Anastasius Grün
Der letzte Ritter
Anastasius Grün

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Thron und Dreifuß.

Februar bis Mai 1488.

 
Die Zünfte.

            Zunftmeister Brügge's saßen bei Karten, Wein und Lied,
Da saß der braune Schiffer, der Färber und rußige Schmied,
Der Genterschuster Kopp'noll gesellt als Gast sich zu,
Er sprach im Rath am laut'sten und machte schlechte Schuh'.

Der Schuster rief: »Ihr Herren, wißt ihr das Neu'ste nicht?
Zu Lichtmeß kommt der König; Gott geb', es werde Licht!«
Indeß der Färber heimlich guckt in die Karten dem Schmied,
Und murmelt dabei halb leise das alte schöne Lied:

»Ein Königlein gab's einmal – wollt' sagen ein Murmelthier –
Geschäftlos war es keinmal, schlief Nachts und Tages schier!
Des Nachts, weil's Mod' im Leben zu schlafen bei der Nacht,
Und Tages, weil dieß Schlafen es müd' und matt' gemacht.«

Es sprach der Schmied inzwischen: »Den Max, den hass' ich nicht,
Ein wackrer Kerl ist's immer; – doch ach, sein Hofgezücht!
Mit derben Eisenhufen beschlagen sind die Herrn,
Und auf des Volkes Leichdorn spazieren und tanzen sie gern!«

Der Schuster, pfiffig schmunzelnd, klopft' auf die Achseln dem Mann:
»Ein Pärlein neue Stiefel! gern mäß' ich's ihnen an!«
Jetzt schlug auf den Tisch der Färber und brüllte jubelnd drein:
»Ha, Vivat Eichelkönig! der Schellenbub' ist mein!«

Da schmiß im Zorn der Schiffer die Karten an die Wand:
»Ein gotterbärmlich Leben ist's doch bei euch zu Land'!
Verdammt! sticht doch den Buben der König immer wieder!«
Aufsprangen All', es tobten die polternden Stühle nieder.

Es rief der Schmied: »So 'n Zepter ist doch ein elend Ding!
Zum Meisterprobstück wär' mir solch Machwerk zu gering!«
Der Färber sprach: »Mir modert manch rother Fetzen zu Haus;
Hing' er auf des Schusters Dreifuß, nähm' gut als Thron er sich aus.«

Sein Haupt bedächtig schüttelnd, mit hochgewichtigem Sinn
Stand Koppenoll, der Schuster, und murmelt vor sich hin:
»Respublica stieß jüngsthin sich in den Schuh ein Loch,
Doch Meister Kopp'noll denket, es sei zu flicken noch.

Ihr Herrn! wer gibt das Zepter den Königen in die Hand?
Der oben im Himmel herrschet, denn er schuf auch ihr Land!
Das Niederland doch schufen wir selbst durch Menschenkunst,
Drum wählen wir auch den Herrscher aus eigner Macht und Gunst.«

»»Bravo, du wackrer Meister! du sollst uns Führer sein!««
So fielen jetzt im Chore die Andern brüllend ein,
Und taumelten aus dem Thore, und stürmten auf den Thurm,
Und rissen an allen Glocken, und lärmten heulend Sturm.

Schon sieht man auf dem Markte der Zünfte Fahnen wehn,
Und unter ihnen versammelt die Zunftgenossen stehn!
Erst dumpf begann's zu murmeln, bis endlich laut es scholl
Vom Mund des Volks und der Häupter: »Sei Führer, Koppenoll!«

Drauf tobt's durch Plätz' und Straßen und singt und heult und droht,
Und wirft die Königssäulen zertrümmert in den Koth;
Da flog manch eisern Zepter, manch Haupt mit zerschlagener Stirn',
Manch steinerne Herrschernase, manch hölzern Königshirn.

 
Warnung.

            Auf Flanderns Fluren liegt noch des Winters Mantel von Schnee,
Drauf glänzen wie Silberverbrämung Kanäle, Weiher und See.
Und Brügge's Thürme und Zinnen erschimmern in blauer Fern',
Wie auf dem weißen Mantel ein goldgestickter Stern.

Da ritt ein Zug von Männern, tief in die Wämser verhüllt,
Die Bärte vom Reife perlend, durchs knisternde Schneegefild.
An König Maxens Seite trieb Kunz manch lustigen Scherz,
Ihm weinte vor Frost das Auge, ihm lachte vor Wärme das Herz.

Da schaute gerührt der König die Flur, die vor ihm lag:
»Seht, welch gewaltiger Zeuge, was Menschenkunst vermag!
Da liegst du wie im Brautschmuck, mein liebes Flandernland,
Im weißen Schlummerkleide, umgürtet von Silberband.«

Drauf Kunz: »Ja, ja, da liegst du wie eine Dirne der Stadt,
So ohne reizende Hügel, so flach, so glatt und platt,
Den Gürtel etwas locker, geschmückt bei Nacht und Tag,
Und findest doch deinen Buhlen; Beweis, was Kunst vermag!

All' jene Seen und Lachen hast du zu Spiegeln da,
Die alten Jungfern brauchen gar viele Spiegel ja!
Zum Glück sind sie gar winzig, von etwas trübem Glanz,
Denn sonst erschräk'st du selber, sähst du dich treu und ganz.

Und eine Sprache lallst du, wie ein Wälscher in Deutschland spricht,
Sein Wälsch hat er vergessen, und Deutsch erlernt' er nicht; –
Als gute Hausfrau fegst du stets Speicher und Scheuern rein,
Und, sie nicht zu bestäuben, führst du kein Korn hinein.

Und ach dein Keller, o Jammer! wie ein wäss'rig Trinkgedicht,
Vor lauter Wasser findet heraus den Wein man nicht.
Mein Herr und König, ich dächte, ihr ließt die Dirne sein,
Es heißt, wen sie umarme, dem krache Ripp' und Bein.

Denkt nur des alten Recken – die Mähr' ist euch bekannt –
Der schlief bei einer Dirne einst im Philisterland,
Da stahl sie ihm bei Nachtzeit den schönen goldnen Zopf!
Bei Jungfer Flandria, däucht mir, gilt's gleich zum Schopf den Kopf.«

Darauf ihn schalt der König: »Ei laß den Grillenfang!
Dem eidgetreuen Fürsten sei vor Gefahr nicht bang;
Dann stahlt sein Wort und Glaube als Leuchte durch die Nacht,
An seinen goldnen Pforten steht dann die Treu' als Wacht.«

»Narr bin ich und Junggeselle, so trug ich nie die Kron',
Drum ward solch hohe Erkenntniß bis jetzt mir nicht zum Lohn;
Doch, denk' ich, sei's wohl besser, ein freier Narr zu sein,
Als ein gefangner Weise, und König obendrein.

Item, es lebt ein Sprichwort auf jedem Mund im Land:
Laßt kochen der Mönche Keuschheit, verliebter Leute Verstand,
Als Brüh' gießt Junkerdemut und Flämmlingstreue drauf,
Gebt's einer Milbe zum Imbiß, so steht sie nüchtern drauf.

Nicht lustet's mich, Genosse im Kerker euch zu sein,
Darum lebt wohl, mein König, und denkt der Warnung und mein!
Mein lieber Max, o höre den Ruf, den Treue spricht,
Noch einmal fleh' ich, wandle durch Brügge's Pforten nicht!«

So sprach der von der Rosen. Max schüttelt die finstern Brau'n,
Doch als durchs Thor er eintritt, faß ihn ein heimlich Grau'n;
Die Ahnung rasch bekämpft' er und trat ins Fürstenhaus,
Der Kunze aber sprengte zum andern Thor hinaus.

 
Die Kranenburg.

    Herr Koppenoll im Rathhaus schrieb sich die Finger matt,
Dann rief er seinen Buben: »Komm', Bursche, nimm dieß Blatt,
Zu Herren Maxen trag' es, dazu noch meinen Gruß.«
Der Knabe neigt sich in Ehrfurcht und eilt auf schnellem Fuß.

»Dieweil zwei Sonnen am Himmel zugleich nicht können stehn,
Muß, weil jetzt steigt die eine, die andre untergehn;
Und ist der Aar in Freiheit, raubt er nach Adlerbrauch,
Drum sorgten wir Volk von Brügge für einen Käfig auch.«

So stand es in dem Blatte, das Max nun lächelnd las,
Drauf, wie ein rother Meerkrebs, der Zünfte Siegel saß,
Darunter Kopp'nolls Name in krummen Schnörkeln stand,
Umkränzt von schwarzen Wolken, den Spuren der Schusterhand.

»Es ist just Carnevalszeit, drum freut eu'r Schwänkchen mich.«
So sprach der Fürst zum Boten, doch still spricht er für sich:
»Stellt nur an euren Himmel kein thranig Lampenlicht!
Gebt Acht, daß nicht der Adler des Käfigs Stäbe bricht!«

Drauf zog er in seinen Kerker, die Kranenburg heißt das Haus,
Des Ostens Gewürze feilschte sonst hier ein Krämer aus.
Von Balsam, Myrrh' und Ambra qualmt Kammer noch und Luft;
Hier lernte der junge König zu würd'gen den Weihrauchduft.

Jetzt herrscht das Volk zu Brügge. Still stehen die Gewerbe,
Der Gerber muß regieren. Wann bleibt ihm Zeit, daß er gerbe?
Wie soll der Krämer vereinen den Zepter und Ellenstab?
Der Todtengräber nur wetzet, wie sonst, den Spaten am Grab.

 
Der treue Diener.

                    Einst als in tiefem Sinnen Max durchs Gefängniß schritt,
Pocht's an die Pforte schüchtern und naht mit leisem Tritt;
Vermummt in die braune Kapuze, den Rücken gebückt und krumm,
Stand jetzt ein Mönch im Zimmer und sah sich bedächtig um:

»Gott ist ein Brillenschleifer, hat Gläser hell und blaß,
Wir Menschen sind die Käufer; der Eine sieht trüb durchs Glas,
Den Andern kneipt's in der Nase, rein zeigt's dem Dritten und klar;
Die grüne Hoffnungsbrille bring' ich, sein Knecht, euch dar.«

»»Macht's kurz, Herr Pater! – Doch seltsam, verzeiht, und zürnet nicht,
Mir dünkt, die Kutte passe zu eurem Schalksgesicht
Wie Lenz und starrer Winter, wie Lachen und Weinen zugleich,
Wie eine Rose, blühend am Pfaffenkäppleingesträuch.««

»Errathen, mein lieber Maxe, der von der Rosen ist da,
Eu'r Kunze steht euch rettend im Mönchsgewande nah!«
»»Willkommen, Bursche, willkommen, du edles, treues Blut!
Doch sprich, wie um die Kapuze gabst du den Schellenhut?««

Da fliegt an den Hals de Königs der lust'ge Pater jetzt,
Ei, wie er ihm Burst und Hände mit warmen Thränen netzt!
Sein Antlitz frisch und fröhlich aus der Kapuze nickt,
Wie ein rothes Alpenröslein aus schwarzer Erde blickt:

»Was Wunder? Ein Mönch und Schalksnarr kein selten Paar ist dieß,
Verspürt ein Mönch das Jucken, kratzt sich ein Narr gewiß;
Sie trinken aus einem Glase und theilen Bett und Gemach.
Ihr folgtet nicht dem Narren, gebt nun dem Mönchen nach.

Ich kam, euch zu befreien. Schon jüngst bei kalter Nacht
Schwamm ich durch das Gewässer, das diese Mauern umwacht,
Da klatschten die Schwäne die Flügel und schnatterten so grell,
Als wäre jeder aus ihnen ein flämischer Rebell.

Drauf in Francisci Kloster sprach ich beim Prior ein,
Der trinkt euch zu Ehren täglich ein halbes Fuder Wein,
Er hat, nebst Gruß und Segen, euch dieses Kleid bescheert
Und einen gesattelten Frater und ein psalmirend Pferd.

Nach Middelburg nun reitet zu Kaiser Friederich,
Dieß Brieflein euch zu bringen sandt' er von dannen mich;
Sein Heer fliegt euch zur Rettung mit Sturmesungestüm,
Die Herrn von Baiern und Sachsen und Brandenburg mit ihm.

Wir tauschen Rock und Würde, das Haupt scheer' ich euch glatt,
Einstweilen nehmt die Haarkron' an goldner Krone Statt.
Wie sollen die Flämmlinge schauen, wie will ich vor Lachen mich winden,
Wenn sie den König suchen und einen Narren finden!«

Da sprach gerührt der König: »»Dank dir, du treuer Kumpan!
Ich weiche nicht von hinnen. Gar klug zwar ist dein Plan,
Doch ziemt wohl einem König solch Fastnachtsmummenkleid?
Als Segel dien' ihm Klugheit, als Ruder Frömmigkeit!««

»Gemach, mein lieber König! da fällt mir ein Märchen ein:
Es gingen Fromm und Klug einst in eine Schenke hinein;
Der Fromme schenkt manierlich in Beider Gläser den Wein,
Der Kluge aber possirlich säuft beide Gläser rein.

Du bist zu fromm, mein König, für dieses Flämmlingsgezücht,
Komm, nimm die Kutt', ich wette, sie läßt dir so übel nicht!
Schnell, Frater Maximiliane, zeigt der Tonsur euch werth,
Auf, tapfrer Franciscaner, wohlauf, zu Pferd, zu Pferd!«

»»Spar' deinen Athem, Bursche!«« so brauste Max jetzt drein,
»»Das Wort, das ich gesprochen, steh' fest wie Marmelstein!
Ich schwur den Eid, zu bleiben, es ist ein Königseid!
Leb' wohl, getrost mein Treuer, die Rettung ist nicht weit!««

Noch flehte Kunz, – vergebens! sein Blick halb flehentlich,
Darauf verzog's ihm die Lippen, halb bitter, halb weinerlich,
Und zwischen den Zähnen murrt' er: »Ach, ahnt' ich doch den Sparren!
Wer nun hier sucht den König, der findet wohl einen Narren.«

 
Frühlingsbotschaft

              Max steht am Gitterfenster. Weit über den Zinnen der Stadt
Lag wieder im Frühlingsprangen die Ebne grün und glatt,
Da setzte sich aufs Gitter ein freies Vögelein
Und sah zum gefangenen König sorglos und ruhig herein.

»O Max, siehst du's in der Ferne dort schimmern weiß und licht?
Das sind des Lenzes Blumen und seine Blüthen nicht!
Das sind Paniere und Helme! Dein Vater Friederich
Bringt sie von fern für Flandern, als Frühlingsgabe, mit sich.

Was taucht dort aus der Fläche wie junge Halme hervor?
Das sind nicht schlanke Aehren, die Frühling trieb empor!
Die Halme heißen Speere, und ihr Blüth' ist roth,
Zur Ernte an jeder Aehre hängt einst als Frucht der Tod.«

Der König aber errieht nicht, ob so das Vöglein sang,
Ob tief im eignen Herzen das süße Trostlied klang.
Doch wie ein Kranz von Rosen sinkt auf ein düstres Grab,
So sank jetzt Ruh' und Friede mild auf sein Herz herab.

Am Marktplatz standen die Zünfte; da stürmte vom Thurme nieder
Herr Kopp'noll, bleich im Gesichte, ihm zitterten alle Glieder,
Nach ihm der Thürmer brüllend: »Lauft, wer noch laufen kann!
Zahllos wie Fliegen im Sommer rückt Deutschlands Heermacht an!

Die Kerle sind von Brügge kaum eine Meile weit,
Und haben Knochen wie Gäule, und Schwerter wie Ruder breit,
Und Bärte wie Tannenäste. Für uns bringt jeder Mann
O weh, einen hohen Galgen! Drum laufe, wer laufen kann!«

Da rannten die Zunftgenossen und rannten einander nieder,
Und liefen nach den Waffen, und standen und liefen wieder,
Und murmelten durch einander, bis endlich laut es scholl
Vom Mund des Volks und der Häupter: »Laßt hängen den Koppenoll!«

 
Der König und der Schuster.

        »Sieh da, Herr Meister, willkommen! Hätt' euch bald nicht gekannt,
Denn seit mit Kron' und Zepter ihr obherrscht diesem Land,
Ist eure Nase röther, gewölbter die Augenbraun
Und euer Antlitz blutig, wie Sturmgewölk, zu schaun.«

So scherzte Max gen Kopp'noll, der halb noch im Prachtornat,
Halb schon im Zunftgewande, in das Gefängniß trat.
Erst schweigend stand der Meister und seufzte still und tief,
Doch endlich hob er kühner das Angesicht und rief:

»»Manch Herrscher Roma's tauschte das Zepter um den Pflug,
Den Mosler im Goldpokale um Wasser in irdenem Krug,
Das edle stolze Schlachtroß um Ackergaul und Schwein.
Soll minder groß als der Römer, der Genter Kopp'noll sein!?

Mein Fürst, zu euren Füßen leg' ich nun Thron und Reich,
Und euer treu'ster Diener steh' ich, wie sonst vor euch.
So wie der singende Vogel seid frei der Haft ihr wieder,
Nur blick' auch euer Auge auf uns verzeihend nieder.««

»Herr Meister, wenn ihr Vögel sperrt über Winter ein,
Dann singen sie zur Lenzzeit wohl doppelt schön im Frei'n;
Doch säng' ich euch das Liedlein, gelernt in eurer Lehr',
Beim Himmel, ihr sängt und hörtet kein andres Liedlein mehr!

Seht, Freund, des Schusters Arbeit ist nur für Fuß und Bein,
Drum muß, wo Schuster herrschen, das Reich getreten sein;
Ihr wollt Verzeihung? Ihr sagt ja, ihr seid ein edler Mann,
Drum streb' auch Max, daß bald er mit euch sich messen kann.«

»»Habt Dank, mein Fürst! Noch bitt' ich, daß Eins gewährt mir sei:
Braucht ihr einst Lederarbeit, geht nicht an mir vorbei;
Denn wieder kehr' ich zur Ahle, zu Gent seht ihr mein Haus,
Und eine zerbrochene Krone hängt dran als Schild heraus.««

»Wohl, Meister, ich will's gewähren; erst aber zum Probestück
Macht einen langen Riemen, doch sei er fest und dick,
Aus gutem starkem Leder, und daß er ja nicht sprengt,
Wenn man in Zukunft einmal vielleicht daran euch hängt.«

Jetzt schritt an Kopp'nolls Seite der König aus dem Haus,
Da brach das Volk auf den Straßen in lauten Jubel aus.
Max aber sah noch einmal zu seiner Haft empor,
Und eine Marmortafel erblickt' er ob dem Thor.

Drein hatten jüngst die Meutrer gegraben ein Spottgedicht,Folgendes Chronostichon hatten die Bürger über dem Thore der Kranenburg angeschlagen: reX non est hiC. eCCe LoCUs UbI posVerVnt IpsUM.
Max las es laut, drauf sprach er mit lächelndem Angesicht:
»Warum schriebt ihr's lateinisch? Das ist für Mönch' allein,
Und so was, lieben Leute, soll doch für Alle sein.«

 
Willkomm und Abschied.

   Im deutschen Lagerfelde sprang Max vom schäumenden Roß,
Mit glänzenden Augen grüßt' ihn der Krieger bunter Troß.
An seinen Busen flogen die Fürsten im Kriegsgewand,
Wie that so wohl ihm wieder ein Druck von deutscher Hand!

Ausbreitet der alte Kaiser nach ihm den zitternden Arm,
Ha, Friedrich, schließ' ans Herze den Sohn nun fest und warm!
Ei was zerdrückst du die Thräne, die aus dem Aug' dir gewollt,
Bist du so geizig mit Thränen, so wie du's bist mit Gold?

Da sprach nun Max zum Kreise: »Mein Vater und ihr Herrn,
Eins bitt' ich: Laßt ob Flandern erglänzen des Friedens Stern!
Wie einst der Frevel, pilgert jetzt Reue durch das Land,
Und Reue windet der Rache das Schwert ja aus der Hand.«

»»Mein Fürst, ihr seid zu müde, gerächt muß Deutschland sein!
Wir stehen All' für Einen, wie Einer für Alle ein!««
So brauste Albert der Sachse. Wie's ihm vom Auge flammt!
Hätt's allen deutschen Fürsten stets so vom Aug' geflammt!

»Wohlan!« rief Max nun düster, »ihr Freunde lebet wohl!
Auf, meine Getreuen! wir ziehen ins freundliche Tyrol,
Zwar heißt's ein Bauernkittel, doch lernte schon mancher Mann,
Daß in den rauhen Falten man's Herz recht wärmen kann.

Denn nicht zerstampfe die Saaten des eignen Lands mein Pferd,
Von meines Volkes Blute sei rein mein gutes Schwert!
So zieht denn hin, ihr Fürsten! Doch schon die Bürger im Land!
Denn wahrlich, sie sind die Perlen in meinem Kronenband.«

»»Ja wohl, mein Max; doch Perlen sind jetzt ein theurer Kauf,
Drum knüpft' ich diese Perlen an einem Schnürlein auf.««
So rief nun Kunz und guckte im Kreis der Fürsten heraus,
Als ob's: »Vergiß-mein-nicht!« riefe aus vollem Tulpenstrauß.


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