Emil Gött
Aphorismen
Emil Gött

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Nicht Kindermütterchen – Mann- und Menschenmütterchen.

 


 

Deine Mutter hätte dich als dein Weib rasend gemacht – und doch hat sie dich feinen Kerl geboren und begabt.

 


 

Unsre Eltern mußten noch leben, und auch wir traten in ihr qualvolles Dasein; nun haben wir gelernt, leben zu wollen; laßt uns unsern Kindern diesen hellen Willen als beste Morgengabe in die Wiege legen.

 


 

Wie die Kuh sich ihr Kalb nehmen läßt, so entläßt die Mutter ihr Kind in sein Schicksal, in dumpfer Unruhe, stumpfem Unwillen, als ob ihr ein Unrecht geschehe.

 


 

Zwischen Mutter und Kind wird immer etwas Fremdes liegen – was Fremdes zwischen ihr und dem Gatten lag und blieb.

 


 

Eine Mutter, die sich an ihre Kinder verliert, wird von diesen nicht gefunden.

 


 

Die Form – religiös und moralisch – die um ein Kind gebacken wird, zerbrechen, wenn es Zeit ist!

 


 

Schlummerndes nicht wecken, Erwachendes nicht aufjagen, süß austräumen lassen, aber das Erwachte in die Schule nehmen.

 


 

Es ist als ob der Mensch sich darin von der Pflanze unterschiede: er gedeiht unter rauhen Händen, wenn sie ihn nicht gerade erwürgen, besser als unter zarten.

 


 

Du mußt die Erfahrungen deines langen Lebens nicht als Imperative auf die Jugend legen.

 


 

Gerade mit seinen Fehlern und Sünden müßte das Kind auf weiche Hilfe fallen, statt auf harte Verbote.

 


 

Du sollst die Eltern ehren, heißt es – aber wer sind die Ältern? Sind das nicht die Kinder? Sind sie nicht um ein Geschlecht älter und also ehrwürdiger als Vater und Mutter?

 


 

Unsere Kinder werden, wenn wir nur jung und biegsam genug bleiben, unsere Eltern; unsere Lehrlinge machen uns entweder keine Freude oder werden unsere Meister.

 


 

Kinder! in eure Hände empfehl ich meinen Geist!

 


 

Wie manche Mutter weiß nicht genug die Tochter zu ermahnen, »sich gerade zu halten« – aber sie meint nur den Rücken; wie lehrt sie sonst das Kind sich krümmen, und wie wirkt sie mit, es zu beugen. Wehe dem Mädchen, von der Mutter aus, das aufrecht und herrlich auch ins Leben hinaus wachsen möchte.

 


 

Das geht wohl an, daß die alten Leute bei den Kindern wohnen, die zu eigener Zellenbildung gekommen sind; aber es ist unmenschlich, wenn auch üblich, daß die erwachsenen, ausgereiften Kinder bei den zurückgebliebenen Eltern wohnen bleiben, umschränkt, unterdrückt, erstickt, oder doch zum Ersticken schwer um jeden Zug ringend, der sie über den Standpunkt der Eltern hinausführt.

 


 

Ein vom Tod Genesener liegt zum erstenmal wieder wach auf seinem Lager; er sieht die Sonnenkringel auf der Decke, die Spatzen auf dem Fensterbrett; auch ein Kind, das scheu herangetrippelt käme, das sieht er gern. Aber die Alten stören ihn. Sie kommen selten wie der Sonnenschein, die Vögel, die Kinder.

 


 


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