zielte, daher blieb er aus der Kirchen, und fuhr während der Zeit auf sein Lusthaus in den Tiergarten. Einsmals kam Dahlheim und wollte in die Kirche gehen zu predigen, er traf den Fürsten just auf dem Platz, als er in die Kutsche steigen wollte; der Hofprediger trat herzu, und fragte: »Wo gedenken Eure Durchlaucht hin?« »Was liegt dir Pfaff daran?« war die Antwort. »Sehr viel!« versetzte Dahlheim, und ging in die Kirche, allwo er mit trocknen Worten, gegen die Ausschweifungen der Großen dieser Welt anging, und ein Weh über das andre gegen sie ausrief. Nun war die Fürstin in der Kirche, sie ließ ihn zur Mittagstafel bitten, er kam, und sie bedauerte seine Freimütigkeit, und befürchtete üble Folgen. Indessen kam der Fürst wieder, fuhr aber auch alsofort wieder in die Stadt zu seiner Mätresse, welche zum Unglück auch in der Hofkapelle gewesen war, und Herrn Dahlheim gehöret hatte. Sowohl der Hofprediger, als auch die Fürstin, hatten sie gesehen, sie konnten leicht das Gewitter voraussehen, welches Herrn Dahlheim über dem Haupt schwebte; dieser aber kehrte sich an nichts, sondern sagte der Fürstin, daß er alsofort hingehen und dem Fürsten die Wahrheit ins Gesicht sagen wollte, er ließ sich auch gar nicht warnen, sondern ging alsofort hin, und gerade zum Fürsten ins Zimmer. Als er hineintrat, stutzte derselbige, und fragte: »Was habt Ihr hier zu machen?« Dahlheim antwortete: »Ich bin gekommen, Ew. Durchlaucht Segen und Fluch vorzulegen, werden Dieselben diesem ungeziemenden Leben nicht absagen, so wird der Fluch Dero hohes Haus und Familie treffen, und Stadt und Land werden Fremde erben.« Darauf ging er fort, und des folgenden Tages wurde er abgesetzt und des Landes verwiesen. Doch hatte der Fürst hiebei keine Ruhe, denn nach zweien Jahren rief er ihn mit Ehren wieder zurück, und gab ihm die beste Pfarre, die er in seinem Lande hatte. Dahlheims Weissagung wurde indessen erfüllt. Schon vor mehr als vierzig Jahren ist kein Zweig mehr von diesem fürstlichen Hause übrig gewesen. Doch ich kehre wieder zu meiner Geschichte.


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