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Die Methoden.

Nach meinen Erfahrungen und den meiner Mitarbeiter wage ich zu behaupten, daß die meisten Menschen durch eine richtig angepaßte Methode in den hypnotischen Schlaf versetzt werden können. Allerdings ist zuweilen Geduld und Ausdauer erforderlich. Viele Patienten glauben gleich beim ersten Versuche schlafen zu müssen; diese Annahme ist irrig, meist tritt Schlaf erst beim zweiten oder dritten Versuche ein, oft sind zwanzig und mehr Versuche notwendig. Bei meiner jetzt im tiefsten Stadium schlafenden Frau waren etwa 40 Versuche erforderlich, und Wetterstrand berichtet, er habe einmal 70 vergebliche Versuche gemacht, dann erst stellte sich Schlaf ein.

Welche Methode aber ist denn nun die richtige? Ich will die bekanntesten Methoden angeben und zum Schluß mitteilen – nicht welche die beste ist, sondern – mit welcher Methode ich die meisten Erfolge erzielte.

1. Marias Methode. Der Abbé Faria, eine imposante Erscheinung, hieß seine Versuchsperson auf einen Stuhl fetzen, befahl ihr, sich in ihren Gedanken zu sammeln, und sah nun die Person scharf an. Plötzlich erhob er sich, streckte dem Subjekt die Hände entgegen und rief mit starker, befehlender Stimme das Wort: dormez (schlafe)! was gewöhnlich auf die Person einen so lebhaften Eindruck machte, daß der Körper eine leichte Erschütterung bekam und oft kataleptisch wurde.

2. Lafontaines Methode, die Braid zu seinen Experimenten anregte, ist die folgende: Er ließ die Person sich gegenüber auf einen Sessel setzen, fixierte sie, ließ die Hände auf ihre Knie legen, welche er zwischen seine Beine stellte; dann nahm er ihre Hände, brachte sie auf seine Knie herüber, faßte ihre Daumen, hielt sie unbeweglich fest und blickte dem Einzuschläfernden scharf in die Augen, was 10-15, zuweilen 20 Minuten währte. Gewöhnlich trat dann der hypnotische Schlaf ein, selten mißglückte das Experiment.

3. Dr. Haddocks Methode. Ein Arzt, Dr. med. Jos. W. Haddock in London, veröffentlichte im Jahre 1852 ein Buch Somnolismus und Psycheismus. Von Dr. J. W. Haddock. Uebersetzt von Dr. C. L. Merkel, Privatdozent an der Universität Leipzig. Ambr. Abel. 1852., in welchem er berichtet, daß er eine Methode entdeckt habe, den Schlaf herbeizuführen, die niemals ihre Wirkung verfehle. Haddock nahm des Patienten Hände in seine linke Hand und legte seine rechte auf den Kopf des Kranken; gleichzeitig ermahnte er das Subjekt, sich willig dem Einflusse hinzugeben und seine ganze Aufmerksamkeit auf ihn durch anhaltendes Fixiren seiner Augen zu konzentrieren. Traten die Folgen nicht bald ein, so versuchte er einige Striche von der Stirne abwärts, oder vom Hinterkopf längs der Wirbelsäule zu ziehen, worauf gewöhnlich nach einer halben oder ganzen Stunde der Schlaf erfolgte, wenn dazu Anlage vorhanden war. Manche schliefen auch schon nach 3-10 Minuten.

4. Mesmerische Methoden. Diese Bezeichnung ist unrichtig, da Mesmer den Hypnotismus nicht kannte. Indessen schadet es nicht, wenn des großen Mannes Name durch diese Bezeichnung weiteren Kreisen geläufig wird. Die Handhabung dieser Methoden geschieht wie folgt:

a) Der Experimentator setzt sich der zu hypnotisierenden Person gegenüber, faßt ihre Hände und fixiert scharf ihre Augen. Nach 10-15 Minuten läßt er die Hände los und macht in der Entfernung von einigen Zentimetern vom Körper der Versuchsperson Striche vom Scheitel bis nach den Füßen, langsam, die Fingerspitzen einige Sekunden auf Augen, Brust, Magengrube und Knieen ruhen lassend. Diese Manipulation wird 14 bis 20 mal wiederholt.

b) Bende Bendsen, ein Magnetiseur, der auch gleichzeitig hypnotisierte, sagt: »Die beste, stetige Einwirkung, um den Schlaf herbeizuführen, besteht darin, daß man die Fingerspitzen der einen Hand kegelförmig vereint, in die Herzgrube des Kranken setzt und mit den Fingern der andern Hand ebenso auf den Scheitel oder dicht über und an der Nasenwurzel einwirkt, was bei richtiger Anwendung sehr ermüdet.«

5. Braids Methode. Braid hielt seine Lanzettbüchse vor oder etwas über die Augen seiner Versuchsperson, befahl derselben, unverwandt den glänzenden Knopf der Büchse anzublicken und ihre Aufmerksamkeit darauf zu konzentrieren. Gewöhnlich trat schon nach einigen Minuten Ermüdung und Schlaf ein. – Später ging er nach seiner eigenen Beschreibung James Braid. Ueber den Hypnotismus. (Manuskript.) Geschr. am 7. Januar 1860, 3 Monate vor seinem Tode zu Manchester, Bylaw Hanse, Oxfordstreet. wie folgt vor: Er nahm den Lanzettenträger zwischen Daumen, Zeigefinger und Mittelfinger der linken Hand, hielt ihn 25 bis 40 cm von den Augen des Patienten entfernt, um so viel höher als die Stirn, daß die größte Anstrengung der Lider und Augen notwendig war, um den Gegenstand unverändert zu fixieren. Er machte der Person begreiflich, daß sie die Augen unverwandt auf den Gegenstand richten und den Geist nur mit der Vorstellung dieses Gegenstandes beschäftigen solle. Bei dieser Methode zogen sich die Pupillen des zu Hypnotisierenden zunächst zusammen, dann fingen sie an, sich zu erweitern und, wenn dies bis zu einem gewissen Grade geschehen war, in Schwankungen zu geraten. Sowie Braid dies bemerkte, fuhr er mit dem Zeige- und Mittelfinger der rechten Hand von dem fixierten Gegenstand her gegen die Augen; dann geschah es oft, daß sich die Lider der Versuchsperson unter Zittern schlossen. Wenn dies nicht geschah oder wenn der Betreffende eine Bewegung mit den Augen machte, ließ er ihn von neuem beginnen, wobei er ihm zu verstehen gab, daß er die Lider sinken lassen möge, sobald Braid wieder mit den Fingern gegen seine Augen fahren würde, daß aber die Augen selbst in derselben Stellung und der Geist bei der Vorstellung des oberhalb der Augen befindlichen Gegenstandes beharren müsse.

6. Hansens Methode ist der Braidschen völlig gleich, nur wendete Hansen Glasfacetten an und ließ diese fest und unverwandt anblicken. (Siehe Abbild. 1.)

Auch mehrere deutsche Aerzte wenden diese Methode an, und es hat ein bekannter Berliner Arzt sogar eine Metallstange konstruiert, an welcher sich eine verschiebbare Querstange mit glänzendem Messingknopf befindet. Auf diesen Knopf muß der Patient den Blick richten und den Schlaf erwarten.

Hier dürfte auch wohl ein die Fixationswirkung erklärendes Wort am Platz sein, und zwar scheint mir die Definition Professor Gustav Jägers Jäger, Entdeckung der Seele. die beachtenswerteste, weshalb ich dieselbe folgen lasse: »Der Hypnotismus ist in erster Linie ein geistiger Vorgang und zwar so: Mit dem Anstarren eines Objektes ist eine Konzentration der Aufmerksamkeit auf das innere Sehzentrum verbunden, was eine Abziehung der Aufmerksamkeit des Geistes von den anderen Sinnes- und Muskelzentren zur Folge hat. Letztere wird noch gesteigert durch monotone Reize auf dem Gebiet der anderen Sinne. Hat nun das Anstarren lange genug gedauert, so tritt auch in diesem Sinne Ermüdung ein, der Geist hat auch hier kein Objekt mehr und zieht sich nun auch vom Sehzentrum zurück. Jetzt ist er in jene totale Abgezogenheit von den körperlichen Nervenzentren gelangt, die beim Schlaf physiologisch regelmäßig stattfindet und den Körper zu einer willenlosen Reflexmaschine macht.

7. Ch. Richets Methode besteht darin, daß der Operateur einfache Striche mit warmen Händen vom Scheitel bis zur Magengegend des Subjekts zieht. Richet zieht diese Methode allen anderen vor und meint, in 10–15 Minuten schlafe der größere Teil seiner Patienten. (Siehe Abbild. 2.)

Die Wirkung dieser Striche wird selbst von den entschiedensten Gegnern des »animalischen Magnetismus« (wie A. Moll) nicht bestritten, und Richet selbst neigt zu der Ansicht, daß das Element der Suggestion nicht alle Resultate erklären könne. Auch Dessoir meint, daß noch ein Restchen übrig bleibe, und so wird wohl über kurz oder lang die Erklärung der Magnetiseure, d. h. der Mesmeristen, auch von der Wissenschaft akzeptiert werden. Hat doch Edison bereits die magnetischen Wirkungen der menschlichen Emanationen nachweisen können. Und die neuerdings erfolgte Entdeckung menschlicher Ausstrahlungen ist nur geeignet, die Theorie der Mesmeristen zu stützen.

8. Bergers Methode. Professor Oskar Berger hat angegeben, daß bei einzelnen Versuchspersonen Hypnose durch Wärme allein erzeugt wurde. Zuweilen habe er nur nötig gehabt, die Hände zu wärmen und vor den Kopf des Subjekts zu halten.

9. Pitres' Methode. Professor A. Pitres in Bordeaux betont, daß gewisse Körperteile für Reizungen der Haut besonders empfindlich seien. Er nennt diese Teile »Zones hypnogènes« und übt auf dieselben einen längeren sanften Reiz aus, bis der hypnotische Schlaf eintritt. Dies dürfte indessen nur bei Hysterischen gelingen. R. G. Professor Spitta in Tübingen betont, daß sanfte Reibungen auf der Stirn bei vielen den Schlaf herbeiführen, bei anderen ihn vertiefen.

10. Haidenhains Methode. Professor Haidenhain in Breslau erzeugte hypnotischen Schlaf, indem er dem Ohr des Subjekts eine Taschenuhr näherte und auf das Ticken derselben achten ließ. Oft auch erzielte er Schlaf, wenn die Taschenuhr an den Nacken des Subjekts gelegt wurde.

11. Weinholds Methode. Professor Adolf Weinhold in Chemnitz berichtet in seinem kleinen Werkchen, er habe sich mit großem Erfolge der elektrischen Batterie zur Schlaferzeugung bedient und Professor Hirt-Breslau empfiehlt faradische Pinselung der Schläfengegend.

12. Eulenburgs Methode. Professor A. Eulenburg in Berlin gelang es, durch Galvanisierung des Kopfes einen lethargischen Zustand hervorzubringen.

13. Lasègues Methode. Der Pariser Arzt Lasègue entdeckte, daß der hypnotische Schlaf oft durch Schließen der Augen und plötzliche Ausübung eines mäßigen Druckes auf die Augäpfel eintritt.

14. Magnetische Methode. Professor Benedict in Wien, Binet und Feré, Ballet, Proust und Landowzy in Paris behaupten, der Magnet besitze die Eigenschaft, den hypnotischen Schlaf hervorzubringen. Auch Paracelsus will Schlaf erzeugt haben, wenn er ein Magneteisen auf die Herzgrube des Kranken legte.

15. Charcots Methode darf als die gefährlichste aller Hypnotisierungsmethoden betrachtet werden. Er brachte Hypnose Hier dürfte von Hypnose, d. h. von Schlaf, wohl kaum die Rede sein, vielmehr handelt es sich um einen durch Schreckwirkung hervorgerufenen, mehr kataplegischen als kataleptischen Zustand. meist durch lähmende oder Schreckwirkungen hervor, ließ vor dem Kranken plötzlich ein intensives Licht aufleuchten, erzeugte Katalepsie durch den Ton einer Stimmgabel, einen Schlag auf den Gong-Gong usw., auch durch Reibung des Scheitels will Charcot Schlaf erzeugt haben.

16. Luys' Methode. Dr. Luys, Arzt an der Pariser Charitee, ein Schüler Charcots, hat den sogenannten rotierenden Spiegel ( Miroir rotatif) erfunden. Derselbe wird vor den zu hypnotisierenden Personen aufgestellt, und Luys behauptet, daß durch den intensiven Reiz auf die Retina die Hypnose leichter eintrete bei angestrengter Fixierung der sich drehenden Spiegelflächen. Er wendete zu Heilzwecken a) die Wirkung des Spiegels allein, b) den Spiegel kombiniert mit Elektrotherapie, c) den Spiegel kombiniert mit Suggestion, an.

17. Gessmanns Methode. Der Schriftsteller Gessmann in Graz beschreibt eine originelle Methode, die recht wirksam sein soll. Der Autor sagt darüber in seinem Werke: Ich wähle aus der Gesellschaft eine Person, welche bleich und nervös aussieht, mit schwärmenden Augen, sage ihr, daß sich in meinem Organismus eine starke Entwicklung von Elektrizität befindet, welche mich in den Stand setzt, solche Individuen zu elektrisieren, welche nicht allzu robust sind. Zum Beweise lasse ich sie mit beiden Händen zwei Finger meiner, rechten Hand umfassen. Nach einigen Minuten frage ich, ob sie etwas fühlt. Ist sie hypnotisierbar, so antwortet sie gewöhnlich, daß sie etwas wie Ameisenlaufen am Oberkörper und Einschlafen der Arme empfinde. Ich sage dann: »Halten Sie meine Hand fest – fester – noch fester – so! jetzt können Sie meine Hand nicht mehr loslassen!« Und so verhält es sich. (Abbild. 3.) Durch Streichen mit meiner linken Hand über ihre Arme verstärke ich den Muskelkrampf, so daß sie selbst auf meine Aufforderung meine Hand nicht fahren lassen kann. Ein Blasen auf die Hand und die Versicherung, daß sie frei ist, löst sofort den Krampf. Durch diese Probe erhalle ich den sicheren Beweis dafür, daß die Person für wirkliche Hypnose geeignet ist, welche dann folgendermaßen bewerkstelligt wird: Ich setze mich ihr gegenüber, lasse sie die Augen schließen, nehme ihre Hände in die meinigen, so daß die vier Daumen gegeneinander gedrückt sind und bitte sie, ruhig zu sein und sich ohne Widerstand der eintretenden Neigung zum Schlaf hinzugeben. Wenn sie eingeschlummert – gewöhnlich innerhalb 2–10 Minuten –, vertiefe ich den Schlaf mit einigen Strichen über Kopf und Brust und versuche, die Schlafenden zum Sprechen zu bewegen, was leicht gelingt, wenn ich die eine Hand auf ihren Kopf lege und mit der anderen eine ihrer Hände fasse und halblaut frage: »Hörst du mich?« Oft muß diese Frage vier- und fünfmal wiederholt werden, ehe ich eine sehr leise Antwort erhalte. Nun ist der Zeitpunkt gekommen, weitere Experimente zu machen; doch muß man beim ersten Versuch hier anhalten, um die Patienten nicht zu ermüden.

18. Die indische Methode. Die indischen Fakire sowohl wie die Magnetiseure in Kalkutta haben eine eigenartige Methode. Das entkleidete Subjekt liegt in Rückenlage auf einem Bett. Der Magnetiseur steht am Kopfende, neigt sich über die Versuchsperson, fixiert deren Augen aus allernächster Nähe, so daß die Nasenspitzen einander berühren, und bläst leise in die Nase sowie zwischen die Lippen. Die eine Hand des Experimentators liegt dabei auf der Magenhöhle des Subjekts, mit der anderen werden Streichungen mit Berührung gemacht. In dem stets künstlich verdunkelten Raum herrscht während des Aktes tiefe Stille, kein Zeuge darf zugegen sein.

siehe Bildunterschrift

Abbildung 5.
Eine neue Einschläferungsmethode.

19. Die amerikanische Methode. Nachdem die Person sich hingesetzt hat – mit dem Kopf rückwärts gegen die Wand gelehnt, beide Beine rechtwinklig im Knie gebeugt auf dem Fußboden stehend, die Handflächen auf den Knien –, wird die Hand des Operateurs etwa einen Fuß von der Stirne entfernt und einen Fuß oberhalb des Niveaus der Augen des Mediums gehalten. Während das Medium dabei auf die Hand sieht, wird ihm geboten, die Augen zu schließen. Der Operateur beginnt dann die Striche, indem er in der Mitte der Augenbrauen beginnt, die Stirne leicht mit den Fingerspitzen berührt und diese nach außen, nach rechts und links, über die Brauen zu den Schläfen führt (Strich I), etwa 10–12 mal. Während er dies tut, muß das Medium die Augen nach hinten gerollt halten und tief und regelrecht atmen. – Nachdem diese Striche gemacht sind, führt man die Fingerspitzen von der Mitte der Stirn über die Wangen, die Schulter berührend über den Arm und über die Hand bis zu den Fingern (Strich II) herab. Die Berührung muß leicht sein, so daß das Medium nicht gestört wird. – Die Striche müssen 10–12 mal in gemächlicher Folge wiederholt werden. Dann werden die Fingerspitzen höher auf den Kopf gesetzt, indem sie hinter dem Ohr, dem Kieferwinkel, zu dem Hals herabgehen, etwas die Karotiden komprimierend und den Fluß der Jugularis beschleunigend (Strich III). Dies wird wie vorher wiederholt, worauf man zu 5–6 Strichen I zurückkehrt; dann wiederholt man einige Striche III, aber die Fingerspitzen gehen hier ab über die Schulter, Arm, Hand, zu den Fingern, wie die Striche II. Dies wird 10–12 mal wiederholt. – Nachdem man Strich I, II und III, aber weniger oft, wiederholt, werden die Daumen auf die Augenbrauen aufgesetzt, fahren die Schläfe herunter über den Kieferwinkel bis zu den Blutgefäßen des Nackens, während die Fingerspitzen den Hinterkopf hinab den Nacken entlang streichen, die Schultern, Arme herab und schließlich die Fingerspitzen berühren (Strich IV). Dies geschieht etwa ein dutzendmal, dann wird Strich I und II und dann Strich IV wiederholt. Nach Verlauf von 1–2 Minuten kehrt man mehrmals zu Strich I und II zurück. Wenn nun das Augenlid ruhig ist, d. h. nicht zittert, und die Respiration tief und voll, so setzt man den Daumen oberhalb des Ursprungs des Corrupater supercitii auf, geht, mit einem kleinen Druck, bis etwa unterhalb der Verbindung der Nasen- und Stirnknochen, während die Fingerspitzen seitwärts nach den rechten Schläfen zu streichen, bis zur Gegend des Jochbeins (Strich V). Dies wird 5–6 mal wiederholt mit allmählich wachsendem Druck, bis ein beträchtlicher Druck ausgeübt wird; dann sagt der Operateur: »Ihre Augen sind geschlossen. Sie können sie nicht öffnen, Sie können es nicht!« usw. und zu gleicher Zeit fahren die Finger der linken Hand schnell einigemal hinab über die Augenbrauen und Augen dicht am Gesicht vorbei, ohne dieses zu berühren. Dies nennt man Fächeln; es ist geeignet, das Medium zu verwirren, und dies schließt oft die Augen in Fällen, wo sie ohne diesen Kunstgriff offen bleiben würden. In 40 % der Fälle ist nun das Medium ohne Willen. Es bedarf oft nur ein bis zwei Sitzungen, um auch die übrigen zu bezwingen.

20. Der Merkwürdigkeit wegen sei hier noch die Methode mitgeteilt, welche die argentinischen Hypnotiseure anzuwenden pflegen, ohne daß ich dieselbe etwa empfehlen möchte. Der Hypnotiseur tritt hinter das in Soldatenhaltung dastehende Medium, streicht mit aneinandergelegten Handflächen (gleichsam mit den kleinen Fingern schneidend), von der Mitte der Rückenfläche in Höhe der Schultern beginnend, die Mitte des Rückens hinab, – dabei steht sein Fuß dicht hinter den beiden geschlossenen Hacken des Mediums. Das Medium, das seine Augen und den Kopf nach oben richten muß, fällt nach dem Rückenstrich wie ein Pfahl hintenüber zur Erde. Nun tritt der Hypnotiseur vor das Medium, ergreift dessen beide Hände, richtet es auf, beugt sich etwas hintenüber, fixiert wieder mit einem Fuß die beiden des Mediums und läßt das Medium sich an seine Brust lehnen, hält aber seinen Kopf neben dem des Mediums; plötzlich wird sein Auge starr, faszinierend, und indem er die Arme des Mediums nach hinten zusammenbiegt, fixiert er urplötzlich das Medium, nachdem er es mit einem Ruck von seiner Brust gestoßen und seine Hände gelöst hat. Dann stetig fixierend schreitet er rückwärts, das Medium folgt ihm vornübergebeugt, die Brust heraus, die Arme nach hinten, mit den Füßen stampfend, wie einem Magneten, bis er dasselbe stark anbläst, worauf das Medium zurückfliegt, wie von einem Schlage getroffen. Nun erteilt er dein Medium Suggestionen usw.

Bei fast allen diesen Methoden ist der schlaferzeugende Faktor lediglich die indirekte, unbewußt bleibende Suggestion, deshalb mußte die Nancy-Schule, welche sich derselben bewußt und direkt bedient, auch die größten Erfolge erzielen. Ich will daher auch die Methoden der Männer von Nancy besprechen.

21. Bernheims Methode. Professor Bernheim hypnotisierte in folgender Weise: Nachdem der Patient über den Zweck der Prozedur belehrt ist, läßt der Experimentator ihn eine zum Schlafen geeignete Stellung einnehmen und einen über die Nasenwurzel gehaltenen Finger fixieren. Die Vorstellung des Patienten wird nun auf den Eintritt des Schlafes gerichtet.

a) »Denken Sie an nichts als an das Einschlafen.«
b) »Ihre Augen ermüden, die Lider blinzeln.«
c) »Eine allgemeine Müdigkeit überkommt den Körper.«
d) »Die Arme und Beine werden gefühllos.«
e) »Das Auge tränt, der Blick ist trübe.«
f) »Jetzt schließen Sie die Augen.«
g) »Sie können dieselben nicht mehr öffnen.«
h) »Sie schlafen ein.«

22. Dr. Liébeaults Methode. Dr. Liébeault legt die Hand auf die Stirn des Patienten, drückt dann langsam dessen Augen zu und macht die gleiche Suggestion wie Bernheim (unter Fortlassung der Sätze b, e, f, g), wobei seine Stimme nach und nach leiser und ruhiger wird.

In neuerer Zeit haben die Nancy-Professoren ihre Methode ein wenig geändert und Liébeault berichtet darüber:

»Während der sich unserer Einwirkung Unterziehende – und das ist stets ein Kranker – seine Augen unbeweglich auf die unseren richtet und dadurch seine anderen Sinne gegen äußere und sogar innere Eindrücke abschließt, während sein Gehirn bereits träge und zur Aufnahme unserer Suggestionen geeigneter wird – denn man ist sogar schon im Wachen suggestibel –, reden wir ihm nachdrücklich vor, nur an Einschlafen und Gesundwerden zu denken; wir kündigen ihm die Anfangserscheinungen des Schlafes an: die körperliche Erschlaffung, das Schlafbedürfnis, die Schwere der Lider, die allgemeine Unempfindlichkeit usw., und wenn wir bemerken, daß die Lider des Betreffenden blinzeln und schwer werden, seine Augen einen erstaunten Ausdruck annehmen und die Pupillen schwanken oder sich erweitern, sprechen wir das Zauberwort aus: »Schlafen Sie!« Wenn nach diesem Befehl die Lider sich noch nicht schließen, wiederholen wir dieselbe Litanei von Versicherungen nötigenfalls noch mehrere Male und drücken dann endlich mit unserem schon im voraus zu den Seiten der Augen gehaltenen Daumen die oberen Lider zu, während wir mit den gleichen Suggestionen fortfahren. Fast immer schließen sich bei Arbeitern, Bauern, Kindern und früheren Soldaten, die sämtlich an Gehorsam gewöhnt sind, die Augen von selbst, sobald wir das Wort: »Schlafen Sie!« aussprechen. Haben wir aber nach Verlauf von ungefähr einer Minute das erwartete Ergebnis nicht erzielt, so verschieben wir die Hypnotisierung auf den nächsten Tag. Fast immer verfallen durch tägliche Uebung nach mehreren Tagen unsere Kranken in wenigen Sekunden in irgend einen Grad des Schlafes und geraten sehr bald in immer tiefere Schlafzustände.«

23. Sanitätsrat Dr. Gerster in Braunfels wendet eine sehr empfehlenswerte Art der Einschläferung an, die er wie folgt beschreibt: »Sehr wichtig ist es, den ersten Versuch der Hypnose nur zu unternehmen, wenn der Patient in geeigneter (suggestiver) Stimmung ist. Erregbaren Naturen und solchen, die in höchster Spannung der Dinge warten, die da kommen sollen, suggeriere ich in der ersten Sitzung selten Schlaf, da sie durch allzu gespannte Aufmerksamkeit auf die ihnen ungewohnte Situation verhindert sind, die gegebene Idee plastisch umzusetzen, d. h. die Allosuggestion in Autosuggestion zu übertragen. Ich begnüge mich damit, sie bequem zu lagern und ihnen zu empfehlen, eine Zeitlang mit geschlossenen Augen bewegungslos liegen zu bleiben, während ich die Hand auf ihren Kopf lege oder mesmerische Striche mache. Haben sie sich einmal an die fremdartige Situation gewöhnt, so kann später die Schlafsuggestion und die therapeutische Suggestion dazu kommen.«

Wie man sieht, hat fast jeder Experimentator seine eigene Methode. Aber es ist nicht möglich, bei allen Subjekten mit einer Methode auszukommen. Der Hypnotiseur darf nicht generalisieren, er muß noch mehr als der Arzt individualisieren. Ich habe mit einer kombinierten Methode am meisten Erfolg gehabt und bin fest überzeugt, daß auch jeder andere Hypnotiseur damit reüssieren wird.

Obwohl ich glaube, daß auch Hypnotiseure anderer Länder diese Art der Beeinflussung vorziehen, will ich sie doch als

24. Meine Methode bezeichnen. Ich lasse die zu hypnotisierende Person in einem Stuhl (Armstuhl, Fauteuil, Triumphstuhl, Sofa), den Rücken gegen das Licht gekehrt, bequem Platz nehmen und fordere sie mit milder, eintöniger Stimme auf, genau auf meine Worte zu achten und den Schlaf zu erwarten, dabei aber meine Augen zu fixieren. In einzelnen Fällen (bei Neurasthenikern) bitte ich das Schlucken zu unterdrücken, da dies den Eintritt der Hypnose beschleunigt. Nun lege ich meine Hände leicht auf die des Patienten und suggeriere ihm erst Wärmegefühl in seinen Handrücken, darauf Schwere in den Gliedern, erhebe dann langsam unter fortgesetzter Fixation seiner Augen meine Hände und ziehe langsam Striche vom Kopf bis zur Magengegend, wobei ich nach Bernheim-Liébeaultscher Methode weitere Schlafsuggestionen gebe. Sobald Müdigkeit sich zeigt, lege ich unter fortdauernder Fixation und Suggestion (der Patient muß fortwährend beschäftigt bezw. auf die Erwartung des Schlafes hingelenkt werden) meine linke Hand leicht auf den Kopf des Patienten, ziehe die Stirnhaut etwas hinunter, um in ihm das Gefühl der Schwere in den Augenlidern hervorzurufen, und drücke dann langsam die Augen zu. Ein Druck auf die Augäpfel, gleichzeitig folgt bestimmt aber ruhig die Suggestion: »Jetzt schlafen Sie ein«, und der Zweck ist erreicht. – (Abbild. 4.)

Oft wende ich natürlich auch andere Methoden an, danke jedoch meine bedeutendsten Erfolge der soeben angegebenen.

Bisweilen habe ich die Methode etwas geändert, indem ich dem Patienten nicht mehr die Symptome des Schlafes in der Befehlsform suggerierte. Es gibt Patienten – und dies gilt insbesondere von gebildeten Leuten –, die sich gegen die Annahme solcher Befehlssuggestionen fast wider ihren Willen sträuben: sie wollen ja gehorchen, aber es gelingt ihnen nicht, weil sie nicht daran gewöhnt sind. Bei solchen Patienten suggeriere ich die Schlafsymptome indirekt, d. h. ich spreche mehr zu mir selbst als zu den Patienten. Ich sage denselben beispielsweise nicht »es tritt jetzt Müdigkeit ein«, sondern in abgerissenen Sätzen mit verklingender Stimme suggeriere ich etwa: »Wenn die Schwere der Glieder zunimmt ... die Müdigkeit eintritt ... wenn nun die Augenlider zufallen ... usw.« Damit weise ich auf die eintretenden Erscheinungen hin, ohne dieselben zu befehlen und ohne den psychischen Widerspruch des Kranken herauszufordern. Ich habe mit dieser Methode sehr gute Erfolge erzielt, ebenso meine Freunde, die sie vielfach anwenden.

Nun gibt es aber Menschen, welche trotz Anwendung aller Methoden nicht in den hypnotischen Schlaf zu versetzen sind. Der Nichtarzt wird am besten tun, solche Personen nach einer Reihe vergeblicher Versuche zurückzuweisen. Zum Troste dieser Refraktären sei hier indessen bemerkt, daß dem hypnotisierenden Arzt noch andere – allerdings weniger harmlose – Mittel zu Gebote stehen.

So empfahl zuerst ein Dr. Rifat in Saloniki eine leichte Chloroformierung, und auch Dr. Herrero, Professor der medizinischen Fakultät in Valladolid, berichtete, daß eine vorhergehende Chloroformierung und Suggestion während dieses suggestiblen Zustandes Somnambulismus erzeuge. Chambord rechnet ebenfalls Aether und Chloroform zu denjenigen Mitteln, welche Hypnose hervorbringen.

Freiherr Dr. v. Schrenk-Notzing empfiehlt auch noch den indischen Hanf (Haschisch) und beschreibt mehrere Experimente, die ich an mir selbst und andern wiederholte, ohne daß ich zunächst einen praktischen Wert konstatieren konnte. Die Suggestibilität war eine bedeutend erhöhte, so lange der Haschisch-Rausch währte, verschwand indessen mit demselben und posthypnotische Suggestionen realisierten sich nicht. Später gelang mir nicht nur die Herbeiführung des hypnotischen Schlafes, sondern auch die Erhöhung der Suggestibilität in einem bestimmten Stadium des Rausches und durch einen bestimmten Trick, wie ich dies in meinem Handbuch der hypnotischen Suggestion (siehe Literatur) ausführlich beschrieb.

Die Anwendung derartiger Mittel verbietet sich für den Nichtarzt von selbst, auch kann ich dieselben keineswegs empfehlen, denn die angegebenen Mittel sind Gifte und in ihren Wirkungen möglicherweise schlimmer als die durch Suggestion etwa zu beseitigenden Krankheitserscheinungen.

Will der Leser durchaus den hypnotischen Schlaf herbeiführen, so empfehle ich zum Schluß noch eine Methode, die zwar beschwerlich und umständlich erscheint, aber fast in allen Fällen zum erwünschten Ziele führt, nämlich die Ueberleitung des natürlichen Schlafes in den hypnotischen Schlaf mit Suggestibilität.

Professor Bernheim sowohl wie Liébeault betonen einigen anderen Forschern gegenüber die Identität des hypnotischen mit dem natürlichen Schlaf. Ist aber der natürliche Schlaf gleich dem hypnotischen, so muß der Schläfer auch für Suggestionen empfänglich sein. Das ist tatsächlich der Fall, man hat nur nötig, den Rapport herzustellen:

25. Nähere dich dem Schläfer mit Vorsicht, prüfe die Tiefe des Schlafes und vertiefe diesen nötigenfalls durch mesmerische Striche. Sodann sprich halblaut zu dem Schläfer (am besten gegen die Magengrube), doch sanft und mit Ruhe, damit die Schallwellen nicht ein spontanes Erwachen hervorrufen.

Vorerst suggeriere tiefen Schlaf etwa wie folgt:

»Sie schlafen ruhig und tief. Der Schlaf wird fest. Sie können nicht erwachen, aber Sie hören ganz deutlich meine Worte.«

Erfolgt nicht gleich ein »Ja«, so wiederhole man die Suggestion, vermeide es indessen, den Namen des Schläfers zu nennen.

Sobald nun der Schläfer »ja« – »hm« – »was denn« usw. antwortet (oft genügt ein unverständliches Gemurmel), so ist der Rapport hergestellt und man gebe halblaut, jedoch energisch und klar seine Suggestion.

Diese Methode ist sehr zuverlässig und empfehlenswert, da sie bei einiger Uebung und Ruhe nur selten versagt.

Oft erfolgt auch trotz größter Vorsicht plötzliches Erwachen, bevor der Rapport hergestellt ist. Dann sehe man vorläufig von weiteren Versuchen ab und gehe erst am nächsten Abend (bezw. Nacht) wieder ans Werk.

Wer Ruhe und Geduld besitzt, wird in fast allen Fällen Erfolge erzielen, am leichtesten und schnellsten bei Kindern; allerdings sind auch hier bisweilen mehrere Versuche notwendig.

Die zuletzt beschriebene Methode der Einschläferung empfiehlt sich auch zur Anwendung bei Blinden, da hier eine Beeinflussung des Gesichtssinnes zum Zwecke der Herbeiführung des Schlafes nur selten möglich ist. Versagt die Methode aus irgend einem Grunde (besonders bei Hysterischen und Hypernervösen ist dies nicht ausgeschlossen), dann verstopfe das eine Ohr des zu Hypnotisierenden mit Watte und halte an das andere freie Ohr eine nicht zu stark tickende Taschenuhr. Vorher suggeriere, daß das eintönige Ticken der Uhr starke Müdigkeit und schließlich Schlaf hervorrufen werde. Auch mehrmalige Wiederholung einer eintönigen Melodie (Klavier oder Spieluhr) begünstigt den Eintritt des Schlafes sowohl bei blinden als bei sehenden Patienten.

Von Indien aus wird über eine niemals versagende neue Methode der Einschläferung berichtet, die auch in England bereits vielfach mit Erfolg angewendet worden ist. Der Hypnotiseur nimmt hinter den zu Hypnotisierenden Platz und legt seine Handflächen auf die entblößten Schultern des zu Hypnotisierenden so, daß seine Zeigefinger die Halsseiten berühren, während die beiden Daumen sich im Nacken des Einzuschläfernden treffen. Nunmehr wird dem Medium empfohlen, ruhig und tief zu atmen. Der Hypnotiseur übt währenddessen einen sanften, immer mehr zunehmenden Druck auf die Halsseiten aus. Nach etwa 2–4 Minuten ist Tiefschlaf eingetreten, die Hände werden entfernt und nunmehr ruhig aber energisch eine kurze Suggestion erteilt: am besten wohl diejenige, daß nunmehr der Schlaf auch ohne diese Manipulation aus bloßen Befehl hin eintreten werde. – Der Hypnotiseur muß, obwohl hinter dem Schläfer stehend, dessen Atemzüge und Gesicht scharf beobachten, damit der rechte Augenblick – der Moment des Augenschlusses – zur Erteilung der Suggestion nicht verpaßt wird. – Diese Methode erweist sich selbst bei Personen wirksam, die auf andere Weise nicht hypnotisierbar sind. (Abb. 5.)


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