Friedrich der Große
Geschichte meiner Zeit
Friedrich der Große

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Der Zweite Schlesische Krieg

Manifest gegen Österreich (August 1744)

Da der König die Wirren nicht mehr mit ansehen konnte, die das Reich zerreißen, seine Grundlagen erschüttern und die Macht des Kaisers zu vernichten drohen, hat er sich als Reichsfürst gezwungen gesehen, für die Sache des Vaterlandes einzutreten und die ihm von Gott verliehene Macht zur Wiederherstellung von Frieden, Ordnung und Freiheit in Deutschland zu benutzen. Seine Majestät hat alles versucht, um einen gütlichen Vergleich herbeizuführen, und alles vermieden, was ihn durch die natürliche Verkettung der Dinge zu Feindseligkeiten veranlassen mußte. Sein Gesandter in Wien, Graf Dohna, hat alle möglichen Vorstellungen gemacht, um den Wiener Hof zu friedlichen Gesinnungen zu bekehren. Wie oft hat er ihm nicht vorgeschlagen, den Kaiser zum Abschluß eines billigen Vergleichs zu bewegen, zumal der große und edelmütige Fürst bereit war, den größten Teil seiner Ansprüche auf das österreichische Erbe aufzugeben, um seinem Vaterlande die Ruhe und den Frieden zu erhalten. Aber der Wiener Hof hat in seiner hochmütigen Rachsucht nie darein gewilligt. Er wollte von Frieden nichts wissen, vielmehr wünschte er den Kriegsbrand über ganz Europa zu verbreiten, um das Gleichgewicht der Mächte zu zerstören, die sich seinen ehrgeizigen Plänen widersetzten, und sie und ihre Bundesgenossen völlig seinem Willen zu unterwerfen. Welche Anstrengungen hat der König nicht auch durch seine Gesandten beim König von England gemacht, als dieser in seinem Lager bei Worms war, um zu verhindern, daß er sein Vaterland zerrisse und ohne Scheu unsere Verfassung zerstöre! Um die Republik Holland zu Übernahme der Friedensvermittlung zu bewegen, hat der König sogar die Reichsfürsten vermocht, sich daran zu beteiligen. Aber sei es, daß die Generalstaaten, die die Halsstarrigkeit des Wiener Hofes und die Hinterabsichten seiner Alliierten nur zu gut kennen, sich nicht getraut haben, diese Vermittlung zu übernehmen, sei es, daß ihre republikanische Verfassung den raschen Entschlüssen hinderlich war, die bei dergleichen Verhandlungen nötig sind: die Generalstaaten lehnten das Anerbieten ab.

Ein preußischer Dragoner hält vor den bei Hohenfriedberg erbeuteten Fahnen und Kanonen, den Trophäen des Sieges.

Nachdem also Seine Majestät umsonst so vieles versucht hat, um dem Reiche Ordnung und Frieden wiederzugeben, sieht er sich durch das Bündnis der kurfürstlichen Häuser vom Jahre 1744, sowie in seiner Eigenschaft als einer der vornehmsten Reichsstände gezwungen, das Reich vor dem völligen Untergang zu retten. Zu diesem Zweck stellt er dem Kaiser eine große Zahl seiner Truppen als Hilfskontingent, um mit ihnen die Königin von Ungarn zu bekriegen, seine unversöhnliche Feindin, die in ihrem hochmütigen Stolz und Ehrgeiz auf weiter nichts sinnt, als ganz Deutschland unter ihr hartes Joch zu beugen.

Hohenfriedberg

Nunmehr, gegen Ende April 1745, war es Zeit, die Armee zusammenzuziehen. Sie bezog Kantonnementsquartiere zwischen Patschkau und Frankenstein. Man stellte Wege für vier Kolonnen her in der Richtung auf Jägerndorf, Glatz und Schweidnitz. Hier mußte der Feind aus dem Gebirge heraustreten. Die von den Österreichern angelegten Magazine und die Orte, wo ihre regulären Truppen sich zu versammeln begannen, verrieten ihre Absichten deutlich. Man merkte, daß die Insurrektionstruppen und die Ungarn in Oberschlesien nur dazu bestimmt waren, die Preußen irrezuführen und sie dorthin zu locken, indes die österreichische Hauptarmee unter dem Prinzen Karl von Lothringen über Landeshut in Schlesien eindringen sollte. Der Plan war an sich nicht übel, scheiterte aber bei der Ausführung. Teilten die Preußen ihre Kräfte, um dem Feinde allerorten die Stirn zu bieten, so waren sie zu schwach, um einen entscheidenden Schlag gegen die Armee des Prinzen von Lothringen zu führen. Blieben sie aber beisammen, so konnten die vielen leichten Truppen, die nirgends Widerstand gefunden hätten, ihnen die Lebensmittel abschneiden und sie schließlich aushungern. Das sicherste war also, seine Hauptmacht zusammenzuhalten, zugleich aber die Entscheidung durch einen großen Schlag herbeizuführen.

Es galt, die Feinde in Sicherheit zu wiegen. Ihr Dünkel sollte sie bei ihrer Unternehmung zur Nachlässigkeit verleiten. Zu dem Zwecke benutzte der König einen Mann aus Schönberg, der beiden Heeren als Spion diente. Er ließ ihn reichlich bezahlen und sagte ihm, er könne ihm keinen größeren Dienst erweisen als durch rechtzeitige Benachrichtigung vom Marsche des Prinzen von Lothringen, damit er selbst sich auf Breslau zurückziehen könnte, noch ehe die Österreicher aus den Gebirgspässen herausgetreten seien. Um den Spion noch mehr in seinem Irrtum zu bestärken, ließ der König Wege nach Breslau ausbessern. Der Spion versprach alles, erfuhr von der Instandsetzung der Wege und eilte zum Prinzen von Lothringen mit der Meldung, daß der Feind fortzöge und daß er niemand mehr vorfinden würde.

Die Aufmerksamkeit des Königs war jetzt in erster Linie auf Landeshut gerichtet. Dorthin detachierte er Winterfeldt mit einigen Bataillonen und den Husarenregimentern Ruesch und Bronikowski, um die Bewegungen der Österreicher zu beobachten. Am 27. Mai wurde das Heer im Lager bei Frankenstein zusammengezogen.

Unsicher war die Lage des Königs noch immer. Die Politik war voller Abgründe. Der Krieg hing von Zufällen ab, und die Finanzen waren fast gänzlich erschöpft. Unter solchen Verhältnissen muß man alle Kraft zusammennehmen und den ringsum dräuenden Gefahren fest ins Auge schauen. Man darf sich nicht durch die Schattenbilder der Zukunft beunruhigen lassen und muß auf alle nur mögliche und denkbare Weise dem Verderben zuvorkommen, solange es noch Zeit ist. Vor allem aber darf man nicht von den Grundsätzen abweichen, auf die man sein politisches und militärisches System gebaut hat.

Der Feldzugsplan des Königs stand fest. Um jedoch nichts unversucht zu lassen, wandte er sich zuvor an seine Verbündeten. Durch nachdrücklich geführte Unterhandlungen suchte er Hilfe von ihnen zu erlangen. Nur von Frankreich war etwas zu erwarten. Der König ließ dem Versailler Hofe die Unmöglichkeit vorstellen, einen Krieg noch lange auszuhalten, dessen ganze Last allein auf seinen Schultern lag. Er forderte ihn auf, sein Bündnis buchstäblich zu erfüllen, und da der Feind sich zu einem Einfall in seine Staaten rüstete, so drängte er Ludwig XV., ihm die für den Fall versprochenen Subsidien zu zahlen oder ihm durch eine wirkliche Diversion Luft zu schaffen. Auf das französische Ministerium schienen seine Vorstellungen wenig Eindruck zu machen. Es behandelte sie als Lappalien und sah die Schlacht von Fontenoy und die Eroberung einiger fester Plätze in Flandern als eine beträchtliche Diversion an. Nun wandte sich der König persönlich an Ludwig XV. und beschwerte sich über die kühle Haltung des Versailler Ministeriums. Er betonte, in welch mißlicher und bedrängter Lage er sich befände, und daß nur die Freundschaft für Seine Allerchristlichste Majestät ihn in diese Not gebracht hätte. Er hielt dem König von Frankreich vor, daß er ihm einige Gegendienste für den Beistand schulde, den er ihm zu einer Zeit geleistet hätte, wo das Glück sich im Elsaß den Österreichern zuwandte. Die Schlacht von Fontenoy und die Einnahme von Tournai wären gewiß glorreiche Ereignisse für des Königs Person und für Frankreichs Vorteil, aber für Preußens unmittelbares Interesse bedeuteten sie nicht mehr als ein Sieg am Skamander oder die Eroberung von Peking. Zudem, fuhr der König in seinem Briefe fort, hielten die Franzosen in Flandern kaum 6000 Österreicher in Schach, und er könne sich in der augenblicklichen Gefahr nicht mit schönen Worten zufrieden geben, sondern müsse dringend um wirkliche Hilfe bitten. Der Vergleich mit dem Skamander und Peking mißfiel Seiner Allerchristlichsten Majestät. Die Verstimmung war zwischen den Zeilen des Antwortschreibens zu lösen, und der König von Preußen fühlte sich wiederum durch den kalten und hochmütigen Ton dieser Antwort gekränkt.

Während diese kleinen Zwistigkeiten dem unter Verbündeten nötigen Einvernehmen schadeten, begannen die Österreicher ihre Operationen im Felde. Das österreichische Heer, aus den Truppen der Königin und aus den Sachsen bestehend, rückte allmählich an die schlesische Grenze. Die Österreicher kamen von Königgrätz und aus der Gegend von Jaromircz, die Sachsen von Jung-Bunzlau und Königinhof. Sie vereinigten sich bei Trautenau, von wo sie auf Schatzlar vorrückten. Unterwegs konnten sie sich nicht aufhalten. Alle ihre Bewegungen waren also fast auf Tag und Stunde zu berechnen. Es war daher an der Zeit, General Winterfeldt in Landeshut die nötigen Befehle zu erteilen. Er sollte beim Nahen des Feindes auf das Du Moulinsche Korps zurückgehen und gemeinsam mit ihm den Rückzug bis Schweidnitz fortsetzen. Dabei sollten sie möglichst geschickt die Nachricht aussprengen, daß die Preußen im Begriff ständen, den Fuß des Gebirges zu verlassen und unter den Kanonen von Breslau Schutz zu suchen.

Der doppelte Spion, von dem schon die Rede war, griff diese Gerüchte begierig auf und brachte dem Prinzen von Lothringen flugs die Bestätigung vom Rückzug der Preußen, den er ihm vor einiger Zeit gemeldet hatte. List nutzt im Kriege oft mehr als Kraft. Freilich darf man sie nicht zu häufig anwenden, sonst verliert sie ihren Wert. Man soll sie für wichtige Gelegenheiten aufsparen. Wenn die falschen Nachrichten, die man dem Feinde zukommen läßt, seinen Leidenschaften schmeicheln, so ist man fast sicher, ihn in die Falle zu locken. Da Winterfeldt und Du Moulin dem Feinde um einen Tagemarsch voraus waren, so gelangten sie nach Schweidnitz, ohne daß ihnen das geringste zustieß.

Die Armee des Königs verließ Frankenstein und bezog am 30. Mai ein Lager bei Reichenbach. Von da hatte sie nur noch einen kleinen Marsch bis Schweidnitz, das sie am 1. Juni passierte. Das Winterfeldtsche und das Du Moulinsche Korps marschierten als Avantgarde und nahmen die Anhöhen von Striegau diesseits des Striegauer Wassers ein. General Nassau besetzte mit seinem Korps den Nonnenbusch, und die Armee lagerte in der Ebene zwischen Alt-Jauernick und Schweidnitz. Derart war der zwei Meilen breite Raum zwischen Striegau und Schweidnitz von einer fast ununterbrochenen Linie preußischer Truppen besetzt. Die Stellung des Königs war höchst vorteilhaft.

General Wallis, der Führer der feindlichen Avantgarde, und Nadasdy erschienen zuerst auf den Anhöhen von Freyburg. Der Prinz von Lothringen war über Landeshut in Schlesien eingedrungen. Von dort hatte er seinen Marsch über Reichenau und Hohen-Helmsdorf fortgesetzt. Von seinem Lager konnte er auf vier Wegen in die Ebene herabsteigen: über Freyburg, Hohenfriedberg, Schweinhaus und Kauder. Der König rekognoszierte das ganze Gebiet, um über das Gelände für die Aufstellung seiner Armee im voraus Bescheid zu wissen. Drei Tage lang wurden die Wege ausgebessert. Kein Hindernis sollte die Preußen aufhalten, dem Feinde entgegenzueilen, sobald er in die Ebene herabkam. Damit benahm man dem Zufall alles, was Voraussicht ihm zu entreißen vermag.

Am 2. Juni hielten die österreichischen und sächsischen Generale Kriegsrat auf dem Galgenberg bei Hohenfriedberg. Sie konnten von dort zwar die ganze Ebene überschauen, überblickten aber nur kleine Abteilungen des preußischen Heeres; denn die Hauptmacht war durch den Nonnenbusch und durch Schluchten verdeckt, hinter denen sie absichtlich aufgestellt war, um den Feind in Unkenntnis über die Zahl der Preußen zu halten und ihn in dem Glauben zu bestärken, daß er in ein unverteidigtes Land käme. Der Prinz von Lothringen lagerte am folgenden Tage bei dem Dorfe Ölse und gab Wenzel Wallis Befehl, mit seinem Vortrab das Magazin zu Schweidnitz fortzunehmen. Von da sollte er die Preußen bis nach Breslau verfolgen. Der Herzog von Weißenfels erhielt den Auftrag, mit seinen Sachsen Striegau zu nehmen und dann Glogau zu belagern. Der Prinz von Lothringen hatte bei seinem Plane nur vergessen, daß er ein Heer von 70 000 Mann vor sich hatte, das fest entschlossen war, jeden Fußbreit Landes bis aufs äußerste zu verteidigen. Derart kreuzten sich die Pläne der Österreicher und der Preußen wie entgegenstehende Winde, die Wolken zusammentreiben, deren Zusammenprall Blitz und Donner erzeugt.

Der König besichtigte täglich seine Vorposten. Am 3. war er auf einer Höhe vor Du Moulins Lager. Von dort konnte er das ganze Blachfeld, die Anhöhen von Fürstenstein und sogar einen Teil des österreichischen Lagers bei Reichenau überschauen. Er hatte sich ziemlich lange auf der Anhöhe aufgehalten, als er in den Bergen eine aufsteigende Staubwolke erblickte, die in die Ebene vorrückte und sich von Kauder nach Rohnstock hinschlängelte. Dann sank der Staub und man sah deutlich das österreichische Heer, das in acht großen Kolonnen aus dem Gebirge herausgetreten war. Der rechte Flügel lehnte sich an das Striegauer Wasser und zog sich von dort gegen Rohnstock und Hausdorf. Am linken Flügel standen die Sachsen bis Pilgramshain hin. Sofort erhielt Du Moulin Befehl, das Lager um 8 Uhr abends abzubrechen, über das Striegauer Wasser zu gehen und sich auf einem vor der Stadt liegenden Felsen zu postieren. Dort befindet sich ein Topasbruch, der dem Berge den Namen gegeben hat. Die Armee setzte sich um 8 Uhr abends in Bewegung und marschierte unter größter Stille nach rechts in zwei Treffen ab. Selbst das Rauchen war verboten. Die Spitze traf um Mitternacht bei den Striegauer Brücken ein. Dort wurde gewartet, bis alle Korps beisammen waren.

Skizze

Am 4. Juni um 2 Uhr früh versammelte der König die höchsten Offiziere, um ihnen die Dispositionen für die Schlacht zu geben. Wir würden sie hier übergehen, wäre nicht alles, was mit einer Entscheidungsschlacht zusammenhängt, wichtig. Die Anordnung lautete, wie folgt:

»Die Armee marschiert unverzüglich rechts in zwei Treffen ab und geht über das Striegauer Wasser. Die Kavallerie stellt sich in Schlachtordnung dem linken feindlichen Flügel gegenüber, nach Pilgramshain zu. Du Moulin deckt ihren rechten Flügel. Der rechte Infanterieflügel stellt sich neben den linken Kavallerieflügel, den Rohnstocker Büschen gegenüber auf. Die Kavallerie des linken Flügels lehnt sich an das Striegauer Wasser und behält die Stadt Striegau weit im Rücken. Zehn Dragoner- und zwanzig Husarenschwadronen stellen sich als Reserve hinter die Mitte des zweiten Treffens und halten sich zur Verwendung bereit. Hinter jedem Kavallerieflügel steht ein Husarenregiment als drittes Treffen, um bei offenem Gelände den Rücken und die Flanke der Kavallerie zu decken oder zur Verfolgung vorzugehen. Die Kavallerie greift den Feind mit der blanken Waffe ungestüm an, macht während des Gefechts keine Gefangenen und richtet ihre Hiebe nach dem Gesicht. Nachdem sie die feindliche Kavallerie attackiert, geworfen und zerstreut hat, kehrt sie um und fällt der feindlichen Infanterie in die Flanke oder in den Rücken, je nach der Gelegenheit. Die Infanterie rückt im Geschwindschritt gegen den Feind an. Wenn irgend möglich, geht sie mit dem Bajonett vor. Muß gefeuert werden, dann nur auf 150 Schritt. Finden die Generale auf den Flügeln oder vor der Front des Feindes ein Dorf unbesetzt, so nehmen sie es, umstellen es mit Infanterie und benutzen es nach Möglichkeit zur Umfassung der feindlichen Flanke. Es dürfen aber keine Truppen in die Häuser oder Gärten gelegt werden, damit nichts die Verfolgung des geschlagenen Gegners hindert.«

Sobald jeder wieder auf seinem Posten war, setzte sich die Armee in Marsch. Kaum war die Spitze über den Bach, als Du Moulin Meldung sandte, er habe feindliche Infanterie auf einer Anhöhe vor sich erblickt und seine Stellung geändert. Er sei rechts abgebogen und hätte sich auf einer gegenüberliegenden Anhöhe formiert, wodurch er sogar den linken Flügel des Feindes überflügele. Du Moulin war auf die Sachsen gestoßen. Sie hatten Befehl, Striegau zu besetzen, und waren nun sehr erstaunt, Preußen vor sich zu finden. Der König ließ schleunigst eine Batterie von sechs Vierundzwanzigpfündern auf dem Topasberge auffahren. Sie war in der Schlacht von erheblichem Nutzen, da sie große Verwirrung unter den Feinden anrichtete.

Die ganze sächsische Armee eilte zur Unterstützung ihrer Avantgarde heran, die zur Einnahme von Striegau Befehl hatte. Nun donnerten ihr die preußischen Geschütze ganz unerwartet entgegen. Zugleich formierte sich die Kavallerie des rechten preußischen Flügels unter der Batterie. Die Gardesdukorps marschierten neben Du Moulin auf, und die linke Flanke des Flügels stieß an die Rohnstocker Büsche. Zweimal attackierten die Preußen die sächsische Reiterei, dann flüchtete diese in wildem Getümmel. Nun hieben die Gardesdukorps die beiden Infanteriebataillone nieder, auf die Du Moulin bei Beginn der Schlacht gestoßen war. Darauf griffen die preußischen Grenadiere und das Regiment Anhalt die sächsische Infanterie in den Büschen an, wo sie sich zu entwickeln begann, vertrieben sie daraus und verjagten sie auch von einem Damme, wo sie sich wieder sammeln wollte. Von da setzten sie durch einen Teich und gingen gegen das zweite Treffen der Sachsen vor, das auf sumpfigem Boden stand. Der Kampf war noch blutiger als der erste, aber ebenso rasch beendigt. Die Sachsen mußten sich auch hier zur Flucht wenden.

Die sächsischen Generale brachten einige Bataillone wieder zum Stehen und stellten sie auf einer Anhöhe hakenförmig auf, um ihren Rückzug zu decken. Aber die schon siegreiche preußische Reiterei des rechten Flügels tauchte in ihrer Flanke auf, während die preußische Infanterie aus dem Gehölz heraustrat und zum Angriff vorging. Kalckstein stieß noch mit Truppen aus dem zweiten Treffen dazu, das die Sachsen bedeutend überflügelte. Als diese ihre verzweifelte Lage erkannten, warteten sie den Angriff nicht ab, sondern ergriffen schimpflich die Flucht. So wurden sie völlig geschlagen, noch ehe der linke preußische Flügel ganz aufmarschiert war. Es verging noch eine gute Viertelstunde, bevor der linke Flügel mit den Österreichern handgemein wurde.

Der Prinz von Lothringen hatte in seinem Hauptquartier zu Hausdorf die Meldung erhalten, daß man Gewehr- und Geschützfeuer vernähme. Er glaubte schlecht und recht, die Sachsen griffen Striegau an, und legte der Meldung keinen Wert bei. Schließlich meldete man ihm, die Sachsen wären auf der Flucht und das ganze Blachfeld wimmelte von ihnen. Nun kleidete er sich schleunigst an und gab den Befehl zum Vormarsch. Die Österreicher rückten mit gemessenen Schritten in die Ebene zwischen dem Striegauer Wasser und den Rohnstocker Büschen, die von zahlreichen Grenzgräben zwischen den Bauerngütern durchschnitten wird. Sobald Markgraf Karl und der Prinz von Preußen dem Feinde nahe genug waren, griffen sie ihn so heftig an, daß er zurückwich. Die österreichischen Grenadiere benutzten die genannten Gräben sehr geschickt und hätten ihren Rückzug in guter Ordnung vollzogen, wäre das Regiment Garde nicht zweimal mit gefälltem Bajonett auf sie eingedrungen. Die Regimenter Hacke, Bevern und alle, die im Feuer standen, zeichneten sich durch Tapferkeit aus. Als der Feind vor dem rechten Flügel vertrieben war, ließ der König eine Viertelschwenkung machen, um die Österreicher in der linken Flanke und im Rücken zu fassen. Der rechte Flügel strich durch die Rohnstocker Büsche und Teiche, und als er sie hinter sich hatte und den Feind angriff, hatte der linke preußische Flügel schon beträchtliches Gelände gewonnen.

Die Kavallerie des linken Flügels hatte einen Unfall erlitten. Kaum war Kyau mit seinen zehn Schwadronen über die Brücke des Striegauer Wassers gegangen, als die Brücke einbrach. Kyau entschloß sich zum Angriff auf die feindliche Kavallerie. General Zieten stieß mit der Reserve zu ihm, warf alles, was ihm Widerstand leistete, vor sich nieder und verschaffte Nassau, der den linken Flügel kommandierte, Zeit, den Bach zu durchwaten. Kaum hatte Nassau seinen Flügel in Reih und Glied gestellt, so griff er die ganze feindliche Reiterei, die er vor sich fand, an und schlug sie in die Flucht. General Polentz trug viel zum Erfolge bei. Er hatte sich mit seiner Infanterie in das Dorf Fehebeutel geschlichen, von wo er die österreichische Kavallerie in der Flanke beschoß und sie durch mehrere Salven erschütterte, so dass sie leichter geschlagen wurde. Geßler, der das zweite Treffen befehligte, sah, daß es hier keine Lorbeeren zu pflücken gab. Er wandte sich zur preußischen Infanterie, und als er die Österreicher in Unordnung sah, ließ er die Infanterie auseinandertreten, ging durch sie hindurch, formierte sich in drei Kolonnen und stürzte sich mit unerhörtem Ungestüm auf den Feind. Die Bayreuther Dragoner hieben einen großen Teil nieder und nahmen einundzwanzig Bataillone von den Regimentern Marschall, Grünne, Thüngen, Daun, Kolowrat, Wurmbrand und einem anderen Regiment, dessen Name mir entfallen ist, gefangen. Trotzdem viele getötet wurden, betrug die Zahl der Gefangenen doch 4000 Mann, dazu 66 Fahnen. General Schwerin und eine Unmenge von Offizieren, die wir wegen ihrer großen Anzahl nicht aufführen können, erwarben sich hier unsterblichen Ruhm.

Diese Heldentat geschah zur selben Zeit, wo der rechte preußische Flügel dem Prinzen von Lothringen in die Flanke fiel. Damit erreichte die Verwirrung der Österreicher den Höhepunkt. Alles lief auseinander und flüchtete in größter Unordnung nach dem Gebirge. Die Sachsen zogen sich über Bohrau-Seifersdorf zurück. Das Zentrum der Österreicher rettete sich über Kauder und ihr Flügel über Hohenfriedberg, wo zu ihrem Glück Nadasdy und Wallis eingetroffen waren, die den Rückzug deckten. Die Preußen verfolgten sie bis auf die Höhen von Kauder. Dort machten sie halt, um sich zu verschnaufen.

Die Preußen nahmen in der Schlacht insgesamt 4 Generale, 200 Offiziere und 7000 Gemeine gefangen. Ihre Siegestrophäen bestanden in 76 Fahnen, 7 Standarten, 8 Paar Pauken und 60 Kanonen. Das Schlachtfeld war mit Toten besät. Die Feinde verloren 4000 Mann, darunter mehrere höhere Offiziere. Der Verlust der Preußen an Toten und Verwundeten betrug kaum 1800 Mann. Mehrere Offiziere, die in der Schlacht fielen, erwarben sich Anspruch auf die Trauer des Vaterlandes. Unter ihnen befanden sich General Truchseß und die Obersten Massow, Kahlbutz und Düring.

Das war die dritte Entscheidungsschlacht um den Besitz von Schlesien, aber nicht die letzte. Wenn die Fürsten um Provinzen spielen, bilden die Untertanen den Einsatz. Durch List wurde die Schlacht vorbereitet, aber durch Tapferkeit gewonnen. Wäre der Prinz von Lothringen durch seine selbst getäuschten Spione nicht irregeführt worden, so wäre er niemals so plump in die Falle gegangen. Das bestätigt wieder die alte Lehre, daß man nie von den Grundsätzen der Kriegskunst abweichen und nie die Vorsicht außer acht lassen soll. Ihre peinliche Beobachtung sichert allein den Erfolg. Selbst wenn alles dem Plan eines Heerführers Erfolg verspricht, ist es immer das sicherste, seinen Feind nie so weit zu unterschätzen, daß man ihn für unfähig zum Widerstände hält. Der Zufall behauptet stets sein Recht.

Selbst in dieser Schlacht wäre ein Mißverständnis für die Preußen beinahe verhängnisvoll geworden. Im Anfang zog der König 10 Bataillone des zweiten Treffens unter Kalcksteins Befehl zur Verstärkung Du Moulins vor und schickte einen seiner Adjutanten an den Markgrafen Karl mit dem Auftrage, den Befehl über das zweite Treffen während Kalcksteins Abwesenheit zu übernehmen. Der einfältige Offizier meldete dem Markgrafen aber, er solle das zweite Treffen mit seiner Brigade, die am äußersten Ende des linken Flügels stand, verstärken. Der König bemerkte das Versehen noch beizeiten und machte es schleunigst wieder gut. Hätte der Prinz von Lothringen die falsche Bewegung benutzt, so hätte er den linken Flügel der Preußen, der noch nicht an das Striegauer Wasser angelehnt war, in der Flanke fassen können.

So hängt das Schicksal ganzer Staaten und der Feldherrnruhm oft an Kleinigkeiten, und ein einziger Augenblick entscheidet den Erfolg. Aber man muß gestehen, bei der Tapferkeit der Truppen, die bei Hohenfriedberg fochten, lief der Staat keine Gefahr. Kein Korps wurde zurückgeworfen. Von 64 Bataillonen kamen nur 27 ins Feuer und trugen den Sieg davon. Die Welt ruht nicht sicherer auf den Schultern des Atlas, als Preußen auf einer solchen Armee.

Rückblick

So endigte der Zweite Schlesische Krieg, der im ganzen sechzehn Monate gewährt hatte. Er war von beiden Seiten mit äußerster Leidenschaft und Erbitterung geführt worden. Die Sachsen hatten dabei ihren ganzen Haß gegen Preußen und ihren Neid über die Vergrößerung des Nachbarstaates offen gezeigt. Die Österreicher fochten um die Kaiserkrone und um ihr Übergewicht im Reiche. Die Russen wollten sich einmischen, um Einfluß auf die deutschen Angelegenheiten zu erlangen. Frankreich sollte sich an dem Kriege beteiligen, tat es aber nicht. Preußen sah sich drohenden Gefahren ausgesetzt und bestand sie durch die Mannszucht und den Heldenmut seiner Truppen. Der Krieg führte keine der großen Umwälzungen herbei, die das Antlitz Europas verändern. Er verhinderte sie vielmehr, indem er den Prinzen von Lothringen zwang, das Elsaß zu verlassen. Der Tod Karls VII. gehörte zu den nicht vorauszusehenden Ereignissen. Dadurch scheiterte der Plan, die Kaiserwürde dem neuen Hause Österreich für immer zu entreißen. Schätzt man die Dinge nach ihrem wirklichen Wert ein, so ist zuzugeben, daß der Krieg ein in mancher Hinsicht sehr unnützes Blutvergießen war, und daß Preußen durch eine Kette von Siegen weiter nichts erreichte, als die Bestätigung des Besitzes von Schlesien.

Betrachten wir den Krieg aber nur im Hinblick auf Gewinn und Verlust der kriegführenden Mächte, so finden wir, daß er den Preußen acht Millionen Taler kostete. Bei der Unterzeichnung des Friedens waren nur 15 000 Taler zur Fortsetzung des Krieges vorhanden. Die Preußen nahmen ihren Feinden in beiden Feldzügen 45 664 Gefangene ab; die Österreicher machten insgesamt 4400 Gefangene, noch nicht ein Zehntel von dem, was sie selbst verloren hatten. Die Königin von Ungarn mußte ihren ganzen Kredit aufbieten, um sich Mittel zur Fortsetzung des Krieges zu verschaffen. Die Engländer zahlten ihr zwar Subsidien, aber das war kein hinreichender Ersatz für das, was die Operationen ihrer Heere in Flandern, am Rhein, in Italien, in Böhmen und in Sachsen verschlangen. Dem König von Polen kostete der Krieg über fünf Millionen Taler. Er bezahlte seine Schulden in Papiergeld und machte noch neue dazu; denn Brühl verstand sich auf die Kunst, seinen Herrn methodisch bankrott zu machen. Der König von Preußen wandte seine ganze Sorgfalt auf die Wiederherstellung seiner Armee und ergänzte sie größtenteils aus österreichischen und sächsischen Gefangenen, unter denen er die Auswahl hatte. Derart wurden seine Truppen auf Kosten des Auslandes wieder komplettiert. Das Land trug selbst zum Ersatz der Verluste in so vielen blutigen Schlachten nur 7000 Mann bei.

Seit die Kriegskunst in Europa sich vervollkommnet hat und die Politik ein gewisses Gleichgewicht unter den Mächten zu schaffen versteht, haben die größten Unternehmungen nur selten den erwarteten Erfolg. Bei gleichen Kräften auf beiden Seiten und bei wechselnden Verlusten und Erfolgen stehen sich die Gegner auch am Ende des erbittertsten Krieges fast in gleichem Machtverhältnis gegenüber wie vorher. Die Erschöpfung der Finanzen führt endlich den Frieden herbei, der das Werk der Menschenliebe und nicht der Notwendigkeit sein sollte. Kurz, wenn Ansehen und Ruhm der Heere so großer Anstrengungen und Opfer wert sind, so hat Preußen das erreicht und ist für den Zweiten Schlesischen Krieg belohnt worden. Aber das war auch alles, und selbst dieser ideelle Gewinn erweckte noch Neid.


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