Charles de Coster
Vlämische Legenden
Charles de Coster

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Smetse, der Schmied

I. Von Smetse, seinem Bauch und seiner Schmiede

Smetse, der Schmied, wohnte in der guten Stadt Gent, am Zwiebeldamm gegenüber der Leye, dem schönen Fluß.

Er war gar geschickt in seinem Handwerk, hatte Überfluß an Fett und ein so lustig Gesicht, daß die Trübsinnigsten sich ergötzten, wenn sie ihn nur in seiner Schmiede sahen, wie er auf seinen kurzen Beinen behend hin- und herlief, die Nase nach dem Winde, den Wanst in der Luft und auf alles ein wachsam Auge habend.

Wenn die Arbeit in seiner Werkstatt sich häufte, dann sagte Smetse, die Hände über dem Bauch gemächlich und wohlgemut faltend und dem hellen Klang seiner Schmiede lauschend: »Bei Artevelde! Welche Trommeln, Tamburine, Querpfeifen, Baßgeigen und Dudelsäcke sind so viel wert, was die himmlische Musik anbelangt, als meine schlagenden Hämmer, meine ächzenden Ambosse und prustenden Blasebälge, meine wackern Arbeiter, so da singen und schmieden?« Dann sprach er zu allen: »Nur getrost, Kinder! Wer vom frühen Morgen an wacker arbeitet, trinkt zur Vesper um so besser. Wes ist der schlaffe Arm da, der mit seinem Hammer so gemächlich schlägt? Glaubt er, daß er Eier schlägt, dieser Hüftlahme? An die Barren, Dolf, sie schmelzen zu Wasser. An den Panzer, Pier, klopfe ihn recht flach. Ein gut geschmiedet Eisen ist eine Arzenei gegen Kugeln. An die Pflugschar, Flipke, und tüchtige Arbeit; vom Pfluge kommt das Brot der Welt. An die Türe, Toon; siehe, da kommt der abgetriebene Klepper des Don Sancio d'Avila, des Ritters mit der mürrischen Fratze, von seinem ausgemergelten Knappen geführt, welcher gewißlich kommt, ihn beschlagen zu lassen. Möge er doppelten Preis zahlen um seines spanischen Hochmuts und seiner Härte gegen den Bürgersmann willen!«

Also ging Smetse in seiner Schmiede umher, sang viele Male und pfiff, wenn er nicht sang. Im übrigen verdiente er manch schönen Dukaten, nahm zu an Gesundheit und trank um die Vesperzeit in der Herberge von Pensaert gern Braunbier.

 

II. Wie Slimbroek, der Rote, Smetses Schmiedefeuer verlöschte

Indessen errichtete ein gewisser Adrian Slimbroek mit Verstattung der Zunft eine neue Grobschmiede am Zwiebeldamm. Dieser Slimbroek war ein häßlicher, kleiner, kümmerlicher, magerer Kerl, bleich von Angesicht, mit einem gespaltenen Maul wie ein Fuchs, und der Rote zubenannt, von wegen der Farbe seiner Haare.

Ein Meister in Ränken, wohlerfahren in Schlichen und Künsten der Heuchelei und sozusagen der Schmiede geriebenster, hatte er alle adligen und reichen Männer der Stadt für seine Werkstatt gewonnen. Selbige waren aus Furcht oder aus andern Gründen gut Freund mit den Spaniern und haßten die Reformierten. Ihrer viele waren Kunden von Smetse, doch Slimbroek hatte sie gegen den Schmied aufgehetzt, indem er sprach: »Dieser Smetse ist im Grunde seiner Seele ein Geuse. In seinen jungen Jahren war er Marodeur und kreuzte auf dem Meere mit denen von Seeland wider Hispanien, zum Vorteil der Religion, so sich reformiert nennet. Er hat annoch in Walcheren und sonderlich in den Städten Middelburg, Arnemuiden, Camp-Veere und Vlissingen viele Verwandte und Freunde, lauter wütende Reformierte, so vom römischen Papst und den Herren Erzbischöfen sonder Ehrfurcht sprechen.«

»Des weiteren«, fügte er hinzu, »ist jener Smetse ganz und gar Atheist, liest die Bibel von Antwerpen ohngeachtet der Verbote und besucht die Kirchen allein aus Furcht und mitnichten aus Liebe.«

Durch solche und andere verleumderische Nachreden raubte Slimbroek dem Smetse alle seine Kunden. Und alsbald erlosch das Feuer in der Schmiede des guten Schmieds. Bald auch waren seine Ersparnisse verzehrt, und Frau Sorge zog in sein Haus ein.

 

III. Wo man Slimbroek mit artigem Kopfputz im Flusse sieht

In diesem Zustand überließ sich Smetse nicht der Verzweiflung. Er war jedoch schier betrübt und zornig, wenn er allein in seiner Schmiede ohne Feuer stund und all sein wackeres Werkzeug am Boden sah, dieweil er den holden Klang der Ambosse und Hämmer in der Schmiede von Slimbroek vernahm.

Aber was ihn noch mehr erboste, das war dieses: allemal, wenn er vor dem Hause des besagten Slimbroek vorbeiging, so trat der rothaarige Verräter unversehens auf die Schwelle seiner Türe, grüßte ihn gar artig, sagte ihm viel Höfliches und hielt ihm hundert Schmeichelreden, ohne mit heuchlerischen Grüßen zu sparen; und das alles, um seiner zu spotten und über sein Elend schändlich zu lachen.

Lange währten diese häßlichen Possen und Grimassen, und Smetse war am Ende seiner Geduld. »Ha,« sprach er, »es kränkt mich, elend zu sein, aber darein muß ich mich ergeben, denn es ist Gottes heiliger Wille. Aber es schmerzt mich zu grausam, diesen bösen Schelm, welcher mir meine Kunden durch seine Tücken raubte, sich über mein Elend ergötzen zu sehen.«

Indessen ließ Slimbroek nicht nach, und alle Tage wurden seine Worte beißender, denn je größer Unrecht er dem guten Schmied getan, um so größeren Haß hegte er gegen ihn. Und Smetse gelobte sich an ihm zu rächen und ihm hinfür den Geschmack am Hohnlachen zu benehmen.

Eines Sonntags also, da er am Schifferdamm stund und mit einer großen Menge von Flußschiffern, Bürgern, Knaben und Scholaren, so des Feiertags wegen müßig gingen, den Fluß anschaute, kam Slimbroek unversehens aus einer Musikschenke, allwo er nicht wenige Krüge geschlürft hatte; und aus Ursache des Trunks war er dreister, denn seine Gewohnheit war. Da er Smetse erblickte, rannte er ihn an und sprach mit vielen Gebärden, kreischender Stimme und gellendem Gelächter gar frech zu ihm: »Ei, guten Tag, Smetse, guten Tag, lieber Freund. Wie ist dein Befinden, Smetse? Du scheinst dein gutes Fett zu verlieren, Smetse. Das ist jammerschade. Woher kommt das? Sollt' es dich kränken, daß du deine Kunden verloren hast, Smetse? Du mußt trinken, damit die Freude wieder einkehrt in deinem Bauch. Man sieht dich nimmer zur Vesperzeit in Pensaerts Herberge; warum, Smetse? Bedarfst du etlicher Dukaten, um zu trinken? Ich habe genug für dich, wenn du willst, Smetse.« Und er klimperte mit seinem Säckel.

»Großen Dank,« sagte Smetse, »du bist zu gütig, Meister Slimbroek; es ist an mir, dir jetzund einen Trunk zu bezahlen.«

»Ha,« rief Slimbroek, Mitleid und Teilnahme heuchelnd, »warum mich freihalten wollen? Die Leute wissen ja zur Genüge, daß du nicht reich bist, Smetse.«

»Reich genung,« antwortete der Schmied, »um dir den schönsten Schluck zu verschaffen, den du jemals trankest.«

»Das wird ein Spaß sein«, sprach Slimbroek zu der Menge der Flußschiffer und Bürger. »Das wird ein Spaß sein, Smetse will die Zeche bezahlen. Die Welt geht unter. Es ist das Jahr der vergüldeten Lumpen. Smetse bezahlt die Zeche. Ha! ich möchte gerne das Braunbier schlürfen, das Smetse bezahlt. Ich habe Durst wie afrikanischer Sand, sonntäglichen Durst, Durst wie ein Teufel, so in Luzifers Kesseln ein wenig gesotten wird.«

»So trinke, Slimbroek«, sagte Smetse und warf ihn in den Fluß.

Da die Leute am Ufer das sahen, klatschten sie in die Hände, und ein jeder stellte sich an den Rand, um Slimbroeks Gebaren genau zu betrachten. Selbiger war mit dem Kopf voran ins Wasser gefallen und hatte einem Hunde, welcher schon lange tot war und, wie Aas zu tun pflegt, mit dem Strome schwamm, den Leib durchbohrt. Mit besagtem Hund hatte er sich gar wunderbarlich den Kopf geschmückt und konnte sich nicht davon losmachen, maßen er seine Arme zum Schwimmen brauchte, und er hatte das ganze Gesicht mit stinkendem Unflat gedüngt.

Ohngeachtet er davon wie geblendet war, so wagte er doch nicht aus dem Wasser zu steigen und an das Ufer zu gehen, wo Smetse stand. Und er schwamm ans andere Ufer mit dem Aas auf dem Kopfe und schnaufte wie hundert Teufel.

»Hollah,« sprach Smetse, »wie findest du das Braunbier, ist es nicht das beste im ganzen Lande Flandern? Aber, Herr, nehmet doch beim Trinken Eure Kopfbedeckung ab; niemalen hat man Leute mit solcher Behauptung sich im Flusse ergehen sehen.«

Da Slimbroek in der Mitte des Wassers hart an der Brücke war, kam Smetse mit dem ganzen Schwarm auf besagte Brücke, und Slimbroek, so nicht aufhörte zu schnaufen, schrie Smetse zu: »Ich werde sorgen, daß du gehenkt wirst, du schändlicher Reformierter.«

»Hoho,« sprach Smetse, »Ihr seid im Irrtum, Freund, nicht ich will Reform, sondern Ihr, die Ihr sie in Kopfbedeckungen einführet. Wo habt Ihr diese her? Ich habe nie ihresgleichen gesehen, weder so schön, noch so voll von Quasten und Anhängseln. Wird diese Mode in Bälde nach Gent kommen?«

Slimbroek erwiderte kein Wort und plagte sich, den toten Hund loszuwerden, aber umsonst; und also hörte er auf zu schwimmen und tauchte unter und kam noch wütender wieder herauf, schnaufte noch mehr und versuchte immerdar, den Hund loszuwerden.

»Bedeckt Euch, Herr,« sagte Smetse, »macht nicht soviel Umstände, mich zu grüßen; ich bin es durchaus nicht wert. Bedeckt Euch.«

Am Ende kam Slimbroek aus dem Wasser heraus. Am Ufer riß er sich den Hund ab und entwich mit großen Schritten nach seinem Hause. Aber der ganze Schwarm junger Schiffer und Knaben rannte ihm nach, höhnte ihn, pfiff und bewarf ihn mit Kot und anderem Unrat. Und das gleiche taten sie an seinem Hause, als er hineingegangen war.

 

IV. Von den Zweibeingeden

Also ward Smetse an Slimbroek gerächt, welcher nicht mehr wagte ihn anzuschauen, und sich versteckte, so er ihn sahe.

Aber der gute Schmied hatte darum nicht größere Freude, maßen er mit jedem Tage bedürftiger ward, denn er hatte mit seinem Weib allbereits den Zuschuß der Zunft und auch eine kleine Summe Geldes verbraucht, so ihm von Middelburg in Walcheren zugekommen war.

Gar betrübt, daß er schmarotzen und betteln mußte, um zu leben, und nicht wissend, wie er diese Schande ertrüge, beschloß er, sich zu entleiben.

Also verließ er seine Behausung bei Nacht und ging nach den Stadtgräben, welche mit schönen Bäumen eingefaßt sind, deren Zweige bis auf den Boden hangen. Allda befestigte er sich einen Stein am Halse, befahl seine Seele Gott, trat drei Schritte zurück, um besser zu springen, und nahm einen Anlauf.

Aber im Laufe ward er plötzlich von zween Zweigen gehemmt, so auf seine Schultern fielen und sich darauf legten wie Menschenhände und ihn wie angenagelt auf dem Fleck hielten. Diese Zweige waren nicht kalt noch hart, gleichwie Holz von Natur ist, sondern geschmeidig und warm. Und im nämlichen Augenblick sagte eine schier seltsame und hohnlachende Stimme: »Wohin wolltest du, Smetse?«

Aber er konnte vor lauter Verwunderung nicht antworten. Und ohngeachtet kein Wind ging, so bewegten sich Stamm und Laub des Baumes und schwankten wie sich bäumende Schlangen, indessen mehr denn zehntausend Funken ringsum verstreut knisterten.

Und Smetse erschrak noch mehr, und ein heißer Odem ging über sein Gesicht, und die Stimme sprach abermals, doch noch näher, wie ihm deuchte: »Wohin wolltest du, Smetse?« Aber er vermochte vor Entsetzen nicht zu reden, dieweil sein Schlund vor Angst trocken war und seine Zähne klapperten. »Warum«, fragte die Stimme, »wagst du dem, der dir wohlwill, nicht zu antworten? Wohin wolltest du, Smetse?« Da er sich also fröhlich und freundschaftlich anreden hörte, faßte er sich wieder ein Herz und entgegnete mit großer Demut: »Herr, den ich nicht sehe, ich wollte mich umbringen, maßen das Leben für mich nicht mehr lebenswert ist.«

»Smetse ist närrisch«, sprach die Stimme.

»Das bin ich, wenn Ihr wollt, Herr«, antwortete der Schmied. »Dessen ohngeachtet wäre es für mich noch größere Narrheit, zu leben denn zu sterben, maßen ich durch die Schuld eines bösen Nachbarn meine Schmiede verloren habe und, um zu leben, schmarotzen und betteln muß.«

»Smetse ist närrisch,« sprach die Stimme, »daß er zu sterben wünscht; denn so er will, wird er seine schöne Schmiede, sein schönes, helles Feuer, seine guten Arbeiter wieder haben und so viel güldene Dukaten in seinen Truhen, als er knisternde Funken auf diesem Baume sieht.«

»Ich!« rief der Schmied gar verzückt, »ich werde nimmer all diese schönen Dinge haben, die für mich Armseligen viel zu prächtig sind.«

»Smetse,« sagte die Stimme, »meinem Herrn ist alles möglich.«

»Ha,« sprach der Schmied, »bist du des Teufels, Herr?«

»Ja,« entgegnete die Stimme, »und ich komme, dir in seinem Namen einen Handel vorzuschlagen. Durch sieben Jahre sollst du reich sein und die schönste Schmiede von Gent haben. Du sollst Gold genug verdienen, um damit den Zwiebeldamm zu pflastern; du sollst in deinem Keller so viel Bier und Wein halten, daß du alle trockenen Kehlen Flanderns damit anfeuchten kannst. Du wirst die besten Fleischstücke, das leckerste Geflügel speisen; du wirst Schinken haufenweis, Würste im Überfluß, Leberwürste in Fülle haben; ein jeder wird dich preisen, bewundern und dein Lob singen. Wenn Slimbroek dieses sieht, wird er vor Wut verrecken. Und für all diese großen Güter sollst du uns nach Ablauf von sieben Jahren nur deine Seele geben.«

»Meine Seele«, sprach Smetse, »ist das einzige Gut, das ich habe. Könntest du mich nicht um geringeren Preis reich machen, Herr Teufel?«

»Willst du oder willst du nicht, Schmied?« fragte die Stimme.

»Ach,« entgegnete Smetse, »du bietest mir gar begehrenswerte Dinge, Herr Teufel, wahrlich mehr, denn ich wünsche; es sei gesagt, ohne dich zu kränken. So ich nur meine Schmiede hätte und Kunden genung, das Feuer zu unterhalten, so wäre ich glücklicher als ihro Gnaden, Herr Albert und Frau Isabella.«

»Nimm oder laß fahren, Schmied«, sprach die Stimme.

»Herr Teufel,« gab Smetse zur Antwort, »ich flehe dich an, gerate nicht in Zorn wider mich, sondern geruhe, dies zu betrachten. So du mir allein meine Schmiede gäbest und nicht all das Gold, Wein und Fleisch, so könntest du dir vielleicht daran genügen lassen, meine Seele tausend Jahre lang brennen zu lassen, welcher Zeitraum der ganzen langen Ewigkeit nicht vergleichbar ist, während er dem, welcher ihn inmitten des Feuers verbringen soll, doch lang genung dünket.«

»Deine Schmiede für dich, deine Seele für uns; nimm oder laß fahren, Schmied«, antwortete die Stimme.

»Ach,« jammerte Smetse, »das ist teuer bezahlt; das sage ich, ohne dich zu kränken, Herr Teufel.«

»Wohlan, Schmied,« sprach die Stimme, »ziehst du den Bettelstab dem Reichtum vor? Tue nach deinem Belieben. Haha, du wirst große Freude haben, wenn du dein melancholisch Gesicht in Gent spazieren führst! Jedermann wird dich meiden und die Hunde werden dir an die Beine fahren! So dein Weib elendiglich Hungers stirbt, wirst du deinen Bußpsalm vergeblich singen. Allein in dieser Welt, wirst du dann auf deinem hohlen Wanst bei Kirmessen die Trommel schlagen, und die Mägdlein, so zu dieser Musik getanzt haben, werden dir etliche Nasenstüber geben, ihr Vergnügen zu bezahlen. Aufs Letzte aber wirst du dich in deinem Hause verbergen, um deine Lumpen nicht mehr in der Stadt zu zeigen, und allda wirst du grindig, zähneklappernd und als Fraß für Ungeziefer ganz allein auf deinem Misthaufen verscheiden, gleich einem Aussätzigen. Man wird dich einscharren, und Slimbroek wird kommen und sich auf deiner sterblichen Hülle erlustigen.«

»Ha,« sprach Smetse, »das täte er, der Galgenvogel!«

»Warte dies schändliche Ende nicht ab«, sprach die Stimme. »Sterben ist minder hart: spring ins Wasser, Smetse, springe, Schmied.«

»Wehe,« jammerte er, »so ich mich dir ergebe, werde ich ewiglich brennen.«

»Du wirst nicht brennen, Schmied,« redete die Stimme, »sondern uns Speise sein.«

»Ich!« rief Smetse schier entsetzt ob dieses Wortes. »Gedächtet Ihr mich da unten zu verspeisen? Ich tauge mitnichten dazu, das muß ich dir sagen. Es ist kein Fleisch, das zäher, härter, gemeiner und pöbelhafter ist, denn das meine. Im übrigen war es ehedem von Pest, Krätze und anderen schlimmen Krankheiten ergriffen. Ihr würdet an mir einen armseligen Schmaus haben, Ihr Herren Teufel, wo doch in der Höllen so viel erlauchte, saftige, leckere, wohlgenährte Seelen sind. Aber die meine taugt nicht, das sage ich.«

»Du irrst dich, Schmied«, sprach die Stimme. »Seelen von schlechten Kaisern, Königen, Fürsten, Päpsten, berühmten Hauptleuten, Eroberern, Menschenschlächtern und anderen Räubern sind bisweilen hart wie Adlerschnäbel. Also wurden sie durch ihre Allmacht. Wir lassen dabei unsere Zähne stückweis. Andere sind von Ehrgeiz und Grausamkeit, welche gar gefräßige Würmer sind, im voraus gefressen, und wir finden an ihnen kaum einen Brosamen als Nachlese. Seelen von Buhlerinnen, welche ohne Not noch Hunger bei Lebzeiten verkauften, was Natur ihnen gebot, um nichts zu geben, sind so stinkend, faul und verdorben, daß die ausgehungertesten Teufel nicht hineinbeißen wollen. Seelen von Eitlen sind Blasen und inwendig ist nur Wind, das ist kümmerliche Nahrung. Seelen von Heuchlern, Scheinheiligen und Lügnern sind außen gleich schönen Äpfeln, aber unter der Schale voller Galle, Essig und schrecklichem Gift; keiner will bei uns davon kosten. Seelen von Neidischen sind Kröten, so aus Wut über ihre Häßlichkeit durch Mund, Beine und den ganzen Körper gelben Speichel auf alles Leuchtende ausschwitzen. Seelen von Vielfräßen sind Mist. Seelen von Zechern sind bisweilen lecker, so sie den himmlischen Wohlgeruch von gutem Wein oder gutem Braunbier bewahret haben. Aber keine Seele ist so wohlschmeckend, labend, saftig und von erlesenem Geschmack wie die eines rechtschaffenen Weibes, eines guten Arbeiters und tüchtigen Schmiedes wie du. Denn da sie unablässig arbeiteten, so ließen sie der Sünde niemalen Zeit, sie zu beflecken, außer ein armes Mal, und dafür holen wir sie, wann wir können. Aber das ist ein seltener Leckerbissen für die königliche Tafel Seiner Gnaden, des Herrn Luzifer.«

»Ach,« sprach Smetse, »du willst mich mit Gewalt verspeisen, ich sehe es zur Genüge. Und doch würde es dir keinen Groschen kosten, mir meine Schmiede umsonst zurückzugeben.«

»Es ist«, sagte die Stimme, »gar keine große Pein, also gegessen zu werden, denn Seine Gnaden, der König hat ein größer Maul, denn der Fisch, davon vor Zeiten Jonas der Jude verschlungen ward. Du wirst wie eine Auster in seinen Magen gleiten, ohne im geringsten von den Zähnen verletzt zu werden. Und so es dir mißfällt, allda zu verweilen, strampelst du aus Leibeskräften mit Händen und Füßen und Seine Gnaden wird dich schnell wieder ausspeien, weil es ihm unerträglich ist, also gekitzelt zu werden. So du ihm vor die Füße fällst, mußt du ihm ein fröhlich Gesicht, unerschrockenen Blick und gute Haltung zeigen, desgleichen der Dame Astarte. Selbige wird dich sonder Zweifel zu ihrem Liebsten machen, wie sie mit mehreren getan hat. Alsdann hast du gute Zeit, wenn du der Herrin fröhlich dienest und Seiner Gnaden das Fell bürstest. Was uns angeht, so werden wir uns freuen, dich in unserer Behausung zu sehen; unter den gewohnten häßlichen und gemeinen Gesichtern von Eroberern, Schurken, Plünderern, Dieben und Mördern wird es uns Balsam sein, das ehrliche Antlitz eines lustigen Schmiedes wie du, anzuschauen.«

»Herr Teufel,« sagte Smetse, »ich verdiene so viel Ehre nicht. Zwar glaube ich nach deinen erbaulichen Reden, daß bei euch gut sein ist; aber ich wäre dort schlecht am Platze, das versichere ich dir, sintemalen ich in Gesellschaft fremder Leute von scheuem Wesen bin. Und ich werde euch keine Freude bringen und nicht singen; also würdet ihr durch mich klägliche Erlustigung haben, das ist mir im voraus bewußt. Ach, gib mir lieber meine schöne Schmiede und meine alten Kunden zurück und erlasse mir die Schuld. Das wäre die Tat eines königlichen Teufels und stünde dir wohl an.«

Plötzlich sprach die Stimme voll Zorn: »Schmied, willst du uns in Affenmünze zahlen? Das Leben ist dir nicht lebenswert, der Tod ist dir verhaßt und du willst die sieben vollen, reichen, fröhlichen Jahre, welche ich dir jetzo anbiete, umsonst? Nimm oder schlag aus, deine Schmiede für dich, deine Seele für uns, bei den Bedingungen, welche ich gesagt habe.«

»Wehe,« sprach Smetse, »ich will, da es sein muß, Herr Teufel.«

»Wohlan,« sprach die Stimme, »so setze mit deinem Blute dein Handzeichen auf.«

Und ein schwarzes Pergament und eine Rabenfeder fielen aus dem Baume dem Schmied zu Füßen. Er las auf dem Pergament in flammenden Lettern den Pakt für sieben Jahre, öffnete sich mit seinem Messer die Ader und unterzeichnete mit der Rabenfeder. Und da er Pergament und Feder in Händen hielt, fühlte er sie sich jach aus den Händen gerissen, aber er sah nichts. Und er vernahm etwas wie den Schritt eines Mannes, welcher auf Schlappschuhen läuft, und die Stimme sprach, sich entfernend: »Du hast sieben Jahre, Smetse.« Und der Baum hörte auf zu schwanken, und die Funken daran erloschen.

 

V. Von der flammenden Kugel, dem wieder entzündeten Schmiedefeuer und der erschröcklichen Maulschelle, so der Mann mit der Laterne Smetses Weib gab

Smetse rieb sich gar verwirrt die Augen und vermeinte zu träumen, plötzlich schüttelte er sich. »Hat dieser Teufel mich nicht zum Besten gehabt?« sprach er zu sich. »Habe ich traun meine schöne Schmiede? Ich will nachsehen.«

Da er also gesprochen, lief er hurtig davon und sahe von weitem ein helles Licht, so die Luft über den Häusern rötete, und es dünkte ihn, daß das Feuer, so dieses Licht ausstrahlte, am Zwiebeldamm wäre. »Sollte es meine Schmiede sein?« Und er lief noch geschwinder.

Da er den Damm erreichte, sah er ihn wie von einer Sonne erhellt, vom gepflasterten Weg bis zum Gezweig der Bäume, das ihn einfaßte; und er sprach zu sich: »Das ist meine Schmiede.«

Da überwältigte ihn die Freude, die Beine versagten ihm, und sein Atem stockte; jedoch er lief, so gut er vermochte, kam vor sein Haus, sahe seine Schmiede offen wie am hellen Tag, und im Hintergrunde ein schönes, helles Feuer.

Bei diesem Anblick konnte er nicht mehr an sich halten, und hub an zu tanzen, zu springen und laut zu lachen. Und schrie dabei: »Ich habe meine Schmiede, meine wirkliche Schmiede! Gent gehört mir!« Dann ging er hinein. Dieweil er alles musterte, betrachtete und berührte, so gewahrte er auf dem Estrich in guter Ordnung allerlei Eisen: Eisen zu Rüstungen, Eisen zu Stäben, Eisen zu Pflugscharen.

»Bei Artevelde!« sprach er, »der Teufel hat nicht gelogen!« Und er nahm eine Stange und machte sie im Feuer glühend, was bald getan war. Dann schmiedete er das Eisen, ließ den Hammer wie hundert Donnerschläge auf dem Amboß ertönen und sprach dazu: »Hei! halte ich doch wiederum mein gutes Werkzeug und höre diesen fröhlichen Klang, welchen ich solange nicht vernommen!« Und wie er sich eine Freudenzähre abwischte, welche mir ungewohntem Naß seine Augen netzte, sahe er auf einer Truhe eine schöne, zinnerne Kanne und daneben einen schönen Becher. Und er schenkte sich aus der Kanne den Becher voll und leerte ihn, nachdem er ihn etliche Male wieder gefüllt hatte.

»Hei,« sprach er, »das gute Braunbier, welches Manneskraft gibt! Ich hatte seinen Geschmack vergessen! Wie trefflich es ist!« Und er hub wieder an, das Eisen zu schmieden.

Während er solch groß Getöse vollführte, hörte er sich bei Namen rufen, und da er lugte, woher die Stimme käme, sah er sein Weib, welches aus der halboffenen Küchentüre den Kopf vorstreckte und ihn gar verwirrt anblickte.

»Smetse,« sagte sie, »bist du es, Mann?«

»Ja, Weib«, antwortete er.

»Smetse,« sprach sie, »komm zu mir, ich getraue mich nicht in diese Schmiede.«

»Und warum getraust du dich nicht, Weib?« fragte er.

»Ach,« sprach sie und hielt sich an ihm fest und blickte immerfort in die Schmiede, »warst du allein drinnen, Mann?«

»Freilich«, sagte er.

»Ach, Smetse,« sprach sie, »es sind hier, dieweil du fern warst, erschröckliche Dinge geschehen.«

»Was denn für Dinge, Weib?«

»Da ich im Bette lag,« erwiderte sie, »erzitterte jählings unser Haus; eine glühende Kugel fuhr durch unsere Kammer, ging durch die Tür, ohne Schaden zu tun, sauste die Stiege hinunter und kam in die Schmiede. Dort zerbarst sie sonder Zweifel und machte ein Getöse gleich hundert Donnerschlägen. Im Nu gingen in der Schmiede die Fenster und Türen mit lautem Krachen auf. Ich stund auf und sahe den Uferdamm erleuchtet, wie jetzo. Da glaubte ich, unser Haus brenne, und stieg in großer Hast hinunter, trat in die Schmiede und sahe das Feuer entzündet, und die Blasebälge schürten es mit großem Lärmen. In jeder Ecke legten sich von selbst allerlei Eisenstücke in schönster Ordnung zurecht, zu unterschiedlichen Arbeiten bestimmt. Aber ich sah nicht die Hände, die sie ordneten, ob auch welche da sein mußten, des bin ich gewiß. Ich hub an, vor Schrecken zu schreien; da fühlte ich unversehens etwas gleich einem ledernen Handschuh, warm und zottig, sich auf meinen Mund legen und ihn zuhalten, dieweil eine Stimme zu mir sprach: ›Rufe nicht, mach kein Geräusch, so du nicht willst, daß dein Mann lebendig verbrannt werde wegen Verbrechens der Zauberei.‹ welcher mir also Schweigen gebot, vollführte gleichwohl größern Lärm, als ich je zu machen gewagt hätte. Dennoch hat ihn durch großes Wunder kein Nachbar gehört. Was mich angeht, so hatte ich kein Gelüsten mehr zu schreien, und ich entfloh in die Küche, allwo ich im Gebet zu Gott verweilte. Da vernahm ich deine Stimme und wagte, die Tür ein Weniges zu öffnen. Ach, Mann, da du nun hier bist, erkläre mir diesen ganzen Wirrwarr, wenn du es vermagst.«

»Weib,« entgegnete Smetse, »das müssen wir Klügeren als wir sind, überlassen. Denke einzig daran, das Gebot der Stimme in Obacht zu nehmen. Halt deinen Mund, sprich zu keinem von dem, was du diese Nacht gesehen, und gehe wieder zu Bett, denn es ist noch dunkle Nacht.«

»Ich gehe«, sprach sie, »aber kommst du nicht auch, Mann?«

»Ich kann meine Schmiede nicht verlassen«, erwiderte er.

Da er also redete, kamen hintereinander ein Bäcker, so heiße Brote trug, ein Krämer, so Käse, ein Metzger, so Schinken trug. Smetse erkannte an ihren bleichen Larven, hohlen Augen, roten Haaren und krummen Fingern wohl, daß es Teufel waren, zumal sie beim Gehen so wenig Geräusch machten.

Das Weib war verdutzt, da es sie ins Haus treten und diese Eßwaren herbeitragen sah, und wollte sie aufhalten, aber sie glitten ihr gleich Aalen durch die Hände, und gingen in die Küche mit geraden und ruhigen Schritten. Allda, ohne ein Wörtlein zu sagen, legte der Bäcker seine Brote in die Lade, indes der Metzger und Krämer ihre Schinken und Käse im Keller einräumten. Und sie taten es, ohne sich um des Schmiedes Weib zu kümmern, welches ihnen zuschrie: »Nicht hierher müßt ihr das bringen; ihr irret euch, gute Leute, ich versichere es euch. Geht anderswo hin.« Aber ohngeachtet ihres Geschreis räumten sie die Brote, Fleischstücke und Käse gleichmütig ein.

Das brachte das Weib noch mehr außer sich, und sie erboste sich und rief: »Ich sage es euch, ihr irret euch. Hört ihr mich nicht? Es ist ein Versehen! Nicht hierher müßt Ihr kommen, nicht hierher, sag' ich, an diesen Ort, ins Haus von Smetse, dem Bettler, welcher nicht einen roten Heller hat, euch zu bezahlen! Ach, sie wollen mich nicht hören.«

Und sie schrie aus Leibeskräften: »Ihr Herren Kaufleute, Ihr seid bei Smetse, wisset ihr das? bei Smetse, dem Bettler! Sagte ich es nicht laut genung? Jesus, Gott, Heiland! Bei Smetse, dem Bedürftigen! Smetse, dem Zerlumpten! Smetse, dem Hungerleider! Smetse, der nicht reich ist, es sei denn an Lumpen! Der euch nicht bezahlen wird, hört ihr mich? Der euch nie, nie, nie bezahlen wird!«

»Weib,« sprach der Schmied, »du bist von Sinnen, mein Liebchen; ich selbst habe diese guten Männer bestellt.«

»Du!« sagte das Weib, »du! du bist toll. Mann; ja, ihr Herren, er ist toll, gänzlich toll. Also du hast sie hierher geschickt! Haha! du heißest Brot, Schinken und Käse haufenweis herbringen wie ein Reicher, und du weißt doch, daß du sie nicht bezahlen kannst; und also bezeugst du, daß du nicht Treu noch Glauben hast.«

»Weib,« entgegnete der Schmied gar geruhig, »wir sind reich und werden alles bezahlen.«

»Wir reich?« sprach sie. »Ach, armer Lump! Weiß ich nicht zu wohl, was in unserer Truhe ist? Hast du je die Nase hineingesteckt, desgleichen in die Lade? Willst du jetzo Weiberröcke tragen? Wehe, mein Mann ist toll, Gott helfe uns!«

Indessen stiegen die drei Männer wieder in die Schmiede herauf.

Da die Frau sie erblickte, lief sie auf sie zu und sagte: »Ihr Herren Kaufleute, ihr habt mich gehört, sintemalen ihr nicht taub seid, so glaube ich. Wir haben nichts, wir werden euch nichts bezahlen; nehmt eure Eßwaren wieder mit.«

Aber ohne sie anzusehen, noch dem Anschein nach sie zu hören, gingen die drei mit ruhigen, steifen Schritten von dannen. Da sie hinaus waren, siehe da hielten Bierbrauer mit ihrem Karren an der Tür und kamen in die Schmiede und trugen zu zweit ein großes, volles Faß Braunbier herein.

»Smetse,« sagte die Frau, »dies ist zu viel! Ihr Herren Brauer, wir wollen es nicht; wir mögen kein Bier, wir trinken Wasser. Bringt dem Nachbarn dies Faß, uns geht es nichts an, das versichere ich euch.«

Dessen ohngeachtet trugen die Brauer das Faß Braunbier in den Keller, stiegen wieder hinauf, holten andere und stellten solchergestalt bis zu zwanzig auf. Die Frau, welche sie zurückhalten wollte, stießen sie um, dieweil Smetse vor lauter Lachen nicht sprechen konnte und sich begnügen mußte, sie an sich zu ziehen. Also bewahrte er sie davor, sich an den Fässern wehe zu tun, welche die Brauer mit wunderbarer Eile und Geschwindigkeit von der Straße in den Keller trugen.

»Ach,« jammerte sie, »laß mich! Dies ist zu viel, Smetse! Wehe, nun sind wir ärger denn Bettler, wir sind Schuldenmacher. Smetse, Mann, ich will mich allsogleich ins Wasser stürzen. Schulden machen, um einen ausgehungerten Bauch zu füllen, das ist schier große Schande. Aber es aus gieriger Gefräßigkeit zu tun, das ist unerträgliche Gemeinheit. Kannst du dir nicht an dem Wasser und Brot genügen lassen, welches du mit deinen zehn Fingern rühmlich hättest verdienen können? Bist du denn ein solcher Schlemmer worden, daß du gegenwärtig der Kuchen, feinen Käse und vollen Fässer bedarfst? Smetse, Smetse, so tut kein guter Genter, sondern ein hispanischer Räuber. Ha! Ich will mich ins Wasser stürzen, Mann!«

»Weib,« sagte Smetse, betrübt, sie so kläglich zu sehen, »weine nicht; alles ist unser, mein Liebchen, von Rechts wegen.«

»Ach,« ächzte sie, »es ist schlecht von dir, also in deinen alten Tagen der Rechtschaffenheit untreu zu werden, so dein einziger Ehrenschmuck war.«

Dieweil der Schmied sich umsonst abmühte, sie zu trösten, trat ein Weinhändler ein, und ihm folgten wohl dreiunddreißig Knechte, welche männiglich einen Korb voller Flaschen trugen, darin köstlicher Wein war, wie es die Form dieser Flaschen bezeugte.

Da die Frau sie erblickte, ward sie von Verzweiflung bewältigt und verlor allen Mut. »Tretet ein,« sprach sie gar kläglich, »tretet ein, ihr Herren Weinhändler; der Keller ist unten. Ihr habet da eine erkleckliche Anzahl von Flaschen, gewißlich sechsundzwanzig. Das ist nicht zuviel für uns, die wir reich sind, reich an Elend, Ungeziefer und Lumpen. Tretet ein, ihr Herren, da ist die Türe zum Keller. Setzet alles dorthin und noch mehr, wenn ihr wollt.«

Und sie stieß Smetse an und sprach: »Du bist offenbar guter Dinge, denn es ist ein schönes Schauspiel für einen Trunkenbold, wie du bist, all diesen guten Wein gratis ins Haus kommen zu sehen. Oh, wie er lacht!«

»Ja, Weib,« erwiderte Smetse, »ich lache vor Behagen, denn diese Weine sind unser, unser das Fleisch, unser Brot und Käse. Laß uns mitsammen froh sein.« Und er wollte sie umarmen, aber sie machte sich los. »Ha!« sprach sie, »er macht Schulden, er lügt, er lacht über seine Schande; er hat alle Laster, keines fehlt!«

»Weib,« sprach Smetse, »alles ist unser, ich versichere es dir. Dergestalt hat man mich im voraus bezahlt für große Arbeiten, die man geruht hat mir aufzutragen.«

»Lügst du nicht?« fragte sie, sich ein wenig beruhigend.

»Nein«, antwortete er.

»All dies ist unser?«

»Ja«, sprach er, »auf Genter Wort.«

»Ach, Mann, dann sind wir nun außer Sorge.«

»Ja, Weib.«

»Das ist ein Wunder Gottes!«

»Ach!« machte er.

»Aber diese Leute kommen bei Nacht zu uns wider die Gewohnheit; sage mir den Grund davon.«

»Wer von allem die Ursache weiß, ist gar arglistig; aber ich bin es nicht.«

»Aber Mann, sie sprechen ja nicht?«

»Gewißlich mögen sie nicht gern sprechen. Möglich auch, daß der Meister Stumme aussucht, auf daß sie ihre Zeit nicht verlieren beim Schwätzen mit den Gevatterinnen.«

»Wohl, wohl,« sprach sie, indessen der einunddreißigste Knecht des Kaufmanns vorbeiging, »aber es ist gar seltsam, ich höre gar nicht, daß sie gehen, Mann?«

»Sie haben sonder Zweifel Sohlen, so für ihre Verrichtungen taugen.«

»Aber,« sprach sie, »ihre Gesichter sind so fahl, traurig und unbeweglich, daß sie Masken von Verstorbenen scheinen.«

»Nachtvögel haben nie gut Gesicht.«

»Aber,« sprach die Frau, »ich sah diese Männer noch nie unter den Genter Handwerkern.«

»Du kennst sie nicht alle«, sagte Smetse.

»Kann sein, Mann.«

Solcher Art beredeten sich der Schmied und sein Weib, sie gar neugierig und unruhig, er verwirrt und verlegen bei seinen Lügen.

Plötzlich, da der dreiunddreißigste Knecht des Kleinhändlers aus der Schmiede hinaus huschte, trat ein Mann von mittlerer Gestalt unglaublich geschwind ein. Er trug einen kurzen, schwarzen Kittel, hatte gelbes Haar, dickes Haupt, bleiches Antlitz, lief mit kleinen Schritten, rasch wie der Wind und steif wie ein Stock; im übrigen lächelte er ständig und trug eine Laterne.

Der Mann trat hurtig auf Smetse zu, winkte ihm ohne ein Wort, ihm zu folgen, und packte ihn am Arme. Da Smetse widerstrebte, machte er ihm rasch ein Zeichen, keine Furcht zu haben, und führte ihn in den Garten, wohin das Weib ihnen folgte. Dort ergriff er ein Grabscheit, gab Smetse seine Laterne zu halten, grub geschwind die Erde auf, höhlte ein großes Loch und zog einen ledernen Sack herfür, machte ihn eilends auf und zeigte ihn lächelnd. Er war voll gemünzten Goldes. Die Frau schrie, da sie das Gold erblickte; da gab er ihr eine erschröckliche Maulschelle, lächelte wiederum, grüßte, drehte sich auf den Fersen und verschwand mit seiner Laterne.

Das Weib, so von der Gewalt des Backenstreiches zu Boden geworfen und ganz wirr war, wagte nicht mehr zu schreien und stöhnte leise: »Smetse, Smetse, wo bist du, Mann? Die Wange tut mir gar wehe.«

Smetse kam zu ihr und hob sie auf. »Weib,« sprach er, »möge dieser Backenstreich dir eine Lehre sein, daß du künftig deine Zunge zügelst. Mit deinem Geschrei bist du all den wackeren Männern, so heute nacht ins Haus kamen, mir Gutes zu tun, gar lästig worden. Dieser war minder geduldig denn die andern und strafte dich, nicht sonder Ursach.«

»Ach,« sprach sie, »ich habe übel getan, dir nicht zu gehorchen; was soll ich nun tun, Mann?«

»Mir helfen, den Sack ins Haus zu tragen,« sprach Smetse.

»Das will ich«, sagte sie.

Da sie den Sack nicht ohne Mühe hineingetragen, leerten sie ihn mitsammen in eine Truhe.

»Ha,« sprach sie, da sie das Gold aus dem Sack rollen und sich ausstreuen sah, »das ist ein schöner Anblick; aber wer ist dieser Mann, welcher dir den Sack wies, welcher so prächtig voll ist, und mir diesen erschröcklichen Backenstreich gab?«

»Ein Freund von mir,« sagte Smetse, »ein großer Entdecker verborgener Schätze.«

»Wie heißt er?« fragte sie.

»Es ist mir verboten, ihn dir zu nennen,« sprach Smetse.

»Aber, Mann . . .«

»O Weib, Weib,« sprach Smetse, »du willst zuviel wissen, deine Neugier wird dich noch gereuen, Liebchen.«

»Wehe«, sprach sie.

 

VI. Wo Smetses Weib zeigt, wie lang ihre Zunge ist

Da es Tag geworden, aßen Smetse und sein Weib die guten Brote, den fetten Schinken und den feinen Käse, tranken Doppelbraunbier und guten Wein und stärkten sich also den Magen, welcher durch langes Fasten ein wenig gelitten hatte.

Plötzlich traten all seine früheren Gesellen ein und sagten: »Baas Smetse, du hast uns gerufen, hier sind wir, herzlich froh, dein Feuer wieder brennen zu sehen und wiederum für dich zu schaffen, der uns allzeit ein guter Meister war.«

»Bei Artevelde!« sprach Smetse, »da sind sie alle: Pier, Dolf, Flipke, Toon, Hendrik und die andern. Guten Tag, Burschen!« Und er drückte allen die Hand. »Nun wollen wir eins trinken.«

Indessen sie tranken, sagte die Frau mit einem Male kopfschüttelnd: »Aber ihr seid doch nicht bestellt, Leute! Nicht war, Smetse?«

»Weib, Weib,« sprach der Schmied, »wirst du nimmer schweigen lernen?«

»Aber ich lüge doch nicht, Mann,« sagte sie.

»Du redest einfältig von Dingen, davon du keinen Begriff hast. Bleib in deiner Küche und schleich dich nicht in meine Schmiede.«

»Meisterin,« sagte Flipke, »ohne Euch widersprechen zu wollen, so muß ich Euch versichern, daß wir alle im Namen des Baas bestellt sind. Denn diese Nacht kam ein Mann und pochte an die Türen unserer Häuser und rief, daß jeder heute morgen wegen dringlicher Arbeit unversäumt hierherkommen sollte. Und ein jeder sollte dafür einen Dukaten kriegen, von wegen der Absage an unsere unterschiedlichen Meister. Und alle haben wir es getan, sintemalen wir unsern Baas nicht im Stiche lassen wollten.«

»Das ist brav von euch,« sagte Smetse, »ihr sollt den versprochenen Dukaten haben. Aber kommt jetzt mit mir, ich will jeglichem die gewohnte Arbeit anweisen.« Solches tat er, und der schöne Klang der schmiedenden Hämmer, ächzenden Ambosse, schnaubenden Blasebälge und singenden Gesellen ertönte von neuem in der Schmiede des guten Schmiedes.

Indessen ging Smetse zu seinem Weibe und sprach gar zornig zu ihr: »Juckte es dich so arg, mir vor diesen wackern Gesellen zu widersprechen? Du tolle Elster, wirst du nimmer schweigen lernen? Bist du diese Nacht nicht scharf genug verwarnt worden? Brauchst du noch mehr?«

»Aber Smetse,« sagte die Frau, »ich wußte im geringsten nicht, daß du sie bestellt hättest.«

»Das war kein Grund für dich,« sagte er, »mich vor all meinen Gesellen Lügen zu strafen; kannst du nicht sprechen, wenn ich fertig bin, oder schweigen, was noch besser ist?«

»Smetse,« sagte die Frau, »ich habe dich nimmer so zornig gesehen. Schlage mich nicht, Mann, ich will von nun an stumm sein wie dieser Käse.«

»Das sollst du«, sprach Smetse.

»Aber, Mann,« fragte sie, »könntest du mir nicht etwas davon erklären?«

»Bald«, sprach er und ging in seine Schmiede.

 

VII. Von Smetse dem Reichen

Desselbigen Tages kamen zu Smetse viele ansehnliche und geringe Personen, Adlige, Priester, Bürger und Bauern, um große Arbeiten und Aufträge bei ihm zu bestellen, und so an allen andern Tagen und das ganze Jahr hindurch.

Bald ward die Schmiede zu enge, und Smetse mußte sie größer machen, dieweil die Zahl seiner Arbeiter immerwährend zunahm. Selbige schmiedeten so schöne, künstliche und wunderbarliche Stücke, daß ihr Ruhm sich in fremden und fernen Landen verbreitete. Von Holland, Zeeland, Hispanien, Deutschland, England, ja selbst von den Türken kam man, sie zu sehen und zu bewundern. Aber Smetse gedachte an die sieben Jahre und war nicht froh.

Nicht lange, so waren seine Truhen voll schöner Crusados, Engelstaler, Rosennobel und güldenem Gerät. Aber er hatte kein groß Ergötzen, wann er all dieses Geld betrachtete, denn er erachtete, daß es mit seiner Seele, so er dem Teufel für die ganze lange Ewigkeit verschrieben, zu teuer erkauft sei.

Slimbroek der Rote verlor seine Kunden einen nach dem andern, welche alle zu Smetse zurückkehrten. Er war zerlumpt und gar elendig worden und stellte sich jeden Tag ans Ufer und betrachtete von da das schöne Feuer, so in der Schmiede des guten Schmieds brannte. Und dieweil er das tat, schien er so versunken in Staunen und Dumpfheit wie eine Eule, welche einen Heller anschaut.

Smetse, welcher um seine Notdurft wußte, schickte ihm unterschiedliche Kunden, auf daß er sein Leben friste, und manche Beisteuer in Geld. Aber ob er gleich das Böse mit Gutem vergalt, ward er davon nicht fröhlicher, denn er gedachte an die sieben Jahre.

Smetses Weib, da sie ihres Reichtums inne ward, kaufte an jeglichem Sonntag Lenden von fettem Hammel, Gänse, Kapaunen, Truthähne und anderes treffliches Fleisch zu braten, lud ihre Freunde, Anverwandten und Arbeiter zum Schmaus, und war ein schönes Gastmahl, wohl befeuchtet mit Doppelbraunbier.

Aber dieweil Smetse aß und trank wie ein Kaiser, ward er darum nicht fröhlicher, denn er gedachte an die sieben Jahre.

Und der Dampf des bratenden Fleisches verbreitete sich so lecker und saftig über den Zwiebeldamm und machte die Luft so balsamisch, daß alle Hunde, welche zumeist in der Stadt herumstrichen, vor dem Hause stille standen und den Wohlgeruch schnupperten. Da saßen sie auf ihrem Hintern mit der Nase in der Luft und warteten auf den Abhub. Und die Bettler, deren es eine große Zahl gab, kamen gleicherweise dorthin und wollten die Hunde verjagen. Und so entstunden wütende Schlachten, darinnen etliche schlimm gebissen wurden. Da sie dies sahen, traten Smetses Weib und andere Gevatterinnen jeglichen Sonntag an die Türe mit Körben voll milder Gaben und reichten dort vor der Mahlzeit aus den Körben allen Bettlern gutes Brot, Schnitten Fleisch und zwei Heller zum Trinken, und das alles mit freundlichen Reden und guten Worten. Dann bewogen sie sie, den Damm zu verlassen, welches sie willig taten. Nur die Hunde blieben, und am Schluß des Gastmahls ward ihnen gleicherweise etliches Futter gegeben. Dann liefen sie davon und trugen jeglicher seinen Knochen oder andere Beute davon.

Smetse mitsamt seinem Weibe gewann diese armen Bettler und Hunde von Herzen lieb. Er gab den Bettlern Nahrung und Obdach, desgleichen allen kranken, hinkenden und elenden Hunden, so in Gent herrenlos herumliefen, und sein Haus ward das Hundespital und das Armenhaus geheißen. Dessen ohngeachtet war er nicht froh, denn er gedachte an die sieben Jahre.

Von diesem Gedanken geplagt, sang Smetse nicht mehr, verlor sein Fett und schrumpfte sichtbarlich zusammen, ward schwermütig und sinnend und sprach in seiner Schmiede kein Wort, es sei denn um der Arbeit willen. Und er ward nicht mehr Smetse der Fröhliche, sondern Smetse der Reiche geheißen.

Und er zählte die Tage.

 

VIII. Wie ein zerlumpter Bürger und ein Weib nebst einem allerliebsten Kindlein auf einem Esel vor Smetses Tür kamen

Am zweihundertfünfundvierzigsten Tage des siebenten Jahres zur Zeit der Zwetschenblüte hielt Smetse ganz stille seine Mittagsruhe. Er saß auf einer Holzbank gegenüber seiner Tür und schaute gar trübsinnig auf die schönen Bäume, welche auf dem Damm stunden, und auf die Vöglein, so in den Ästen spielten oder sich zankten und Futter aufpickten. Er schaute auch die helle Sonne an, welche die Vöglein lustig machte, und hörte hinter sich den schönen Klang seiner Schmiede und sein Weib, so Fische zur Mahlzeit briet, und seine Gesellen, die sich sputeten, um zum Essen zu gehen, denn es war Essensstunde; und er sagte sich, daß er in der Höllen nicht Sonne, noch Vöglein, noch grünbelaubte Bäume sehen würde, daß er nicht den Klang seiner Schmiede, noch seine flinken Gesellen, noch sein Weib hören würde, wie es Fische zur Mahlzeit briete.

Nach kurzer Zeit gingen seine Gesellen hinaus, und Smetse blieb allein auf seiner Bank und pflog Rats mit sich selber, ob kein Mittel sei, den Teufeln zu entrinnen. Da plötzlich hielt vor seiner Tür ein Mann von kläglichem Aussehen. Sein Haar und Bart waren braun, er war gekleidet wie ein zerlumpter Bürgersmann und trug einen dicken Knüttel in der Hand. Er ging neben einem Esel, welchen er am Zügel führte. Auf dem Esel saß ein schönes, artiges und junges Weib von edler Haltung und säugte ein ganz nackend Kindlein, welches ein so sanftmütig und holdes Antlitz hatte, daß Smetse bei seinem Anblick ganz getröstet ward.

Der Esel stund an der Türe der Schmiede still und hub an, erschröcklich zu schreien.

»Meister Schmied,« sprach der Mann, »sieh hier unsern Esel, welcher unterwegens eins seiner Eisen verloren hat. Würde es dir belieben, ihm ein anderes anschlagen zu lassen?«

»Ich werde es selber tun,« erwiderte Smetse, »denn ich bin allhier allein.«

»Ich muß dir zuvor sagen, daß wir Bettler sind«, sprach der Mann.

»Habe keine Sorge,« entgegnete Smetse, »ich bin reich genung, um ohne Zahlung alle Esel in Flandern mit Silber zu beschlagen.«

Solches hörend, stieg die Frau vom Esel und fragte Smetse, ob es ihr verstattet sei, sich auf die Bank zu setzen.

»Ja«, sprach er.

Und dieweil er das Tier festband, den Huf beschnitt und das Eisen anlegte, sagte er zu dem Manne: »Von wannen kommst du solcherart mit dieser Frau und dem Esel?«

»Wir kommen«, gab der Mann zur Antwort, »von fernen Ländern und haben noch weit zu wandern.«

»Und leidet dieses Kind, so immer nackend ist, nicht von der Kälte?«

»Mit nichten,« sagte der Mann, »denn es ist ganz Wärme und Leben.«

»Hoho,« sprach Smetse, »ihr redet nichts Übles von euren Kindern, Herr. Aber dieweil ihr also wandert, was habt ihr für Trank und Speise?«

»Das Wasser der Flüsse,« sprach der Mann, »und das Brot, welches man uns schenkt.«

»Ach,« sagte Smetse, »davon gibt man euch nicht allzuviel, das sehe ich, denn die Körbe des Esels sind leicht. Ihr habt also oftmals Hunger?«

»Ja«, sprach der Mann.

»Das mißfällt mir,« sprach Smetse, »denn es ist sehr ungesund, daß eine säugende Mutter Hunger leide, maßen die Milch davon sauer wird und das Kind kümmerlich gedeiht.« Und er befahl seinem Weibe: »Weib, bringe so viel Brot und Schinken herbei, als nötig, um die Körbe dieses Tieres zu füllen. Vergiß auch nicht das Doppelbraunbier, welches armen Reisenden himmlische Stärkung ist. Und eine gute Metze Hafer für den Esel.«

Da die Körbe voll waren und das Tier beschlagen, sprach der Mann zu Smetse: »Schmied, ich will dich, maßen du so gut bist, belohnen, denn so wie du mich siehst, habe ich große Macht.«

»Ja,« sprach Smetse lachend, »das sehe ich genugsam.«

»Ich bin«, redete der Mann, »Joseph, der sogenannte Ehemann der allerheiligsten Jungfrau Maria, welche auf dieser Bank sitzt, und das Kind, so sie in den Armen hält, ist Jesus, dein Erlöser.«

Smetse ward bei dieser Rede gar verwirrt, betrachtete die Wanderer mit großer Angst und sah um das Haupt des Mannes einen feurigen Schein, bei der Frau eine Sternenkrone und bei dem Kindlein herrliche Strahlen, glänzender denn Sonnenschein, welche aus seinem Haupte drangen und es mit Licht umkränzten.

Da fiel er ihnen zu Füßen und sprach: »Herr Jesus, gnädige Frau Maria, heiliger Herr Joseph, verzeihet mir meinen Zweifel.«

Worauf Sankt Joseph entgegnete: »Du bist wacker, Smetse, und gut. Darum so gebe ich dir Erlaubnis, drei Wünsche zu tun, so groß du kannst: der Herr Jesus wird sie gewähren.«

Da Smetse dies hörte, ward er gar froh, denn er gedachte, daß er solchergestalt vielleicht dem Teufel entrinnen möchte. Aber er wagte nicht zu bekennen, daß er ihm seine Seele verschrieben habe. Er blieb einen Augenblick still und erwog die Dinge, um welche er bitten könnte. Dann sagte er plötzlich gar ehrfürchtiglich: »Herr Joseph, heilige Jungfrau Maria und du, Herr Jesus, beliebt es euch, in mein Haus einzukehren? Allda könnte ich euch meine Wünsche kundtun.«

»Es beliebt uns«, sagte Sankt Joseph.

»Weib,« sprach Smetse zu seinem Weibe, »komm her und gib Obacht auf den Esel dieser Herrschaften.«

Und Smetse ging vor ihnen her und kehrte den Estrich, auf daß sie keinen Staub an ihre Sohlen kriegten.

Und er führte sie in seinen Garten; allda war ein schöner Zwetschenbaum in voller Blüte. »Euer Gnaden, Herrin und Herr, es beliebe euch, wer immer auf diesen Zwetschenbaum steigt, der komme nicht ohne meinen Willen herunter.«

»Es beliebt uns«, sagte Herr Sankt Joseph.

Alsdann führte er sie in seine Küche. Da war ein schöner, großer und kostbarer Lehnstuhl, gar weich im Sitz und von starkem dauerhaften Holze.

»Euer Gnaden, Herrin und Herr,« sprach Smetse, »beliebt es euch, daß, wer immer sich auf diesen Lehnstuhl setze, nicht ohne meinen Willen davon aufstehen könne?«

»Es beliebt uns«, sagte Herr Sankt Joseph.

Dann ging Smetse und holte einen Sack, wies ihn vor und sprach: »Euer Gnaden, Herrin und Herr, beliebt es euch, daß Mensch oder Teufel, wenn er nur in diesen Sack gehet, nicht ohne meinen Willen herauskönne?«

»Es beliebt uns«, sagte Herr Sankt Joseph.

Und er gab Smetse seinen Segen und also zog die heilige Familie von dannen.

 

IX. Was Smetse tat, da er sein Geheimnis wahren wollte

Die Frau hatte kein Wort von dem vernommen, was die himmlischen Reisenden ihrem Manne gesagt hatten, und so war sie gar verwundert, da sie die Gebärden und Reden des guten Schmiedes sah und hörte. Aber nachdem die allmächtigen Herrschaften von dannen gegangen waren, war sie noch weit mehr verdutzt, wie Smetse anhub zu lachen, sich die Hände zu reiben und danach auf sie zukam, ihr auf den Bauch klopfte, sie nach rechts und links schwenkte und mit triumphierender Stimme sagte: »Es kann sich zutragen, daß ich nicht brenne, daß ich nicht siede, daß ich nicht gefressen werde; bist du nicht froh darob?«

»Wehe,« sprach sie, »ich verstehe nichts von deinem Gerede, Mann; bist du auch nicht toll?«

»Weib,« sagte Smetse, »du mußt mich nicht so kläglich anstarren, das ist nicht an der Zeit. Siehst du nicht, wie wohl mir ist? Denn mir ist eine Last von den Schultern genommen, schwerer denn der Belfried; ich meine unsern Belfried mit dem Drachen darauf, welcher denen von Brügge weggenommen worden. Ich werde nicht gefressen werden. Bei Artevelde! Die Beine zittern mir bei dem Gedanken. Ich tanze. Willst du nicht also tun? Pfui über die Grüblerin, welche Trübsal bläst, dieweil ihr Ehemann fröhlich ist. Küsse mich, Weib, küsse mich, Schätzlein, wegen meines Gewinnes. Das mußt du, denn anstatt der Verzweiflung hab ich schöne, gute, feste Hoffnung. Sie gedachten mich in alle Brühen zu tunken und von meinem Leib fetten Schmaus zu halten. Ich werde sie alle zum Besten haben. Laß uns tanzen!«

»Ach Smetse,« sagte die Frau, »du mußt dich purgieren, Mann; man sagt, das sei ein Mittel wider die Tollheit.«

»Du sprichst unbedacht«, sagte er und klopfte ihr mit großer Herzlichkeit und Sanftmut auf die Schulter.

»Siehe«, sprach sie, »den trefflichen Arzt, welcher mir Vernunft predigt! Aber wärest du toll oder weise, Smetse, da du vor diesen Bettlern, die uns hier ihre Läuse ließen, den Hut abnahmst und mir, deinem Weibe, einen Esel zu hüten gabst. Da du ihre Körbe mit unserm besten Brot, Schinken und Braunbier fülltest, vor ihnen auf die Knie fielest, um gesegnet zu werden, und das Maul vollnahmst, um sie gleich Erzherzogen mir Euer Gnaden, Herrin und Herr zu traktieren?«

Bei dieser Rede ward Smetse inne, daß die hohen Reisenden sich nur ihm hatten offenbaren wollen.

»Weib,« sprach er, »du mußt mich nicht mehr ausfragen, sintemalen ich dir von dieser geheimen Sache, die zu begreifen dir nicht gegeben ist, nichts erzählen darf.«

»Ach,« sprach sie, »es ist also schlimmer denn Tollheit, es ist Geheimnis. Du tust nicht wohl, dich so vor mir zu verhehlen, Smetse. Ich habe hier allezeit in Treue mit dir gelebt, deine Ehre gewahrt, mit deinem Gute hausgehalten, habe nimmer ausgeliehen noch geborgt und meine Zunge in Gesellschaft der Gevatterinnen gehütet, alle Geheimnisse für mich behalten und keinem ein Wörtlein verraten.«

»Ich weiß es,« sprach Smetse, »du bist immer ein braves und gutes Weib gewesen.«

»Wie,« fragte sie, »das weißt du und hast kein Zutrauen mehr zu mir? Ach, Mann, das schmerzt mich; sag mir das Geheimnis, ich werde es zu hüten wissen, das versichere ich dir.«

»Weib,« sprach er, »wenn du nichts weißt, kannst du noch leichter schweigen.«

»Smetse, willst du mir wahrhaftig nichts sagen?«

»Ich kann es nicht«, antwortete er.

»Wehe«, sagte sie.

Indessen kamen die Gesellen zurück und Smetse gab einem jeden einen schönen Dukaten zum Trinkgeld.

Darob waren sie so froh und üppig, daß drei Tage lang keiner die Nase in die Schmiede steckte, ohne allein ein alter Mann, welcher zu siech, lendenlahm, schweratmig und unstet auf den Beinen war, um in der Leye zu schwimmen und sich hernach den Lauch im hohen Gras zu trocknen, beim Klang von Lauten, Sackpfeifen und Schalmeyen auf dem Anger zu tanzen, in den Schenken die Krüge zu leeren und bei der Nacht zu bechern.

 

X. Vom Blutrat

Nun aber war der Tag herbeigekommen, da der gute Schmied dem Teufel seine Seele lassen sollte, denn das siebente Jahr war abgelaufen und man war in der Zeit der reifen Zwetschen.

Bei sinkender Nacht, da etliche Gesellen für die Herren RekollektenFranziskaner der strengsten Observanz. ein Gitter schmiedeten, das am Abend fertig sein sollte, und deswegen bei Smetse aufblieben, trat ein garstiger Lümmel in die Schmiede. Er hatte weißes, schmutziges Haar, einen Strick um den Hals, ein offenes Maul, steckte die Zunge heraus und trug einen schlechten Linnenkittel, wie der Knecht eines Herrn, der um sein Vermögen gekommen.

Besagter Lümmel trat behend auf Smetse zu, ohne daß man ihn hätte gehen hören, und legte ihm die Hand auf die Schulter: »Smetse,« sagte er, »hast du dein Bündel geschnürt?«

Solches hörend, drehte der Schmied sich um: »Schnüren?« sagte er, »und was schiert dich diese Schnürerei, Herr Kahlkopf?«

»Smetse,« entgegnete der Knecht in grimmem Tone, »bist du nicht deines erneuten Glückes eingedenk, noch des Guten, das man dir erwiesen, noch dieses schwarzen Papiers?«

»Ja, ja,« sprach Smetse und nahm demütiglich seinen Hut ab, »ich bin dessen eingedenk; entschuldigt mich, Herr, ich erkannte Euer liebreich Antlitz nicht wieder. Würde es Euch belieben, in meine Küche zu gehen, um allda ein Stück fetten Schinkens zu knabbern, einen Krug Braunbier zu schlürfen und eine Flasche zu trinken? Wir haben dazu Zeit genug, denn die sieben Jahre sind noch nicht voll, es fehlen noch zwei Stunden daran.«

»Du lügst nicht,« sprach der Teufel, »laß uns also in deine Küche gehen.«

Und sie gingen hin und setzten sich an den Tisch.

Da die Frau sie eintreten sah, war sie gar sehr erstaunt, und Smetse sagte zu ihr: »Bring uns Wein, Braunbier, Schinken, Würste, Brot, Kuchen und Käse und von allem das Beste, was im Hause ist.«

»Aber, Smetse,« sagte sie, »Du mißbrauchest die Güter, so Gott dir gab. Es ist billig, armen Leuten beizustehen, aber nicht, für den einen mehr zu tun, denn für den andern. Bettler ist Bettler, einer ist wie der andere.«

»Bettler!« schrie der Teufel, »das bin ich nicht und war es nie. Tod den Geusen! An den Galgen mit den Geusen!«

»Edler Herr,« sprach Smetse, »geruhet Euch nicht so über sie zu erzürnen, die Euch gar nicht kennt. Weib! blick unsern Gast wohl an und betrachte ihn mit großer Aufmerksamkeit und noch größerer Achtung; so kannst du hernach deinen Gevatterinnen erzählen, daß du Herrn Jakob Hessels gesehen, den größten Ketzerschlachter, der jemals war. Ha, Weib, er verfuhr nicht sänftiglich mit ihnen und ließ ihrer so viel henken, brennen und in unterschiedlicher Art foltern, daß er im Blut all dieser Toten hundertfach ersaufen könnte. Geh, Weib, hol ihm zu essen und zu trinken.«

Die Frau ging, kam alsbald zurück und deckte den Tisch.

Indessen er sich vollfraß, sagte Smetse: »Ha, edler Herr, ich erkannte Euch alsogleich an Eurer unvergleichlichen Art zu sagen: ›An den Galgen!‹ und auch an diesem Strick, welcher Euer Leben so verräterisch endete. Denn unser Herr hat gesagt: ›Wer den Strick liebt, soll durch den Strick umkommen‹. Messire Ryhove war gar falsch und schlecht gegen Euch, denn außer dem Leben nahm er Euch auch den Bart, welcher schön war. Ha, das war eine schändliche Tat, einen guten Ratsherren, wie Ihr zu jener Zeit waret, so zu behandeln, wo Ihr so geruhig und friedlich im Blutrat schliefet, will sagen im Rat des Aufruhrs, mit Respekt zu reden, und nur aufwachtet, um zu sagen: ›An den Galgen!‹ und hernach wieder einschliefet.«

»Ja,« sprach der Teufel, »das war dazumal gute Zeit.«

»Wahrlich, edler Herr,« sagte Smetse, »das war für Euch die Zeit der Macht und des Reichtums. Ha, wir danken Euch viel: die Steuer des Zehnten, die Ihr Kaiser Karl einblieset; die Verhaftung der edlen Herren van Egmont und van Hoorn, von Eurer schönen Hand geschrieben. Und mehr denn zwanzig Hundert Personen, so durch Feuer, Schwert und Strick umkamen.«

»Ich weiß ihre Zahl nicht,« sprach der Teufel, »aber sie ist groß. Gib mir von dieser Wurst, Smetse, sie ist trefflich.«

»Ha,« entgegnete der Schmied, »nicht trefflich genug für Eure Herrlichkeit; aber Ihr trinket nicht. Leert diesen Schoppen, es ist Doppelbraunbier.«

»Schmied,« sprach der Teufel, »es ist trefflich, aber ich habe noch besseres in der Herberge von Pierkins getrunken, an dem Tage, da auf dem Markte fünf reformierte Mägdlein mitsammen verbrannt wurden. Jenes schäumte mehr. – Indessen wir tranken, hörten wir besagte Mägdlein inmitten des Feuers Psalmen singen. – Ha, wir zechten wacker an dem Tage! – Aber stelle dir die große Verderbtheit dieser Jungfrauen vor, welche noch ganz jung und so verhärtet in ihren Sünden waren, daß sie ihre Choräle sangen, nicht klagten, im Feuer lächelten und Gott auf Ketzerart anriefen. Schenk ein, Smetse.«

»Aber,« fragte Smetse, »König Philipp heischte doch Eure Heiligsprechung in Rom, maßen Ihr Hispanien und dem Papst so wohl gedienet hattet. Warum denn seid Ihr nicht im Paradiese, Herr?«

»Ach,« weinte der Teufel, »meine früheren Dienste sind nicht anerkannt worden. Die hündischen Reformierten sind bei Gott, und ich brenne im tiefsten Höllenpfuhl. Da muß ich ohne Ruhe und Rast die Psalmen der Ketzer singen: harte Strafe, unaussprechliche Pein! Diese Gesänge gehen meine Kehle auf und nieder, rollen in meiner Brust und zerreißen mir inwendig den Leib wie ein Stachelschwein, dessen gesträubte Stacheln von Eisen wären. – Bei jedem Laut neue Verletzung, blutende Wunde, und immer, immer muß ich singen, und so wird es sein durch die ganze lange Ewigkeit.«

Bei dieser Rede ward Smetse schier erschrocken, da er merkte, wie hart Gott Jakob Hessels gestraft hatte. Und er sagte zu ihm:

»Trinket, Herr, dieses Braunbier ist wunden Kehlen Balsam.«

Plötzlich läutete die Glocke.

»Smetse,« sagte der Teufel, »komm mit, die Stunde ist da.«

Aber der gute Schmied seufzte gar tief und gab keine Antwort.

»Was ficht dich an?« fragte der Teufel.

»Ach,« sprach Smetse, »ich beklage Eure Ungeduld. Hab' ich Euch denn hier so übel aufgenommen, daß Ihr mir nicht erlauben wolltet, vor meiner Abreise mein Weib ein letztes Mal zu umhalsen, desgleichen meine guten Gesellen, und meinen schönen Zwetschenbaum zu betrachten, auf dem gar saftige Zwetschen sind? Ach, ich möchte mich daran noch ein wenig erquicken, ehe denn ich an den Ort gehe, da ewiger Durst ist.«

»Wähne nicht, mir zu entwischen«, sprach der Teufel.

»Das sei ferne von mir, Herr,« sagte Smetse. »Folget mir, ich bitte Euch gar demütiglich.«

»So laß uns gehen, aber nicht lange«, sagte der Teufel.

Da sie im Garten waren, fing Smetse abermals an zu seufzen.

»Ach,« sagte er, »da sind meine Zwetschen, Herr, gestattet Ihr, daß ich hinaufsteige und mich satt esse?«

»Klettere hinauf«, sprach der Teufel.

Da Smetse auf dem Baum war, hub er an gar gierig zu essen und mit lautem Schmatzen den Saft zu schlürfen. »Ha,« rief er aus, »Zwetschen aus dem Paradiese, Zwetschen für Christen, wie groß seid ihr! Ihr würdet hundert Teufel, so in der untersten Höllen brennen, erlaben. Durch euch, ihr süßen, gesegneten Zwetschen, ist der Durst aus meiner Kehle entwichen. Durch euch, ihr freundlichen, liebreichen Zwetschen, weicht die bittere Melancholei aus meinem Magen; durch euch, frische, zuckrige Zwetschen, dringt unendliche Süße in mein Blut. Ha, ihr saftigen, fröhlichen Zauberzwetschen, o, daß ich euch nicht allzeit lutschen kann!«

So sprechend, pflückte Smetse immerzu, aß und schlürfte den Saft.

»Knicker!« sagte der Teufel, »du machst, daß mir das Wasser im Munde zusammenläuft. Was wirfst du mir nicht eine dieser so trefflichen Zwetschen herunter?«

»Ach, Herr,« sprach Smetse, »das kann ich nicht. Sie würden beim Herunterfallen zergehen, so zart sind sie. Aber so es Euch beliebt, auf den Baum zu steigen, so würdet Ihr groß Ergötzen haben.«

»Das will ich«, sprach der Teufel.

Als er sich fest auf einen starken Ast gesetzt hatte und sich da nach Herzenslust erlabte und Zwetschen aß, stieg Smetse behend herunter, nahm einen Knüppel, so auf dem Rasen lag, und hub an, ihn aus allen Kräften damit zu schlagen. Da der Teufel die Schläge fühlte, wollte er auf den Schmied losspringen, aber er konnte nicht, denn die Haut seines Gesäßes klebte am Aste fest. Er zischte, schäumte und knirschte vor rasender Wut und auch vor Schmerz, welchen ihm seine gezerrte Haut verursachte.

Indessen walkte Smetse ihn durch und liebkosete ihn mit dem Stock an allen Stellen seines Leibes und zermürbte ihn bis auf die Knochen, zerfetzte seinen Kittel und gab ihm gar munter die schönsten und stärksten Prügel, so je im Lande Flandern ausgeteilt worden. Und dabei sprach er: »Ihr lasset kein Wort über meine Zwetschen hören, Herr; sie sind jedoch gut.«

»Ha!« schrie Hessels, »warum bin ich nicht frei!«

»Ach, ja! Was seid Ihr nicht frei?« antwortete Smetse. »Ihr würdet mich einem lieben, kleinen Henker unter Euren Freunden ausliefern, welcher mich frei nach Euren gelahrten Rezepten wie Schinken zerschnitte; denn Ihr kanntet Euch, so deucht mich, in Martern aus. Aber mein Stock macht Euch doch keine Pein? Ach, was seid Ihr nicht frei! Ihr würdet mich auf einen gesegneten Galgen hissen und da würde man mich frei in der Luft baumeln sehen, und frei heraus würde Meister Hessels lachen. Und also hätte er seine Rache dafür, daß ich ihn nun mit so großer Freiheit durchwalke. Denn nichts auf dieser Welt ist so frei, wie ein freier Prügel, welcher frei auf einen unfreien Ratsherren fällt. – Ach ja, was seid Ihr nicht frei! Ihr würdet mir den Rumpf vom Kopfe befreien, wie Ihr mit so großer Freude bei den Herren van Egmont und van Hoorn tun ließet. Ach ja, was seid Ihr nicht frei! Dann sähe man Smetse auf etwelchem guten kleinen Scheiterhaufen, welcher ihn frei braten würde, wie es den armen reformierten Mägdlein geschahe; und Smetse lobsänge gleich ihnen mit freier Seele dem Gotte der frei Glaubenden und dem Gewissen, das stärker ist denn Feuer, dieweil Meister Hessels Braunbier tränke und sagte, daß es gut schäumte.«

»Ha,« sprach der Teufel, »warum schlagt Ihr mich so grausam, ohne Mitleid mit meinen weißen Haaren.«

»Sintemalen deine weißen Haare,« sagte Smetse, »das Fell eines alten Tigers sind, so unsere Lande verheerte; maßen es mir Spaß macht, ihn mit Eichenholz einzureiben und auch dafür, daß du mir Erlaubnis gäbest, noch sieben Jahre in dieser Welt zu verbleiben, allwo ich mich wohl befinde, wenn es dir beliebt.«

»Sieben Jahre,« sprach der Teufel, »darauf rechne nicht; lieber will ich unter deinem Knüppel bluten.«

»Ja! ich sehe es wohl,« antwortete Smetse, »Eure Haut nascht gerne Prügel. Diese sind übrigens gut. Jedoch eine fette Mahlzeit ist dem, so zuviel davon isset, schädlich. Drum, so Ihr genug davon habt, tut es mir gnädigst zu wissen. Ich werde mit dem Traktament aufhören, aber Ihr müsset mir alsdann die sieben Jahre geben.«

»Niemals,« sprach Hessels. Und er hob die Nase gen Himmel gleich wie ein heulender Hund und schrie: »Alle Teufel zu Hilfe!« Und das so grimmig und erschröcklich, daß beim Ton seiner heiseren Stimme, so wie hundert Trompeten klang, alle Gesellen herbeiliefen.

»Ihr habt nicht laut genug geschrieen,« sprach Smetse, »ich will Euch helfen.« Und er schlug noch stärker und der Teufel schrie noch lauter.

»Sehet her,« sagte Smetse, »wie hübsch der Stock diese artige Nachtigall auf meinem Zwetschenbaum singen macht. Sie zwitschert ihr Liebeslied und ruft ihr Liebchen. Es wird balde kommen, Herr, aber wartet unten darauf, denn der Nachttau ist, wie man sagt, auf der Höhe schädlich, von wegen der Windstöße.«

»Baas,« fragten etliche Gesellen, »ist es nicht Messire Jakob Hessels, der Blutrat, welcher da auf deinem Zwetschenbaum sitzt?«

»Ja, Burschen,« antwortete Smetse, »das ist dieser würdige Mann, Er sucht jetzund die Höhen, wie er sein ganzes Leben getan hat. Auch hat er es in der Luft geendigt, indem er den Vorübergehenden die Zunge heraussteckte. Denn wer vom Galgen ist, kehrt an den Galgen zurück, und wer vom Strick ist, den muß man dem Stricke zurückgeben. Das stehet geschrieben.«

»Baas,« fragten sie, »können wir dir nicht helfen, ihn herunterzuholen?«

»Ja«, sprach er, und die Gesellen gingen in die Schmiede. Indessen redete der Teufel kein Wort und versuchte sein Gesäß vom Ast loszureißen. Er bewegte sich heftig, mühte sich ab und wand sich auf hunderterlei Art, brauchte Füße, Hände und Kopf als Hebel, um loszukommen, aber vergebens. Und Smetse schlug ihn gewaltig und sprach: »Herr Rat, Ihr sitzet fest im Sattel, so deucht mich. Ich will Euch herunterholen, denn so ich es nicht tue und Euch mit aller Kraft durchbläue, würdet Ihr mir den Baum samt den Wurzeln aus der Erde reißen, und die Leute sähen euch allerorten lustwandeln und den Zwetschenbaum als Schwanz am Gesäß nachschleppen. Das wäre ein jämmerlich und lächerlich Schauspiel für einen so edlen Teufel wie Ihr. Schenket mir lieber die sieben Jahre.«

»Baas,« riefen die Gesellen, welche mit Stangen und Hämmern aus der Schmiede zurückkamen, »wir stehen zu deinem Befehl; was sollen wir tun?«

»Da ich ihn mit Eichenholz gekämmt habe,« sprach Smetse, »muß er jetzt mit Stangen und Hämmern gelaust werden.«

»Danke, Smetse, danke!« schrie der Teufel; »Stangen und Hämmer, das ist zuviel; die sieben Jahre sind dein, Schmied.«

»Schreibe flugs die Quittung«, sprach Smetse.

»Da ist sie.«

Der Schmied nahm sie, sahe daß sie gut war, und sprach: »Du magst heruntersteigen.«

Aber der Teufel war so schwach und lendenlahm vom Prügeln, daß er auf den Rücken fiel, da er zu springen vermeinte. Und er machte sich hinkend davon, bedräute Smetse mit der Faust und sprach: »In sieben Jahren wart ich dein in der Höllen, Schmied.«

»Das magst du«, sprach Smetse.

 

XI. Wo die Gesellen ehrlich mit Smetse reden

Dieweil der Teufel von dannen ging, blickte Smetse seine Gesellen an und merkte, daß sie einander anschauten, leise redeten und in ihrem Gehaben verlegen schienen, wie Leute, die sprechen möchten und es nicht wagen.

Und Smetse sprach zu sich selber: »Werden sie mich dem Priester anzeigen?«

Da trat Flipke, der Bär, auf ihn zu. – »Baas,« sprach er, »es ist uns bewußt, daß das Gespenst Hessels dir von dem geschickt wurde, welcher da unten regieret. Du hast mit dem Teufel einen Pakt gemacht und bist nur durch sein Geld reich, schon lange hegen wir diesen Verdacht. Aber auf daß du nicht verfolgt würdest, hat keiner darüber in der Stadt geredet und keiner wird fürder reden. Das wollten wir dir sagen, auf daß du ruhig seiest. Somit guten Abend, Baas, und gute Ruhe.«

»Ich danke euch, Jungens«, sprach Smetse schier gerührt. Und sie gingen fort.

 

XII. Wie Smetse, da er sein Geheimnis wahren wollte, es seinem guten Weibe nicht unter die Zunge gab

Da der Schmied in die Küche trat, sah er sein Weib auf Knieen liegen, sich an die Brust schlagen, weinen, seufzen und schluchzen. Und sie sprach: »Jesus, Herr und Gott! Er hat mit dem Teufel einen Pakt gemacht, aber nicht mit meinem Willen, das versichere ich. Und auch du, Frau Maria, du weißt darum und auch ihr alle, hohe Heilige. Wehe! Ich bin schier betrübet, nicht um meinetwillen, nein um meinen armen Mann, welcher dem Teufel seine Seele um elendes Gold verkauft hat. Wehe! ja, er hat sie verkauft. Ach, ihr hohen Heiligen, die ihr gar glücklich und glorreich seid, bittet den allergütigsten Gott für ihn und geruht anzusehen, daß wenn ich, wie ich zu hoffen wage, christlich sterbe und ins Paradies eingehe, ich allda allein sein und Reiskuchen mit silbernen Löffeln essen werde, dieweil mein armer Mann in der Höllen brennt, über Hunger und Durst klagt, und ich werde ihm nicht zu essen und zu trinken geben können . . . Ach, ich werde so unglückselig sein! Ach, ihr hohen Heiligen, Frau Maria, Herz Jesus, er sündigte nur dies eine Mal und war sein ganzes andres Leben ein guter Mensch und guter Christ; er gab den Armen und war sanftmütig. Errettet ihn aus dem immerwährenden Feuer und trennet dort nicht, die hier unten so lange vereint waren. Bittet für ihn, bittet für mich, wehe!«

»So bist du denn sehr betrübt, Weib«, fragte Smetse.

»Ha, du böser Mann,« sprach sie, »nun weiß ich alles. Es war das Höllenfeuer, welches im Hause ausbrach und die Schmiede entzündete; diese Bäcker, Brauer und Weinhändler waren Teufel, und ein Teufel auch der Abscheuliche, so dir den Schatz wies und mir den entsetzlichen Backenstreich gab. Wer wird sich künftig getrauen, in diesem Hause geruhig zu leben? Wehe, unsere Speise ist des Teufels, unser Trank ist des Teufels; vom Teufel ist unser Fleisch, Brot und Käse, vom Teufel unser Geld, Haus und alles. – Wer unter dieser Wohnung grübe, der sähe flugs das Höllenfeuer emporzüngeln. Sie sind alle da, ich sehe sie oben und unten, rechts und links, wie sie gleich Tigern mit weit offenen Rachen auf ihre Beute lauern. Ha! welch schönes Schauspiel wird es für mich sein, meinen Mann durch alle diese Teufel in hundert Stücke zerrissen zu sehen, und das in sieben Jahren, denn er hat es gesagt, ich hab es wohl gehört, in sieben Jahren kommt er wieder.«

»Weine nicht, Weib,« sagte Smetse, »in sieben Jahren werde ich ihn wie heute meistern können.«

»Aber so er nicht auf den Zwetschenbaum gestiegen wäre, was hättest du da getan, armer Schelm? Und wird er wie heute in deine Fallen gehen?«

»Weib, er wird hinein gehen, denn es sind himmlische Fallen, und was von Gott kommt, hat allzeit Gewalt über den Teufel.«

»Lügst du nicht,« sprach sie, »und willst du mir sagen, was für Fallen das sind?«

»Das kann ich nicht,« sagte er, »denn Teufel haben feine Ohren, und so leise ich auch zu dir spräche, sie hörten mich doch; alsdann würde ich sonder Zweifel vom Teufel geholt werden.«

»Ach,« sagte sie, »das möchte ich nicht, ohngeachtet es mich gar nicht erfreut, hier zu leben und nie nichts zu wissen, gleich wie eine Fremde. Jedoch will ich lieber, daß du schweigst und gerettet wirst, denn daß du sprichst und verdammt wirst.«

»Weib, du sprichst weise.«

»Ich werde alltäglich für deine Erlösung beten,« sagte sie »und eine gute Messe in Sankt Bavo für dich lesen lassen.«

»Aber,« fragte er, »willst du diese Messe von Teufels Gelde bezahlen?«

»Des habe keine Sorge,« antwortete sie, »sobald dies Geld in die Truhen der Kirche gelangt, wird es im Nu geheiligt sein.«

»Tue also nach deinem Belieben, Weib«, sagte Smetse.

»Ei,« sprach sie, »Herr Jesus soll jeden Tag eine dicke Kerze haben und Frau Maria desgleichen.«

»Vergiß auch nicht Herrn Sankt Joseph, denn wir danken ihm viel.«

 

XIII. Der Blutherzog

Das Ende des siebenten Jahres kam heran, und am letzten Abend betrat ein Mann die Schwelle des Hauses von Smetse, dem Schmied. Er hatte ein hispanisch Gesicht, hoffärtig und finster, eine Nase gleich einem Habichtschnabel, harte, starre Augen und einen langen, weißen Spitzbart. Im übrigen trug er ein feingeschmiedet und vergüldet Eisenkleid, den erlauchten Orden des güldenen Vlieses und eine schöne, rote Feldbinde. Die linke Hand stützte er auf den Knauf seines Degens und hielt in der Rechten den siebenjährigen Pakt und einen Marschallsstab.

Er trat in die Schmiede und ging stracks auf Smetse zu, trug das Haupt hoch und würdigte keinen der Gesellen eines Blickes.

Der Schmied stund in einer Ecke und bedachte, wie er den Teufel, welcher ihn holen sollte, zum Sitzen auf dem Lehnstuhl bringen könnte. Da schlich unversehens Flipke zu ihm heran und raunte ihm ins Ohr: »Baas, hüte dich, es ist der Blutherzog.«

»Wehe,« sprach Smetse bei sich selbst, »es ist um mich geschehen, da Alba mich holen kommt.«

Dieweil war der Teufel zum Schmied herangetreten, hatte ihn, ohne zu sprechen, am Arme gepackt, um ihn mitzuschleppen, und zeigte ihm den Pakt.

»Euer Gnaden,« sprach Smetse gar kläglich, »wohin wollet Ihr mich führen? In die Höllen? Ich folge Euch. Es ist zuviel der Ehre für mich Elenden, einem so fürnehmen Teufel wie Euch zu gehorchen. Aber ist es wahrlich schon die Scheidestunde? Ich glaube es nicht, und Eure Hoheit hat eine zu rechtschaffene Seele, um mich früher mitzunehmen denn der Pakt besagt. Geruhe Euer Hoheit sich derweilen zu setzen. Flipke, einen Stuhl für Seine Gnaden, den schönsten aus meinem geringen Hause, den großen, flaumweichen, welcher in meiner Küche nahe der Lade beim Kamin steht, unter dem Bildnis des Herrn Sankt Joseph. Staube ihn wohl ab, Bursche, daß kein Stäublein darauf hafte, und hurtig, denn der edle Herzog steht.«

Indessen sagte Flipke, welcher unverweilt in die Küche gerannt war:

»Baas, es wird mir sauer, den Lehnstuhl allein zu tragen, so schwer ist er.«

Smetse gab sich den Anschein, zu zürnen. »Hört ihr nicht«, sprach er. »Er vermag ihn allein nicht zu tragen. Geht, helft ihm, und wenn zehn vonnöten sind, so sollen zehn gehen. Schnell doch! Pfui, ihr Tölpel, sehet ihr nicht, daß der edle Herzog steht?«

Neun Gesellen gehorchten und trugen den Lehnstuhl nicht ohne Beschwer in die Schmiede; und Smetse sprach: »Stellet ihn hinter seine Gnaden. Ist nicht noch Staub darauf? Bei Artevelde! diese Stelle haben sie nicht abgewischt. Ich werde es selbst tun. Nun ist er sauber wie ein frisch gespültes Glas. Geruhe Euer Hoheit, sich zu setzen.«

Da der Teufel solches getan, schaute er sich voller Hoffart und Verachtung um. Aber der Schmied fiel plötzlich auf die Knie und sagte hohnlachend: »Herr Herzog, sehet vor Euch den geringsten Eurer Diener, einen armen Tropf, so als Christ lebt, Gott dienet, seine Fürsten ehrt und hofft, wenn solches Euer hoher Wille ist, in dieser Lebensweise noch sieben Jahre zu verharren.«

»Nicht eine Minute mehr,« sprach der Teufel dawider. »Komm mit, Fläme, komm mit.«

Und er wollte vom Sessel aufstehen, aber er vermochte es nicht. Und da er seine ganze Kraft aufwandte und tausend vergebliche Anstrengungen machte, sagte der wackere Schmied frohgemut: »Euer Hoheit will sich erheben? Ha, das ist noch zu früh! Möge Sie warten, Sie hat sich noch nicht von ihrer langen Reise ausgeruht; ich wage sie lang zu nennen, sintemalen es wohl hundert Meilen von der Höllen bis zu meiner Schmiede sind. Das ist ein weiter Weg für so edle Füße auf staubigen Wegen. Ach, Euer Gnaden, erholet Euch ein wenig auf diesem guten Lehnstuhl. So Ihr jedoch in großer Eile seid, von hinnen zu gehen, so bewilliget mir die sieben Jahre und ich gebe Euch dafür Euren fürstlichen Urlaub und eine volle Flasche hispanischen Weines.«

»Was schiert mich dein Wein«, antwortete der Herzog.

»Baas,« sagte Flipke, »biete ihm Blut, das trinkt er.«

»Bursche,« sprach Smetse, »du weißt es wohl, wir haben hierzulande kein Blut im Keller, denn es ist kein flämisch Getränk; wir überlassen es den Spaniern. Darum so wird Seine Hoheit mich gnädigst entschuldigen. Ich vermeine jedoch, daß Sie Durst nicht auf Blut, sondern auf Schläge hat, und davon will ich Ihr ein vollgemessenes erlauchtes Maß geben, sintemalen Sie mir die sieben Jahre nicht bewilligen will.«

»Schmied,« fragte ihn der Teufel, gar verächtlich dreinschauend, »du würdest doch nicht wagen, mich zu schlagen, deucht mir?«

»Ja, Euer Gnaden,« sagte der Biedermann, »Ihr wollet meinen Tod, und mir ist meine Haut lieb, und das nicht ohne Grund, maßen sie mir allzeit treu und gar anhänglich war. Wäre es nicht eine Missetat, also jählings eine so schöne Freundschaft zu zerreißen? Des weiteren wollt Ihr mich in die Höllen führen, wo die Luft nach dem Braten verdammter Seelen stinket. Lieber wollte ich Euer Hoheit sieben Jahre lang prügeln, denn dorthin gehen.«

»Fläme,« sprach der Teufel, »du redest unehrerbietig.«

»Ja, Euer Gnaden, aber ich werde mit Ehrfurcht schlagen!«

So sprechend, gab er ihm mit der geballten Faust einen schrecklichen Schlag, davon der Teufel gar verblüfft, betäubt und zornig schien, gleich einem mächtigen König, den ein geringer Knecht schlägt. Und er wollte sich auf den Schmied stürzen, ballte die Fäuste, knirschte mit den Zähnen und gab aus Nase, Mund, Augen und Ohren Blut von sich; also ergrimmet war er.

»Ha,« sagte Smetse, »Ihr scheinet mir bös, Euer Gnaden. Aber bedenket gütigst: da Ihr meine Worte nicht hören wollet, so muß ich durch Schläge zu Euch sprechen. Wenn ich also predige, tue ich da nicht mein bestes, um Euch mit meinem erbärmlichen Schicksal zu rühren? Ach, erwäget doch in Gnaden, wie meine untertänige Faust Euer erlauchtes Auge anfleht, so gut sie vermag, wie sie Eure edle Nase um sieben Jahre bittet und solche von Euren herzoglichen Kinnbacken erfleht! Sagen diese ehrfürchtigen Backpfeifen Euren Feldherrnwangen nicht, wie glücklich, fröhlich und wohlbeleibt ich während der sieben Jahre sein würde? Ach, lasset Euch überzeugen. Aber ich merke, ich muß Euch andere Reden halten, mit Eisenstangen sprechen, mit Kneipzangen bitten, mit Hämmern flehen. Burschen,« sprach der Schmied und wandte sich zu seinen Gesellen, »wollet ihr mit Seiner Gnaden schwätzen?«

»Ja, Baas«, antworteten sie.

Und sie suchten mit Smetse die Werkzeuge aus; es waren aber die Alten, welche nach den schwersten griffen und die hitzigsten waren, dieweil der Herzog ihnen vor Zeiten manche Anverwandte und Freunde durch Schwert, Grube und Feuer hingemordet hatte; und sie sprachen: »Gott ist mit uns, er gibt den Feind in unsere Hände. Los auf den Blutherzog, den Statthalter der Scheiterhaufen, den Herrn des Beiles!«

Alle, jung und alt, verfluchten den Teufel, und ihre Stimmen grollten wie Donner. Sie kamen dräuend auf ihn zu, stellten sich um den Lehnsessel und erhuben ihre Geräte zum Schlagen.

Aber Smetse hielt sie zurück und sprach zu dem Teufel:

»Wenn Eurer Hoheit Ihre Knochen lieb sind, so geruhe Sie mir geschwinde die sieben Jahre zu geben, denn die Zeit des Scherzens ist vorbei, vermeine ich.«

»Baas,« riefen die Gesellen, »von wannen kommt dir diese übermäßige Güte? Warum mit diesem Lümmel noch so lang und freundlich parlamentieren? Laß ihn uns zuvor mürbe machen, und alsbald wird er die sieben Jahre aus freien Glücken anbieten.«

»Sieben Jahre!« rief der Teufel, »sieben Jahre! Nicht den Schatten einer Minute soll er haben! Schlagt den Leuen im Netz, ihr Genter, die ihr kein Loch tief genug fandet, euch zu verkriechen, da er euch in der Freiheit seine Tatze wies. Ihr flämischen Memmen, da steht, was ich auf euch und euer Dräuen gebe!« Und er spie sie an.

Da fielen Stangen, Hämmer und andere Geräte hageldicht auf ihn nieder und zerbrachen ihm die Knochen und das Eisen seiner Rüstung. Und dieweil sie um die Wette schlugen, sagten Smetse und seine Gesellen:

»Memmen waren wir, da wir gut, gerecht, voll Vertrauen und sanftmütig waren; tapfer er, welcher Macht und Soldaten hatte, daß er sie zum Töten der Schwachen, zum Schinden der Wehrlosen gebrauchte.«

»Memmen waren wir, da wir Gott in der Lauterkeit unseres Herzens anbeten wollten; tapfer war der, welcher uns mit Schwert, Grube und Feuer daran hindern wollte.«

»Memmen waren wir, da wir allzeit gern gelacht, desgleichen fröhlich gezecht haben, wie Männer, welche recht taten und sich um anderes nicht scherten. Tapfer war dieser Finsterling, welcher mitten in unsern Fastnachtsfreuden arme Leute aus dem Volke einkerkern ließ und den Tod an Stelle der Lust setzte.«

»Memmen waren die achtzehntausendachthundert, welche zur Ehre Gottes starben; Memmen die ungezählten, welche durch Aufruhr, Zorn und Frechheit des Kriegvolks allerorten das Leben verloren. Kühn war er, da er ihre Hinrichtung befahl, kühner noch, da er sich ihrer bei einem Bankett rühmte.«

»Memmen waren wir allezeit, da wir nach der Schlacht an unsern Gefangenen wie Brüder handelten; kühn war er, da er nach der Niederlage Frieslands die seinen abschlachten hieß.«

»Memmen waren wir, unablässig zu arbeiten und das Erzeugnis unserer Hände über die ganze Welt zu verbreiten; kühn war er, da er unter dem Deckmantel der Religion unsere Reichen ohne Unterschied, ob römisch oder reformiert, hinmordete und uns durch Plünderung und Erpressung sechsunddreißig Millionen Gülden raubte. Denn die Welt ist verkehrt: feige ist die fleißige Biene, so Honig macht, kühn die faule Drohne, so ihn stiehlt. Speie auf die feigen Flämen, edler Herzog.«

Aber der Herzog konnte nicht speien noch husten, denn durch die Kraft der Schläge hatte er nicht mehr Menschengestalt, also waren Fleisch, Knochen und Rüstung untereinander gemischt und vermenget. Aber man sahe das Blut nicht fließen, was ein wunderlich Ding war. Plötzlich, da die Gesellen, des Schlagens müde, verschnauften, drang eine schwache Stimme aus diesem Brei von Fleisch, Knochen und Eisen und sprach:

»Die sieben Jahre sind dein, Smetse.«

»Wohlan, Euer Gnaden,« sagte der Schmied, »unterschreibt die Quittung.«

Welches der Teufel tat.

»Und jetzo,« setzte Smetse hinzu, »geruhe Eure Hoheit, sich zu erheben.«

Bei dieser Rede nahm der Teufel durch großes Wunder seine vormalige Gestalt wieder an und ging von dannen, das Haupt hoffärtig erhoben. Aber da er sich nicht herabließ, vor seine Füße zu sehen, so stieß er wider einen Hammer, der am Boden lag, und fiel schimpflich auf die Nase. Also gab er allen Gesellen zu lachen, woran sie es nicht fehlen ließen. Nachdem er sich aufgerafft, dräuete er ihnen mit der Faust, aber sie brachen in noch lauteres Gelächter aus. Zähneknirschend ging er auf sie los, aber sie höhnten ihn; er wollte mit seinem Degen einen kleinen vierschrötigen Arbeiter schlagen; da aber riß selbiger ihm das Schwert aus der Hand und zerbrach es zu drei Stücken. Einen andern schlug er mit der Faust ins Antlitz; der aber gab ihm einen so rechtschaffenen und wackeren Fußtritt, daß er bis auf den Straßendamm flog, allwo er die Beine in die Luft streckte. Da brüllte er vor Scham und löste sich in einen rötlichen Rauch auf, wie dampfend Blut, und die Gesellen hörten tausend lustige, hohnlachende Stimmen, die sprachen: »Der Blutherzog ist geschlagen, verhöhnt der Herr des Beils, beschimpft der Fürst der Scheiterhaufen! Vlaenderland tot eeuwigheid! Flandern in Ewigkeit!« Und tausend Hände zumal klatschten Beifall, und der Tag brach an.

 

XIV. Von großer Furcht und Schmerz von Smetses Weib

Da Smetse sein Weib suchte, fand er es in der Küche, vor dem Bilde des Herrn Sankt Joseph knieend: »Holla, Weib,« rief er, »wie fandest du den Tanz? War er nicht schier lustig? Haha! Von nun an wird man unsere Wohnung das Haus der geprügelten Teufel heißen.«

»Ja,« sagte die Frau kopfschüttelnd, »ja, und auch das Haus von Smetse, so in die Höllen geholt wird. Denn da unten wirst du hingehen, ich weiß es, fühle es und mir schwant es. Der Teufel, welcher zuvor kriegerisch gewappnet erschien, ist eine böse Vorbedeutung. Er wird wiederkehren, aber nicht allein, sondern mit hunderttausend Teufeln, gleich ihm gewappnet. Wehe! mein armer Mann! Und sie werden Lanzen, Schwerter, Hellebarden, Hakenbüchsen und Musketen tragen. Kartaunen werden sie mitschleppen und auf uns schießen und alles, dich und mich, die Schmiede und die Gesellen kurz und klein machen. Weh, alles wird zermalmt werden! Und wo jetzo unsere Schmiede steht, wird nur trauriger Staub sein. Und die Leute, so am Ufer vorübergehen, werden beim Anblick dieses Staubes sagen: ›Da liegt das Haus von Smetse, dem Toren, welcher dem Teufel seine Seele verkaufte.‹ Und wenn ich also gestorben bin, werde ich, wie ich kühnlich hoffe, ins Paradies eingehen. Aber dich, Mann, ach unaussprechlich Unheil! dich werden sie packen und durch Feuer, Rauch, Schwefel, Pech und siedend Öl schleifen, bis zu dem erschrecklichen Ort, wo die bestraft werden, so den mit dem Teufel geschlossenen Pakt brechen wollten, und denen nicht Gott noch seine Heiligen besonders halfen. Mein armer Kerl, mein herzlieber Geselle, weißt du, was dort deiner harret? Hu! Ein Abgrund, so tief, wie der Himmel hoch ist, und an seinen entsetzlichen Wänden mit vorspringenden Schroffen, Lanzenspitzen, erschröcklichen Schwertern und tausend furchtbaren Hellebarden gespickt. Und weißt du, was das für ein Abgrund ist, Mann? Das ist der Abgrund, wo man immerdar fällt, versteh mich wohl, immerdar, von den Felsen zerrissen, zerschnitten von den Schwertern und von den Hellebarden aufgeschlitzt, immerdar während der ganzen langen Ewigkeit.«

»Aber, Weib,« fragte der Schmied, »hast du den Abgrund, von dem du redest, jemals gesehen?«

»Nein,« antwortete sie, »aber ich weiß, wie er ist, denn man hat es mir viele Male in Sankt Bavo erzählt, und der gute Bruder Kanonikus lügt nicht.«

»Ha, nein«, sprach Smetse.

 

XV. Vom Blutkönig

Da der letzte Abend des siebenten Jahres gekommen war, stund Smetse in seiner Schmiede und betrachtete den verzauberten Sack und ging voller Angst mit sich zu Rate, wie er den Teufel da hinein brächte.

Indessen er wehklagte, ward die Schmiede jählings von einem verpesteten, stinkenden und faulen Geruch erfüllt, und unzählige Läuse bedeckten Estrich, Decke, Ambosse, Hammer, Stangen und Blasebälge und Smetse und seine Gesellen. Selbige waren wie geblendet, denn besagte Läuse waren in der Schmiede so dicht wie eine Wolke, Rauch oder Nebel.

Und man hörte eine melancholische und herrische Stimme: »Smetse, komm mit, die sieben Jahre sind um.«

Und da Smetse und seine Arbeiter, so gut sie vermochten, dahin blickten, von wannen die Stimme kam, sahen sie durch den Nebel von Läusen einen Mann auf sich zukommen, der trug auf der Stirn eine Königskrone und auf dem Rücken einen Mantel aus Goldbrokat. Aber der Mann war unter dem Mantel nackend, und man sah auf seiner Brust vier große Eiterbeulen, die waren nur eine Wunde, und von ihnen ging der Gestank aus, welcher die Schmiede verpestete, und die Wolken von Läusen, so darin herumsprangen. Und am rechten Bein hatte er eine fünfte Schwäre, noch scheußlicher, fauler und stinkender denn die andern. Der Mann hatte weiße Haut, kastanienbraunes Haar, roten Bart, etwas aufgeworfene Lippen und den Mund ein wenig geöffnet. In seinen grauen Augen wohnte Melancholei, Neid, Verstellung, Heuchelei, Härte und böse Rachsucht.

Da die alten Gesellen ihn erblickten, schrieen sie mit Donnerstimme: »Smetse, der Blutkönig ist hier, wahre dich!«

»Ihr Schreier,« rief Smetse, »still doch: Schweigen und Ehrfurcht. Nehme jeder seinen Hut ab vor dem größten König, so jemals war, Philipp, dem Zweiten seines Namens, König von Kastilien, Leon und Aragonien, Graf von Flandern, Herzog von Burgund und Brabant, Pfalzgraf von Holland und Zeeland, erlauchter Fürst unter den Erlauchten, groß unter den Großen, siegreich unter den Siegreichen.«

»Sire,« fuhr der Schmied fort, zu dem Teufel sprechend, »Ihr tut mir die unerhörte Ehre an, mich in die Höllen zu führen, aber ich armer, niedriger Schmied wage Eurer königlichen und pfalzgräflichen Hoheit vorzustellen, daß die Stunde des Paktes noch nicht geschlagen hat. Darum, so es Eurer Majestät beliebt, will ich die kurze Frist, so mir zu leben bleibt, auf Erden verbringen.«

»Es sei«, antwortete der Teufel.

Indessen schien Smetse seinen Blick nicht vom Teufel abwenden zu können und hatte das Ansehen, als sei er höchst traurig und betrübt, und er sprach etliche Male kopfschüttelnd: »Wehe, wehe! bittere Qual, grauses Unglück!« Und er seufzete gar beweglich.

»Was ficht dich an?« fragte der Teufel.

»Ich, Sire,« redete Smetse, »leide an keinerlei Übel, ohne allein an dem großen Schmerze, zu sehen, wie hart Gott mit Euch verfuhr, da er Euch in der Höllen das Gebresten ließ, daran Ihr sterbet. Ach, es ist ein gar jämmerlich Schauspiel, einen großen König, wie Ihr waret, von diesen Läusen zernagt und von diesen Eiterbeulen zerfressen zu sehen.«

»Ich brauche dein Mitleid nicht«, antwortete der König.

»Sire,« redete Smetse weiter, »geruhet meine Worte nicht übel zu deuten. Ich ward nimmer in der Redekunst unterrichtet; dessen ohngeachtet wage ich mit Eurer erlauchten Pein Mitleid zu haben, zumal ich Euer Übel aus eignem Leiden kenne; und Ihr könnet auf meiner Haut noch die erschrecklichen Male davon sehen, Sire.« Und Smetse entblößte seine Brust und zeigte die Narben von Wunden, so er von den verräterischen Hispaniern erhalten, als er vordem mit denen von Zeeland auf dem Meer kreuzte.

»Aber«, sprach der königliche Teufel, »du scheinest mir wohl geheilt zu sein, Schmied! Warest du wirklich krank wie ich?«

»So wie Ihr, Sire«, entgegnete Smetse. »Ich war nichts als ein Klumpen lebendiger Fäulnis: ich war stinkend, faul und verpestet, und jedermann floh mich gleichwie Euch. Wie Ihr, ward ich von Läusen verzehrt. Aber was der hochgelahrte Doktor Olias von Madrid für Euch nicht vollbrachte, das vermochte ein geringer Zimmermann für mich.«

Bei dieser Rede spitzte der Teufel die Ohren: »An welchem Orte«, fragte er, »wohnt dieser Zimmermann und wes Namens ist er?«

»Er wohnt im Himmel, und sein Name ist Herr Sankt Joseph.«

»Dieser hohe Heilige ist dir also durch besonderes Wunder erschienen?«

»Ja, Majestät.«

»Und durch welche Tugenden hast du diese heilige und seltene Gunst verdient?«

»Sire,« antwortete Smetse, »ich hatte nie Tugenden genug, um auch nur den Schatten eines Körnleins von besonderer Gnade zu verdienen; aber da ich litt, so betete ich in Demut und mit Zuversicht zu meinem gnädigen Schutzpatron, Herrn Sankt Joseph, und er geruhte mir beizustehen.«

»Erzähle mir den Fall, Schmied.«

»Sire,« entgegnete Smetse und wies den Sack vor, »sehet hier mein Hilfsmittel.«

»Dieser Sack?« fragte der Teufel.

»Ja, Sire; aber geruhe Eure Majestät, den Hanf, daraus er gemacht ist, genau zu betrachten. Merket Ihr nicht seine schier seltsame Art?«

»Ach,« sprach Smetse weiter und schien ganz verzückt zu werden, »uns armen Menschen ist's nicht bestimmt, alle Tage solchen Hanf zu sehen. Auch ist es kein irdischer, sondern himmlischer Hanf aus dem lieben Paradies, von Herrn Sankt Joseph um den Lebensbaum gesäet und auf seinen sonderlichen Befehl geerntet und gewirket zu Säcken für die Bohnen, welche die Herren Engel an den Festlagen essen.«

»Aber wie kommt dieser Sack in deine Hände?«

»Ha, Sire, durch großes Wunder. Eines Abends lag ich zu Bett und erlitt zwanzig Tode ob meiner Schwären und war ganz bereit zu verscheiden. Ich sahe mein gutes Weib weinen, hörte meine Nachbarn und Gesellen, deren viele im Hause sind, an meinem Bette Sterbegebete sprechen; mein Leib war voller Schmerz und meine Seele voller Verzweiflung. Da fiel es mir ein, zu meinem gnädigen Schutzpatron zu beten, und ich schwur, so er mich von dieser Folterpein erlöste, so wollte ich ihm in Sankt Bavo eine solche Kerze weihen, daß der Talg von zwanzig Hämmeln nicht hinreichte. Und ich bat nicht umsonst, Sire, denn unversehens entstund ein Loch in der Decke zu meinen Häupten, und ein heller Schein und himmlischer Wohlgeruch erfüllten die Kammer. Durch das Loch schwebte ein Sack herab, und ein weißgekleideter Mann folgte dem Sack, wandelte in der Luft bis zu meinem Lager, warf die Leilachen, so mich bedeckten, zu Boden, und ehe denn ich Zeit gefunden, mit den Augen zu zwinkern, tat er mich in den Sack und zog die Schnur um meinen Hals zu. Aber nun sehet das Wunder: Kaum war ich mit diesem trefflichen Hanf bekleidet, so durchdrang mich linde Wärme, meine Schwären schlossen sich, und meine Läuse platzten zumal mit erschrecklichem Lärm. Darauf, so erzählte mir der Mann lachend die Geschichte vom himmlischen Hanf und den englischen Bohnen und sagte zum Schluß: ›Bewahre dies Heilmittel, Herr Sankt Joseph sendet es dir. Wer seiner braucht, der wird von allem Übel geheilet und für alle Ewigkeit gerettet sein, so er nicht inzwischen seine Seele dem Teufel verkauft.‹ Damit verschwand der Mann. Und er hat mich nicht betrogen, der gute Bote, denn mit Hilfe des himmlischen Sackes habe ich Toon, meinen Gesellen, von ungesunden Säften, Pier von Fiebern, Dolf vom Skorbut, Hendrik von der Schleimsucht und zwanzig andere geheilt, die es mir zur Stunde danken, daß sie noch am Leben sind.«

Da Smetse also geredet, schien der königliche Teufel in Gedanken versunken. Plötzlich hob er die Augen gen Himmel, faltete die Hände, bekreuzte sich heftiglich, fiel auf die Knie und schlug an seine Brust, und mit gar kläglichem Geschrei betete er also: »O, Herr Sankt Joseph, sanftmütiger Ritter, gnädiger Heiliger, unbefleckter Gemahl der Jungfrau sonder Makel, Ihr habt geruht, diesen Schmied zu heilen, und er wäre mit Eurem Willen für die Ewigkeit gerettet worden, dafern er seine Seele nicht dem Teufel verkauft hätte. Aber ich, Herr, ich armer König, der zu Euch betet, würdet Ihr Euch nicht herablassen, mich zu heilen und zu erretten, wie Ihr jenem tun wolltet? Ihr wißt es wohl, süßer Herre, ich habe mein Leben, meine Person, meine Güter und die meiner Untertanen zum Schutz und Schirm unserer heiligen Religion angewandt. Ich haßte, wie es sich ziemte, die Freiheit, anderes zu glauben als befohlen ist, und ich habe sie mit Schwert, Grube und Feuer bekämpft. Solchergestalt habe ich Brabant, Flandern, Artois, Hennegau, Valenciennes, Lille, Douay, Orchies, Tournay, Doornijk, Mecheln und meine anderen Länder vor dem Gifte der Reformation bewahrt. Dessen ohngeachtet ward ich ins höllische Feuer geworfen und leide ohn Unterlaß die unaussprechliche Qual meiner nagenden Schwären und fressenden Läuse. Ach! Wollet Ihr mich nicht heilen, nicht retten, Herr? Ihr vermögt es. Ja, Ihr werdet für den schmerzensreichen König das Wunder tun, das den Schmied rettete. Alsdann kann ich ins Paradies eingehen und Euch segnen und preisen durch Jahrhunderte von Jahrhunderten. Rettet mich, Herr Sankt Joseph, rettet mich. Amen.«

Und der königliche Teufel bekreuzte sich, schlug sich an die Brust, murmelte viele Paternoster, stund auf und sagte zu Smetse: »Sacke mich ein, Schmied.«

Solches tat Smetse gar behende, steckte den Teufel in den Sack, also daß nur der Kopf herausguckte, zog die starke Schnur fest um den Hals und stellte den Teufel auf einen Amboß.

Bei diesem Schauspiel brachen die Gesellen in Gelächter aus, klatschten in die Hände und machten tausend Scherze zumal.

»Schmied,« fragte der Teufel, »treiben diese Flämen ihren Spott mit mir?«

»Ja, Sire.«

»Und was sagen sie, Schmied?«

»Ei, Sire, sie sagen, daß man Pferde mit Hafer fängt, mit Leber Hunde, mit Disteln Esel, mit Kot Schweine, Forellen mit geronnenem Blute, Karpfen mit Käse, Hechte mit dem Gründling und Heuchler eures Schlages mit Erzählungen falscher Wunder.«

»Ha! verräterischer Schmied,« heulte der Teufel zähneknirschend, »er hat den Namen des Herrn Sankt Joseph unnützlich geführet, er hat schamlos gelogen!«

»Ja, Sire.«

»Und du wagtest mich zu schlagen wie Jakob Hessels und meinen getreuen Herzog?«

»Mehr, Sire, jedoch nur, wenn Ihr wollt. Ihr werdet frei sein, wenn es Euch beliebt: frei, wenn Ihr mir den Pakt zurückgebet, und geprügelt, wenn Ihr darauf bestehet, mich mitzuschleppen.«

»Dir den Pakt zurückgeben!« heulte der Teufel, »lieber will ich tausend Tode in einem Augenblick sterben.«

»Herr König,« sprach Smetse, »ich beschwöre Euch, an Eure Knochen zu denken, welche mich schon nicht gar kräftig dünken. Bedenket auch, daß die Gelegenheit uns günstig ist, unser armes Flandern zu rächen, welches durch Eure Schuld mit Blut besudelt ist; aber es widersteht mir, da zu richten, wo der Zorn des allgerechten Gottes schon gerichtet hat, darum sputet Euch, mir den Pakt zurückzugeben; begnadigt mich, Herr König, oder es wird alsogleich regnen.«

»Begnadigen!« sprach der Teufel, »einen Flamen begnadigen, eher möge Flandern zugrunde gehen! Ha, warum habe ich nicht für einen Tag Macht, Heere und Schätze, soviel ich will, dann wäre es mit Flandern bald zu Ende! Dann sähe man dort Teurung herrschen, welche den Boden dörrt und das Wasser der Quellen und das Leben der Pflanzen versiegen macht. Man sähe die letzten, bleichen Bewohner der entvölkerten Städte wie Gespenster umherirren und sich einander auf dem Dunghaufen totschlagen, um etwelche verfaulte Nahrung zu suchen. Scharen von ausgehungerten Hunden rissen die Neugebornen von der versiegten Mutterbrust, um sie zu verschlingen, und Teurung herrschte allda, wo Überfluß war. Staub, wo Städte stunden, Tod, wo Leben war, Raben an Stelle der Menschen; und auf der nackten, steinigen, wüsten Erde, auf diesem Totenacker würde ich ein schwarzes Kreuz mit dieser Inschrift aufstellen: Hier ruht das ketzerische Flandern, Philipp von Hispanien schritt über seine Leiche.«

So sprechend, schäumte der Teufel vor böser Raserei; aber kaum war sein letztes Wörtlein erklungen, so fiel alles, was an Eisenstangen und Hämmern in der Schmiede war, auf ihn nieder. Und Smetse und seine Leute schlugen wechselsweis zu und sprachen dabei: »Dies ist für unsere Verträge und Vorrechte, welche du trotz deiner Eide gebrochen und verletzt hast, denn du warest meineidig.

»Dies ist dafür, daß du, als wir dich riefen, nicht in unsere Lande zu kommen wagtest, zu der Zeit, da allein deine Gegenwart die Erbittertesten beruhigt hätte; denn du warest feige.

»Dies ist für die reichen Römischen und Reformierten, die du vom Leben zum Tode bringen ließest, um dich an ihrem Hab und Gut zu bereichern: denn du warest ein Dieb.

»Dies ist für den unschuldigen Markgrafen von Berg op Zoom, den du in seinem Gefängnis vergiftetest, um ihn zu beerben. Für den Prinzen von Ascoli, welchen du zwangst, Doña Eufrasia, die von dir schwanger war, zu heiraten, auf daß der künftige Bankert durch seine Besitzungen reich würde. Der Prinz starb gleich vielen andern: denn du warest ein Giftmischer.

»Dies ist für die falschen Zeugen, welche du bestachest, und für dein Versprechen, den, welcher den Prinzen Wilhelm töten würde, zu adeln; denn du warst ein Seelenvergifter.«

Und die Schläge fielen hageldicht, und die Krone des königlichen Teufels fiel zu Boden, und sein Leib war gleich dem des Herzogs nichts andres denn ein Brei von Knochen und Fleisch ohne Blut. Und die Gesellen sprachen beim Schlagen: »Das ist dafür, daß du die Garrotte erfandest, um Montigny, deines Sohnes Freund, zu erdrosseln; denn du warest ein Erfinder neuer Martern.

»Dies ist für den Herzog von Alba, für die Grafen van Egmont und van Hoorn, für all unsere armen Toten, für unsere Kaufleute, welche von dannen zogen und Deutschland und England bereicherten; denn du warest der Mörder und Verderber des Landes.

»Dies ist für dein Weib, das durch deine Schuld starb; denn du warest ein Gatte ohne Liebe.

»Dies ist für deinen armen Sohn Carlos, welcher starb, ohne krank gewesen zu sein; denn du warest ein Vater, der kein Herz im Leibe hatte.

»Dies ist, weil du auf Sanftmut, Vertrauen und guten Willen unserer Lande mit Haß, Grausamkeit und Mord Bescheid gabest; denn du warest ein König ohne Gerechtigkeit.

»Und dies ist für den Kaiser, deinen Vater, welcher mit seinen abscheulichen Verordnungen und Edikten das Verderben unserer Lande einläutete. Bläue ihn in unserm Namen und sage uns, ob es dir noch nicht beliebt, dem Baas den Pakt zurückzugeben?«

»Ja,« greinte eine trübselige Stimme, so aus dem Brei von Knochen und Fleisch herfürkam, »du hast alles, Smetse, du bist quitt.«

»Gib mir das Pergament«, sprach Smetse.

»Öffne den Sack«, gab die Stimme zur Antwort.

»Jawohl,« sagte Smetse, »ich werde unverweilt den Sack weit aufmachen, und Mosje Philipp wird herauskommen und mich gar hurtig in die Höllen schleppen! O, der gute, kleine Teufel! Aber es ist noch nicht die Stunde des hochnotpeinlichen Blutgerichts. Darum so wage ich Eure Majestät anzuflehen, mir zuvor das Pergament wieder zu geben, welches sie ohne Mühe durch die Öffnung zwischen ihrem Halse und dem Rande des Sackes stecken könnte.«

»Das werde ich nicht tun.«

»Es wird geschehen, wie es Eurer scharfsinnigen Majestät beliebt. Im Sack ist sie und im Sack wird sie bleiben, ich habe nichts dawider. Jedem nach seinem Sinn; der meine ist, sie hübsch im Sacke zu lassen und sie also nach Middelburg in Walcheren zu bringen und allda von der Gemeine zu erbitten, daß ich ein sicheres kleines Gehäuse von Stein erbaue, Eure Majestät darin einzuschließen und nur ihr melancholisch Gesicht herfürschauen zu lassen. So einquartiert, kann sie Glück, Frohsinn und Reichtum der Reformierten aus der Nähe sehen; das wird ihr ein groß Vergnügen sein, welches an den Meß- und Markttagen noch durch etliche boshaftige Maulschellen in ihr Gesicht, etliche hinterlistige Stockschläge oder etlichen respektlosen Speichel vermehrt werden kann. Des weiteren, Sire, hättet Ihr die unaussprechliche Genugtuung, von Flandern, Brabant und euren andern Landen, so durch Eure Schuld mit Blut besudelt wurden, manch wackere Pilger kommen zu sehen, so Eurer barmherzigen Majestät Ihre alte Schuld mit dem Knüppel in klingender Münze heimzahlen werden.«

»Diese Schmach will ich nicht«, sagte der Teufel; »nimm, Schmied, nimm das Pergament.«

Smetse gehorchte und sahe, daß es das seine war, und nachdem er es in Weihwasser getaucht, zerfiel das Pergament zu Staub.

Des war er gar froh und machte dem Teufel den Sack auf. Und sein zerbrochnes Gebein ward flugs aneinandergefügt. Und er fuhr wieder in seinen hageren Leib, seine nagenden Läuse und seine fressende Fäulnis.

Nachdem er sich mit seinem Mantel von Goldbrokat bedeckt, schritt er zur Schmiede hinaus, indem Smetse hinterdrein rief: »Gute Fahrt und Wind von achter, Mosje Philipp!«

Und am Uferdamm stieß der Teufel wider einen Stein, der sich aufrichtete. Und entstand ein groß Loch, und er ward im Nu wie eine Auster verschlungen.

 

XVI. Wo Smetse auf der Leye ein gar wundersam Spektakel siehet

Indes der Teufel entwich, wußte Smetse sich vor Freuden nicht zu lassen, und er lief zu seinem Weibe, welches sich an die Küchentüre gestellt hatte. Aus lauter Fröhlichkeit stieß, schlug, küßte und umhalste er die Frau, schüttelte sie und drückte sie an sich, ging zu seinen Gesellen, gab ihnen allen die Hand und rief: »Bei Artevelde! Ich bin quitt, Smetse ist quitt!« Und es war, als ob seine Zunge kein ander Wort denn quitt sagen konnte. Und er blies es seinem Weibe ins Ohr, seinen Gesellen ins Gesicht und einem alten, räudigen, hustenden Kater auf die Schnauze. Der fuhr aus seinem Winkel hervor und gab ihm für sein Quitt eins mit der Tatze ins Gesicht.

»Der Tölpel«, antwortete Smetse, »scheint mir nicht froh genug über meine Erlösung. Sollte es auch irgend ein Teufel sein? Denn man sagt, daß sie sich unter allerlei Gestalten verbergen.« »Du,« sprach er zum Kater, welcher vor heftigem Schrecken fauchte, »hast du es gehört, verstanden und begriffen, Teufelskatze? Ich bin quitt und frei, quitt und ledig, quitt und fröhlich, quitt und reich. Und ich habe allen Teufeln das Maul gestopft. Und von nun an werd' ich fröhliches Traktament halten, wie es einem franken und freien Schmied ansteht. Weib, ich will, daß man heute Slimbroek hundert Philippstaler schicke, denn der arme Schelm soll sich auch alsogleich freuen, daß Smetse quitt ist.«

Aber die Frau gab keine Antwort, und da der Schmied sie suchte, sah er sie die Stiege herunterkommen, in der Hand ein groß Becken voll Weihwasser, darein tauchte sie einen schönen Buchsbaumzweig vom Palmsonntag.

Sobald sie in der Schmiede war, hub sie an, ihren Mann, die Gesellen samt Hämmern, Ambossen, Blasebälgen und andern Geräten mit Weihwasser zu besprengen.

»Weib,« sagte er und versuchte dem Wasser auszuweichen, »was machst du da?«

»Ich rette dich, du anmaßender Schmied; glaubst du wahrhaftig, der Teufel ledig zu sein, derweil du noch das Gut besitzest, das ihnen gehört? Vermeinst du sogar, weil sie deine Seele nicht mehr haben, welche der Preis für deinen Reichtum war, daß sie dir besagten Reichtum lassen werden? O, über den dummen Schmied! Sie werden abermals ins Haus kommen, ja; und wenn ich dich nicht mit diesem heiligen Wasser beträufele, desgleichen mich und alle Gesellen, wer vermöchte die Übel aufzählen, mit denen sie uns peinigen werden, wehe!«

Und das Weib war gar geschäftig mit seinem Zweige. Da plötzlich rollte ein starker Donner unter der Erde, also daß der Damm erzitterte, die Steine barsten, die Glasscheiben klirrten, alle Türen, Fenster und Ausgänge der Schmiede sich auftaten und ein heißer Wind wehte.

»Ha,« rief die Frau, »da sind sie; bete, Mann!«

Und wahrlich, am Himmel erschien ein nackender und wunderbarlich schöner Mann, der stund auf einem demantenen Wagen, welchen vier feurige Rosse zogen. Und in der Rechten hielt er ein Panier, und auf selbigem Panier stund geschrieben: »Schöner als Gott.« Und aus dem Leibe des Mannes, welcher von schimmerndem Fleisch war, drangen herrliche Strahlen, welche die Leye, den Uferdamm und die Bäume gleich wie eine Sonne erhellten. Und selbige Bäume begannen zu schwanken und ihre Stämme und Aste zu drehen, und das ganze Ufer schien sich wie ein Schiff auf dem Meer zu bewegen und tausendmal tausend Stimmen riefen zumal: »Herr, wir schreien zu dir in unserm Hunger und unserm Durst! Herr, sättige uns, Herr tränke uns!« »Ha,« rief die Frau, »das ist der hohe Herr Luzifer mit all seinen Teufeln!« Und da die Grimmen schwiegen, winkte der Mann mit der Hand, und jählings stieg das Wasser der Leye, gleich als hätte Gott ihr Bett erhöhet. Und der Fluß war gleich der hochgehenden See. Aber die Wogen wallten nicht nach dem Ufer, sondern eine jede regte sich allein und trug feurigen Schaum auf ihrem Kamme. Alsdann stieg der Schaum jeder Woge und zog das Wasser gleich einer Säule nach sich, und es däuchte dem armen Smetse, seinem Weibe und den Gesellen, daß ihrer wohl hunderttausendmal tausend schwankende, wogende Wassersäulen wären.

Alsdann ward jede Säule in ein gräßliches Tier verwandelt, und plötzlich erschienen alle Marterteufel der armen Verdammten, drängten sich durcheinander und schlugen und verwundeten sich. Da sahe man ungeheure Krabben auf krummen, wackelnden Menschenbeinen, Verschlinger derer, welche im Leben kriechend waren; neben selbigen Krabben stunden flügelschlagende Strauße, größer denn Pferde. Die trugen Lorbeer, Zepter und Krone unter dem Schweif; und die, so in unserer Welt eitlen Ehren nachgestellt hatten, ohne Gutes zu tun, mußten ihnen nachlaufen. Und die Strauße liefen schneller denn der Wind und sie eilten ohne Rast hinter ihnen her, um die Lorbeeren, Zepter und Krone zu kriegen; aber es gelang ihnen nicht. Also wurden sie bis an einen garstigen Weiher voll verräterischen Schlammes gelockt, darein sie mit Schanden fielen und während aller Ewigkeit stecken blieben, indes der Strauß ihnen zum Hohne am Ufer streifte und ihren Tand hin und her warf.

Zwischen den Straußen ergötzten sich schöne Schwadronen vielfarbiger Affen, bunt wie Sommervögel; die waren für wucherische Geizhälse, sowohl Juden wie Lombarden bestimmt, welche, wenn sie zur Hölle fuhren, wohl umherspäheten, die Augen unter ihren Brillen zusammenkniffen und verrostete Nägel, alte Schlappschuhe, ekle Lumpen, schäbige Knöpfe und anderes Gerümpel auflasen. Dann scharrten sie hastig ein Loch, vergruben darin ihre Beute und setzten sich ein Stück weiter hin. So die Affen dies sahen, sprangen sie auf das Loch, leerten es und warfen, was darinnen, ins Feuer. Alsbald huben die Geizhälse an, zu weinen und zu klagen und wurden von den Affen geprügelt. Dann suchten sie endlich einen verborgeneren Ort, um allda wiederum ihren Raub zu vergraben, und aber ward das Loch geleert, und aber wurden sie geschlagen und so durch alle Ewigkeit.

In der Luft über den Affen schlugen Adler mit den Flügeln. Sie hatten an Stelle des Schnabels sechsundzwanzig Musketenläufe, so allzumal schossen. Diese Adler waren königlich geheißen, dieweil sie für die eroberungssüchtigen Fürsten bestimmt waren, welche zu ihren Lebzeiten den Lärm der Kanonen und Kriege allzusehr liebten. Und zu ihrer Ergötzung schossen sie ihnen mit besagten Geschützen durch alle Ewigkeit aufs Maul.

Neben diesen Straußen, Affen und Adlern bäumte, wiegte und wand sich eine große Schlange, so ein Bärenfell trug. Sie war über die Maßen groß und dick und bewegte hunderttausend zottige Arme, deren jeder eine eiserne Hellebarde, scharf wie ein Schermesser, hielt. Man hieß sie die hispanische Schlange, sintemalen sie in der Höllen alle Truppen der grausamen Plünderer, welche unsere Länder verheerten, mit ihren Hellebarden zerschnitt.

Vor selbiger Schlange gar fürsichtig ausweichend, schwirrten boshafte, kleine, geflügelte Ferkel herum, die hatten eine Leberwurst als Schwänzlein. Dieses Schwänzlein war der ewigen Gier des Vielfraßes vorbehalten, welcher zur Höllen hinabfuhr. Das Schwein aber kam auf ihn zu und hielt ihm die Wurst vor den Schnabel; er wollte hineinbeißen, und im Nu flog das Schwein davon und also durch alle Ewigkeit.

Da waren auch ungeheure Pfauen zu sehen, welche sich mit ihren wundernswerten Federn brüsteten. Kam nun an ihre Behausung ein ausgelernter Geck und Fant, welcher sich in seinem schönen Putz blähte, so ging der Pfau auf ihn zu und spreizte den Schweif, als wolle er ihn ermuntern, sich eine schöne Feder herauszuziehen, um seinen Hut zu zieren. Aber nicht sobald kam der Geck nahe und gedachte ihn zu rupfen, als ihm Herr Pfau gerad ins Gesicht stinkendes, ekles Wasser spritzte, welches seine schönen Kleider verdarb. Und durch alle Ewigkeit wollte Meister Geck die Feder ausrupfen, und immer ward er also gewaschen.

Unter diesen scheußlichen Tieren schwirrten paarweis männliche und weibliche Grashüpfer mit menschlichem Leibe. Der eine blies die Querpfeife, der andere schwenkte einen mächtigen Knotenstock. Sobald sie einen Menschen wahrnahmen, so zu Lebzeiten aus Feigheit vom Guten zum Bösen, von Schwarz zu Weiß, vom Feuer zum Wasser gesprungen war und immer nur den Stärksten angebetet hatte, so liefen die Grashüpfer auf selbigen zu. Der eine blies die Querpfeife, der andere stützte sich gar majestätisch auf seinen Stock und sprach zu ihm: »Springe für Gott.« Und der Mann sprang. »Springe für den Teufel.« Der Mann sprang abermals. »Springe für Calvin, springe für die Messe, springe für die Ziege, springe für den Kohl.« Und immer sprang der Arme. Aber dem Grashüpfer mit dem Stock war es nimmer hoch genug und nicht zu Dank, also daß er allemal ohne Erbarmen durchgewalkt wurde. Und er hüpfte ohn Unterlaß und ward ohn Unterlaß geschlagen, dieweil die Pfeife gar anmutig ertönte; und so durch alle Ewigkeit.

Weiterhin waren die Teufelinnen zu sehen, so sich nackend aus Tüchern von Gold, Seide und Sammet reckten und mit Perlen und tausend schönen Kleinodien bedeckt waren, schöner denn die Schönsten von Gent, Brüssel und Brügge. Sie waren unzüchtig, lächelten, sangen und spielten tausend liebliche Instrumente. Diese dienten zur Züchtigung der alten Wollüstlinge. Wann sie solche kommen sahen, riefen sie ihnen gar verliebte Worte zu, aber sie konnten ihnen niemals nahen. Durch alle Ewigkeit mußten die armen Wollüstlinge sie betrachten und konnten doch nicht ihre Fingerspitzen berühren. Und sie weinten und wehklagten, aber umsonst, und so während Jahrhunderte von Jahrhunderten.

Es waren allda auch boshafte Teufelchen, die schlugen Trommeln, so aus der Haut von Heuchlern gemacht waren, und ihre Masken hingen als Zieraten am Trommelkasten. Und selbige Heuchler mußten ohne Haut, ohne Maske in ihrer ganzen Häßlichkeit, beschimpft, verhöhnt, ausgepfiffen, angespien, von schrecklichen Fliegen verzehrt und von den trommelnden Teufeln verfolgt, während aller Ewigkeit in der Höllen umherirren.

Die Teufel der Dünkelhaften waren auch gut anzusehen. Das waren feiste Schläuche voller Wind, so in einem Mundstück endigten, und an der Spitze war ein Blasrohr. Diese Schläuche hatten Adlerklauen und zwei wackere kleine Arme mit Händen, deren Finger lang genug waren, den ganzen Schlauch zu umspannen. Wenn der Dünkelhafte zur Höllen hinabfuhr und sprach: »Ich bin groß, ich bin schön, stark, mächtig, siegreich, ich werde Luzifer besiegen und seine Gesellin Astarte freien«, so kamen die Schläuche auf ihn zu, neigten sich gar tief vor ihm und sagten: »Herr, gefällt es Euch, daß wir Euch insgeheim ein Wörtlein sagen, das Eure stolzen Pläne betrifft?« Und er antwortete: »Ja.« Alsdann steckten ihm zwei der Schläuche ihr Mundstück je in ein Ohr, ohne daß er es herauszunehmen vermochte, und begannen mit ihren langen Fingern sich den Bauch zu drücken, also daß ein starker Wind hervorkam und ihm in den Kopf fuhr. Selbiger schwoll trefflich an und immer mehr, und siehe, da erhob sich Herr Frechling in die Luft und mußte da während aller Ewigkeit wandeln und stieß mit dem Kopf an die Decke der Höllen und strampelte mit den Beinen, um herunterzukommen; aber vergebens.

Wunderbarliche Teufel waren Affen von Quecksilber, so immerfort liefen, sprangen, tanzten und hin und her gingen. Selbige Teufel gingen zu den Faulen, so ihnen zugefallen waren, gaben ihnen ein Grabscheit zum Graben, Gerät zum Fegen, einen Baum zum Abhauen, ein Buch zum Nachdenken. War die Arbeit angewiesen, so schaute der Faule sie an und sprach: »morgen«, reckte die Arme, träumte und gähnte; aber kaum hatte er den Mund aufgesperrt, so stopfte der Affe einen Schwamm hinein, welcher in Quintessenz von Rhabarber getaucht war. »Dies,« hohnlachte er, »ist für heute; arbeite, Lump, arbeite.« Und derweil der Faule sich erbrach, schüttelte der Teufel ihn und zerrte ihn auf hunderterlei Weise und ließ ihm nicht mehr Ruhe, denn die Bremse dem Pferd, und so durch alle Ewigkeit.

Kurzweilige Teufel waren hübsche, kleine Rinder, gar aufgeweckt und boshaftig, so Gewalt hatten, die Schulfüchse natürlich denken, sprechen, lachen und weinen zu lehren. Und so sie es nicht taten, schlugen sie ihnen derb auf die Finger. Aber die armen Schulfüchse konnten nichts mehr lernen, maßen sie zu schwerfällig, alt und läppisch waren; also kriegten sie alle Tage was auf die Finger und des Sonntags mit der Peitsche.

Und die Teufel riefen allzumal: »Meister, wir leiden Hunger! Meister, gib uns zu essen! Lohne uns ein wenig die guten Dienste, die wir dir leisten.«

Und da der Mann auf dem Wagen plötzlich ein Zeichen gab, warf die Leye all diese Teufel auf den Damm, gleichwie das Meer sein Wasser aufs Ufer wirft, und beim Landen pfiffen sie grimmig und erschröcklich.

Und Smetse, sein Weib und die Gesellen hörten die Türen der Keller mit Krachen aufspringen; und alle Fässer Braunbier stiegen pfeifend die Stiege hinauf, rollten in die Schmiede, und nachdem sie einen großen Kreis beschrieben, fielen sie pfeifend unter die Menge der Teufel. Dasselbige taten die vollen Weinflaschen, Schinken, Brote und Käse; desgleichen die schönen Crusados, Engelstaler, Philippstaler und andere Münzen, so sich alle in Speise und Trank verwandelten. Und die Teufel schlugen, stießen und verwundeten einander und waren nichts denn eine Masse von kämpfenden, heulenden, zischenden Ungeheuern, so einander nichts gönnten. Als nicht Tropfen noch Brosamen übrig waren, winkte der Mann auf dem Wagen, und alle Teufel lösten sich in schwarzes Wasser auf, zerflossen im Fluß, und der Mann verschwand vom Himmel.

Und Smetse, der Schmied, war arm wie zuvor, ausgenommen ein schönes Säcklein voll Goldstücke, welches sein Weib von ohngefähr mit Weihwasser besprengt hatte und welches er behielt, wiewohl es vom Teufel kam. Aber es brachte ihm gar keinen Gewinn. Und er lebte, bis er plötzlich in seiner Schmiede starb, im hochbetagten und gesegneten Alter von dreiundneunzig Jahren.

 

XVII. Von der Hölle, dem Fegfeuer, der langen Leiter und endlich vom Paradiese

Da er tot war, mußte er durch die Hölle hindurch und war als Schmied gekleidet. Da er zur Höllen fuhr, sah er durch die offenen Fenster die Teufel, so ihn auf der Leye erschreckt hatten und jetzo die armen Verdammten nach Kräften peinigten und quälten. Und Smetse kam zum Türhüter; aber da der ihn erblickte, heulte er erschröcklich: »Smetse ist da, Smetse, der verräterische Schmied.«

Und er wollte ihn nicht einlassen. Bei diesem Lärm kamen Herr Luzifer, Frau Astarte und ihr ganzer Hofstaat an die Fenster und alle Teufel desgleichen. Und alle schrieen vor Furcht:

»Macht die Türen zu, es ist Smetse, der hinterlistige Schmied, der den Zauber hat, Smetse, der die armen Teufel prügelt. Wenn er hereinkommt, wird er alles um und um kehren, verderben und zerbrechen. Hebe dich fort, Smetse.«

»Edle Herren,« sprach Smetse, »wenn ich an diesen Ort komme, eure Schnauzen zu betrachten, welche nicht schön sind, wie ich euch versichere, so geschieht es mit nichten zu meinem Ergötzen; im übrigen bin ich nicht begierig, bei euch einzutreten, darum so vollführt nicht solch großes Lärmen, ihr Herren Teufel.«

»Heda, schöner Schmied,« antwortete Frau Astarte, »jetzo zeigst du die Sammetpfote, aber wenn du in unserm Quartier bist, so wirst du deine Krallen und deine grausame Schlechtigkeit erweisen und uns allesamt umbringen, mich, meinen lieben Gemahl und meine Freunde. Hebe dich fort, Smetse, hebe dich fort, Schmied.«

»Edle Frau,« sagte Smetse, »Ihr seid die schönste Teufelin, so ich je erschaute, aber das genügt nicht, um so schlecht von Eures Nächsten Absichten zu denken.«

»Hört ihr den Biedermann?« sprach Frau Astarte. »Wie er seine Gemeinheit unter Zuckerworten verbirgt! Jagt ihn fort, Teufel, aber tut ihm nicht zu wehe.«

»Edle Frau,« sagte Smetse, »geruhet mich anzuhören.«

»Hebe dich fort, Schmied,« riefen die Teufel und warfen ihn mit glühenden Kohlen, heißen Steinen und allem, was sie erraffen konnten. Und Smetse machte sich rasch aus dem Staube.

Da er etliche Zeit gewandert war, kam er an das Fegfeuer. Gegenüber war eine Leiter mit dieser Inschrift: »Dies ist der Weg zum Paradiese.«

Und Smetse stieg frohgemut die Leiter hinauf, welche von güldenen Drähten gemacht war, daraus hin und wieder scharfe Spitzen hervorstachen, nach dem Worte des Herrn: »Breit ist der Weg zur Hölle, mühselig und dornenvoll der Pfad zum Himmel.« Und wahrlich, Smetse hatte in Bälde wunde Füße. Jedoch er stieg ohne Aufhören und hielt nicht eher an, als bis er zehnhunderttausend Sprossen gezählt hatte, und nichts mehr von Erde noch Hölle sah. Und der Durst überkam ihn, und da er nichts zu trinken fand, so ward er mürrisch. Da sah er plötzlich ein Wölklein vorbeischweben und schlürfte es wohlgemut. Es deuchte ihn jedoch nicht so köstlich wie Braunbier, aber er getröstete sich und dachte, daß man nicht allerorten sein Behagen haben kann. Da er noch höher gestiegen war, hatte er mit einem Mal große Mühe, seinen Hut festzuhalten, wegen eines tückischen Herbstwindes, welcher zur Erde fuhr, um dort die letzten Blätter abzuwehen. Und er ward von selbigem Winde trefflich geschüttelt und wäre um ein Haar heruntergefallen. Da er diese Prüfung bestanden, ergriff ihn der Hunger, und er sehnte sich nach dem guten Ochsenfleisch, über Tannzapfen geräuchert, welches armen Wanderern so wohl tut. Aber er faßte sich ein Herz und gedachte, daß den Menschen nicht nach allem gelüsten darf.

Plötzlich gewahrte er einen erschröcklichen Adler, welcher von der Erde auf ihn zukam. Gewißlich vermeinte er, daß er ein fetter Hammel sei, flog über ihn hin und wollte gleich einer Musketenkugel auf ihn niederfallen; aber der wackere Schmied war ohne Furcht. Er wich im rechten Augenblick aus und packte den Vogel am Halse, welchen er ihm behende umdrehte. Im Weiterklimmen rupfte er ihn emsig, aß rohe Stücke davon und fand sie zähe. Jedoch er nahm dies Fleisch mir Ergebung an, maßen er kein anderes hatte. Dann stieg er geduldig und tapfer mehrere Tage und mehrere Nächte und erblickte nichts denn das Blau des Himmels und zahllose Sonnen zu seinen Häupten, zu seinen Füßen, zur Rechten, zur Linken und überall. Und es deuchte ihn, daß er inmitten einer schönen Kugel sei, deren Wände inwendig mit diesem herrlichen Blau bemalt und mit all diesen Sonnen, Monden und Sternen übersäet waren. Und er fürchtete sich ob der großen Stille und Unendlichkeit.

Plötzlich spürte er linde Wärme, hörte harmonische Stimmen, ferne Musik, den Lärm einer emsigen Stadt und erblickte eine unermeßliche, mauerumgürtete Stadt, daraus Häuser, Bäume und Türme emporragten. Und er fühlte, daß er ohne seinen Willen schneller stieg, und da er die letzte Sprosse verließ, faßte er vor dem Tore der Stadt Fuß.

»Bei Artevelde,« sprach er, »ich bin vor dem guten Paradiese.«

Und er pochte ans Tor, und Herr Sankt Peter kam, ihm zu öffnen.

Smetse hatte ein wenig Furcht, da er die Riesengestalt des guten Heiligen, seinen starken Haarwuchs, seinen roten Bart, sein großes Gesicht, seine hohe Stirn und die durchdringenden Augen erblickte, womit er ihn starr anschaute.

»Wer bist du?« fragte Petrus.

»Herr Sankt Peter,« antwortete der Schmied, »ich bin Smetse, der Schmied, welcher in seinem Leben in Gent am Zwiebeldamm wohnte und Euch jetzo bittet, ihn gnädig in Euer liebes Paradies einzulassen.«

»Nein«, entgegnete Petrus.

»Ach Herr,« sprach Smetse gar kläglich, »ist es, weil ich zu meinen Lebzeiten meine Seele dem Teufel verschrieb, so wage ich Euch zu versichern, daß ich es gar ehrlich bereut und mich aus seinen Klauen befreit und nichts von seinen Gütern behalten habe.«

»Außer einem Sack voll Dukaten,« erwiderte Herr Petrus, »und um deswillen wirst du nicht hereinkommen.«

»Herr,« sprach der Schmied, »ich bin nicht so schuldig, wie Ihr wohl glaubet; der Sack war in meiner Behausung geblieben, sintemalen er geweiht war, und also hatte ich geglaubt, ihn behalten zu dürfen. Aber erbarmet Euch meiner, denn ich wußte nicht, was ich tat. Geruhet auch zu bedenken, daß ich aus fernem Lande komme, über die Maßen müde bin und mich in diesem guten Paradies gern ausruhte.«

»Hebe dich von hinnen, Schmied«, sagte Herr Petrus, welcher die Tür halb offen hielt.

Indem war Smetse durch die Öffnung geschlüpft, nahm flugs seinen ledernen Schurz ab, setzte sich darauf und sprach:

»Herr, ich bin auf meinem Eigentum, Ihr könnt mich nicht von hinnen treiben.«

Aber Sankt Peter befahl einer Schar englischer Hellebardiere, welche dort stunden, den Schmied fortzujagen, welches sie auch gar geschwind taten.

Indessen ließ Smetse nicht nach, mit lauten Schlägen an das Tor zu pochen, jammerte und weinte und rief:

»Herr, erbarmet Euch meiner! Geruhet mich einzulassen, Herr; ich bereue alle begangenen Sünden, fürwahr, sogar auch die andern. Herr, erlaubet mir, in das gesegnete Paradies einzugehen; Herr . . .« Aber da Herr Petrus dies vernahm, hob er das Haupt über die Mauer und sprach:

»Schmied,« sagte er, »wenn du fürder so großen Lärm machst, so schicke ich dich ins Fegefeuer.«

Und der arme Smetse schwieg still und setzte sich auf sein Gesäß und verbrachte seine Tage voller Harm im Anschauen derer, die eintraten.

Und also verstrich eine Woche, in welcher er nur von etlichen Brosamen lebte, die ihm über die Mauer geworfen wurden, und von Weinbeeren von einem elenden Weinstock, welcher ein Stück der Paradiesmauer bedeckte.

Und Smetse ward bei diesem trägen Leben gar trübsinnig. Und er suchte in seinem Hirn, was er tun möchte, um sich ein wenig zu erheitern. Da er es gefunden hatte, schrie er gar laut, und Sankt Peter hob den Kopf über die Mauer.

»Was willst du, Smetse?« fragte er.

»Herr,« antwortete der Schmied, »würdet Ihr nicht verstatten, daß ich für eine Nacht auf Erden hinabgehe, um mein gutes Weib zu sehen und meine Geschäfte zu ordnen?«

»Das magst du tun, Smetse«, sagte Sankt Peter.

 

XVIII. Wo man ersiehet, warum Smetse gestäupt wurde

Es war aber am Tage vor dem Fest Allerheiligen. Die Kälte war groß, und Smetses Weib stund in der Küche und machte eine gute Mischung von Zucker, Eigelb und Braunbier, um sich von einem schlimmen Husten zuheilen, der sie seit ihres Eheherrn Tode quälte.

Smetse pochte ans Küchenfenster, darob sein Weib nicht wenig erschrak.

Und sie schrie gar erbärmlich: »Komm nicht, mich zu peinigen, Mann, um Gebete zu kriegen. Ich sage ihrer, soviel ich kann, aber ich werde noch mehr beten, wenn es not tut. Brauchst du Messen? Du sollst sie haben und Gebete und Ablaß desgleichen. Ich werde sie kaufen. Mann, des sei gewiß, aber kehre geschwind zurück.«

Aber Smetse pochte immerfort. »Es sind nicht Messen noch Gebete, die mir frommen, sondern ein Obdach, Essen und Trinken, denn die Kälte ist bitter, scharf der Wind und rauh der Frost. Weib, mach auf.«

Aber da sie ihn also sprechen hörte, bat und schrie sie noch viel mehr, schlug sich an die Brust und bekreuzte sich, aber sie dachte nicht im geringsten daran, ihm zu öffnen und sagte nur: »Geh wieder fort, gehe wieder fort. Mann, du sollst Messen und Gebete haben.«

Mit einem Male gewahrte der Schmied ein Bodenfenster, welches offen stand, und gelangte durch dieses ins Haus, ging die Stiege hinunter, öffnete die Türe und erschien vor seiner Frau. Aber da sie immerfort schrie und die Nachbarinnen zu Hilfe rief, so wollte Smetse nicht fürder auf sie eindringen, um sie nicht noch mehr zu ängsten, und setzte sich auf einen Schemel und sprach:

»Siehst du denn nicht, Weib, daß ich wahrhaftig Smetse bin und dir nichts zuleide tun will?«

Aber das Weib wollte nichts hören und hatte sich in einen Winkel verkrochen. Zähneklappernd und die Augen verdrehend, winkte sie Smetse allda, fortzugehen, denn vor großer Angst vermochte sie nicht mehr zu reden.

»Weib,« sagte der Schmied gar herzlich, »also empfängst und bewirtest du deinen armen Ehemann nach so langer Zeit, welche er in der Ferne weilte? Ach, gedenkst Du nicht mehr unserer früheren Einhelligkeit und Freundschaft?«

Da sie diese sanfte und fröhliche Stimme vernahm, erwiderte sie gar leise und furchtsam:

»Nein, Herr Toter.«

»Nun denn, warum so groß Entsetzen? Erkennst du nicht deines Mannes wohlbeleibtes Antlitz, seinen runden Wanst und die Stimme, die vor Zeiten hier so gerne sang?«

»Ja,« sprach sie, »ich erkenne sie wohl.«

»Und warum, wenn du mich erkennst, wagst du nicht zu mir zu kommen und mich anzurühren?«

»Ach Herr,« sagte sie, »ich würde mich nicht trauen, denn man sagt, daß jedes Glied, das ein Verstorbener anrührt, absterbe.«

»Komm, Weib,« sprach der Schmied, »und glaube nicht an all diesen Lügenkram.«

»Smetse,« fragte sie, »wirst Du mir wahrhaftig nichts zuleide tun?«

»Nichts«, sagte er und faßte ihre Hand.

»Ha,« sprach sie plötzlich, »mein armer Mann, du bist gewißlich kalt; hast du Hunger und Durst?«

»Ja«, antwortete er.

»Wohlan, so trink, iß und wärme dich.«

Indessen Smetse aß und trank, erzählte er seinem Weibe, wie er nicht hatte ins Paradies eingehen können und daß er ein volles Tönnlein Braunbier und Flaschen Franzwein aus dem Keller mitzunehmen gedächte. Davon wollte er einem jeden, so in die heilige Stadt einging, verkaufen, sich gut bezahlt machen und von dem Gelde bessere Nahrung beschaffen.

»Das ist gut. Mann,« sprach sie, »aber wird Herr Sankt Peter dir erlauben, an den Pforten des Paradieses sotane Schenke aufzutun?«

»Ich verhoffe es«, erwiderte er.

Und Smetse stieg mit seinem Tönnlein beladen und Flaschen versehen, zum lieben Paradies hinauf.

Da er an der Mauer Fuß gefaßt hatte, errichtete er dort seine Schenke im Freien, denn an diesem himmlischen Ort ist die Luft gut; und am ersten Tage trank jeder, der hineinging, bei Smetse und bezahlte ihm aus Mitleid reichlich.

Aber etliche betranken sich, und da sie so hineingingen, forschte Sankt Peter nach der Ursache, und da er sie erfahren, verbot er Smetse den Verkauf seiner Getränke und ließ ihn gehörig durchpeitschen.

 

XIX. Von dem weisen Urteil des Herrn Jesus

Jedoch des Schmiedes Weib verschied bald danach, aus Ursach des Schreckens, welchen ihres Mannes Geist ihr eingejagt hatte.

Und ihre Seele ging stracks zum Paradiese, und allda sah sie den armen Smetse, mit dem Hintern gegen die Mauer sitzend und trübselig sinnend. Als er sie erblickte, erhub er sich alsogleich fröhlich und sagte:

»Weib, ich werde mit dir hineingehen.«

»Würdest du das wagen?«

»Ich werde mich unter deinem Rock verstecken; der ist weit genug, und so werde ich durchschlüpfen, ohne daß man mich bemerkt.«

Nachdem er solches getan, pochte sein Weib ans Tor, und Sankt Peter kam, ihr aufzutun. »Tritt ein, gute Frau«, sagte er. Aber er sah Smetses Füße hinter seines Weibes Rock herausgucken und sprach: »Dieser schändliche Schmied! Will er sich immerfort über mich lustig machen? Hinaus, du Mietling des Teufels.«

»Ach, Herr,« bat die Frau, »erbarmet Euch seiner oder lasset mich ihm Gesellschaft leisten.«

»Nein,« entgegnete Sankt Peter, »dein Platz ist hier und seiner draußen. Darum so tritt ein, und er soll sich flugs davonmachen.«

Und das Weib trat ein, und Smetse blieb draußen. Aber sobald die Mittagsstunde kam und die Küchenengel der Gevatterin ihren schönen Reiskuchen gebracht hatten, ging sie an die Mauer und blickte hinüber.

»Bist du da, Mann?«

»Ja.«

»Hast du Hunger?«

»Ja.«

»Wohlan,« sprach sie, »so breite deinen Lederschurz aus, ich will dir den Kuchen hineinwerfen, der mir zuvor gegeben ward. Aber verstecke ihn wohl, Mann, und iß ihn geschwinde.«

»Aber willst du nicht essen?«

»Nein,« sprach sie, »denn ich habe sagen hören, daß es bald das Nachtmahl gibt.«

Und Smetse aß den Reiskuchen und ward davon mit einem Mal sehr gestärkt, sintemalen dieser Kuchen saftiger und köstlicher war, denn die leckersten Braten. Dieweil kam die Frau, die im lieben Paradies umhergewandelt war, zurück, Smetse zu erzählen, was sie gesehen.

»Ach, Mann,« redete sie, »es ist schön drinnen, warum kann ich dich nicht hier sehen! Rund um unsern Herrn Jesus sind die reinen Geister und reden mit ihm über alles, was Güte, Liebe, Gerechtigkeit, Wissen und Schönheit ist, und über die besten Mittel, die Menschen gut zu regieren und glücklich zu machen. Ihre Worte sind wie Musik. Und allzeit streuen sie die Samenkörner der schönen, guten, gerechten und wahren Gedanken über die Welten aus. Aber die Menschen sind so töricht und schlecht, daß sie selbige Samenkörner zertreten oder verdorren lassen. Weiterhin sind die Töpfer, Goldschmiede, Maurer, Maler, Gerber und Tuchwalker, Zimmerleute und Schiffsbauer an unterschiedlichen Stellen; und es ist eine Freude zu sehen, welch schöne Werke sie erzeugen, ein jeder in seinem Handwerk. Und wann sie etwelchen Fortschritt gemacht haben, so streuen sie die Samenkörner auch über die Welten aus, aber sie gehen gar oft verloren.«

»Weib,« sagte Smetse, »Hast du keine Schmiede gesehen?«

»Wohl«, sprach sie.

»Ach,« sagte er, »ich möchte gern mit ihnen schaffen, denn ich schäme mich, hier wie ein Aussätziger zu leben, nichts zu tun und um mein täglich Brot zu betteln. Aber hör mich an, Weib: Da Herr Sankt Peter mich nicht einlassen will, so gehe zum Herrn Jesus und bitte für mich um Gnade. Er ist so gut und wird sie mir gewißlich nicht weigern.«

»Ich gehe, Mann«, sprach sie.

Da Herr Jesus, welcher allda mit seinen Gelahrten stund, das Weib zu sich kommen sah, sprach er: »Ich erkenne dich, Gevatterin, du warst zu deinen Lebzeiten Smetses, des Schmiedes, Weib, welcher so freundlich an mir handelte, da ich in Gestalt eines Kindleins mit dem Herrn Joseph und der Frau Maria auf Erden hinunterstieg. Ist er nicht im Paradiese, dein Mann?«

»Wehe, nein, Herr,« antwortete die Frau, »mein Mann ist vor dem Tor, gar traurig und voller Harm, denn Herr Sankt Peter will ihn nicht einlassen.«

»Warum?« fragte Herr Jesus.

»Ach, ich weiß es nicht«, erwiderte sie.

Aber der Engel, welcher die Vergehen der Menschen in ein ehernes Schuldbuch schreibt, redete plötzlich und sprach: »Smetse darf nicht ins Paradies, denn Smetse hat, nachdem er erlöst war, des Teufels Geld behalten.«

»Oho,« sagte Herr Jesus, »das ist ein groß Verbrechen; aber hat er es nicht bereut?«

»Ja,« entgegnete die Frau, »er hat es bereut, und dazu ist er sein Leben lang gut, mildtätig und barmherzig gewesen.«

»Holt ihn,« gebot der Herr Jesus, »ich will ihn selbst ins Verhör nehmen.«

Etliche himmlische Hellebardiere gehorchten und führten Smetse vor den Sohn Gottes, welcher also sprach:

»Smetse, ist es wahr, daß du des Teufels Geld behalten hast?«

»Ja, Herr Jesus«, antwortete der Schmied, und seine Knie schlugen vor Furcht aneinander.

»Smetse, das ist nicht gut, denn ein Mann soll lieber jegliches Übel, Schmerz und Angst leiden, denn Geld behalten von einem, der so böse, garstig, ungerecht und gleißnerisch ist wie der Teufel. Aber kannst du mir nicht etwelche verdienstliche Tat erzählen, so diese große Missetat ein wenig mindert?«

»Herr Jesus,« antwortete Smetse, »ich habe lange mit denen von Zeeland für Gewissensfreiheit gekämpft, und bei solchem Tun habe ich mit ihnen Hunger und Durst gelitten.«

»Das ist wacker, Smetse, aber bist du bei dieser schönen Aufführung verharret?«

»Ach, nein, Herr Jesus,« sprach der Schmied, »denn, um ehrlich zu reden, meinem Mute hat die Beständigkeit gefehlt, und ich bin nach Gent zurückgekehrt, wo ich gleich vielen andern das hispanische Joch getragen habe.«

»Das ist schlimm, Smetse«, antwortete der Herr.

»Herr Jesus,« weinte die Frau, »keiner war freigebiger gegen die Armen denn er, leutselig gegen jedermann, menschlich gegen seine Feinde, fürwahr, selbst gegen den schändlichen Slimbroek.«

»Das ist gut, Smetse,« sagte der Herr, »aber hast du nicht irgendein ander Verdienst geltend zu machen?«

»Herr Jesus,« erwiderte der Schmied, »ich habe immer mit Freuden gearbeitet, Faulheit und Trübsinn verabscheut, Lust und Frohsinn gesucht, gern gesungen und Braunbier getrunken, das mir von Euch kam.«

»Das ist gut, Smetse, aber nicht genug.«

»Herr Jesus,« antwortete der Schmied, »ich habe die bösen Geister von Jakob Hessels, vom Herzog von Alba und von Philipp dem Zweiten, König von Hispanien, nach Kräften geprügelt.«

»Smetse,« sagte der Herr, »dies ist ausnehmend gut. Ich verstatte dir, in mein Paradies einzugehen.«

 


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