Bruno Ertler
Venus, die Feindin
Bruno Ertler

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Im Jänner verhaftete die Polizei den Schnapswirt am Sabalkanski-Prospekt, die Kellnerin und einige Gäste.

Die beiden Männer, die sich so lange belauert und einander für sehr gefährliche Anarchisten gehalten hatten, waren endlich daraufgekommen, daß sie beide der geheimen Polizei angehörten; voll Zorn über ihre vergebliche Komödie verklagten sie nun den Wirt und alle Gäste, die sie kannten. – Das Zimmer mit den zwei Betten gab keinen Anlaß zu irgend welchem Verdacht.

»Diesmal hatten wir Glück«, sagte Iwan Michailowitsch.

»Wird er uns nicht verraten?« fragte ängstlich der Sohn des zur Qual erkorenen Volkes.

»Freilich würde er das,« lachte Iwan, »wenn wir uns ihm vorgestellt hätten. Jedenfalls müssen wir vorsichtig sein – –.«

»Und schnell zur Tat schreiten, im Namen der Freiheit!« gröhlte mit heiserer Schnapsstimme der rotbärtige »Mann des Volkes«.

»Sst! Sst!« tönte es von allen Seiten, »nicht so laut!«

Man war wirklich sehr vorsichtig geworden.

Die seltenen Zusammenkünfte gingen nunmehr in einem Privatzimmer der Altstadt vor sich, das dem Lokal an der Bahn draußen durchaus ebenbürtig war und ebenfalls mit einer nahegelegenen Destille in loser Verbindung stand. – Der neue Polizeiminister war nach wie vor Hauptgegenstand der wildesten Angriffe und Drohungen.

Abgesehen von der Aushebung des verrufenen Winkels am Sabalkanski-Prospekt, die Peter Iwanowitsch im geheimen vollkommen billigte, schienen jedoch auch ihm die Verordnungen dieses gehaßten Mannes weniger kluger Überlegung und ehrlichem Willen entsprungen, als vielmehr überall den tyrannisch böswilligen, tückischen Charakter eines Menschen zu verraten, der die Macht in seinen Händen mit perverser Lust zur Qual anderer mißbrauchte. Trunksucht, niedrige Erpressungen an Frauen, rohe Drangsalierung seiner nächsten Umgebung, sowie hundert andere Züge häßlicher Feigheit und Rachsucht, die man sich von ihm erzählte, ergaben ziemlich restlos das Bild eines bösen, gewalttätigen Neurasthenikers, der in der Tat durch Stellung und Einfluß seiner Sache eher gefährlich als nützlich sein mußte.

Peter Iwanowitsch dachte ungern an diesen Mann, dessen Bild ihn jedoch überall verfolgte. Mochte er mit Jelisaweta vom kommenden Frühling und der Reise in die Berge sprechen oder mit Iwan Warinski, der nun schon einige Kopfskizzen nach ihr gezeichnet hatte, die Ausfüllung dieses Bildes für den nächsten Herbst ansetzen, immer hieß es: »Ja, wenn er uns bis dahin noch leben läßt –« oder »Wenn wir noch in Freiheit sind –«, und waren diese Worte auch lächelnd und leicht gesprochen, so fielen sie Peter doch schwer auf das Gemüt, und das drohende Bild des Vielgehaßten quälte ihn wie eine Zwangsvorstellung.

An einem der ersten Tage im Februar rief Iwan Michailowitsch die Freunde wieder einmal zusammen. Gleich beim Betreten des Zimmers fiel es Peter Iwanowitsch auf, daß nur wenige, und zwar nur die anwesend waren, welche man allenfalls ernst nehmen konnte. Außer ihnen waren drei oder vier Fremde da. Die Schnapsgläser auf dem Tisch fehlten heute.

Nachdem Iwan Michailowitsch die Tür abgesperrt hatte, ging er schlankweg auf sein Ziel los. Auf die Fremden weisend erklärte er kurz, daß die Brüder in Warschau, Kiew, Odessa und Moskau einig mit ihnen zum gleichen Entschluß gekommen und bereit seien, den Tyrannen zu beseitigen, wenn sie das Los treffe.

»Und jeder von uns wird es tun, wenn es auf ihn fällt. Das sollt ihr mir schwören, wie ich es euch gelobe.«

Er hielt ihnen die Rechte hin und sie schlugen ein.

Jelisaweta Isaéwna lächelte ruhig Peter Iwanowitsch an, der blaß und wortlos seine Hand auf ihre legte. Ihm war es, als stünden sie vor dem Priester. Néhémie Ssemenowitsch, der Sohn des zur Qual erwählten Volkes, zitterte stark.

»Du brauchst nicht zu schwören –«, sagte Iwan Michailowitsch.

Da aber flammte die Wut und der Schmerz des Verstoßenen auf in den Augen des unstäten Juden, und zum ersten Mal war etwas von Größe an ihm, als er zornig rief: »Ich will dazu gehören!« und seine Hand fest in jene Iwans senkte.

Der Maler Warinski schüttelte die Hand des Freundes, als beglückwünsche er ihn zu einer Eroberung.

»Wir müssen wieder ein wenig nachhelfen, was?« sagte er lachend. –

»Für Léon Martynow bin ich Bürge; er konnte nicht bis heute bleiben«, sagte Iwan Michailowitsch zuletzt, als auch die vier Fremden geschworen hatten. Dann gingen sie alle einzeln und ruhig, wie sie gekommen waren. – – –

Peter Iwanowitsch fühlte einen Druck im Gehirn, als er scheu und schneller als sonst durch die engen Gassen der Altstadt schritt, die schmutzigen Kanäle entlang, über die noch Holzbrücken führten.

Er wähnte sich verfolgt und war zugleich unwillig über seine Angst. Dann hörte er doch wieder voll Unruhe auf die Schritte hinter sich, die ihm schon eine ganze Weile nachgingen. Ohne es zu wollen, eilte er immer schneller an den hohen uralten Häusern hin und gleich schnell schlugen die Stiefel hinter ihm auf das Pflaster. Er wagte nicht umzusehen. Siedende Hitze stieg ihm in die Schläfen, – – der Schweiß stand auf seiner Stirne, – – jetzt fühlte er seinen Verfolger dicht auf den Fersen, – – alles Blut krampfte nach seinem Herzen, als er eine feste, schwere Hand auf der Schulter spürte und zugleich eine Stimme hörte: »Bist du es denn wirklich, Väterchen?«

Halb ohnmächtig, wie durch einen Nebel, sah er Sergej Fedorowitsch Panin, den Metalldreher, neben sich.

»Was läufst du, wie ein Mörder?« lachte Sergej, »man holt dich ja kaum ein«.

»Wie? – was? ja so,« stammelte Peter, »bin ich gelaufen? – Ich konnte ja nicht wissen – –. Ach ja – – das hier ist ja die Gasse –.«

Sergej Fedorowitsch sah den Freund voll Sorge an.

»Wo bist du immer? Hast du uns schon ganz vergessen, Väterchen? Und wie schlecht du aussiehst, – – fast nicht zu erkennen –.«

»Wie?« fragte Peter, »sah ich dich nicht neulich –? Ach nein, das habe ich bloß geträumt, ja und dann hörte ich ein Kind weinen – –.«

Sergej schien froh überrascht.

»Hast du das auch geträumt?« rief er lustig, »das mit dem Kind?«

»Ich weiß nicht, – – ich hörte es ja bloß wimmern –.«

»Ja, ja,« sagte Sergej, »das wird es schon gewesen sein. Vor zwei Wochen, nicht wahr?«

»Es ist schon länger her –.«

»So? Na das tut nichts. Du hast es eben vorausgehört. Ein Prachtjunge ist es geworden, den ich damals am Ostertag erschaffen habe und den mir meine gute Xena vor vierzehn Tagen in die Wiege legte. Peter haben wir ihn getauft, denn weißt du, Väterchen, damals an jenem Ostertag da war sehr viel von dir in mir. Weißt du noch, wie wir den Schnapsteufel ertränkten, drüben aus der Wassiljewski-Insel? Er ist endgültig tot. – Und dann erzähltest du vom Herrn und seinen Jüngern und vom armen Judas Ischariot, der die Großen dieser Erde morden wollte, anstatt die Freiheit im eigenen Herzen zu suchen. Das hast du so schön gesagt. Ich habe mir's gut gemerkt. Was hast du denn, Väterchen?«

»Nichts – – nichts –«, sagte Peter. Die Worte Sergejs schnitten wie schartige Messer in sein Herz. Er hätte vor ihm niederknien mögen in Scham und Reue.

Sergej Fedorowitsch schob seinen Arm unter den Peters.

»Es ist gut, daß ich dich treffe«, sagte er geheimnisvoll. »Mir geht da eine Sache viel im Kopf herum. Vor einigen Tagen kommt ein Kerl in meine Werkstatt; fast hätte ich ihn nicht erkannt. Als kleine Jungen spielten wir mitsammen. Dann verkam er immer mehr. Ja, der Schnaps! Ich erschrak, als ich den Burschen sah mit seinen roten Bartstoppeln und den verquollenen Augen und allen Krankheiten im Gesicht. So hätt' es mir gehen können, dachte ich, hätte ich nicht zur rechten Stunde Peter Iwanitsch gefunden, – – und meine Xena, nun ja, auch sie. Dem da war eben keines von beiden begegnet.«

Peter horchte gespannt und angstvoll; er hatte den »Mann des Volkes« sofort erkannt.

»Nun ja; also der rote Kerl redet so hin und her, schaut sich die ganze Werkstatt an, jede Zange, jeden Schraubstock, und schließlich kommt es heraus, daß er mich zu einer ganz verfluchten Sache haben will. Ich sollte ihm so ein Ding drehen, eine Eisenbüchse, die er dann füllen wollte, bevor er sie einem großen Herrn vor die Lackstiefel warf. Was sagst du, Väterchen?«

»Was hast du getan?« fragte Peter mühsam atmend.

»Nun, nun, erschrick nicht gleich,« beschwichtigte ihn Sergej Fedorowitsch, »ich dachte an dein Wort über Judas Ischariot: ›Die Freiheit beginnt nicht beim Morde der Großen‹ – und warf den Kerl hinaus.«

»Hast du ihn der Polizei angezeigt?« fragte Peter schnell.

»Hätte ich es tun sollen? Er tat mir leid, so jämmerlich wie er aussah – und auch wohl drinnen war; denn wer so was tun will, der ist doch arm –. Ich ließ ihn laufen.«

»Ja – du hast recht getan, – – Sergej Fedorowitsch, – – ja – es war gut so.«

Peter Iwanowitsch rang nach Luft, er war am Ende seiner Kräfte.

»Die Bombe habe ich natürlich auch nicht gedreht«, fügte Sergej noch lächelnd hinzu.

»Ja, du hast ganz recht getan –,« wiederholte Peter, »gib deine Hand niemals zu solchen Dingen her – – niemals –!«

»Wo denkst du hin, Väterchen?«

»Nun muß ich fort,« sagte Peter, dem die Gesellschaft des ehrlichen Burschen auf der Seele brannte, »ich habe noch sehr viel Arbeit –.«

»Du arbeitest wohl zu viel mit dem Kopf,« sagte Sergej Fedorowitsch treuherzig, »davon wird man bleich und müde. Willst du nicht wieder einmal zu uns kommen?« fragte er schüchtern, »sie würden sich alle vom Herzen freuen; auch Xena und der kleine Petruscha Sergejewitsch, den du schon im Schlafe schreien hörtest.«

»Ja, Sergej, ja, – vielleicht komme ich wieder, – – vielleicht komme ich noch einmal wieder – – –.«

Damit schieden die beiden.

Sergej Fedorowitsch ging nach seiner Werkstätte zurück, beruhigt in seinem Gewissen dem Roten gegenüber, besorgt in seinem treuen, einfachen Herzen um das Wohl seines Meisters, der ihm seltsam verstört erschienen war.

Peter Iwanowitsch aber flüchtete vor den furchtbaren Stimmen seiner zermarterten Seele in das dichtgefüllte Café am Newski-Prospekt, wo er in den schmeichelnden Wolken und Klängen unterging und in der alle Sinne bannenden Gegenwart Lisawetas, neben dem befreiten Iwan Michailowitsch und dem frohen Künstler Warinski sich selbst und die schweren Ketten vergaß, die ihn und alle diese mit einer neuen Windung unwiderstehlich, unerbittlich umklammerten.

*

Iwan Warinski war fleißig am Werk.

Der »Vorfrühling« stand im Entwurf bereits auf der Leinwand, als auch draußen schon allenthalben die leeren Bäume mit feinnervigen Zweigen ahnend nach den ersten Sonnenstrahlen tasteten und das Eis der Newa brach. So konnte der Maler nach der Natur die weite, herbe Landschaft skizzieren, vor welcher Lisaweta auf einer Rasenbank ruhend gegeben war; ein weiches, loses Gewand floß in schönen Falten über die schlanken Glieder, mit geschlossenen Augen war das Haupt mit den schweren, dunklen Haaren auf einen Arm zurückgelegt, während sie den anderen, wie im Halbbewußtsein des ersten Erwachens leicht erhoben von sich streckte. Der angestrebte Eindruck halber Abwehr, dämmernder Ahnung und traumhaft keimender Sehnsucht war schon in der Skizze in einem Grad erreicht, der dem vollendeten Gemälde die stärkste Wirkung in sichere Aussicht stellte.

»So um Ostern werden wir's haben,« sagte Iwan Warinski, »wenn ›er‹ uns leben läßt – –.«

Der Hinweis auf den Polizeiminister gerade in diesem Zusammenhang störte Peter Iwanowitsch ganz besonders. Mußte das immer sein? Er brauchte eine Weile, um die aufsteigende Bitterkeit mit dem Gedanken an den nahenden Frühling zu überdecken.

Ja, dieser Frühling! Noch keinen hatte er so ungeduldig, so bang ersehnt. Da würde das Bild vollendet sein – dieses hier – und noch ein anderes: Er würde die Geliebte entführen, – fort aus dieser Welt lastender Ketten –, hinauf in die reine, strahlende, einzig echte Freiheit seiner Berge. Jetzt, da das Eis zerbrach, kam es wieder mit der ganzen, lange niedergehaltenen Wucht über ihn, das Heimweh nach einfacher Reinheit. Und weil in diesem Frühling so große Erfüllungen seiner warteten, deshalb glaubte er auch die quälende, bange Furcht zu verstehen, die in einsamen Stunden sein hungerndes Herz beschlich. Er fieberte dieser Zeit entgegen, wie ein Krieger dem Entscheidungskampfe. –

*

»Es ist uns zugefallen. Wir müssen es tun. Am Ostertag nach dem Gottesdienst. Nie haben wir diese Gelegenheit wieder.«

»Wir müssen ihn ermorden? –« fragte Néhémie Ssemenowitsch mit leisem Schauder, während seine Augen gierig flackerten und rote Flecken auf seinen Wangen entstanden.

»Was für schwere Worte!« bemühte sich Iwan Michailowitsch leichthin zu erwidern, »der Herr Minister muß seines Amtes enthoben werden. Und da er von selbst nicht geht und der Zar es nicht tut, so müssen wir es unternehmen. Das wissen wir doch schon lange. Es handelt sich nur noch um das Wann und Wo. Das ist nun auch klar.«

»Und wer –?« fragte wieder der Sohn des zum Leiden bestimmten Volkes.

»Wir wollen das Los werfen«, entschied Iwan Michailowitsch.

Peter Iwanowitsch Karugin wußte vom ersten Augenblick an, daß es nur ihn treffen konnte. Das also war das Gespenst seiner bangen Nächte –. Lächelnd nahm er die kleine Karte, auf der sein Name stand, aus der Hand Iwans, während der Maler Warinski die übrigen Namentäfelchen rasch aus der Schale holte, in den Ofen warf und ihre Glut zerstampfte. Es ging Peter durch den Sinn, daß recht gut auf jeder Karte sein Name gestanden haben könnte. Warinski hatte sie geschrieben; niemand hatte sie vor oder nach der Entscheidung gelesen.

Lächelnd nahm Peter Iwanowitsch die Gratulationen der Freunde entgegen. Warinski schüttelte ihm besonders warm die Hand.

»Der Vorfrühling ist der Vollendung nahe –,« sagte er, »nicht wahr, Lisaweta?«

Die Vertraulichkeit der Anrede und der Blick, mit dem der Maler die Freundin streifte, waren Peter nicht entgangen. Er lächelte; auch als ihm Iwan Michailowitsch genau Stunde und Ort bezeichnete, wo er am Vortag die Bombe erhalten würde und ihm bis in die kleinste Einzelheit die Ausführung der Tat klarlegte, auch da lächelte Peter Iwanowitsch ins Leere und nickte nur zuweilen, wenn Iwan nach seinem Verstehen fragte.

*

Eine Woche trennte ihn noch vom Ostertag.

Seine Seele war in seltsamer Bewegung; die schwere Last war verschwunden, er sprach fast kein Wort mit den Freunden, die stets um ihn waren und ihm jeden Wunsch von den Augen lasen; er lächelte den Bildern zu, die vor seinen Sinnen schwebten: Berge im glitzernden, reinen Schnee, Herdenglocken und Heimatlieder und im offenen Himmel das goldene Gotteslicht.

Er war still und ohne Verlangen. – –

*

Am Abend vor der Tat traf er am verabredeten Ort Iwan Michailowitsch, der ihm noch einmal seine Obliegenheit, wie er sich schonend ausdrückte, genau erklärte, bemüht, dem Ganzen jede Schwere zu nehmen, als handle es sich um das Einüben einer Rolle zu einem bevorstehenden Theaterabend. Wie von ungefähr drückte er dem Freund mitten im Gespräch eine unscheinbare, grobgearbeitete Blechbüchse in die Hand.

»Nicht fallen lassen!« sagte er nebenbei, als hätte er ihm ein Osterei geschenkt.

Peter Iwanowitsch fühlte das kalte Metall in seiner Hand brennen. Er warf einen scheuen Blick auf die Bombe.

»Sergej Fedorowitsch hätte sie feiner gedreht –«, ging es unwillkürlich durch den Sinn. –

Iwan Michailowitsch verließ den Freund vor der Wohnung Iwan Warinskis, wo Peter noch an diesem Abend das fast vollendete Vorfrühlingsbild ansehen wollte.

Er steckte die Blechbüchse in die innere Manteltasche und stieg langsam die wohlvertraute Treppe zum Atelier hinauf, das wegen des Lichtes im höchsten Stockwerk lag. Ohne zu läuten trat er ein und fand sich allein in dem großen, dämmernden Raum, der mit dem üblichen Durcheinander von Staffeleien, leeren und bespannten Keilrahmen jeder Größe, Tüchern, Stühlen und anderen Modellrequisiten und Malgeräten angefüllt war, worüber der bezeichnende Mischgeruch von Fixativ und Ölfarbe schwebte. Die Tür zum Nebengemach stand offen, aber erst als Peter einige Schritte gegen die große Staffelei machte, die mit dem Vorfrühlingsbild in der Mitte des Raumes stand, erschien der Maler Warinski im Türrahmen und begrüßte laut und herzlich den Ankömmling, der still versunken das Gemälde betrachtete.

»Hab' ich sie nicht fein herausgekriegt?« rief er, »noch eine oder zwei Sitzungen und die Geschichte ist reif, mich noch unsterblicher zu machen, als ich schon bin«, und in leicht schwankendem Ton fügte er hinzu: »Wir haben eben eine kleine Arbeitspause gehalten – –.« Dabei warf er einen schnellen Blick nach der Tür hinüber, aus der er gekommen war, und in deren Rahmen nun plötzlich Lisaweta lehnte, so daß sich ihre Silhouette in stumpfen Umrissen vom grauen Hintergrund abhob.

»Gefällt es dir?« fragte sie herüber.

Peter Iwanowitsch antwortete nicht gleich. Er wußte, daß Iwan Warinski wegen der Lichtverhältnisse nur am Vormittag an diesem Bild arbeitete; keinesfalls in der Dämmerung.

»Nun, was sagst du?« fragte Iwan, als Peter noch immer schweigend auf das Bild schaute.

»Es ist – – sehr gut –«, antwortete er schließlich langsam und abwesend.

Jelisaweta Isaéwna trat näher und sah gleichfalls auf das Bild.

»Nun hat uns die gütige Exzellenz doch noch so lange leben lassen,« lachte Warinski, »dafür wollen wir uns auch dankbar zeigen, was?« und er stieß Peter leicht in die Seite, etwas tiefer als sich die Blechdose in der Tasche befand.

Peter Iwanowitsch sagte nichts; er hatte ein fernes Sausen und Dröhnen in den Ohren und seine Knie wankten ein wenig.

»Nimm es nur nicht schwer,« sagte Warinski, indem er ihm auf die Schulter klopfte, »morgen um diese Zeit ist alles vorüber.«

Peter wandte sich.

»Ich will jetzt gehen«, sagte er ohne Leben in der Stimme.

Ohne umzusehen schritt er nach der Tür. Es war ihm, als sinke er tiefer und tiefer in ein rauschendes, eigentümlich summendes Element. So mochte es sein, wenn man auf dem Boden des Meeres ging.

Er sah nicht, wie Jelisaweta Isaéwna ihm langsam folgte, als zöge er sie in magischem Bann hinter sich nach, sah nicht, wie Iwan Warinski sie am Handgelenk packte und wie sie sich seinen klammernden Griffen entrang. Wie aus weiter Ferne hörte er noch Warinskis Stimme:

»Nimm es nicht zu schwer – –«, und während er langsam und tastend die vier Treppen hinabstieg, merkte er kaum, daß Lisaweta an seiner Seite blieb.

Schweigend gingen sie durch das Gewirr der Straßen und Gassen, über Plätze und Brücken, indes der Frühjahrswind schwere, nasse Wolken über den eigentümlich lichten Abendhimmel trieb.

Jelisaweta Isaéwna ging ruhig im gleichen Schritt neben Peter Iwanowitsch her.

Er sah mit keinem Blick nach ihr, sprach kein Wort, aber er hörte das Knistern ihres Gewandes und den ruhigen Takt ihrer Schritte. Es war ihm, als müsse er die Hand nach ihr ausstrecken – um sie zu kosen oder zu schlagen –, um sie an sich zu reißen oder zu erwürgen – –, er wußte es nicht.

Als sie zugleich mit ihm sein Zimmer betrat, zuckte der Gedanke in ihm auf, daß sie noch nie hier gewesen war. Er drehte sich plötzlich um und sah ihr zum ersten Mal an diesem Abend in die Augen. Sie hielt seinen Blick ruhig aus.

»Warum sprichst du nicht?« fragte er trotzig.

»Ich habe dir nichts mitzuteilen«, sagte Lisaweta in leise singendem Ton.

»Weshalb bist du dann mitgekommen?« fragte Peter.

Sie trat auf ihn zu und legte ihre Hand leicht auf seinen Arm.

Peter Iwanowitsch zuckte unter der Berührung; er wollte sich dagegen wehren, fand aber nicht die Kraft dazu.

»Lisaweta – –,« knirschte er, den Tränen nahe, »Lisaweta, warum tust du mir das – –?«

»Was denn, Petruscha?«

Er sah sie mit großen, weit offenen Kinderaugen an.

»Du – du bist seine Geliebte –«, stammelte er.

»Nein«, sagte sie ruhig.

»Aber – du wärst es geworden – –, wenn ich nicht gekommen wäre –.«

Lisaweta streichelte weich und begütigend über seine Haare und sagte nach einer Weile:

»Du bist ja gekommen – – mein Petruscha – und ich bin mit dir gegangen – –.«

»Ja – – aber –.«

»Frage nicht – ich bin bei dir.«

Und sie fiel vor ihm nieder und preßte sich an ihn und schluchzte:

»Halt mich fest – – ich bin zu dir geflohen –! Halte mich fest –!«

Verwirrt und ratlos über diesen ganz unerwarteten Ausbruch zog er sie in die Höhe, und während sie ihn mit beiden Armen wild umschlang und den Kopf an seine Schulter drückte, wiederholte sie immer wieder ihr rettungsuchendes, leidenschaftliches:

»Geh nicht von mir! Halte mich fest! Ich bin geflohen zu dir – zu dir –!«

Er küßte sie auf Stirn und Haar, und es fiel ihm kein Wort ein, das er ihr hätte sagen sollen. Das alles war so unerhört, so unwahrscheinlich. Noch nie war ihm Lisaweta um den Hals gefallen, nie hatte sie ihre Ruhe verloren, nie Leidenschaft verraten. Und jetzt schoß eine glühende Welle von ihr zu ihm, eine zuckende, heiße Flamme hüllte sie beide ein. Er fühlte, wie das Blut in ihrer Brust pochte, fühlte ihren Atem und die Wärme dieses langersehnten Leibes.

Da loderte es auch in ihm auf, und er riß an seinen Ketten.

»Komm mit mir –,« flüsterte er dicht an ihrem Ohr, indem er sie fester an sich drückte, »komm! Jetzt! Noch in dieser Nacht –, in dieser Stunde – –. Keiner soll uns finden – –. Niemand kann uns holen aus meinen Bergen –.«

Sie antwortete mit keinem Wort, mit keiner Bewegung.

»Komm mit mir – –, komm – Lisaweta –. Niemand findet uns – –.«

Sie löste ihre Arme und sank kraftlos in einen Sessel.

»Wir haben geschworen –«, sagte sie dumpf.

»Nicht nur dem Haß, sondern auch der Liebe –.«

Da sagte Lisaweta langsam und traurig:

»In uns allen war einmal nichts als Liebe, und was wir wollen ist Liebeswerk. Daß wir diesen Weg gehen müssen, ist nicht unsere Schuld. Aber wir müssen.«

Dann stützte sie den Kopf in die Rechte und schwieg.

Peter Iwanowitsch nahm die Blechbüchse aus der Tasche und legte sie auf den Tisch. Wieder dachte er an Sergej Fedorowitsch, der mit Liebe am Werk war und schöne Gegenstände schuf; dieses Ding hier war ungeschickt und häßlich gemacht, verbeult und kantig; er haßte es wie alles, was damit zusammenhing. – Da hörte er Jelisaweta Isaéwna sagen:

»Glaubst du denn, es wäre jetzt noch möglich? Du kannst keinen Schritt aus diesem Hause machen, der nicht gesehen und bewacht wird.«

»Wer sollte – –?« fragte Peter voll Schreck.

»Alle – alle, die geschworen haben.«

Da ächzte er wieder, da stöhnten sie beide unter den harten Ketten.

Zornig und sinnlos stemmte er sich noch einmal dagegen. Er nahm die Bombe vom Tisch und wog sie in der Hand.

»So werfe ich dieses Ding hier auf den Boden –,« knirschte er, »dann haben sie ihr Opfer – –.«

Jelisaweta blickte auf; es war so dunkel, daß sie sein Gesicht kaum sehen konnte. Sie nahm ruhig seine Hand, und es war wieder das leise Singen in ihrer Stimme:

»Das darfst du nicht. Wir dürfen keine Heimat haben, nicht einmal diese. Du lebst jetzt in den glühenden Herzen all der Tausende, die auf morgen warten, der Millionen, die deine Tat der Freiheit nähert. Was sind wir? Was ich und du und unser enges Glück – –?«

Peter Iwanowitsch fuhr sich mit der Hand über die fiebernde Stirn, seine Brust ging schwer, als er die Bombe zögernd wieder auf den Tisch legte; und Jelisaweta Isaéwna küßte seine Hände, ehe sie ihn umschlang und zurücksank, ehe Gott und Welt im roten Brande dieser Nacht vergingen.

*

Mit dem grauen Tag erwachte Peter Iwanowitsch. Jelisaweta Isaéwna schlief ruhig an seiner Seite. Versunken in den Anblick ihrer Schönheit sah er sie eine lange Weile an, dann küßte er vorsichtig eine Träne von ihrer Wange. Die Morgendämmerung zog ihre Schleier durch den Raum. Der Blick des Halberwachten fiel auf den merkwürdig buckligen Gegenstand auf dem Tisch; matte Lichter lagen auf dem stumpfen Metall. Es schien ihm, als säße eine Kröte dort und glotze ihn mit zwinkernden, bösen Augen an. Ihn fröstelte. Behutsam glitt er vom Lager und kleidete sich an.

Lisaweta erwachte, sah scheu nach Peter hinüber, barg ihren Kopf im Kissen und weinte leise. Er trat heran und küßte sie auf das offene Haar.

»Weine nicht, Lisaweta – –,« sagte er, »weine nicht – –«, und indem er fortfuhr, ihr übers Haar zu streichen, kam ihm kein anderes Wort in den Sinn, als dieser schwache, nichtssagende Kindertrost.

So saß er am Bettrand eine schwere, lange Stunde, indes der Morgen draußen träge über die Dächer kroch.

Gedanken verbohrten sich in seinem Hirn und wie herbeigezaubert standen sie alle vor ihm, von denen er wohl gehört oder gelesen hatte, daß ihnen der Pfeil des Schicksals in die Schwungsehne gefahren war. Groß, unfaßbar groß war das Leid der Welt, größer und härter der Schmerz einer einzigen Brust.

In dieser Stunde aber stemmte er sich nicht mehr dagegen. Wie das Weib, das hier leise und schmerzvoll weinte, beugte nun auch er den Nacken, und beide gingen schuldig verkettet und vermieden jeder des andern Blick.

*

Die Vorsicht, mit der er auf der Gasse nach jeder Bewegung spähte, war ihm durch die Übung der letzten Monate natürlich und selbstverständlich geworden. Er fand nichts Verdächtiges. Es ahnte wohl kein Mensch, was er da unter seinem schottischen Mantel trug. Beinahe machte es ihm Vergnügen, den Leuten keck in die Augen zu schauen und ganz flüchtig bekannte Personen laut und freundlich zu grüßen. Lisaweta, die nicht von seiner Seite ging, verwies ihm diese Unvorsichtigkeit.

»Bist du toll?« fragte sie, »müssen dich alle sehen?«

»Laß doch!« antwortete er gereizt, »es macht mir Spaß –.«

Er empfand eine Lust daran, ihr zu widersprechen; er hätte sie quälen mögen. Etwas wie Rachsucht bäumte sich in ihm gegen sie auf, und als Iwan Warinski plötzlich auf der andern Straßenseite auftauchte und herübergrüßte, winkte ihm Peter zu und rief laut des Malers Namen, so daß alle Leute nach beiden schauten, bis Warinski plötzlich in einer Seitengasse verschwand.

»Was fällt dir ein –?« sagte Lisaweta.

Er sah sie schnell von der Seite an.

»Das Frühlingsbild – – gestern –«, gab er feindselig zurück.

Sie schwieg.

»Ist heute wieder Sitzung –?« fragte er.

»Morgen erst –«, sagte sie ruhig.

Peter Iwanowitsch lachte kurz und hart auf. –

Als sie an der Marinski-Oper vorbeikamen, stand eine Gruppe von Herren und Damen fröhlich plaudernd vor einer Tür des Theaters. Es waren deutsche Sänger und Sängerinnen, die hier eine Reihe von Vorstellungen gaben, wie grelle Maueranschläge verkündeten.

Peter Iwanowitsch las die Titel der Opern, die Namen der Darsteller und sah nach den lachenden Mimen hinüber. Plötzlich faßte ihn eine ungeheure Sucht, Kunst zu erleben, sich von ihrer Macht entführen zu lassen, ihren befreienden Zauber zu spüren. Die Sache, der diese Deutschen dienten, barg vielleicht hundert Wege aus der Wirrnis, in die er verstrickt war, hundert Möglichkeiten, die drückenden Ketten zu sprengen. – Und nicht nur diese Menschen – – jeder – jeder, den er sah, der Arbeiter, der dort den Karren schob, die Soldaten da neben ihm, die jungen Leute, die lachend spazieren gingen – –, sie alle wußten ihren Pfad und fanden die offenen Tore – –. Wo waren sie? – Wo?

»Wir müssen weitergehen –,« hörte er Lisaweta neben sich sagen, »es wird zu spät.«

Er preßte die Zähne aufeinander, um nicht laut gegen sein Joch zu stöhnen, und ging mit gesenktem Haupt, wie ein Verurteilter zur Richtstätte.

Nun haßte er das Weib an seiner Seite, mit glühender, feindseliger Leidenschaft haßte er jetzt Lisaweta Isaéwna. – –

*

Der Wagen des Polizeiministers mußte den Kai entlang und an der Troitzki-Brücke vorbeikommen. Die Stelle, welche Iwan Michailowitsch ausgesucht hatte, befand sich ungefähr dem Brückenkopf gegenüber, so daß Peter Iwanowitsch Brücke und Kai weithin überblicken konnte und den Wagen schon aus der Ferne herankommen sehen mußte.

Die Straßen waren voll Menschen; festlich befreit sahen sie heute aus und hatten viel versteckte Lust in Gang und Blick.

Drüben auf der flachen Insel schwamm die Peter-Paul-Festung wie auf einem Riesenfloß im blinkenden Wasser der Newa.

Peter konnte den Blick nicht von der Zwingburg wenden. Ein Bild stieg plötzlich aus dem Halbdunkel einer fernen Erinnerung empor:

Es war nun ein Jahr her, daß er hier in die sinkende Sonne gesehen hatte und die Newa blutig rot leuchtete. – Und dort drüben auf der Brücke, wenige Schritte vor ihm, hatte sich klar und tief ein Schatten vom roten Himmel gezeichnet, der hohe, schlanke Schatten einer Frau, die er nicht kannte –, die im Glühen der Wolken zerstörende Flammen sah, während er Gott darin fand.

Und nun –? Kannte er jetzt diese Frau?

Eine Heimat wollte er der Beraubten geben –, und sie nahm ihm seine; aufbauen hatte er wollen – und mußte zerstören und wurde zerstört.

Wie? Mußte er? Niemand wußte, warum er hier stand, auf wen er wartete – –, er war ein Spaziergänger, wie alle andern –, und konnte da drüben von der Brücke eine alte Blechbüchse ins Wasser fallen lassen – –, wer würde was daran finden –?

Vorsichtig nahm er die Bombe aus der Tasche, behielt sie in der rechten Hand unter dem Mantelkragen und machte einen Schritt gegen die Brücke; da fühlte er Lisawetas Hand auf seinem Arm –, leicht und doch merkwürdig fest –; zugleich bemerkte er, wie Néhémie Ssemenowitsch, der Sohn des gequälten Volkes, der auch dazu gehören wollte, auf der andern Straßenseite stand und ihn heimlich aber unausgesetzt beobachtete; in der Ferne glaubte er Iwan Michailowitsch zu erkennen – –, da blieb er und wartete.

Seine Sinne arbeiteten mit der größten Schärfe, völlig mechanisch, ohne daß er sie in irgend eine Richtung hätte zwingen können. Er sprach kein Wort, er dachte auch gar nichts. Dabei folgten seine Augen wie gebannt jeder Bewegung des langen, blonden Polizeisoldaten, der ihm gegenüber langsam und gleichmäßig auf und ab ging, stehen blieb, in die Newa schaute, sich den Schnurrbart strich und wieder weiterschlenderte. Es mochte ein gutmütiger Bursche sein, der sich in der blank geputzten Uniform zwar sehr stattlich, aber wenig behaglich vorkam. Dieses Widerspiel seiner Gefühle glaubte Peter deutlich zu sehen.

Wie würde der brave Kerl erschrecken, wenn es nun plötzlich krachte, während er alles in bester Ordnung geglaubt hatte.

Bei dem Gedanken daran fühlte Peter ein Prickeln in den Fingern, die die Blechbüchse umspannten. Nun beschäftigte ihn auf einmal die Vorstellung, wie es sein würde. Es waren viele Leute auf der Straße, und gerade an dieser Stelle blieben sie gern ein Weilchen stehen und schauten über das glitzernde Wasser nach der Festung hinüber; denn der Anblick hatte viel für sich. Wen würde es nun treffen? Es konnten viele sein. Wie viele etwa? Und wer? Eine Kinderfrau mit einem kleinen Knaben am Arm oder ein glänzender Offizier, eine stattliche Dame oder ein müder, gequälter Mensch, der just heute ein wenig in die Sonne ging – –?

An jeden dachte er –, nur nicht an den Einen, auf den er wartete, jeden, der vorüber war, pries er glücklich als einen dem Tode entgangenen. Nur der blonde, lange Bauernjunge im Polizistenrock blieb immer in der Nähe –, und er selbst –, und das stille Weib an seiner Seite, das diese Nacht sein gewesen war – – und nun fremd und gebietend die Hand auf seinen Arm legte, wenn er sich nur von der Stelle rührte – –.

Sie verriet die Liebe –, und er haßte sie deshalb. –

Pferde trappelten in der Ferne, ein Wagen rollte.

Der blonde Polizist streifte seine Handschuhe zurecht, rückte an seinem Mantelkragen und nahm genau Peter gegenüber Stellung.

Da zuckte ein Entschluß durch den Kopf des Lauernden: Ich werde den Wagen vorbeilassen und die Bombe nicht werfen. –

Er empfand eine wilde Freude daran, daß er nun doch am Ende Sieger blieb. Ein Fieber rieselte durch seinen Körper, sein Blut pochte in den Schläfen.

Als der Wagen nur noch zehn Schritte entfernt war, trat Peter Iwanowitsch vor, um den Mann zu sehen, an den er nie mehr gedacht hatte, seit er zu seinem Mörder bestimmt war. Er sah in ein braungelbes Gesicht mit eingekniffenen Augen und einem grauen Knebelbart.

»Vor mir bist du sicher –«, dachte er und warf einen kurzen, triumphierenden Blick auf Lisaweta, die dicht neben ihm stand.

Da aber fühlte sie seine Gedanken. Blitzschnell stieß sie ihn nach vorn und riß ihm den Mantelkragen weg, so daß jeder die Bombe in seiner Hand sehen mußte.

Ohne zu wissen, was er tat, als brenne es in seiner Hand, warf er das Ding von sich.

*


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