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Sag', was könnt' uns Mandarinen,
Satt zu herrschen, müd zu dienen,
Sag', was könnt' uns übrig bleiben,
Als in solchen Frühlingstagen
Uns des Nordens zu entschlagen
Und am Wasser und im Grünen
Fröhlich trinken, geistig schreiben,
Schal' auf Schale, Zug in Zügen?
Die Novellensammlung Kin-ku-ki-kuan ist von Mi-kan-tscha, einem pseudonymen Autor, unter der Ming-Dynastie, herausgegeben worden.
Der in den vorstehenden Novellen (S. 8 und S. 34) erwähnte Kaiser Hung-wu, der Stifter der Ming-Dynastie, bestieg den Thron im Jahre 1368. Die Ming-Dynastie, eine Reihe von siebzehn Herrschern, währte bis 1644, wo sie von den Mandschu, der noch gegenwärtig regierenden Tsing-Dynastie, abgelöst wurde. Die zweite Novelle spielt im zwanzigsten Jahre der Regierung Wang-li's, des elften Kaisers der Ming-Dynastie; was nach unsrer Zeitrechnung dem Jahre 1591 entspricht. Daß diese Novelle auch gleichzeitig geschrieben wurde, ergiebt sich daraus, daß der Verfasser nur elf Herrscher der Ming-Dynastie, von Hung-wu bis eben auf Wang-li, kennt. – In einer andern Novelle des Kin-ku-ki-kuan heißt es: »Die Geschichte trug sich nicht unter der Tang-Dynastie zu, auch nicht unter der Sung-Dynastie, sondern sie ereignete sich in unsrer eigenen Zeit, oder vielmehr in unserer Väter Tagen, während des ersten Jahres der Regierung des Kaisers Tiän-schun.« (Kin-ku-ki-kuan. Neue und alte Novellen der Chinesischen 1001 Nacht. Deutsch von Eduard Grisebach. Stuttgart, Druck und Verlag von Gebrüder Kröner, 1880. Seite 35.) Tiän-schun, von der Ming-Dynastie, bestieg aber den Thron 1458.
Es scheinen hiernach die einzelnen Abschnitte des Sammelwerkes zu verschiedenen Zeiten abgefaßt zu sein. Wir werden jedenfalls nicht fehl gehn, wenn wir das Ende des sechszehnten Jahrhunderts n. Chr. Geb. als Zeitpunkt der Herausgabe des vollendeten Werkes ansetzen.
Das Werk zerfällt in vierzig Abschnitte (Kiuan), deren jeder eine (der fünfunddreißigste eine Doppel-)Novelle enthält. Es wird noch heute in China neuaufgelegt, und die Märchenerzähler auf den Straßen und Plätzen von Peking tragen ihren Zuhörern aus diesem Buche vor; daher es von Samuel Birch als die 1001 Nacht der Chinesischen Literatur bezeichnet wurde. Dieser berühmte Gelehrte fand, daß keine einzige der übrigen chinesischen Novellensammlungen, die er geprüft, den Vergleich mit dem Kin-ku-ki-kuan aushalte.
Ebenso geschätzt ist das Werk bei den gebildeten Chinesen, wie mir der Kaiserlich Chinesische Geschäftsträger am Russischen Hofe, Lien-fang, bestätigte, welcher jede einzelne Novelle der Sammlung genau studirt hatte und kannte.
Der Freundlichkeit Lien-fang's verdanke ich auch das Täfelchen mit den von ihm selbst gemalten vier chinesischen Charakteren: es ist der Titel des Buches. Der liebenswürdige Vertreter des Reichs der Mitte übersetzte mir die einzelnen Worte folgendermaßen:
In europäische Sprachen sind von den 40 Abschnitten des Buches nach G. Schlegel (Mai-yu-lang-toú-tchen-hoa-koueī. Le vendeur d'huile qui seul possède la Reine-de-beauté. Traduit sur le texte original par G. Schlegel. Leyde 1877. p. XVII) folgende Die mit einem * bezeichneten auch von mir a. a. O. übersetzt:
3.
5. Das Juwelenkästchen.
6.
7. Le vendeur d'huile.
8.
* 12. Die Freunde bis in den Tod.
14.
19.
* 20. Geschichte Tschuang-söngs.
26.
29.
31.
34. Die seltsame Geliebte.
* 35. Das Liebesabenteuer des Kaufmanns Yang-i.
Die ewige Rache des Fräuleins Wang-Kiao-Luan.
In den in Schanghai erschienenen ›Notes on Chinese Literature‹ von dem Missionar A. Wylie wird das Kin-ku-ki-kuan mit unter den Werken ausgeführt, welche in China auf den Index librorum prohibitorum gesetzt seien. Diese Behauptung wiederholt der ›Catalogue des livres chinois de feu M. G. Pauthier‹ (Paris 1873), wo es S. 62 heißt: «la vente publique de ce Recueil est interdite par l'autorité en Chine». Lien-fang versicherte mir, daß diese Angabe ganz irrig und das Rin-ku-ki-kuan bei jedem chinesischen Buchhändler zu haben sei.
Ich wende mich nun zu den bibliographischen Nachweisungen über die im gegenwärtigen Bande mitgetheilten beiden Novellen.
Diese Novelle ist aus dem chinesischen Urtext ins Französische übersetzt von Gustav Schlegel und in der Einleitung (daher ohne Überschrift) zu seinem schon citirten Werke, S. 4-15 mitgetheilt. Der Uebersetzer bemerkt dabei, daß diese kleine Erzählung von ihm frei und nicht ganz vollständig übersetzt sei. Ich habe mich nur an den Schlegelschen Text halten können. Der Titel rührt von mir her.
Zur Erläuterungder Fabel ist zu bemerken, daß die Tang-Dynastie von 618-907 unsrer Zeitrechnung herrschte. Der als Dichter und Statthalter der Provinz Sze-tschuan erwähnte Kao-piän lebte in der ersten Hälfte des neunten Jahrhunderts, also fünfhundert Jahre vor der Zeit, in welcher unsre Novelle spielt.
Ueber die Kurtisanen Chinas sagt Bazin in der Einleitung zu seinem Chinesischen Theater: »Il ne faut pas confondre les courtisanes savantes de la Chine avec celles qui étalent publiquement le sourire, comme disent les poètes. Pour qu'une jeune fille soit admise dans la société des courtisanes, dans le district vert et rouge, où elles se traitent mutuellement de sœur, il faut qu'elle se distingue des autres femmes par sa beauté, par la finesse et l'éendue de son esprit; il faut qu'elle connaisse la musique vocale, la danse, la flûte et la guitarre, l'histoire et la philosophie. Ce n'est pas tout; il faut encore qu'elle sache écrire tous les caractères du Tao-te-king, du livre qui contient la doctrine du philosophe Lao-tzeu.« (Théâtre Chinois ou Choix de pièces de théâtre composées sous les empereurs Mongols traduites pour la première fois sur le texte original précédées d'une introduction par M. Bazin Ainé. Paris 1838).
Eine englische Uebersezung dieser Novelle ist erschienen in dem Buche: »The casket of Gems. Translated from the Chinese by Samuel Birch, Esq. L. L. D. London: Published at the Office of the Phoenix, 3, George Yard, Lombard Street, E. C. 1872«. 44 Seiten klein Oktav. S. 1 und 2 enthält eine Einleitung des Uebersetzers, in welcher er namentlich auf die Aehnlichkeit der Kurtisanen Chinas mit den Hetären des alten Griechenlands aufmerksam macht. Auf S. 2 unten beginnt die Novelle. Seite 41-44 machen »notes and errata« den Beschluß. Ich lasse die Anmerkungen hier im Auszuge folgen:
S. 33. Dies Gedicht bezieht sich auf die Begründung der Ming-Dynastie durch Hung-wu. Drache und Phönix sind die nationalen Embleme. Mit den plündernden Fremdlingen sind die Yuen, d. i. die Mongolen gemeint/ welche auf die Sung-Dynastie (960-1280) gefolgt waren. Yenking ist das heutige Peking; Kinling ist Nanking.
S. 36. Tä-hio-söng d.i. Groß-Doktoren.
S. 37. Tu-schi-niang, d. i. Fräulein Tu Nummer Zehn (Miss Ten Too).
S. 38. Tscho-wan-kiun ist die einundsiebzigste in dem Pi-mei-yung-tu-tschuen, dem Buche der ›Hundert Schönheiten‹.
S. 42. Tschung-kue-i. Zur Zeit Wu-ti's, von der Tang-Dynastie (631 n. Chr.), starb ein Gelehrter, ohne graduirt zu sein, obschon er berechtigt gewesen wäre, einen Grad zu erhalten. Einer der auf Wu-ti folgenden Kaiser sah eines Tags in einem Morgentraum einen kleinen Teufel, welcher eine Nephrit-Flöte gestohlen hatte und darauf spielte, als plötzlich ein großer Teufel erschien, welcher einen zerbrochenen Hut, blaues Gewand und Horngürtel trug und den kleinen Teufel packte, ihm die Augen herausriß und sie hinunterschluckte. Auf des Kaisers Frage lautete die Antwort: Ich bin Tschung-kue-i, ein Gelehrter von Tung-nan, welcher hätte einen Grad erlangen sollen, aber ihn nicht erlangte und ungraduirt starb. Laß eine Verfügung ergehen, wegen Anfertigung eines Mustergewandes und Gürtels, um Nachtheil für das Reich zu verhüten. – Der Taoist Wu verfertigte beides genau dem Traumbild entsprechend. Siehe: Schang-yiu-lu von Liao-yung-liän.
Der Sinn unsrer Textesstelle ist einfach: laß einen alten Bewerber ein, um den jungen, Li-kih, zu vertreiben.
S. 101. In dem von einem buddhistischen Autor verfaßten Werke Tien-yin-kin-ping-mei (d. i. Fortsetzungen der Novelle Kin-ping-mei) heißt es: »Von Urbeginn sind im menschlichen Körper drei Seelen und sieben Geister.« Vgl. mein oben angeführtes Buch, S. 96 und 141, die Anmerkung.
S. 104. Anspielung auf ein altes Märchen. Mu-kung, von der Tsin-Dynastie (225– 206 v. Chr.), nahm Lung-yu zur Gemahlin, welche von Siao-tze Unterricht im Flötenspiel erhielt. Siao-tze konnte die Laute des Phönixes auf der Flöte nachahmen und er lehrte es Lung-yu. Der Kaiser erbaute für seine Geliebte einen eigenen Palast, welcher den Namen Tsin-lo erhielt, d. i. Haus der Tsin-Dynastie. Lung-yu lockte aber durch ihr Flötenspiel den Phönix selbst herbei, welcher mit ihr davon flog.
Der Titel » The casket of gems« ist von Samuel Birch gewählt: ich habe statt dessen lieber den ausführlichen chinesischen Originaltitel wiedergegeben, den der Uebersetzer mir brieflich mitzutheilen die große Güte gehabt hat. Sonst folge ich in meinem Texte genau dem englischen, in welchem letztern wir eine interlineare Uebersetzung aus dem Chinesischen besitzen. Die Korrektur eines, unter den Erratis nicht verbesserten Versehens hat mir Dr. Birch nachträglich übermittelt. S. 4 seines Büchleins heißt es: » Japan and Kwan-pĭh disturbed the general peace«; es muß aber heißen: » The kwan-pĭh of Japan disturbed the general peace«. Der hier gemeinte Kuan-pi, d. i. Regent, wurde 1592, unter dem Namen Taiko-Sama, weltlicher Kaiser Japans.
Ob das kleine, mir seinerzeit vom Autor verehrte Heft » The casket of gems« noch im Buchhandel zu haben ist, erscheint zweifelhaft. In einer Anzeige von 1872 hieß es: » Copies may be obtained at the Office of the Phoenix, Lombard Street. Price 1 s.« Dieses Office existirt daselbst aber nicht mehr. –
Die Vignetten, welche das gegenwärtige Büchlein schmücken, beruhen sämmtlich auf chinesischen Originalen, die zuerst in dem schönen Werke ›La Porcelaine de Chine par O. du Sartel‹ (Paris 1881) veröffentlicht sind; von einem deutschen Künstler dieser Quelle getreu nachgezeichnet, sind sie von Brend'amour in Düsseldorf in Holz geschnitten worden. – Nach Du Sartel haben die Darstellungen folgende Bedeutung:
S. 7: Die Mandarinenten, das Sinnbild der ehelichen Liebe;
S. 29: Die Fische, das des ehelichen Glückes.
S. 33: Der Drache, das Symbol der Kaiserlichen Macht;
S. 3. u. 109: Die Perle, das der Wissenschaft.
S. 5 u. 31: Die heiligen Champignons, das Emblem der Dauer.
S. 105: Die Nelumboblume, für welche Du Sartel keine Bedeutung angegeben hat. Der Lotos wird in China erst seit Einführung des Buddhismus zum Symbol geworden sein. Ich erinnere in dieser Beziehung an das 403 n. Chr. aus den Sanskrit übersetzte Miao-fa-lien-hoa-king = Le livre sacré du lotus de la bonne loi. (Bibliothèque Pauthier, p. 17).
Die Fledermaus endlich ist das Zeichen für Fô, das Glück; also: explicit feliciter.
St. Petersburg, den 1. April 1883.
E. G.