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IV.

Omana wird tätowirt. Die Haifischtrommel. Eine Flöte, die mit der Nase geblasen wird. Ein gestörtes Opfer. Die zerschlagenen Götzen.


Ein Jahr verging der glücklichen Helene wie im Fluge und dieses Jahr wie reich war es an Freuden, an bunter Abwechselung! Ueberall hin hatte sie mit Omana den Ufersaum der Insel durchstreift und die Schönheit derselben kennen gelernt. Schmerz, Mißmuth und Heimweh waren wie weggeblasen. Die Langeweile, welche den Insulanern so häufig das Leben verbittert, kehrte niemals in ihrem Herzen ein, sie war glücklich. Aber es sollte nicht immer so bleiben.

Eines Abends, als die beiden Mädchen zusammen auf dem hohen Ufer des Hafens saßen und auf die zahllosen Pirogen hinabsahen, füllten sich Omana's Augen plötzlich mit Thränen und sie begann heftig zu schluchzen.

Was ist dir? fragte Helene verwundert. Ich habe dich niemals weinen sehen. Warum bist du heute so traurig? Sage es mir, wenn du mich lieb hast.

Ach, ich bin ein thörichtes Kind, entgegnete Omana, ich weine, weil ich an den Schmerz denke, welcher mir morgen bevorsteht.

Was ist das? fragte Helene. Wer will dir Schmerz bereiten?

Morgen, antwortete die Tahitierin, ist der Tag, wo mein Körper mit Blumen versehen wird.

Sie wollen dich tätowiren? fragte Helene. Nein, nein, sie sollen das bleiben lassen. Es ist abscheulich, den Körper so zu verunstalten. Ich leide es nicht, und will deinem Vater sagen, daß die weißen Menschen sich niemals die Haut ritzen lassen.

Da hörte Omana auf zu weinen, legte ihren Kopf in Helenens Schooß und sprach: Wenn du mich lieb hast, so wirst du das nicht thun. Ich habe geweint, weil ich an den Schmerz dachte; aber ich verlange selbst nach den Blumen, denn eine tahiti'sche Jungfrau darf nicht ohne dieselben bleiben. Man würde ihrer niemals achten und sie mit Abscheu von sich stoßen, wenn sie thöricht genug wäre, sich dem Herkommen zu widersetzen.

Es muß geschehen, Helene, und es soll auch geschehen und wenn es noch größern Schmerz verursachte; aber um Eines wollte ich dich bitten: du mußt dabei sein, damit ich standhaft bleibe und den Muth nicht verliere.

Helene schauderte vor dem Gedanken, Zeugin einer so blutigen Mißhandlung zu sein, aber als Omana nicht aufhörte, zu bitten, gab sie endlich ihre Einwilligung.

Als Helene in die Hütte ihrer Eltern zurückkehrte, hörte sie, daß noch zwölf andere Jungfrauen in Papeiti tätowirt werden sollten und daß die Einwohner mit dieser Ceremonie ein Freudenfest verbinden würden.

Poma hatte heimlich den Gedanken mit sich herumgetragen, auch ihre geliebte Tochter an dieser Auszeichnung Theil nehmen zu lassen. Sie meinte, mit den Blumen auf der Haut würde sie alle Erinnerungen an die Heimath aus ihrem Gedächtnisse verlieren, ganz Tahitierin werden und sich niemals von ihren Pflegeeltern trennen, was sich auch immer in der Zukunft ereignen möchte.

Als sie aber Helenens Abscheu gegen die blutige Ceremonie hörte, als diese es offen aussprach, wie sehr sie einen Brauch hasse, welcher eines verständigen Menschen unwürdig sei, da stand sie von ihrem Plane ab, heimlich über die Scheidewand seufzend, die immer zwischen ihr und den Insulanerinnen bestehen bleiben würde.

Am folgenden Morgen kam Omana festlich geschmückt zu Tupia's Hütte, um ihre Freundin zu der schmerzlichen Operation abzuholen.

Ganz Papeiti glich einem großen Blumenstrauße, denn die Einwohner hatten ihre Hütten vom Dache bis auf den Boden geschmückt. Fröhlich wanderten sie in den besten Feierkleidern umher und riefen sich Grüße und Glückwünsche zu. Frauen und Männer trugen heute die dreifache Zahl von Taparöcken und selbst die Kinder hatten sich festlich herausgeputzt.

Omana trat mit der Freundin in ihre Hütte. Der Häuptling Tane reichte seiner Tochter die Hand, mahnte sie mit feierlichen Worten zur Standhaftigkeit und ging dann hinaus, um nicht Zeuge der Handlung sein zu müssen.

Kaum hatte er die Hütte verlassen, so trat ein Mann herein, welcher ein mit scharfen Zähnen versehenes Instrument in der Hand trug. Omana, welche mit dem festen Vorsatze gekommen war, nicht zu zittern, konnte sich beim Anblicke dieses Instrumentes gleichwohl eines Schauers nicht erwehren.

Helene klammerte ihre Arme um den Nacken des Opfers und flehte sie an, den Ort zu verlassen und sich der Ceremonie zu widersetzen; aber zwei Frauen, welche dem Tätowirer auf dem Fuße gefolgt waren, machten die Mädchen von einander los und schauten Omana zürnend an.

Es muß sein, sprach diese, hier sind meine Arme.

Die Frauen entkleideten ihr den Oberkörper; der Tätowirer setzte sein Instrument auf ihren rechten Arm und führte schnelle und heftige Schläge dagegen. Ein Strom von Blut floß bei jedem Schlage an Omana's Körper nieder, aber sie zitterte nicht, sondern zwang sich zu einem Lächeln, um der Freundin Muth zu machen.

Als der rechte Arm fertig war, bot sie standhaft den linken: aber Helene sah, daß ihr alles Blut aus dem Gesichte gewichen war und daß der Schmerz ihre Muskeln zusammenzog.

Haltet ein, ihr Unbarmherzigen, rief sie, ihr werdet sie tödten.

Mit einem Sprunge wollte sie sich auf den Tätowirer stürzen und ihm das blutige Instrument aus der Hand reißen; aber die Frauen, welche sie scharf beobachtet hatten, fielen ihr in die Arme und setzten sie auf die Schlafmatte nieder.

Sie schloß die Augen, um nichts mehr zu sehen; aber sie hörte, wie die Schläge immer schneller fielen und Omana's Athem flog.

Mit einer unglaublichen Standhaftigkeit hatte diese bis jetzt jeden Klagelaut unterdrückt, aber je öfter das zackige Instrument in ihr Fleisch eingriff, desto furchtbarer wüthete der Schmerz, und sie konnte es nicht verhindern, daß ein leiser Schrei über ihre Lippen flog.

Bei diesem Schrei sprang Helene auf; abermals wollte sie dem unbarmherzigen Peiniger das Instrument entreißen, aber der Anblick, welcher sich jetzt ihren Augen bot, raubte ihr alle Kraft; sie sank auf die Matte zurück, denn Omana's Rücken glich nur noch einem bluttriefenden Stücke rohen Fleisches.

Glücklicher Weise beraubte eine Ohnmacht sie des Bewußtseins; so wurde ihr doch wenigstens die Qual erspart, hören zu müssen, wie Omana, von dem furchtbaren Schmerze überwältigt, in lautes Jammern ausbrach, das sich zuletzt in ein furchtbares Schmerzensgeschrei steigerte.

Als Helene aus ihrer Ohnmacht erwachte, war die Hütte leer; nur eine tiefe Blutlache und die gerötheten Oberkleider waren zurückgeblieben.

Die Hände vor die Augen gepreßt, stürzte sie hinweg und floh in die Zuckerrohrfelder, wo sie sich, an allen Gliedern zitternd, verbarg, bis die ängstliche Poma sie endlich fand und heimführte.

Am Nachmittage erhob sich ein großer Lärm in Papeiti, der bis zu Tupia's Hütte hinaufdrang.

Was ist das? fragte Helene.

Das Fest der Jungfrauen hat begonnen, antwortete Poma; komm, laß uns hinabgehen, um es mit anzusehen.

Ich mag nicht, antwortete sie; das Fest gilt dem armen Blute der Omana, darum werde ich es nicht sehen. Gehe mit Tupia hinab; ich aber will bleiben, bis ihr zurückkommt.

Die beiden Ehegatten hatten nach langem Zögern endlich die Hütte verlassen und Helene war allein.

Den Kopf gegen einen Pfosten gedrückt, dachte sie darüber nach, wie große Schmerzen jetzt ihre liebe Freundin ausstehen müsse. Sie forschte in ihrem Herzen nach, was sie wohl thun könne, um ihr Linderung zu bringen; aber es fiel ihr nichts ein. Und doch, etwas wußte sie noch, was helfen mußte. So klein und jung sie auch ihr Vaterland verlassen hatte, so konnte sie doch noch alle die Gebete auswendig, die sie in Mexico gelernt hatte. Und wenn ihr auch die Worte verloren gegangen wären, so hatte sie doch nicht vergessen, daß es einen Gott gäbe, der allen Nothleidenden Beistand gewähre und keinen Unglücklichen ohne Trost lasse.

Sie kniete also nieder und betete so lange, bis eine große Heiterkeit in ihr Herz kam und eine geheime Stimme ihr zuflüsterte, Omana habe keine Schmerzen mehr.

Zufrieden erhob sie sich und trat vor die Hütte; da hörte sie aus der Ferne den dumpfen Klang des Pahu, der mit einer Haifischhaut überzogenen Trommel. Ihm gesellten sich die Töne des Muschelhorns und der Bambusflöte, welche mit der Nase geblasen wurde.

Wenn die einförmige Musik schwieg, hörte sie die lautschallenden Gesänge von Männern und Frauen. Sie wäre gerne zu ihrer Omana hinabgegangen, um sie zu trösten, aber sie war jetzt den Tahitiern gram und mochte nicht über den Festplatz gehen.

Nachdem sie eine Zeitlang der Musik und dem Gesänge gelauscht hatte, stieg sie auf einen Brodbaum und schaute hinab. Auf der Spitze des Hafens hatte sich die ganze Einwohnerschaft versammelt; selbst der König, den sie bisher nur selten und im Fluge gesehen hatte, war zugegen. Auf einem höher liegenden Felsen hatte man ihm eine Art von Thron aufgeschlagen, in welchem er es sich bequem machte. Zu seinen Füßen saßen auf einer weichen Blätterstreu eine Anzahl von tahitischen Mädchen und mitten unter ihnen Omana. Es war leicht zu erkennen, daß sie alle tätowirt worden waren und daß ihnen allein das Fest galt.

Die Menge hatte den König und die Mädchen im weiten Kreise umschlossen. Aus ihrer Mitte traten einige starke Insulaner hervor, welche sich im Ringkampfe übten und der schaulustigen Menge durch ihre außerordentliche Gewandtheit einen lauten Beifallssturm entlockten. Andere veranstalteten ein Wettlaufen und wurden nicht weniger enthusiastisch begrüßt. Werfen, Springen und andere Spiele folgten im raschen Wechsel und in den Zwischenräumen erscholl ein ohrenzerreißender Gesang, welcher den wilden Tänzen als Begleitung diente.

Helene hätte wohl ihren luftigen Standpunkt beibehalten, wenn sie nicht durch ein plötzliches Ereigniß in Schrecken gesetzt worden wäre.

Als nämlich der Tanz vorüber war, öffnete sich der Kreis der Umherlagernden und auf den Thron des Königs zu schritten zehn Priester, von denen der vorderste eine schwere Keule in der Hand trug. In der Mitte dieser Priester ging gesenkten Hauptes ein Jüngling, dessen Locken mit Blumen geschmückt waren, während ein Geflecht von Baststricken seine Hände auf dem Rücken zusammengebunden hielt.

Das Haupt des Jünglings neigte sich traurig auf die Seite, und Helenens scharfes Auge erkannte eine tiefe Wehmuth in seinem edeln Gesichte.

Das ist kein Tahitier, rief sie; er ist von jenseits des Meeres und die Unmenschen wollen ihn tödten.

Rasch sprang sie von dem Baume herab und eilte in athemlosem Laufe dem Versammlungsplatze zu. Mit der Behendigkeit eines Rehes flog sie dahin und ehe die Versammelten, welche in tiefem Schweigen auf die Gruppe der Priester schauten, ihre Annäherung bemerkten, hatte sie den Kreis durchbrochen und befand sich mit einem Sprunge neben dem gefesselten Jünglinge.

In diesem Augenblicke erhob der Priester seine Keule, um das Haupt des Gefesselten mit einem Schlage zu zerschmettern. Alle Augen flogen empor, um von der Opferhandlung nichts zu verlieren. Aber noch hatte die Keule sich nicht gesenkt, als Helene dem Priester mit einem lauten Schrei in die Arme fiel, mit Riesenstärke sich des Mordinstrumentes bemächtigte und dasselbe hinwegschleuderte.

Die Priester und das Volk standen ob solcher Kühnheit wie betäubt da und erwarteten nichts Geringeres, als daß ein Blitz vom Himmel fahren und die Frevlerin vernichten werde.

Helene aber hob stolz ihr Haupt empor, schritt auf den Thron des Königs zu und rief mit weithin hallender Stimme: König von Tahiti, warum willst du diesen Jüngling erschlagen lassen, welcher deinem Volke nicht angehört und sicherlich nichts gegen dasselbe verbrochen hat. Hast du heute des Blutes noch nicht genug gesehen an diesen Jungfrauen, deren Leiber du schmachvoll entstellen ließest?

Ein Schrei des Unwillens rang sich aus dem Munde der Tahitier, die bis dahin verwundert geschwiegen hatten; das fürchterliche Gebrüll der aufgeregten Masse glich dem Heulen wilder Thiere, wenn sie vom Feinde umstellt, das äußerste wagen, um ihr Leben zu retten oder für empfangene Wunden Rache zu nehmen.

Tupia und Poma erhoben sich in großer Angst von ihren Sitzen; sie wußten, was dem kühnen Mädchen bevorstand, wenn sie nicht augenblicklich entfernt wurde. Helene, Helene! riefen sie wie aus einem Munde, komme nach Hause, denn du bist krank! Laut wehklagend stürzten sie vorwärts, ihr Kind hinwegzuführen; aber sie wurden mit lauten Verwünschungen in den Kreis zurückgerissen. Omana aber erhob weinend die verwundeten Arme und flehte ihre weiße Freundin an, sich nicht unbesonnen der Rache ihrer Landsleute bloß zu stellen.

Der König hatte den unerwarteten Vorfall schweigend und mit stillem Lächeln angesehen. Jetzt erhob er sich von seinem Throne und gebot mit einer Handbewegung Ruhe. Der Lärm legte sich nach und nach oder stimmte sich doch zu einem leisen Murren herab.

Meine Tochter, hob er, zu Helena gewendet, an, ich habe gehört, daß Tupia dich aus den Wellen gerettet hat. Die Papeitier erzählen wunderbare Dinge von dir und sagen, deine Art sei ganz anders als hier zu Lande. Sage mir nun offen, warum du dich für den Fremdling aufwirfst und nicht haben willst, daß sein Blut den Göttern geweiht werde?

Sage mir erst, was er verbrochen hat, antwortete Helene, so will ich dir meine Gründe auseinandersetzen.

Der König war von dieser Frage überrascht, denn was der Fremdling verbrochen hatte, wußte er selbst nicht. Er wandte sich deßhalb an einen der Priester und fragte nach seinem Vergehen.

Ist es nöthig, fragte der Priester entgegen, daß er ein Verbrechen begangen habe? Genügt es nicht, daß wir heute ein Fest feiern, bei dem Blut für die Götter fließen muß? Der Jüngling ist mit noch andern weißen Fremdlingen an's Land gestiegen, während wir hier versammelt waren, Beweis genug, daß die Götter sich ihn zum Opfer erkoren haben.

Eure Götter sind ohne Kraft und Macht, rief Helene; es giebt nur einen einzigen Gott und dieser eine wird den Jüngling schützen.

Ein abermaliges Wuthgeschrei von Seiten der Insulaner folgte diesen Worten.

Der König aber beschwichtigte die Menge zum zweitenmale und sprach: Wahrlich, meine Freunde, dieses weiße Mädchen hat einen hohen Muth; ich nehme sie unter meinen königlichen Schutz und verbiete Jedem, ihr ein Haar der langen Locken zu krümmen. Der Fremdling aber, welcher den Ausspruch der Jungfrau zu seinem eigenen zu machen scheint, soll sterben, wenn er die Ohnmacht unserer Götter nicht beweist.

Da leuchteten des Jünglings Augen und er rief: das ist ein Spruch, der eines Königs würdig ist. Bringt eure Götter her, so will ich zeigen, daß sie nichts vermögen. Bleibe ich den Beweis schuldig, so mögt ihr mein Leben nehmen und meinen Leichnam an die Aeste eines Baumes binden, daß sein Staub in alle Lüfte verweht werde.

Der König winkte und befahl, die Götter herbeizubringen.

Die Priester gingen hinweg und kamen nach einiger Zeit mit einigen schrecklichen Ungestalten von Göttern zurück, welche sie vor dem Throne des Königs niedersetzten.

Bindet mir die Hände los, sprach der Jüngling.

Der König winkte abermals und seine Fesseln fielen.

Tahitier, rief der Fremdling, ihr schreibt diesen Göttern Kräfte zu, welche weit über denjenigen der Menschen stehen. Ihr sagt, daß sie niemals eine Unbill erleiden, ohne sich für dieselbe blutig zu rächen. Wohlan, ich werde ihren Zorn herausfordern, aber sie sollen stumm und unthätig bleiben, weil sie nicht mehr Kraft haben, als das Holz, aus welchem sie geschnitten sind. Gelingt mir das, so müßt ihr bekennen, daß ich stärker bin, als eure Götter.

Das Volk verstummte, denn es wußte diesen verständigen Worten nichts entgegenzusetzen. Die Priester aber, welche die völlige Ohnmacht ihrer Bilder zu gut kannten, thaten Einsprache. Ei, rief da der König, nichts kann vernünftiger sein, als der Vorschlag dieses Mannes; lasset ihn also gewähren!

Die Keule ergreifend, welche Helena den Händen des Priesters entrissen hatte, stellte sich der Jüngling vor die hölzernen Bilder und rief mit lauter Stimme: Heute sollt ihr Zeugniß geben, daß ihr nichts seid und nichts könnt. Vermögt ihr aber etwas, so laßt den Blitz auf mich niederfallen, die Erde sich aufthun oder die Fluth mich verschlingen! Seht, weit umher steht das Volk und achtet auf euch. Wenn ihr unterliegt, wird es erkennen, daß Eure Priester gelogen haben, und es wird sich von euch wenden, um den Höchsten anzubeten. Nehmt also eure ganze Macht zusammen und rächt den Frevel, den ich an euch begehen werde.

Das Volk hatte sich vom Boden erhoben und lauschte mit zurückgehaltenem Athem. Auf jedem Antlitze prägte sich ob des unerhörten Frevels Furcht und Entsetzen aus.

Der Jüngling erhob die Keule und ließ sie mit gewaltiger Kraft auf das ungestalte Haupt des ersten der Götzen niederfallen. Die Arme und Beine flogen wie Spreu umher und nur der rothangemalte Rumpf mit den eingesteckten bunten Vogelfedern blieb übrig.

Die Insulaner hatten das Unerhörte kaum gesehen, als sich ihre Augen zum Himmel erhoben, um nach dem Blitze zu spähen, welcher verderbenbringend auf das Haupt des Frevlers niederfallen würde. Aber der Blitz blieb aus und der Jüngling schaute mit einem triumphirenden Lächeln im Kreise umher.

Wieder erhob er die Keule und sausend fuhr sie auf den zweiten Götzen nieder, dessen Splitter über den Thron des Königs hinwegflogen. Als auch der letzte zerschlagen war und sich noch immer keine Spur von Rache zeigte, da schleuderte er die Keule hinweg und sprach: Wohlan, ich habe mein Wort gelöst. Laßt mich nun frei, daß ich zu meinen Gefährten zurückkehre.

Die Tahitier, deren Glauben in die hölzernen Götter auch jetzt noch nicht wankte, erhoben ein furchtbares Geschrei und verlangten, daß er getödtet werde.

Der König aber rief: Er ist frei und mag gehen, wohin es ihm beliebt. Die Götter haben heute geschlafen, vielleicht wachen sie morgen wieder auf!


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