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O Göttin / der ich voller pflicht

  O Göttin / der ich voller pflicht
    Mein erstes opffer angericht /
Verachte nicht die letzten Flammen /
    Und dencke noch an das altar /
    Darauff mein kindisch räuchwerck war /
So dich und mich verband zusammen.

    Ich weiß wohl / daß die schnöde zeit /
    Und meine grosse niedrigkeit
Dein ohr hat von mir weggerissen /
    Und daß kein zeugniß meiner pflicht /
    So hand und seele zugericht /
Recht würdig ist / dich zu begrüssen.

    Doch aber / wilstu göttin seyn?
    So muß auch deiner strahlen schein
Ein kleines opffer nicht verhöhnen.
    Der himmel liebt barmhertzigkeit /
    Und alle götter sind erfreut /
Wenn unsre hände sie versöhnen.

    Drum thu auch deinen himmel auff /
    Und laß der tauben saiten lauff
Mich und mein opffer nicht verzehren!
    Die dürfftigkeit hemmt meine hand /
    Und ist dir doch zuvor bekandt /
Was dir mein armuth kan gewähren.

    Ist gleich räuch-opffer / brandt und heerdt
    Nicht deiner himmel-schönheit werth /
So wird dich das doch nicht beflecken;
    Und bistu göttin / so da liebt /
    Da man ihr himmels-ehre giebt?
So laß mich deinen nectar schmecken.

    So dich mein feuer lencken kan /
    So schaue dessen funcken an /
Und laß mich nicht so schmählich sterben;
    Doch / soll es ja gestorben seyn /
    So laß mein leben samt der pein
Durch deiner augen glut verderben.

    Es komme leben oder tod /
    Es komme wohlfahrt oder noth /
Ich nehm es an mit tausend küssen /
    Dein urtheil stärcket meinen muth /
    Ich bin bereit / mein treues blut
Vor deinen füssen zu vergiessen.


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