Alexander Dumas d. Ä.
Zwanzig Jahre nachher. Zweiter Band
Alexander Dumas d. Ä.

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Der Mönch

Zwei Menschen lagen da . . . der eine unbeweglich, das Gesicht nach dem Boden, von drei Kugeln durchbohrt und in seinem Blute schwimmend. Dieser, offenbar ein Priester, war tot.

Der andere schlug, als man sich ihm näherte, die Augen zum Himmel auf, faltete die Hände und verrichtete ein heißes Gebet . . . Eine Kugel hatte ihm den Oberschenkel zerschmettert.

Raoul, der es zuerst bemerkte, rief: Kommt hierher . . . dem andern ist nicht mehr zu helfen, während man diesen vielleicht noch retten kann!

Mich retten? Nein, sprach der Verwundete leise, aber mir sterben helfen, ja! – Seid Ihr ein Priester? fragte Raoul. – Nein, Herr. – Aber Euer unglücklicher Gefährte schien mir der Kirche anzugehören, versetzte Raoul.

Es ist der Pfarrer von Bethune, mein Herr. Er trug die heiligen Gefäße seiner Kirche und den Schatz des Kapitels an einen sichern Ort, denn der Prinz hat gestern unsere Stadt verlassen, und vielleicht ist morgen der Spanier darin. Da man aber wußte, daß feindliche Streifkorps im Lande umherzogen, und die Sendung gefährlich war, so wagte es niemand, ihn zu begleiten, bis ich mich anbot.

Und diese Elenden haben Euch angegriffen! Diese Schufte haben auf einen Priester geschossen!

Meine Herren, sagte der Verwundete um sich herschauend, ich leide sehr, wünschte aber dennoch in irgend ein Haus gebracht zu werden, wo ich beichten könnte. Die Kugel hat den Schenkelknochen oben zerschmettert und ist bis in die Eingeweide gedrungen.

Seid Ihr Arzt? sagte Guiche.

Nein, aber ich verstehe mich ein wenig auf Wunden, und die meinige ist tödlich. Versucht es also, mich irgendwohin bringen zu lassen, wo ich einen Priester finden kann, oder habt die Güte, mir irgend einen hierher zu führen, und Gott wird Euch für diese fromme Handlung belohnen. Meine Seele muß gerettet werden, denn mein Leib ist verloren. Mein Gott! rief er, als plötzlich die Schmerzen heftiger zu werden schienen, mit einem Ausdruck des Entsetzens, der die jungen Leute beben ließ, Ihr laßt mich nicht ohne Absolution sterben? Es wäre zu schrecklich.

Mein Herr, beruhigt Euch, antwortete Guiche, ich schwöre Euch, daß Ihr den Trost haben sollt, nach dem Ihr verlangt. Sagt uns nur, wo ein Haus ist, in dem wir Beistand fordern, und ein Dorf, wo wir einen Priester bekommen können.

Dank, Dank, und Gott vergelte es Euch. Eine halbe Meile von hier findet sich eine Herberge, und ungefähr eine halbe Meile weiter liegt das Dorf Greny. Sucht dort den Pfarrer auf. Ist er nicht zu Hause, so geht in das Augustinerkloster, das letzte Haus des Fleckens rechts, und führt mir einen Bruder herbei.

Herr d'Arminges, sprach Guiche, bleibt bei diesem Unglücklichen und wacht darüber, daß er so sanft als möglich transportiert wird. Macht eine Tragbahre aus Baumzweigen und legt alle unsere Mäntel darauf. Zwei von unsern Lakaien tragen ihn, während der dritte den zuerst Ermüdeten ablöst. Der Vicomte und ich suchen einen Priester auf.

Geht, Herr Graf, sprach der Hofmeister, aber ums Himmels willen setzt Euch keiner Gefahr aus.

Guten Mut, Herr, sprach Raoul zu dem Verwundeten, wir vollführen Euern Wunsch.

Gott segne euch, meine Herren, antwortete der Sterbende mit einem unbeschreiblichen Ausdruck von Dankbarkeit.

Und die jungen Leute sprengten im Galopp in der angegebenen Richtung fort und erblickten nach einem Ritt von zehn Minuten die Herberge.

Raoul rief, ohne vom Pferd zu steigen, den Wirt, benachrichtigte ihn, daß man ihm einen Verwundeten bringen werde, und bat ihn, mittlerweile alles vorzubereiten, was zum Verbinden notwendig sei, forderte ihn zugleich auf, wenn er in der Umgegend einen Wundarzt kenne, ihn holen zu lassen, und ritt mit seinem Freunde weiter.

Sie hatten mehr als eine Meile hinter sich und erblickten bereits die ersten Häuser des Dorfes, deren mit rötlichen Ziegeln bedeckte Dächer kräftig aus den grünen Bäumen, von denen sie umgeben waren, hervortraten, als sie einen Mönch, den sie nach seinem breiten Hut und seiner grauwollenen Kutte für einen Augustinerbruder hielten, auf einem Maultier einherkommen sahen. Diesmal schien ihnen der Zufall zu schicken, was sie suchten.

Sie näherten sich dem Mönch; es war ein Mann von zwei- bis dreiundzwanzig Jahren, den jedoch seine asketischen Übungen weit älter gemacht hatten. Er war bleich, aber nicht von der matten Blässe, die manchmal eine Schönheit ist, sondern von galligem Gelb. Seine kurzen Haare, die kaum ein wenig über den Kreis gingen, den sein Hut um seine Stirne zog, waren hellblond, und seine blauen Augen schienen des Blickes zu entbehren.

Mein Herr, sagte Raoul mit seiner gewöhnlichen Höflichkeit, seid Ihr ein Priester?

Warum fragt Ihr mich? sprach der Fremde mit beinahe unhöflicher Unempfindlichkeit.

Um es zu wissen, antwortete der Graf von Guiche mit stolzem Tone.

Der Fremde berührte sein Maultier mit dem Absatz und setzte seinen Weg fort. Guiche war mit einem Sprunge vor ihm und versperrte ihm den Weg.

Antwortet, Herr, sagte er. Man hat Euch höflich gefragt, und jede Frage ist eine Antwort wert.

Es steht mir, denke ich, frei, den nächsten besten zwei Personen, die der Kitzel ankommt, mich auszuforschen, zu sagen, wer ich bin, oder es nicht zu sagen.

Guiche unterdrückte mit großer Mühe seine Lust, den Mönch braun und schwarz zu prügeln.

Einmal, sprach er mit gewaltiger Selbstüberwindung, sind wir nicht die nächsten besten zwei Personen; mein Freund, hier ist der Vicomte von Bragelonne, und ich bin der Graf von Guiche; dann fragen wir nicht aus Neugierde, sondern ein verwundeter, sterbender Mann verlangt die Hilfe der Kirche. Seid Ihr Priester, so fordre ich Euch im Namen der Menschheit auf, mir zu folgen, um diesem Manne Beistand zu leisten. Seid Ihr es nicht, dann ist es etwas anderes. Ich sage Euch übrigens mit aller Höflichkeit, die Ihr ganz und gar nicht zu kennen scheint, daß ich Euch für Eure Unverschämtheit bestrafen werde.

Die Blässe des Mönches wurde bläulich, und er lächelte auf eine so seltsame Weise, daß Raoul, der ihn fest im Auge behielt, schauderte.

Es ist ein spanischer oder flämischer Spion, sprach er und legte die Hand an den Kolben seiner Pistole.

Ein drohender, einem Blitz ähnlicher Blick antwortete Raoul.

Nun, Herr, sagte Guiche, werdet Ihr sprechen?

Ich bin Priester, meine Herren, antwortete der junge Mann, und sein Gesicht nahm wieder seine gleichgültige Miene an.

Dann, mein Vater, sagte Raoul, indem er seine Pistole wieder in die Halfter fallen ließ und seinen Worten einen ehrfurchtsvollen Ausdruck gab, wenn Ihr Priester seid, so findet Ihr, wie mein Freund Euch gesagt hat, eine Gelegenheit, Euer Amt auszuüben. Ein unglücklicher Verwundeter befindet sich in der nächsten Herberge. Er fordert den Beistand eines Dieners Gottes.

Ich begebe mich dahin, sprach der Mönch.

Und er gab seinem Maultier einen Absatz.

Folgen wir ihm, sagte Guiche, das wird sicherer sein.

Und die jungen Leute ritten im gleichen Tempo mit dem Mönch, dem sie etwa auf Pistolenschußweite folgten, weiter.

Nach fünf Minuten wandte sich der Mönch, um sich zu versichern, ob sie ihm folgten oder nicht.

Seht, sprach Raoul, wir haben wohl daran getan. – Was für ein furchtbares Gesicht dieser Mönch hat! sagte der Graf von Guiche. – Ja furchtbar, erwiderte Raoul, besonders was den Ausdruck betrifft. Diese gelblichen Haare, diese matten Augen, diese Lippen, die beim geringsten Wort, das er ausspricht. verschwinden . . . – Ja, ja, sprach Guiche, dem alle diese Einzelheiten weniger aufgefallen waren, da Raoul den Mönch prüfend anschaute, während Guiche sprach. Der Beichtende sieht aus, als besäße er ein besseres Gewissen, als der Priester. Ich gestehe, ich bin gewohnt, ganz andere Priester zu sehen. – Welch ein Unglück für den Verwundeten, daß er in den Armen eines solchen Kuttenmenschen sterben soll! – Bah! sagte Guiche, die Absolution kommt nicht von dem, der sie gibt, sondern von Gott. Aber aufrichtig gestanden, ich würde lieber ohne Absolution sterben, als mit einem solchen Beichtvater zu tun haben. Ihr seid auch meiner Meinung, Vicomte, nicht wahr? Ich sah Euch den Kolben Eurer Pistolen liebkosen, als ob Ihr versucht wäret, ihm den Schädel zu zerschmettern. – Ja, Graf, es mag seltsam erscheinen, und Ihr werdet darüber erstaunen, ich fühlte beim Anblick dieses Menschen einen mir selbst unerklärbaren, unbeschreiblichen Abscheu. Ich schwöre Euch, daß mich bei seinem Anblick ein Gefühl ergriff, wie ich es empfand, als einmal bei Blois eine Schlange mir in den Weg kam und auf mich loszüngelte; ich war starr und wie gebannt, bis mich ein Wort meines Beschützers, des Grafen de la Fère, zu mir selbst brachte und ich dem Reptil im Momente, als es auf mich losfuhr, den Kopf zerschmetterte.

In diesem Augenblick kam man in die Nähe der kleinen Herberge, in die man soeben den Verwundeten brachte.

Die jungen Leute spornten ihre Rosse.

Dort ist der Verwundete, sagte Guiche, an dem Augustinerbruder vorüberreitend, habt die Güte, Euch ein wenig zu beeilen, Herr Mönch.

Nun waren die jungen Leute vor dem Beichtvater, statt ihm zu folgen; sie gingen dem Sterbenden entgegen und teilten ihm die gute Kunde mit.

Dieser erhob sich, um in der angegebenen Richtung zu schauen, und als er den Mönch sein Maultier antreiben und näherkommen sah, da fiel er, das Gesicht von einem Freudenstrahl erleuchtet, auf die Tragbahre zurück.

Wir haben nun, sagten die jungen Leute, alles für Euch getan, was wir tun konnten, und da es uns drängt, zum Heere des Prinzen zu gelangen, so setzen wir unsern Marsch fort; Ihr werdet uns entschuldigen, nicht wahr, Herr? Man sagt, es soll eine Schlacht geschlagen werden, und wir wünschten, nicht zu spät zu kommen.

Geht, meine jungen Herren, erwiderte der Verwundete, und seid für Euer Mitleid gesegnet. Gott beschütze Euch, Euch und diejenigen, die Euch teuer sind.

Mein Herr, sprach Guiche zu seinem Hofmeister, wir reiten voraus, Ihr holt uns auf der Straße nach Cambrin ein.

Der Wirt stand unter der Türe. Er hatte alles vorbereitet, Bett, Binden und Charpie, und ein Knecht war nach Lens, der nächsten Stadt, gegangen, um einen Arzt zu holen.

Hier die Bezahlung, sorgt für den Verwundeten, sagte Guiche zu dem Wirt und warf ihm Geld zu.

Gut, sprach der Wirt, es soll geschehen, wie Ihr wünscht. Aber haltet Ihr nicht an, gnädiger Herr, um Eure Wunde zu verbinden? setzte er, sich an Bragelonne wendend, hinzu.

Ah, meine Wunde ist durchaus von keiner Bedeutung, und es ist noch Zeit genug, wenn ich auf der nächsten Station danach sehe. Aber wenn Ihr einen Reiter vorüberkommen seht und dieser Reiter sich nach einem jungen Mann auf einem Fuchs und mit einem Lakaien erkundigt, so habt die Güte, ihm zu sagen, daß Ihr mich gesehen habt, ich sei jedoch weitergeritten und gedenke in Mazingarde zu Mittag zu speisen und zu Cambrin über Nacht zu bleiben. Dieser Reiter ist mein Bedienter.

Wäre es nicht besser und sicherer, wenn ich ihn um seinen Namen fragte und ihm den Eurigen nennen würde? entgegnete der Wirt.

Diese Vorsicht kann nicht schaden, sprach Raoul, ich heiße Vicomte von Bragelonne und er Grimaud.

In diesem Augenblick kam der Verwundete von der einen Seite und der Mönch von der andern. Die jungen Leute wichen zurück, um die Tragbahre vorüberziehen zu lassen. Der Mönch stieg von seinem Maultier ab und befahl, es in den Stall zu führen, ohne es abzusatteln.

Herr Mönch, sprach Guiche, hört diesen braven Mann wohl Beichte und kümmert Euch nicht um Eure Zeche und um die Eures Tieres; alles ist bezahlt.

Ich danke, mein Herr, antwortete der Mönch mit seinem gräßlichen Lächeln.

In diesem Augenblick wurde die Tragbahre von den Lakaien ins Haus gebracht. Der Wirt und seine Frau, die auch herbeigelaufen war, standen auf der Treppe.

Beim Anblick des bleichen, blutigen Mannes ergriff die Frau ihren Mann heftig beim Arme.

Nun, was gibt es? fragte dieser. – Sieh nur, erwiderte die Wirtin, auf den Verwundeten deutend. – Bei Gott, sagte der Wirt, er scheint mir sehr krank zu sein! – Das ist's nicht, erkennst du ihn denn nicht? – Diesen Menschen? Warte doch . . . – Ah, ich sehe, daß du ihn erkennst, sagte die Frau, denn du erbleichst ebenfalls. – In der Tat! rief der Wirt. Weh unserm Hause, es ist der ehemalige Henker von Bethune! – Der ehemalige Henker von Bethune, murmelte der junge Mönch und machte eine Bewegung, als wollte er stille stehen, während auf seinem Gesichte das Gefühl des Widerstrebens hervortrat, das ihm sein Bußfertiger einflößte.

Als die Lakaien, die den Sterbenden auf ein Bett gelegt hatten, den Mann Gottes sich dem Lager des Verwundeten nahen sahen, entfernten sie sich und schlossen die Türe hinter dem Mönch und dem Sterbenden.

D'Arminges und Olivain harrten ihrer, stiegen wieder zu Pferde, und alle vier trabten den beiden Edelleuten nach.

Im Augenblick, wo der Hofmeister und sein Gefolge ebenfalls verschwanden, hielt ein neuer Reisender an der Schwelle des Wirtshauses.

Was wünscht der Herr? fragte der Wirt, noch bleich und zitternd von der Entdeckung, die er gemacht hatte.

Der Reisende machte das Zeichen eines Mannes, der trinkt, stieg ab, deutete auf sein Pferd und machte das Zeichen eines Reibenden.

Ah, Teufel! sagte der Wirt zu sich selbst, es scheint, dieser Mensch ist stumm. – Und wo wollt Ihr trinken? fragte er. – Hier, antwortete der Reisende, auf einen Tisch deutend. – Ich täuschte mich, dachte der Wirt, er ist nicht ganz stumm.

Und er verbeugte sich, holte eine Flasche Wein und Zwieback und setzte beides dem schweigsamen Gaste vor.

Beliebt dem Herrn sonst noch etwas? fragte er. – Allerdings, sprach der Reisende. – Was wünscht der Herr? – Zu wissen, ob Ihr nicht einen jungen Edelmann von fünfzehn Jahren, auf einem Fuchs und mit einem Lakaien habt vorüberreiten sehen? – Den Grafen von Bragelonne? sagte der Wirt. – Richtig. – Dann heißt Ihr Grimaud?

Der Reisende machte ein bejahendes Zeichen.

Nun wohl, sprach der Wirt, Euer junger Herr war erst vor einer Viertelstunde hier. Er wird in Mazingarde zu Mittag speisen und in Cambrin über Nacht bleiben. – Wie weit von hier nach Mazingarde? – Zwei und eine halbe Meile. – Danke.

Da Grimaud jetzt die sichere Aussicht hatte, seinen jungen Herrn am Abend zu treffen, so schien er ruhiger zu werden, trocknete sich die Stirn ab und schenkte sich ein Glas Wein ein, das er schweigend trank.

Er hatte sein Glas auf den Tisch gestellt und schickte sich an, es zum zweitenmal zu füllen, als ein furchtbarer Schrei aus dem Innern des Hauses drang, wo sich der Mönch und der Sterbende befanden.

Grimaud stand rasch auf. Auf seine Frage erzählte ihm der Wirt, der frühere Henker von Bethune sei, von spanischen Parteigängern auf den Tod verwundet, hergetragen worden und beichte soeben einem Augustinermönch.

Der frühere Henker von Bethune? murmelte Grimaud, seine Erinnerungen zusammenfassend . . . ein Mann von fünfundfünfzig bis sechzig Jahren . . . groß, kräftig, von dunkler Gesichtsfarbe, mit schwarzem Bart und schwarzen Haaren?

So ist es, nur sind seine Barthaare grau und seine Haupthaare weiß geworden. Kennt Ihr ihn? fragte der Wirt.

Ich habe ihn einmal gesehen, antwortete Grimaud, dessen Stirn sich bei der auftauchenden Erinnerung verfinsterte.

Die Frau lief zitternd herbei. Hast du gehört? sagte sie zu ihrem Manne. – Ja, antwortete der Wirt und schaute unruhig nach der Türe.

In diesem Augenblick vernahm man einen Schrei, etwas weniger stark, als der erste, aber in einen langen, gedehnten Seufzer ausklingend.

Die drei Personen schauten sich bebend an.

Man muß sehen, was es ist, sagte Grimaud.

Man sollte glauben, es sei der Schrei eines Menschen, den man erdrosselt, murmelte der Wirt.

Jesus, rief die Wirtin, sich bekreuzend.

Grimaud, der zwar wenig sprach, aber umsomehr handelte, stürzte nach der Tür und rüttelte mit aller Gewalt daran; aber sie war durch einen innern Riegel verschlossen.

Öffnet, rief der Wirt, öffnet, Herr Mönch! Öffnet sogleich!

Niemand antwortete.

Öffnet, oder ich sprenge die Tür! rief Grimaud.

Dasselbe Stillschweigen.

Grimaud schaute umher, nahm eine Stange, die zufällig in einem Winkel lag, und ehe der Wirt sich seinem Vorhaben widersetzen konnte, hatte er die Tür eingestoßen.

Das Zimmer war von Blut überströmt, das durch die Matratze drang. Der Verwundete sprach nicht, sondern röchelte. Der Mönch war verschwunden.

Der Mönch! wo ist der Mönch? rief der Wirt.

Grimaud lief nach einem offenen Fenster, das nach dem Hofe ging.

Er wird hier hinaus entflohen sein! rief er.

Ihr glaubt? sprach der Wirt ganz bestürzt. Hausknecht, seht nach, ob das Maultier des Mönches im Stalle ist!

Kein Maultier mehr, antwortete dieser.

Grimaud näherte sich dem Verwundeten und schaute seine rauhen Züge an, die eine furchtbare Erinnerung in ihm hervorriefen. Nach einem Augenblick stummer, düsterer Betrachtung sagte er: Es unterliegt keinem Zweifel, er ist es!

Lebt er noch? fragte der Wirt.

Ohne zu antworten, öffnete Grimaud sein Wams, um ihm das Herz zu befühlen, während sich der Wirt ebenfalls näherte. Aber plötzlich wichen beide zurück, der Wirt stieß einen Schrei des Schreckens aus, und Grimaud erblaßte. Die Klinge eines Dolches war dem Toten bis ans Heft in die linke Seite der Brust gestoßen.

Lauft nach Hilfe! sprach Grimaud; ich bleibe bei ihm.

Der Wirt eilte ganz bestürzt aus dem Zimmer. Die Frau war bei dem Schrei ihres Mannes entflohen.



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