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Fünftes Stück.
Blätter aus dem Tage- und Lebensbuch

Vierzehn-Tags-Blatt.

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Erstes Stück.

17. Mai 1789.

Vorrede.

Der alte Peuzer, den nur ein Redner genügsam erheben kann den er selbst gebildet, sagt in seiner Oratorie: »Ein Mensch kann sehr leicht etwas Geschicktes, besonders eine Vorrede zu einem Vierzehntagsblatt schreiben, wenn er fragt: Quis? quid? ubi? quibus auxiliis? cur? quomodo? quando?« Und das soll auch geschehen.

Erstlich, quis, wer schreibt das Vierzehntagsblatt? Ich selbst; wiewol sich darüber, philosophisch zu reden noch gar sehr disputiren lässet.

Quid, was schreib ich? Ein närrisches Vierzehntagsblatt, das einige Pasquillen gegen meinen Nächsten enthalten soll. Ich will auf Wunderlichs Papier das abgerissene Drehhäuschen wieder aufpflanzen Wunderlich war der Besitzer der Papiermühle in Hof; das Drehhäuschen ist ein Strafort. und jeden, der darin Sitz und Stimme verdient, hineinschieben, z. B. künftig einmal den halben Rath. Ich will Grandprofos von Hof werden und Niemand schonen, als mich. O ihr Göttinnen für die Gymnasien, ihr Musen, wenn ich meine Hand hinausstrecke und mit unsichtbaren Buchstaben »Mene Mene Tekel Uphrasie« auf irgend einen Thoren schreiben will, so .... stellt mir doch gleich den Stadtvogt hin. Aber ich bin ja erst in der Vorrede.

Ubi, wo wirds geschrieben? Natürlich in Hohbergs Haus Da wohnte Jean Paul in Hof. und hinter der Stadtmauer, die uns alle belagert und blockirt und unsern Lungen frischen Wind abschneidet. Denn die alten Stadtmauern und Justizbeamten schirmen eben so gut, wo nicht besser gegen Feinde, als die weibliche Brustwehr und der Robben-Verhau gegen Freunde.

Quibus auxiliis, durch welche Hülfsmittel schreib ich besagtes beliebtes Blatt? Das weiß der Himmel, sobald es die Herren Otto Jugendfreunde des Autors. Vergl. Wahrheit aus J. Paul's Leben. IV. nicht wissen. Aber diese wissen's eben, und alles, was sie mir erzählen, werd' ich ihnen auf dem Vierzehntagsblatt wiedererzählen.

Cur, warum thu' ich's? Spaßes und Nutzens wegen. Da mich der Conrector in gar nichts mehr übt, – er muß doch denken, ich sei schon der Mann, der recht gut ohne seinen Vorspann hübsche Cyrien zu setzen vermag, – so muß ich's selber thun, und meine Kammer, worin wenig Licht ist, für eine Terzia halten. Ich sag es grad heraus, ich mache mir Hoffnung, daß ich, wenn ich diese Sprachübungen und das Studium der deutschen Programmen, die jedem offnen Kopfe und jedem offnen Leibe gefallen müssen, einige Sommer forttreibe, am Ende etwa mir einen Styl eigen mache, der sich von des Herrn Rector seinem wenig oder nicht unterscheidet. Das zweite Warum ist das ganze Publikum, dem ich ein Vergnügen machen will; ich meine nicht das unsichtbare große Publikum, das einem Autor nicht einmal so viel gibt, wie der Verleger, sondern das sichtbare kleine, bei dem ein Buchmacher doch zuweilen im Gartenhause essen kann, welches recht ist. Dieses in einem Hause lebende Publikum üb' ich täglich im Verzeihen und wenn es andern Menschen närrische Reden, Launen, ungewichste Stiefeln und Erb- und wirkliche Sünden gegen die Kleiderordnung ohne Mühe zu vergeben weiß, so vergess' es doch nicht, daß es bloß meinem Körper diese Leichtigkeit zu verdanken habe; denn ich gab mir ja die Mühe und hatte jene Fehler, und übte daran besagtes Publikum so sehr.

Quomodo, wie soll das Blatt geschrieben werden? Ohne sonderlichen Verstand und ohne Anstrengung und (wie Päße) ohne Ausstreichen; damit es aber doch von einer hiesigen Predigt noch sehr verschieden bleibe, so soll es ausdrücklich nicht alle acht, sondern alle vierzehn Tage erscheinen; und dadurch wend' ich auch die Aehnlichkeit mit dem Intelligenzblatt ab.

Quando, wann soll's aber geschrieben werden? Das werdet ihr doch noch aus dem vorigen Paragraphen wissen.

Ich habe nicht das Herz, es zu untersuchen, ob etwa Neid mich (so wie den Autor, der mit einem ganzen Buch voll Druckschwärze den vorigen König in Preußen besuchen will) mit bestimme, die Höfer auf eine Pillory zu erheben: aber ich glaube, eben große und vortreffliche Menschen kann man, weil sie weniger dabei verlieren, am schicklichsten meistern und tadeln und eben weil die Höfer unter die Preis- und Accessitschriften der Natur gehören und als Gegenstände der Nachahmung herumgehen, muß ein geschickter Autor im Hohberger'schen Hause auf sie losfallen und ein raisonnirendes Verzeichniß der Schreib- und Druckfehler dieser Preisschriften mit Verstand aufsetzen (weil sonst andre Gegenden am Muster zugleich die Fehler nachkopiren) und z. B. zum hiesigen geistlichen Oberhaupt sagen: »Sie sind ein wahres Schaaf zur Rechten Christi!« – und zum weltlichen: »Sie sind ein Bock zu seiner Linken!«

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