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Gedancken bey auffgehender morgen-röthe.

AUrora deine rosen blicken /
    Der purpur triefft aus deiner hand /
    Du suchst durch dieses reine pfand
Die welt und alles zu erquicken /
    Und machst die bahn von gold und nectar voll /
    Darauff dein Phöbus lauffen soll.

Ein iedes blat bey meinen füssen /
    Ein ieder vogel über mir /
    Verehret dich und opffert dir;
Und giebet uns mit lust zu wissen /
    Wie itzt dein glantz und deiner wunder pracht
    Verjagt das leid und dämpfft die nacht.

Du heist den unmuth von uns scheiden /
    Die blumen weinen dir vor lust.
    Du öffnest deine bunte brust /
In wilden püschen / thal und heiden.
    Nur die / so dir fast gleichen zierrath führt /
    Wird nicht durch deine pracht gerührt.

Corinne läst sich nicht bewegen /
    Du fäll'st ihr wüten nicht dahin /
    Sie weiß den kalten Tyger-sinn
Nicht abzuthun / nicht weg zu legen.
    Sie speiset mich mit angst und bleichem leid /
    Wie du die welt mit lieblichkeit.

Ihr harter geist weiß nicht zu biegen /
    Ihr haß der geht nicht mehr zu ruh /
    Er will stets munter seyn wie du /
Und gegen mich zu felde liegen;
    Sie macht / daß mir dein angenehmer schein
    Den blitzen ähnlich dünckt zu seyn.

Aurora brich doch diese sinnen /
    Und lege diesen hohen muth!
    So dir nur schimpff / mir unrecht thut:
Komm / tilge ferner ihr beginnen.
    Legstu mir nun dergleichen kleinod zu /
    So werd' ich wieder roth wie du.

Du must den kalten schnee vertreiben /
    So unter warmen bergen ist /
    Und mich zu martern hat erkiest /
Sonst kan und weiß ich nicht zu bleiben.
    Aurora wilstu wie Corinne seyn?
    Du läuffst und läst mich hier allein!


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