Victor Hugo
Han der Isländer. Band 1
Victor Hugo

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I.

»Dahin führt die Liebe, Nachbar Niels; diese arme Guth Stersen würde nicht auf diesem großen schwarzen Stein da ausgestreckt liegen, wie ein Seefisch, den die Ebbe zurückgelassen hat, wenn sie nie an etwas Anderes gedacht hätte, als die Bretter am Nachen ihres Vaters festzunageln oder seine Netze zu flicken. Möge St. Usuph der Fischer unsern alten Kameraden in seinem Leide trösten!«

»Und ihr Bräutigam,« fiel eine heisere zitternde Stimme ein, »Gill Stadt, dieser schöne, junge Mensch, der neben ihr liegt, würde nicht da sein, wenn er, statt diese Guth zu lieben und in den verfluchten Bergwerken von Roeraas sein Glück zu suchen, an der Wiege seines jungen Bruders, die an den rauchigen Balken seiner Hütte hängt, sitzen geblieben wäre.«

Der Nachbar Niels unterbrach sie: »Euer Gedächtnis, altert mit Euch, Mutter Olly. Gill hat niemals einen Bruder gehabt, und deßhalb muß der Schmerz der armen Wittwe Stadt um so bitterer sein, denn ihre Hütte ist jetzt ganz einsam und verlassen. Wenn sie zum Himmel aufblicken will, um dort Trost zu suchen, so findet sie zwischen ihren Augen und den Wolken ihr altes Dach, an dem noch die leere Wiege ihres Kindes hängt, das ein großer Jüngling geworden und dann gestorben ist.«

»Arme Mutter!« sagte die alte Olly. »Was den jungen Menschen betrifft, so ist er selbst Schuld, warum ist er Bergknappe in den Minen von Roeraas geworden?«

»Ich glaube in der That,« sagte Niels, »daß diese höllischen Minen für jeden Centner Kupfer, den sie uns geben, uns einen Menschen nehmen. Was meint Ihr, Gevatter Braal?«

»Die Bergleute sind Narren,« erwiederte der Fischer. »Wenn der Fisch leben will, darf er nicht aus dem Wasser, und wenn der Mensch leben will, so soll er nicht unter den Boden.«

»Aber,« fragte ein junger Mensch unter dem Haufen, »wenn es für Gill Stadt nöthig war, in den Minen zu arbeiten, um seine Braut zu bekommen? . . .«

»Man muß,« unterbrach ihn Olly, »man muß niemals sein Leben aussetzen für Neigungen, die es nicht werth sind. Ein schönes Brautbett, das Gill für seine Guth gewonnen hat!«

»Dieses junge Mädchen,« fragte ein Neugieriger, »hat sich also aus Verzweiflung über den Tod des jungen Menschen ertränkt?«

»Wer sagt das?« rief mit starker Stimme ein Soldat aus, der durch den Haufen gedrungen war. »Dieses junge Mädchen, das ich wohl kenne, war allerdings die Braut eines jungen Bergmanns, den kürzlich ein Felsstück in den unterirdischen Gängen der Storwaadsgrube bei Roeraas zerschmettert hat; aber sie war zugleich die Geliebte eines meiner Kameraden, und als sie vorgestern sich zu Munckholm einschleichen wollte, um dort mit ihrem Liebhaber den Tod ihres Bräutigams zu feiern, strandete ihr Nachen an einer Klippe, und sie ist ertrunken.«

Ein Geräusch verwirrter Stimmen erhob sich. »Unmöglich, Herr Soldat!« schrieen die alten Weiber; die jungen schwiegen, und der Nachbar Niels wiederholte boshafterweise dem Fischer Braal seinen bedeutsamen Spruch: »Dahin führt die Liebe!«

Der Soldat begann im Ernst auf seine weiblichen Gegner böse zu werden, und nannte sie bereits alte Hexen aus der Grotte von Quiragoth, welche grobe Beschimpfung sie nicht geduldig hinzunehmen geneigt waren, als plötzlich eine kreischende Stimme in gebietendem Tone rief: »Stille! Stille, ihr Plaudertaschen!« Alles schwieg.

Der Auftritt, dessen Erzählung wir hier begonnen haben ging in einem jener traurigen Gebäude vor, welche das öffentliche Mitleid und die staatsgesellschaftliche Umsicht für die unbekannten Leichname erbaut haben, diesem letzten Zufluchtsorte von Todten, die meistens unglücklich gelebt haben, und wo sich der gleichgültige Neugierige, der grämliche oder wohlwollende Beobachter, und oft trauernde Verwandte und Freunde drängen, denen eine lange und unerträgliche Unruhe nur noch eine einzige klägliche Hoffnung übrig gelassen hat. In der von uns bereits weit entfernten Epoche und in dem wenig civilisirten Lande, wo diese Geschichte spielt, war man noch nicht, wie in unsern Städten von Koth und Gold, auf den Gedanken gekommen, aus diesen Orten künstlich furchtbare und elegant traurige Monumente zu machen. Der Tag fiel nicht durch die hohe Wölbung auf eine Art von Ruhebetten, wo man den Todten einige der Bequemlichkeiten des Lebens lassen zu wollen schien, und wo ein Kopfkissen, wie für Schlafende, vorhanden ist. Wenn die Thüre des Wächters sich öffnete, konnte sich nicht, wie heutzutage, das von dem Anblick nackter und scheußlicher Leichname ermüdete Auge durch den Anblick kostbarer Geräthschaften und freundlicher Kinder erholen. Dort war der Tod in seiner ganzen Häßlichkeit, in seinem ganzen Schrecken, und man hatte noch nicht versucht, sein fleischloses Skelett mit Putz und Bändern zu verzieren.

Der Saal, in welchem sich die handelnden Personen befanden, war geräumig und dunkel, wodurch er noch geräumiger erschien: er erhielt sein Licht bloß durch eine niedere, viereckige Thüre, die sich auf den Hafen von Drontheim öffnete, und durch eine plumpe Oeffnung in der Decke, durch welche mit dem Regen, dem Hagel und Schnee, je nach der Jahreszeit, ein bleiches Licht auf die Leichname herabfiel, die sich unmittelbar darunter befanden. Dieser Saal war in seiner Breite durch ein eisernes Gitter von halber Manneshöhe in zwei Hälften getheilt. Das Publikum trat durch die viereckige Thüre in die erste Hälfte ein: in der zweiten Hälfte sah man sechs lange steinerne Lager, in paralleler Richtung, für die Leichname. Eine kleine Seitenthüre diente dem Wächter und seinem Gehülfen, deren Wohnung den hintern Theil des hart an das Meer stoßenden Gebäudes einnahm, zum Eingang. Auf zweien dieser steinernen Betten lagen der Bergmann und seine Braut. Der Leichnam des Mädchens ging bereits in Verwesung über; die Züge des Mannes schienen hart und düster, und sein Körper war furchtbar verstümmelt.

Vor diesen entstellten menschlichen Leichnamen hatte die Unterhaltung begonnen, welche wir soeben erzählt haben.

Ein langer, ausgetrockneter alter Mann, der in dem dunkelsten Winkel des Saals mit gesenktem Haupt auf einem halb zerfallenen Schemel saß, hatte bis zu dem Augenblicke, wo er sich plötzlich mit dem Ruf: »Stille! Stille! ihr Plaudertaschen!« erhob, dem Gespräch gar keine Aufmerksamkeit zu schenken geschienen.

Alle schwiegen, der Soldat wandte sich um, und als er das eingefallene Gesicht, die wenigen schmutzigen Haare, die hagere, ganz in Rennthierfelle gekleidete Gestalt des Alten erblickte, brach er in lautes Lachen aus. In den Reihen der im ersten Augenblicke bestürzten Weiber erhob sich jetzt ein Gemurmel: »Das ist der Wächter des Spladgest! – Dieser höllische Thürsteher der Todten! – Dieser teuflische Spiagudry! Dieser verfluchte Hexenmeister!«

»Stille! Stille, ihr Plaudertaschen! Wenn es heute Hexen-Sabbath ist, so holt eure Besen, sonst fliegen sie allein fort. Lasset diesen geehrten Abkömmling des Gottes Thor in Ruhe!«

Mit diesen Worten wandte sich Spiagudry dem Soldaten zu und sprach mit einer freundlichen Grimasse: »Ihr sagtet so eben, mein Tapferer, daß dieses elende Weibsbild . . .«

»Der alte Schacher!« murmelte Olly. »Ja, freilich, wir sind in seinen Augen elende Weibsbilder, weil unsere Leichname, wenn sie in seine Klaue fallen, ihm nach der Taxe bloß dreißig Pfennige eintragen, wahrend er für das Gerippe eines Mannes vierzig bekommt.«

»Stille, ihr alten Hexen!« wiederholte Spiagudry. »Diese verdammten Weiber sind wie ihre Kessel; wenn sie heiß werden, fangen sie an zu pfeifen. Sagt mir doch, mein tapferer Degenknopf, Euer Kamerad, dessen Geliebte diese Guth war, wird wohl aus Verzweiflung über ihren Verlust einen Selbstmord begehen? . . .«

Hier erfolgte der lange zurückgehaltene Ausruf: »Hört ihr den Schacher, den alten Heidenkopf?»schrieen zwanzig kreischende, mißtönende Stimmen. »Er wünscht einen Lebenden weniger wegen der vierzig Pfennige, die ihm ein Todter einträgt!«

»Und wenn es so wäre?« fuhr der Wächter des Spladgest fort. »Unser gnädigster König und Herr, Christiern der Fünfte, erklärt sich auch zum geborenen Beschützer aller Bergleute, damit sie bei ihrem Tode seinen königlichen Schatz mit ihrem lumpigen Nachlaß bereichern.«

»Ihr erweist dem König viel Ehre,« sagte der Fischer Braal, »daß Ihr seinen königlichen Schatz mit Eurer Bettelbüchse und Euch mit ihm vergleicht, Nachbar Spiagudry.«

»Nachbar!« wiederholte der Wächter des Spladgest, den diese Vertraulichkeit ärgerte. »Euer Nachbar! Sagt lieber, Euer Wirth, denn, mein lieber Schiffmann, es könnte wohl eines Tages geschehen, daß ich Euch auf einem meiner sechs steinernen Betten beherbergte.«

»Im Uebrigen,« fügte er lachend hinzu, »wenn ich von dem Tode dieses Soldaten sprach, so geschah es bloß, um in den großen und tragischen Leidenschaften, welche die Weiber einflößen, den löblichen Gebrauch des Selbstmords verewigt zu sehen.«

»Nun, großer Leichnam, der Du Leichname hütest,« sagte der Soldat, »wohin zielst Du denn mit Deiner liebenswürdigen Grimasse, die dem letzten Lachen eines Gehenkten gleicht?«

»Wohl gesprochen, mein Tapferer!« antwortete Spiagudry. »Ich war immer der Meinung, daß unter dem Helm des Waffenmannes Thurn, der den Teufel mit Schwert und Zunge überwand, mehr Verstand stecke, als unter der Mütze des Bischofs Isleif, der die Geschichte von Island verfaßt, und unter der Schlafhaube des Professors Schönning, der unsere Hauptkirche beschrieben hat.«

»In diesem Falle, mein alter Ledermann, rathe ich Dir, die Einkünfte Deiner Fleischbank im Stiche zu lassen und Dich in das Naturalienkabinet des Vicekönigs zu Bergen zu verkaufen. Ich schwöre Dir bei Sankt Belphegor, daß man dort die seltenen Thiere mit Gold aufwägt. Jetzt aber sage mir erst, was Du denn eigentlich von mir willst?«

»Wenn die Leichname, die man uns bringt, im Wasser gefunden worden sind, so müssen wir die Hälfte der Taxe den Fischern abgeben. Ich wollte Euch demnach bitten, erlauchter Nachkomme des Waffenmannes Thurn, Euern unglücklichen Kameraden zu vermögen, daß er sich nicht ersäufe, sondern irgend eine andere Todesart wähle. Das kann ihm ja ganz einerlei sein, und wenn ihn doch einmal seine unglückliche Liebe zu dieser Handlung treibt, so wird er einem unglücklichen Christen, der seinen Leichnam gastfreundlich aufnimmt, im Sterben kein Unrecht zufügen wollen.«

»Hierin, mein gastfreundlicher Wirth, irrt Ihr Euch gewaltig, mein Kamerad bedankt sich für die Ehre, in Eure appetitliche Herberge mit den sechs Betten aufgenommen zu werden. Meint Ihr denn, er habe sich für den Verlust dieses Liebchens da nicht bereits durch ein anderes entschädigt? Ich schwöre Euch bei meinem Bart, daß er Eurer Guth längst übersatt war.«

Bei diesen Worten brach das Ungewitter, das Spiagudry einen Augenblick auf sein Haupt abgelenkt hatte, stürmischer als je über den unverschämten Kriegsmann los.

»Wie, elender Taugenichts!« schrieen die alten Weiber. »So leicht vergeßt Ihr uns! Jetzt gebt euch mehr mit diesen Schlingeln ab!«

Die jungen Weiber und Mädchen schwiegen fortwährend. Mehrere von ihnen sahen diesen Taugenichts an und fanden ihn nicht so übel.

»Oh! Oh!« sagte der Soldat, »sind wir denn auf dem Hexentanz? Das ist eine harte Zugabe für Freund Beelzebub, daß er allwöchentlich einen solchen Chorus hören muß!«

Man weiß nicht, auf welche Weise sich dieser Sturm zuletzt noch entladen haben würde, wenn nicht die allgemeine Aufmerksamkeit durch ein von Außen kommendes Geräusch in Anspruch genommen worden wäre. Das Geräusch nahm allmählig zu, und bald stürmte ein Schwarm halbnackter Buben, um eine von zwei Männern getragene und bedeckte Tragbahre herum laufend und schreiend, in den Spladgest herein.

»Woher kommt das?« fragte der Wächter die Träger.

»Vom Strande von Urchthal.«

»Oglypiglap!« rief Spiagudry.

Aus einer Seitenthüre trat ein kleiner, in Leder gekleideter Lappländer herein, und gab den Trägern ein Zeichen, ihm zu folgen. Spiagudry begleitete sie, und die Thüre schloß sich wieder, ehe noch die neugierige Menge an der Länge des auf der Tragbahre liegenden Leichnams errathen konnte, ob es ein Mann oder ein Weib sei.

Um diesen Gegenstand drehte sich das allgemeine Gespräch, als Spiagudry und sein Gehülfe wieder erschienen und den Leichnam eines Mannes auf einem der steinernen Betten niederlegten.

»Es ist schon lange her, daß ich keine so schöne Kleider mehr berührt habe,« sagte Oglypiglap, schüttelte den Kopf, stellte sich auf die Spitze der Zehen und hängte eine prächtige Hauptmannsuniform über dem Todten auf. Der Kopf des Leichnams war entstellt und die übrigen Glieder mit Blut bedeckt. Der Wächter begoß ihn mehrmals aus einer alten halb zerbrochenen Wasserrinne.

»Bei St. Beelzebub!« rief der Soldat, »das ist ein Offizier von meinem Regiment. Laßt sehen! Ist es vielleicht der Hauptmann Bollar, aus Schmerz, seinen Oheim verloren zu haben? Bah! Er erbt ja. Der Baron Randmer? Er hat gestern sein Gut im Spiele verloren, aber er wird es morgen nebst dem Schlosse seines Gegners wieder gewinnen. Oder der Hauptmann Lory, dessen Hund ersoffen ist? Oder der Zahlmeister Stunk, dessen Weib untreu ist? In der That, Alles das ist kein Grund, sich eine Kugel vor den Kopf zu schießen.«

Die Menge nahm mit jedem Augenblicke zu. Ein junger Mann ritt am Hafen vorüber, sah das Zuströmen des Volks, stieg vom Pferde, warf den Zügel seinem Bedienten zu und trat in den Spladgest herein. Er trug ein einfaches Reisekleid, war mit einem Säbel bewaffnet und in einen weiten grünen Mantel gewickelt. Eine schwarze Feder, die mit einer diamantenen Schnalle an seinem Hut befestigt war, fiel auf sein edles Gesicht herab und wogte auf seiner hohen, von langen braunen Haaren beschatteten Stirne. Seine mit Koth bespritzten Stiefel und Sporen bewiesen, daß er einen weiten Weg gemacht hatte.

Als er eintrat, sagte eben ein kleiner untersetzter Mann, der, gleich ihm, in einen Mantel gewickelt war und seine Hände in großen Handschuhen stecken hatte, zu dem Soldaten: »Und wer sagt Euch denn, daß er sich selbst umgebracht hat? Dieser Mann da, dafür stehe ich Euch, hat sich eben so wenig selbst umgebracht, als das Dach Eurer Hauptkirche sich von selbst entzündet hat.«

»Unsere Hauptkirche!« sagte Niels, »man deckt sie jetzt mit Kupfer. Dieser elende Han der Isländer hat, wie es heißt, das Feuer eingelegt, um den Bergleuten Arbeit zu schaffen, unter denen sich sein Schützling Gill Stadt befand, der jetzt hier liegt.«

»Zum Teufel!« rief seinerseits der Soldat, »mir, dem zweiten Arquebusier der Garnison von Munckholm, ins Angesicht zu behaupten, daß dieser Mann da sich nicht vor den Kopf geschossen habe!«

»Dieser Mensch ist ermordet worden,« erwiederte der kleine Mann ruhig.

»Höre einmal, Du Orakel! Deine kleinen grauen Augen sehen nicht heller, als Deine Hände unter den großen Handschuhen da, womit Du sie mitten im Sommer bedeckst.«

Ein Blitz schoß aus den Augen des kleinen Mannes: »Soldat! Bitte Deinen Schutzpatron, daß nicht eines Tages diese Hände da ihre Spuren auf Deinem Gesichte zurücklassen mögen!«

»Heraus denn!« rief der zornige Soldat. »Doch nein,« fügte er plötzlich hinzu, »vor Todten soll man nicht von einem Zweikampfe sprechen.«

Der kleine Mann murmelte einige Worte in einer fremden Sprache und verschwand.

Eine Stimme rief: »Am Strande von Urchthal hat man ihn gefunden.«

»Am Strande von Urchthal?« sagte der Soldat, »dort sollte diesen Morgen der Hauptmann Dispolsen, der von Kopenhagen kommt, sich ausschiffen.«

»Der Hauptmann Dispolsen ist noch nicht zu Munckholm angekommen,« rief eine andere Stimme. »Es heißt,« fuhr ein Dritter fort, »daß sich Han der Isländer jetzt dort herumtreibt.«

»In diesem Falle,« sagte der Soldat, »ist es möglich, daß dieser Mann der Hauptmann Dispolsen ist, wenn ihn Han umgebracht hat, denn Jedermann weiß, daß dieser Isländer auf eine so teuflische Art mordet, daß seine Schlachtopfer oft wie Selbstmörder aussehen.«

»Was ist denn das für ein Mensch, dieser Han?« fragte Jemand.

»Ein Riese,« sagte der Eine.

»Ein Zwerg,« sprach der Andere.

»Hat ihn denn noch Niemand gesehen?« fragte eine Stimme.

»Wer ihn zum ersten Mal sieht, hat ihn auch zum letzten Mal gesehen.«

»Stille!« sagte die alte Olly; »es gibt nur drei Personen, die jemals menschliche Worte mit ihm gewechselt haben: dieser Heide Spiagudry da, die Wittwe Stadt und . . . aber sein Leben und Tod war unglücklich . . . dieser arme Gill, den ihr da liegen seht. Stille!«

»Stille!« wiederholte man von allen Seiten.

»Jetzt,« rief plötzlich der Soldat, »jetzt weiß ich gewiß, daß es wirklich der Hauptmann Dispolsen ist, ich erkenne die Stahlkette, welche ihm unser Gefangener, der alte Schuhmacher, bei seiner Abreise geschenkt hat.«

Der junge Mann mit der schwarzen Feder fiel ihm heftig ins Wort: »Ihr wißt gewiß, daß dies der Hauptmann Dispolsen ist?«

»Gewiß, so wahr es einen Beelzebub gibt!« versicherte der Soldat.

Der junge Mann ging rasch hinaus.

»Eine Barke nach Munckholm!« sagte er zu seinem Diener.

»Aber, gnädiger Herr, und der General? . . .«

»Du bringst ihm die Pferde. Ich komme morgen zu ihm. Bin ich mein Herr oder nicht? Vorwärts, der Tag neigt sich, und ich habe Eile, eine Barke also!«

Der Diener gehorchte und folgte eine Zeit lang mit den Augen dem Nachen, in welchem sein junger Herr saß, und der sich mit schnellem Ruderschlag vom Ufer entfernte.


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