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In der Mainstadt Würzburg
      An der alten Brücken
      Brechen sich die Schollen,
      Winter geht in Stücken.
Föhnwind gurgelt mächtig,
      Kommt vom Süden taumelnd
      Und ist frühlingsträchtig.
Und die Schollen hüpfen
      Keck gleich jungen Böcken,
      Brechen sich die Stirnen
      An den Brückenstöcken.
In das Chaos schauend
      Steht am Fluß der Teufel,
      Seinen Spitzbart krauend.
Vom Marienberge
      Glänzt die Christusmutter
      Ganz aus purem Golde,
      Gold auch's Kleiderfutter.
Und der Teufel fragte
      Blank mit seinen Augen,
      Bis sie etwas sagte.
»Teufel, Deine Rede,
      Fern in Romas Mauern,
      Mußt Du jetzt zeitlebens
      Trübselig bedauern.
Recht doch muß ich geben,
      Meldest Du von Christus –
      Weiblos war sein Leben. 
Ich, die Mutter, selber
      Wünsche ungeschehen
      Seinen Tod am Kreuze,
      Möcht beweibt ihn sehen.
Als Familienvater
      Würd' ers Leben nehmen
      Mehr im Herzenskrater.
Doch mich dauert, Teufel,
      Deine Logikrede!
      Jetzt liegst Du mit Venus
      Ewig in der Fehde.
Gingst in eine Falle,
      Stürztest, Dich zu heben,
      Frauenideale.
Denn für Christus hatte
      Venus selber Schwächen.
      Wenn sie leicht auch höhnte,
      Ganz mocht sie nie brechen.
Wie Schirokko brannte
      Ihr das Herz vor Trauer,
      Daß sie sturmstreichs rannte,
Rannte über Alpen,
      Über Nebel, Flüsse,
      Und ein Eisenschimmel
      Lieh ihr seine Füße,
Der nach Rom sie brachte,
      Einst aus Mailand flüchtend,
      Den zum Mensch sie machte. 
Dieser wünschte lieber
      Wieder Gaul zu werden.
      Zu prosaisch, sagt er,
      Sei's als Mensch auf Erden.
Und mit Gönnermiene
      Schenkte ihm sein Pferdstum
      Wieder Venusine.
Würdest Du Dich töten,«
      Sprach noch Christus' Mutter,
      »Teufel, dann war Venus
      Mild wie süße Butter.
Denn vom Ideale
      Denkt man, wenn es tot ist,
      Besser alle Male.«
Also sprach sie weise,
      Listig wie nur Frauen.
      Ihrem goldenen Munde
      War nicht recht zu trauen,
Denn sie hat geschworen
      An dem Teufel Rache
      Und hält's unverfroren,
Weil von Rom zum Maine
      Teufels Hochmut schallte,
      Der den Sohn ihr schmähte,
      Daß das Weltall hallte.
Logisch fand sie's richtig,
      Aber laut zu schimpfen
      War vom Teufel nichtig, 
Teufel horcht verzweifelt
      Auf des Föhnwinds Rütteln,
      Möchte alle Berge
      Gleich dem Föhnwind schütteln.
Muß zu Tod sich lauschen,
      Hört auf Schritt und Tritten
      Venusröcke rauschen.
Prunkend steht Maria
      Stolz aus Gold am Dache
      Vom Marienburgschlosse,
      Glühend wie die Rache.
Teufel schließt die Augen:
      »Immer bleibt's dasselbe,
      Teufel nie was taugen.«
Teufel ganz geläutert
      Von dem großen Schlage
      Kauft sich eine Säge.
      Was ihm Lebensfrage,
Jenen Schmuck am Hirne,
      Sägt er ab, die Hörner,
      Seinen Trotz der Stirne.
Als der Schwalben Liebe
      Nester baut vom Drecke,
      Stand der Teufel immer
      Noch am selben Flecke.
In dem Frühlingswerben
      Stand er lieblos einsam,
      Will wie Christus sterben. 
Zum Vierröhrenbrunnen,
      Als sein Stolz geschwunden,
      Kam zum Café Hirschen,
      Er, der sich geschunden.
Mischt sich unter Bauern,
      Die dort Ausspann halten,
      Dort wo Juden lauern.
Mietet sich drei Alte,
      Die für Geld was wagen.
      Sagt: »Ihr müßt ans Kreuzholz
      Mich noch heute schlagen.
Könnt' die Welt erlösen,
      Wenn ihr solches tuet,
      Heut von allem Bösen.«
Doch die Juden maulten,
      Nahmens Geld und dankten.
      An das Kreuz ihn schlagen,
      Das zu tun sie schwankten.
Krümmten ihre Glieder,
      Schlichen um die Ecken,
      Kamen nicht mehr wieder.
Mitleidloser aber
      Zeigten sich die Bauern.
      Sie tat nicht der Teufel,
      Nicht das Böse dauern.
Wolltens Geld kaum haben,
      Nur am Todesanblick
      Sich belustigt laben. 
Bauern dann, am Abend,
      Nageln mit Behagen
      An das Kreuz den Bösen
      In den Stadtanlagen.
Bei der Frankenwarte
      Auf dem Niklausberge
      Ragt er als Standarte.
Spät saß ich am Fenster.
      Flöße, blank aus Stämmen,
      Zogen hin im Maine.
      Und zum Fluß zur Schwemmen
Ritt auf einem Pferde
      Venus, schleppt den Teufel. –
      Dunkel war die Erde.
Feurig floß das Wasser
      Durch die Abendgluten,
      Und den Teufel sah ich
      Aus fünf Wunden bluten.
Venus hielt im Arme
      Ihn, den Schwerenöter,
      Und schien bleich vom Harme.
Venus wusch am Flusse
      Seine wilden Wunden,
      Hat mit ihren Händen
      Ihm sein Herz verbunden.
Doch auch Götter enden. –
      Teufel starb der Venus
      Unter ihren Händen. 
Venus spricht zum Toten:
      »Hast mich viel umworben.
      Doch Dein Christuswerden
      Hat den Spaß verdorben.
War Dir noch gewogen,
      Als Du Hörner hattest
      Und hast flott gelogen.
Werd' Dich wiedersehen,
      Da Du jetzt gestorben,
      In dem Himmel droben
      Fad und unverdorben.«
Und ihr Pferd, das rannte
      Mit ihr in die Wolken,
      Fort ins Unbekannte.
Und des Teufels Leiche
      Lag auf einem Floße,
      Schwamm hinein ins Dunkel,
      In die Nacht, die große.
Eine Amsel gluckte
      Unter meinem Fenster,
      Wo ich Tränen schluckte.