Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++
Jener sprach's; da entbrannte der Peleion', und das Herz ihm Unter der zottigen Brust ratschlagete, wankendes Sinnes: |
|
190 | Ob er das schneidende Schwert alsbald von der Hüfte sich reißend Trennen sie sollt' auseinander, und niederhaun den Atreiden; Oder stillen den Zorn, und die mutige Seele beherrschen. Als er solches erwog in des Herzens Geist und Empfindung, Und er das große Schwert schon hervorzog; naht' ihm vom Himmel |
195 | Pallas Athen', entsandt von der lilienarmigen Here, Die für beide zugleich in liebender Seele besorgt war. Hinter ihn trat sie, und faßte das bräunliche Haar des Peleiden, Ihm allein sich enthüllend; der anderen schaute sie keiner. Staunend zuckte der Held und wandte sich: plötzlich erkannt' er |
200 | Pallas Athenens Gestalt, und fürchterlich strahlt' ihm ihr Auge. Und er begann zu jener, und sprach die geflügelten Worte: Warum, o Tochter Zeus des Ägiserschütterers, kamst du? |
205 | Sein unbändiger Stolz wird einst noch das Leben ihm kosten!
Drauf antwortete Zeus blauäugige Tochter Athene: |
210 | Aber wohlan, laß fahren den Streit, und zucke das Schwert nicht. Magst du mit Worten ihn doch beleidigen, wie es dir einfällt. Denn ich sage dir an, und das wird wahrlich vollendet: Einst wird dir noch dreimal so herrliche Gabe geboten, Wegen der heutigen Schmach. Drum fasse dich nun, und gehorch' uns. |
215 |
Ihr antwortete drauf der mutige Renner Achilleus: Sprach's, und hemmte die nervichte Hand an dem silbernen Hefte, |
220 | Stieß in die Scheide zurück das große Schwert, und verwarf nicht Athenäens Gebot. Sie wandte sich drauf zum Olympos, In den Palast des donnernden Zeus, zu den anderen Göttern. Doch der Peleide begann mit erbitterten Worten von neuem |
225 |
Trunkenbold, mit dem hündischen Blick, und dem Mute des Hirsches! |
230 | Ihm sein Geschenk zu entwenden, der dir entgegen nur redet! Volkverschlingender König! Denn nichtigen Menschen gebeutst du! Oder du hättest, Atreide, das letzte Mal heute gefrevelt! Aber ich sage dir an, und mit heiligen Eide beschwör' ich's! Wahrlich bei diesem Scepter, der niemals Blätter und Zweige |
235 | Wieder zeugt, nachdem er den Stamm im Gebirge verlassen; Nie mehr sproßt er empor, denn ringsum schälte das Erz ihm Laub und Rinde hinweg; und edele Söhne Achaias Tragen ihn jetzt in der Hand, die Richtenden, welchen Kronion Seine Gesetze vertraut: dies sei dir die hohe Beteurung! |
240 | Wahrlich vermißt wird Achilleus hinfort von den Söhnen Achaias Allzumal; dann suchst du umsonst, wie sehr du dich härmest, Rettung, wenn sie in Scharen, vom männermordenden Hektor Niedergestürzt, hinsterben; und tief in der Seele zernagt dich Zürnender Gram, daß den besten der Danaer nichts du geehret! |
245 |
Also sprach der Peleid', und warf auf die Erde den Scepter, |
250 | Diesem waren schon zwei der redenden Menschengeschlechter Hingewelkt, die vordem ihm zugleich aufwuchsen und lebten, Dort in der heiligen Pylos; und jetzt das dritte beherrscht' er. Dieser begann wohlmeinend, und redete vor der Versammlung: Wehe, wie großes Leid dem achaiischen Lande herannaht! |
255 | Traun, wohl freun wird sich Priamos des, und Priamos Söhne, Auch das Volk der Troer wird hoch frohlocken im Herzen, Wenn sie das alles gehört, wie ihr durch Zank euch ereifert, Ihr, die ersten Achaier im Rat, und die ersten im Kampfe. Aber gehorcht! Ihr beide seid jüngeres Alters, denn ich bin! |
260 | Denn schon vormals pflog ich mit stärkeren Männern Gemeinschaft, Als ihr seid; und dennoch verachteten jene mich nimmer! Solche Männer ersah ich nicht mehr, und ersehe sie schwerlich, So wie Peirithoos war, und der völkerweidende Dryas, Käneus auch, und der Held Exadios, auch Polyphemos, |
265 | Oder wie Ägeus Sohn, der götterähnliche Theseus. Traun, das waren die stärksten der lebenden Erdebewohner, Waren selbst die stärksten und kämpften nur wider die stärksten, Wider die Bergkentauren, und übeten grause Vertilgung. Seht, und jenen war ich ein Kriegsgenoß, der aus Pylos |
270 | Herkam, fern ans dem Apierland; denn sie riefen mich selber; Und ich kämpfte das meinige mit. Doch jene vermochte Keiner, so viel nun leben des Menschengeschlechts, zu bekämpfen. Dennoch hörten sie Rat von mir, und gehorchten dem Worte. Aber gehorcht auch ihr; denn Rat zu hören ist besser. |
275 | Weder du, wie mächtig du seist, nimm jenem das Mägdlein; Sondern laß, was ihm einmal zum Dank verliehn die Achaier: Noch auch du, o Peleid', erhebe dich wider den König So voll Trotz; denn es ward nie gleicher Ehre ja teilhaft Ein bescepterter König, den Zeus mit Ruhme verherrlicht. |
280 | Wenn du ein Stärkerer bist, und Sohn der göttlichen Mutter: Ist er mächtiger doch, weil mehrerem Volk er gebietet. Atreus Sohn, laß fahren den Zorn; und ich selbst will Achilleus Anflehn, auch sein Herz zu besänftigen, ihn, der die große Schutzwehr ist dem achaiischen Volk im verderbenden Kriege. |
285 |
Gegen ihn rief antwortend der Völkerfürst Agamemnon: |
290 | Wenn sie ja Lanzenkund' ihm verliehn, die ewigen Götter; Stellen sie darum ihm frei, auch Schmähungen auszurufen? Ihm in die Red' einfallend, begann der edle Achilleus: |
295 | Andern gebeut' du solches nach Willkür; aber nur mir nicht Winke Befehl; ich möchte hinfort dir wenig gehorchen! Eines verkünd' ich dir noch, und du bewahr' es im Herzen. Niemals heb' ich die Arme zum Streit auf wegen des Mägdleins, Weder mit dir, noch andern; ihr gabt, und nehmet sie wieder. |
300 | Aber so viel mir sonst bei dem dunkelen Schiffe sich findet, Davon nimmst du mir schwerlich das mindeste, wider mein Wollen. Oder wohlan, versuch' es! damit sie alle mit ansehn, Wie alsbald an der Lanze dein schwarzes Blut mir herabträuft! Also haderten beide mit widerstrebenden Worten, |
305 | Standen dann auf, und trennten den Rat bei den Schiffen Achaias. Peleus Sohn, zu den Zelten gewandt und schwebenden Schiffen, Wandelte, samt Menötios' Sohn und seinen Genossen. Doch der Atreid' entließ ein hurtiges Schiff in die Meerflut; |
310 | Hekatomb'; und darauf des Chryses rosige Tochter Führt' er hinein; und Gebieter des Schiffs war der weise Odysseus. Alle nun eingestiegen, durchsteuerten flüssige Pfade. Drauf hieß Atreus Sohn sich entsündigen alle Achaier: |
315 | Opferten dann für Apollon vollkommene Sühnhekatomben Mutiger Stier' und Ziegen am Strand des verödeten Meeres; Und hoch wallte der Duft in wirbelndem Rauche gen Himmel. So war alles im Heere beschäftiget. Doch Agamemnon |
320 | Sondern Talthybios schnell und Eurybates rief er ermahnend, Die Herold' ihm waren und rasch aufwartende Diener: Gehet hin zum Gezelte des Peleiaden Achilleus; |
325 | Hin mit mehreren kommend; was ihm noch schrecklicher sein wird!
Jener sprach's und entließ sie, die drohenden Worte befehlend. |
330 | Sitzend; und traun, nicht wurde des Anblicks fröhlich Achilleus. Beide bestürzt vor Scheu und Ehrfurcht gegen den König Standen, und wageten nichts zu verkündigen, oder zu fragen. Aber er selbst vernahm es in seinem Geist, und begann so: Freude mit euch, Herold', ihr Boten Zeus und der Menschen! |
335 | Nahet euch! Ihr nicht seid mir Verschuldete; nur Agamemnon, Der euch beide gesandt um Brises rosige Tochter. Auf denn, führe heraus das Mägdelein, edler Patroklos, Und laß jene sie nehmen. Doch sei'n sie selber mir Zeugen, Vor den seligen Göttern, und vor den sterblichen Menschen, |
340 | Auch vor dem Könige dort, dem Wüterich: Wenn man hinfort noch Meiner Hilfe bedarf, dem schmählichen Jammer zu steuern Jenes Volks...! Ha, wahrlich, er tobt in verderblichem Wahnsinn, Blind im Geiste zugleich vorwärts zu schauen und rückwärts, Daß bei den Schiffen er sichre das streitende Heer der Achaier! |
345 |
Jener sprach's; und Patroklos, dem lieben Freunde gehorchend, |
350 | Hin an des Meeres Gestad', und schaut' in das finstre Gewässer. Vieles zur trauten Mutter nun flehet er, breitend die Hände: Mutter, dieweil du mich nur für wenige Tage gebarest, |
355 | Siehe, des Atreus Sohn, der Völkerfürst Agamemnon, Hat mich entehrt, und behält mein Geschenk, das er selber geraubet! Also sprach er betränt; ihn vernahm die treffliche Mutter, |
360 | Und nun setzte sie nahe sich hin vor den Tränenbenetzten, Streichelt' ihn drauf mit der Hand, und redete, also beginnend: Liebes Kind, was weinst du? und was betrübt dir die Seele? Doch schwerseufzend begann der mutige Renner Achilleus: |
365 | Mutter, du weißt das alles; was soll ich es dir noch erzählen? Thebe belagerten wir, Eëtions heilige Feste, Und verwüsteten sie, und führeten alles von dannen. Redlich teilten den Raub die tapferen Söhne Achaias, Und man erkor dem Atreiden des Chryses rosige Tochter. |
370 | Chryses darauf, der Priester des treffenden Phöbos Apollon, Kam zu den rüstigen Schiffen der erzumschirmten Achaier, Frei zu kaufen die Tochter, und bracht' unendliche Lösung, Tragend den Lorbeerschmuck des treffenden Phöbos Apollon Um den goldenen Stab; und er flehete laut den Achaiern, |
375 | Doch den Atreiden vor allen, den zween Feldherrn der Völker. Drauf gebot beifallend das ganze Heer der Achaier, Ehrend den Priester zu scheun, und die köstliche Lösung zu nehmen. Aber nicht Agamemnon, des Atreus Sohne, gefiel es; Dieser entsandt' ihn mit Schmach, und befahl ihm drohende Worte. |
380 | Zürnend vernahm es der Greis und wandte sich. Aber Apollon Hörte des Flehenden Ruf, denn sehr geliebt war ihm jener. Und nun sandt' er sein Todesgeschoß; und die Völker Achaias Starben in Scharen dahin, da rings die Geschosse des Gottes Flogen im weiten Heere der Danaer. Siehe da weissagt' |
385 | Uns ein kundiger Seher den heiligen Rat des Apollon. Eilend riet ich selber zuerst, den Gott zu versöhnen. Aber der Atreion' ereiferte: schnell sich erhebend Sprach er ein drohendes Wort, das nun der Vollendung genaht ist. Jene geleiten im Schiff frohblickende Söhne Achaias |
390 | Heim nach Chrysa zurück, auch bringen sie Gaben dem Herrscher Doch mir nahmen nun eben die Herold' aus dem Gezelte Brises Tochter hinweg, das Ehrengeschenk der Achaier. O wenn du es vermagst, so hilf dem tapferen Sohne! Steig empor zum Olympos, und flehe Zeus, wenn du jemals |
395 | Ihm mit Worten das Herz erfreuetest, oder mit Taten. Denn ich habe ja oft dich selbst im Palaste des Vaters Rühmen gehört, wie du einst dem schwarzumwölkten Kronion, Du von den Göttern allein, die schmähliche Kränkung gewendet, Als vordem ihn zu binden die andern Olympier drohten, |
400 | Here und Poseidaon zugleich, und Pallas Athene. Doch du kamst, o Göttin, und lösetest ihn aus den Banden, Rufend zum hohen Olympos den hundertarmigen Riesen, Den Briareos nennen die Himmlischen, aber Ägäon Jeglicher Mensch; denn er raget auch selbst vor dem Vater an Stärke. |
405 | Dieser nun saß bei Kronion dem Donnerer, freudiges Trotzes. Drob erschraken die Götter, und scheuten sich, jenen zu fesseln. Setze nun, des ihn erinnernd, zu jenem dich, fass' ihm die Knie' auch, Ob es vielleicht ihm gefallen den Troern Schutz zu gewähren, Aber zurück zu drängen zum Lager und Meer die Achaier, |
410 | Niedergehaun, bis sie alle sich sättigen ihres Gebieters, Auch er selbst der Atreide, der Völkerfürst Agamemnon, Kenne die Schuld, da den besten der Danaer nichts er geehret! Aber Thetis darauf antwortete, Tränen vergießend: |
415 | Möchtest du hier bei den Schiffen doch frei von Tränen und Kränkung Sitzen; dieweil dein Verhängnis so kurz nur währet, so gar kurz! Aber zugleich frühwelkend und unglückselig vor allen Wurdest du! Ja, dich gebar ich dem Jammergeschick im Palaste! Dies dem Donnerer Zeus zu verkündigen, ob er mich höre, |
420 | Geh' ich selber hinauf zum schneebedeckten Olympos. Du indes an des Meers schnellwandelnden Schiffen dich setzend, Zürne dem Danaervolk, und des Kriegs enthalte dich gänzlich. Zeus ging gestern zum Mahl der unsträflichen Äthiopen An des Okeanos Flut; und die Himmlischen folgten ihm alle. |
425 | Aber am zwölften Tag, dann kehret er heim zum Olympos. Hierauf steig' ich empor zum ehernen Hause Kronions, Und umfass' ihm die Knie'; und ich traue mir, ihn zu bewegen. |