Henrik Ibsen
Rosmersholm
Henrik Ibsen

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Erster Akt

Wohnstube auf Rosmersholm; geräumig, altmodisch und gemütlich.

Vorn an der Wand rechts ein Kachelofen, der mit frischem Birkengrün und Wiesenblumen geschmückt ist. Weiter hinten eine Tür. An der Rückwand eine Flügeltür, die ins Vorzimmer führt. An der Wand links ein Fenster und davor ein Behälter mit Blumen und Pflanzen. Beim Ofen ein Tisch mit Sofa und Lehnstühlen. Rings an den Wänden hängen ältere und neuere Porträts von Geistlichen, Offizieren und Beamten in Uniform. Das Fenster steht offen. Ebenso die Vorzimmertür und die äußere Haustür. Draußen sieht man die großen, alten Bäume einer Allee, die zum Gut hinführt. Sommerabend. Die Sonne ist untergegangen.

Rebekka sitzt in einem Lehnstuhl am Fenster und häkelt an einem großen weißen wollenen Schal, der bald fertig ist. Dann und wann guckt sie spähend zwischen den Blumen zum Fenster hinaus. Nach einer Weile kommt Madam Helseth von rechts.

Madam Helseth. Ich könnte jetzt wohl so langsam den Tisch fürs Abendessen decken, Fräulein?

Rebekka. Ja, tun Sie das. Der Herr Pastor wird wohl bald kommen.

Madam Helseth. Zieht es nicht recht sehr da, wo Sie sitzen, Fräulein?

Rebekka. Ja, ein wenig. Bitte, machen Sie zu.

Madam Helseth geht zur Vorzimmertür und schließt sie; dann geht sie zum Fenster hin.

Madam Helseth sieht hinaus, indem sie zumachen will. Aber ist das nicht der Herr Pastor, der da hinten geht?

Rebekka rasch. Wo? Steht auf. Ja, das ist er. Hinter dem Vorhange. Treten Sie zur Seite. Er braucht uns nicht zu sehen.

Madam Helseth in der Mitte des Zimmers. Denken Sie nur, Fräulein, – er geht schon wieder den Mühlenweg.

Rebekka. Den Mühlenweg ist er auch schon vorgestern gegangen. Guckt zwischen Vorhang und Fensterrahmen hinaus. Aber nun wollen wir mal sehen –

Madam Helseth. Traut er sich über den Steg?

Rebekka. Das will ich ja gerade sehen. Nach kurzer Pause. Nein. Er kehrt um. Geht auch heut oben herum. Tritt vom Fenster zurück. Ein weiter Umweg.

Madam Helseth. Herrgott, ja. Es muß dem Herrn Pastor wohl schwer fallen, den Steg da zu betreten. Wo so etwas geschehen ist –

Rebekka legt das Häkelzeug zusammen. Auf Rosmersholm hängen sie lange an ihren Toten!

Madam Helseth. Ich meine nun, Fräulein, es sind die Toten, die so lange an Rosmersholm hängen.

Rebekka blickt sie an. Die Toten?

Madam Helseth. Ja, – man möchte beinahe sagen, sie könnten sich gar nicht trennen von den Hinterbliebenen.

Rebekka. Wie kommen Sie darauf?

Madam Helseth. Ja, denn sonst würde doch wohl nicht das weiße Roß kommen, denke ich mir.

Rebekka. Was für eine Bewandtnis hat es eigentlich mit dem weißen Roß, Madam Helseth?

Madam Helseth. Ach, es lohnt sich nicht, davon zu reden. An so etwas glauben Sie ja doch nicht.

Rebekka. Glauben Sie denn daran?

Madam Helseth geht hin und schließt das Fenster. Ach, ich will mich vor Ihnen nicht lächerlich machen, Fräulein! Sieht zum Fenster hinaus. Ja, aber – ist das nicht wieder der Herr Pastor da drüben auf dem Mühlenweg –?

Rebekka blickt hinaus. Der Mann da? Tritt ans Fenster. Das ist ja der Rektor!

Madam Helseth. Richtig, es ist der Rektor!

Rebekka. Nein, das ist aber famos! Denn Sie sollen sehen, er will zu uns her.

Madam Helseth. Er, – er geht wahrhaftig schlankweg über den Steg! Und dabei war es doch seine leibliche Schwester! – Na, Fräulein, dann will ich man hineingehen und den Tisch decken. Sie geht rechts ab.

Rebekka steht einige Augenblicke am Fenster; dann grüßt sie, lächelt und nickt hinaus. Es beginnt zu dunkeln.

Rebekka geht zur Tür rechts und spricht hinaus. Ach, liebe Madam Helseth, Sie sorgen wohl dafür, daß was extra Gutes auf den Tisch kommt. Sie wissen ja, was der Rektor am liebsten ißt

Madam Helseth draußen. Jawohl, Fräulein. Soll geschehen.

Rebekka öffnet die Tür zum Vorzimmer. Na endlich einmal –! Herzlich willkommen, lieber Herr Rektor!

Rektor Kroll im Vorzimmer, stellt den Stock hin. Danke schön. Ich komme also nicht ungelegen?

Rebekka. Sie? Pfui, schämen Sie sich –!

Kroll tritt ins Zimmer. Immer liebenswürdig. Sieht sich um. Rosmer ist wohl auf seinem Zimmer oben?

Rebekka. Nein, er ist aus und macht einen Spaziergang. Er bleibt ein bißchen länger als gewöhnlich. Aber er muß jetzt gleich kommen. Zeigt nach dem Sofa. Bitte schön, nehmen Sie unterdessen Platz.

Kroll legt den Hut hin. Danke Sehr. Setzt sich und sieht sich um. Nein, wie hübsch und nett Sie das alte Zimmer hergerichtet haben. Blumen, wohin das Auge blickt!

Rebekka. Rosmer hat so sehr gern frische, lebende Blumen um sich.

Kroll. Und Sie wohl auch, nicht wahr?

Rebekka. Ja. Ich finde, sie berauschen so himmlisch. Früher mußten wir uns das Vergnügen ja versagen.

Kroll nickt schwermütig. Die arme Beate konnte den Duft nicht vertragen.

Rebekka. Und die Farben auch nicht. Sie war immer ganz betäubt davon –

Kroll. Ich weiß das noch ganz gut. In leichterem Ton. Na, wie geht es denn so hier draußen?

Rebekka. Ja, hier geht alles seinen stillen, gewohnten Gang. Einen Tag wie den andern. – Und bei Ihnen zu Haus? Ihre Frau –?

Kroll. Ach, mein liebes Fräulein, sprechen wir nicht von meinen Angelegenheiten. In einer Familie, da ist immer etwas, das quer geht. Besonders in einer Zeit wie der unsrigen.

Rebekka nach einer Pause, setzt sich in einen Lehnstuhl neben dem Sofa. Warum haben Sie sich in den Schulferien nicht ein einziges Mal bei uns sehen lassen?

Kroll. Na, man kann den Leuten doch nicht so das Haus einrennen –

Rebekka. Wenn Sie nur wüßten, wie sehr wir Sie vermißt haben –

Kroll. – und außerdem war ich doch verreist –

Rebekka. Ja, die paar Wochen. Sie sind ja auf Volksversammlungen herum gewesen?

Kroll nickt. Ja, was sagen Sie dazu? Hätten Sie gedacht, ich könnte auf meine alten Tage noch politischer Agitator werden? Was?

Rebekka lächelt. Ein bißchen haben Sie doch schon immer agitiert, Herr Rektor!

Kroll. Na ja, so zu meinem Privatvergnügen. Aber in Zukunft soll es wirklich Ernst werden. – Lesen Sie jemals diese radikalen Blätter?

Rebekka. Ja, lieber Herr Rektor, ich will nicht leugnen, daß –

Kroll. Liebes Fräulein, dagegen läßt sich nichts sagen. Wenigstens nichts, was Sie angeht.

Rebekka. Ja, das meine ich auch. Ich muß doch mitgehen, auf dem Laufenden sein –

Kroll. Na, von Ihnen, einer Dame, verlange ich ja durchaus nicht, daß Sie entschieden Partei ergreifen sollen in dem Bürgerzwist, – Bürgerkrieg möchte man beinah sagen, der hier tobt. – Aber dann haben Sie doch auch gelesen, wie diese Herren vom »Volke« mich anzufahren geruhten? Was für infame Grobheiten sie sich herausgenommen haben?

Rebekka. Ja, aber mir scheint, Sie haben ganz gehörig um sich gebissen.

Kroll. Das habe ich auch. Das muß ich selbst sagen. Denn nun habe ich Blut geleckt. Und sie sollen schon noch spüren, daß ich nicht der Mann bin, der ihnen gutwillig die Backe hinhält –. Unterbricht sich. Nein, aber wissen Sie, wir wollen jetzt nicht auf diesen traurigen und empörenden Gegenstand eingehen.

Rebekka. Nein, tun wir das nicht, lieber Herr Rektor.

Kroll. Sagen Sie mir lieber, wie Sie sich eigentlich auf Rosmersholm fühlen, seit Sie allein sind. Seit unsere arme Beate –?

Rebekka. Na danke; so ziemlich gut. In mancher Hinsicht hat sie freilich eine große Leere hinterlassen. Und Sehnsucht und Trauer auch, – natürlich. Sonst aber –

Kroll. Denken Sie hier zu bleiben? Ich meine, dauernd.

Rebekka. Ach, lieber Herr Rektor, ich denke wirklich an gar nichts. Ich bin ja nachgerade hier so ganz heimisch geworden, daß es mir beinahe vorkommt, als gehörte ich hierher.

Kroll. Sie?! Das sollte ich auch meinen.

Rebekka. Und solange Herr Rosmer findet, daß ich zu seinem Wohlbehagen etwas beitragen kann – bleibe ich recht gern hier.

Kroll blickt sie bewegt an. Wissen Sie, – es liegt doch etwas Großes darin, wenn ein Weib so seine ganze Jugend in der Aufopferung für andere hinbringt.

Rebekka. I, für was hätte ich denn sonst leben sollen!

Kroll. Erst diese ewige Plage mit Ihrem lahmen, stumpfsinnigen Pflegevater –

Rebekka. Glauben Sie nur nicht, daß der Doktor West da oben in Finmarken so stumpfsinnig war. Die schrecklichen Seereisen, die haben ihn auf dem Gewissen. Dann freilich, nachdem wir hierher gezogen waren, – ja, dann kamen noch ein paar schwere Jahre, bis er ausgelitten hatte.

Kroll. Waren die Jahre, die dann kamen, nicht noch schwerer für Sie?

Rebekka. Nein! Wie können Sie nur so sprechen! Ich habe doch Beate so sehr lieb gehabt –. Und die Ärmste war ja doch auch so sehr auf sorgsame Pflege und auf nachsichtige Umgebung angewiesen.

Kroll. Bedankt und gepriesen sollen Sie dafür sein, daß Sie ihrer so schonend gedenken!

Rebekka rückt ihm ein wenig näher. Lieber Herr Rektor, Sie sagen das so ehrlich und warm, daß ich überzeugt bin, die Verstimmung ist vorbei.

Kroll. Verstimmung? Was meinen Sie damit?

Rebekka. Nun, es wäre ja auch durchaus kein Wunder, wenn Sie es als etwas Peinliches empfänden, mich fremden Menschen auf Rosmersholm so schalten und walten zu sehen.

Kroll. Aber wie kommen Sie denn nur –

Rebekka. Es ist also nicht der Fall?! Reicht ihm die Hand. Ich danke Ihnen, lieber Rektor! Ich danke, danke Ihnen herzlich.

Kroll. Aber wie sind Sie denn bloß auf diesen Gedanken gekommen?

Rebekka. Ich bekam es ein bißchen mit der Angst, da Sie uns so selten hier draußen besuchten.

Kroll. Da waren Sie aber gründlich auf dem Holzwege, Fräulein West. Und außerdem, – in der Sache selbst hat sich hier ja gar nichts geändert. Sie haben ja doch – und Sie allein –, hier schon während Beates letzter Leidenszeit die ganze Wirtschaft geführt.

Rebekka. Das war nur mehr so eine Art von Regentschaft im Namen der Hausfrau.

Kroll. Ist ganz egal –. Wissen Sie, Fräulein West – ich für mein Teil hätte wirklich nichts dagegen, wenn Sie –. Aber so etwas darf man wohl nicht sagen.

Rebekka. Was denn?

Kroll. Wenn es sich nun so machte, daß Sie den leeren Platz einnähmen –

Rebekka. Ich habe den Platz, den ich wünsche, Herr Rektor.

Kroll. In der Tätigkeit allerdings, aber nicht in –

Rebekka unterbricht ihn ernst. Schämen Sie sich doch, Herr Rektor! Wie können Sie über so etwas scherzen?

Kroll. Ach ja, unser guter Johannes, der mag den Ehestand wohl gründlich satt haben. Und doch –

Rebekka. Wissen Sie – jetzt lach' ich Sie aber gleich aus.

Kroll. Und doch –. Sagen Sie einmal, Fräulein West –. Wenn ich fragen darf –. Wie alt sind Sie eigentlich?

Rebekka. Zu meiner Schande sei's gesagt – ganze neunundzwanzig, Herr Rektor. Ich gehe nun in die Dreißig.

Kroll. Na ja. Und Rosmer, – wie alt ist der? Warten Sie mal. Er ist fünf Jahre jünger als ich. Er ist also gut und gern dreiundvierzig alt. Ich finde, das paßt prächtig.

Rebekka erhebt sich. Ja, gewiß, gewiß. Es paßt großartig. – Trinken Sie den Tee mit uns?

Kroll. Danke, ja. Ich wollte mich so wie so hier häuslich niederlassen, denn ich habe mit unserm guten Freund eine Sache zu besprechen. – Und – damit Sie nicht wieder auf törichte Gedanken kommen, liebes Fräulein, so werde ich mich wieder häufiger hier sehen lassen wie in früheren Tagen.

Rebekka. Ach ja, tun Sie das doch! Schüttelt ihm die Hände. Dafür bin ich Ihnen wirklich dankbar. Sie sind doch ein lieber, guter Mann.

Kroll brummt leise. So? Bei mir zu Hause bekomme ich so etwas nicht zu hören.

Rosmer tritt durch die Tür rechts ein.

Rebekka. Herr Rosmer, – sehen Sie mal, wer da sitzt?

Johannes Rosmer. Madam Helseth hat es mir schon gesagt.

Rektor Kroll ist aufgestanden.

Rosmer mild und mit gedämpfter Stimme, drückt seine Hände. Ich heiße Dich wieder in meinem Haus willkommen, lieber Kroll. Legt die Hände auf seine Schultern und sieht ihm in die Augen. Du lieber, alter Freund! Wußte ich doch, es würde eines Tages wieder zwischen uns werden wie früher.

Kroll. Aber Menschenskind, – auch Du warst von der verrückten Einbildung besessen, zwischen uns sei etwas nicht in Ordnung?

Rebekka zu Rosmer. Ja, was sagen Sie, – wie gut, daß es nur Einbildung war.

Rosmer. War es das wirklich nur, Kroll? Aber warum hast Du Dich denn so ganz von uns zurückgezogen?

Kroll ernst und mit leiser Stimme. Weil ich hier nicht als eine lebendige Mahnung an Deine Unglücksjahre herumgehen wollte – und an sie, – die im Mühlengraben endete.

Rosmer. Das war ja von Dir schön gedacht. Du bist ja immer so rücksichtsvoll. Aber es war ganz unnötig, aus diesem Grunde fortzubleiben. – Komm, Du; wir wollen uns aufs Sofa setzen. Sie setzen sich. Nein, der Gedanke an Beate hat wirklich nichts Quälendes für mich. Wir sprechen täglich von ihr. Für uns gehört sie sozusagen noch zum Hause.

Kroll. Tut Ihr das wirklich?

Rebekka zündet die Lampe an. Ja, allerdings.

Rosmer. Das ist doch ganz selbstverständlich. Wir hatten sie ja doch beide so sehr lieb. Und Rebek – Fräulein West wie ich, wir sind uns bewußt, alles für die arme Dulderin getan zu haben, was in unserer Macht stand. Wir haben uns nichts vorzuwerfen. – Und darum hat für mich der Gedanke an Beate etwas so Mildes und Wohltuendes.

Kroll. Ihr lieben, prächtigen Menschen! Von heut an besuche ich Euch jeden Tag.

Rebekka setzt sich in einen Lehnstuhl. Wir wollen einmal sehen, ob Sie Wort halten.

Rosmer ein wenig zaudernd. Du, Kroll, – ich hätte von Herzen gewünscht, unser Verkehr hätte nie eine Unterbrechung erfahren. Bist Du doch während der ganzen Zeit unserer Bekanntschaft mir der berufene und berechtigte Ratgeber gewesen. Schon in meiner ersten Studentenzeit.

Kroll. Na ja, und darauf habe ich sehr großen Wert gelegt. Handelt es sich jetzt vielleicht um etwas Besonderes –?

Rosmer. Es gibt allerlei, worüber ich gern rückhaltlos mit Dir reden möchte. Frei von der Leber weg.

Rebekka. Ja, nicht wahr, Herr Rosmer? Ich meine auch, zwischen alten Freunden – da wäre es angebracht –

Kroll. Ach, Du, glaube nur, ich habe mit Dir noch über mehr zu reden. Denn Du weißt doch wohl, daß ich inzwischen aktiver Politiker geworden bin.

Rosmer. Ja, das bist Du ja. Wie ist das eigentlich zugegangen?

Kroll. Ich mußte, mein Lieber. Mußte, ob ich nun wollte oder nicht. Es ist jetzt ein Ding der Unmöglichkeit, noch länger den müßigen Zuschauer zu machen. Jetzt, da bedauerlicherweise die Radikalen ans Ruder gelangt sind, – jetzt ist es die höchste Zeit –. Darum habe ich auch unseren kleinen Freundeskreis in der Stadt bewogen, sich enger zusammenzuschließen. Es ist die höchste Zeit, sage ich Dir!

Rebekka mit leichtem Lächeln. Ja, ist es nicht eigentlich schon ein bißchen zu spät?

Kroll. Kein Zweifel, wir wären heut besser dran, wenn wir schon an einem früheren Zeitpunkt den Strom gehemmt hätten. Aber wer konnte denn auch voraussehen, was da kommen würde? Ich jedenfalls nicht. Steht auf und geht im Zimmer umher. Aber jetzt sind mir die Augen gründlich aufgegangen. Denn der Geist des Aufruhrs ist nachgerade sogar in die Schule gedrungen.

Rosmer. In die Schule? Doch wohl nicht in Deine Schule?

Kroll. Allerdings ist er das! In meine eigene Schule! Was sagst Du dazu? Ich bin dahinter gekommen, daß die Jungen der obersten Klasse, – das heißt ein Teil der Jungen, – schon länger als ein halbes Jahr heimlich einen Verein haben, wo Mortensgårds Blatt gehalten wird!

Rebekka. Ah, das »Blinkfeuer«!

Kroll. Ja, nicht wahr, ein gesundes Geistesfutter für künftige Staatsbeamte? Aber das Traurigste an der Sache ist, daß gerade die begabtesten Jungen der Klasse sich verschworen und dies Komplott gegen mich angestiftet haben. Nur die Stümper und Faulpelze haben sich davon ausgeschlossen.

Rebekka. Geht Ihnen denn das so zu Herzen, Herr Rektor?

Kroll. Na, und ob! Zu sehen, wie man mir in meiner Lebensarbeit Steine in den Weg legt und entgegenarbeitet. Leiser. Aber fast hätte ich gesagt, das möge noch hingehen. Aber nun kommt das Allerärgste. Sieht sich um. Da horcht doch wohl keiner an den Türen?

Rebekka. I bewahre.

Kroll. So wisset denn, daß die Zwietracht und der Aufruhr in mein eigenes Haus gedrungen sind – in meine eigenen ruhigen vier Wände, – und mir den Frieden des Familienlebens gestört haben!

Rosmer steht auf. Ist wohl nicht möglich! Bei Dir zu Haus –?

Rebekka geht zum Rektor hin. Aber, Bester, was ist denn da passiert?

Kroll. Wollt Ihr wohl glauben, daß mein eigen Fleisch und Blut –. Kurz und gut, – Laurits ist das Haupt des Schülerkomplotts! Und Hilda hat eine rote Mappe gestickt, um das »Blinkfeuer« drin aufzubewahren.

Rosmer. Das hätte ich mir allerdings nicht träumen lassen, – daß bei Dir – in Deinem Hause –

Kroll. Ja, wer hätte sich auch so etwas träumen lassen? In meinem Hause, wo immer Gehorsam und Ordnung geherrscht haben; – wo es bis heut nur einen einträchtigen Willen gegeben hat –

Rebekka. Wie stellt sich denn Ihre Frau zu der Geschichte?

Kroll. Ja, sehen Sie, das ist das Allerunglaublichste. Diese Frau, die ihr Lebtag – im Großen wie im Kleinen – meine Ansichten geteilt und alle meine Anschauungen gebilligt hat – die ist weiß Gott drauf und dran, es mit den Kindern zu halten in manchen Stücken. Und dann gibt Sie mir die Schuld an dem, was geschehen ist. Sie sagt, ich tyrannisiere die Jugend. Gerade als ob das nicht nötig wäre –. Nun, so geht also der Unfrieden in meinem Hause um. Aber ich rede natürlich so wenig wie möglich darüber. So etwas schweigt man am besten tot. Geht auf und ab. Ach ja, ja, ja! Stellt sich, die Hände auf dem Rücken, ans Fenster und sieht hinaus.

Rebekka hat sich Rosmer genähert und sagt leise, schnell und so, daß es der Rektor nicht merkt: Tu es!

Rosmer ebenso. Heut nicht!

Rebekka wie vorher. Gerade! Sie macht sich an der Lampe zu schaffen.

Kroll kommt durchs Zimmer. Ja, mein lieber Rosmer, nun weißt Du also, wie der Zeitgeist seine Schatten auf mein häusliches Leben wie auf meine amtliche Tätigkeit geworfen hat. Und diesen verderblichen, zersetzenden und zerstörenden Zeitgeist sollte ich nicht mit allen Waffen bekämpfen, die mir zu Gebote stehen? Ich bin fest entschlossen, es zu tun. In Schrift wie in Wort.

Rosmer. Hast Du denn aber auch Hoffnung, auf diese Weise etwas auszurichten?

Kroll. Ich will jedenfalls als Staatsbürger meiner Wehrpflicht genügen. Und ich meine, daß es die Aufgabe eines jeden patriotisch gesinnten und um die gute Sache besorgten Mannes ist, dasselbe zu tun. Siehst Du, hauptsächlich darum bin ich heute zu Dir gekommen.

Rosmer. Aber, mein Lieber, was willst Du –? Was soll ich –?

Kroll. Du sollst Deinen alten Freunden helfen. Gemeinsame Sache mit uns machen. Dich mitbetätigen, so gut Du kannst.

Rebekka. Aber, Herr Rektor, Sie kennen doch Herrn Rosmers Widerwillen gegen so etwas.

Kroll. Den Widerwillen muß er jetzt zu überwinden suchen. – Du bleibst zurück, Rosmer. Du vergräbst Dich hier mit Deinen historischen Sammlungen. Na ja, – allen Respekt vor Stammbäumen und dem, was dazu gehört. Aber für solcherlei Beschäftigungen ist jetzt nicht die Zeit – leider Gottes. Du hast keine Vorstellung davon, wie es im Lande hergeht. Ich möchte sagen, alle Begriffe sind auf den Kopf gestellt. Es wird eine Riesenarbeit geben, bis diese ganzen Verirrungen wieder ausgerottet sind.

Rosmer. Das glaube ich auch. Aber eine Arbeit dieser Art liegt mir ganz und gar nicht.

Rebekka. Und dann glaube ich auch, daß Herr Rosmer nachgerade die Dinge im Leben mit offneren Augen ansieht als früher.

Kroll stutzt. Offneren Augen?

Rebekka. Ja, – oder mit freieren Augen. Unbefangener.

Kroll. Was soll das heißen? Rosmer, – Du bist doch wohl nie und nimmermehr so schwach, Dich von solch einer Zufälligkeit beeinflussen zu lassen, daß die Führer des großen Haufens einen vorläufigen Sieg errungen haben!

Rosmer. Lieber Freund, Du weißt doch, wie wenig Verständnis ich für Politik habe. Aber es kommt mir doch so vor, als wäre in den letzten Jahren sozusagen etwas mehr Selbständigkeit in das Denkvermögen des einzelnen gekommen.

Kroll. Na, – und das siehst Du so ohne weiteres als einen Gewinn an! Übrigens bist Du gründlich im Irrtum, mein Freund. Hör' nur einmal herum, was das für Ansichten sind, die unter den Radikalen gang und gäbe sind, hier auf dem Lande wie in der Stadt. Sie sind nicht um ein Haar anders als die Weisheit, die im »Blinkfeuer« verkündet wird.

Rebekka. Ja, Mortensgård hat hier in der Gegend großen Einfluß auf die Leute.

Kroll. Ja, denkt nur einmal – ein Mann mit einer so schmutzigen Vergangenheit! Ein Mensch, der eines unsittlichen Verhältnisses wegen aus seinem Lehramt gejagt worden ist –! Und so einer will sich als Volksführer aufspielen! Und es geht! Es geht wirklich! Sein Blatt will er jetzt vergrößern, höre ich. Aus sicherer Quelle habe ich erfahren, daß er einen geschickten Mitarbeiter sucht.

Rebekka. Es wundert mich nur, daß Sie und Ihre Freunde ihm nichts entgegenstellen.

Kroll. Das ist ja gerade das, was wir jetzt wollen! Heute haben wir die »Amtszeitung« gekauft. Mit der Geldfrage hatte es keine Schwierigkeiten. Aber – wendet sich zu Rosmer. Ja, nun bin ich bei dem eigentlichen Zweck meines Besuches angelangt. Sieh mal, mit der Leitung – der journalistischen Leitung, damit hapert es. – Sag' mal, Rosmer, – könntest Du Dich nicht, um der guten Sache willen, dazu entschließen, sie zu übernehmen?

Rosmer fast erschrocken. Ich!

Rebekka. Aber wie können Sie nur so etwas denken!

Kroll. Daß Du Dich vor den Volksversammlungen fürchtest und nicht den Brutalitäten aussetzen magst, ohne die es da nicht abgeht, das ist ja am Ende begreiflich. Aber die unauffälligere Tätigkeit eines Redakteurs oder besser gesagt –

Rosmer. Nein, nein, lieber Freund, so etwas darfst Du mir nicht zumuten.

Kroll. Ich möchte mich ja selbst sehr gern auch in der Richtung versuchen. Aber ich würde es absolut nicht schaffen können. Es lastet ohnehin schon eine Unmasse Arbeit auf mir –. Du hingegen bist jetzt von Amtsgeschäften völlig frei. – Wir anderen werden Dir natürlich helfen, so gut wir können.

Rosmer. Ich kann nicht, Kroll. Ich bin zu so etwas nicht geschaffen.

Kroll. Nicht geschaffen? Dasselbe hast Du gesagt, als Dein Vater Dir das Amt erwirkte –

Rosmer. Ich hatte recht. Darum habe ich es auch wieder aufgegeben.

Kroll. Ach, wenn Du nur als Redakteur so tüchtig bist, wie Du als Pfarrer warst, dann sind wir ganz zufrieden.

Rosmer. Lieber Kroll, – nun sage ich Dir aber ein für allemal, – ich tue es nicht.

Kroll. Na, dann wirst Du uns aber doch Deinen Namen leihen?

Rosmer. Meinen Namen?

Kroll. Ja, schon der Name Johannes Rosmer würde ein Gewinn für das Blatt sein. Wir andern gelten ja doch für ausgeprägte Parteimänner. Ich selbst bin, wie ich höre, als ein arger Fanatiker verschrieen. Deshalb können wir nicht darauf rechnen, unter eigenem Namen dem Blatte erfolgreichen Eingang bei den irregeführten Massen zu verschaffen. Du hingegen, – Du hast Dich immer vom Kampfe ferngehalten. Deine milde, redliche Gesinnung, – Deine feine Denkungsart – Deine unantastbare Ehrenhaftigkeit sind von jedermann hier in der ganzen Gegend bekannt und geschätzt. Und dann die Achtung und der Respekt, den Du noch von Deiner früheren Stellung als Geistlicher her genießt. Und endlich die Ehrwürdigkeit Deines Familiennamens!

Rosmer. Ach, der Familienname –

Kroll zeigt auf die Porträts. Die Rosmers auf Rosmersholm – Priester und Offiziere. Beamte in hohen, verantwortungsvollen Stellungen. Korrekte Ehrenmänner, einer wie der andere, – ein Geschlecht, das nun schon bald ein paar hundert Jahre hier als das erste im Bezirk ansässig ist. Legt die Hand auf Rosmers Schulter. Rosmer, – Du bist es Dir selbst und den Traditionen Deines Geschlechts schuldig, mitzutun und das zu verteidigen, was bis jetzt in unserer Gesellschaft für recht und billig gegolten hat. Wendet sich um. Ja, was sagen Sie, Fräulein West?

Rebekka mit einem leichten, stillen Lachen. Lieber Herr Rektor – ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie lächerlich mir die ganze Geschichte vorkommt.

Kroll. W–as? Lächerlich?

Rebekka. Ja, denn ich will Ihnen nur gerade heraus sagen –

Rosmer schnell. Nein, nein, – nicht doch! Jetzt nicht!

Kroll blickt beide abwechselnd an. Aber was in aller Welt, liebe Freunde, –? Bricht ab. Hm!

Madam Helseth kommt durch die Tür rechts.

Madam Helseth. Draußen im Küchenflur ist ein Mann. Er sagt, er will zum Herrn Pastor.

Rosmer erleichtert. Ah so! Lassen Sie ihn bitte nur herein.

Madam Helseth. Hier in die Stube?

Rosmer. Jawohl.

Madam Helseth. Aber er sieht gar nicht so aus, daß man ihn in die Stube lassen kann.

Rebekka. Wie sieht er denn aus, Madam Helseth?

Madam Helseth. Na, nicht sehr schön, Fräulein.

Rosmer. Hat er nicht gesagt, wie er heißt?

Madam Helseth. Ja, ich glaube, er hat gesagt, er heißt Hekmann oder so ähnlich.

Rosmer. Ich kenne keinen dieses Namens.

Madam Helseth. Und dann sagt er noch, er heißt Uldrik.

Rosmer stutzt. Ulrik-Hetman! So vielleicht?

Madam Helseth. Ja, richtig – Hetman.

Kroll. Den Namen, den habe ich schon einmal gehört –

Rebekka. So hat er sich doch gewöhnlich unterzeichnet, jener wunderliche – –

Rosmer zu Kroll. Das ist Ulrik Brendels Schriftstellername, Du.

Kroll. Der verkommene Ulrik Brendel. Ganz recht!

Rebekka. Er ist also noch am Leben.

Rosmer. Ich glaubte, er reiste mit einer Theatergesellschaft umher.

Kroll. Er säße im Arbeitshause – das war das letzte, was ich von ihm hörte.

Rosmer. Lassen Sie ihn herein, Madam Helseth.

Madam Helseth. Ja, ja. Ab.

Kroll. Willst Du diesen Menschen wirklich in Deine Stube lassen?

Rosmer. Du weißt doch, daß er einmal mein Lehrer war.

Kroll. Ja, ich weiß, daß er Dir den Kopf mit aufrührerischen Ideen vollstopfte, und daß Dein Vater ihn dann mit der Reitpeitsche zum Hause hinaus jagte.

Rosmer ein wenig bitter. Vater war ja Major auch hier in seinem Haus.

Kroll. Noch im Grabe solltest Du ihm dafür danken, mein lieber Rosmer. Na!

Madam Helseth öffnet Ulrik Brendel die Tür rechts, geht wieder und schließt hinter ihm. Er ist eine stattliche, etwas abgemagerte, doch bewegliche, rührige Erscheinung; Haar und Bart grau. Übrigens gekleidet wie ein gewöhnlicher Landstreicher. Zerschlissener Rock, elendes Schuhwerk; vom Hemd sieht man nichts. Er hat alte schwarze Handschuhe an; einen weichen schmutzigen Hut trägt er zusammengeklappt unter dem Arm, und in der Hand einen Spazierstock.

Brendel zuerst unsicher, geht dann schnell auf den Rektor zu und reicht ihm die Hand. Guten Abend, Johannes!

Kroll. Erlauben Sie –

Brendel. Du hast wohl nicht geglaubt, mich noch einmal wiederzusehen? Und noch dazu in diesen verhaßten Mauern?

Kroll. Erlauben Sie –. Zeigt. Da –

Brendel wendet sich um. Richtig. Da ist er ja! Johannes – mein Junge, – mein Liebling!

Rosmer reicht ihm die Hand. Mein alter Lehrer!

Brendel. Trotz gewisser Erinnerungen wollte ich doch nicht an Rosmersholm vorüber gehen, ohne eine flüchtige Visite gemacht zu haben.

Rosmer. Sie sind hier jetzt herzlich willkommen. Das dürfen Sie glauben.

Brendel. Ah! die reizende Dame? – Verbeugt sich. Natürlich die Frau Propstin.

Rosmer. Fräulein West.

Brendel. Vermutlich eine nähere Anverwandte. Und jener Fremde –? Gewiß ein Amtsbruder.

Rosmer. Rektor Kroll.

Brendel. Kroll? Kroll? Warte mal – – haben Sie nicht in Ihren jungen Jahren Philologie studiert?

Kroll. Ja, selbstverständlich.

Brendel. Goddam, dann habe ich Dich ja doch gekannt!

Kroll. Erlauben Sie mal –

Brendel. Warst Du nicht –

Kroll. Erlauben Sie mal –

Brendel. – einer von den Tugendtrabanten, die nicht eher ruhten, als bis ich aus dem Debattierklub heraus war?

Kroll. Das kann wohl sein. Aber ich protestiere gegen jede nähere Bekanntschaft.

Brendel. Na, na! As you like it, Herr Doktor. Das kann mir ganz egal sein. Ulrik Brendel bleibt doch der Mann, der er ist.

Rebekka. Sie wollen wohl in die Stadt, Herr Brendel?

Brendel. Frau Pastor haben es getroffen. Von Zeit zu Zeit bin ich genötigt, eine Schlacht zu schlagen für meine Existenz. Ich tus' nicht gern, doch – enfin – die zwingende Notwendigkeit –

Rosmer. Mein lieber Herr Brendel, kann ich Ihnen da vielleicht mit irgend etwas dienen? Ich meine in irgend einer Hinsicht –

Brendel. Ha! was für ein Vorschlag! Willst Du etwa das Band beflecken, das uns aneinander knüpft? Niemals, Johannes, – niemals!

Rosmer. Was haben Sie denn in der Stadt vor? Glauben Sie nur, es wird Ihnen nicht so leicht fallen – –

Brendel. Laß das nur meine Sorge sein, mein Junge. Die Würfel sind gefallen. Wie ich hier vor Dir stehe, befinde ich mich auf einer umfassenden Reise. Umfassender als all meine früheren Streifzüge zusammen. Zum Rektor. Darf ich mir die Frage erlauben, Herr Professor – entre nous, – gibt es in Ihrer werten Stadt so ein einigermaßen anständiges, respektables und geräumiges Versammlungslokal?

Kroll. Das geräumigste ist der Saal des Arbeitervereins.

Brendel. Haben Sie, Herr Dozent, vielleicht einen qualifizierten Einfluß in diesem gewiß sehr nützlichen Verein?

Kroll. Mit dem Verein habe ich nichts zu schaffen.

Rebekka zu Brendel. Sie müssen sich an Feder Mortensgård wenden.

Brendel. Pardon, madame, – was ist das für ein Idiot?

Rosmer. Warum muß der denn gerade ein Idiot sein?

Brendel. Das höre ich doch schon am Namen, daß ein Plebejer ihn trägt!

Kroll. Auf die Antwort war ich nicht gefaßt.

Brendel. Aber ich will mich bezwingen. Es bleibt mir ja nichts anderes übrig. Wenn man – wie ich – an einem Wendepunkt seines Lebens steht –. Abgemacht. Ich setze mich mit dem Menschen in Verbindung – leite direkte Unterhandlungen ein –

Rosmer. Im Ernst – stehen Sie wirklich an einem Wendepunkt?

Brendel. Das müßte mein geliebter Junge doch wissen: wo Ulrik Brendel auch steht, da steht er immer in vollem Ernst. – Ja, mein Lieber, jetzt will ich einen neuen Menschen anziehen. Will heraustreten aus der reservierten Haltung, die ich bis jetzt beobachtet habe.

Rosmer. Wie –?

Brendel. Ich will mit kräftiger Hand ins Leben eingreifen. Hervortreten. Auftreten. Es ist eine sturmbewegte Zeit der Sonnenwende, in der wir atmen. – Jetzt will ich mein Scherflein auf dem Altar der Befreiung niederlegen.

Kroll. Wollen Sie auch –?

Brendel zu allen gewendet. Hat das Publikum hier genauere Kenntnis von meinen einzelnen Schriften?

Kroll. Nein, ich muß aufrichtig gestehen, –

Rebekka. Ich habe Verschiedenes gelesen. Denn mein Pflegevater hatte sie.

Brendel. Schöne Frau, – da haben Sie Ihre Zeit verplempert. Denn das ist lauter Plunder, werde ich Ihnen sagen.

Rebekka. So?

Brendel. Was Sie gelesen haben, ja. Meine bedeutsamsten Werke, die kennt weder Mann noch Weib. Kein Mensch – außer mir selbst.

Rebekka. Wie geht denn das zu?

Brendel. Weil Sie nicht geschrieben sind.

Rosmer. Aber, lieber Herr Brendel, –

Brendel. Du weißt, mein Johannes, ich bin ein Stück Sybarit. Ein Gourmet. Das bin ich zeitlebens gewesen. Ich liebe in Einsamkeit zu genießen. Denn da genieße ich doppelt. Nein – zwanzigfach. Sieh mal, – wenn goldene Träume sich auf mich herniedersenkten, – mich umwogten, – wenn neue, schwindelnd hohe, mächtig schweifende Gedanken in mir erstanden – mich umrauschten mit gewaltigen Flügeln – dann formte ich sie aus in Gedichten, in Gesichten, in Bildern. So in großen Umrissen, verstehst Du.

Rosmer. Ja, ja.

Brendel. Ach, Du! Wie habe ich in meinem Leben genossen und geschwelgt! Des Ausformens rätselvolle Seligkeit, – wie gesagt, so in großen Umrissen – der Beifall, der Dank, die Berühmtheit, der Lorbeerkranz – alles habe ich mit vollen, freudezitternden Händen eingestrichen. Mich in meinen heimlichen Vorstellungen mit einer Wonne gesättigt, – einer Wonne, – ach, so himmlisch groß –!

Kroll. Hm –.

Rosmer. Aber nie haben Sie es niedergeschrieben?

Brendel. Kein Wort. Dieses platte Schreiberhandwerk hat mir immer einen greulichen Widerwillen erregt. Und warum sollte ich auch meine eigenen Ideale profanieren, wenn ich sie in Reinheit und für mich allein genießen konnte? Aber jetzt werden sie geopfert. Wahrhaftig – mir ist dabei zumute wie einer Mutter, die ihre jungen Töchter in der Gatten Arme legt. Aber ich opfere sie dennoch, – opfere sie auf dem Altar der Befreiung. Eine Reihe formvollendeter Vorträge – überall im Lande –!

Rebekka lebhaft. Das ist groß von Ihnen, Herr Brendel! Sie geben das Teuerste her, was Sie haben.

Rosmer. Das einzige.

Rebekka sieht Rosmer bedeutungsvoll an. Und wie viele gibt es denn, die das tun? Die dazu den Mut haben!

Rosmer erwidert den Blick. Wer weiß?

Brendel. Die Versammlung ist bewegt. Das erquickt mein Herz – und stärkt den Willen. Und somit schreite ich denn zur Tat. Doch noch eins. – Zum Rektor. Können Sie mir sagen, Herr Präzeptor, ob es einen Mäßigkeitsverein in der Stadt gibt? Einen Mäßigkeitsverein strengster Observanz? Den gibt es natürlich dort.

Kroll. Zu dienen, ja. Ich selbst bin Vorsitzender.

Brendel. Als ob ich Ihnen das nicht angesehen hätte! Na, dann ist es nicht unmöglich, daß ich Sie aufsuche und mich für eine Woche aufnehmen lasse.

Kroll. Verzeihen Sie, – aber wir nehmen keine Mitglieder wochenweise auf.

Brendel. A la bonne heure, Herr Pädagoge. Ulrik Brendel hat derlei Vereinen niemals das Haus eingerannt. Wendet sich um. Aber ich darf meinen Aufenthalt nicht länger ausdehnen in diesem Hause, das so reich an Erinnerungen. Ich muß in die Stadt und mir ein passendes Logis suchen. Es gibt doch wohl ein ordentliches Hotel dort, will ich hoffen.

Rebekka. Wollen Sie nicht etwas Warmes trinken, ehe Sie gehen?

Brendel. Was für eine Sorte Warmes, meine Gnädige?

Rebekka. Eine Tasse Tee oder –

Brendel. Ich danke der hochherzigen Wirtin des Hauses. Aber ich nehme die private Gastfreundschaft nicht gern in Anspruch. Grüßt mit der Hand. Leben Sie wohl, meine Herrschaften! Geht zur Tür, kommt aber wieder zurück. Ach, ist ja wahr–. Johannes, – Pastor Rosmer, – willst Du nicht Deinem alten Lehrer um unserer langjährigen Freundschaft willen einen Gefallen tun?

Rosmer. Ja, herzlich gern.

Brendel. Gut. So leih mir – auf einen Tag oder zwei – ein gestärktes Oberhemd.

Rosmer. Das ist alles?

Brendel. Denn sieh, ich reise zu Fuß – diesmal. Mein Koffer wird mir nachgeschickt.

Rosmer. Jawohl. Aber brauchen Sie sonst nichts?

Brendel. Ja, hör´ mal, – Du könntest vielleicht einen alten getragenen Sommerrock entbehren?

Rosmer. O ja, ganz gewiß.

Brendel. Und weil zu dem Rock doch auch ein Paar anständige Stiefel gehören –

Rosmer. Die werden sich auch noch finden. Sobald wir Ihre Adresse haben, schicken wir die Sachen in die Stadt.

Brendel. Keinesfalls! Nur keine Umstände meinetwegen! Ich nehme die Bagatellen mit.

Rosmer. Gut, gut. Bitte kommen Sie mit nach oben.

Rebekka. Lassen Sie mich lieber. Ich und Madam Helseth werden schon alles besorgen.

Brendel. Nie werde ich erlauben, daß diese distinguierte Dame –!

Rebekka. Ach was! Kommen Sie nur, Herr Brendel.

Ab rechts.

Rosmer hält ihn zurück. Sagen Sie, – könnte ich Ihnen sonst mit gar nichts dienen?

Brendel. Ich wüßte wirklich nicht, was das sein sollte. Tod und Teufel, ja – da fällt mir ein –! Johannes, hast Du zufällig acht Kronen bei Dir?

Rosmer. Wollen mal nachsehen. Öffnet das Portemonnaie. Da sind zwei Zehnkronenscheine.

Brendel. Ja, ja, das ist ganz egal. Ich kann sie nehmen. Bekomme sie überall in der Stadt gewechselt. Inzwischen meinen Dank. Vergiß nicht, daß es zwei Zehner waren, die ich bekommen habe. Gute Nacht, Du mein lieber, guter Junge! Gute Nacht, verehrter Herr!

Geht zur Tür rechts, wo Rosmer ihn verabschiedet und die Tür hinter ihm schließt.

Kroll. Barmherziger Gott, – das also war der Ulrik Brendel, von dem die Welt früher einmal etwas Großes erwartet hat.

Rosmer leise. Er hat wenigstens den Mut gehabt, das Leben nach seinem eigenen Kopf zu leben. Und das, scheint mir, ist immerhin etwas.

Kroll. Was? Ein Leben wie seins! Ich glaube fast, er wäre imstande, Deine Begriffe noch einmal zu verwirren.

Rosmer. Ach nein, Du. Jetzt bin ich in jeder Beziehung mit mir ins Reine gekommen.

Kroll. Ach, wenn es doch nur so wäre, lieber Rosmer. Du bist so sehr empfänglich für Eindrücke von außen her.

Rosmer. Setzen wir uns. Und dann will ich mit Dir reden.

Kroll. Ja, tun wir das.

Sie setzen sich aufs Sofa.

Rosmer nach einer Pause. Findest Du es nicht schön und gemütlich bei uns?

Kroll. Ja, es ist jetzt schön und gemütlich hier – und friedlich. Du, Rosmer, Du hast Dein Heim. Und ich habe das meine verloren.

Rosmer. Mein Lieber, sprich nicht so. Was jetzt einen Riß bekommen hat, das kann noch wieder einmal werden.

Kroll. Nie. Nie mehr. Der Stachel bleibt zurück. Es kann nie wieder werden wie früher.

Rosmer. Nun hör' mich einmal an, Kroll. Wir beide stehen uns jetzt so lange, lange Jahre nahe. Hältst Du es für denkbar, daß unsere Freundschaft in die Brüche gehen könnte?

Kroll. Ich weiß auf der Welt nichts, was uns entzweien könnte. Wie kommst Du auf so etwas?

Rosmer. Weil Du ein so entscheidendes Gewicht auf Übereinstimmung in Meinungen und Anschauungen legst.

Kroll. Na ja; aber wir beide sind doch so ungefähr einig. Jedenfalls doch in den großen Kernfragen!

Rosmer leise. Nein. Nicht mehr.

Kroll will aufspringen. Was ist das?

Rosmer hält ihn zurück. Nein, Du mußt sitzen bleiben. Ich bitte Dich, Kroll.

Kroll. Was ist denn –? Ich verstehe Dich nicht. Heraus mit der Sprache!

Rosmer. Es ist ein neuer Sommer über mein Inneres gekommen. Der Geist einer neuen Jugend. Und deshalb stehe ich jetzt da –

Kroll. Wo, – wo stehst Du?

Rosmer. Wo Deine Kinder stehen.

Kroll. Du? Du! Das ist doch wohl nicht möglich! Sag', wo stehst Du?

Rosmer. Auf derselben Seite, wo Laurits und Hilda stehen.

Kroll läßt den Kopf sinken. Abtrünnig. Johannes Rosmer abtrünnig.

Rosmer. Ich wäre so glücklich, – so unendlich glücklich gewesen im Gefühl dessen, was Du abtrünnig nennst. So aber habe ich schwer gelitten. Denn ich wußte ja doch, ich würde Dir einen bitteren Schmerz damit bereiten.

Kroll. Rosmer, – Rosmer! Das verwinde ich niemals. Sieht ihn schwermütig an. Ach, daß auch Du mit dabei sein und Deine Hand dem Werke des Verderbens und der Zerstörung leihen mußt, von dem dieses Land heimgesucht wird.

Rosmer. Es ist das Werk der Befreiung, bei dem ich mittun will.

Kroll. Ja, ich weiß, ich weiß! So nennen es die Verführer wie die Verführten. Aber glaubst Du denn, daß von dem Geiste eine Befreiung zu erwarten ist, der im Begriff steht, unser ganzes soziales Leben zu vergiften?

Rosmer. Dem herrschenden Geiste schließe ich mich nicht an. Keiner der streitenden Parteien. Ich will versuchen, von allen Seiten Menschen zu sammeln. So viele und so intensiv ich vermag. Ich will leben und meine ganze Lebenskraft für den einen Zweck einsetzen, – dem Volk im Lande das wahre Urteil zu schaffen.

Kroll. Du meinst also, wir hätten im Volk noch nicht Urteil genug! Ich für mein Teil finde, wir alle zusammen sind auf dem besten Wege, in den Schmutz hinuntergezogen zu werden, wo sonst nur der gemeine Mann zu gedeihen pflegt.

Rosmer. Eben darum stelle ich dem Urteil des Volkes die wahre Aufgabe.

Kroll. Was für eine Aufgabe?

Rosmer. Alle Menschen im Lande zu Adelsmenschen zu machen.

Kroll. Alle Menschen –!

Rosmer. Oder doch möglichst viele.

Kroll. Mit welchen Mitteln?

Rosmer. Ich denke: dadurch, daß ich die Geister frei mache und die Willen läutere.

Kroll. Du bist ein Träumer, Rosmer. Die willst Du frei machen? Die willst Du läutern?

Rosmer. Nein, mein Lieber, – ich will nur versuchen, sie dazu zu erwecken. Tun – müssen sie es selbst.

Kroll. Und Du meinst, sie können es?

Rosmer. Ja.

Kroll. Durch eigene Kraft also?

Rosmer. Nur durch eigene Kraft. Eine andere gibt es nicht.

Kroll steht auf. Heißt das sprechen, wie es sich für einen Priester geziemt?

Rosmer. Ich bin kein Priester mehr.

Kroll. Ja, – und Dein Kinderglaube?

Rosmer. Den habe ich nicht mehr.

Kroll. Hast ihn nicht –!

Rosmer. Ich habe ihm entsagt. Ich mußte ihm entsagen, Kroll.

Kroll erschüttert, beherrscht sich jedoch. Ja so! – Ja, ja, ja. Das eine folgt wohl aus dem andern. – Deshalb bist Du am Ende aus dem Dienste der Kirche ausgetreten?

Rosmer. Ja. Als ich mir klar wurde über mich selbst, – als ich volle Gewißheit erlangte, daß es nicht nur eine vorübergehende Anfechtung wäre, sondern etwas, wovon ich mich nie wieder freimachen könnte oder wollte, – da ging ich.

Kroll. So lange also hat es in Dir gegärt. Und wir, – Deine Freunde, wir haben nichts davon erfahren. Rosmer! Rosmer! – wie konntest Du uns diese traurige Wahrheit verschweigen!

Rosmer. Weil ich fand, das wäre eine Sache, die nur mich anginge. Und dann wollte ich auch Dir und den anderen Freunden nicht unnötig Kummer verursachen. Ich dachte, ich könnte fortfahren hier zu leben wie bisher – still und froh und glücklich. Ich wollte lesen und mich in all die Werke vertiefen, die bis dahin für mich Bücher mit sieben Siegeln gewesen waren. Mich so recht warm hineinleben in die große Welt der Wahrheit und Freiheit, die mir jetzt offenbart worden ist.

Kroll. Abtrünnig. Jedes Wort zeugt davon. Aber warum bekennst Du denn nun doch Deinen heimlichen Abfall? Und warum gerade jetzt?

Rosmer. Du selbst hast mich dazu gezwungen, Kroll.

Kroll. Ich? Ich habe Dich gezwungen –?

Rosmer. Als ich von Deinem wüsten Treiben in den Versammlungen hörte, – als ich las von diesen lieblosen Reden, die Du dort führtest, – von Deinen gehässigen Ausfällen gegen die, die auf der andern Seite stehen, – von Deinem höhnischen Verdammungsurteil über die Widersacher –. O Kroll, – was ist aus Dir geworden! Da trat die Pflicht unabweisbar vor mich hin. Die Menschen werden schlecht unter der Wirkung des Streites, der sich erhoben hat. Es muß Friede und Freude und Versöhnung in die Gemüter kommen. Und darum trete ich jetzt hervor und bekenne mich offen als den, der ich bin. Und so will ich denn meine Kräfte erproben – wie die andern. Könntest Du – Deinerseits – nicht auch mittun, Kroll?

Kroll. Nie im Leben schließe ich einen Kompromiß mit den zerstörenden Kräften der Gesellschaft.

Rosmer. So laß uns doch wenigstens mit adeligen Waffen kämpfen, – wenn wir schon kämpfen müssen.

Kroll. Wer nicht mit mir ist in den entscheidenden Lebensfragen, den kenne ich nicht mehr. Und ihm bin ich keine Rücksicht schuldig.

Rosmer. Gilt das auch mir?

Kroll. Du selbst hast mit mir gebrochen, Rosmer.

Rosmer. Aber ist denn das ein Bruch!

Kroll. Und ob! Es ist ein Bruch mit allen, die Dir bis heut nahe gestanden haben. Nun hast Du die Folgen zu tragen.

Rebekka kommt von rechts und öffnet die Tür weit.

Rebekka. So! Nun ist er auf dem Weg zu seinem großen Opferfest. Und jetzt können wir zu Tische gehen. Wenn ich bitten darf, Herr Rektor.

Kroll nimmt seinen Hut. Gute Nacht, Fräulein West. Hier habe ich nichts mehr zu suchen.

Rebekka gespannt. Was ist das? Schließt die Tür und kommt näher. Sie haben gesprochen –?

Rosmer. Jetzt weiß er es.

Kroll. Wir lassen Dich nicht aus den Händen, Rosmer. Wir werden Dich schon wieder auf unsere Seite zwingen.

Rosmer. Dahin komme ich nie wieder.

Kroll. Das werden wir ja sehen. Du bist nicht der Mann dazu, einsam zu stehen.

Rosmer. Ich bin doch nicht so ganz einsam. – Wir ertragen die Einsamkeit hier zu zweit.

Kroll. Ah –! Ein Verdacht steigt in ihm auf. Das auch noch! Beatens Wort –!

Rosmer. Beate –?

Kroll weist den Gedanken von sich. Nein, nein, – das war häßlich –. Verzeih mir.

Rosmer. Was denn? Was?

Kroll. Nichts mehr davon. Pfui! Verzeih mir! Lebwohl!

Geht zur Tür des Vorzimmers.

Rosmer folgt ihm. Kroll! So dürfen wir nicht auseinandergehen. Morgen komme ich zu Dir.

Kroll im Vorzimmer, dreht sich um. Nicht über meine Schwelle!

Nimmt seinen Stock und geht.

Rosmer steht einen Augenblick in der offenen Tür; dann schließt er sie und geht an den Tisch.

Rosmer. Das macht nichts, Rebekka. Wir werden es zu ertragen wissen. Wir zwei treuen Freunde. Du und ich.

Rebekka. Was glaubst Du, meinte er mit dem »Pfui«?

Rosmer. Mach' Dir darüber keine Sorgen, meine Liebe. Er glaubte selbst nicht, was er sagte. Aber morgen will ich ihn besuchen. Gute Nacht!

Rebekka. Auch heut gehst Du so zeitig auf Dein Zimmer? Nach dem, was geschehen ist?

Rosmer. Heute wie sonst. Ich fühle mich so leicht, nun, da es vorüber ist. Sieh – ich bin ganz ruhig, liebe Rebekka. Trag' auch Du es mit Fassung. Gute Nacht!

Rebekka. Gute Nacht, lieber Freund! Und schlaf' wohl.

Rosmer ab durch die Tür des Vorzimmers. Dann hört man ihn eine Treppe hinaufgehen. Rebekka schellt an einem Klingelzuge in der Nähe des Ofens. Bald darauf Madam Helseth von rechts.

Rebekka. Decken Sie nur wieder ab, Madam Helseth. Der Herr Pastor will nicht speisen, – und der Herr Rektor ist nach Haus gegangen.

Madam Helseth. Der Herr Rektor ist fort? Was ist denn los mit dem Herrn Rektor?

Rebekka nimmt ihre Häkelarbeit. Er hat geweissagt, es würde ein schweres Unwetter heraufziehen –

Madam Helseth. Das ist aber sonderbar. Es ist doch kein Wölkchen am Himmel zu sehen.

Rebekka. Wenn er nur nicht dem weißen Roß begegnet. Denn ich fürchte, wir werden bald von derlei Spuk zu hören bekommen.

Madam Helseth. Um Gotteswillen, Fräulein! Lassen Sie doch die ekligen Reden.

Rebekka. Na, na, na –

Madam Helseth leise. Meinen Sie wirklich, Fräulein, hier ist einer, der bald fort muß?

Rebekka. I bewahre! Aber es gibt gar mancherlei weiße Rosse auf dieser Welt, Madam Helseth. – Gute Nacht denn! Ich gehe jetzt auf mein Zimmer.

Madam Helseth. Gute Nacht, Fräulein.

Rebekka mit der Häkelei rechts ab.

Madam Helseth schraubt den Lampendocht herunter, schüttelt den Kopf und murmelt vor sich hin: Herrjeh, – herrjeh. Dieses Fräulein West. Was sie manchmal für Reden führt!


 << zurück weiter >>