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Viertes Kapitel.

Hier bietet der Natur die Kunst die Wette
Und schafft in seiner grünen Pracht den Baum;
Um seinen Baum schlingt sich des Epheu's Kette,
Und wilde Rosen glüh'n in ihrem Saum.

Spenser.

 

Unter den Fällen des Oswego ist die Strömung reißender und ungleicher, als oberhalb derselben. Es gibt Stellen, wo der Fluß mit der stillen Ruhe des tiefen Wassers hinfließt, aber auch viele Sandbänke und Stromschnellen, und damals, als noch Alles in seinem Naturzustande sich befand, war die Durchfahrt stellenweise nicht ohne Gefahr. Zwar wurde im Allgemeinen nur wenig Anstrengung von Seite der Kahnführer erfordert; an Stellen aber, wo die Schnelligkeit der Strömung und die vorhandenen Felsen Vorsicht verlangten, bedurfte es in der That nicht blos der Wachsamkeit, sondern auch der größten Besonnenheit, Schnelligkeit und kräftiger Arme, um die Gefahr zu vermeiden. Auf alles Dieses hatte der Mohikan geachtet, und mit Umsicht eine Stelle gewählt, wo der Fluß ruhig genug floß, um die Kähne anhalten und die Kommunikation für diejenigen, welche er zu sprechen wünschte, gefahrlos einleiten zu können.

Sobald der Pfadfinder die Gestalt seines rothen Freundes erkannt hatte, ruderte er mit kräftigen Schlägen dem Ufer zu, und veranlaßte Jaspern, ihm zu folgen. In einer Minute waren beide Kähne in dem Bereiche des überhängenden Gebüsches. Es herrschte tiefes Stillschweigen, welches die Einen aus Furcht, die Andern aus gewohnter Vorsicht beobachteten. Als die Reisenden sich dem Indianer näherten, veranlaßte er sie durch ein Zeichen, still zu halten, und hielt dann mit dem Pfadfinder eine kurze, aber ernste Besprechung in der Sprache der Delawaren.

»Der Häuptling ist nicht der Mann, der einen todten Stamm für einen Feind ansieht,« bemerkte der weiße Mann gegen seinen rothen Verbündeten, »warum läßt er uns anhalten?«

»Mingo's sind in den Wäldern.«

»Das haben wir in diesen zwei Tagen vermuthet. Weiß der Häuptling davon?«

Der Mohikan hob ruhig einen steinernen Pfeifenkopf in die Höhe.

»Er lag auf einer frischen Fährte, welche gegen die Garnison hinführt« – so wurden nämlich von den Gränzleuten die militärischen Werke, mochten sie Mannschaft haben oder nicht, genannt.

»Das kann ein Pfeifenkopf sein, der einem Soldaten gehört. Viele bedienen sich der Pfeifen der Rothhäute.«

»Sieh,« sagte Big Serpent, und hielt auf's Neue den gefundenen Gegenstand seinem Freunde vor Augen.

Der Pfeifenkopf war mit großer Sorgfalt und Geschicklichkeit aus Seifenstein geschnitten. In der Mitte befand sich ein kleines lateinisches Kreuz, das mit einer Genauigkeit gefertigt war, welche keinen Zweifel über seine Bedeutung gestattete.

»Das prophezeit Unheil und Teufelei,« sagte der Pfadfinder, welcher den damals in den englischen Provinzen gewöhnlichen Abscheu gegen dieses heilige Symbol theilte; und da man leicht Sachen mit Personen verwechselt, so hatte sich dieses Grauen so mit den Vorurtheilen der Leute verflochten und einen so mächtigen Eindruck auf das moralische Gefühl des Volkes geübt, daß man die Spuren desselben noch heutigen Tages erkennen kann.

»Kein Indianer, der nicht durch die schlauen Priester Canada's verkehrt ist, würde sich's einfallen lassen, ein Ding, wie dieses, auf seine Pfeife zu schneiden. Ich wette, der Spitzbube betet jedesmal zu diesem Bild, wenn er mit einem Unschuldigen zusammen treffen und seine Schuftigkeit an ihm ausüben will. Ist sie auch frisch, Chingachgook?«

»Der Tabak war noch brennend, als ich sie fand.«

»Das wird tüchtige Arbeit geben, Häuptling. Wo ist die Spur?«

Der Mohikaner deutete auf eine Stelle, welche keine hundert Ellen von seinem Standpunkte entfernt war.

Die Sache begann nun ein ernsteres Aussehen zu gewinnen. Die zwei Hauptführer besprachen sich einige Minuten beiseite, stiegen dann an dem Ufer hinauf, näherten sich dem bezeichneten Orte und untersuchten die Fährte mit der größten Sorgfalt. Als ihre Nachforschungen ungefähr eine Viertelstunde gedauert hatten, kehrte der weiße Mann allein zurück, und sein rother Freund verschwand in dem Walde.

Sonst trug das Gesicht des Pfadfinders ein Gepräge der Einfachheit, Rechtschaffenheit und Aufrichtigkeit, gemischt mit der Miene des Selbstvertrauens, welches gewöhnlich Allen, die sich unter seiner Hut befanden, Zuversicht einflößte; aber nun warf der Ausdruck der Sorge einen Schatten über seine ehrlichen Züge, welcher die ganze Gesellschaft beunruhigte.

»Was gibt's, Meister Pfadfinder?« fragte Cap, indem seine gewohnte, tiefe, starke und zuversichtliche Stimme zu einem scheuen Flüstern sich ermäßigte, welche sich allerdings mehr für die Gefahren der Wildniß eignete. »Hat sich der Feind zwischen uns und unsern Hafen gelegt?«

»Wie?«

»Haben einige von diesen bemalten Schalksnarren Anker geworfen vor dem Hafen, auf welchen wir lossteuern, in der Hoffnung, uns die Einfahrt abzuschneiden?«

»Es mag sein, wie Ihr sagt, Freund Cap, aber ich bin durch Eure Worte um kein Haar weiser geworden, und in kitzlichen Zeitumständen wird man um so leichter verstanden, je deutlicher man sein Englisch macht. Ich weiß nichts von Hafen und Anker, aber es liegt eine beängstigende Mingofährte in der Nähe von hundert Ellen, und so frisch wie Wildpret ohne Salz. Wenn Einer von diesen argen Teufeln vorübergekommen ist, so sind es auch ein Dutzend; und was das Schlimmste ist, sie sind abwärts gegen die Garnison zu gegangen, und keine Seele kann um die Lichtung herumkommen, ohne daß man einigen ihrer durchbohrenden Augen in den Weg käme. Dann wird's sicher Kugeln geben.«

»Kann nicht das besagte Fort eine Lage geben, und Alles innerhalb des Bereichs seiner Klüsen wegfegen?«

»Nein, die Forts sind bei uns nicht wie die Forts in den Ansiedelungen, und zwei oder drei leichte Kanonen sind Alles, was sie da unten an der Mündung des Flusses haben. Ueberhaupt hieße auch ein Lagerfeuer auf ein Dutzend herumstreifender Mingo's geben, die sich hinter Baumstämmen und im Walde verbergen können, sein Pulver verschwenden. Wir haben nur einen, und zwar einen sehr kitzlichen Weg. Wir sind einmal hier; beide Kähne sind durch das hohe Ufer und das Gebüsch vor Aller Augen verborgen, wenn uns nicht einer von jenen Strauchdieben gerade gegenüber in den Weg kommt. Hier wollen wir also bleiben, ohne uns der Furcht zu überlassen. Aber wie bringen wir die blutdürstigen Teufel wieder über den Strom hinaus? – Ha, ich hab' es – ich hab' es. Wenn es auch nichts nützt, so kann es doch nichts schaden. Seht Ihr den breitwipfeligen Kastanienbaum dort, Jasper, an der letzten Stromwendung? Auf Eurer Seite, meine ich.«

»Den bei der gestürzten Fichte?«

»Denselben. Nehmt Stein und Feuerzeug, kriecht am Ufer hin und macht ein Feuer auf diese Stelle. Kann sein, daß sie der Rauch da hinauflockt. Mittlerweile bringen wir vielleicht mit der gehörigen Vorsicht die Kähne weiter hinunter und finden einen andern Schutz. Buschwerk haben wir genug, und ein Versteck ist leicht in dieser Gegend zu finden, was uns die vielen Hinterhalte beweisen können.«

»Ich will's thun, Pfadfinder,« sagte Jasper und sprang an's Ufer. »In zehn Minuten soll das Feuer brennen.«

»Und, Eau-douce, nehmt diesmal ordentlich feuchtes Holz dazu,« flüsterte der Andere mit seinem eigenthümlichen herzlichen Lachen. »Wenn es an Rauch fehlt, so muß Wasser helfen, ihn zu verdicken.«

Der junge Mann, welcher zu wohl den Werth seiner Aufgabe kannte, um sie unnöthig zu verzögern, eilte rasch dem bezeichneten Punkte zu. Mabel wagte einen leichten Einwurf wegen der Gefahr, welcher aber nicht beachtet wurde, und die Gesellschaft bereitete sich vor, ihre gegenwärtige Stellung unverzüglich zu verändern, da sie von dem Orte aus, wo Jasper das Feuer anzuzünden beabsichtigte, gesehen werden konnten. Die Bewegung forderte keine Eile und wurde mit Ruhe und Vorsicht ausgeführt. Die Kähne fuhren um die Gebüsche herum und glitten mit der Strömung fort, bis sie eine Stelle erreicht hatten, an welcher sie von dem Kastanienbaum aus nicht mehr erblickt werden konnten. Hier hielten sie an, und Aller Augen richteten sich nun auf den zurückgebliebenen Abenteurer.

»Da steigt der Rauch auf;« rief der Pfadfinder, als ein leichter Windstoß eine kleine Dunstsäule vom Land aus in die Höhe wirbelte, und sie in spiralförmigen Wendungen über das Bette des Flusses hintrieb. »Ein guter Stein, ein Stückchen Stahl und ein Haufen dürrer Blätter machen ein schnelles Feuer. Ich hoffe, Eau-douce wird so viel Einsicht haben, sich an das feuchte Holz zu erinnern, wenn uns die List zu Frommen kommen soll.«

»Zu viel Rauch – zu viel Klugheit,« sagte Arrowhead in seiner sententiösen Weise.

»Das wäre so wahr, als die Bibel, Tuscarora, wenn die Mingo's nicht wüßten, daß es Soldaten in der Nähe gibt. Die Soldaten denken aber an einem Rastorte gemeiniglich eifriger auf ihre Mahlzeit, als an das, was klug ist und sie gegen Gefahr schützen könnte. Nein, nein! Mag der Junge immerhin seine Holzklötze aufhäufen, daß es einen tüchtigen Rauch setzt, sie werden es der Dummheit einiger irischer und schottischer Tölpel zuschreiben, welche mehr an ihre Hafergrütze und an ihre Kartoffeln denken, als an ein Zusammentreffen mit Indianern und indianischen Büchsen.«

»Man sollte aber doch, nach Allem, was ich hierüber in den Städten gehört habe, glauben, daß die Soldaten an dieser Gränze an die Kunstgriffe ihrer Feinde gewöhnt und fast so listig geworden seien, als die rothen Menschen selbst,« erwiederte Mabel.

»Nicht diese, nicht diese. Erfahrung macht sie nur wenig klüger, und sie discutiren von ihren Wendungen, ihren Pelotons und Bataillons hier in den Wäldern so behaglich, als wären sie zu Hause in ihren Pferchen. Eine Rothhaut hat mehr Schlauheit in ihrer Natur, als ein ganzes Regiment von der andern Seite des Wassers. Ich nenne das Wälderschlauheit. – Aber auf mein Wort, nun ist's genug Rauch, und wir werden besser thun, uns einen andern Versteck auszusuchen. Der Junge hat den ganzen Fluß in sein Feuer geworfen, und es ist zu besorgen, daß die Mingo's glauben, es ist ein ganzes Regiment um den Weg.«

Während er so sprach, trieb der Pfadfinder von dem Busche weg, an dem er bisher angelegt hatte, und in einigen Minuten verbarg ihnen die Biegung des Flusses den Rauch und den Baum. Glücklicherweise zeigte sich auch an dem Ufer, wenige Ellen von dem Punkt, an dem sie eben vorbeifuhren, eine kleine Bucht, in welche die Kähne unter dem Einfluß der Ruder einlenkten.

Die Reisenden hätten wohl keinen geschickteren Platz für ihre Absicht ausfinden können. Das Gebüsch war dick und hing gegen das Wasser hin, so daß es einen vollständigen Blätterbaldachin bildete. Im Grunde der kleinen Bucht befand sich ein schmaler, kiesiger Strand, wo die Mehrzahl der Gesellschaft zu ihrer größeren Bequemlichkeit an's Land ging. Auch konnten sie blos von der gerade entgegengesetzten Seite des Flusses aus bemerkt werden. Von dieser Seite her war jedoch die Gefahr der Entdeckung gering, da das Gesträuch hier dichter als gewöhnlich und das Land jenseits desselben so naß und sumpfig war, daß man nicht ohne große Schwierigkeiten durchkommen konnte.

»Das ist ein guter Schlupfwinkel,« sagte der Pfadfinder, als er seine Stellung mit dem Blicke eines Kenners untersucht hatte, »aber es ist nöthig, ihn noch sicherer zu machen. Meister Cap, ich verlange nichts von Euch, als Stillschweigen und ein Ruhelassen aller jener Gaben, die Ihr Euch aus dem Meere erworben habt, während der Tuscarora und ich unsere Vorkehrungen für die Stunde der Gefahr treffen.«

Der Führer ging nun mit dem Indianer etwas weiter in das Gebüsch, wo sie die stärkeren Stämme mehrerer Erlen und anderer Sträucher abschnitten, dabei aber die größte Sorgfalt anwandten, um kein Geräusch zu verursachen. Die Enden dieser kleinen Bäume, denn das waren sie in der That, wurden, da das Wasser nur eine geringe Tiefe hatte, an der äußern Seite der Kähne in den Schlamm gesteckt, und im Verlaufe von zehn Minuten war ein sehr täuschender Schirm zwischen ihnen und dem Orte, woher die hauptsächlichste Gefahr zu befürchten war, errichtet. Die beiden Arbeiter hatten viel Scharfsinn und Geschicklichkeit bei dieser einfachen Anordnung entwickelt, wobei sie durch die Form des Ufers, seine Einbuchtung, die Seichtigkeit des Wassers und die Art, mit welcher diese Gebüschverzweigungen gegen das Wasser überhängen, wesentlich begünstigt wurden. Der Pfadfinder sah dabei vorzüglich auf gekrümmte Stämme, welche an einem Orte, wie dieser, leicht aufzufinden waren, und da er sie in einiger Entfernung unter der Biegung abschnitt und die letztere das Wasser berühren ließ, so hatte das künstliche Dickicht zwar nicht das Ansehen eines solchen, welches in dem Strome gewachsen war, was wohl hätte Verdacht erregen mögen, aber doch mochte es Jeder, der an ihm vorbei kam, für ein Gebüsch halten, das wagrecht vom Ufer ausging, ehe es sich aufwärts gegen das Licht richtete. Kurz, der Schirm war so scharfsinnig angeordnet und so kunstreich zusammengesetzt, daß nur ein ungewöhnlich mißtrauisches Auge hier ein Versteck hätte ahnen mögen.

»Das ist der beste Schlupfwinkel, in dem ich je gesteckt habe,« sagte der Pfadfinder mit seinem ruhigen Lachen, nachdem er sich die Außenseite betrachtet hatte. »Die Blätter unserer neuen Bäume berühren auf's Genaueste die des Gebüsches zu unseren Häupten, und selbst der Maler, welcher sich kürzlich in der Garnison befand, könnte nicht sagen, was hier das Werk der Vorsehung und was das unsere ist. Hst! dort kommt Eau-douce gewatet. Was er doch für ein verständiger Junge ist, seine Fährte dem Wasser zu überlassen! Nun wir werden bald sehen, ob unser Versteck zu Etwas gut ist, oder nicht.«

Jasper war wirklich von seiner Verrichtung zurückgekehrt, und da er die Kähne vermißte, so folgerte er, daß sie sich unter der nächsten Wendung des Flusses verborgen hätten, in der sie von dem Feuer aus nicht bemerkt werden konnten. Seine gewohnte Vorsicht hatte ihn veranlaßt, im Wasser fortzugehen, um nicht eine Verbindung der Spuren, welche von der Gesellschaft am Ufer zurückgeblieben waren, und des Platzes, wo er ihren neuen Zufluchtsort vermuthete, erkennen zu lassen. Würden dann die Canada-Indianer auf ihrer eigenen Fährte zurückkehren, und die Spuren, welche der Pfadfinder und Serpent bei Gelegenheit ihrer Besprechung und Untersuchung hinterlassen hatten, bemerken, so mußten sie den Schlüssel zu diesen Bewegungen verlieren, da keine Fußstapfen sich dem Wasser aufdrücken. Der junge Mann war deßhalb von diesem Punkt aus knietief im Wasser gewatet, und machte nun langsam seinen Weg am Rande des Stromes abwärts, um die Stelle zu suchen, wo die Kähne verborgen lagen.

Wenn diejenigen, welche sich hinter dem Gebüsche befanden, ihre Augen näher gegen die Blätter brachten, so konnten sie manche Stelle finden, welche ihnen einen Durchblick gestattete, indeß dieser Vortheil in einiger Entfernung wieder verloren ging. Mochte dann auch ein Auge auf einige solcher Oeffnungen fallen, so wurde doch durch das Ufer und den Schatten des Gebüsches vermittelt, daß die Gestalten und Umrisse unserer Flüchtlinge keiner Entdeckung ausgesetzt waren. Unsere Gesellschaft, die sich nun in die Kähne begeben hatte und aus ihrem Versteck hervor Jaspers Bewegungen beobachtete, erkannte bald, daß ihm die Stelle, wo Pfadfinder sich verborgen, entging. Als er um die Krümmung des Ufers gekommen war und die Aussicht nach dem Feuer hin verlor, hielt der junge Mann an, und begann das Ufer mit Bedacht und Vorsicht zu untersuchen. Gelegentlich ging er wieder acht bis zehn Schritte weiter, und hielt dann einmal an, um sein Suchen zu erneuern. Das Wasser war viel seichter als gewöhnlich, und er ging an der Seite desselben hin, um sich seinen Spaziergang zu erleichtern, wobei er der künstlichen Plantage so nahe kam, daß er sie mit seinen Händen hätte erreichen können. Aber er entdeckte nichts, und war eben daran, seinen Weg weiter fortzusetzen, als der Pfadfinder eine Oeffnung in die Zweige machte, und ihn mit gedämpfter Stimme eintreten hieß.

»Es ist ganz gut so,« sagte der Pfadfinder lachend, »obgleich die Augen eines Blaßgesichts von denen einer Rothhaut so verschieden sind, wie die Fernröhren unter einander. Ich wollte mit des Sergeanten Tochter ein Pulverhorn gegen einen Wampumgürtel wetten, daß ihres Vaters Regiment an unserer Einsiedelung vorbeimarschiren könnte, ohne je die List auszufinden. Aber wenn die Mingo's wirklich, wie Jasper, in dem Bette des Flusses herunter kämen, so würde ich für diese Anpflanzung zittern. Ueber den Fluß hinüber mag sie wohl ihre Augen täuschen, und in sofern nicht ohne Nutzen sein.«

»Glaubt Ihr nicht, Meister Pfadfinder,« sagte Cap, »daß es das Beste wäre, uns auf den Weg zu machen und so schnell als möglich stromabwärts zu segeln, so bald wir gewiß wissen, daß diese Schufte in unserm Stern sind? Wir Seeleute nennen eine Sternjagd eine lange Jagd.«

»Ich möchte mich mit des Sergeanten Tochter nicht um alles Pulver, welches im Fort da unten liegt, von der Stelle rühren, bis wir etwas von Serpent gehört haben. Sichere Gefangenschaft oder gewisser Tod würden die Folge sein. Wenn so ein zartes Schmalthierchen wie das Mädchen, welches wir zur Fracht haben, sich durch die Wälder finden könnte, wie ein alter Hirsch, so möchte es allerdings angehen, die Kähne zu verlassen, denn auf einem Umweg könnten wir die Garnison noch vor Anbruch des Morgens erreichen.«

»Dann thut es,« sagte Mabel, rasch unter dem plötzlichen Einfluß erweckter Energie aufspringend. »Ich bin jung, behend, an Anstrengung gewöhnt, und möchte es leicht meinem lieben Onkel zuvorthun. Ich will durchaus kein Hinderniß sein, und könnte es nicht ertragen, daß euer Aller Leben um meinetwillen gefährdet sein sollte.«

»Nein, nein, gutes Kind! wir halten Sie keineswegs für ein Hinderniß oder eine Belästigung, und würden gerne uns noch einmal dieser Gefahr unterziehen, um Ihnen und dem wackern Sergeanten einen Dienst zu leisten. Ist das nicht auch Eure Meinung, Eau-douce?«

»Ihr einen Dienst zu leisten?« rief Jasper mit Nachdruck. »Nichts soll mich bewegen, Mabel Dunham zu verlassen, bis ich sie sicher in ihres Vaters Armen weiß!«

»Wohl gesprochen, Junge; brav und ehrenhaft gesprochen, und ich stimme bei mit Herz und Hand. Nein, nein, Sie sind nicht die erste Ihres Geschlechts, welche ich durch die Wälder geleitet habe, und keine hat dabei je Schaden genommen mit Ausnahme einer Einzigen. Das war freilich ein trüber Tag; aber seines Gleichen wird wohl nicht wieder kommen.«

Mabel blickte von einem ihrer Beschützer auf den andern, und ihre schönen Augen schwammen in Thränen. Sie reichte jedem ihre Hand und sprach, obgleich anfangs mit erstickter Stimme:

»Ich thue Unrecht, Euch um meinetwillen der Gefahr auszusetzen. Mein theurer Vater wird es Euch danken. Auch ich danke Euch – Gott vergelte es Euch; aber laßt uns hier nicht unnöthiger Weise die Gefahr erwarten. Ich kann wohl gehen, und bin oft in mädchenhafter Laune meilenweit gegangen. Warum sollte ich es jetzt nicht können, da es mein Leben – nein, da es Euer kostbares Leben gilt?«

»Sie ist eine treue Taube, Jasper,« sagte der Pfadfinder, indem er ihre Hand so lange festhielt, bis das Mädchen selbst aus angeborner Bescheidenheit die Gelegenheit ersah, sie zurückzuziehen: »und wunderbar einnehmend! Wir sind in den Wäldern rauh und bisweilen auch hartherzig geworden, Mabel, aber ein Anblick, wie der Ihrige, erweckt unsere jugendlichen Gefühle wieder, und thut uns wohl für den Rest unserer Tage. Jasper wird dasselbe sagen; denn wie ich in den Wäldern, so sieht Jasper auf dem Ontario wenige von Ihres Gleichen, die sein Herz zu erweichen und ihn an die Liebe seines Geschlechtes zu erinnern vermöchten. Sprecht selbst, Jasper, und sagt, ob es nicht so ist.«

»Ich zweifle, ob viele wie Mabel Dunham irgendwo gefunden werden können,« entgegnete der junge Mann artig und mit einem Blicke voll ehrlicher Aufrichtigkeit, welcher mehr als seine Zunge ausdrückte. »Ihr braucht nicht die Seen und Wälder herauszufordern; ich möchte lieber die Städte und Ansiedlungen darum befragen.«

»Wir würden besser thun, die Kähne zu verlassen,« erwiederte Mabel hastig; »denn ich fühle, es ist nicht länger sicher hier.«

»Ihr könnt nicht fort von hier, in keinem Fall. Wir hätten einen Marsch von mehr als zwanzig Meilen vor uns, durch Dickicht und Sümpfe, und noch obendrein in der Finsterniß. Auch gäbe unsere Gesellschaft eine breite Fährte, und wir dürften Allem nach unsern Weg in die Garnison erkämpfen müssen. Wir wollen auf den Mohikan warten.«

Nach dieser Entscheidung des Mannes, von dem Alle in der gegenwärtigen gefährlichen Lage Rath erwarteten, wurde nichts mehr über diesen Gegenstand gesprochen. Die Gesellschaft bildete nun Gruppen. Arrowhead und sein Weib saßen abgesondert unter dem Gebüsche, und besprachen sich mit leiser Stimme, der Mann mit Ernst, das Weib mit der unterthänigen Sanftmuth, welche die herabgewürdigte Lage des Weibes eines Wilden bezeichnete. Pfadfinder und Cap hatten in einem der Kähne Platz genommen, und schwatzten von ihren verschiedenen Abenteuern zu Wasser und zu Land, während Jasper und Mabel in dem andern saßen, wobei ihre Vertraulichkeit in einer Stunde größere Fortschritte machte, als dieses unter andern Umständen vielleicht in einem Jahre der Fall gewesen wäre. Ungeachtet ihrer bedrängten Lage verging ihnen die Zeit schnell, und besonders die jungen Leute waren nicht wenig verwundert, als ihnen Cap mittheilte, wie lange sie sich in dieser Weise beschäftigt hätten.

»Wenn man rauchen könnte, Freund Pfadfinder, so möchte dieser Raum behaglich genug sein; denn um auch dem Teufel sein Recht wiederfahren zu lassen, Ihr habt die Kähne hübsch eingebuchtet und in eine Rhede gebracht, die dem Passatwinde trotzen würde. Das einzige unbequeme ist, daß man von seiner Pfeife soll keinen Gebrauch machen können.«

»Der Tabaksgeruch würde uns verrathen, und welchen Vortheil hätten wir von allen gegen die Augen der Mingo's gerichteten Vorsichtsmaßregeln, wenn ihnen ihre Nase sagte, wo unser Versteck zu finden ist? Nein, nein, unterdrückt Eure Begierden, unterdrückt sie, und lernet eine Tugend von der Rothhaut, welche eine ganze Woche des Essens vergessen kann, um einen einzigen Skalp zu erbeuten. Hört Ihr nichts, Jasper?«

»Der Serpent kommt.«

»Dann laßt uns sehen, ob die Augen des Mohikans besser sind, als die eines gewissen Burschen, den sein Gewerbe auf's Wasser führt.«

Der Mohikan folgte derselben Richtung, welche Jasper eingeschlagen hatte, um sich mit seinen Freunden zu vereinigen: aber statt geradeaus zu gehen, drückte er sich in der Windung des Flusses, welche verhinderte, daß er von höher gelegenen Punkten gesehen wurde, dicht an das Ufer, und suchte mit der größten Sorgfalt eine Stellung in dem Gebüsch, welche ihm den Rückblick gestattete, ohne daß man ihn bemerken konnte.

»Der Serpent sieht die Schufte!« flüsterte der Pfadfinder. »So wahr ich ein Christ und ein Weißer bin, sie haben angebissen und den Rauch umzingelt.«

Hier unterbrach ein herzliches aber stilles Lachen seine Worte, indem er zugleich mit dem Ellenbogen Cap anstieß, und Alle verfolgten mit gespannter Aufmerksamkeit die lautlosen Bewegungen Chingachgook's. Der Mohikan blieb volle zehn Minuten so unbeweglich als der Fels, an welchem er stand; dann war ihm augenscheinlich ein Gegenstand von Interesse zu Gesicht gekommen, denn er ließ einen ängstlichen und scharfen Blick längs des Stromrandes hingleiten, und bewegte sich schnell abwärts, wobei er Sorge trug, daß er seine Fährte dem seichten Wasser überließ. Er war sichtlich in großer Hast und Unruhe, und blickte bald hinter sich, bald untersuchte sein Auge jede Stelle des Ufers, wo er sich die Kähne verborgen denken mochte.

»Ruft ihn herein,« flüsterte Jasper, kaum fähig, seine Ungeduld zurückzuhalten, »ruft ihn herein, ehe es zu spät ist. Seht, er kommt eben an uns vorbei.«

»Nicht doch, nicht doch, Junge; es drängt nicht,« entgegnete sein Gefährte, »sonst würde der Serpent zu kriechen anfangen. Der Herr helfe uns und lehre uns Weisheit! Aber ich glaube gar, daß Chingachgook, dessen Augen so zuverlässig sind, wie der Geruch des Hundes, uns übersieht und nicht auffindet in der Umbüschung, die wir gemacht haben!«

Dieser Ausbruch war unzeitig, denn die Worte waren kaum ausgesprochen, als der Indianer, welcher bereits einige Fuß über den künstlichen Versteck hinausgeschritten war, plötzlich anhielt, einen festen und scharfen Blick auf die Anpflanzung warf, schnell einige Schritte rückwärts machte, sich beugte und, nachdem er das Gebüsch vorsichtig auseinander gebogen hatte, unter der Gesellschaft erschien.

»Die verfluchten Mingo's!« sagte Pfadfinder, sobald sein Freund nahe genug war, um ohne Gefahr angeredet werden zu können.

»Irokesen,« erwiederte kurz der Indianer.

»Gleichviel, gleichviel; Irokesen, Teufel, Mingo's, Mengwe's oder Furien – Alles ist beinahe das Nämliche. Ich nenne alle Schurken Mingo's. Komm hierher, Häuptling, und laß uns vernünftig mit einander reden.«

Beide begaben sich auf die Seite, und besprachen sich ernsthaft in der Sprache der Delawaren. Als ihr Gespräch zu Ende war, trat Pfadfinder wieder zu den Uebrigen, und theilte ihnen Alles, was er eben erfahren hatte, mit.

Der Mohikan hatte die Spur ihrer Feinde eine Strecke weit gegen das Fort hin verfolgt, bis Letztere den Rauch von Jaspers Feuer zu Gesicht bekamen, worauf sie alsbald ihre Schritte anhielten. Da Chingachgook hiedurch in die größte Gefahr, entdeckt zu werden, gerieth, so wurde es für ihn nöthig, einen Versteck aufzufinden, wo er sich verbergen konnte, bis der Haufen vorüber war. Es war vielleicht ein Glück für ihn, daß die Wilden zu sehr auf diese neue Entdeckung achteten, um auf die Spuren im Walde ihre gewöhnliche Aufmerksamkeit zu verwenden. Kurz, sie eilten, fünfzehn an der Zahl, rasch an ihm vorüber, indem Jeder in die Fußstapfen des andern trat, und so wurde es Serpent unmöglich gemacht, wieder in ihr Bereich zu gelangen. Als sie zu der Stelle gekommen waren, wo die Spuren des Pfadfinders und des Mohikans sich mit ihrer eigenen Fährte vermischten, zogen sich die Irokesen gegen den Fluß hin, und erreichten diesen, als Jasper gerade hinter der Biegung verschwunden war. Die Aussicht nach dem Rauch hin war nun frei, und die Wilden stürzten sich in die Wälder, um sich unbemerkt dem Feuer zu nähern. Chingachgook benützte diese Gelegenheit, um in's Wasser hinunter zu steigen und gleichfalls die Flußbiegung zu gewinnen, welche ihn gegen Entdeckung schützen sollte.

Ueber die Beweggründe der Irokesen konnte der Mohikan nur aus ihren Handlungen urtheilen. Er vermuthete, daß sie die List mit dem Feuer entdeckt und sich überzeugt hatten, es sei nur in der Absicht, sie irre zu leiten, angezündet worden; denn nach einer hastigen Untersuchung der Stelle hatten sie sich getrennt und Einige davon sich in die Wälder begeben, indeß sechs oder acht den Fußtritten Jaspers an dem Ufer hin folgten und stromabwärts zu der Stelle kamen, wo die Kähne gelandet hatten. Welchen Weg sie nun von dieser Stelle weiter gemacht, konnte nur vermuthet werden, denn die Gefahr war zu drängend, als daß Serpent länger hätte zögern sollen, sich nach seinen Freunden umzusehen. Aus einigen Anzeigen, die er aus ihren Geberden entnehmen konnte, hielt er es für wahrscheinlich, daß die Feinde am Rande des Flusses herunterkommen würden. Er konnte dieß jedoch nicht mit Sicherheit behaupten.

Als der Pfadfinder diese Umstände seinen Gefährten mitgetheilt hatte, gewannen bei den zwei andern weißen Männern die Gefühle ihres Berufes die Oberhand, und bei Beiden entsprach die Behandlung der Frage über die Mittel des Entrinnens natürlich ihren Beschäftigungen.

»Laßt schnell die Kähne frei;« sagte Jasper lebhaft, »die Strömung ist stark, und wenn wir tüchtig rudern, werden wir bald aus dem Bereich dieser Schurken sein.«

»Und diese arme Blume, die kaum erst aufblühte in den Lichtungen, – soll sie in dem Walde verwelken?« entgegnete sein Freund, mit einer Poesie, welche er unwillkürlich aus seinem langen Umgang mit den Delawaren geschöpft hatte.

»Wir müssen Alle einmal sterben,« antwortete der Jüngling, indem ein kühnes Roth seine Wangen färbte; »Mabel und Arrowheads Weib können sich in den Kähnen niederlegen, indeß wir aufrecht, wie es Männern ziemt, unsere Pflicht erfüllen.«

»Ja, Ihr seid ein gewandter Ruderer, aber die Bosheit eines Mingo ist noch viel gewandter. Die Kähne sind schnell, aber eine Büchsenkugel ist schneller.«

»Da wir einem vertrauenden Vater unser Wort gegeben haben, so ist es Männerpflicht, uns dieser Gefahr zu unterziehen.« –

»Aber es ist nicht unsere Pflicht, die Klugheit außer Acht zu lassen.«

»Klugheit? Man kann seine Klugheit auch so weit treiben, den Muth darüber zu vergessen!«

Die Gruppe stand an dem nahen Ufer, der Pfadfinder auf seine Büchse gelehnt, deren Schaft auf dem Kiesgrunde ruhte, indeß er den Lauf derselben, welcher bis zu seinen Schultern reichte, mit beiden Händen umfaßte. Als Jasper diesen schweren und unverdienten Vorwurf ausstieß, blieb das tiefe Roth auf dem Gesichte seines Kameraden unverändert, obgleich der junge Mann bemerkte, daß seine Hände das Eisen des Gewehres mit der Festigkeit eines Schraubstockes umfaßten. Weiter verrieth sich keine Bewegung.

»Ihr seid jung und heißköpfig,« erwiederte der Pfadfinder mit einer Würde, welche die Zuhörer seine moralische Ueberlegenheit deutlich fühlen ließ, »aber mein Leben war eine Reihe von Gefahren wie diese, und meine Erfahrung und meine Gaben sind von der Art, daß sie nicht nöthig haben, sich durch die Ungeduld eines Knaben meistern zu lassen. Was den Muth anbelangt, Jasper, so will ich kein kränkendes, bedeutungsloses Wort einem ähnlichen entgegensetzen, denn ich weiß, daß Ihr treu auf Eurem Posten seid, so gut Ihr es eben verstehet; aber betrachtet den Rath eines Mannes, der den Mingo's schon in's Auge schaute, als Ihr noch ein Kind waret, und weiß, daß man ihre Schlauheit weit eher durch Klugheit umgeht, als durch Thorheit überlistet.«

»Ich bitte Euch um Verzeihung, Pfadfinder,« sagte der reuige Jasper, indem er mit Feuer nach der Hand des Andern griff, welche dieser ihm überließ, »ich bitte aufrichtig um Verzeihung. Es war thöricht und schlecht von mir, einen Mann zu beschuldigen, von dem man weiß, daß sein Herz in einer guten Sache so fest ist, als die Felsen am Seeufer.«

Zum Erstenmal vertiefte sich die Röthe auf den Wangen des Pfadfinders, und die feierliche Würde, die er angenommen hatte, wich dem Ausdruck der ernsten Einfachheit, welche alle seine Gefühle durchdrang. Er erwiederte den Händedruck seines jungen Freundes so herzlich, als ob keine Saite einen Mißton zwischen ihnen hätte laut werden lassen, und ein leichter Ernst, der noch seine Augen umfangen hielt, gab dem Ausdruck natürlicher Güte Raum.

»'s ist gut, Jasper, 's ist gut,« antwortete er lachend. »Ich trage nichts nach, und mir soll auch Niemand was nachtragen. Meine Natur ist die eines Weißen, und die besteht darin, keinen Groll im Herzen zu hegen. Es möchte übrigens ein kitzliches Werk gewesen sein, dem Serpent da nur halb soviel zu sagen, obschon er ein Delaware ist; denn jede Farbe hat ihre Weise.« –

Eine Berührung seiner Schulter machte den Sprecher schweigen, Mabel stand aufrecht in dem Kahne, und ihre leichte, schwellende Gestalt beugte sich vorwärts in eine Stellung des anmuthigsten Ernstes, während sie den Finger an die Lippen legte, mit abgewandtem Haupte ihre ausdrucksvollen Augen auf eine Oeffnung im Gebüsche richtete, und dabei mit dem Ende einer Fischerruthe, welche sie in dem ausgestreckten Arme hielt, den Pfadfinder berührte. Letzterer beugte seinen Kopf gegen eine Oeffnung, welcher er absichtlich nahe geblieben war, und flüsterte dann Jaspern zu – »Die verfluchten Mingo's: Greift zu euern Waffen, Männer, aber verhaltet euch so ruhig, wie die Stämme todter Bäume!«

Jasper eilte mit lautlosen Tritten zum Kahne, und veranlaßte mit höflicher Gewalt Mabel, eine Stellung anzunehmen, durch die ihr ganzer Körper verborgen wurde, obschon es wahrscheinlich über seine Macht gegangen wäre, das Mädchen zu bewegen, ihren Kopf so niedrig zu halten, daß sie nicht noch einen Blick auf die Feinde hätte werfen können. Er stellte sich dann in ihre Nähe und brachte das gespannte Gewehr in Anschlag. Arrowhead und Chingachgook krochen zu dem Versteck und lauerten wie die Schlangen, mit bereitgehaltenen Waffen, während das Weib des Ersteren den Kopf zwischen die Knie beugte, ihn mit ihrem Kattunkleide bedeckte, und sich ganz ruhig und unbeweglich verhielt. Cap zog seine beiden Pistolen aus dem Gürtel, schien aber ganz verlegen zu sein, welchem Kurs er folgen solle. Der Pfadfinder stand bewegungslos. Er hatte gleich im Anfang eine Stellung eingenommen, welche ihm gestattete, mit gutem Erfolge durch die Blätter zu zielen und die Bewegungen der Feinde zu überwachen. Er war zu standhaft, um sich durch diesen kritischen Moment aus der Fassung bringen zu lassen.

Es war in der That ein beengender Augenblick. Gerade, als Mabel die Schulter ihres Führers berührt hatte, zeigten sich drei Irokesen im Wasser an der Biegung des Flusses, etwa hundert Ellen von dem Versteck, und hielten an, um den Strom nach unten zu untersuchen. Sie waren nackt bis zum Gürtel, für einen Feldzug gegen ihre Feinde bewaffnet und mit ihren Kriegsfarben bemalt. Sie schienen über den Weg, den sie zur Verfolgung der Flüchtigen einzuschlagen hätten, unentschieden zu sein: denn der Eine deutete stromabwärts, der Andere aufwärts und der Dritte auf das entgegengesetzte Ufer. Ihre Zweifel waren sichtlich.

 


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