Hans Jacob Christoffel von Grimmelshausen
Dietwalt und Amelinde
Hans Jacob Christoffel von Grimmelshausen

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

DER DRITTE THEIL.

DRoben ist gehöret worden / was vor Krieg der grosse Ludwig wider Gundewalden in Burgund: und wider die West Gothier in Aquitania geführt habe / in welchem letzteren Visigotischen Krieg König Ludwig die Stätte Tolosa und Narbana sammt gantz Provansen erhalten und behalten / und zwar mit solcher Ehr / daß auch das Gerüchte seiner Tapfferkeit vor den Griechischen Käiser Anastasium nach Constantinopel trang / welcher ihme durch ein ansehenliche Bottschafft nicht allein eine güldene Kron zusendete / sondern ihn auch mit dem Titul eines Königs verehrte; Ja er wolte daß er hinfort zugenamt werden solte / Augustus / Patritius und Consul der Stadt Rom / damit nun solche Ehr unverweslich verbliebe / und Rom ein Gedächtnis des Fränckischen Reichs: und wie hoch der Käiser solches æstimire, haben möchte / schicket Ludwig angeregte Kron und Uberschrifft S. Petern / welches aber Dieterichen von Bern / dem damals Rom allerdings unterworffen und gehorsam war / dermassen vertrosse / daß er solches weder zu heben noch zu legen getraute; Er gedachte und sagte / soll Ludwig also wachsen / so wird er sich endlich unterstehen mit Gunst des Käisers auch Rom und gantz Jtalia unter sich zu bringen! über das hatte er noch lang nicht verdauet / was vor Schaden König Ludwig seinem Tochter-Mann / Freund und Bunds-Genossen Adelreichen der West-Gothen König zugefügt hatte; Einmal er besorgte / solte er der Francken Waffen also fortfahren: und ihre Sieg verfolgen lassen / so möchte es auch nechster Tagen an ihm seyn / das edele Jtalia zu raumen / worzu dann des Käisers Verwilligung viel zuthun vermöchte / und obwol Ludwig sein naher Verwandter war / so hielte er doch vor besser ihm den Degen zu weisen / als künfftig den Seinigen zuempfinden / derowegen versamlete er den Kern seiner Kriegs-Leute / unter welchen auch die jenige waren / worvon noch heutige Tags unsere Meistersänger aus den alten teutschen Helden-Büchern zu singen pflegen / und da er eine entsetzliche Macht zusammen gebracht / untergab er solche Graf Jppen / seinem allergetreusten und tapffersten General / und liesse ihn damit über den Montionis auff Provansen ziehen; zu welchem sich der junge West-Gothen König Amelreich schnell mit grosser Rüstung einfande.

Der grosse Ludwig / welcher nicht gewohnt war Länder zu verliehren / sondern zu gewinnen / brachte von seiner Fränckischen Kriegs-Macht in Eil zusammen was er konnte / diesem frechen Feind die Stirn zu bieten; Aber das Glück welches sich nicht bannen: noch bey den Haaren halten läst / wieß dem sonst glückseligen König daß es ihm zwar bisher wol gewolt: Jhne aber gleichwol nicht gar zu der Ehe genommen hätte; Massen die Seinige / da es zu einer Schlacht geriehte / erlegt: und ihrer wie Sigebortus schreibt / bey 30 000. erschlagen wurden / etliche zwar schrieben nur von zwantzig Tausenden / welches aber vor einmal auch mehr als genug gewesen / diesem herrlichen Sieg folgten Tolosa / Narbona und alle Länder die etwan König Adelreich ingehabt hatte / als welche die West-Gothen wider eroberten / Dieterichen von Bern aber wurde Provansen unterwürffig / wie auch alle Allemanier die bishero Ludwigen noch Zinsbar gewesen.

Gleich wie nun dergleichen Schimpf und Schaden dem grossen Ludwigen sein Tage noch niemal widerfahren / also wuste ers auch weder zu heben noch zu legen / oder den empfangenen Verlust ohne Rach zu verschmertzen; derowegen sammlete er aus seinen tapffren Francken abermal alles was Wehr und Waffen tragen konnte / widerumb an beyderley Gothiern einzubringen was er durch ihren schnellen Uberfall verlohren; aber sihe / als er hiemit beschefftigt war / und den Leib mit Arbeit: das Gemüht aber mit Sorg und Trauren abmattet / seine Uberwinder widerumb zu überwinden / wurde er durch eine Kranckheit nidergelegt / und von dem Tod selbst überwunden; welches geschehen im Jahr Christi 514. Als er bey 30. Jahren löblich regieret: und 15. Jahr den Christlichen Glauben gehabt hatte; Wol ein tapfferer und glückseliger König! der ihm beydes durch seine Waffen und Bekehrung bey der Nachwelt einen unsterblichen Nahmen hinterlassen; Er ward nach Paris / wohin er den Königlichen Sitz verordnet / in S. Peter und Pauls Kirchen / die er nach dem ersten West-Gothier Krieg erbaut / zur Erden bestattet / und nach seinem Tod vor einen Gottseligen und heiligen König geehret / von ihm schreiben Sigebert / Urspergensis und andere / daß er im West-Gotischen Krieg sein Pferd zu Tours S. Martino verlobt zugeschickt und opffern lassen / doch mit Befehl / solches wider mit Gelt zu lösen und zuruck zu bringen / wie dann auch vor solche Auslösung 100. fl. erlegt wurde; Als aber das Pferd nicht wider zuruck gehen wolte / noch von der Stätte kommen konnte / schickte er noch 100. fl. hin / und als das Pferd hierauff gehent ward / sagte der König / S. Marten ist zwar gut in der Hülff / aber theuer in der Belohnung.

Dieser König hat vier Söhn / nemlich Clodomirum oder Leutmeyern: Gildebertum oder Hilffwerden: Clotharium oder Lütharn: und Theodorium oder Printz Dieterichen von Metz: So dann zwo Princessin / als Clothilden Amelreichs des West-Gothischen Königs: und Amelinden unsers Printz Dietwalts von Burgund Gemahlin hinterlassen / aus welchen Printz Dieterich und Amelindis ausser der Ehe erzeugt worden / diese vier Printzen theilten das Königreich unter sich / Hilffwerd bekam die Stadt Paris mit einem Theil des Lands; Lüthar erbet zu seinem Theil Lands die Haubtstatt Soisson nicht weit von Remis; Luthmeyer hielte seinen Hof zu Orliens und Printz Dieterich behielte zu seinem Theil die Stadt Metz; also behielte ein jedweder von diesen vier Brüdern in seinem Theil Landes den Königlichen Stand / Namen und Titul / betrugen sich auch ein ziemliche lange Zeit wol und einig miteinander.

Der erste Krieg der sich nach des grossen 1.udwigs Todt ereignete / in welchem die Kron Franckreich einen König verlohren und hingegen ein Königreich erobert / begab sich folgender Ursachen; demnach Sigismundi des heiligen Königs in Burgund Gemahlin Teutelindis Dieterichs von Bern Tochter / mit Tod abgangen und ihrem König zween heroische junge Printzen Siegreichen und Gottmeyern hinterlassen; verheurahtet sich der König widerumb mit einer Damen von schlechtem Adel und Herkommen / welches ermeldten seinen beyden Söhnen nicht beym Besten gefiele / und sonderlich dem jüngsten Sohn Siegreichen der dessentwegen seine Stieffmutter aus Frechheit der Jugend und zimlicher Unbesonnenheit mit allzufreyen empfindlichen Reden gar zu unbehutsamlich anstache; und sich doch nicht einbildete / daß sich die Königin dessen viel hätte anfechten lassen; sie aber nahm solches mehr zu Hertzen als vonnöhten war und sie von aussen scheinen liesse; vornemlich schmertzet sie trefflich / daß Siegreich gesagt haben solte / Burgund hätte jetzunder Adels und Herkommens halber einen Atlassen König und ein Zwilchene Königin / die ohnezweiffel ein seltzame Art Zwidder miteinander erziehlen würden / etc. Derowegen lag sie dem König Sigismundo mit unauffhörlichen Klagen / Nagen und Fretten an / bis er ihr verwilligt / daß sie ihn heimlich von der Kost thun möchte; durch welchen Todt sie nicht allein ihr selbst Frieden zu verschaffen gedachte / sondern auch Sigismundum beredet / es wurde alsdann ins künfftig das Königreich Burgund nur desto friedsamer auff Gottmeyern fallen / nachdem diese Glock gegossen / verhölete sie ihren Zorn und mörderischen Sinn nur desto besser / bis sie etliche böse Buben mit Gelt erkaufft und besoldet / die den Edlen Printzen ergriffen / abwegs führten und (wie P. Amicius schreibt) mit einem Strick jämmerlich erwürgten; aber gleich wie das unschuldig vergossene Blut unauffhörlich umb Rach gen Himmel schreyet / und dannenhero auch selten ein heimlicher Todschlag verschwiegen bleibt / also liesse sich auch dieser erschreckliche Kindermord so leichtlich nicht verduschen / sondern diese elende That kam an Tag / und erweckte nach vollbrachtem Ubel bey Sigismundo zwar eine grosse: aber viel zu spate Reu bey der verwittibten Königin Clothilden aber ein hertzlichs Trauren und Mittleiden; welches sich endlich in einen grimmigen Zorn und grausame Rachgierigkeit verwandelte.

Derowegen begab sie sich unverwehlt zu ihrem Sohn König Lühtmeyern nach Orliens / und führte ihm sehr beweglich diesen begangnen Mord und Todschlag zu Gemüht / daher erzehlende / was Gundewald Sigismundi Vatter vor eine unmenschliche That an ihren lieben Eltern und seinen übrigen leiblichen Brüdern begangen; Jtem daß das Königliche Burgundische Haus / aus welchem sie gleichwol entsprossen / wegen so vieler Fürsten Mord und unmenschlicher Tyranney bey der gantzen Christen-Welt verhasst wäre / so daß sie auch nicht mehr vor Christliche Fürsten / sondern ärger als die Barbaren: Ja viel verruchter und gottloser als die alte Heydnische Tyrannen geachtet würden / worvon die Kron Franckreich / deren Könige eitel Brüder und Kinder-Mörder zu Verwandten hätten / wenig Ehr zu gewarten; es wäre ihr unmüglich länger zugedulten / daß sie täglich von andern hören: und von ihrem eignen Gewissen und Wissen ihr vorhalten lassen müste / daß ihr Geschlecht das allergrausamste sey / so dieser Zeit die Sonn bescheine; Jhr Seel. Eheherr König Ludwig hätte zwar zu seiner Zeit etwas Rach an Gundewaldo verübt / aber wegen Dieterichs von Bern / dessen Tochter-Mann Sigismundus gewesen / gleichwol nicht nach Billigkeit schärffer verfahren dörffen; So aber nun Teutelindis Tod: und Sigmund zu ihres Sohne Mörder worden wäre / seye nicht zu glauben / daß sich Dieterich von Bern der Burgunder hoch annehmen: sondern ehe davor zu halten / daß er helffen werde / seines Kinds-Kindes unschuldigen Tod zu rächen; Wolten nun die Könige in Franckreich nicht darvor gehalten werden / daß sie mit den Burgundern / weil sie ihnen so nahe verwand / auch eines Gelichters und gleicher unmenschlichen Grausamkeit beygethan seyn / so wäre vonnöhten / daß sie die Waffen ergriffen und sich unterstünden die verübte Unthaten und ärgerliche Laster zu straffen; welches anjetzo Dieterichs von Bern halber ohn alle Gefahr geschehen könne.

Durch diese und dergleichen mehr bewegliche Reden: insonderheit aber durch viel klägliche Thränen / brachte die Königin Clothilt ihren Sohn Clodomirum in Harnisch / also daß er mit einem gewaltigen Kriegs-Heer von Orliens in Burgund zog / und den König Sigismundum nicht allein überwande / sondern auch gefangen bekam / und ihn mit Weib und Kind in einen tieffen Galgbrunnen stürtzen und also verderben liesse; Zwar schreibt Annonius er habe ihn zuvor enthaubten und alsdann erst in Brunnen werffen lassen; seinen Leib hat Anitus der zweyte Abbt zu S. Moritzen in Wallis (welches Kloster Sigismundus auch gestiftet gehabt) von König Lühtmeyern erbetten / und in besagtem seinem Kloster begraben.

Gottmar Sigismundi übriger Sohn war Luthmeyern in diesem Krieg entwischt / und als ihn die Burgunder zu ihrem König machten / versammlet er aus den Seinigen ein grosses Kriegs-Heer Clodomiro oder Leutmeyern nach Müglichkeit Widerstand zu thun; aller massen diese beyde Könige gegen einander zu Feld zogen und sich einander hier und da mit streifenden Hauffen zwackten; da es sich begeben / daß Lüthmeyer sich eins Tags mit etlichen der Seinigen zu weit von dem Haubt-Heer verhauen und in Verfolgung seiner Feinde in einen Burgundischen Hinderhalt gerahten / da er dann umbringt und tapffer streitend erschlagen worden; Agathius schreibt lib. 1. er seye mit einem Pfeil durch die Brust geschossen: und im Niderfallen bey seinen langen Haarn (welche damals sonst niemands als Königliche Personen trugen) erkannt: ihme seine Haubt abgeschlagen: und den Francken zum Schrecken auff einen Spies gesteckt: und im Treffen umbgetragen worden; also erretteten sich die Burgunder vor dißmal selbsten / schlugen die Francken / nahmen Orliens ein / und traffen endlich mit denen die Lüthmeyern unterthan gewest waren / einen annemlichen Frieden.

Aber weder dieser geschlossene Fried noch der vorgegangene Krieg konnten den Königen Hilffwerten zu Paris und Lütharn zu Suession angenehm seyn / weil beyde den Tod und Untergang ihres Brudern bemercken und einen grossen Theil ihres Reichs entfrembden wolten; Sie hatten kaum den Burgundischen Sieg: und hingegen ihrer zugethanen Niderlag vernommen / als diese beyde mit verdoppelter Macht gegen König Gottmeyern zohen / ihren Bruder zu rächen; es gieng auch so geschwind fort: und so glücklich ab! daß sie in kurtzer Zeit besagten König erstlich von Orliens widerumb in Burgund: aus Burgund zu den West-Gothiern: von den West-Gothiern über das Pyrenæische Gebürg in Hispaniam: und aus Hispania über das Mittelländische Meer in Barbariam zu den Wandalern jagten / allwo er auch endlich sein Leben beschlossen / und als der letzte König dieses Burgundischen Geschlechts sein Reich den Francken zur Beute hinterlassen; und dieser Gestalt ist das gewaltige Königreich Burgund an die Francken kommen / welches sich damals von Lion und der Stadt Wien am Roddan: von Arelate auff Genff und Yuerdon / und durch Wallis / Oetschthal und Augstthal: Jtem in alle Land an der Sona hinauff gegen Lothringen: von dannen auff Mümpelgard / so dann fürders über den Leberberg oder Jurten: auch den Neuenburger See bis auff Burgdorff und Solothurn zu / etc. erstreckte.

Hoch-rühmlich wäre es diesen beyden Königen gewesen / wann man ihnen sonst nichts als solche heroische Thaten und tapffere Verrichtungen zu ihrem unsterblichen Tugend-Ruhm nachzuschreiben: und der Nachwelt zu hinterlassen gewust hätte! Weil aber einem jedwedern Historico die Warheit zu schreiben gebührt / sihe / so werde ich auch nicht verschweigen was dieser Könige unsterblich Lob verdunckelt; dann gleich wie allbereit bey der alten Römer Zeiten geklagt: und darvor gehalten wurde / ihr sieghafftes Heer wäre durch die Asiatische Wollüste / denen die überwundene Feinde ergeben gewesen / hinwider überwunden worden; also schiene es nach diesem Burgundischen Sieg / ob hätten diese zween Könige mit dem eroberten Königreich auch die verhasste Burgundische Laster ererbet.

Der erschlagene König Clodomirus oder Leuthmeyr hatte mit seiner Gemahlin Gundwig drey Printzen erzeugt und hinterlassen / nemblich Dietwalten / Güntern und Leutwarten / davon der Aeltist 17. der Jüngste aber 10. Jahr alt war; diese wurden von ihrer Großmutter der alten Königin Clothilden / als Vatterlose Kinder mit grosser Liebe und besonderem Fleiß zu Paris erzogen; und weil sie dieser Jugend gleichsamm wie ein sorgfältige Gluckhenne unter dem getreuen Schatten und Schutz ihrer Großmütterlichen Flügeln pflegte / sorgten beyde eifersichtige Könige / ihre Mutter möchte sich künfftig unterstehen / diese ihre liebe Enckelein an die Regierung des Burgundischen Reichs zu befördern / als umb welcher Kron willen ihr Herr Vatter das Leben gelassen; vereinigten sich derowegen diese Eyer in die Pfann zu schlagen ehe Junge daraus würden; Zu solchem Ende beschickten sie die drey Printzen von Paris zu sich / unter dem Schein und Vorwand / ihnen ihr Vätterlich Erbgut zuzutheilen und widerfahren zulassen; da nun diese edle Jüngling vermeinten sie giengen zu ihren allerbesten Freunden / Vettern und getreuen Beschirmern / sihe da kamen sie zu ihren allergrausamsten Mördern / dann Dietwalt und Günter wurden alsobalden von Lothario erschlagen / aber der dritte Clodoardus oder Leuthart wurde durch etliche gute Freund Clothildis / wegen seiner Jugend aus Erbärmte der Gefahr entzuckt und hingenommen; welcher sich doch zuletzt aus Furcht vor seinen Vettern der Königlichen Zierte seiner Haar berauben: in ein Kloster stossen lassen / und darinn sein Leben zubringen muste; die Cörper der entleibten beyden Printzen wurden widerum nach Paris geführt / und daselbsten durch ihre Großmutter Clothilden mit grossem Kummer und Hertzenleid zur Erden bestattet; und also ist durch diese Unchristliche That das Erbtheil des erschlagenen Königs Leuthmeyers sammt dem mächtigen Königreich Burgund allein auff die beyde Könige Hilffwerten und Lüthern kommen / aber sagt her ihr beyde gekrönte Häubter / mit was vor Ehren solches geschehen sey? Es wäre unvonnöhten: Ja euch auch verantwortlicher gewesen / dafern ihr die Burgundische Könige umb ihrer Tyranney und verübten Mord-Thaten willen / unbekriegt: unverjagt und ungestrafft gelassen hättet / wann ihr selbst in Sinn nehmen dörffen eures eignen Bruders Seel. Kinder / ja euer eigen unschuldig Fleisch und Blut so schändlich und unfürstlich zuermorden! Es bleibt war / was Lucanus schreibt / nemblich: Non bene conveniunt, nec in una sede morantur Majestas & Amor &c. Dieterich von Metz machte es anderwerts umb kein Haar besser / vielleicht damit zu erweisen / daß nicht nur die jenige so vom Burgundischen Hause herstammen / mit dergleichen Untreu und Mordstücken umbgehen könnten; massen gleich hernach erzehlt wird / daß ers auch gekonnt.

Von diesem König Dieterich von Metz wird in Beschreibung obenangeregter Burgundischen Kriegs-Händel und Geschichten von den Cronick-Schreibern nirgents kein Wort gedacht / oder die geringste Meldung von ihm gethan / vielleicht darumb / daß er Sigismundi Tochter zur Ehe gehabt und wider ihn nicht kriegen wollen / oder daß er zu Metz Hof hielte und jenseit dem Rhein und Mayn genugsam zu regieren / zu kriegen und zu siegen gehabt; dann er herrscht beydes über die Francken und Schwaben / macht ihm gantz Allemanien unterthänig und besieget die Bäyern / denen er auch Gesetz vorschriebe; er war ein kühner und überaus Ehrgeitziger großmühtiger Fürst / Tag und Nacht machte er Anschläg und dichtet wie er seine Reich und Länder vermehren möchte; er suchte und unterhielte bey den Königen in Thüringen Freund: und Gesellschafft wie er konnt und möchte / nicht allein daß seine Schwaben und Francken vor ihrer Anfechtung befriedigt verbliebe / sondern ob er vielleicht mit der Zeit Ursach und Gelegenheit bekommen möchte / Thüringen auch unter sich zu bringen; zu welchem Fürsatz und gefasten Gedancken ihme der dreyen Königlichen Gebrüder in Thüringen tödtliche Zwitracht und Uneinigkeit Anlaß / und endlich auch ihr Land gar in die Hand gab.

Dann Hermanfried der ältiste aus ihnen so König Dieterichs von Bern Schwester Tochter Amelbergam zum Ehegemahl hatte / war beydes von Art und dieser seiner Vermählung halber ein solcher hoffartiger / prächtiger / ehrgeitziger und regiersichtiger Fürst / daß er sich kein Augenblick mit seinen beyden übrigen Brüdern Bertharn und Baldreichen glücklich vertragen konnte; massen er Bertharn erstach und Baldreichen mit offenen Krieg trängt und verfolgte / damit er allein Herr in Thüringen seyn möchte; demnach aber Baldreich sahe / was mit seinem auffgeblasenen Bruder umbgieng / und sich selbst an Berthars Tod und Untergang genugsam warnen und spiegeln konnte / suchte er beydes Gegenlist und Kriegs-Rüstung herfür / dardurch er Hermanfrieden an Klugheit und Stärck weit überlegen wurde; dergestalt daß Hermanfried getrungen ward seine Zuflucht zu König Dieterichen von Metz zu nemen und Hülff von ihm zubegehren; Also machten diese beyde eine Bündnis miteinander wider König Baldereichen / vermittelst deren sie ihn / weil er zweyen Königen viel zu schwach war / aus dem Feld: und endlich gar zu tod schlugen / da nun König Dieterich von Metz vermeinte / Hermanfried würde ihn den gemachten Pacten und seinen Verheissungen gemäß befriedigen / sihe da schlug ihm der hoffärtige Thüringer nicht allein mit hönischer Verlachung alles ab / sondern erkühnete noch darzu / mit seiner und deren von seinem Bruder Baldrichten eroberten: und nunmehr zusammen gesetzter Macht König Dieterichen von Metz an seinen Ost-Francken am Mayn mit Todschlägen / Rauben / und Brennen grossen Schaden zu thun; Ja er liesse in solcher Verfahrung eine solche Stärcke verspüren / daß Dieterichen schwer gefallen seyn würde / ihme allein die Länge zu widerstehen! und eben damalen wäre es sehr gefährlich umb ihn gestanden / wann Dieterich von Bern noch gelebt: und Franckreich das Burgund noch nicht überwunden gehabt hätte; aber sintemal diese Veränderung vorgangen / war dem Metzer König Dieterich des Hermanfrieds Verfahrung nur eine lustige Wiese / darauff er sich zu begrasen gedachte. Massen der Oster-Gothen König das Jahr zuvor zu Ravenna den Weg aller Welt gangen / und seiner Tochter Amelsind und ihrem Sohn Adelreich / der damal nicht über 8. Jahr alt war / das Ost-Gotische Reich mit ziemlich angefülter Unruhe hinderlassen; also daß es Amelsinden Gelegenheit nicht war / ihrem Schwager Hermanfried ein Reuter-Dienst zu thun / sondern ihres Sohns eigen Reich erheischender Nohtdurfft nach zu beobachten.


 << zurück weiter >>