Moritz Heimann
Wintergespinst
Moritz Heimann

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5

Während alledem hatte der Winter seinen kristallischen Zauber ausgeübt. Ein Nebelring trennte die Nacht vom Tage und den Tag von der Nacht. Aber zwischen den Zeiten der Ringe war der Himmel der Tage und der Nächte rein, unbewölkt und unverschleiert. Wiewohl der Sonnenbogen noch immer kleiner wurde, strahlte doch um jeden Mittag klingend und seidenleuchtend die Himmelswölbung über der Trübe des Horizonts auf. Die Seen froren zu, der Fischer mußte aufhören zu fischen, und konnte bald wieder, da das Eis trug, anfangen damit. So gleichmäßig war das Wetter, daß die Zeit stille zu stehen schien und niemand mit Unwillen bemerkte, daß die Tage kürzer wurden.

Es war eine schöne Zeit für das Dorf, die Zeit der tiefsten Erholung von dem unaufhaltsamen Abrollen des Jahres. In den Wäldern wurde Gruben- und Bauholz geschlagen; so hatten die Armen Brot und die Wohlhabenderen, die das Holz abfuhren, guten Verdienst. Der saubere Klang der Äxte scholl durchs Gehölz, das Knarren der Wagen, Zuruf an die Pferde, die sich ins Geschirr legen mußten, wo der Weg nicht eben war.

Nur Kaps hielt seine Pferde im Stall, wo sie doch nicht rund wurden; und der gleichmäßige Zug der Tage ließ die Sorgen der Mutter und die Leiden des Sohnes zu immer schlimmerer, wesenloser, gespenstischer Angst auswachsen.

Franz war sehr blaß geworden, sein Gesicht mager; doch nie hatte er sich sorgfältiger die Haare gescheitelt, nie sein geflicktes Jäckchen reinlicher gehalten. In der Schule und mit den Kameraden war alles ins Gleiche gebracht, aber zu Hause schlug die unhemmbare Woge an die Grundfesten seines Wesens, daß es zitterte und sich neu ordnete.

Auch in seiner Mutter ging eine Veränderung vor. Immer war sie unsicher und zaghaft gewesen, weil sie nicht wußte, ob ihr Mann wild oder zahm sein würde. Jetzt war sie nicht mehr im Zweifel, was sie zu erwarten hätte; sie konnte sich vorbereiten, verhärten und zur Abwehr feststellen.

Eines Abends, als eben die Sonne, noch ziemlich hoch über dem Horizont, dunkelrot glühend in dem dichten, drohenden Nebel vorzeitig erlosch, stand sie mit ihrem Jüngsten am Fenster. Franz saß auf der Ofenbank, die Hände flach auf die Kniee gelegt, und lächelte vor sich hin. Draußen war es still, und von der Langsamkeit, Unaufhaltsamkeit und Lautlosigkeit des Naturvorgangs ging ein Gefühl aus, das jeder Sorge den irdischen Stachel nahm, das das Gemüt untätig und wehrlos machte und mit himmlischer Bitterkeit erfüllte. Es war eine solche Stunde, die, wenn er sich einmal ihr stellt, den Menschen lehrt, daß das Kleid seiner Tage, um das er hat arbeiten müssen, das er säubern und flicken muß, aus einem Gespinst gewoben wird, dessen Fäden vom Wocken der Ewigkeit gezogen werden. Die Augen, die in solche Stunden blicken, werden größer, und damit sie ihre Ruhe behalten, muß der Atem langsam und tief gehen. So stand Frau Kaps mit ihrem Kinde. Es blies kalt durch die lockeren Scheiben, und sie erschauerte. Zum erstenmal in diesen Wochen kam Verzweiflung über sie; sie drückte die Stirn fest und immer fester gegen die Scheibenrahmen; so verharrte sie lange; als sie wieder aufsah, hatte sich ein flammendes Kreuz auf ihre Stirn gezeichnet. Die Abendröte war einem mächtigen, breit goldenen Licht gewichen, das heller als das Tageslicht erschien; kleine Wölkchen schwebten über dem Lichten.

Sie hatte einiges Besinnen nötig, ehe sie sich zu der Zeit zurückfand. Dann sah sie auf den kleinen Knaben und staunte: Seine Augen waren groß und blinkend, von einem schwebenden Feuer blinkend und von der Trauer, die kleine Kinder in den Augen haben, wenn man sie milde in das Abendlicht schauen läßt. Sein Gesicht leuchtete in einem bleichen Goldschein, und so still war es und so still die Augen, daß es der Mutter scheinen konnte, das Licht falle nicht von außen auf des Kindes Antlitz, sondern strahle von innen von ihm aus. So sehr sie das Bübchen anstarrte, wandte es doch nicht seine Augen und sah mit dem gleichen, frommen Wesen still in den Abend. Da dachte sie, ohne den Kopf nach ihm hinzudrehen, an Franz, und umfing, zum erstenmal mit Gedanken, die nicht bloß auf einen Gegenstand, nicht bloß auf eine gegenwärtige Sorge gerichtet waren, ihre beiden Kinder: den Vierjährigen, der hier im Hause heranwachsen würde, acht Jahre hindurch, bis er ein Zwölfjähriger wäre wie Franz, und Franz, der jetzt schon in den Konfirmationsunterricht ging und in anderthalb Jahren eingesegnet sein würde, wie vor drei Jahren der Älteste eingesegnet war, – der Älteste, der das Vaterhaus im Trotz verlassen hatte und auf fremdem Hofe Knechtesarbeit tat. Die Jahre standen vor ihr, die so hastig herankommen, die, wenn man sie durchlebt, zerfetzt und zerrissen werden, und wenn man sie nachher sich vorstellt, so regelmäßig und unerbittlich sind und Regelmäßigkeit und Ruhe der Arbeit von dem Gewissen fordern, das sie schonen sollen.

Sie begann zu schlucken, konnte die Brust nicht zum vollen Atmen ausdehnen, und in zwei Tränen zersplitterte das Licht ihrer Augen. Da konnte sie atmen. Sie stellte das Kind auf die Erde und rief Franz an: »Franz, paß auf Otto auf. Ich gehe ins Dorf.«

Franz erschrak. »Mutter«, sagte er leise und bittend. »Ja, was denn, Junge«, erwiderte sie, und da sie von ihren Gedanken ganz erfüllt war, achtete sie die Angst des Knaben, der die Heimkehr des Vaters fürchtete, geringer und vergaß, sie zu schonen. »Ich bin wohl schon zurück, ehe er kommt«, sagte sie, »und wenn ich noch nicht da bin, es wird ja nicht gleich schlimm werden, ich kann doch nicht immer bei dir sein.« Franz bat nicht mehr und schwieg. Die Ungeduld in der Stimme seiner Mutter traf ihn mit einer Härte, die ihn dort in seiner Seele verletzte, wo kein Schlag des Vaters hintraf und wo er fein und heimlich geworden war. Die Mutter machte sich zurecht, und bevor sie ging, sagte sie, und Hoffnung und Zuversicht waren in ihrem Ton: »Wart' nur, Franz, ich komm' bald wieder, und ich bring' vielleicht Gustav mit.«

Die Kinder waren allein. Das Zimmer wurde schummerig in den Winkeln; das Abendlicht, das durch die Fenster quoll, wurde trüber und brauner; die Wölkchen, die den immer noch lichten Himmel scheckten, waren dunkelrot, und das sah aus wie die buntgeschälten Birkenstämme vor der Werkstatt eines Stellmachers.

Die Kinder schauerten in der Kälte.

Plötzlich dröhnte in die tiefe Stille vom See her ein Schuß, der sich heulend ausschwang und verlor. »Horch! was heult da so?« fragte Otto. »Das ist der Winterwolf«, antwortete Franz. »Der Winterwolf? Was ist denn das?« Franz erzählte ungelenk ein Märchen: Der Winterwolf ist so groß wie ein Elefant. Er jagt auf dem Grunde des Sees Hecht und Wels, so eifrig, daß er nicht daran denkt, wenn der See zufriert und das Eis immer dicker wird, und der Wolf ist gefangen. Wie er Luft schnappen will und in die Höhe schießt, stößt er mit dem Kopf gegen das Eis, daß es knallend birst, und er heult so wütend dazu, daß man es eine halbe Meile weit hört.

Die Augen des Kindes funkelten voll freiwilliger, freudiger Angst. Wie kam ihm der See ungeheuer vor und doch überschaubarer als jemals, wenn er am Ufer gestanden hatte. Er hörte dem Bruder so eifrig zu, daß dieser sich selbst vor seiner Erzählung zu ängstigen anfing und beim klaren Bewußtsein seiner Erdichtung ein Gitter von Grauen immer dichter um sich zog, bis er endlich nicht mehr zu sprechen wagte. Sie hielten sich beide still. Die Nacht war übergroß über das Dorf gehüllt und klang noch unterm zunehmenden Frost öfter vom Heulen des Winterwolfs.

Draußen klinkte die Tür, und die Kinder lösten sich aus dem Bann. Die Mutter kam mit Gustav zurück. Aufgeregt, mit funkelnden Augen, sobald sie Licht gemacht hatte, betrachtete sie den Sohn, der stattlich und ruhig, ganz wie es einem Bauersmann ziemt, auf der Ofenbank niedersaß und nichts mehr fragte noch sich verwunderte.

Die Mutter ging in die Küche, um ein reichlicheres Abendbrot als sonst zu rüsten. Als das Feuer auf dem Herd flackerte, kam sie zurück und hieß Franz Bier aus dem Wirtshaus holen. Sie gab ihm Geld und ging nachdenklich hinaus.

Er hatte sich in einer scheuen und zärtlichen Art mit dem Bruder begrüßt. Der hatte ihn mit Zuversicht, fast mit Lachen aufgemuntert und ihm versprochen, für ihn zu sorgen und ihn zu schützen.

Franz verstand nicht ganz diese selbstgefällige Sicherheit und glaubte ihr nicht ganz. Für ihn war, wie für jedes Kind, das Leben im Elternhaus so vielfach verstrickt, daß er nicht begriff, wie man sich ihm entziehen könnte, ja nicht einmal, wie man sich ihm entziehen wollte. Gustav hatte sich berühmt; er war draußen gewesen, hatte unter fremdem Dache geschlafen, an fremdem Tisch gegessen und fremden Acker gepflügt. Er hatte die Knechte und Mägde kommen und gehen sehen und erfahren, wie frei ein jeder Mensch ist, der es will. Er wußte, daß es nur einen Knacks kostete, und man könnte den Zwang des Vaters und seine böse Art abschütteln.

Und siehe da, die Hoffnung, die ihn mit des Bruders Worten hatten trösten wollen, verfehlte es an Franz, und ihm war nicht wohl dabei. Zu nahe, zu nüchtern rückte ihm der Schutz, dessen er nun sicher sein konnte, auf den Leib. Sollte nun alles ein Ende haben? Nebel, Traum und Weite, Angst und das übermenschliche Gefühl des Schmerzes sich ins Unsichtbare auflösen? Ja, zu nahe, zu nüchtern kam das Leben wieder, das so fern und hallend und frei wie ein Hund im Forst gejagt hatte. Der Bruder wußte, wie dem Vater beizukommen, wie der Vater zu behandeln sei; die Mutter sah Ziel und Arbeit vor sich, und Franz spürte, daß sie ihn weniger lieben würde.

Die Eifersucht nagte an ihm, die den Menschen manchmal überkommt, wenn der, den er liebt und der ihn liebt, weniger unglücklich und dadurch bestimmter wird.

Denn es gibt ein allgemeines Gefühl des Unglücks, darin wir uns wohl fühlen, als hätte nun das Schicksal keine Macht über uns. Hört es auf, so beginnt wieder das eiserne Spiel von Ursache und Wirkung, und wir scheinen uns mechanischer als vorher, härter und uninteressanter.

Standen nicht die Häuser alle so nüchtern trotz der Dunkelheit da? Klangen nicht seine Pantinen auf dem Erdboden nüchtern? Die Kälte zog ihm die Brauen zusammen, legte ihm einen Reifen um die Brust und scheuchte die Gedanken. Er ließ sich von der drückenden Gleichgültigkeit bannen, und immer fester schnürte es sich ihm um die Brust, was er doch mit dem bloßen Willen und drei Atemzügen hätte sprengen können. Nicht einmal die Furcht, im Wirtshaus den Vater zu treffen, stöberte ihn auf.

Der Vater war nicht dort, wohl aber Barleben. Der hielt sich von ihm fern und sah ihn doch mit seitwärts gedrehtem Kopf verächtlich an. Aber er ertrug sein eigenes Hinsehen nicht lange, und mit einem Einziehen des Halses wie ein Raufbold ging er zur Seite und setzte sich mit dem Rücken zum Zimmer an einen Tisch. Der Wirt hatte unterdessen die Flaschen hervorgeholt und wischte sie, da sie voll feuchten Sandes waren, ab. Dabei sagte er mit dem Wohlwollen eines Mannes, der Schulden bezahlt: »Na, Franz, nu ist das Geld da.«

Franz sah mit gleichmäßigem Ausdruck zu ihm auf. »Ja, Junge, du kannst was zum besten geben, die zwei Taler sind da.« Franz antwortete nicht. »Oder weißt du's am Ende schon?« »Nein«, sagte Franz. »Da geh zum Schulzen hin, bei dem kannst du dich bedanken.«

Franz schwieg noch immer, er sah zu Boden, und seine Augen wurden heiß. Der Wirt wollte, schimpfend über das dumme Gebaren, auftrumpfen; aber dann wäre er seine Erzählung und obenein vor den Ohren des Besiegten nicht losgeworden, und auch das bessere Gefühl, das die Aufklärung eines Unrechts in keinem Herzen ohne Freude läßt, hielt ihn zurück. Er erzählte, um den Knaben aufzumuntern, in burschikoser Manier, daß der Schulze gerade in dem Augenblick in einen Eisenwarenladen im Nachbardorf getreten sei, als der junge Barleben ein eben erstandenes vielklingiges Messer mit einem blanken Taler hatte bezahlen wollen. Der Schulze hatte den Kauf sofort zurückgehen lassen, den Burschen ins Gebet genommen und ihn vermocht, den Diebstahl einzugestehen und die zwei Taler herauszugeben. Der Wirt schloß seine Erzählung mit einem Rat: »Du darfst dir das nicht gefallen lassen, Franz; sie müssen dir eine Ehrenerklärung in die Zeitung setzen.«

Als Franz nach Hause ging, war er nicht wie einer, dem ein Glück widerfahren ist. Plump war der Knoten gebunden, plump ward er gelöst. Und wenig ging das ihn noch an, das eine und das andere. Einen Augenblick dachte er daran, daß morgen in der Schule die Lösung bekannt sein würde; es würde einen neuen Lärm geben, nachdem längst alles still geworden war; er würde, wenn er wollte, auf den Wellen dieses Tumults hoch oben schwimmen können, – es lockte ihn nicht. Das Bild verschwand, ehe es noch ins Drehen gekommen war. Der Kältereifen war von seiner Brust gewichen, die Gleichgültigkeit schwärzte sich zur Trauer. Zu Haus fand er die erstarrte Gruppe einer eben geendigten heftigen Szene zwischen Vater, Mutter und Bruder. Die Mutter stand an der Wand, keuchend, aber mit triumphierenden, groß aufgerissenen Augen. Zuweilen klangen ihre Zähne aneinander. Gustav, strack und sicher, und der Vater, der die Faust auf die Tischplatte geschmettert hatte, daß die Knöchel bluteten, standen am Tisch.

Franz blieb an der Tür. Alle schwiegen. Da drehte sich der Vater unter kurzem Lachen auf dem lahmen Bein um und packte Franz an der Brust. Aber ehe er zuschlagen konnte, ehe er den Knaben auch nur schütteln konnte, hatte Gustav ihn zurückgerissen, daß Franz hinterher stolperte und alle drei gegen den Tisch fielen. Und Gustav sagte ruhig: »Und das hat nun auch ein Ende. Wer mir den Jungen anrührt, der Junge ist gut, er hat keinem was getan – wer mir den Jungen anrührt, der kriegt es mit mir zu tun. Das soll sich jeder merken. Das kannst du jedem sagen, Vater.« Der Gedemütigte suchte nach einer Antwort, aber fand keine. Wie vorhin in der Auseinandersetzung mit seinem Sohn über die Neuregelung der Wirtschaft fühlte er sich auch jetzt unterlegen, und der Respekt vor der kräftigen Faust und dem gesunden Willen ließ ihn sich fügen. Er taumelte zur Tür, aber auf der Schwelle drehte er sich noch um und begann ein sinnloses, tobendes Schimpfen gegen seine Frau. Er beschuldigte sie unsittlicher Gelüste, nannte sie mit häßlichen Namen und trieb sich so durch Flur und Hof mit einer Vorspiegelung, als sei er der Sieger. Sie antworteten nicht und ließen ihm das letzte Wort, das noch von der Dorfstraße herklang und sich nur allmählich verlor.

Der kleine Otto, der sich mäuschenstill auf seiner Rutsche verhalten hatte, kam aus seinem Winkel hervor, und lustig schimmerte sein weißes Haar im Schein der Lampe auf. Er schaute mit pfiffigem Gesicht zu seiner Mutter empor und zwang sie zu sich hin. Sie seufzte tief, erleichtert, wie nach bösem Traum, streichelte ihn und meinte, es sei Zeit für ihn, zu schlafen. »Laß ihn noch auf, Mutter«, sagte Gustav, der nicht wollte, daß über die Ereignisse des Abends viel gesprochen würde.

Selbviert saßen sie am Tisch, aßen und tranken. Franz schaute auf den großen, langsamen und doch so jugendlich frischen Bruder; er wollte ihm sagen, was er im Wirtshaus gehört hatte, und unterließ es doch, weil es ihm zu wenig und den stummen Dank zu stören schien. Die Mutter nahm mit ihren Blicken die drei Söhne zusammen, wie eine fröhliche Witwe. Sie gingen alle früh zu Bett, und schnell kam der Schlaf.

Nur Franz blieb überwach. Der Schlaf packte ihn am Hinterkopf und zog ihn, Kopf voran, eine sausende Fläche herab, daß die Schultern meinten, sie bohrten sich tief in die Kissen und die Füße zu schweben schienen. Die Müdigkeit schälte sich von seinen Beinen wie Borke vom Baum, und einen süßen Augenblick glaubte der Knabe, in die friedvollste Ruhe eingebettet zu sein. Aber gleich wieder fuhr der Kopf in die Höhe, der Körper fühlte sich aus der Ausdehnung, Auflösung schreckhaft in seine Grenzen zurückgepreßt, und die Wachheit riß ihm unerbittlich die Augen wieder auf. »Sie schlafen alle«, dachte er, »jeder schläft seinen Schlaf, morgen sind sie frisch und gehen an die Arbeit. Morgen -« und mit einem Male sah er den Schulzen in einen Laden treten, der Laden wurde zu einem Eisenwarenladen – jede Fuge an den Schüben war sichtbar, jeder Messinggriff blitzte. Auf dem Ladentisch lag ein riesengroßes Messer mit unzähligen Klingen – - und schon konnte der Knabe die Vorstellungen nicht mehr halten, sie wuchsen ins Traumland hinüber, und ihn ergriff wieder der Schlaf und ließ ihn wieder los. So im ängstlichen Wechsel brachte er viele Stunden zu, bis er es einmal nicht mehr spürte, daß die Hand des Schlafes ihn ergriff, und da hielt sie ihn wirklich fest.


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