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Nachwort

Es ist drei Jahre her, dass diese Erzählung des Böhmerwalddichters Josef Gangl, seine erste große Arbeit, an einem fremden Orte gefunden wurde, jede Kunde von ihr war verloren. Und das wirkt wie ein Gleichnis: ein deutscher Erzähler wird wieder entdeckt, dessen hohe Eigenart nur mit der Kunst seines Landsmannes Adalbert Stifter vergleichbar ist. Was Stifters Werk kennzeichnet, die geeinte Dreiheit von Natur, Mensch und Gott, offenbart sich, doch bewegter, geballter und persönlicher, bei Gangl. Dabei darf er nicht als Schüler angesehen werden; er hat in keines Meisters Werkstatt je gelernt, sondern ist selbstgewordener wahrer Volksdichter, dessen Geschichten, große und kleine, in den unverlierbaren Besitz der Nation übergehen. Ich zögere nicht zu sagen, dass seine kleinen Geschichten aus der Welt der Bergbauern nicht ihres gleichen haben im erzählenden deutschen Schrifttum, zumal nach der seelischen Seite hin. Der Raum, worin er mit seinen Gestalten lebt - denn immer verrät er irgendwie sich selbst -, ist die Armut, aber wie keiner hat er diesen Raum mit Helle und Wärme verklärt. Dieser Bergbauern Armut wächst ins Große: sie wird Treue zum deutschen Boden, sie hält ihn gegen den andringenden Fremden oder Großgrundbesitzer. Anderswo hat Gangl gesagt: »Ich bin ein doppelter Deutscher. Ich bin nämlich ein Deutschböhme. Und die Deutschböhmen sind doppelte Deutsche. Erstens, weil sie Deutsche sind, und zweitens, weil sie Deutsche sein müssen. Vielleicht verstehen das nur diejenigen so recht; welche einmal in Deutschland gelebt haben.« Lässt sich das Wort nicht als Leitgedanke über die vorliegende Erzählung setzen? Geschrieben ist sie wahrscheinlich kurz vor 1896, denn zu dem Jahr führt die Spur ihres Daseins, und das macht sie der Gegenwart besonders wertvoll. Wie erhaben steht er vor uns, der Spross eines jahrhundertealten handfesten Bauerngeschlechtes, mit der selbstverständlichen Reinheit auf der jugendlichen Stirne! Kein Ruf des Hasses zum Kampfe - es ist opferfrohe Liebe, die den deutschen Stamm auf seinem Boden rettet, indem sie den eigenen großen Hof umsonst aufteilt und die sauren Ersparnisse herschenkt. Die Erzählung entstand - man male es sich aus! -, während der Sechsundzwanzigjährige die Tage bei schwerer Feldarbeit, die Nächte todmüd beim Schankgeschäfte lebte.

Josef Gangl wurde am 25. August 1868, in Stifters Todesjahr, zu Deutsch-Beneschau geboren, der Sohn des Bauernwirtes »Zur goldenen Kugel«, und starb am 6. September 1916 zu Wien, wo er nach Verlust des verschuldeten Hofes sein Brot als Schauspieler und Schriftsteller suchte, aufgerieben von der Not, doch unentwegt an die Macht der Güte glaubend: »In der Güte liegt die größte Bekehrungskraft, und deshalb werden die Gütigen die Welt beherrschen.« Die Stadt Wien hat eine Gasse nach seinem Namen benannt. Das Sterbehaus Pachmanngasse 2 trägt eine Denktafel, geschaffen von Bildhauer Franz Sautner.


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