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Abschied von Mahlendorf

All die Tage, in denen ich an diesem Buch schrieb, in denen ich unser Leben in Mahlendorf schilderte, in diesem so unbesonnen erworbenen Haus, das dann wider alles Erwarten unser aller Heimat wurde – all diese Tage habe ich beim Schreiben gedacht: ›Es stimmt ja alles nicht, was du da erzählst, es stimmt nicht ganz. So war es einmal, aber so ist es schon lange nicht mehr. Ist das noch eine Heimat, von der man weiß, man wird sie aufgeben, man wird sie verlassen – auf Nimmerwiedersehen?! Müssen nicht deine Leser denken, dort leben die Falladas, dort haben sie sich verwurzelt – wenn ich in Zukunft ein Buch von diesem Manne lese, so denke ich ihn mir in Mahlendorf, von der Arbeit zu seinen Bienen gehend und zur Olsch. Vielleicht hat er jetzt auch wieder einen Gärtner – aber welcher Gärtner kann je Onkel Herbert erreichen –?!

So müssen meine Leser denken, und so denken sie ganz falsch. Wenn ich zu meinen Bienen gehe und höre ihr fröhliches, geschäftiges Brausen, wenn ich wie eben jetzt über die Seite fort in den Obstgarten sehe, dessen Blüten heute, am 12. Mai 1942, immer noch weit vom Aufbrechen sind, wenn ich dann nachher dem Brumbusch pfeife und wieder über König Lears Heide wandere, die ich mit Mücke und Susi so schön verbrannt habe, und deren schwarzen Flecken nun schon wieder grün geworden sind – bei alledem und allem anderen noch denke ich: wie lange noch?

Und wenn Suse jetzt in der eiligsten Bestellzeit von einer Arbeit zur anderen hetzt und doch nie fertig wird, wenn ich mich über den Futtersmann geärgert habe, der richtiges Füttern und wirkliche Sauberkeit nie lernen wird, wenn ich mich betrübe, daß die Schwalben in diesem Jahr aus unerforschlichen Gründen nicht in meinem Stall nisten wollen und daß der Storch das so einladend auf das Scheunendach gepackte Wagenrad noch immer verschmäht, dann tröste ich Suse wie mich damit: ›Über ein kleines, und wir werden nicht mehr hier sein. Dann wird Mahlendorf nichts anderes für uns bedeuten wie Altholm, ein ferner Ort, an dem wir einst glücklich waren und uns sorgten – lange vorbei! Die Schwalben und der Futtersmann ärgern uns dann nicht mehr; die blühenden Obstbäume und die brausenden Bienen freuen uns dann nicht mehr – wir sind weitergezogen, zu anderen Freuden und Sorgen. Mahlendorf ade – gutes altes Dorf an fünf Seen, umrauscht von Wäldern, Trösteinsamkeit, ade!‹

Ja, mein lieber Leser, weiblich und männlich, während ich all diese Seiten schrieb, mußte ich immerzu daran denken, daß wir ja von Mahlendorf fort wollen, daß Suse und ich fest entschlossen sind, dies alles hier aufzugeben. Und dies sobald wie möglich, sobald es die Zeitverhältnisse erlauben, wie man so sagt, jedenfalls spätestens mit Kriegsende. Innerlich weilen wir schon nicht mehr ganz hier, jeden Tag löst sich ein anderes Würzelchen, das uns an dieses Land festgehängt hatte ...

Ich habe es erzählt, wie der Acker aussah, als wir ihn übernahmen: Steine und Unkraut. Als wir Kohl auf ihm bauen wollten, lachten die Dorfleute und sagten: »Die werden was erleben! In Mahlendorf ist noch nie Kohl gewachsen!« Dann bauten wir den besten Kohl im Lande, wir bauten so viel davon, daß wir das Hellapferdchen vor einen Ackerwagen spannten, wir hausierten auf den Dörfern mit Kohl. Wir hatten eine schöne Einnahme aus dem Kohl. Da sagten die Leute: »Ja, der kann aber auch hexen!«

Aber wir hatten nicht gehext, wir hatten gearbeitet, mit dem Kopf und mit den Händen. Unermüdlich waren wir dem Unkraut zu Leibe gegangen, nie war ein Stück Land umgegraben, ohne daß ein Eimer neben dem Umgrabenden stand, in den jeder Stein, jede Unkrautwurzel geworfen wurde. Die größten Steine aber hatten wir mit Pferden in den See geschleppt oder vom Sprengmeister sprengen lassen. Wir hatten unermüdlich Mist eingebracht, gekalkt, Komposterde geschaffen, Torfmull untergegraben – und die Folge war gewesen, daß nicht nur alles bei uns gedieh, sondern daß auch das Finanzamt unseren Boden als einzigen im Dorf aus der fünften in die erste Bodenklasse versetzte, was nicht nur ehrenvoll, sondern auch steuerlich belastend ist. Aber dies Geld hatten wir gerne bezahlt. Die Ehre überwog.

Wir haben Obstbäume gepflanzt und das Moos und den falschen Schierling auf den Wiesen ausgerottet, wir haben Spargelanlagen und Erdbeerkulturen und Frühbeete angelegt. Wir haben Wege verbessert, Zäune gesetzt und für den Garten eine Sprenganlage geschaffen. Wir haben nachgedacht, in Büchern gelesen, gearbeitet, Fehlschläge gehabt, Fehler gemacht, und wir haben es besser gelernt ...

Und ich habe es auch erzählt, was ich für eine Bruchbude kaufte. Im Winter wehte der Wind in die Zimmer, so daß die Gardinen in einem sanften Pendeln blieben, am Ofen schmorte man, am Fenster erfror man. Wir hatten das Paradies der Ratten und Mäuse erworben, keine Diele war heil gewesen, kein Dach dicht. Auf dem Hof war ein Jauchenteich, und durch eben diese Jauche marschierte man zu einem Herzhäuschen, um sich den Pöx zu erkälten ...

Heute aber ist dieses Haus ein gemütliches, behäbiges Landhaus, in dem noch jeder gerne gewohnt hat. Es ist behaglich, auch im Winter. Der Ostwind findet durch die Fenster keinen Einlaß mehr, durch die Dächer dringt kein Regen, und wenn wir mal anderswohin wollen, brauchen wir nicht über den Hof durch Jauche zu waten und Edles zu verkühlen. Wenn aber wirklich einmal die Ratten wieder vom Seeufer heraufkommen (was bei jeder Wasserlage unvermeidlich ist), so setzen wir ihnen hart zu und vertreiben sie über kurz oder lang – meist aber über kurz.

Es gibt eine verdammte Redensart, die ich nicht hören kann: für Geld kann man den Teufel tanzen sehen! Und wenn mich meine Dörfler ärgern wollen, so sagen sie: »Ja, freilich sieht es bei dem Fallada ganz anders aus als vor zehn Jahren. Der Mann hat aber auch Geld – mit Geld kann man alles machen!«

Meine lieben Dörfler, mit Geld kann man gar nichts machen! Geld ohne Kopf und Geld ohne Arbeit ist dumm, leistet nichts, erhält nichts. Gewiß habe ich Geld hineingesteckt, man baut ja auch eine Fabrik nicht ohne Geld auf, aber vor allem habe ich Arbeit hineingesteckt, Arbeit und Kopf. Ich –? Wir, Suse und ich! Wir haben unermüdlich geschuftet, und wenn wir uns mal einen Sonntagnachmittag ganz ›frei‹ nahmen, haben wir uns fast verlegen angeschaut: du lieber Himmel, wir haben ja gar nichts zu tun! Was fangen wir bloß mit all der freien Zeit an?! Wir waren zehn Jahre jünger, als wir dies anfingen. Mit all unserer Kraft haben wir uns an die Lösung der Aufgabe gemacht, die wir uns gestellt hatten. Was wir an Hoffnung, Glauben, Zuversicht, Kraft hatten, in diesen Boden haben wir's gesteckt. Wir dachten ja auch, es würde für unser Leben sein. Wir würden noch die Früchte pflücken von den Bäumen, die wir gepflanzt, wir hofften, unsere Enkelkinder würden dermaleinst über die gleichen Stufen in den Garten laufen wie unsere Kinder.

Und nun hat sich alles gewandelt. Wir wollen fort von hier. Über ein kurzes wird in einer Zeitung stehen: ›Landhaus in Süd-Mecklenburg, mit sechseinhalb Morgen Gartenland, Vieh, direkt am Wasser gelegen ... zu verkaufen ...‹

Warum? Ja, warum nur? Warum ist heute bei uns zuhaus morgen nicht mehr unser Zuhause?

Sind wir der vielen Arbeit überdrüssig geworden? Sehnen wir uns, älter geworden, nach einem geruhigeren Leben?

Ach nein, wer einmal die Landarbeit recht lieben gelernt hat, wird ihrer nie überdrüssig werden. Im Winter vielleicht, wenn man in der Stube sitzt, und draußen starrt alles von Schnee und Eis, und der Wind heult, da denkt man vielleicht: ›Und dann im Februar, März geht wieder die Hetzerei los, daß man vor Dezember nicht richtig Atem holen kann! Wie soll man das nur wieder alles bewältigen?!‹

Wenn dann aber der Februar kommt und bringt den ersten schönen Sonnentag, und die Bienen halten ihren Reinigungsausflug, und die erste Fuhre heißer Pferdedung kommt und wird in das Frühbeet gepackt und verspricht grünes Leben im weißen Schnee – dann fängt der immer wechselreiche, nie eintönige Teppich der Landarbeit von neuem an: man hört schon das trockene Heu rascheln unterm Rechen, man riecht es, die Sense rauscht im Korn – nein, so wunderbare Runkeln wie in diesem Jahre haben wir noch nie gehabt!

Das ist es nicht, wir sind noch lange nicht ruhebedürftig, wir haben vor, noch sehr viel zu arbeiten. Der behagliche Sessel lockt noch nicht.

Oder ist es, daß wir entmutigt sind? Wirkt auch bei uns der böse Winter 1939 auf 40 nach, dem zwei fast ebenso schlimme Brüder folgten? Hundertzehn Obstbäume erfroren uns, und die nachgepflanzten Obstbäume erfroren wieder. Auch in diesem Frühjahr wird wieder mindestens ein Dutzend ausfallen. Alle Rosen erfroren, und die Erdbeerkulturen gingen dahin. Der echte Wein, der grade die Haus- und Scheunenwände bedeckte, ging dahin, fünfzigjähriger Taxus erfror – ach, in so vielem müssen wir wieder ganz von vorn anfangen und lange Jahre auf Erträge hoffen, die wir doch schon hatten.

Aber nein, auch das hat uns nicht entmutigt, wir fangen gerne wieder von vorn an, wir freuen uns, wenn unsere Enkel ernten, wo wir gepflanzt haben, gäbe es nur Erfolge im Leben, was würde Erfolg noch wert sein? Dies ist eine der besten Eigenschaften des Menschen, daß er hartköpfig ist. Du bist erfroren und du bist erfroren? Nun gut, so werden wir noch einmal pflanzen und wiederum und ein drittes Mal! Wir werden andere Sorten pflanzen, und wenn auch die zu frostempfindlich sind, so wollen wir uns neue Apfelsorten holen, meinethalben vom Nordpol! Aber Äpfel sollen hier wachsen, dafür sorge ich! Nicht nachgeben! Nie nachgeben! Nie den goldenen Mittelweg gehen. Nie die Straße des geringsten Widerstandes marschieren. Nun grade! – das ist der Wahlspruch aller Menschen, die etwas ausgerichtet haben!

Ach nein, das ist es also auch nicht. Wir sind nicht entmutigt. Wir sind keine Achtzehn mehr, Suse und ich, wir wissen es schon, daß nicht alle Blütenträume reifen. Und wir finden es sogar ganz richtig, daß sie es nicht tun, nein, auch das ist es nicht.

Aber was ist es denn in aller Welt, das uns aus unserem selbstgeschaffenen Garten in Mahlendorf forttreibt?

Es sind die Kinder, meine Lieben, die Kinder sind es. Dieselben Kinder, denen Mahlendorf die wahre Heimat bedeutet, deren Gesicht einen ganz verschlossenen Ausdruck bekommt, wenn wir nur davon sprechen, dies hier einmal zu verlassen.

Um der Kinder willen geben wir wieder auf, was wir erarbeitet, lösen wir uns vom Boden, der uns so festhält. Jetzt ist der Uli schon drei Jahre aus dem Haus, und in ein paar Wochen wird uns die Mücke verlassen. Dann haben wir nur noch ein Kind: den kleinen Achim.

War ich nicht der Mann, der ein Dutzend Kinder haben wollte? Und ich soll mit einem einzigen dasitzen, das ich dann auch in ein paar Jahren fortgeben muß? Dann sind Suse und ich wirklich alte Leute, Leute ohne Kind. Wir können die Hände in den Schoß legen und davon träumen, wie schön wir es einmal hatten, als das Haus vom fröhlichen Kinderlärm widerhallte. Dann wird es für Suse kein Problem mehr sein, mir die nötige Arbeitsruhe zu verschaffen – aber vielleicht werde ich dann gar keine Lust mehr haben, zu arbeiten, so alt, so ohne alle Kinder?!

Manchmal leben wir dann noch auf, erwachen aus unserem trödligen Leben, wenn die Kinder in die Ferien kommen, drei- oder viermal im Jahr. Aber ehe sie noch recht warm geworden sind, kehren sie in ihre Schulen zurück, zu den Freunden, die wir kaum dem Namen nach kennen, zu den Lehrern, die ihnen Wissen vermitteln dürfen, zu den Kämpfen, an denen wir nicht Anteil nehmen können, zu ihren Siegen, von denen wir nie ein Wort erfahren, zu ihren Niederlagen, in denen wir ihnen keinen neuen Mut geben können ...

Alte Leute, alte Leute ...! Das ist ja die Eiszeit, es friert uns schon, wenn wir nur daran denken!

»Höre, Suse, ich denke, irgendein Vorort bei einer Großstadt. Es muß nicht Berlin sein; vielleicht sollte man wirklich ein milderes Klima suchen, wo nicht immerzu Wind ist, und wo man nicht acht Monate im Jahr friert.«

»Ja, und etwas ganz Kleines muß es sein. Ich will es allein beschaffen können, nicht immer auf fremde Hilfe angewiesen sein. Höchstens ein Morgen Garten, möglichst am Wasser. Wo es auch sei, Wasser muß natürlich in der Nähe sein!«

»Ja, und das Haus – wie denkst du über das Haus, Suse?«

»Natürlich kleiner – so gemütlich wie hier unser Haus wird es natürlich nie sein. In der Umgebung von Städten gibt es nur Villen. Nun, ich will schon sehen, daß ich es uns gemütlich einrichte!«

»An wie viel Zimmer hast du etwa gedacht?«

»Ja, wie viel Zimmer –?« Suse sieht mich nachdenklich an. »Jedenfalls muß jedes der Kinder ein Zimmer für sich haben. Gemeinsame Zimmer führen immer zu Streitereien«, so fange ich an. »Das wären drei Zimmer.«

»Und du und ich, jeder ein Zimmer. Macht fünf.«

»Und ein Eß- und ein Wohnzimmer, macht sieben.«

»Ein Gästezimmer müssen wir aber auch haben! Ohne Gästezimmer taugt ein Haus nichts.«

»Einverstanden, macht acht.« Jetzt sehe ich Suse nachdenklich an. »Du, Suse, ich glaube, das schaffst du nicht.«

»Was schaffe ich nicht?«

»Ich meine, acht Zimmer besorgen und drei Kinder und Kochen und ein Morgen Garten und Einholen, und ein Auto wollen wir doch auch wieder nach dem Kriege haben – das schaffst du aber bestimmt nicht allein!«

»Nun gut«, gibt Suse zögernd zu. »Vielleicht ist es wirklich ein bißchen viel. Aber nur eine Haustochter, eine einzige, mehr nicht, verstehst du?!«

»Natürlich nicht. Das weißt du am besten. Nur, ich möchte ganz gerne, daß du auch mal ein bißchen Zeit für dich hättest. Du solltest am Nachmittag zwei, drei Stunden für dich haben. Und abends solltest du auch mal ins Theater können.«

»Ja, danach sehne ich mich oft sehr«, gibt Suse zu, ist aber nicht ganz bei der Sache.

»Woran denkst du jetzt, Suse?«

»Ich –? Ach, nichts, ich denke bloß an den Garten. Ein Morgen ist wirklich ein bißchen wenig. Die Kinder müssen doch einen ordentlichen Spielplatz haben, wo sie sich austoben können. Und einen richtigen Blumengarten will ich auch haben, ohne Blumen ist ein Garten gar nichts. Und Obstbäume müssen auch da wachsen. Und ein bißchen Gemüse will ich mir selbst ziehen. Ein Morgen Garten, das ist nicht Fisch und nicht Fleisch. Zwei Morgen müßten es mindestens sein!«

»Zwei Morgen sind ein bißchen viel, neben all der Hausarbeit«, gebe ich zu bedenken. »Aber natürlich hast du recht, so ein Garten, über den der Nachbar rechts und der Nachbar links wegspucken können, ist nichts wert. In so 'nen Garten kriegst du mich nie in meinem Leben rein. Zwei bis drei Morgen müssen es schon sein.«

»Vielleicht kriegt man einen Gärtner, der uns im Garten so nebenbei hilft, der hauptberuflich was anderes ist?«

»Ach, Suse, das ist doch nichts! Der kommt immer grade dann nicht, wenn er am nötigsten gebraucht wird. Nein, ich habe eine andere Idee. Wir müssen doch auch jemand haben, der das Auto putzt und instand hält, und alle Fahrten willst du doch auch nicht selbst machen: einen Sack Frühkartoffeln von der Bahn holen oder jeden Besucher wegfahren. Nein, wir müssen wieder so was bekommen wie den Onkel Herbert, so eine Kreuzung von Gärtner, Chauffeur, Diener. Die Zentralheizung könnte er auch besorgen ...«

»Das ist das Richtige«, meint Suse. Und setzt nachdenklich hinzu: »Dann müssen wir noch ein Zimmer für den haben!«

»Auf ein Zimmer kommt es nun wirklich nicht mehr an!« rufe ich großzügig. »Das wären dann also mit Mädchen- und Gärtnerzimmer zehn Räume ...«

»Ein Zimmer mehr als hier in Mahlendorf ...« sagt Suse nachdenklich.

Wir sehen uns an, und dann platzen wir los.

»Ganz klein!« ruft Suse lachend.

»Damit du es ohne alle Hilfe schaffen kannst!«

Wir finden sie sehr lustig, unsere bescheidenen Zukunftspläne, auf daß wir mehr Ruhe bekommen ...

»Aber jedenfalls haben wir dann unsere Kinder bei uns«, sagt Suse.

»Das ist die Hauptsache! Wir tun es doch bloß um der Kinder willen.«

»Um unser selbst willen, damit wir die Kinder noch eine Weile behalten, darum geben wir unser schönes Mahlendorf auf.«

»Na, schließlich auch um der Kinder willen. Ich glaube eben doch, eine bessere Mutter als dich finden sie nie!«

»Ganz schlimm bist du als Vater auch nicht!«

»Ach, ich bin bloß ein oller Teekessel, ich koch' immer gleich über. Ich höre mich schon schreien: Gottverdammich, wird endlich Ruhe–?! In welche Lärmhölle bin ich hier gezogen?!«

»Schrei du nur!« sagt Suse. »Das nimmt doch keiner tragisch. Wir wissen alle, wie es gemeint ist.«

Eine Weile schweigen wir nachdenklich. Dann frage ich: »Sage mal, Suse, glaubst du eigentlich, daß wir uns je noch ändern werden?«

»Wieso ändern werden –?«

»Ich meine, ich mit meinem Arbeitshetzfimmel und du mit deiner viel zu vielen Arbeit?«

»Wie wir es uns eben ausgerechnet haben«, sagte Suse, »wird's, bis die Kinder groß sind, kaum anders bei uns werden.«

»Aber wir wollten doch ein bißchen mehr Ruhe kriegen, Suse!«

»Zu was denn eigentlich Ruhe? Ruhe zum Glücklichsein haben wir immer gehabt. Oder nicht?«

»Doch, du hast ganz recht, Suse. Wir sind verdammt glücklich gewesen, hier zuhaus in Mahlendorf. Und ich denke, wir werden es auf unsere elende gehetzte Art auch weiter sein. So die Art behagliches Glück, wie es unsere Großeltern hatten, das sind ja alles olle Kamellen. Das möchten wir gar nicht. – Also los, Suse, jetzt ist genug geschwatzt. Mach du dich an die Spargelbeete, und ich will sehen, daß ich mit meinem Schmöker endlich fertig werde. Der hängt einem schon zum Halse raus! Jetzt will ich mal wieder einen richtigen handfesten Roman schreiben. Tjüs, Olle, mach's gut!«

»Tjüs, Oller. Heute mittag gibt's Stangenspargel und Hühnchen aus dem Glas. Du darfst dich schon darauf freuen!«

»Großartig! Ich war schon völlig in Verlegenheit wegen Freuen. Hau ab! Tu endlich was!«

»Tu du bloß nicht zuviel! Auf Wiedersehen, Junge!«

»Auf Wiedersehen, Suse!«

 


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