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Die Frauen Polynesiens.

Ungleich Mikronesien besteht Polynesien, die große, weiter südöstlich gelegene Inselwelt, zum größeren Teil aus hohen, häufig vulkanischen Inseln, obschon auch hier zahlreiche niedere und Koralleneilande gruppiert sind. Überall wuchert ein äußerst üppiges tropisches Pflanzenleben. Die Hitze des Klimas wird durch erfrischende Brisen täglich gemildert. Polynesien wird von einem der liebenswürdigsten Völker der Menschheit bewohnt. Zieht man die Schönheit der Natur und die Bevölkerung in Betracht, so wird man den vielen Reisenden Glauben schenken, die hier das Paradies auf Erden gefunden zu haben behaupten, dessen Zauber manchen bis an das Ende seiner Tage gebannt hielt.

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Abb. 50. Samoanerin.

Die Hautfarbe der Polynesier ist dunkelbraun bis schwarz; doch sind sie im allgemeinen etwas heller als die Mikronesier. Von Gestalt schlank, wohlgebaut, zierlich gegliedert, die Frauen infolge von Trägheit und Wohlleben beträchtlich zur Korpulenz neigend, von durchweg angenehmen Zügen, präsentieren sie sich schon äußerlich als ein sympathischer Menschenschlag. Die Schädelform ist rundlich, die Stirn niedrig, aber gut geformt, der Gesichtswinkel öfters dem der Europäer gleichend, die Nase nicht selten abgeplattet, die lebhaften, mittelgroßen, horizontal liegenden Augen sind weit geöffnet und von lebendigem Ausdruck. Der Mund erscheint trotz dicker Lippen wohl geformt. Das Haar ist ziemlich feinsträhnig, wellig und neigt zur Lockung. Arme und Beine sind eher fettreich als muskulös. Das Frauenmaß beträgt 1,500-1,610 m.

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Abb. 51. Samoanerin. Echter polynesischer Typ.

Der schwebende Gang der Polynesierinnen, bei dem der Oberkörper eine sanft wiegende Bewegung annimmt, die »von den Hüften, in Sympathie mit den Schultern« ausgeht, ist oft bewundert worden. Die Schriftstellerin Mrs. Bishop (Isabella Bird) will eine Kanakin in jedem Teile der Welt an dieser Bewegung herauskennen.

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Abb. 52. Samoanerinnen. Frauen eines Häuptlings.

Die Stellung des Weibes ist überall, wenigstens im Vergleich mit andern Ozeanierinnen, eine geachtete, ganz besonders aber auf Samoa, Tonga und in Neuseeland. Kindesmord, früher allgemein geübt, hat fast ganz aufgehört. Im Schwinden sind auch das früher sehr beliebte Tätowieren, ebenso die alten Trachten aus Binsen und Matten. Immer mehr findet die europäische Kleidung Eingang. Polygamie herrscht, je nach dem Wirken der Missionare, hier weniger, da mehr. Die gewöhnliche Zahl der Weiber scheint zwei zu sein, nur Häuptlinge pflegen fünf bis sechs zu haben. Je mehr aber die Polygamie nachläßt, um so mehr nehmen die Scheidungen zu. Die Ursache ist in dem zeitigen Verblühen und Versagen der geschlechtlichen Funktionen zu suchen. (Indessen handelt es sich meist eher um Trennung als um Scheidung; besonders werden Frauen von Stand von ihren geschiedenen Gatten immer noch als ihre Ehefrauen angesehen.)

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Abb. 53. Samoanerin.

Diese bedauernswerten Zustände werden zweifellos gezeitigt durch das den jungen Mädchen zustehende zügellose Leben und dem schrankenlosen Verkehr mit Männern lange vor der Geschlechtsreife.

Ehebruch wird streng geahndet; die Frau wird in solchem Fall schlimm gezüchtigt, und zwischen den Nebenbuhlern pflegt ein Zweikampf zu entbrennen. Blutschande wird verabscheut, dagegen steht den Häuptlingen Vermählung mit nahen Verwandten zu.

Die Polynesierinnen sind sehr sauber; sie baden wenigstens einmal des Tags. Das häufige Baden, auf das stets ein Einölen des Körpers mir wohlriechenden Ölen und Shampoonieren folgt, ist die Ursache, daß die Haut der Insulanerinnen von einer samtenen Weichheit ist und einem Glanz, der an Satin erinnert. Es ist bemerkenswert, daß die Haut der Fidschimädchen, die kein Öl nach dem Baden gebrauchen, weit weniger sanft und geschmeidig ist. Um die heiße Mittagsstunde sind die kühlen Weiher unter schattigen Bäumen der Aufenthalt der jungen Mädchen; weithin verkündet schallendes Lachen ihr Vergnügen beim Baden.

Geselliger Verkehr und heiteres Spiel scheint ihre höchste Lust zu sein, doch gewinnt man allenthalben den Eindruck, als ob die Frauen und alle sozialen Einrichtungen nur zur Unterhaltung der Männer da wären. Fügen wir hinzu, daß auch in dieser Inselwelt die Zahl der Frauen bedeutend hinter der Zahl der Männer zurückbleibt, und betrachten wir nun die Volksstämme der verschiedenen Gruppen.

 

Die Tonganerin

Die Frauen des Tonga-Archipels sind mittelgroß, aber gut gebaut und zuweilen von sehr angenehmen Zügen. Ihre Hautfarbe ist ein helles Kastanienbraun; die schwarzen Augen sind lebhaft und schön. Die Nase ist adlerartig, doch vorn etwas platt, der Mund normal, das Haar schwarz und oft kraus gelockt. Sie sind nicht so anziehend und schön wie die Samoanerinnen, aber sittlicher als diese. Sowohl in ihrem Äußeren wie in ihrem ganzen Wesen erscheinen sie sehr viel ernster. Ein Reisender erzählt von ihren herrlichen Büsten und den Gestalten, die beim Gehen zu schweben scheinen. Der Gang der Frauen ist noch schöner als der der Männer, und selbst alte Weiber werden auf den Tonga-Inseln nicht zu zusammengefallenen Vogelscheuchen, wie auf der melanesischen Gruppe, sondern halten sich aufrecht und würdevoll.

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Abb. 54. Samoanerinnen, phantastisch kostümiert.

Die Samoanerin.

In ihrer üppigen Schlankheit, ausgestreckt am Boden, auf einen Arm sich stützend, ruht eine schöne jugendliche, von vollendetem Ebenmaß gebaute Frau. Von einem sanften Hellbraun ist die Farbe ihrer sammetweichen, glänzenden Haut. Die dichte Fülle ihres ebenholzschwarzen, schlichten Haares zieren bunte Blumen. Aus den lebhaften, tiefschwarzen Augen, die jetzt träumerisch nach dem nahen Strand blicken, spricht eine hohe Intelligenz. Fein geschnitten ist jedes Detail ihres Antlitzes, selbst die etwas sinnlich starken Lippen entbehren nicht des ästhetischen Reizes. Über ihr wölben sich, bald zierlich, bald schwungvoll gebeugt, mit schweren Früchten behangen, Kokospalmen, die wie ein Kranz ihre Hütte und Häuslichkeit umgeben. Aus dem Innern der Hütte erschallen die Laute einer freundlichen, aber zuweilen auch erregten Unterhaltung zweier Männer, des Hausherrn und seines Gastfreundes, die, obschon nur zwei mit einem Hüftenschurz bekleidete »Wilde«, eine politische Frage zusammengeführt hat. Unsere schöne Farbige, die sich von dem männlichen Geschlecht geachtet und geliebt weiß, nimmt aber – tout comme chez nous – an politischen Dingen keinen Anteil. Darum finden wir sie vor ihrer Hütte, in süßem Nichtstun ihre Zeit verträumend.

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Abb. 55. Samoanische Tänzerinnen.

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Abb. 56. Samoanerin in der üblichen Ruhepositur.

Aber da schlagen die Laute von Frauenstimmen an ihr Ohr. Eine kleine Gruppe von jungen Mädchen und Frauen zieht eben vorbei, strandwärts. Unsere Schöne schnellt vom Boden empor, eilt den Freundinnen nach und zieht mit ihnen an den Strand, an die rauschende Brandung. Im Augenblick tauchen die schönen braunen Körper in das schäumende Wasser. Welch ein Gejauchze, welche bis zur Tollheit gehende Lustigkeit entfesseln diese Insulanerinnen!

Wir sind in Samoa unter glücklichen Menschen, und die obige Schilderung entspricht ungefähr dem Bilde, das sich mir darbot, als ich vor zehn Jahren, kurz bevor die Hauptgruppe dieser Inseln in deutschen Besitz überging, zum erstenmal das paradiesische Upolu im Hafen von Apia betrat.

Wenn wir etwas Nachsicht haben mit der am unteren Teil ein wenig zu breit geratenen Nase und den ein klein wenig dicken Lippen, dürfen wir die Samoanerin getrost eine schöne Frau nennen. Die Gestalt ist schlank und fleischig zugleich, die Gliederung in schönen Proportionen, die Hautfarbe gleichmäßig hellolivbraun, das schwarze glatte oder nur selten krause Haar wird gewöhnlich kurz geschnitten. Das Gesicht mit vollen Wangen und breitem Kinn zeigt eine mehr quadratische als ovale Form. Die Augen sind groß, mit schwarzer Iris und wohlgeöffneter Lidspalte. Die Nase ist im allgemeinen gerade, der Mund ziemlich groß, mit, wie gesagt, etwas wulstigen Lippen von bläulicher Färbung. Der Hals ist gedrungen, der Busen wohlgewölbt und breit, mit spitzen Brüsten. Hände und besonders Füße sind groß, diese zugleich platt, mit langen, wohlgebildeten, sehr biegsamen Zehen. Die unteren Gliedmaßen sind auffallend gelenkig. Nicht minder geschickt als die Männer vermögen sie auf Bäume zu klettern. Zählt man sie aber zu den schönsten Polynesierinnen: die Schönheit ihrer Männer erreichen sie nicht.

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Abb. 57. Samoanerin. (Vermutlich Halbblut, von europäischem Vater.)

Die Tugendhaftigkeit der Samoanerinnen wird verschieden beurteilt. Auf Tutuila fand ich lockere Sitten, auf Sawai soll das Frauenvolk durchaus züchtig sein. Im Hafen von Upolu dürften wieder freiere Sitten herrschen. Von Hause aus aber ist die Samoanerin keusch. In der Tat ist die Keuschheit seiner jungen Mädchen von jeher der Stolz des Samoaners gewesen. Es ist noch nicht lange her, daß der Häuptling seine eigene Tochter erschlug, als sie sich am Tage der Prüfung, die gewöhnlich drei Tage vor der eigentlichen Hochzeit stattfindet, berührt zeigte. Von dieser extremen Sittenstrenge findet sich heute freilich nichts mehr. Heute schreiben die Samoaner Liebesbriefe, und wenn in ihrer Liebe auch Sinnlichkeit und Leidenschaft vorherrschen, werden wir öfter Zeugen von rührenden Szenen. Besonders wenn Kinder vorhanden, schließt sich das Band der Zugehörigkeit zwischen den Gatten immer enger.

Mancher Europäer hat zu tief in die seltsamen Augen einer Samoanerin geschaut lind schmachtet noch heute in ihren Banden, bald als Liebhaber – man spricht dann von samoanischer Ehe – bald als angetrauter Gatte, und diese Ehen pflegen, wie ich aus eigener Beobachtung bestätigen kann, glückliche zu sein.

Bemerkenswert ist, daß in einem Zwist mir ihren eigenen Landsleuten die Samoanerin stets die Partei ihres weißen Galans ergreift.

Die Kinder werden wohl erzogen, obschon durch Unterhaltungen der Eltern früh in die Mysterien der Ehe eingeweiht. Nie hört man sie weinen oder lärmen, noch wird man Zeuge einer Prügelei.

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Abb. 58. Jugendliche Samoanerinnen von Tutuila.

Die Samoanerin ist peinlich sauber; sie badet mindestens einmal des Tags. Ihre alte Binsen- und Mattentracht weicht immer mehr europäischen Mustern. Sie ist heiter, stets froher Laune, gesellig und liebt Musik und Tanz.

 

Die Frauen der Ellice-Inseln.

Die Bewohner dieses Archipels von Koralleneilanden – man sollte sie geographisch zu Mikronesien rechnen – sind Polynesier samoanischer Herkunft, jedoch mit mikronesischer und melanesischer Beimischung. Die Frauen sind nicht unähnlich den Samoanerinnen, doch noch wenig zivilisiert. Sie sind wohlgebaut und von heiterer und sanfter Gemütsart. Bei ihnen ist meist noch das Hüftenkleid aus Blättern und Kokosfasern zu Hause. Das Haar, das sie zuweilen färben, tragen sie in lange Zöpfe geflochten. In die tief herabhängenden Ohrlappen stecken sie Ringe von Schildpatt oder Kokosschale. Sie tätowieren sich noch gern und mehr als ihre Männer.

 

Die Frauen der Maori.

Nicht viele andere Stämme haben in solchem Grade das Interesse der Ethnologen erregt wie die Maori, die Bewohner Neuseelands, von denen auf der Nordinsel noch gegen 40 000, auf der südlichen etwa 2000 leben.

In ihrem Äußern gleicht die Maori der Samoanerin und Tahitierin etwa so, wie sich europäische Südländerinnen gleichen. Sie hat aber nicht deren Schlankheit und deren Geschmeidigkeit und Feinheit der Züge, obschon diese uns noch immer sympathisch berühren und wirkliche Schönheiten nicht selten zu finden sind. Im ganzen ist sie etwas plump und dickknochig. Während die Samoanerin und die Tahitierin eine unwiderstehliche Anziehungskraft auf den Europäer ausübt, verhält dieser sich doch gleichgültiger gegenüber der Maori. Weit ernster von Naturell, steht sie dem Fremden züchtig Rede, aber mit keinem Gedanken scheint sie nach ihm Begehr zu tragen.

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Tonganerin

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Abb. 59. Mädchen von Tonga.

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Abb. 60. Jugendliche Tonganerinnen in der einheimischen Binsentracht.

Die Stellung der Maorifrau war eine höhere, angesehenere als die der übrigen Polynesierinnen, ungeachtet die Zivilisation der Tahitier und Samoaner vorgeschrittener war als die der Maori. Heute sind alle Maori sozusagen zivilisiert und Christen, und nehmen an wissenschaftlicher Bildung ihren bescheidenen Anteil. Ihre Tracht ist nach europäischem Muster hergestellt, obgleich noch heute die alten Binsenkleider von einigen gern getragen werden. Vollendet ist ihre Züchtigkeit. Oft habe ich in dem Distrikt der dampfenden Seen im nördlichen Neuseeland dem Baden von alt und jung, Männern und Frauen zugeschaut; geschickt und unbeobachtet voneinander entledigen sie sich ihrer Hüllen und verbringen Stunden in dem warmen Wasser, ohne daß nur einen Moment der Anstand gefährdet würde.

Weit anziehender als die reinen Maori sind die Mischlinge aus Maori- und britischem Blut, die sich hier und da in den Städten finden. Unter diesen kannte ich köstliche weibliche Wesen, von hoher und zugleich rundlicher, schöner Gestalt, von feinstem Gesichtsschnitt und bestrickenden Manieren. Die Grundfarbe ihrer Haut war weiß, jedoch leicht kastaniengetönt.

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Abb. 61. Samoanisches Schwesternpaar (11 und 13 Jahre alt).

Bemerkenswert ist die hohe Entwickelung der Dichtkunst und Musik dieses Volkes. Hochstetter teilt das Gedicht einer jungen Maorifrau mit, das von tiefem Empfinden und Sinn für Schönheit auch an dieser Stelle Zeugnis ablegen mag:

Dunkel rollen düstre Wolken
Um den Gipfel Pukehina,
Übern Pfad, wo mein Geliebter
Ewig meinem Blick entschwunden.

Kehr', ach kehr' noch einmal wieder
Daß der Liebe Strom kann fließen
Aus den tränenmüden Augen,
Ein Tribut der wahren Liebe.

Deine trauten Arme drückten
Mich Unwürd'ge an die Brust einst,
Klammernd wand seitdem mein pochend
Herz um Dich, die stärksten Ranken …

 

Die Frauen der Rarotonganer.

So nennt man nach der Hauptstadt Rarotonga die Bewohner der Cooks-Inseln oder des Hervey-Archipels. Sie erinnern auf einzelnen Inseln an die Tahitier, auf anderen an die Maori. Indessen sind die Rarotonganerinnen ungeachtet vereinzelter Schönheiten selten so schön und anmutig wie die Tahitierinnen, aber wieder feinkörniger als ihre markesanischen Nachbarinnen.

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Abb. 62. Samoanische Tänzerin aus einem Titifau liegend, mit Siapo (Bastschurz), Titi (Tanzgürtel) und Ula (Halsketten) bekleidet. Unter dem rechten Arm das Kopfkissen aus Bambus (Ali).

Einst – und allzu lange ist es ja noch nicht her – herrschte hier, wie in alten Zeiten bekanntlich über ganz Polynesien, die freie Liebe. Die Schönen der Inseln überfielen die fremden Segelschiffe und bemächtigten sich der beseligten Matrosen. Heute ist auch auf den Cooks-Inseln dieser paradiesische Zustand nur mehr legendär. Der schlichteste, aber »freie« Verkehr der guten Insulaner unter sich wird durch eine puritanisch strenge Missionsgesellschaft, wieder mal eine, die ihre Aufgabe nicht verstanden hat, schlimm gepönt. Fehlende werden mit 15 Dollar (wovon 1 Dollar bar und 14 in Waren zu entrichten) bestraft. Dennoch gelingt es den asketischen Muckern nicht, das heiße Blut der Insulaner zu kühlen, und die Folge ist, daß der Archipel sich durch Auswanderung entvölkert. Den heißblütigen Inselkindern ist das französische Tahiti, wo freiere, ihrem Naturell besser angepaßte Sitten herrschen, das ersehnte Dorado.

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Abb. 63. Tonganisches Mädchen.

Die Frauen im Tahiti-Archipel.

Sie gelten als die schönsten aller Polynesierinnen; jedenfalls überwiegen die Gutaussehenden, und Häßliche sind selten. Besonders unter den jungen Mädchen finden sich viele echte Schönheiten. Immer sind die Figuren vollkommen, schlank, graziös und zierlich gebaut. Eine natürliche Koketterie erhöht den Reiz der von Europäern viel umschwärmten Insulanerinnen. Nur eine gewisse Breite der Züge gibt dem Antlitz ein etwas unvornehmes Aussehen. Das lange schwarze, prächtige Haar wird meist in einen Zopf geflochten, öfters aber auch aufgelöst getragen. Auf dem Lande und etwas abseits der Fremdenniederlassungen begegnet man noch vielfach der Landestracht, dem Pareu, einem etwa meterbreiten Tuche aus Kaliko, das um die Lenden geschlagen wird und bis an die Waden reicht. Sonst aber zeigt sich die Tahitierin in einem nach europäischem Muster gearbeiteten Kleid, das eng um den Hals schließt und taillenlos den Körper hinuntergleitet, um in einer möglichst langen Schleppe zu endigen. Auf der Straße pflegt sie diese Schleppe mit einer graziösen Bewegung hochzuheben und mit dem linken Ellbogen gegen die Hüfte zu pressen. Außerdem liebt sie Spitzen, bunte Bänder, bunte Schleifen und dergleichen. Dagegen werden Schuhe, deren modischer Wert wohl anerkannt wird, als lästig empfunden und (falls unsere Tahitierin nicht vorzieht überhaupt barfüßig zu gehen) besonders bei Regenwetter ausgezogen und in der Hand getragen. Wie allen Polynesierinnen steht ihr am besten Blumenschmuck. Auch liebt sie sehr Parfüm, das sie flaschenweise über sich zu gießen pflegt.

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Abb. 64. Tuitonga.

Die Tahitierin steht im Ansehen der Männer zwar tiefer als viele ihrer polynesischen Schwestern, aber sie wird doch weit besser behandelt als die meisten von ihnen. Heute besonders, unter französischem Schutz, genießt sie das Leben in vollster Freiheit. Ob dies der Grund ist, daß die Tahitierin im späteren Alter so viel Fleisch ansetzt?

Nach den heimischen Sitten genießen junge Mädchen volle Verkehrsfreiheit, aber auch die Verheirateten dehnen ihre Liebe gern über den angetrauten Gemahl hinaus. Jedenfalls ist Ehebruch ganz an der Tagesordnung. Dementsprechend ist auch die Scheidung unschwer zu vollziehen.

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Abb. 65. Tonganerin.

Schlimmer aber als diese Zustände erscheinen mir die ganz offen betriebenen Abortive und der Mord Neugeborener. Kein Wunder, daß auch dieser schöne, lebensfrohe, sympathische Menschenschlag ausstirbt. Der Tahitier weiß, daß sein Tag zur Neige geht. Mit Trauer spricht er selbst davon, ohne doch die nötige Energie zu erschwingen, den Mißständen zu steuern und seine Lebensgewohnheiten günstiger zu gestalten.

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Abb. 66. Tonganerin.

Zu erwähnen wäre noch, daß auf dem Tahiti-Archipel eine große Anzahl Rarotonganer nebst deren Frauen und Liebchen leben, die hier alles das in vollstem Maße finden, was ihnen in ihrer eigenen Insel-Heimat versagt war; ferner eine ansehnliche Zahl von Mischlingen von Europäern und einheimischen Insulanerinnen, an deren weiblichen Repräsentantinnen vollendete Schönheit und zartes Wesen geschätzt wird.

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Abb. 67. Jugendliche Tonganerinnen. Das Bereiten der Kava.

Auf den benachbarten Penrhyn-Inseln im Manihiki-Archipel sind die jungen Mädchen bis zum zwanzigsten Lebensjahr anziehende Geschöpfe; danach werden sie laut dem Bericht eines Reisenden immer »hexenhafter«. Sie sind etwas untersetzt und ein wenig plump. Der Busen trägt feste, spitze, selten herabhängende Brüste. Die jungen Mädchen sind auf diesen Inseln durchaus keusch.

 

Die Frauen der Markesas-Inseln.

Obschon die Nachbarn Tahitis, können sich die Markesas mit den Frauen jener Eilande kaum messen; allenfalls sind sie freundlich, gefällig und höflich gleich allen Polynesierinnen. Ihre Körperbildung ist nicht übel, ihre Haltung sicher, die Züge nicht gerade häßlich, aber ein wenig grob. Das leicht gewellte Haar tragen sie in einem Knoten auf dem Hinterkopf. Eine gewisse Wildheit schaut aus ihrem Antlitz, das Zügellosigkeit und Begierden verrät. Schönheiten sind selten unter ihnen. Sie gelten als eitel und vergnügungssüchtig, sind übrigens wohl die einzigen, die auf europäische Kultur herabsehen und sie verschmähen.

Die sehr zahlreichen, fortwährend wechselnden »tabu«-Einrichtungen sind besonders den Frauen lästig.

Die Markesas verloben sich in früher Jugend. Polygamie ist wohl gestattet, kommt jedoch wenig zur Anwendung – aus Frauenmangel; Kindesmord wird nie begangen. Eher ist, oder vielmehr war Polyandrie, besonders unter den »Atapeius« genannten weiblichen Häuptlingen gebräuchlich. Ein schwangeres Mädchen findet hier sogleich fröhliche Auswahl unter Liebhabern, besonders wird sie von Häuptlingen und Priestern begehrt; denn auf diesen Inseln fangen Schwangerschaften an, zu den Seltenheiten zu gehören. Als Ursache darf man die im zwölften Jahre beginnenden Ausschweifungen, die die Fruchtbarkeit mutwillig zerstören, ansehen.

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Abb. 68. Jugendliche Tonganerinnen. Mit verschiedener Haartracht und einem Kattuntuch statt des Binsenkleides.

Tatsächlich übertreffen die Markesas, sowohl Mädchen wie Frauen, an Zügellosigkeit der Sitten alle übrigen Polynesierinnen. Es ist üblich, daß sie sich Fremden durch ihre eignen Väter und Brüder anbieten lassen. Das heute in Polynesien fast legendär gewordene Erstürmen weißer Ankömmlinge durch liebesgirre, heißblütige Insulanerinnen soll auf abgelegenen Teilen des Archipels noch vorkommen. Die jungen Mädchen sind stolz, recht viele Liebhaber zu besitzen und sehen mit Verachtung auf diejenigen herab, die deren nur einen oder wenige aufweisen können.

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Abb. 69. Tongamädchen. Mit herabhängendem Haar, halb europäisch gekleidet.

Die Markesa hat viel Arbeit, erleidet aber keinen Druck. Die heimische Tracht, der tahitischen gleichend, wird bevorzugt. Tätowierungen waren niemals sehr beliebt.

Baeßler erzählt von den Markesas: »… wenn sie lächeln und dabei ihre schönen, weißen Zähne zeigen, haben sie wohl etwas verführerisch Anziehendes, aber das Liebliche, Anmutsvolle der Tahitierinnen besitzen sie nicht. Die dunklen Augen blicken verlangend aus, begierig nach Lust, aber zugleich auch eine Härte verratend, die schon für manchen verhängnisvoll wurde. Jede Untreue ihres Mannes rächt die Markesa auf gleiche Weise und es bereitet ihr, wenn sie sich vernachlässigt fühlt, einen wahren Genuß, sich unter Beihilfe ihrer Freundinnen dem Tode zu weihen, um als aus dem Jenseits zurückkehrender Geist den Witwer ohne Unterlaß plagen zu können.«

Die Markesas lieben Lied und Tanz. Eigentümlich ist der Totentanz der Witwen und der »Comuma Puaca« oder Schweinetanz, bei dem die Bewegungen der Frauen durch Grunzen der Männer begleitet werden. Dieser Tanz dauert mehrere Tage hindurch, wirkt aber auf europäische Zuschauer anwidernd.

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Abb. 70. Ältere Maorifrau.

 

Die Frauen des Paumotu-Archipels

sind viel dunkler, aber muskulöser und gesünder als die Tahitierinnen. An Schönheit leiden sie nicht; im Gegenteil, die Zahl der auffallend Häßlichen ist recht groß. Die Ehe wird ohne Zeremonien geschlossen. Die Scheidung ist leicht. Die Familienbande sind locker. Auch hier belästigt die Frau viel »tabu«. Ihr Los ist hart. Die Männer, mit denen sie nicht einmal essen dürfen, sehen auf sie herab. Ihr einziges Vergnügen ist Musik und Tanz.

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Maorifrau (Neuseeland).

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Abb. 71. Maorimädchen.

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Abb. 72. Stewart-Insulanerin. Die Stewart-Insel liegt südlich in unmittelbarer Nähe von Neu-Seeland. Aus dem Typus dieser von den Maori stark abweichenden Insulanerin möchte man schließen, daß die Neu-Seeland-Gruppe, ehe die Maori dort hingekommen waren, von festländischen Australiern, vielleicht einem den Tasmaniern verwandten Stamme, bewohnt worden war.

 

Die Kanakinnen (Frauen von Hawaii).

Die Hawaii- oder Sandwich-Insulaner, oder wie man sie besonders in Amerika kurz nennt, Kanaken (nach dem einheimischen Wort kanaka, das »Mensch« bedeutet), sind den Weltreisenden gut bekannt geworden. Sie spielen auch keine geringe politische Rolle in den Vereinigten Staaten, denen ihr Inselreich, wie bekannt, staatlich angegliedert ist. Besser noch ist die Geschichte dieses höchst sympathischen Volkes, der Könige Kamehameha, Kalakaua und der letzten unglücklichen Königin Liliuokalani bekannt geworden.

Wir müssen uns die Kanaken als ein vollständig zivilisiertes Volk, das schon seit einem Menschenalter europäische Tracht angenommen hat, vorstellen. Die Frauen, besonders in der Hauptstadt Honolulu, genießen eine vollkommene Erziehung nach europäischem oder vielmehr amerikanischem Muster. Von den Eigenschaften der vorher besprochenen liebenswürdigen Halbwilden ist nichts mehr geblieben – als ganz winzige Züge, die sich nur gelegentlich dem Kenner bemerkbar machen.

Die Kanakin ist von hellkastanienbrauner Farbe, etwas dunkler als die Tahitierin und bei weitem nicht so schön und zart wie diese; ja sogar die Samoanerinnen und Tonganerinnen übertreffen sie in Anmut der Züge, Körperformen und Zartheit. Ich möchte sie am ehesten mit den Maori vergleichen. (Nach einer Überlieferung behaupten übrigens die Maori, von den Hawaii-Inseln nach Neuseeland eingewandert zu sein.) Nur ist die Kanakin viel intelligenter als jene. Weit lebhafter, weltkundiger und interessierter blicken ihre schönen, dunklen Augen. Die Gestalt ist öfters etwas plump, die Züge sind nicht gerade distinguiert und schön, aber doch angenehm; nur in den besseren Ständen begegnet man häufig wirklichen Schönheiten. Die Nase ist etwas platt, der Mund ein wenig groß, die Lippen stehen etwas vor, zeigen aber ein tadelloses Gebiß; das schöne Haar ist tiefschwarz und glänzend.

Die Kanakin hat gelernt sich nach amerikanischer Mode zu kleiden; ob sie den fremdländischen Geschmack aber selbständig zu entwickeln weiß, möchte ich bezweifeln. Am schönsten sieht die junge Dame der Gesellschaft aus, wenn sie ihr Haar mit Blumen schmückt, oder sich nach uralter Landessitte mit Blumengirlanden, »lis« genannt, umkränzt.

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Abb. 73. Typische Maori.

Sie ist von liebenswürdigem Wesen, hat die allerbesten Manieren und unterscheidet sich in den Umgangsformen kaum von den besterzogenen europäischen Damen.

In der Schule zeigt sie sich als eine brave Schülerin; sie lernt vortrefflich und ist bis zu einem gewissen Grade intelligent. Die Grenzen ihrer Befähigung lassen sich natürlich nicht genau bestimmen; aber der Europäer, der auf diesen paradiesischen Inseln wohnt, beobachtet häufig, wie in Dingen, die ihm die Einfachheit und Plausibilität selbst erscheinen, den Kanaken der Verstand plötzlich stillzustehen scheint, und nichts in der Welt imstande ist, sie weiter zu belehren.

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Abb. 74. Maorimädchen im Staatskleide.

Auf den Hawaii-Inseln herrschten in alten Zeiten arg sittenlose Zustände. Davon ist heute nichts mehr zu bemerken. Selbst ein kleiner Rest althawaiischer Sittenlosigkeit, der Tanz Hula-Hula, dessen Naivität vielen Reisenden, wie auch dem Verfasser, ein unschuldiges Vergnügen bereitet hat, ist von den Amerikanern seit etwa zehn Jahren streng unterdrückt. Daß aber noch dasselbe heiße, sinneslust-trunkene Blut in den Adern der Kanakin rollt, wie in den alten Zeiten, daß z. B. die sorgfältigst, fast unter Klausur gehüteten jungen weiblichen Zöglinge der Colleges zuweilen »ausbrechen«, um sich kurzer Hand in die Arme von Freunden zu werfen, ist mir an Oft und Stelle oft genug versichert worden.

Die Kanakin ist eine leidenschaftliche Freundin von Musik, besonders von Gesang und Tanz; ich erinnere mich des Genusses zahlreicher prächtig timbrierter Frauenstimmen.

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Abb. 75. Tahitierin. Mit dem Pareu bekleidet.


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