Johann Wolfgang Goethe
Die Laune des Verliebten
Johann Wolfgang Goethe

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Letzter Auftritt

Amine, Egle, Eridon.

Eridon.
Weh mir!

Amine.
Ich muß, ich muß ihn sehen!
Geliebter Eridon! es hieß mich Egle gehen,
Ich brach mein Wort, mich reut's; mein Freund, ich gehe nicht!

Eridon für sich.
Ich Falscher!

Amine.
Zürnst du noch? du wendest dein Gesicht?

Eridon für sich.
Was werd ich sagen!

Amine.
Ach! verdient sie diese Rache,
So eine kleine Schuld? Du hast gerechte Sache,
Doch laß –

Egle.
O laß ihn gehn! Er hat mich erst geküßt;
Das schmeckt ihm noch.

Amine.
Geküßt!

Egle.
Recht zärtlich!

Amine.
Ah! das ist
Zu viel für dieses Herz! So schnell kannst du mich hassen?
Ich Unglückselige! Mein Freund hat mich verlassen!
Wer andre Mädchen küßt, fängt seins zu fliehen an.
Ach! seit ich dich geliebt, hab ich so was getan?
Kein Jüngling durfte mehr nach meinen Lippen streben;
Kaum hab ich einen Kuß beim Pfänderspiel gegeben.
Mir nagt die Eifersucht so gut das Herz wie dir;
Und doch verzeih ich dir's, nur wende dich zu mir!
Doch, armes Herz, umsonst bist du so sehr verteidigt!
Er fühlt nicht Liebe mehr, seitdem du ihn beleidigt.
Die mächtge Rednerin spricht nun umsonst für dich.

Eridon.
O welche Zärtlichkeit! wie sehr beschämt sie mich!

Amine.
O Freundin, konntest du mir meinen Freund verführen!

Egle.
Getrost, mein gutes Kind! du sollst ihn nicht verlieren.
Ich kenn den Eridon und weiß, wie treu er ist.

Amine.
Und hat –

Egle.
Ja, das ist wahr, und hat mich doch geküßt.
Ich weiß, wie es geschah, du kannst ihm wohl vergeben.
Sieh! Wie er es bereut!

Eridon fällt vor Aminen nieder.
Amine! Liebstes Leben!
O zürne du mit ihr! sie machte sich so schön;
Ich war dem Mund so nah und konnt nicht widerstehn.
Doch kennest du mein Herz, mir kannst du das erlauben,
So eine kleine Lust wird dir mein Herz nicht rauben.

Egle.
Amine, küß ihn! weil er so vernünftig spricht.
Zu Eridon.
Lust raubt ihr nicht dein Herz, dir raubt sie ihres nicht.
So, Freund! du mußtest dir dein eigen Urteil sprechen.
Du siehst, liebt sie den Tanz, so ist es kein Verbrechen.
Ihn nachahmend.
Und wenn ein Jüngling ihr beim Tanz die Hände drückt,
Der eine nach ihr sieht, sie nach dem andern blickt,
Auch das hat, wie du weißt, nicht gar so viel zu sagen.
Ich hoffe, du wirst nie Aminen wieder plagen,
Und denke, du gehst mit.

Amine.
Komm mit zum Fest!

Eridon.
Ich muß;
Ein Kuß belehrte mich.

Egle zu Aminen.
Verzeih uns diesen Kuß.
Und kehrt die Eifersucht in seinen Busen wieder,
So sprich von diesem Kuß, dies Mittel schlag ihn nieder. –
Ihr Eifersüchtigen, die ihr ein Mädchen plagt,
Denkt euren Streichen nach, dann habt das Herz und klagt.


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