Hermann Essig
Taifun
Hermann Essig

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Der große Krieg hatte allmählich die Welt verändert. Man aß nur noch mit Atembeklemmung und gegen Aufopferung seines Vermögens. Die Landwirtschaft hatte üppige Felder, aber die Bauern wollten auch einmal dickere Gestalt gewinnen. Der Bauch wich von den Städten und lebte in Sommerfrische. Die Reiche formten an ihrer politischen Frisur, um den Magen sein Knurren vergessen zu machen. Majestäten entthronten sich auf eigene Initiative, denn das Blut war kostbar. Man bedauerte allgemein, daß es an den Fronten in Strömen floß, während man innerhalb seiner Grenzen das altgewohnte Leben nicht aufgeben wollte. Wäre doch der Krieg geblieben wo der Pfeffer wächst! war die allgemeine Redensart. Nur einzelne atmeten den frischen Luftzug, der über den Menschen fächelte. Sie waren die Empfindenden, die Idealisten, deren Existenz erst hundert Jahre nach ihrem Tode als berechtigt anerkannt werden konnte.

Dem Doktor knurrte jedenfalls am Morgen nach der Verlobung der Magen, und er besann sich, krampfhaft auf einen Wandfleck stierend, ob durch sie überhaupt eine Wandlung zum Besseren entstehen würde, ob er nicht längst vorher verhungert sein würde, bis die Mission des Taifun und seines Hauswirts sich auch an ihm erfüllte. Er konnte doch unmöglich seine liebe Susi anpumpen, wodurch möglicherweise alle ihre Passionen zerstört wurden. Wogegen er versichert sein konnte, daß sie sich bei zuvorkommendem, galanterem Benehmen alle Liebesleiden getrost einige Wochen auflud.

Um zehn Uhr vormittags wurde er inmitten einer Lebensmittelrevolte grün und blau geschlagen, ohne irgendwelche Sünde begangen zu haben. In diesem Zustande fand ihn Käterchen, welcher er an der Ecke der Petersburger Straße das Versprechen abnahm, daß sie dem Fräulein nichts berichten sollte. Irgendeine öffentliche Zuflucht fand er auch nicht, denn wegen Fürwitzigkeit war die größte Berliner Zeitung verboten worden, und man hatte auf der Redaktion keine Zeit mehr für ihn. Die Bühnen kämpften mit der Sorge, ihr Spiel aufrecht zu erhalten. Aussichtslos und zerknirscht warf er sich zu Hause hin, zu wenig Blut im Leibe, um an der Liebe Erfrischung und Aufrichtung erfahren zu können.

Da überraschte ihn der offene Besuch der Frau Polizeirat, die ihm namens ihres Mannes ein Abstandsfrühstück brachte, das sie durch Vermittlung einer ostpreußischen Tante sehr frugal hatte gestalten können. Eine Gänsekeule und einen Hühnerflügel, sowie eine Flasche Burgunder.

Sie setzte sich selbst zu ihm an den Tisch. Er getraute sich kaum mitzukauen, weil er das für Verrat an Susanne hielt. Aber Clothilde tröstete ihn und versprach ihm, nach genossenem Imbiß ihn auch sonst in Ruhe zu lassen. Er dankte es ihr, daß sie ihm nicht mehr als Gespenst zu erscheinen versprach, wenngleich eine bezwingende Wucht von ihrer Leidenschaft ausging. Es hätte ja auf Susannes Neigung sehr ungünstig zurückwirken müssen, wenn er wie ein ausgelaugter Hering zu ihr kommen würde. Darum sollte er das etwa Verlorene durch den Burgunder wieder hereinbekommen. Es war allmählich zu bekannt geworden, daß ein einziges gutes Essen schon die Muskeln straff ziehen konnte. Ja, das waren Zeiten. Wer lernte da nicht an dämonische Schöpfungen glauben. Bald regierte wieder der Teufel in seiner Hölle, wenn man mit mehr Nacht leben mußte. Das viele helle Licht, das aus der Vergeudung der Kohlen seinen Ursprung nahm, hatte den Menschen bisher fälschlich die Illusion erzeugt, daß es das Licht des Geistes sei. Klägliche Wissenschaften, die sich über die Verhältnisse erhaben dünkten. Der Teufel begann in kurzer Zeitspanne wieder seinen schwarzen Schwanz zu rühren, wenn man von vier Uhr mittags bis nächsten Morgen um acht Uhr in schwarzer Nacht saß. In den Fabrikschlöten konnten sich die Spinnen einbauen, oder es konnten Himmelsoperngucker aus ihnen gemacht werden, oder auch Denkmäler an die übergeschnappte Zeit der Industrie. Wenn der Krieg der Menschheit solche Lehre gab, dann allein war er nicht vergebens geführt; sonst aber war das Blut dem Satan zur Betäubung in den Schlund gegossen.

Die Freundin nährte gern diese graue Zukunftsmalerei. Diese graue? Der Doktor sah nur in dem Aufhören der Industrie und aller ihrer menschheitsverwöhnenden Kulturgaben das werdende Glück. Die vielgerühmten Genies, Newton... waren feindliche Engländer, deren Denkmäler in den Kanal geworfen gehörten.

»Ich freue mich vor allem auf Susischens Landhaus«, sprach er, und wechselte mit seiner Dame einen verstehenden Blick.

»Dann werden Sie uns bald vergessen haben, Herr Doktor?« frug ihn die Freundin.

Er stützte den Kopf nachdenklich auf und seufzte: »Ach, alles ist ein kaum lobenswerter Schwindel, auch der Landbau. Was ist nun eigentlich die Rettung für die verzweifelte Menschheit?« Er dachte nach.

»Es ist schade, daß der Burgunder zu Ende ist«, hob Clothilde die Flasche.

»Oh Freundin, warum Ende? Ich suche lieber Anfang«, stieß er hervor.

»Ach«, meinte wieder sie, »wie man es auch anfängt, es wird doch niemals richtig. Es gibt als Rettung nur die Gedankenlosigkeit.«

»Sie haben recht«, sprach der Doktor und ließ seinen Kopf in seine Hände fallen.

»Das Triebleben wäre das.«

»Dem Trieb des Herzens folgen, ohne nachzudenken!« Seine Augen irrten im Zimmer umher. Was würde er dann in diesem Augenblicke anfangen? Er wußte es. Und doch blieb er zu furchtsam, jetzt zur Tat zu schreiten.

Die Frau lachte herzlich über ihn, steckte die Handschuhe auf die Finger und verließ ihn.

»Warten Sie«, stammelte er. Das Frühstück stieß ihm auf und tröstete ihn wirklich in seiner verworrenen Einsamkeit. Es war eine glückliche Idee Ganswinds, daß er ganz für ihn sorgen wollte. Er war zu keiner Sorge mehr fähig, weil ihm nichts mehr erjagenswert schien. Susanne?! Vielleicht war es seine letzte größte Dummheit und verkrachte Spekulation?! Er zog sich nun zum Ausgang an, zu dem verabredeten Zwecke, heute mit ihr weiter zu girren.

Er war ungefähr ein Mensch, der alle fünf Minuten eine neue Lebensanschauung hatte. Alle Eindrücke nahm er von außen auf wie eine Phonographenplatte. Da war es kein Wunder, wenn dann und wann eine große innere Verwirrung in ihm entstand, sobald das ganze aufgenommene Orchester auf einmal losgelassen sein wollte. An jeden stärker markierten Ton klammerte er sich solange, bis ihn ein neuer noch stärkerer Ton mitriß, dem er sich wieder an die Fersen hing. Es fehlte ihm das Gedächtnis und der wichtige Verstand, alles Erlebnis einer Hauptidee einzugliedern und einzuordnen. Das zeigte ihn überall als einen vorurteilslosen Menschen, zwar kritisch und polemisierend, aber nicht mit dem Zwecke, seiner Umwelt beizukommen, sondern nur, um sich selber zu orientieren. Selbstverständlich war er mit fortschreitendem Alter immer hilfloser geworden, weil die Orientierung, bei den Menschen gemeinhin als Instinkt funktionierend, bei ihm durch die kompliziertesten Erwägungen geschah. Sie war darum stets falsch, sobald etwas auf seine eigene Initiative geschah. Er wußte das allmählich und fügte sich darum willig den Entschließungen und Lenkungen des Taifun.

Die äußeren Eindrücke beulten ihn ein wie eine Blechkanne, ein modellierender Bildhauer hätte ein feines Kubistenmodell an ihm gehabt.

Er hatte bereits einen Künstlerruhm geerntet, aber er hatte nicht verstanden, sich ihn zu erhalten; darum hatte er zuletzt alles verloren. Mit bewußter Erkenntnis wollte er sich darum jetzt und fernerhin den Menschen preisgeben und anvertrauen, wo sie mit ihm hinsteuerten. Deswegen hatte er auch den Schritt zur Braut getan.

Das war ein verlockender Mann für ein Weib. Und Susanne konnte sich auf den Tag, an dem sie die Herrschaft über ihn antreten würde, freuen. Allerdings war sie zahm und schmiegsam veranlagt und hatte, ihrer kleinen Herkunft sich bewußt, vorerst eine demütige Voreingenommenheit von des Bräutigams innegehabter Berufsstellung.

Eine erste Wichtigkeit war für Susanne, Käterchen auf die neuen Verhältnisse einzudrillen. Käterchen mußte sich vor sie auf die Fußbank setzen. In dieser tieferen Stellung hatte Susanne den Vorteil, ihr bei den Lektionen genügend etwas auswischen zu können, ohne daß sie gewandt genug entfliehen konnte.

Sie begann. »Erstens, wer bin ich?«

»Fräulein Susanne«, war die Antwort.

Darauf klatschte eine Ohrfeige.

»Aber was ist denn das?« jammerte Käterchen und wollte aufstehen, wurde aber von Susanne auf die Fußbank niedergehalten.

»Gnädiges Fräulein; nie anders, wiederhole!«

»Gnädiges Fräulein«, wiederholte Käterchen heulend.

»Verstehst du. Wir sind sehr steif zu einander. Du hast mich niemals anzulachen. Dagegen stets ihn, damit mein Bräutigam weiß, daß ich stets nur aufs beglückteste von ihm rede«, instruierte Susanne weiter. Und Käterchen bemühte sich, das Lachen sofort zu üben.

Susanne sah ihren lachenden Grimassen zu: »Nein, du lachst falsch, du lachst ja, als ob du ihm gern Heimlichkeiten verraten würdest. Du hast so zu lachen, daß es ausdrückt, wie geliebt der Herr Doktor ist.«

Käterchen lachte nach ihrer Backpfeife nun so strahlend, als ob sie das Gnadenlicht der Mutter Gottes über sich ausgegossen sähe.

»Es ist gut. Noch einmal. Noch einmal. Nun untersteh Dich aber und mache nur einmal ein anderes Gesicht, dann zerschind' ich Dich, dann zerkratz' ich Dich!« drohte Susanne mit bissiger Erregung. Käterchen saß da wie ein geduldiges Opferlamm. Das stachelte Susannes Leidenschaft zu Quälereien. Am lockendsten war es, daß Käterchen älter war und schon ein Kind gehabt hatte. Das alte Stück hatte kein Menschenrecht. Von Tag zu Tag wurde die Sucht, sie zu quälen, stärker.

»Und dann verlange ich künftig, daß du dich mehr zofenhaft kleidest. Einen weißen Stehkragen und eine Krawatte, einen weißen Spitzenunterrock, Handschuhe und grüne Strümpfe.«

Käterchen wollte ein Erstaunen äußern, da hatte sie die zweite. Käterchen wollte aufspringen, wurde jetzt aber gewaltsam auf ihren Schemel niedergerungen.

»Das sieht nicht gut aus«, schrie Käterchen. »Diese Wut, die Sie haben, die beweist es, daß das Verhältnis nicht von langer Dauer sein wird. Sonst wären Sie nicht so wütend!«

In der Tat sah dieses Betragen Susannes wie die Angst vor dem sicheren Verluste aus. Es war begreiflich, daß eine Jungfer, wie sie, bereits nicht mehr an die Beständigkeit des Verlobungsglückes glauben konnte.

Susanne freute sich am Ringkampfe mit Käterchen und benutzte die Gelegenheit, ihr wüste Stöße zu geben, die sie mit frohlockendem Lachen begleitete. Und Kätzi half mit, indem sie um die Herrin herumschmeichelte. Käterchen war eine Bestie, die wegen ihrer Treue jedes vernünftige Wesen ärgerte, denn es war doch alles Hinterlist und Egoismus.

»Ich werde bei Onkel und Tante gehen!« schrie sie, und Susanne bäffte ihr nach, wie sie heulte. »Wäh, wäh, wäh.«

»Das kann ich nicht mehr aushalten von einem so jungen Ding!« schrie Käterchen. »Schämen Sie sich doch, einer Frau so derb auf den Bauch zu stoßen.«

Darüber war Susanne bloß entzückt und rieb Käterchens beide Backen mit den Händen. »Du bist ein dummes Luder, Käterchen.«

Sogleich ging es wieder wie ein freundlicher Lichtstrahl über Käterchens Gesicht. Sie schüttelte den Kopf und jammerte: »Da soll man Sie nun wieder verstehen.«

»Meine größte Liebe zu dir wäre, wenn du dich hinmachen ließest.«

»Aber warum denn das?«

»Du denkst es, glaub' ich, ebenso bei Kätzi.«

Da wußte Käterchen, woher die Quälerei kam. Weil sie gestern abend gesagt hatte, das Fräulein sollte die Katze abtun. Diesen Gedanken müßte sie sich, scheint's, aus dem Kopfe jagen, sonst ging es ihr noch selber an den Kragen. Und es war doch ein Irrtum vom Fräulein; sie konnte Kätzi wirklich nicht leiden.

Na, dachte Käterchen, vielleicht haßte das Fräulein sie auch. Sie befolgte ergebenst alles, was ihr befohlen war. Sie mußte sich etwas Wäsche kaufen, wozu sie einen Bezugsschein brauchte. Das gab einen ganzen Tag Ausgang. Und sie verstieg sich nicht bloß zu Onkel und Tante, sondern auch zu Schellenhauer. Und sie kam beim Polizeirat vorbei; da war sie so frech, zu denken: der hat auch immer Interesse, und ging zu ihm hinein.

Dabei erzählte sie über ihr Fräulein alles, was sie wußte. Der Polizeirat strich seinen Knebelbart und dachte nicht daran, die Verlobung des Doktors zu stören, wie das Käterchen gewünscht hätte nach Preisgabe des ganzen Lebenswandels. So gehörte Susanne dem Doktor, dieser eingebildeten Berühmtheit. Sollte der Taifun noch einmal eine Enttäuschung mit dem erleben, so war es dem Polizeirat möglich, an Größe zu gewinnen.

Käterchen verließ sein Amt mit schlechtem Gewissen und doch mit der Befriedigung, sich endlich an ihrem Fräulein gerächt zu haben. Sie wußte leider nicht, wie der Polizeirat mit den Zähnen hinter ihr her knirschte. Diese exotische grausame Pflanze mußte er sich, es wurde von Tag zu Tag schmerzlicher, entgehen lassen.

Im casus eventualis konnte er sie höchstens auf die Liste lästiger Zuwanderer schreiben. Dann spielte man mit ihr Katze. Das Dienstmädchen hatte vielleicht noch manches aus ihren eigenen Beziehungen zu der Herrin verschwiegen. Er wollte doch einmal mit Ganswind reden.

Während Susi und Fredi miteinander schmachteten, daß sie jedesmal beide zu sterben glaubten, wenn sie sich trennten, wurde hinter ihnen um ihre Zukunft gespielt.

Sie glichen zwei seligen Kindern, die nicht ahnten, was das Leben ihnen bringen könnte. Aber vielleicht war das Glück ihres Kindertums so stark, daß alle hinterrücksen Szenarien nur vorhanden waren, um sie tatsächlich gemeinsam emporzutragen.

Der Doktor vertraute auf den Taifun ganz.

Susanne auf den Doktor.

Der Schellenhauersche Prozeß nahm seinen Anfang, und Ganswind beteiligte sich sehr, bis der Prozeßkonflikt gefunden war. Trotzdem hatte der Vollbeschäftigte noch Zeit und Willen genug, des Doktors persönliche Angelegenheit als eine Hauptsache zu betreiben. Warum, wußte zunächst niemand. Es war Freundschaft. Man sprach zwar von einer Theatergründung, doch bis dahin lagen noch viele Sommer in der Dämmerung der Zukunft.

Der Polizeirat saß in dem denkwürdigen Müllersalon. Die Werke waren teilweise restauriert, und an einigen arbeiteten junge Talente, reine Genies; denn nach Ansicht des taifunistischen Prinzips gab es keine künstlerische Existenz, wenn sie nur Talent war; jeder Künstler war ein Genie.

Er sprach eingehend mit Ganswind und Hermione. Hermione warf energisch die Lippen auf, es war ihr nichts unbekannt. Sie hatte das meiste schon von Käterchen selbst erfahren, hatte aber doch mit Susanne recht herzliche und intime Stunden verlebt. Die Zornröte stieg ihr auf, weil sozusagen Enthüllungen gemacht wurden von Dingen, die eigentlich nur jedes Menschenkind selbst angingen. Doch mußte sie damit zurückhalten, daß sie bereits Bescheid wisse, denn das hätte auf den Polizeirat vielleicht einen schlechten Eindruck gemacht. Und sie konnte sich ihm nicht ausliefern.

Das Gescheiteste in solchem Falle war, alles abzuleugnen und als böses verleumderisches Dienstbotengeschwätz hinzustellen. Hermione erklärte, daß sie diese Erzählungen mit keinem Worte glaube.

»Dann sollte sie aber ihrem Mädchen kündigen«, sagte der Polizeirat, und er war eigentlich damit im Recht. Hermione dachte, daß Susanne das nie tun würde. Es wäre eher möglich, daß sie das Mädchen ausprügelte.

Ganswind war es am wichtigsten, klarzustellen, daß der Doktor an einem anderen weiblichen Wesen niemals Geschmack gefunden hätte. Das war gleichzeitig seine Entschuldigung für alle späteren Angriffe, warum er diese Verbindung inszeniert hätte. Denn damit schob er alle Schuld auf die Charakteranlage des Doktors, der das Bodenständige verachtete und dem Fremdartigen den Vorzug gab.

Ganswind sagte ganz richtig, der Doktor hatte ja über vierzig Jahre lang Gelegenheit, sich in Berlin umzusehen. Was konnte er dafür, daß er nichts Passendes unter den Berlinerinnen fand, daß erst eine Brüsselerin zureisen mußte, um ihn ins Garn zu spinnen.

Hermione wies auf den Fall des Hoteldirektors hin, der auch erst im Taifun die berühmte Roßstraße finden konnte. »Das war nun ein Berliner Pferd«, sagte sie, »und es ging ohne Ossi nicht weg. Das ist es eben. Wer will Ossi daraus eine Verantwortung machen. Sehen Sie selbst, Herr Polizeirat, der Doktor hätte bei uns auch noch andere gefunden, das weiß Frau Polizeirat.«

»Mm eben« unterbrach sie der Polizeirat. »Auch eine andere. Ich meine doch, daß ich mir die Möglichkeit vorbehalten darf, eventuell das Fräulein in Verwahrung nehmen zu lassen.«

Hermione und Ganswind waren sprachlos. Ganswind wendete sich zornig ab und sagte mit verächtlichem Spiel der Mundwinkel: »Meinetwegen.«

Dem Polizeirat war es nicht recht, daß man ihm seine Einmischung übelnahm. Er schwieg verlegen und beobachtete, wie sich die anderen verhielten. Das peinliche Schweigen brach zuerst Hermione. Sie sprach wider Erwarten sehr energisch. »Den Taifun geht Ihre Sache gar nichts an. Ich glaube aber nicht, daß wir dann noch lange Freunde wären. Wen der Taifun durchgesetzt hat, der muß einfach Geltung haben. Da gibt es keine Polizei mehr.«

Der Polizeirat lächelte und freute sich jetzt fast auf den Augenblick, wo er den Freunden die Polizeigewalt beweisen konnte.

Ganswind ging unruhig umher. Da kam eine Störung in seine Pläne von einer Seite, von der er es nie erwartet hatte. Er hatte den Polizeirat für einen echten Kunstfreund gehalten; nun zeigte sich seine menschliche Seite. War er auch nur Unmensch, Publikum? – –


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