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Elftes Capitel.

»Und mußte ihm all' meine Abenteuer erzählen. Und lachte der so hell. –«

»Ja, es ist eine Freude, den lieben Herrn lachen zu hören: das Herz im Leibe muß Einem dabei hüpfen,« bekräftigte der Bauer. »Manche Jagd hab' ich mit dem Vogt und ihm begangen.«

»Und schenkte mir vor lauter Lust an meinen Geschichten, – zwar unter scharfer Anspornung zur Besserung des Wandels! – Fahrtgeld und Zehrgeld bis nach Schwabenland. Aber ich kehrte nicht heim, ohne eine Waffenthat wider die Heiden mitgestritten zu haben.«

»Hoho! Davon erzähle!« mahnte Hezilo. »Als Helden möcht' ich den Böppele sehen.«

»Vielleicht nachher. Nun höret erst das Andere! Zu Sestris bei Genua – ich wollte doch nachsehen! – saß richtig Frau Zahme, meine liebe Frau, und wartete auf mich, die Wirtschaft dort in einer Schänke führend, in der ich mich auch einmal – kürzere Zeit – zufällig aufgehalten hatte. Ein gemeinschaftlicher Freund von uns, der Herr vom Hohenbühl, hatte ihr mit eigenem Mund – wie er es mir versprochen: fast noch, bevor ich ihn darum gebeten, der treue Mann! – ausgerichtet, dort werde sie mich am sichersten erreichen. Und sie erreichte mich.« –

»Nun, Böppele,« forschte Iffo, »ihr seid aber beide nicht in Wälschland geblieben? Ihr wirtschaftet schon lange wieder daheim. Und wie hauset ihr denn nun zusammen? Eure Weinknechte, die früher hier Most aufkauften, erzählten ehedem oft, sie sei ein wenig scharf, – die Frau Zanke.«

Da aber schlug der Schwabe mit der Faust dröhnend auf den Tisch, daß die Becher hüpften und sprach: »Frau Zanke ist todt und begraben! Und wer meine sanfte Hausehre anders nennt, als Frau Zahme, – wie sie ahnungsvoll getauft ward, – der hat's mit mir zu thun. Denn denkt Euch, – das ist des heiligen Sebastians Fügung, deß Lob ich so häufig gepredigt, keines Andern öfter! – sie ist wirklich eine gute gehorsame Frau geworden, weil sie gesehen hat, daß ich wahrhaftig in's gelobte Land gegangen war. Das hatte sie nämlich eine Zeitlang – mit Unrecht! – bezweifelt. – Und Sehnsucht und Angst hatte sie ausgestanden um mich. Und das Gewissen sagte ihr doch, daß ich auch ein wenig deßhalb, um leichter mit ihr in Frieden leben zu können, von Boblingen bis Genua und dann bis in die Wüste gewandert sei. Und kurz: jetzt sie ist so sanft und lieblich wie ein Regenwurm. Und auf Mariä Lichtmeß lad' ich euch all' zur Taufe: – wir hoffen jetzt auf einen Erben. Herr Walther von der Vogelweide, den ich in Brixen traf, hat schon zugesagt, mir einen Gevatterschilling zu schicken.« –

»Herr Walther!« meinte Hezilo. »Wenn der doch her zu rufen wäre, zu der neu entbrennenden Fehde. Er und die Vögtin tauschten zwar nie viel Liebe. Aber ich zweifle nicht: seinem todten Freund zu Ehren würde er die Fragsburg schirmen helfen. Und er ist zwar am besten hinter der Harfe, aber auch hinter dem Schild ein gar tüchtiger Mann.«

»Gewiß,« betheuerte der Schwabe. »Ich hab's gesehn mit Augen. Aber ich meine, er wird schon aufgebrochen sein, nach seiner neuen Heimat.«

»Wie? Verläßt der liebe Herr nun für immer die Vogelweide dort an der Waidbruck?« fragte Katharina.

»Ja wohl! Er zieht in sein Lehen, das ihm der Kaiser gab. Es ist ihm so recht von Herzen zu gönnen. Denn das kleine Gütlein dort im Tannenwald reichte zwar, die Vögelein zu weiden, aber nicht einen ausgewachsenen Mann. Ihr wißt, es war früher Allod. Doch von den par Hufen hätte niemand leben können. So hatten es schon seine Ahnen den Herrn von Gufidaun aufgelassen gegen eine schmale Jahresrente und es als Precarie zurück empfangen mit der Belastung, sechs Falken jährlich abrichten zu lassen durch einen Falconier für den Gufidauner.«

»Jawohl, drei Wanderfalken und drei isländische. Ich half manchmal dabei,« bestätigte Hezilo, »seit ich Herrn Friedmuths Falkner geworden.«

»Aber auch die Vögelein im Walde hatte er davon zu »weiden«: das will sagen: Futterplätze im Winter für sie zu bestellen.

Auch mußte er einen großen, korbgeflochtenen Käfig stets gefüllt halten mit Galander, Lerche, Blutfink, Distelfink, Hänfling und Zeisig: all das zur Verfügung von des Gufidauners Lehnsherrn, des Bischofs von Brixen. Der verschenkt sie viel an Priester und an Nonnen, die ja nicht freien dürfen, die armen Narren, und dann sich in der Einsamkeit und Ödheit der liebeleeren Zelle gern so ein hüpfend, klingend Leben halten.«

»Und nun hat er gar vom Kaiser ein Reichslehn empfangen?« fragte Hezilo.

»Ja! Und was mich aber fast am meisten freut, an dieser ganzen Aventiure, das ist, daß Herr Walther das Lehn, um das er schon so lange singt, nun endlich verdankt – wem? Seinem Lied? Nein! – Seinem Schwert? Auch nicht! Sondern seiner Liebe zu den Vögelein, mit der ihn die Fürsten und die Ritter oft neckten und hänselten: und zumal neidische Sänger! Denn ach! Wenig Neidlose giebt es unter diesen! sagt Herr Walther.«

»Freilich! Das sind nur die wenigen, die selber was können: die haben Neides nicht Ursach',« meinte Hezilo. »Ich trug Herrn Walther niemals Neid.«

»Der Kaiser freilich nahm sich immer seiner an,« fuhr der Böppele fort.

»Weil er selber die Vöglein liebt,« sprach Hezilo.

»Aber die Spötter nannten Herrn Walther wohl das arme Galanderlein, den mauserigen Zeisig, die Moosschnepf von der Waidbrücken, oder gar den einsamen Spatz vom Eisack. Nun, Herr Walther blieb ihnen die Widerrede nicht schuldig. Aber leise wurmte es ihn doch. Weil er nämlich das Eine an dem Spott leider als wahr verspürte, daß er so arm war wie ein Zaunkönig im Winter.

Da ward, bald nachdem ich bei der Vorhut der Christen wieder eingetroffen war, die nun der Freyberger befehligte, und wo ich die Ritter vom deutschen Hause und Herrn Walther gefunden, der Kaiser bei uns angesagt zu einer großen Jagd.«

»Was für Jagd?« fragte Hezilo.

»Falkenjagd! Denn der gewaltige Herr liebt das edle Federspiel und versteht es viel besser als sein eigener Groß-Falconier. Und hat ein Buch darüber geschrieben, aus dem graubärtige Jäger lernen. Am Eingang der Wüste, hart unter dem heidnischen Felsennest ›Jung-Areymeh‹, wie's die Franken nannten, weil's einem alten, vielgehaßten Areymeh ähnlich sah, liegt ein mooriger See, der zahllos Sumpfgevögel birgt, auch Purpur-Reiher. Und es war abermals Waffenstillstand geschlossen. Und die Fürsten tauschten wieder fürstliche Geschenke. Der Herr Kaiser sandte dem Emir von Damaskus Rosse, gegossenes Erzgeräth, und Kleiderstoffe aus Lüttich, Friesland und der Lombardie, ferner Falken seiner eigenen Zucht aus der prachtvollen Vogelweide zu Palermo, aber auch isländische und Sperber aus dem Samland.«

»Von jener Eis-Insel weiß ich; aber Samland? Wo liegt das?« forschte Hezilo.

»Ja, ich weiß auch nicht recht. Da, ganz weit hinten, gen Mitternacht und gen Aufgang! Im Land der wilden Pruzzen, wo die Welt aufhört, wo das Leber-Meer stockt, das halb Eis, halb Sumpf, halb Wasser sein soll.«

»Im Pruzzenland?« sprach der Bauer, langsam, nachsinnend. »Da sind Heiden. Und Wölfe. Und sonst gar nichts. Als Wind und Sumpf und Schnee. Ein getaufter Häuptling, der von seinem Bischof nach Rom gesendet ward, hat's mir drüben aus der Fragsburg einmal erzählt. Dort ist Alles aus.«

»Ja: aber kostbare Falken und Sperber giebt's in jenen ureinsamen Waldsümpfen: die erhandeln Polaven und Wenden und verkaufen sie an die deutschen Handelsschiffe. Dafür erhielt der Herr Kaiser Spezereien aus India, Räucherwerk aus Arabia, Waffen aus Persia: weiter siebzehn Affen, einen Elephanten – ich sah ihn selbst! vielleicht war es der deine, Hezilo? Dann hatte ihm deine Pfeife im Magen weniger Harm gethan als in den Ohren: er war ganz frisch, als ob du ihm niemals was vorgeblasen hättest.

Nun, der Herr der Burg, ein mächtiger Scheik, hatte den Kaiser mit den ersten fränkischen Fürsten eingeladen, die heidnischen Habichte zu erproben: die seien viel klüger und schärfer als Kaiser Friedrichs selbsterzogene samländische Sperber. Diese Berühmung konnte unser Herr nicht vertragen – das wußte jeder, der ihn kannte! – und eifrig sagte er zu.

Am Tage vor seinem Eintreffen wandelten wir, Herr Walther und ich, aus unsern Zelten, den Wandervögeln nachzuspüren, ganz fremdartigen, welche in dichten Scharen, manchfaltig gemischt, rasteten, wohl von der Meerfahrt müde, zwischen der Küste und unserm Lager. Das war so geschehen. Er sah mich müßig im Schatten meiner ehemaligen Kanzel liegen, rief mich an und sagte: »Böppele, geh mit! Du hast auch Freud' an den Vögelein, die des reichen Herrgotts Lieblingsthierlein sind: denen nur hat er verstattet, näher als anderes Gethier an seinen Himmelsthron empor zu schweben.« Sein Wohlgefallen für's Leben hab' ich einmal dadurch, glaub' ich, gewonnen, daß ich ihm erzählte, wie ich, so lang ich in Wälschland bei Genua weilte, den verfluchten Vogelstellern überall die armen gefangenen Vögelein –, die Meisen, Drosseln, Grasmücken und die Rothkehlchen – diese hält Herr Walther werth vor allen! – aus Schling' und Netz nahm zu vielen Hunderten, und fliegen ließ in Freiheit und Fröhlichkeit. Denn, wenn man die Wälschen loben mag in vielen Stücken: – das schreit zum Himmel gegen sie, daß sie die lieben Singvögel, wenn sie hungrig über die hohen Jöcher geflogen sind und nun, wandermüde, niederfallen in das reiche Land, zu vielen Tausenden und Zehntausenden jährlich fangen und nicht pflegen – sondern fressen, obwohl sie nur ein Schluck und ein Druck im Munde sind. Wir essen doch nur die größeren: aber die! Nicht Zaunkönig noch Goldhähnchen verschonen sie. Mich wundert lang, daß sie nicht auch die Bienen braten! Nie hab' ich Herrn Walther so wild gesehen, als wie, da wir von dieser bestialitas redeten.«

»Was heißt das?« fragte Katharina.

»Nun – ist schwer verdeutschen –: etwa Viechheit. – Also, er will mir wohl, der frohe Herr, und so sagte er zu mir: »Geh mit, Böppele, trag mir Bogen und Köcher: und erzähle mir von deinen Schwänken.« Denn er hört sie gern; und weil er eben ein Mann ist, dem auch allerlei einfällt, fragt er nicht alle sieben Worte lang, ob es auch alles wahr ist, oder so in der Schrift steht? Wir gingen also selbander, gegen die großen Sammelherberge der Wandervögel zu. Auf einmal hören wir einen Geier kreischen, hoch über uns – sind gar große häßliche Thiere, dort zu Lande, mit nacktem Hals. Wir schauen auf und sehen, wie der sausend einem mittelgroßen Vogel nachjagt, der freilich blitzschnell flüchtet, aber doch nicht entkommen kann. »Eine Taube ist's!« rief Herr Walther. »Wart, ich helf dir, Ruckurulein!« riß mir den Bogen aus der Hand und legte den Pfeil auf. Es war die höchste Zeit: eben hatte der Stößer im Flug die Arme erhascht und wollte mit ihr auf und davon. Da schwirrte die Sehne und der Geier stürzte. Aber die Beute hatte er nicht losgelassen aus den Fängen. Wir sprangen zu und lösten die blutende Taube aus des Verendenden Gewaffen. »Ei sieh,« sprach da Herr Walther, der sie sorgfältig besah, um sie, wo's thunlich war, zu heilen.«

»Und ist doch auch wirklich geheilt worden?« fragte das Trinelein ängstlich. »Sag's ganz geschwind, ehe du weiter erzählst.«

»Ja, du gutes Mädele! Dem Täubelein ist's dann noch gar gut ergangen! Der Kaiser hat befohlen, das geheilte in seinen großen Vogelgarten nach Palermo zu senden: dort soll's das kaiserliche Gnadenbrod essen. Denn das war keine Taube wie andre Tauben sind. – Herr Walther rief, wie er sie befreit hatte: »Schau, die Arme trug, unter dem Flügel festgebunden, einen ganz klein zusammengefalteten Pergamentstreifen! Sieh, er ist beschrieben.«

»Ja, ja,« sagte ich, »die Heiden pflegen solcher Taubenpost. Was wohl darauf geschrieben steht? Ist wohl arabisch?«

Aber Herr Walther fuhr zusammen und erbleichte: »Lateinisch ist's! Und höllischer Verrath! O heilige Jungfrau! Unser Herr! Rasch zurück in's Lager!«

Er eilte, ich folgte. Er verdeutschte mir: »Der Kaiser-Löwe geht richtig in die Falle. Ich sende sein Haupt, sowie der Vertraute das bedungene Gold bringt nach Jung-Areymeh.«

Herr Walther sprengte dem Kaiser entgegen und gab ihm das Blatt. Der verfärbte sich: nicht aus Furcht, aus Schmerz: »So verderben mir diese Pfaffen sogar die Heiden,« rief er, kehrte spornstreichs um in sein Lager und ließ – mit sichrem, wahrhaft löwenhaftem Griff – sofort verhaften Herrn Josselin Vras de Fer Roland de la Rolande. Das war nämlich der Vertreter der Templerherrn bei uns'rem Heer. Sein Zelt durchsuchte man und fand Briefe, freilich in Geheimschrift: aber der Kaiser selbst und Herr Hermann von Salza fanden den Schlüssel zu den Zeichen. Und da ergab sich's denn: der Patriarch Gerold von Jerusalem, der Erzbischof von Cäsarea, ferner die beiden Stellvertreter, welche der heilige Vater an des abgesetzten Kaisers Statt zu Anführern der syrischen und der kyprischen Ritter ernannt hatte, Herr Richard Filangieri und Herr Otto von Montbeillard, vor Allem aber die Templer, hatten den Burgherrn von Areymeh gewonnen, den großen Ketzer und Gebannten: das heißt, den gerechten Richter, welcher die Frevel der über alle Christengedanken hinaus verwilderten Herrn vom Tempel aufdeckte und bestrafte, in seine Burg zu locken und dort zu ermorden. Wir zogen nun mit starker Heeresmacht vor Areymeh. Die Krieger, denen der Kaiser selbst in zornigen Worten den Mordplan verkündet hatte, stürmten wie die Wüthigen: das Nest ward erstiegen!

Der Kaiser war der Erste auf dem Wall: – zwei Wurflanzen zugleich flogen ihm entgegen. Die eine schlug er selbst zur Seite, die andere fing, just vor seinem Antlitz, mit treuem Schild Herr Julius von Freyberg, der ihm auf dem Fuß gefolgt war. – Unser Herr war sehr wild: zumal deßhalb, weil er immer die Treue der Heiden der Tücke der Christen entgegenzuhalten liebte: ›und jetzt, so schalt er, könnte Einem die Wahl wehe thun zwischen Heiden, Pfaffen und Templern.‹ Herr Hermann von Salza war der Dritte, Herr Walther der Vierte auf der Mauer. – – Ich kam etwas später.«

Hezilo lachte.

»Da ist gar nichts zu lachen. Denn damals geschah es,« fuhr der Schwabe fort, etwas langsamer, – »daß auch ich meinen Heiden fing. Noch dazu einen Mohren –«

»Wo hast du ihn?« fragte Hezilo ungläubig. »Zeig ihn her!«

»Ich wollte ihn Frau Zahme mitbringen, der ich ein Andenken an das gelobte Land versprochen hatte. Aber – er starb mir leider, bevor er ganz bis nach Boblingen kam.«

»Wo? Wie starb er?« forschte der Zweifelmüthige. »Wie weit brachtest du ihn denn mit dir?«

»Nun, nicht recht weit. Die Wahrheit ist: er hatte meine Hände so fest gepackt, daß ich ihn nicht gleich binden konnte. Auch kam er mir – durch Hinterlist! – zuvor. Denn als ich eben auf den Mauerkranz gelange – ich sag' euch: auf so einer Sturmleiter ist's ein unbehaglicheres Steigen als im Brachmond in den Schwarzkirschen! – springt auf einmal hinter einer Thurmecke etwas Schwarzes hervor, und packt mich: so bestimmt und so ganz ohne Bedenken, als ob es all' diese Jahre nur auf den Boppo von Boblingen gewartet hätte! Ich leugne nicht: ich erschrak anfangs, denn das Anspringende war ganz schwarz im Gesicht und fletschte die weißesten Zähne, die ich je gesehen, als ob es mich anbeißen wollte.

Wir rangen nun und fielen beide und, Brust an Brust, – ich meistens oder doch recht oft oben: – rollten wir auf der breiten Mauerzinne hin und her; das sah ein Ritter aus Frankenland, »der rasche Roßbach« hieß er im Lager, und der erstach mir, zuspringend, mit dem Speere leider meinen Mohren, bevor ich ihn hatte so recht eigentlich anbinden können.

Nun: der Scheik ward gefangen: – die Briefe der Anstifter wurden gefunden: und Burg und Scheik und Briefe und der mitgeführte Templer, Herr Roland de la Rolande, gingen in Einem Brand in Flammen auf. – Der Kaiser aber sprach vor versammelten Fürsten und Rittern: »Herrn Walther dank' ich's Leben! Er hat, milden Sinns, ein Täublein retten wollen und hat seinen Kaiser gerettet. Niemand spotte mehr des Vogelfreundes! Es ist ein Lehen frei geworden: wie gewöhnlich, durch Felonie: – der Felon ist, wie gewöhnlich, ein Pfaff: der Abt des Schotten-Klosters zu Wirziburg am Main. Er hatte ein Reichslehen im Mittag vor der Stadt: da wächst gar edler Wein; der Hügel ist sanft geschwungen – einer Harfe gleich: der soll – ich kenn' ihn gut – fortan › die Harfe‹ heißen; und Herrn Walthers Harfe soll dort gar lieblich tönen, wann zur Sonnwendzeit der Duft der Rebenblust im schönen Thal von Wirzburg wonnig durch die Nachtluft zieht: die Harfe zu Wirzburg, sie sei Herrn Walthers Lehen.«

Da riefen alle Fürsten und Ritter lauten Beifall. Herr Walther aber neigte sich vor dem Herrn und sang in hellem Ton:

»Ich hab' mein Lehn erhalten! All' die Welt! Ich hab' mein Lehen!
Nun brauch' ich nicht mehr fürchten den Eisfrost an den Zehen,
Und nicht um kleine Gabe bei geiz'gen Fürsten flehen.
Der edle König milde, er lieh mir reiche Gabe:
Nun will ich froher singen als ich je gesungen habe!«

So ungefähr – auf einen halben Bauernschuh kommt's mir in der Dichtung nicht an! – nur noch viel schöner war es! Und Herr Walther erzählte dem Kaiser alle meine Leiden, Abenteuer und Gefahren, die ich bestanden, als ich damals sein Lager verlassen, so rasch, daß ich gar nicht mehr hatte Urlaub als Lagerpfaff erbitten können. Und der Kaiser lachte und verzieh mir, was er mir etwa zu verzeihen haben mochte: – war nicht viel: ich hatte ihn nicht belogen, nur ihm meinen Kopf gewiesen: und der war wirklich geschoren! – Und er schenkte mir dazu so viel Geld, – weil ich doch auch dabei gewesen, als wir das Täubele mit dem Briefe fingen, und weil ich auf dem Walle den wilden Mohren bezwungen – daß ich im Lager so eine kleine hübsche Weinwirthschaft aufrichten konnte. Und gar viele, die ich früher in der Seelsorge gehabt, wurden jetzt meine besten Kunden: zumal der dicke Baier aus der Holledau: da ich ihm jetzt das Trinken nicht mehr wehrte – hatte ja kein Recht mehr dazu! – vielmehr ihm dazu noch weidlich zusprach, liebte er mich weit mehr denn ehedem. Und der Bergamaske hat mir auch vergeben; und der hat mit einem Slavenen, (der war sehr dumm!) getraut, – nun rathet einmal, wen? – keine Andere als die Provençalin. Diese war fröhliche Wittwe. Denn den Gascogner hatte der Herr Kaiser inzwischen leider hängen lassen müssen, weil er gar zu viel Geld ausgab, welches er sich alles mit unablassendem Fleiße ganz selber und allein gefertigt hatte.

So! Nun weiß ich aber wirklich nichts mehr zu erzählen.«


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