Hans Jacob Christoffel von Grimmelshausen
Dietwalt und Amelinde
Hans Jacob Christoffel von Grimmelshausen

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Allein diß darff ich nicht verschweigen / weil ich vermeine es müste unserer Histori umb zu ihrer Vollkommenheit zu gelangen / ohnumbgänglich einverleibt werden; daß sich nemblich zwischen diese grosse Personen auch der kleine Gott gemängt / der die Hertzen der Menschen mit Lieb zu beladen: und hingegen die freye Gemühter ihrer Freyheit zu berauben pflegt; der erste Printz dem dieser nackende Lecker nach unserem bereits in Tod verliebten Dietwalt wiese / was er sich vor eine Macht über die mächtigste zueignete / war Adelreich der West-Gothen König! als den er mit gar geringer Mühe der Princessin Teütetusa in das angenehme Liebs-Gefängnis liefferte; welchen sie auch umb so viel desto lieber darinn sahe / weil ihrem Herkommen / und anderer Beschaffenheit: insonderheit aber ihres Herrn Vattern Wunsch und Willen gemäß / ihro weder an Macht / Adel / Stand / Religion / Hochheit noch andern Leibs und Gemühts Gaben kein ähnlich: und besserer Gegenstand als eben dieser / hätte zukommen und begegnen mögen; der ander / dem Cupido Krafft habender solcher seiner Bottmässigkeit befahl / sein Hertz der Princessin Amelbergæ zu schencken / war Hermanfried der ältere Printz aus Thüringen / welcher nicht allein solchem angenehmen Zwang völlige Folg gutwillig leistete; sondern auch dem Glück danckte / daß er beydes bey seiner Gebieterin und ihrer Frau Mutter Amelfriedis das Jawort: und bey Dieterichen von Bern die Bestättigung desselben / so leichtlich erhielte; So grosse Freud nun diese bevorstehende Heurahten bey den Thüringern auch Ost- und West-Gothiern erweckte / so grossen Schrecken verursachten sie hingegen bey den Francken und Burgundiern / als welche nichts anders gedencken: noch sich einbilden könnten / dann daß ihnen diese gemachte Ehen zu ihrem künfftigen Nachtheil / Schaden und Verderben gestifftet worden; Sie liessen aber ihre tragende grosse Sorgen drumb nicht mercken / noch den einen oder andern Theil im geringsten etwas davon gewar werden; sondern der großmütige Ludwig selbst beflisse sich vielmehr / sich noch eben so freundlich als zuvor gegen seinen Gästen zu erzeigen; Ja er liesse noch ein absonderliche Freud scheinen / die er wegen solcher Heurahten trüge; und damit man glauben muste / was ihm am wenigsten umbs Hertz war / liesse er nicht ab zu begehren / bis ihm allerseits Zugewandte der künfftigen Eheleute verwilligten / daß diese Heurahten / die sich an seinem Hof angefangen / auch durch die Beylager alldorten würcklich vollzogen würden.

Bis nun dieser den Verliebten erwünschte Tag erschiene / unterhielten sie sich mit allerhand liebreichen Gesprächen und den jenigen zulässigen Ergetzungen / welche die Lieb denen auff Abschlag mitzutheilen pflegt / die in Bälde das gantz Capital geniessen sollen; dahingegen konnte unser verliebte Printz Dietwalt nichts als Seufftzen / und Amelindis nichts als Trauren; diß vermehrte beyder Schmertzen doppelt / daß keins aus ihnen die geringste Hoffnung machen konnte / daß seine Lieb einen glückseligen Fortgang gewinnen: vielweniger gar den erwünschten Zweck ihres sehnlichen Verlangens erreichen möchte; Dietwalt suchte nur einsame Oerter / an denen er ohne männiglichs Verhinderung seine Liebes-Klagen vollführte und in nichtigen Dingen Trost suchte / darinn doch im wenigsten keiner zu finden war: Eben als wie einer thut / der sich von dem schwätzhafften Echo ein Zeitlang vergeblich aufhalten läst; Amelinda hingegen hatte sich mit ihres Herrn Vattern Verwilligung wider von Hof in das jenige von ihm neuerbaute Closter begeben / darinn sie als ein künfftige Aebbtissin aufferzogen werden solte; daselbst machte sie Anfangs ihre Rechnung / sie würde mit der Zeit ihre Anfechtungen / wie sie es nennet / durch Clösterlichs Leben und eingezogene Gottselige Ubungen leicht überwinden; aber ach umbsonst! umbsonst und viel zu spat war es / ein solche gewaltige Flamm zu leschen / die ihr allbereit Hertz und Seel so kräfftiglich durchtrungen; je mehr sie sich widersetzte / je mehr sie sich verletzte; gleichsam wie ein Stück Wild das sich in einem Netz gefangen befindet / und sich vergeblich bemühet heraus zu arbeiten / je mehr dasselbe zabelt und sich wehret / je mehr es sich verwickelt; da sie nun sahe daß sie auff solche weiß kein Hilff erlangen: noch von ihrem schmertzlichen Anliegen sich erledigen würde; gedachte sie / doch abermal vergeblich / andere Mittel zuergreiffen / nemblich solche / dardurch ihre sehnliche Begierden befriedigt werden möchten / je weiter sie aber der Sach nachsonne / je mehr Verhinderung fande sie / die ihr den Weg sperreten / das Ziel ihres Verlangens zu erreichen; der geistliche Stand darzu sie ihr Herr Vatter verordnet: Jhr uneheliche Geburt / darvor sie zwar nichts konnte / und die Ungewißheit / ob sie Dietwalt auch lieben würde / kamen ihr vor wie lauter blose Schwerter / deren jedes sie genugsam zu seyn dauchte / sie zu endlicher Verzweifelung zu zwingen; sie suchte abermal Zuflucht zum Gebette / und fande doch nicht den geringsten Trost / der ihre immerwehrende Qual im geringsten etwas gestillt hätte / sondern geriehte aus Unmuht / Schmertzen und Bekümmernis / in einen solchen Stand / darinn ihr alle Kräfften; beydes der Sinnen und des Leibs allgemählich zu verschwinden begundten / also daß sie sich zu Bett legen muste / darinn sie gleichwol nichts anders thät / als jammern / weinen / seufftzen und klagen; welches ihrem Herrn Vattern zeitlich zuwissen: und durch ihn die Anstalt gemacht wurde / daß die beste Aertzte die man haben konnte / bey ihr erschienen / umb die Beschaffenheit ihrer Kranckheit zu erkundigen und selbige zu curiren; aber gleichwie diese Edle Princessin alles ihrem lieben Gott und dessen gnädigen Willen heimgestelt: Und ihr vorgesetzt hatte / in ihrem elenden Leiden ehender zu sterben / als ihre heimliche Lieb zu offenbaren / noch sonsten im geringsten weder mit Worten noch Wercken etwas zu begehen / das wider die Liebe Gottes lauffen: oder ihrer Person und jungfräulichen Ehr im wenigsten nachtheilig und übelanständig seyn würde / also konnten auch die Aertzt die Ursach ihres beschwerlichen und gefährlichen Zustands weder erforschen noch errahten; ausser daß sie wol und recht urtheilten / daß diese hefftige Kranckheit im Gemüht verborgen lege / und daß der Princessin schwerlich geholffen werden: Sie auch der gestalt nicht lang austauren könnte / wann dem Ursprung / der diesen schweren Zustand verursacht / nicht bey Zeiten nachgesucht und ausser der Artzney / andere Mittel erfunden würden / das bewegte Gemüht widerumb zuberuhigen / welches sie auch dem grossen Ludwig dero Herrn Vattern unterthänigst zu hinderbringen beschlossen.

Alle Printzen und Princessinnen belustigten sich damals mit Jagen; nur unserem eintzigen Dietwalt war alle Kurtzweil und Freud zuwider; sintemal er seine gröste Ergötzungen allein in schwermütigen Gedancken und bitterer Liebes-Klag suchte; derowegen stahl er sich sammt seinem getreuesten Diener vor dißmal auch von der Jagt / damit er von jederman entfernet der Liebe seinen gewöhnlichen Thränen-Zoll desto frey und ungehinderter entrichten und auffopffern möchte; da er nun zu nechst bey einem Felsen einen anmutigen Ort antraff / welcher schiene / als wann ihn beydes Kunst und Natur zu seinem Vorhaben gepflantzt- und bequem gemacht hätte / stiege er ab und befahl seinem Diener daß er sich ein paar Steinwürff weit mit den Pferdten von ihm begeben: dieselbe dort weyden lassen / und nicht ehender wider zu ihm kommen solte / er gebe ihm dann mit seinem Jägerhorn ein Zeichen; dieser war blößlich an seinem bestimmten Ort / als ein ergrimmtes ungeheuer-grosses Haubt-Schwein hingegen ankame / welches der Jagt entronnen / und Gelegenheit suchte / sich umb die überstandene Hatz zu rächen; unser junge Held reitzte solches durch Anschreyen zum Stand / umb seiner zu begehren und den gefasten Zorn an ihm auszulassen / wie dann dergleichen gehetzte Wiltstück zu thun pflegen / er begegnet ihm aber mit seinem Jägerschwerdt oder Hirschfänger in solcher Geschwindigkeit und so beschaffenen fertigen und vorthelhafften Sprung / daß er dem Schwein auff den Rücken zu sitzen kam / ehe sichs dasselbe hätte versehen mögen; in dem es sich nun mit seinem Reuter herumb tumlet / ihn wenigst an den Schenckeln zuverletzen / so doch wegen seines Leibs Form und Ungeschicklichkeit unmüglich war / gab er ihm den Fang zwischen dem Schild hinein in die Hertz-Kammer; davon es bald hernach tod unter ihm niderfiele; nach solcher Verrichtung setzte er sich auff die Wurtzel eines Baums in Schatten nider / säubert sein Jäger-Schwerd von des Schweins Schweiß / steckte es ein / und nahm wegen dieser Begebenheit Ursach / folgender massen mit zusammen gefaltenen Händen und gen Himmel erhabenen Augen zu reden.

Ach! sagte er / ach mein allerliebster Herr und Gott! warumb läst du mich doch eine solche grosse Bestia mit so kleiner Mühe fällen / und giebst mir nicht vielmehr die Gnad meine Mängel auszumustern und die innerliche ungestümme Flammen meines Hertzens zu dämpffen; welche sich unterstehen meine Menschliche Schwachheit zu überwinden und mich zu tringen / daß ich aus elender Blödigkeit und Mangel genugsamen Widerstands etwas grössers wider deinen heiligen Willen thun soll / als ich leider bereits begehe? O grosser Gott! deine Urtheil und Verfügungen seyn alle gerecht und billich! du weist Herr / mit was vor einem Zwang ich genöhtigt werde / die jenige zu lieben die dir im geistlichen Stande zu dienen / geheiliget und vermählet werden soll! ich gestehe es und begehre himmlische Gnad; O ihr blinde Begierden meiner unbesonnenen nichtigen und flüchtigen Jugend / mit was vor einer unerträglichen Raserey untersteht ihr euch zu erkühnen / mich zu einer solchen Sach zu zwingen / woran beydes Gott und Menschen ein Abscheuens haben: Ja woran zu gedencken ein eitele Thorheit: und selbige zu gutem End zu bringen ein pur Unmüglichkeit ist; du grausame Tyranney der blinden Liebe / wann du meiner Unschuld ja nicht schonen: Sondern sie berücken und in dein Netz hast bringen wollen / mich gleich andern Menschen zu quälen; warumb hast du mir dann nicht auch wie du noch sonst vielen Tausenden widerfahren läst / das geringste Stäublein einiger Hoffnung übrig gelassen / das jenige endlich zu erlangen / darzu mich dein unerträglicher hefftiger Trieb so greulich anspöret ? Du verfluchte Hündin: Du abscheuliche Stiffterin alles Unheils / warumb hast du mich mit meiner Liebe / da du mich ja in deinem Narren Orden wolltest haben / nicht an ein ander Ort gewiesen / da ich gleich andern ein Narr hät mit seyn können? Jch wolte mich ja auff solchen Fall mehr als einem Printzen zustehet / gedemütiget: und der geringsten Magd auffgewartet haben; Was sag ich? vergeb mir diese Wort mein Englische Princessin Amelindæ / und sey versichert / daß sonst aller Frauenbilder Tugenden und Schönheiten auf dem gantzen Erdboden nicht starck und kräfftig genug gewesen weren / mein Hertz in einen solchen Stand zu setzen / darinn es sich auff diese Stund befindet; es soll dasselbe auch ausser dir von nun an bis zu ewigen Zeiten kein andere einnehmen noch besitzen / ob ich deiner gleich in Ewigkeit nicht geniessen: noch dich nimmermehr sehen werde; Aber ach mein Gott und mein Herr! wie bestehe ich gegen dir? Jn dem ich elender Mensch mitten in meinem Jammer gegen dieser Edlen Princessin / die dir allbereit ihre Keuschheit gelobt oder noch zugeloben gedenckt / solche Gedancken zu hägen nicht auffhöre / die dir mit nichten gefällig seyn können? Ach mein einiger Zuflucht du ewiges Gut / Jch stecke zwischen Thür und Angel / dahin mich meine Thorheit geleitet: und mich wider meinen Willen dir widerwärtig gemacht hat; mein Gott vergieb meiner Menschlichen Gebrechlichkeit / daß sie der jenigen Schönheit liebet / deren himmlische Tugenden deine Göttliche Vollkommenheit ohnzweifel nicht hasset; lindere / O Herr / die Schmertzen meiner hefftigen Begierden / die mir gleichsam Leib und Seel verzehren / damit ich nicht noch grössere Thorheit begehe / und deine Göttliche Huld gar verliehre; sondern:

Eben als Dietwalt diese Wort mit Seufftzen und untermischten Thränen redet / auch fortfahren wolte seine Liebes-Klag / welche zwar mehr einem inbrünstigen Gebet gleich lautet / zu vollenden; hörete er ohnweit neben dem Felsen hinumbwärds zween Glockenstreich / welches ihn in einer solchen Wildnis ein frembde Sach seyn däuchte; Als er derowegen die Ohren spitzte / und zugleich gewahr wurde daß sich auch zunechst bey ihm etwas in den dicken Büschen regte; sprang er geschwind auff die Füsse / stiesse in sein Jägerhorn / seinem Diener das abgeredte Zeichen zu geben / und zuckte damit von Leder / umb zusehen was da zuthun seyn möchte / ob es ein Wild oder vielleicht gar ein Mensch gewesen / so sich seithero so nahe bey ihm befunden und seinem oben erzehlten Jammern zugehört;

Huldereich / den die Lateiner Childericum nennen / des grossen Ludwigs Vatter / hatte zu seiner Zeit an Warmunden zugleich einen tapffern Kriegs-Fürsten / klugen Rahtgeber und getreuen Diener gehabt; Massen er mehrentheils durch dessen Vermittlung und hochvernünfftige Anschläg nach Abgang der beyden Könige Egidii und Siagrii den Königsstab widerumb erlangte / welcher ihm acht Jahr zuvor wegen seines allzufreyen Lebens von seinen freyen Francken genommen worden; Dieser Warmund hatte die Tage seines Lebens viel seltzame Abentheur unterstanden und ins Werck gesetzt / als ein tapfferer Kriegs-Held vieler Menschen Blut vergossen / und auch im übrigen nach Art der Heyden / die Gott nicht kannten / dem damahligen Lauff und Brauch der Welt nach / oben und unten mitgemacht / wie es der Wurff geben und die Wege gewandelt / darauff ihn die blinde Begierden seiner Jugend geleitet; Als er aber vermittelst Göttlicher Gnaden mit Ludwigen dem Ersten Christlichen König der Francken die Heilige Tauff erlangte / und sich in der wahren Christlichen Religion zu Gott bekehrte / empfieng er ein solche Reu über sein vergangenes gottloses Leben / daß er mit seines Königs Verwilligung die Waffen ablegte und an diesem einsamen Ort seine Sünd zu büssen und Gott zu dienen ein hartes und strenges Leben führte; wordurch der grosse Ludwig zwar einen tapffern Soldaten: Mit nichten aber einen getreuen und weisen Rahtgeber verlohren; dann so offt ihm etwas wichtigs vorfiele / ritte er mit wenigen Personen zu dieses Einsidlers Zell / erzehlte ihm sein geheimes Anliegen und pflegte also des jenigen Rahts / dessen Weisheit / beständiger Treu und Auffrichtigkeit er in langen Jahren hero genugsam versichert worden; Wann dann der König kam ihn zu besuchen / er aber gleichwol in seiner Zell nicht vorhanden: Sondern etwan anderwerdlich war / seinen geistlichen Ubungen abzuwarten / pflegte er zween Streich an ein Glock zu thun / die zu dem Ende daselbst auffgehenckt war / damit sich Warmund zu ihm verfügen könnte; und eben dieses waren solche Königliche Glockenstreich welche Dietwalt gehöret / und diß der Einsidel / den er zu nechst bey sich in den Hecken sich hatte regen sehen / als er auffstunde sich auff die empfangne Losung bey dem König einzustellen; Dietwalt war in wenig Sprüngen bey ihm / so bald er aber den geistlichen Habit und Warmunds Ehrwürdig Alter ersahe / steckte er seinen Hirschfänger wider ein / und wuste nicht was er vor Erstaunen gedencken oder sagen solte! diese wenig Wort brachte er kümmerlich heraus; Ach! Ehrlicher Altvatter was hab ich geredet? Und was habt ihr von mir gehöret? Nichts mein tapfferer und Tugendreicher Printz dann alles Guts / antwortet Warmund; darauf sahe Dietwalt den Alten sehr beweglich an / und sagte ferner / ach weh! ich Elender habe mich und meines Hertzens innerlichste Heimlichkeit selbst verrahten; das schadet nichts / antwortet der Alte / es liegt in guter Verwahrung / Gott verleihe daß solches meiner Hoffnung und euerem Wunsch nach zum besten geschehen sey; als Dietwalt weiters reden wolte / kam auff einer Seit der König nur selb dritt / und auff der andern Dietwalts Diener mit dessen Pferdten daher / als welchen beyden Theilen er mit seinem Jägerhorn herzu geruffen hatte.

Der König / da er diese beyde beyeinander fande / vermeinte Dietwalt hätte sich ohngefähr verritten / sagte derowegen zu ihm nach dem er zuvor Warmunden mit einem freundlichen Wunck gegrüst / mein Ohem wie ist euch geschehen / habt ihr euch verirret? Jch hätte euch bey der Jagt gesucht; Dietwalt war wegen seiner unversehenlichen Begegnis noch so gar bestürtzt / und also auch mit der Antwort nicht fertig / daß Warmund solches vor ihn verrichten muste / der sagte / Großmächtiger König / es wäre immer Schad gewesen / wann dieser junge Held sich anderwerts als hier befunden / als da er vielleicht nicht wie beschehen / die Gelegenheit gehabt hätte / mit der allerverwunderlichsten Tapfferkeit die mir jemals vor Augen kommen / sein Theil Wiltpret allein zu fangen; wiese darauff dem König das grosse Schwein / und erzehlte mit was vor einem unglaublich-geschwinden Helden-Vortheil er solches erlegt / dessen sich dann der König an einem so jungen Printzen zwar höchlich verwundert / weil er aber andere Gedancken im Kopff umbgehen hatte / von denen er mehr als von dieser Sau mit Warmunden zu reden verlangte; begab er sich alleinig mit ihm in sein Zell / und erzehlte die gemachte Heurahten der Gothen und Thüringer und ihme daraus entstandene Sorgen; davon der Leser bereits oben weitläufftig gehöret / mit gnädigem Begehren / er wolte die Sach erwegen und ihrn seinen getreuen Raht mittheilen; Warmund überlieff die Sach kürtzlich nach Nohtdurfft / und sagte / es könnte auch wohl seyn / daß diese junge Königl. Personen aus Trieb der Liebe / und nicht zu Bestättigung einiger Bündnis wider seine Kron ehelich zusammen geschritten wären / gleichwol aber sey ein als den andern weg Vorsichtigkeit vonnöhten; sein ohnmaßgebliche Meinung wäre / er Ludwig solte sich aller Freundschafft gegen diesen dreyen Kronen befleissen / mit ferneren Kriegen gegen männiglichen stillsitzen / und auch keinem unter ihnen die geringste Ursach geben / wider ihn die Waffen zu nehmen / bis er sehe ob diese etwas wider ihn zu thun gesinnet; zweytens / solte er nichts destoweniger seine Kriegsmacht fertig halten / also daß er alle Tag wann es die Nohtdurfft erforderte / damit zu Feld gehen könnte; drittens auff den Gräntzen seiner Länder nicht allein gute Besatzungen / sondern auch gute Kundschafften halten / damit wann ein oder anderer Theil das Gewehr ergriffe / er demselben bey Zeiten auff den Kopff griffe / ehe der ander Theil zu ihm kommen könnte; vierdtens mit dem Königlichen Burgundischen Hause / welches die beste Soldaten vermöchte und seiner Religion wäre / sich noch näher befreunden und ihm dasselbe verbinden so hoch er immer könnte / als mit dessen Hilff er auff den Nohtfall den Krieg wider alle drey Völcker lang hinaus führen könnte; fünfftens solte er die Päpstliche Heiligkeit zu Rom warnen und bitten / daß sie die in Thüringen befindliche Geistliche erinnern wolten / allen müglichsten Fleiß anzukehren / damit selbige Völcker baldist vollents zu der Catholischen Religion gebracht würden / ehe ihnen die Gothier durch diese Heuraht den Arianismum beybrächten; dann solches könnte ihme Ludwigen künfftig trefflich zustatten kommen / weil sie alsdann in der Arianischen Gothier Hülffe ihre Glaubens-Genossen ungern bekriegen helffen würden; letzlich solte er sehen / daß er mit guter Manier entweder Kauff- oder Tauschweiß die gantze Landschafft der Allobroger in seinen Gewalt zusammen brächte / als welches ein vortheilhafftigs Land: und gleichsam eine Fick-Mühl wäre / im Krieg beydes gegen Jtalia und Gallia langwürigen Widerstand daraus zu thun; dieser Dinge sagte er / seye sich zu befleissen / so lange die Gothier und Thüringer nichts feindliche wider ihn vornehmen; Solten sie aber wider sein beste Zuversicht nach den Waffen greiffen / so könnte er mit der Burgunder Hülff den Krieg in die Haar spielen / bis er den Käiser gegen die Ost-Gothier / als welcher diese frembde Gäst ohne daß vorlängst gern wider aus Jtalia gehabt / in Harnisch brächte / der auch nicht lang feyren würde / Rom widerumb einzunehmen / wann er sehe daß die Ost-Gothen die Fränckische und Burgundische Waffen in Haaren hätten; im übrigen würde die künfftige Zeit schon auch künfftigen Raht finden.


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