Johann Wolfgang Goethe
Die Laune des Verliebten
Johann Wolfgang Goethe

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Dritter Auftritt

Eridon kommt langsam mit übereinandergelegten Armen, Amine steht auf und läuft ihm entgegen. Egle bleibt in ihrer Beschäftigung sitzen.

Amine ihn bei der Hand fassend.
Geliebter Eridon!

Eridon küßt ihr die Hand.
Mein Mädchen!

Egle für sich.
Ach wie süße!

Amine.
Die schönen Blumen! Sprich, mein Freund, wer gab dir diese?

Eridon.
Wer? Meine Liebste.

Amine.
Wie? – Ah, sind das die von mir?
So frisch von gestern noch?

Eridon.
Erhalt ich was von dir,
So ist's mir wert. Doch die von mir?

Amine.
Zu jenen Kränzen
Fürs Fest gebraucht ich sie.

Eridon.
Dazu! Wie wirst du glänzen!
Lieb in des Jünglings Herz und bei den Mädchen Neid
Erregen!

Egle.
Freue dich, daß du die Zärtlichkeit
So eines Mädchens hast, um die so viele streiten.

Eridon.
Ich kann nicht glücklich sein, wenn viele mich beneiden.

Egle.
Und könntest doch; denn wer ist sicherer als du?

Eridon zu Aminen.
Erzähl mir doch vom Fest; kommt wohl Damöt dazu?

Egle einfallend.
Er sagte mir es schon, er werde heut nicht fehlen.

Eridon zu Aminen.
Mein Kind, wen wirst du dir zu deinem Tänzer wählen?
Amine schweigt, er wendet sich zu Eglen.
O sorge, gib ihr den, der ihr am liebsten sei!

Amine.
Das ist unmöglich, Freund, denn du bist nicht dabei!

Egle.
Nein, hör nur, Eridon, ich kann's nicht mehr ertragen,
Welch eine Lust ist das, Aminen so zu plagen?
Verlaß sie, wenn du glaubst, daß sie die Treue bricht;
Glaubst du, daß sie dich liebt, nun gut, so plag sie nicht.

Eridon.
Ich plage sie ja nicht.

Egle.
Wie? Heißt das sie erfreuen?
Aus Eifersucht Verdruß auf ihr Vergnügen streuen,
Stets zweifeln, da sie dir doch niemals Ursach gibt,
Daß sie –

Eridon.
Bürgst du mir denn, daß sie mich wirklich liebt?

Amine.
Ich dich nicht lieben! Ich!

Eridon.
Wenn lehrst du mich es glauben?
Wer ließ sich einen Strauß vom kecken Damon rauben?
Wer nahm das schöne Band vom jungen Thyrsis an?

Amine.
Mein Eridon! –

Eridon.
Nicht wahr, das hast du nicht getan?
Belohntest du sie denn? O ja, du weißt zu küssen.

Amine.
Mein Bester, weißt du nicht? –

Egle.
O schweig, er will nichts wissen!
Was du ihm sagen kannst, hast du ihm längst gesagt,
Er hat es angehört, und doch aufs neu geklagt.
Was hilft's dich? Magst du's ihm auch heut noch einmal sagen –
Er wird beruhigt gehn, und morgen wieder klagen.

Eridon.
Und das vielleicht mit Recht.

Amine.
Mit Recht? Ich! Untreu sein?
Amine, dir? Mein Freund, kannst du es glauben?

Eridon.
Nein!
Ich kann, ich will es nicht.

Amine.
Gab ich in meinem Leben
Dir je Gelegenheit?

Eridon.
Die hast du oft gegeben.

Amine.
Wenn war ich untreu?

Eridon.
Nie! das ist es, was mich quält:
Aus Vorsatz hast du nie, aus Leichtsinn stets gefehlt.
Das, was mir wichtig scheint, hältst du für Kleinigkeiten;
Das, was mich ärgert, hat bei dir nichts zu bedeuten.

Egle.
Gut! nimmt's Amine leicht, so sag, was schadet's dir?

Eridon.
Das hat sie oft gefragt; ja freilich schadet's mir!

Egle.
Was denn? Amine wird nie andern viel erlauben.

Eridon.
Zu wenig zum Verdacht, zu viel, sie treu zu glauben.

Egle.
Mehr, als ein weiblich Herz je liebte, liebt sie dich.

Eridon.
Und liebt den Tanz, die Lust, den Scherz so sehr als mich.

Egle.
Wer das nicht leiden kann, mag unsre Mütter lieben!

Amine.
Schweig, Egle! Eridon, hör auf, mich zu betrüben!
Frag unsre Freunde nur, wie ich an dich gedacht,
Selbst wenn wir fern von dir getändelt und gelacht;
Wie oft ich mit Verdruß, der mein Vergnügen nagte,
Weil du nicht bei mir warst, was mag er machen? fragte.
O wenn du es nicht glaubst, komm heute mit mir hin,
Und dann sag' noch einmal, daß ich dir untreu bin.
Ich tanze nur mit dir, ich will dich nie verlassen,
Dich nur soll dieser Arm, dich diese Hand nur fassen.
Wenn mein Betragen dir den kleinsten Argwohn gibt –

Eridon.
Daß man sich zwingen kann, beweist nicht, daß man liebt.

Egle.
Sieh ihre Tränen an, sie fließen dir zur Ehre!
Nie dacht ich, daß dein Herz im Grund so böse wäre.
Die Unzufriedenheit, die keine Grenzen kennt
Und immer mehr verlangt, je mehr man ihr vergönnt,
Der Stolz, in ihrer Brust der Jugend kleine Freuden,
Die ganz unschuldig sind, nicht neben dir zu leiden,
Beherrschen wechselsweis dein hassenswürdig Herz;
Nicht ihre Liebe rührt, dich rühret nicht ihr Schmerz.
Sie ist mir wert, du sollst hinfort sie nicht betrüben:
Schwer wird es sein, dich fliehn, doch schwerer ist's, dich lieben.

Amine für sich.
Ach! warum muß mein Herz so voll von Liebe sein!

Eridon steht einen Augenblick still, dann naht er sich furchtsam Aminen und faßt sie bei der Hand.
Amine! liebstes Kind, kannst du mir noch verzeihn?

Amine.
Ach, hab ich dir es nicht schon allzu oft bewiesen?

Eridon.
Großmütges, bestes Herz, laß mich zu deinen Füßen!

Amine.
Steh auf, mein Eridon!

Egle.
Jetzt nicht so vielen Dank!
Was man so heftig fühlt, fühlt man nicht allzulang.

Eridon.
Und diese Heftigkeit, mit der ich sie verehre –

Egle.
Wär weit ein größer Glück, wenn sie so groß nicht wäre.
Ihr lebtet ruhiger, und dein und ihre Pein –

Eridon.
Vergib mir diesmal noch, ich werde klüger sein.

Amine.
Geh, lieber Eridon, mir einen Strauß zu pflücken!
Ist er von deiner Hand, wie schön wird er mich schmücken!

Eridon.
Du hast die Rose ja!

Amine.
Ihr Lamon gab sie mir.
Sie steht mir schön.

Eridon empfindlich.
Ja wohl –

Amine.
Doch, Freund, ich geb sie dir,
Daß du nicht böse wirst.

Eridon nimmt sie an und küßt ihr die Hand.
Gleich will ich Blumen bringen.
Ab.


 << zurück weiter >>