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Daniel Leßmann

Es gilt, in kurzen, gedrängten Zügen das Leben eines Dichters zu schildern, der, als er über die Erde ging, weder Glück noch Stern hatte.

Es gilt, das Bild eines Mannes zu zeichnen, der eben weiter nichts war als ein – deutscher Dichter.

Was das heißen will, weiß man.

Je und je haben am Lager des deutschen Dichters die Furien des Grames, der Sorge, der Not, der Verzweiflung wohlfeile Wohnstatt gefunden.

Enttäuschungen, Erfahrungen herbster Art, zertretene Ideale, gemordete Idole, zersplitterte Hoffnungen: um die Häupter wie vieler Deutschen haben diese Dämonen der Nacht nicht ihre stacheligen Dornenkränze gewunden!

Du bist ein Volk der Dichter und Denker, mein deutsches Volk? Du nennst dich wenigstens so! Und deshalb hast du deine Dichter verhungern lassen – hast sie in die Nacht der Verzweiflung, des Wahnsinns getrieben – natürlich so oft, ohne daß du es wußtest! – Aber in den Annalen der Literaturgeschichte sind diese Fakten mit blutroter Schrift eingetragen und keinen, keinen gibt's, der diesen roten Blutglanz tilgen könnte! Ich will keine Namen nennen. Du kennst sie selbst, die stolzen Geister, die wahren Fürsten und Pfleger deines geist'gen Lebens, das ohne sie, ohne ihre aufopfernde, selbstlose Hingabe, ohne ihr treues Festhalten am Banner des Ideals verloht wäre und versprüht in Nacht und Graus!

Hell und strahlend gießt heute die Flammenleuchte des deutschen Geistes ihr Licht über den Erdball! Doch wir wollen nicht vergessen, daß diejenigen, die in Großväter- und Vätertagen diese Riesenflamme mit ihren geist'gen Kräften genährt und gespeist, oft, so oft mit fieberndem Hirn, mit zitternder Faust, mit entkräfteten, gelähmten Gliedern sie emporgehalten – wir wollen das nicht vergessen, auf daß es uns eine Meinung sei, daß wir in unseren Tagen die Bannerträger würdigen, ehren, lieben, verstehen sollen und das in ihnen sehen, was sie in Wirklichkeit sind: die Großen, die Meister, die Führer in dem gewaltigen Ringen, das die Menschheit mit den Mächten der Nacht, der Finsternis kämpfen muß!

Es war Daniel Leßmann nicht beschieden, in die Reihe unserer ersten Geistesgrößen vorzudringen. Ehe er seine ganze Kraft zu einem großen Wurfe, einem Κτῆμα εἰς ἀεί zusammenraffen, konzentrieren konnte, zerbrach sein Dasein. Es war ihm nichts mehr wert. Er ging hin und erhängte sich ... Laßt uns schweigen! Laßt uns in heiliger, gerechter Trauer das Haupt verhüllen – überwältigt von dieser erschütternden Tragik ...

In Daniel Leßmann starb ein reicher, schöpferischer, genial veranlagter Geist; eine edle, bescheidene, für alles Gute, Wahre, Schöne begeisterte Persönlichkeit.

Aber er hatte auch eine dämonische Ader.

Welche wirklich bedeutende, groß angelegte, zu einem Wirken auf erweitertem Schauplatz berufene Natur besäße dieses Dämonische nicht, das bald in weltverachtendem Spott und Hohn, bald in beißendem Sarkasmus, bald in unbarmherzig zersetzender Kritik sich offenbart und das, wenn auch das spezifisch Charakteristische der negativen, zerstörenden Seite der dichterischen Persönlichkeit, doch die notwendige Ergänzung der schaffenden, aufbauenden, positiv wirksamen bildet und eben in harmonisch korrelativem Zusammenwirken mit dieser die Persönlichkeit erst zur ganzen dichterischen Entfaltung und Tätigkeit befähigt und emporhebt?! Ein wahrer Dichter, das heißt ein in genialer Entfaltung seiner schöpferischen Natur sich auslebender, bauet eben auf, indem er zerstört, und zerstört, indem er aufbauet. Seine Dichtungen, ohne an der Stirn die Marke raffiniert beabsichtigter Tendenz zu tragen, sind doch zumeist ganz naturgemäß ein Protest gegen alles Gemeine, Niedrige, gegen Verzerrungen und Mißbildungen, gegen Hohlheit und Schein, gegen Phrase und Heuchelei! Indem sie entweder mit erhabenem Ernste, mit imponierender Majestät oder mit zermalmendem Hohn, Witz, Spott eine morsche Welt aus den Angeln heben, oder eine hinter den Wällen und Mauern blödsinniger, aber zäher Vorurteile und konventioneller Lügen verschanzte aus den Fugen sprengen – sie bauen zugleich in den Persönlichkeiten, die als Träger einer neuen, lebengeborenen, lebenzeugenden Idee schließlich siegen und triumphieren, eine neue Welt auf, eine größere, bessere, eine wahre und freie! Diese Mission leitet sich aus dem Wesen jeder echten Kunst her! Der Naturalismus ist also künstlerisch ebenso unmöglich wie die verhimmelnde abgeblaßte Schönrederei, in der gebundenen wie ungebundenen Rede.

Doch es scheint, ich schweife ab. Aber es scheint eben nur so. Organisch ist meine Erörterung auf das engste mit dem Thema meiner Einleitung verwachsen. Ich sprach von dem dämonischen Zuge in Leßmanns Natur. In Leßmanns Dichternatur. Der Dichter ist in der Regel nicht der volle Mensch. Eine vollständige Durchdringung beider Naturen ist meiner Ansicht nach unmöglich. Goethe hat diesen Prozeß vielleicht annähernd an sich durchgeführt. Vollständig ist es auch ihm nicht gelungen. Das beweisen seine Werke, noch mehr seine Briefe und sonstige Nachrichten von Zeitgenossen. Einem Kinde unseres Jahrhunderts ist das bruchlose Aufgehen der einen Seite seiner Individualität, der praktischen, der bewußt entwickelten, in der anderen, der idealen, spezifisch künstlerischen, der unbewußten, vollends ein Ding der Unmöglichkeit. Es ist eben ein Kind seiner Zeit, und diese Zeit ist so zerfetzt und zerrissen, daß an eine harmonische Ausgleichung beider Seiten zugunsten einer Gesamtindividualität gar nicht zu denken ist. Es ist hier nicht der Ort, das weiter auszuspinnen. Daß aber mit der Konstatierung, der Anerkennung dieses leidigen Faktums der Punkt gewonnen ist, von dem aus eine gerechte und gewissenhafte Kritik das künstlerische Vermögen resp. Unvermögen, wenn man richtiger so will, unserer Zeit beurteilen muß, steht fest. Daß ferner an diesem Punkte der Hebel anzusetzen ist, wenn für einen gesund-realen, weitherzigen, die Gegensätze auflösenden und versöhnenden Idealismus reformatorische Kräfte eintreten sollen, steht nicht minder fest.

Warum ich aber das alles hier, wo es doch augenscheinlich gar nicht hingehört, zum besten gebe? Das wird sich zeigen, wenn ich das Leben Leßmanns erzähle, wenn ich erzähle, wie er als ein Opfer sinnloser Vorurteile, hirnverbrannter Ansichten zugrunde gegangen ist.

Und ehe wir nicht die Schranken zerbrechen und niederwerfen, die Konvenienz, Formalismus, Kastengeist, Vorurteil, Scheinheiligkeit, Größenwahn, Heuchelei, Obskurantentum gezogen haben, wie es heißt, zum Schutze der sog. ›Gesellschaft‹, eher dürfen wir nun und nimmermehr auf den Sieg unserer idealen Bestrebungen hoffen, die in dem Erreichen einer reinen vorurteilsfreien Humanität gipfeln, einer Humanität, die gegründet auf edler, harmonischer Herzensbildung, in dem Individuum den Besitzer natürlicher Rechte, den Träger einer natürlichen Freiheit sieht, nicht den Stoff, die Ware, um die gefeilscht und gemarktet wird, die, und das ist noch schlimmer, geradezu mit sich feilschen und markten lassen muß, wenn sie überhaupt Wurzeln schlagen will auf dieser Erde – eine Humanität, sage ich, die identisch ist mit der Intoleranz gegen alles Gemeine, Verwerfliche, Unsittliche, Schlechte! –

Doch ich gehe direkt zur Erzählung des Leßmannschen Lebens über, zu einer kurzen Besprechung seiner Werke – soweit ich Notizen über sein Leben gewonnen, soweit mir seine Schriften bekannt geworden. Erschöpfend kann ich nicht sein. Wozu auch das? Nur frivole Neugier oder blasierte Langeweile kann darnach fragen, wo der betreffende Dichter oder Schriftsteller in den und den Jahren zufällig gelebt; wie oft er geliebt oder geliebelt; wie oft er beinahe einen Orden oder die Schwindsucht bekommen hätte ... Das ist das Füllsel bekannter oder unbekannter Literaturgeschichtler und Nekrolog-Fabrikanten, die es in ihrer Äußerlichkeit und Oberflächlichkeit nicht verstehen, eine Persönlichkeit aus dem Innern, den intimsten Herzensregungen, dem Zentrum der Künstlerseele heraus zu begreifen und zu gestalten, die an Äußerlichkeiten kleben und das Wesentliche vom Unwesentlichen nicht zu unterscheiden vermögen, weil sie selbst keine wesentlichen Charaktere sind – ›wesentlich‹ hier im Sinne Gottfried Kellers Vischer gegenüber!

Daniel Leßmann Ich entnehme einen Teil dieser Notizen dem warm geschriebenen Aufsatze Max Rings in der ›Gartenlaube‹ 1866 Nr. 3, über Daniel Leßmann, betitelt ›Jude und Dichter‹. war im Jahre 1794 zu Soldin in der Neumark geboren. Über seine Jugend kann ich weiter nichts mitteilen. Sie scheint ziemlich trübe und traurig verlaufen zu sein. Verschiedene Andeutungen lassen darauf schließen. Nicht minder die weitere Entwicklung und Entfaltung Leßmanns, die ja mehr oder weniger durch die in der Jugend gemachten traurigen oder freudigen Erfahrungen bedingt, wenigstens beeinflußt wird.

Leßmann studierte, als seine Zeit gekommen, in Berlin Medizin als – also als sog. ›Brotstudium‹ und nebenbei ›Schöne Wissenschaften‹, Humaniora, wie es heißt. Diese aus Herzensbedürfnis, aus reinem Interesse. Er wurde Militärarzt. Wie Schiller. Als solcher nahm er an den Freiheitskriegen teil. Bei Lützen, wo der Namenstagsvetter seines Kollegen Schiller, Scharnhorst, schwer verwundet wurde (er starb nachher in Prag), erhielt auch Leßmann eine Verwundung. Sie war nicht gerade schwer. Er genas wieder. Nun übernahm er die Leitung des Lazarettes.

Und an diesem Punkte setzt ein erhöhtes, ein erneutes Leben des Dichters, zu dem er allerdings jetzt erst nach und nach aufwachte, ein.

Eine große Leidenschaft kommt über den armen jüdischen Militärarzt, dessen innerstes Wesen, dessen reiche, poetische Natur andern noch ebenso unbekannt ist, wie ihm selbst. In dieser gewaltigen Liebe wird er gleichsam zum zweiten Male geboren – fortan gehört er zu der Schar deutscher Schriftsteller und Poeten – der Dornenkranz ist ihm sicher – dafür darf er sich künstlerisch ausleben – ja wohl! – seine glücklich-unglückliche Liebe weitet und dehnt die ganze Natur – ungeahnte Schätze traten ans Licht – es beginnt ein leidenschaftlich lebendiges Leben im ganzen Seelenorganismus – ›zu neuen Ufern lockt ein neuer Tag‹ – und der Dichter schafft und schafft, solange es Tag ist! ...

Oh – ein köstlich erwärmender, eine reiche üppige Frühlingswelt wachküssender Sonnenschein liegt auf den Fluren am Lebensmorgen seines Dichtertums – aber dann kommt der schwüle, gewitterschwere Mittag – dann der Nachmittag, wo die Wolkenbänke sich enger zusammentürmen – und es wird Abend – und es wird Nacht – kein Sternenschein – schwer, bleiern lastende, dumpfe Nacht – und der zarte, feingeschliffene Kelch der Dichterseele zerspringt unter diesem Druck in tausend Scherben – und es ist vollbracht – und es ist vollbracht ... vollbracht ...

Ich will Leßmanns Liebes- und Leidensgeschichte näher erzählen.

In jenem Lazarette, dessen Leitung Leßmann nach seiner Genesung übernommen, hatte er unter den Jungfrauen, welche sich in edler Humanität der Pflege der Kranken und Verwundeten widmeten, die ›schöne und geistvolle‹ Marie kennen gelernt, die Tochter eines vermögenden Berliner Hausbesitzers. Die Liebe beider war im Krankenzimmer geboren. Rein und lauter war sie ins Dasein getreten, doch sollte der Ort ihrer Entstehung für sie, wie man so sagt, ein ›böses Omen‹ sein. Die Liebe war gesund, stark, leidenschaftlich, treu bei ihm, treu bei ihr, treu bis zum Tode – und doch sollte sie für das Leben nicht siegen, nicht dauernd beglücken.

Leßmann war ein Jude. Leßmann war ein Dichter, Schriftsteller, Phantast, Schwärmer. Das erstere war richtig. Natürlich. Das letztere nur insofern, als eben jeder echte Dichter in gutem Sinne ein Phantast und Schwärmer sein muß. Marie, seine Braut, eine zarte feinsinnige Natur. Sie hielt zu ihm, unentwegt war sie ihm treu. Sie hatte eine große, starke Seele, mit der sie die Vorurteile siegreich überwand, die zu überwinden ihre Eltern zu schwach waren. Aber diese Schwäche der Eltern der Braut war doch so stark, daß es das Liebesglück, das Lebensglück Leßmanns zerbrechen konnte. Und damit wurde auch das Glück ihrer Tochter vernichtet. Marie starb. Leßmann kam aus Italien. Am Morgen verschied sie. Am Mittag kam Leßmann an. Da war sie denn schon seit mehreren Stunden stumm geworden ...

Ich will die fehlenden Glieder noch hineinsetzen.

Die Freiheitskriege waren vorüber. Napoleons tragische Komödie oder meinetwegen komische Tragödie – das Trauerspiel mit dem lächerlich erhabenen Schluß, dem famosen Theatereffekt St. Helena – war aus. Der Korse hatte nunmehr genugsam Zeit, über sich und seine Heldentaten nachzudenken. Große Natur. Tiefe Einsamkeit. Da konnte der gefallene Titan auf feinem englischen Papier seine Memoiren schreiben. Denn warum hätte er nicht bezeugen sollen, daß er mit seinem ›Riesengeiste‹ schließlich noch mehr vermöchte als Pläne schmieden, wie es am praktischsten und leichtesten ginge, die Völker zu zerbrechen und die Fürstenkronen von den gesalbten Häuptern, den Scheiteln von Gottes Gnaden, in den Staub zu werfen? Barbiers ›sois maudit, Napoléon!‹ hatte er sich nun verdient. Er konnte sich jetzt um einen Platz in der Republik der Ritter vom Geiste bewerben. Seine Villeggiatur St. Helena lag ja so still, so einsam, so weltverlassen ... Und Klio und Melpomene – – die Damen sind ja sonst nicht so spröde ...

Die europäischen Mächte überließen den Geächteten seinem Einsiedlerleben. Die Gefahr war beseitigt. Die Völker hatten das Joch abgeschüttelt. Die Fürsten mußten wieder mehr an sich denken. Es galt, die etwas angebröckelten Throne mit eherner Kraft wieder aufzubauen, auf unzerstörbarer Basis. Man mußte sie tiefer ins Erdreich einrammen, damit sie nicht wieder so leicht, so kinderleicht umgepustet werden konnten, wie sie umgepustet waren von der Gigantenlunge des Korsen. Und die Reaktion kam. Und die junge, kaum wieder erstandene Freiheit – erworben und gewonnen mit dem Blute von Tausenden – schlief ein. Man gab ihr berauschende, betäubende Schlafpulver. In ihrer überschäumenden Freude war sie unvorsichtig. Sie trank und schlief ein. Und schlief lange. Lange. Und diejenigen, die wachen, leben, wirken mußten, derweil man die junge Freiheit meuchlings überwältigt und in den Winkel geworfen hatte – sie lebten eben, lebten unter Umständen ganz manierlich und fidel. Aber nur, wie gesagt, unter Umständen. Wenn sie eben mit zerschlagenen Idealen auf Schutt und Trümmern weiter leben wollten! Das kann man ja auch. Das können sehr viele. ›Travaillons‹ sagt Voltaire, und damit glaubt er dem Pessimismus den Kopf zertreten zu haben. Und sie arbeiten denn, die Kaufleute und Beamten, ums liebe Brot, ums tägliche Brot. Sie arbeiten rastlos und ruhlos, Nacht und Tag ... Die Konten- und Kanzlei-Literatur blühet. Und die Ritter vom Geiste trauern – trauern in Sack und Asche, ballen auch wohl, zumeist im Verborgenen, die magere Dichterfaust; schreiben auch, zumeist allerdings zum Privatgebrauch, Pasquille und Satiren. Einige – mehrere – viele krümmen auch den stolzen Nacken und winseln im Staube, lassen sich zensieren, und die Kunst, die echte, große, erlösende Kunst, die nur in freien, mannhaften Seelen aufgehen kann, die einer reichen, bewegten, licht- und farbengetränkten Zeit zur Entwickelung, zur Entfaltung bedarf – sie siecht langsam hin in auszehrender Krankheit in der nüchternen, begeistrungslosen, geistig bettelarmen Zeit ...

Und ein blödsinniges, zermürbtes, wahnbetörtes, wohldressiertes Publikum schreit zu der Leichenpredigt der Obskuranten: Amen! Amen!

Das klingt so hohl. Das klingt so schaurig.

Diesen Charakter trug das Jahrzehnt, das sich direkt an die Freiheitskriege anschloß. Das Lustrum bis 1830 war ähnlich, wenn auch schon etwas freier wieder und lebendiger. Diejenigen, die ein feinausgebildetes Hörorgan besaßen, konnten schon, wenn sie ihr Ohr dicht an den Boden legten, allerlei verdächtiges Schwanken und Beben vernehmen. In Frankreich gärte es gewaltig. Politisch und literarisch. Dort rüstete sich der Romantismus – Victor Hugo an der Spitze – zu Entscheidungstaten. Bei uns stand das ›junge Deutschland‹ an der Pforte. Eine neue Zeit lag in den Windeln. Gottlob: eine frische Brise blähte die Segel. Eine neue kristallinische Umsetzung bereitete sich vor – begann allmählich.

In das Lustrum 1825-1830 fällt Leßmanns eigentliche Schaffensepoche.

Ich muß die Vorgeschichte noch kurz berühren.

Leßmann hatte sich in den Freiheitskriegen ausgezeichnet. Er hoffte nun nach Beendigung der Kriege auf eine Beförderung, eine feste, lohnende Anstellung.

›Dem Verdienst seine Krone!‹ So heißt das Postulat. Man fragt gewöhnlich nicht viel nach ihm. Auch Leßmann sollte es erfahren. Er erhielt seinen Abschied. Seinen Abschied! Man erinnerte sich, daß er ein – Jude war! Ein Jude! Die Schlange hatte ihn gestochen. Zum ersten Male!

Da galt es denn, auf einem anderen Wege zum Ziele zu kommen. Aus eigener, aus eigenster Kraft! Vorläufig konnte Leßmann natürlich nicht an eine eheliche Verbindung mit seiner Braut denken. Er mußte warten. Sie mußten sich gedulden. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Leßmann wollte sich eine eigene ärztliche Praxis gründen. Das ist nun bekanntlich kein Kinderspiel.

Man muß sich zu allerlei Kompromissen, Konzessionen verstehen; man muß allerhand Mittelchen handhaben. Leßmann vertraute auf seine wissenschaftliche Tüchtigkeit. Sie müßte ihm sichern Grund und Boden unter den Füßen schaffen. So dachte er; so hoffte er. Er schuf sich auch eine Praxis. Aber sie war doch nur unbedeutend. Sie blieb sehr begrenzt. Da griff er denn auch zur Feder und – er wollte sich damit gewiß Reichtümer erwerben, wollte ein ›gutsituierter‹ Mann werden, recht schnell, recht sicher?! Nicht wahr? Nein! So sanguinisch, so optimistisch verblendet war er Gott sei Dank nicht! Diesen utopischen Träumereien hing er nicht nach. Er wußte im Gegenteil ganz genau, daß die Feder, die Novellen, Romane, Dramen, Gedichte schreibt, eine arme, unansehnliche, unscheinbare Aschenbrödelrolle spielt gegenüber derjenigen, die über die dickbäuchigen Geschäftsbücher fährt und Rang- und Quartierlisten ausschreibt. Vom Publikum hielt er nicht viel. Er kannte eben seine ›Pappenheimer‹. Was ihn dazu trieb, makellos, verführerisch reines Schreibpapier mit seinen Träumereien, Phantasien, Visionen zu füllen, war der unbändige Drang zu bilden, zu gestalten, künstlerisch zu schaffen.

Eine reiche Welt war in der Brust des armen jüdischen Arztes, nach dem keiner viel fragte, um den sich keiner viel kümmerte außer seiner Marie, aufgeblühet – – ein üppiger Poetenfrühling, unter Stürmen und Gewittern ans Licht geboren, aber doch so voll, so reich, so werdestark! Früchte in Fülle verheißend!

Dazu kam noch ein äußerer Glücksumstand. Leßmann wurde als Arzt am jüdischen Hospital in Berlin engagiert. Der Vorsteher dieser Anstalt hatte ihm die Stelle, um die sich Leßmann beworben, verschafft.

So waren denn auch seine äußeren Verhältnisse etwas günstiger gestaltet. Es waren darüber nur – vier Jahre vergangen. Nur. Nicht viel dichterischer Sturm und Drang. In unserem Dichter lebte keine vulkanische, elementare Naturkraft, die zu gewaltigen Explosionen drängte. Leßmann war mehr harmonisch beanlagt. Seine Dichterkraft war voll, echt, stark, gleichmäßig, ohne eigentliche barockgeniale Auswüchse, ein machtvoller Strom ohne verderbliche Strudel und Schnellen. Und die vier Jahre mit ihrer Not, ihren Sorgen hatten nun auch die bittern Wermuts-Tropfen des Schmerzes in die Dichterseele gegossen – – gewiß: ein großer, reiner Schmerz hat eine läuternde, erhebende, vertiefende Kraft! Er weihet den Dichter. Er heiligt den Sünder. Aber wenn der Schwarm der kleinen, kleinlichen, gemeinen, verächtlichen Alltagssorgen und Tagesquälereien den Künstler mit seinen Stichen und giftigen Bissen verfolgt, so verliert die großartigste und vollste Dichterkraft unter diesem zersetzenden Einflusse. Nur ein eiserner Charakter, ein festgefugtes, in sich selbst unzerstörbar gegründetes, zur beherrschenden Einheit konzentriertes Individuum kann diesem Otterngezücht den Kopf zertreten.

Das ist wieder einmal – keine Abschweifung. Auch hier liegt der verbindende Faden vor aller Augen. Wer Augen hat, der sehe! Ich spinne ihn nur ein wenig im Zickzack ab – und warum sollte ich das nicht? Man kann auf diese Weise noch mancherlei berühren, noch mancherlei abladen. Zu Nutz und Frommen des Lesers! Und dem Schreiber der Vorrede wird dabei auch etwas leichter zu Sinne ...

Daniel Leßmann war also Hospitalarzt geworden. Und nun ist die entscheidende Stunde für ihn gekommen. Er darf vor die Eltern seiner Braut hintreten und um ihre Einwilligung zur Vermählung mit Marie bitten. Er darf ihnen sagen: »Seht, ich bin zwar nur ein einfacher Arzt, aber ich habe mir aus eigener Kraft eine Stellung errungen – ich habe auch noch eine kleine Privatpraxis daneben, die mit der Zeit gewiß noch wachsen wird – ich schriftstellere auch, allerdings nicht direkt ums Brot – aber die Verleger sind doch keine Unmenschen – ein paar Pfennige wirft's doch ab – und, was die Hauptsache ist: ich liebe eure Tochter, echt, tief, wahr – und was noch wichtiger: sie liebt mich – ich bin also unermeßlich reich, denn daß ich ein Jude bin – daran werdet ihr euch nicht stoßen ...« usw.

Er wagte denn auch seine Werbung. Aber es ist einmal so in der Welt: ›Leicht beieinander wohnen die Gedanken – doch hart im Raume stoßen sich die Sachen ...‹ Und zuweilen stoßen sie sich nicht nur – sie zermalmen sich auch und zerquetschen alles, was in ihre Nähe, zwischen ihre Ecken und Kanten gerät ...

Die Eltern stießen sich eben daran, daß er ein Jude war. Sie stießen sich eben daran, daß er ein Poet, Schwärmer, ›Federfuchser‹ war.

Sie stießen sich drittens daran, daß er doch eigentlich eine sehr bescheidene Stellung inne hätte, gar kein gesellschaftliches Ansehen, keinen Rang, keinen Titel, keine Würden, keine Orden ...

Es war die alte Geschichte: die Eltern wollten hoch hinaus – die Tochter wollte noch höher hinaus – aber leider trug das arme, verblendete Elternauge nicht so weit, daß der Blick bis zu der einsamen Höhe, wo die Künstler wohnen, hätte dringen können ...

Das giftige Ungetüm ›Vorurteil‹, die vielköpfige Hydra, hatte wieder ein Opfer gefordert.

Und wieder einmal hatten zwei Menschen das verhängnisvolle Wort über die Lippen gestoßen als ihre Lebensparole: Entsagen! ... Entsagen! ...

Marie siechte hin und verwelkte. Leßmann war weniger nachgiebig. Er trug sein Haupt stolz aufgerichtet – eine souveräne Menschenverachtung war über ihn gekommen. Er hielt keine tollen Tiraden – wünschte nicht, daß das All, der Erdball usw. in Stücke zerbersten sollte – er biß die Lippen zusammen in wahnsinnig verzehrendem Schmerz – die Hirnschale wollte auseinanderspringen, so leidenschaftlich wild schlugen die Wogen des Grolls, der Verzweiflung an ihre Planken ... Ein Glück geopfert – um nichts – um nichts – um ein totes Götzenbild – ein willkürlich proklamiertes Vorurteil ...

Die Schlange hatte ihn zum zweiten Male gestochen ...

Die schwache Faust Leßmanns hat den Pagoden nicht von seinem Throne gestoßen – – – die nach ihm kamen, die Stürmer und Dränger des jungen Deutschlands, haben auch nur an den Säulen gerüttelt – machtvoll und nachwirkend – aber doch noch nicht zermalmend ... Immer noch beten Tausende zu ihm, und Millionen opfern ihm ihr Glück ... Aber auch dieser Götze wird eines Tages in den Staub sinken, wenn eine neue, in wahrer Liebe geeinte, von der feurigen Wolke herzentzündender Leidenschaft, edel flammender Begeisterung geleitete, jugendkräftige Heldenschar den Dämon, den Moloch erwürgt ...

Aber ich will mich einschränken.

Leßmann ging zunächst nach Wien.

Auf die Stellung als Hospitalarzt verzichtete er. Was sollte er damit? In Berlin brannte ihm der Boden unter den Füßen. Nur fort – nur fort! So ging er nach Wien. Dort fand er im Hause des Grafen O'Donnel Aufnahme und Stellung als Erzieher von dessen Kindern. Aber er hielt es nicht lange aus. Es zog ihn weiter nach dem Süden hinunter. Nach Italien!

Italien! An seiner Schönheit will der Glückliche sein Glück erhöhen – der Unglückliche will aus Natur und Kunst Trost und Stärkung für sein gequältes Herz trinken.

Leßmann gehörte zu der Schar der letzteren. Sie wird wohl größer sein als der Schwarm der Italienfahrer aus hochzeitlichen und anderen freudenfestlichen Gründen ...

Über fünf Jahre weilte Leßmann in Italien. Meist in Rom und Verona. Er suchte Vergessen. Im Genießen, im Schaffen. Und er genießt. Genießt Kunst, Natur, Volk, Historie. Er sammelt Stoff. Der liegt ja in Italien auf der Straße. Ein Dichter ist eben allmächtig, wenn anders er ein ganzer Dichter ist. Ein verlorener, unscheinbarer Winkel kann der Schauplatz einer unsterblichen Dichtung werden. Was der Zauberstab des Poeten berührt, entfaltet sich zu lebendigem Sein. Er besitzt göttliche Kraft, die aus dem Tannhäuser-Stamm neues Grün, neue junge Blüten lockt! Ist das nicht ein die tiefsten Tiefen des Kunst-Mysteriums erhellendes Symbol? Den in Sünden und Lüsten untergegangenen und verdorrten Menschen – zu neuem, erlösendem Leben weckt ihn auf die lebenzeugende, weil lebengeborene Kraft der Dichtkunst! Sie entsündigt den Sünder. Die Kunst erlöst. Sie muß nur rein walten und ihren Einfluß potenzieren dürfen: dieser scheidet aus den Herzen ihrer Jünger alle Schlacken, alles Unwesentliche. Aber sie fordert den ganzen Menschen, das ganze Leben, jeden Schlag des Herzens. Das heilige Feuer darf nimmer erstickt werden ...

Leßmann hatte in Italien jahrelang empfangen und geschaffen. Auch das Empfangen ist eine künstlerische Tat!

Er hatte aber nicht vergessen können. Seine Liebe war ihm kein transitorisches Moment gewesen. Er war in ihr aufgegangen. Und in der Kunst noch bis zur erlösenden Weihe vorgedrungen. Also neuer Zwiespalt, als ihn ein Brief aus Italien nach – Berlin zurückruft.

Der Brief war von Mariens Eltern. Marie war langsam zu Tode gesiecht. Nun war sie nicht mehr weit von der Schwelle, die uns hinüberführt – wer weiß wohin? Da legte der Vater, da legte die Mutter die Waffen, die sie bis dahin auf das Herz der Tochter gerichtet, nieder. Ihr Werk war ja vollbracht. Sie hatten's vielleicht nicht gewollt – bei Gott: ›es war nicht so gemeint!‹ Nun aber war es leider so gekommen! Sehr drastisch. Übrigens ein Fall, der seine Analogien hat. Über die Eltern kam das Entsetzen. Der Vater kroch zu Kreuze. So sagt man wohl. Er war ja ein Christ! Er konnte Mitleid, Erbarmen üben! Schade, daß die Tochter schon auf dem Totenbette lag! Der Vater schrieb an Leßmann; er flehte ihn in den rührendsten Ausdrücken an: er möchte doch zurückkommen – es sollte – ja es würde bestimmt alles noch gut werden! Aber eine kleine, eine ganz kleine Klausel war doch auch jetzt noch dabei: Leßmann möchte doch Christ werden! Für den Fall, daß noch eine Verbindung möglich wäre! Das klang schon wieder etwas reserviert, auch resigniert. Doch – Marie würde sich ja wieder erholen, wenn er – er – der Geliebte ihres Herzens – ja wohl, den sie – (aber das schreiben sie nicht mit, bewahre!) – aus dem Hause getrieben hatten – – zurückkehrte und dann würden ihm, dem Christen, eine Menge von Fatalitäten und Formalitäten erspart bleiben ...

Und Leßmann kam. Er brach seine Zelte in Italien ab. Dann ging es in rasendem Fluge nach Norden. Aber schneller reitet der Tod.

Unterwegs ward Leßmann Christ. Er war es ja eigentlich schon lange. In reinem Sinne! Und dann nach Berlin! Er ist endlich da. Ich habe schon davon erzählt. Mittags kommt er an. Am Morgen war die Geliebte gestorben. Schneller reitet der Tod. Das Schicksal höhnte: Narr – Narr! ...

Und die Dämonen der Nacht sangen gellend den Trauerpsalm:

 

»Οὐδὲν ἀκιδνότερον γαῖα τρέφει ἀνϑρώποιο πάντων, ὅσσα τε γαῖαν ἔπι πνείει τει καὶ ἕρπει ...«

 

»Οἵη περ φύλλων γενέη, τοίη δὲ καὶ ἀνδρῶν, φύλλα τά μέν τ᾽ ἄνεμος χαμάδις χέει, ἄλλα δὲ ϑ᾽ ὕλη τηλεϑόωσα φύει, ἔαρος δ᾽ ἐπιγίγνεται ὥρη ὡς ἀνδρῶν γενεὴ ἡ μὲν φύει, ἡ δ᾽ ἀπολήγει ...«

Die Tragikomödie war aus. Eine Tragikomödie der Irrungen. Es mußte sich jeder abfinden. ›Herz, mein Herz, bemeistre dich!‹ So die Parole. Sie ward am Sarge Mariens ausgegeben. Und Leßmann bemeisterte sich. Er war im Feuer gehärtet. Im Sturm geprüft. Die Schwäche war von ihm abgefallen. Adam – homo renatus! Er hatte gelebt. Er hatte Gewaltiges erlebt! Seine Augen hatten Italien gesehen. Italien, das heilandskräftige Wunderland. Das Land seiner Sehnsucht. Das Land unser aller Sehnsucht. Dann war er durch einen tiefen, heißen Schmerz gegangen. Sturmflut. Nun verliefen sich mählich die Wogen. Er konnte jetzt vielleicht seinen Frieden mit der Welt machen. Er konnte jetzt schaffen.

Und er schuf!

Wie ich erwähnt, fällt Leßmanns Hauptproduktion in das Lustrum von 1825-1830.

Ich will zunächst über seine Werke sprechen. Nachher über das Charakteristische seiner künstlerischen Perzeption, über individuelle Vorzüge, über Motive, Ton, Farbe des Stils. Und das hauptsächlich im Anschluß ans ›Wanderbuch‹.

Es ist Leßmanns Hauptwerk. Die anderen Schöpfungen gruppieren sich in Orgelpfeifenmodus rechts und links. Das ›Wanderbuch‹ bittet heute um günstigere Aufnahme, willigere Augen, offenere Herzen als es bei seinem ersten Fluge aus dem Schreine des Dichters in die ›weite, weite Welt‹ gefunden.

Die Geschichte war die und der Gegenstand der, daß die ›Welt‹ damals sehr – sehr eng war. Für Leßmanns gediegenstes Werk wie für vieles andere.

Zu diesem ›vielen anderen‹ gehören auch fast alle anderen Werke unseres Dichters.

Sie sind seinerzeit viel gelesen worden. O ja! Die Beweise dafür sind da. Aber man ›drückte‹ sich so viel wie möglich just wie heute, um das direkte Kaufen! Einer wagte den Coup und ›verpumpte‹ dann das erstandene Exemplar an Onkel und Tante, Vetter und Base, gute Freunde, getreue Nachbaren und sonstige Gesellschaft. Just wie heute! Und die machten – machen es ebenso! Auf diese Weise wird man bekannt. Man gründet sich einen sogenannten ›Ruf‹ – man wird ein ›vielgelesener‹ Autor. Man kann auch von lyrischen Dichterlingen angeflötet und von zart-hysterischen Jungfrauen um Autogramme angebettelt werden. Und dabei schrumpft das Mark in den Knochenröhren jämmerlich zusammen – und die Wangen nehmen zu an Magerkeit, Blässe und Bescheidenheit vor Gott und den Menschen ...

Also wie gesagt: Herr Clauren alias Carl Heun wurde viel gelesen. Er verdiente es ja auch. Wenigstens ist Hauff (1802–1827, also Leßmanns Koätan!) dieser Ansicht, wie man ja weiß. Doch Leßmann fand auch einigen Anklang. Besonders seine ›Novellen‹. Ich kenne deren vier Bände.

Sie erschienen von 1828–1830.

Es ist viel satirisch, mutwillig barock und fragmentarisch Gehaltenes darunter. Verschiedene italienische Motive. Das ist ja verständlich, erklärlich. Einzelnes erinnert an Jean Paul. Derselbe zersetzende Humor öfter, das tolle, alle Gesetze künstlerischer Enthaltsamkeit und Mäßigung keck überspringende Laisser aller. Damit kommt hier und da ein bizarrer Ton in das Ganze, der zu grellen Dissonanzen ausartet. Das sind gewiß Fehler. Aber wahrhaftig: schließlich ist mir ein bißchen Absonderlichkeit lieber und erträglicher als verwaschenes, dilettantisches, stümperhaft aufgetischtes Geschwätz hohler Alltagsnarren. Ein reicher Geist reibt sich an allen Ecken, Kanten, Vorsprüngen – überall sprühen Funken auf – ein toller Schwarm von Kobolden und Schalksgesellen springt und spukt lustig allerorten. Natürlich: je mehr diesem Schöpfergeiste das Wesen der Kunst, schlechthin der Kunst, aufgeht, desto mehr wird er sich bändigen müssen und zu bändigen wissen! Wer aber überhaupt keine Mitgift mitbringt, dem ist es wohl leicht, ›einfach‹, ›sinnig‹, ›natürlich‹, ›schlicht‹ usw. zu schreiben, wie manche Herren aus der Kritikerzunft im Namen der heiligen Kunst, die sie, nebenbei bemerkt, meistens gar nicht verstehen, postulieren zu müssen glauben!

Ich bin zu diesem Erguß, den man ruhig mitlesen mag, hauptsächlich durch Leßmanns Novelle ›Valentin Krakensitter‹ veranlaßt worden.

Das ›Taschentuch‹ greift ans Kriminalgeschichten-Genre.

Die ›Reiseberichte‹ aus entfernten Ländern (sog. ›zweite Beilage‹: eine eigentümliche Mode der Zeit – eine Art von Entschuldigung – man wagt schließlich nur noch eine kleine Appendix – so rührend, so bescheiden, so reserviert zaghaft! ...) sind eine entzückende Glosse auf Kleinstädterei, Spießbürgertum, auf die bekannte Sancta simplicitas gewisser Cliquen – auf die Repräsentanten der ›Gesellschaft‹ – auf die ›Löwen‹ der Pfahlbürgersalons – die Hüter und Wahrer des ›guten Tones‹. Die ›entfernten Länder‹ sind natürlich in der Mark zu suchen: Soldin, Leßmanns Heimat – Freienwalde, Lippehne: das sind die bevorzugten Örtlichkeiten, die unbarmherzig Spießruten laufen müssen ... Den Schluß dieser satirischen Auslassungen macht ein Zyklus ›Scherenschleiferlieder‹: Ganz nett, ganz witzig! Aber das eigentlich lyrische Element geht Leßmann doch ab. Er hatte, wie ich später noch näher zeigen werde, manches mit Heine gemeinsam. Aber der starke, machtvolle, lyrische Brustton war ihm doch nicht gegeben. –

In den anderen Novellen-Bänden findet sich noch viel Ansprechendes. Ganz hübsch ist das Motto des zweiten Teiles: Tausend Ströme süßen Wassers Kommen her ins Meer gezogen, Und der alte, mürr'sche Pontus Wallt mit ewig bittren Wogen: Tausend süße Wonnen winken, Sprießen freundlich dir entgegen, Und mit trüber Kummermiene Trägst du Mensch des Himmels Segen!

Echt Leßmannisch ist wieder ›Der Karneval der Bestien‹ im dritten Bande. Ein Brillantfeuerwerk von Witz, toller Laune, Humor, Satire, urdrolliger Komik! Gewiß: ohne einheitliche Schürzung, Weiterführung, Lösung, mit fragmentarischem Typus, bruchvoll – aber mit hinreißender Diktion und mächtig niederfallenden Keulenschlägen einer souveränen Satire!

Aus dem vierten Bande hebe ich die erste ›Beilage‹: ›Die Selbstbeschauung der Gelehrten‹ hervor. Der Titel läßt auf Inhalt und Charakter schließen. Ich schloß. Ich las. Ich fand, was ich erwartet. –

In demselben Jahre, 1830, erschienen noch zwei novellistische Arbeiten Leßmanns: ›Meister Marcola‹ und ›das Spottgedicht‹ – ein ›Nachtstück‹!

Mit den ersteren kann ich mich nicht recht befreunden. Die letztere mundet mir ganz gut, auch am hellichten Tage ...

Auffällig, jedoch leicht deutbar ist, daß diese beiden Opuskula Leßmanns je mit einem Kollegen aus einem anderen Neste in die Welt hinausgeflogen sind. ›Meister Marcola‹ hat eine Novelle von einem gewissen Fischer, die ›Notlüge‹, zur Seite und das ›Spottgedicht‹ ist mit einem ›Naturfreund‹ von Theodor Blumenhagen Für mich ein Homo obscurus. Nur nicht zu verwechseln mit dem Hannoveraner Wilhelm Blumenhagen (1781 bis 1839), Verf. v. ›Freia‹, ›Höhe und Tiefe‹ u. a. zusammengekoppelt. Eine sehr wirksame, willkommene, wenn auch wohl unbeabsichtigte Folie für Leßmann!

Ein größer angelegtes Werk ist die Erzählung ›Die Schlittenfahrt‹. Gut erfundenes Sujet, trefflich komponiert. Das letzte Kapitel führt das Motto: ›Lasset alle Hoffnung ... lasciate ogni speranza ...‹ Greller Schluß. Das Buch hat mich erschüttert. Vielleicht ist es doch ein wenig raffiniert ...

Im Jahre 1831 endete Leßmann freiwillig sein Leben. Über die Motive, über die Tat selbst nachher mehr. Ich will hier nur mein Referat über seine Werke abschließen.

Die kurz vorgeführten erschienen vor seinem Tode. Und zwar als die hauptsächlichsten Leßmanns auf rein novellistischem Gebiete. Noch zu erwähnen bleibt ein Roman ›Luise von Walling‹ – in ›Briefen aus Südspanien‹: Also schon ein Hinübergreifen in das zweite Schaffensgebiet Leßmanns: Das der Reise-Feuilletonistik. Leßmann figuriert hier bloß als Herausgeber ›schriftlicher Mitteilungen‹, die von einer Familie stammen, ›mit der in freundschaftliche Verbindung zu treten er vor einem halben Jahre die Freude hatte‹. Leßmann selbst ist nie in Spanien gewesen. So wird denn wohl aus irgendwelchen Aufzeichnungen und eigenen dichterischen Erfindungen, gewürzt mit einem feinen, ironisch-gemütsvollen Akzent, das Werk zusammengeschmolzen sein. Seine Lektüre hat mir stellenweise hohen Genuß bereitet. Wer es in irgendeiner alten Bibliothek auftreiben kann, mag sich den alten zermürbten Band einmal vornehmen und durchlesen. Er ist es immerhin noch wert!

Ganz frei von romanhaften Beigeschmack, reine Reiseliteratur sind die ›Cisalpinischen Blätter‹ – in Italien geschrieben, aber erst 1828 in Berlin bei Matthisson veröffentlicht. Ein sehr inhaltreiches, fesselnd geschriebenes Buch. Das italienische Leben wird in allen möglichen kristallinischen Bildungen festgehalten. Alltägliches wie seltener in die Erscheinungsform Tretendes wird beobachtet, belauscht, untersucht, auf seine charakteristischen Seiten hin geprüft. Land und Leute, Sitten und Gebräuche, erlauchte Geister, deren Wiege in dem Wunderlande Italien gestanden, gewöhnliche und abnorme Strömungen in Literatur und Kunst – Einfluß nach außen – Beeinflussung von außen: alles findet sich hier gesammelt und in eleganter, witziger, liebenswürdiger Weise vorgetragen, ausgeplaudert. Im ersten Teile ist die Charakteristik Giordano Brunos meisterhaft. Die geniale, dämonische Persönlichkeit dieses Aufklärungs-Recken, der mit dem gewaltigen Donnerhammer seines ›spaccio de la bestia trionfante‹ den wuchtigsten Streich von allen Satirikern und Pamphletisten des 16. Jahrhunderts gegen den in sich morschen und todwerten Koloß des Papsttums geführt – ich sage: die geniale dämonische Persönlichkeit dieses Giganten ist von Leßmann verständnisvoll in ihrem Zentrum erfaßt.

Bruno Neuerdings sind mehrere Werke über Giordano Bruno, von dem man schließlich nur noch wußte, daß er in Ketzerherrlichkeit gelebt und gestorben sei und ein Lustspiel ›Il candelajo‹ (›Der Leuchter‹) geschrieben habe, erschienen. Ich verweise auf die Schriften Sigwarts und des Italieners Raffaele Mariano: ›La vita et l'Homo – saggio biographico-critico‹. Roma, Botta.›born for the opposition‹ – der Heimatlose, von den Schergen eines verdummungssüchtigen Fanatismus mitleidlos verfolgt – von Land zu Land gehetzt, aber doch stets ungebrochen und großgläubig: Für alle Heldenseelen, die sich zur Cohors lucifera zählen und mit der Leuchte der Erkenntnis, dem zweischneidigen Schwerte der unerschrocken für die Wahrheit zeugenden Tat ihr Rittertum vom heiligen Geist besiegeln – für sie alle ist er ein leuchtender Vorkämpfer! ›Und sie bewegt sich doch!‹ – die große Kraft, die uns emporführt – ›in stetem Wechsel aufwärts zum Guten‹! – Auch eine ästhetische Abhandlung ›Roman und Novelle‹ findet sich im ersten Teile der ›Cisalpinischen Blätter‹. Es ist interessant, am Schlusse dieses geschickt durchgeführten Aufsatzes Leßmanns Urteil über Manzonis (geb. 1784 in Mailand) ›Verlobte‹ zu finden. Bekanntlich hat Leßmann diesen Roman, den gewisse, besonders sentimental angelaufene Naturen für einen der besten halten, die je geschrieben, wenn nicht schlechthin für den besten – den andere wieder für höchst langweilig und uninteressant ausgeben – (das richtige Urteil liegt auch hier in der Mitte) ins Deutsche übertragen. Reclam bringt den Roman noch in Leßmannscher Übersetzung Vielleicht ist die Übersetzung von Ludwig Clarus, 1855, doch noch besser gelungen als die von Leßmann. Dieser hat auch, nebenbei bemerkt, die Fortsetzung des Manzonischen Romans ›Die Nonne von Monza‹ (La monaca di Monza) von Giovanni Rosini (1776-1855) ins Deutsche übertragen. Rosini, der Verfasser einer Unzahl von Romanen, Novellen, Biographien usw. hat auch das ganz niedliche, s. Z. preisgekrönte Poem ›La nozze di Giove et di Latona‹ geschrieben. Vgl. die interessante biographische Studie Pozzolinis über Rosini, in den fünfziger Jahren erschienen. – Also der Übersetzer schreibt über das Original: ›Poesie, Klarheit, Reichtum und liebliche Darstellung schmücken die Manzonische Dichtung. Herrliche Menschen treten darin auf – aber entschiedne, originelle Charaktere, eigene, unvergleichliche Gestalten?‹

Das ist nach meiner Meinung ganz richtig. Die ›Promessi sposi‹ sind gewiß höchst wertvoll, aber ich muß doch bekennen, daß mir Schöpfungen neuerer italienischer Schriftsteller, wie Vergas – Verfasser von ›Tigre reale‹, ›Eros‹ – Edmondo de Amicis', selbst Farinas mehr zusagen.

Aus dem zweiten Teile ist der letzte Aufsatz ›Deutsche Literatur in Italien‹ sehr lehrreich. Für den vergleichenden Literaturhistoriker, der den kosmopolitischen Gedankenaustausch registriert, von besonderem Werte!

Zu erwähnen sind hier noch die ›biographischen Gemälde‹ (1829) und eine Sammlung ›Gedichte‹. Beide Bücher sind mir leider nicht bekannt geworden. –

Nach dem Tode Leßmanns erschien sein Roman die ›Heidenmühle‹, zwei Bände. Ich habe ihn nicht gelesen. Er wird von zeitgenössischen Kritikern sehr gerühmt. Man braucht kein ungläubiger Thomas zu sein.

Ich erwähne sogleich noch den ›Nachlaß‹, der erst 1837 in drei Bänden herauskam. Er enthält wertvolle Ergänzungen. Leßmanns Künstler-Individualität tritt uns noch einmal in ihrem ganzen Umfang, in ihrer ganzen Fülle entgegen. Meist zwar nur Fragmentarisches.

Auch ein dramatischer Torso findet sich darunter: ›Die Schmalkalder, Szenen zu einem historischen Drama‹. Er verrät energische dramatische Spannungskraft, einen lebhaften Charakterisierungssinn!

Die ›Gesammelten Blättchen‹ enthalten Witze, Anekdoten, Einfälle und Ausfälle, Herbes und Derbes, selten Zahmes und Lahmes, ein reizvolles buntes Herbarium zart ausgeprägter Kontraste und Paradoxen.

Der zweite Teil des Nachlasses enthält ein ›historisches Gemälde‹ – Hieronymus Savonarola, farbenreich, fesselnd, auf Quellenstudium aufgebaut. Die Gestalt des großen Asketen, des Bußpredigers im Paradiese bacchantischer Erdenlust, hebt sich scharfkantig und hartumrissen vom Hintergrunde ab, den das in wüstem, üppigem Schlemmerleben hintaumelnde Florenz bildet ...

Dazu kommen noch die Schlußszenen des dramatischen Entwurfes ›Die Schmalkalder‹ und der Anfang einer Novelle, ›Die Quartierfreiheit‹, die im dritten Bande fortgesetzt und beschlossen wird. Ein italienisches Motiv aus dem siebzehnten Jahrhundert liegt dieser Erzählung zugrunde.

Im dritten Bande findet sich dann noch einmal der schon erwähnte Aufsatz über Giordano Bruno, der schon im ersten Teil der ›Cisalpinischen Blätter‹ abgedruckt war. Jedenfalls liegt ein Versehen des Herausgebers vor, der nicht wußte oder nicht wissen wollte, daß dieser Aufsatz schon an anderer Stelle vorher erschienen. Beide Porträts gleichen sich aufs Haar. Also keine Umarbeitung, kein Umguß.

Und am Ausgang der Leßmannschen Werke, als Schlußstein, steht eine lyrisch-dramatische Szene, ›Das neue Jahr‹. Ganz hübsch, ganz gemütvoll ohne gerade tiefere Gedankenschachte, ein wehmütig heitrer Glaube an kommende sonnige Tage still lächelnden Glücks ... Leßmann war sechs Jahre tot, als dieser ›Nachlaß‹ herauskam. Sein ›Wanderbuch‹ nimmt seinen Tod in die Mitte, darf ich mich so ausdrücken. Der erste Teil erschien 1831, vom Verfasser selbst ediert; der zweite Teil ein Jahr später, als Leßmann schon zu den Toten hinabgestiegen war, von seinem Freunde August Ellrich nach hinterlassenen Papieren veröffentlicht. Dem zweiten Teile fehlt es an innerer organischer Verknüpfung und streng durchgeführter Verzahnung.

Nun ein paar zusammenfassende Worte über den Stil, das Charakteristische, Eigentümliche Leßmanns.

Das tritt am plastischsten in seinen Reiseschilderungen, feuilletonistischen Skizzen von unterwegs hervor.

Leßmann, der Novellist und Romancier, schreibt glatt, fließend, elegant, geistreich. Seine Motive sind in der Regel hübsch erfunden oder geschickt aufgenommen und ungezwungen ausgestaltet. Ausdruck, Bild, Allegorie, Gleichnis: meist in passend reizvoller Analogie mit dem Sujet und der Situation.

In dem ›Wanderbuch eines Schwermütigen‹ finden sich alle diese Vorzüge wieder. Dazu kommen noch andere.

Muß der Novellist auf scharf vorgezeichnetem Wege mit einheitlicher Gedanken-Kontraktion und -Konzentration vorschreiten, in all seiner Glut, Leidenschaft, Begeisterung ein natürlich in den Stoff sich hinein versenkender und doch zugleich auch über dem Stoff stehender, den Stoff bändigender Schöpfer und Bildner, so kann der Feuilletonist, zumal der Reise-Feuilletonist, die Zügel etwas lockrer lassen, darf mehr im Zickzack herumvagabundieren, bald da, bald dort einsprechen, verweilen, mit Fröhlichen guter Dinge sein, zum Trauernden sich als Tröster gesellen – Witz, Hohn, Spott, Satire, Ironie: Alles kann er von sich geben, in zierlichen Dosen, halb heiter, halb ernst oder unter dem mächtigen Impulse gerechtfertigten Zornes, begründeter Intoleranz gegen Gemeinheit und Schlechtigkeit in donnerndem Gewittersturm.

Der Feuilletonist – und das ist Leßmann ausschließlich in seinem ›Wanderbuch‹ – will sagen der echte Feuilletonist, ist eben alles in allem: Idylliker, Satiriker, Humorist, in gewisser Hinsicht auch schlechtweg Romancier, nur mehr aphoristisch andeutend, skizzierend, in großen Umrissen zeichnend, ohne doch dabei die treibenden Grundgedanken zu verdunkeln und in ihrem Werte herabzusetzen. Wohl ist das Genrebild die eigentliche Sphäre des Feuilletonisten. Wohl sind seine Schöpfungen mehr von Meteorennatur – aber ist davon ihr positiver Wert abhängig? Ein paar kernige, markvolle, mit Energie entworfene, angefaßte und wiedergegebene Genrebilder à la Daudet, Turgenjew, Jan Neruda und à la Leßmann, besitzen höheren Wert als lang ausgesponnene, unermüdliche Tiradendeklamationen, wie sie aus den Fabriken der Galen, Mühlbach, Hesekiel, Lewald und Konsorten auf den Büchermarkt kommen ...

Eine volle und echte, frische Poetennatur lebt sich in dem ›Wanderbuch‹ aus. Ganz recht! Es ist das Wanderbuch eines – Schwermütigen! Also? Nun was denn: ›also‹? ›Also ist es doch sehr einseitig, melancholiedurchtränkt, pessimistisch, schwarzseherkunstfertig – wäre es sonst das Wanderbuch eines – Schwermütigen?‹ Ihr habt ganz recht. Ein bißchen, eine kleine Probe, einen Schuß dieser Teufelselixiere trägt das Buch in sich. So ein ganz unschuldig naiver Schwärmer ist Leßmann doch nicht. Aber wäre das Gegenteil natürlich? Und auf das Natürliche, natürlich Wahre kommt es doch zuallererst an! Ist das Leben anders? Sehet euch das Leben an! Wäre es lebenswert, wenn es langweilig wäre? Langweilig in monotonem Indentaghineinleben? Leider ist es zuweilen ein wenig zu kurzweilig! Seine Kontraste sind oft gar zu grell, beängstigend; eine ewige Explosionslustigkeit schwimmt in der Luft ... Und nun kommt der Künstler und zeichnet das Leben ab. Nicht photographisch. Eben durchgeistigt, künstlerisch. Also besser: zeichnet dem Leben nach. Der Künstler – κατ᾽ ἐξοχὴν – hat eine Individualität! Diese ist natürlich erste Vorbedingung. Eine klar und scharf ausgeprägte. Ich will die hauptsächlichsten Kapitel von der Naturgeschichte der Künstlernatur als bekannt voraussetzen. Und Leßmann war ein Künstler. Damit ist sein Wanderbuch – sein Wanderbuch eines Schwermütigen motiviert! Und wie lustig kann dieser Schwermütige sein! Das ist ja auch natürlich. Wie ausgelassen kann er scherzen! Des freuen wir uns. Wie fliegt ihm Witz um Witz von den Lippen! Da rufen wir Bravo! Welch muntrer Schwarm von Schalksgesellen krabbelt zwischen seinen Gehirnschichten herum und purzelt in tollen Bajazzosprüngen aus dem fortleitenden Rockärmel aufs Papier und läßt sich nachher in das viereckige Buchgehäuse einsperren! Doch alles hat seine Zeit.

Dann kommt auch der Ernst wieder. Das Kainszeichen auf der blassen Dichterstirn läßt sich nicht verleugnen. Die unbarmherzige Ἀνάγκη, der gegenüber der Mensch waffenlos, schutzlos, hilflos, wirbelt ihn wie ein federleichtes Staubkorn vor sich her – die Dira necessitas triumphiert ... Der Chor der Parzen singt in dumpfen, breiten Melodien das Schicksalslied.

Wir trauern mit dem Schwermütigen ...

Das werdet ihr alles in dem Buche finden ...

Wollt ihr noch mehr?

Ein gerüttelt und geschüttelt Maß lebendigsten Lebens!

Wollt ihr noch mehr?

Ich lese gern in dem Wanderbuch.

Es wirkt so anregend.

Es packt. Es erschüttert ...

Die eingeflochtenen Episoden mehr novellistischen Charakters, allerhand Fragmente; die Naturschilderung: knapp, klar, anschaulich, lebendig, plastisch, elastisch, metallisch, glänzend und in tausend Farben schillernd; – der Witz: blitzgleich einschlagend; Spott; majestätischer, oft etwas pathetischer Ernst; heitere Lust und ungebundene Fröhlichkeit; sonnenlose Trauer – alles in allem: die ganze Gemütswelt ist mit imponierender Kunst in ihrem Wechsel, ihren Wirkungen, ihren Offenbarungen zur Darstellung gebracht! ...

Wer Augen hat zu lesen, der lese!

So gibt sich Leßmann in diesem seinem Hauptwerke. Besonders deutlich umrissen im ersten Teile. Der zweite, Spanien und England schildernde, ist, wie ich schon erwähnt, weniger einheitlich aufgebaut ... Der Herausgeber Ellrich sagt in der Einleitung zum zweiten Teile, daß er davon abstehe, den Bearbeiter und Korrektor zu spielen ... Er hat die Papiere bloß geordnet. Das Wanderbuch ward seinerzeit viel gelesen. Besonders der zweite Teil. Nun natürlich! War doch Leßmann vor dem Erscheinen dieses Teiles aus dem Leben gegangen. Sehr freiwillig. Auf dem Wege nach Leipzig, zwischen Kroppstädt und Wittenberg, erzählt Max Ring, hing eines Tages an einem Baume ein Mensch. In ziemlich lottrigem Anzuge. Aus der Rocktasche sah ein Manuskript, das zu gern in die Druckerei geflogen wäre .. Ich weiß nicht, ob es nachher mit im Nachlaß erschienen ... Möglich. Sonst fand man weiter nichts Wertvolles bei dem Toten, der auf sich und die Welt verzichtet hatte ...

Dieser Tote war also Leßmann.

Man betrauerte ihn. Wiederum sehr natürlich. Man suchte ihn zu verstehen. Warum nicht? Man klitterte alles mögliche zusammen, um seine Tat zu motivieren ...

Die Motive liegen auf der Hand.

Verzweiflung, Elend, Not – ein deutsches Dichterleben comme il faut à la Lenz, Kleist, Hölderlin, Grabbe, Büchner und Genossen ... Wie wenige kommen empor! Wie viele werden vor der Zeit in die Nacht gestoßen ... ›victima nil miserantis Orci ...‹ (Hor. Od. II, 3.)

Ja: Vor der Zeit ist Leßmann von hinnen gezogen! Siebenunddreißig Jahre alt. Im Alter Byrons. Im Alter Raffaels. ›Auch ein Künstler‹!

Wo andere ihre volle Manneskraft einsetzen dürfen, wo andere in ihres Lebens Mittag stehen – in diesem Alter hat Leßmann die Feder zum letzten Punktum angesetzt ... Dann kam ein langer Gedankenstrich. Von der Hand der Nachwelt. Den malt man bekanntlich, wenn man nichts Beßres dafür an die Stelle zu setzen weiß ... Er weist ins Land des Vergessens, der Lethe. Und Leßmann wurde vergessen. Er blieb es über fünzig Jahre.

Heute ersteht sein Hauptwerk zu neuem Leben! Nehmt es auf in willigem Entgegenkommen! Der es einst geschrieben, vor einem halben Jahrhundert, dieses ›Wanderbuch eines Schwermütigen‹ – er hat es verdient, daß man seiner gedenke, in Liebe, in warmer Verehrung. Er war ein Geistesverwandter Heines. Und wenn Heine sagt: ›Ein Schwert sollt ihr mir aufs Grab legen, denn ich war ein braver Soldat im Befreiungskriege der Menschheit ...‹ – so wollen wir solch Liebeswerk bei Leßmann nicht minder tun ... Aber wir umkränzen, umwinden das Schwert mit Vergißmeinnicht, Rosen und Immortellen ...

Die Zeit ging flau und lau, in der Leßmann schuf!

Es war die Zeit der schönwissenschaftlichen ›Salons‹, der Teetischgeistreicheleien, der zartseligen Almanache und Taschenbücher. Auf diese Weise versuchte wenigstens der Romantismus für sein Evangelium Propaganda zu machen ... Er stand im Mittelpunkt des geistigen Lebens. Dieses Leben aber ergoß sich nicht in einem breiten, vollen, lebendigen Strome durch die ganze Nation – die Nation in ihrer Allgemeinheit war stumpf und müde – dieses Leben war in einigen Kreisen, Zirkeln, Salons zu Hause. Da wurde Tieck angebetet; da fanden Achim von Arnim (1781-1843), Brentano (1777-1842), Fouqué (1777 bis 1843) – jedenfalls der genialste der Romantiker – für ihre romantischen Offenbarungen gläubige Ohren und Herzen.

Anfangs der zwanziger Jahre erschien Heinrich Heines ›Buch der Lieder‹. Es fand schnell reichen Beifall, weite Verbreitung. Es war ja erzromantisch. Und doch war ein Ton reiner, gesunder, natürlicher, Goethescher Lyrik darin. Und doch kündigte sich eine neue Zeit mit dem Erstehen des großen Satirikers an. Daneben sang Eichendorff – er starb erst nach Heine, 1857 – seine zarten, duftigen, oft aber auch recht wässerigen Weisen. Auch ich habe einmal den Dichter von ›Wer hat dich du schöner Wald ...‹ recht warm verehrt ... das letztere Gedicht, beiläufig bemerkt, ist bekanntlich in reizlos prosaischer, vollständig bergfreier Gegend, bei Cöthen in Anhalt, entstanden ... Er fand aber kein Echo im ganzen Volke. Das haben die Romantiker in ihrem Kultus hypersubjektiver Gefühlsduselei und verzückter, ungesunder Mittelalterschwärmerei überhaupt nicht gefunden. Sie haben ihre großen Verdienste. Gewiß. Ihr kosmopolitischer Zug, der sie zu den Engländern, Spaniern, nach dem Orient, zum Teil auch nach dem skandinavischen Norden führte, hat zur Erweiterung und Vertiefung kulturgeschichtlicher Strömungen in Deutschland großartig beigetragen. Als aber dann das junge Deutschland in vollem Waffenschmucke, im Auge den niederblitzenden Glutblick, furchtlos und treu seinen Idealen, mit lautem Fanfarengeschmetter, den kühnen Ritter vom Geiste, Karl Gutzkow, an der Spitze, Wienbarg als Herold voran, in die Arena einzog, retirierten die Romantiker noch tiefer in ihre phantastisch überspannte Zauberwelt, wickelten sich noch enger in ihre mit mittelalterlichen Emblemen ausstaffierten Poetenmäntel ein und schlugen sich seitwärts in die bewußten Büsche ... Dann und wann nur noch ein veilchenblaues Lied in klagender Melodie in das schwerterklirrende Kampfgetöse hineinsingend – kaum vernommen – schnell verhallt ...

Im Jahre 1832 legte sich der Olympier in Weimar zur Ruhe. An seinem Sarge trauerte keine Nation, die ihn in seiner universellen Größe verstanden hätte. Wolfgang Menzels mehr unflätige als boshafte Glossen und Possen hatten das ihrige dazu getan. Siebenundzwanzig Jahre hatte Goethe seinen großen Freund überlebt. Keiner der Sterblichen durfte sich je so ausleben! Nun war er tot. Seine Riesenleuchte war erloschen. Naturgemäß traten also die kleineren Sterne jetzt heller hervor. Aber wohlverstanden: immer nur für die Augen gewisser auserwählter Kreise. Das ganze Volk war apathisch, phlegmatisch und wurde erst wieder durch das junge Deutschland lebhafter angeregt. Ferner durch die über den Rhein in die deutschen Lande hineinwehende frische Brise, die sich beim Sturmschritt aufgemacht, in dem die politischen Ereignisse in Frankreich vorwärtsdrängten. Die Dichter hatten sich von ihrem Volke abgewandt. Einzelne, wie Rückert (1789–1860), hatten in den Freiheitskriegen Heldenlieder gesungen – nun, ein Dezennium später, isolierten sie sich mehr und mehr und machten Abstecher nach allen möglichen Himmelsrichtungen, um Anregungen und neue Motive zu suchen. Platen (1796–1835) lebte in Italien. Mutterseelenallein. Seine schönen, schmuckvollen, aber etwas kalten, marmorstarren Strophen fanden keinen Widerhall, konnten nicht zu neuem Leben wecken. Matthissons (1761-1831) Gedichte bildeten die Lieblingslektüre junger Damen. Wie heute Geibels. Dabei konnte nicht viel herauskommen. Hölderlin (1770–1843): einsam, wahnsinnig. Als Grieche ursprünglicher, genialer, als unsere Dioskuren. Doch die Nation? Die kannte ihn kaum. Chamisso (1781–1838) groß, eine volle, echte Schöpferkraft. Zu seiner Zeit in weiteren Schichten nur wenig bekannt. Als er hinging, folgte ihm Freiligrath. Aber der kommt erst am Ende der dreißiger Jahre. Er wirkt auch auf rein künstlerischem Gebiete revolutionär-reformatorisch. Am Anfang der dreißiger Jahre war Lenau bekannt geworden. Zunächst allerdings nur in den literarischen Kreisen Schwabens. Mit ihm war ein elementarer Lyriker erstanden. Doch mit ganz anderer Lebensauffassung, als sie sich im ›Buch der Lieder‹ ausspricht, wo der Anakreontismus hier und da lustig sein Panier schwingt.

Bei Lenau halb echtdeutsche, sentimentale Gemütstiefe, Fehlen jeglicher Frivolität, Grundgefühl: treibende, beherrschende Sehnsucht nach Glück und Erkenntnis – halb ungarischer Zigeunertrübsinn, Pußtenstimmung, wehmütige Melancholie, dumpfe Trauer, aufschwellender Trieb zu bacchantisch-orgiastischem Lebenstaumel, beängstigendes Sichversenken in die Welt dämonisch negierender Elemente.

An der Spitze der schwäbischen Schule stand Uhland (1787–1863). Verwandtes mit ihm hatte Wilhelm Müller, der Griechensänger, der Dichter des gloriosen Trauerpsalms auf Byron. Byron! Er war 1824 in Missolonghi gefallen. Ich erwähne ihn hier, weil er auf ein ganzes Volk wirkte, als in Deutschland die Poeten in einzelnen Lagern sich zusammenfanden, isoliert eine Gemeinde für sich, fern vom Volks-Zentrum, von dem aus der Dichter, der Künstler, seine Nation beeinflußt, beeinflussen soll, veredelnd, erhebend, Wunden schlagend, Wunden heilend! Byron war von seinem Volke in die Acht erklärt. Shocking! Und doch hat es ihm gehuldigt, hat es mit Fieberhast seine grandiosen, unsterblichen Gesänge verschlungen. Byrons Ruhm ging über den ganzen Erdball. Der greise Olympier erkannte in ihm eine sich kongeniale Natur. Die Deutschen haben nicht viel von ihm gelernt. Einige erlauchte Naturen haben ihn verstanden. Aber erst mehr unter den Jüngeren. Die genialste Auffassung Byrons hat Karl Bleibtreu in seinem großartigen, wunderbar schönen und ergreifenden, mit dämonischen Reizen ausgestatteten Buche: ›Der Traum. Aus dem Leben des Dichterlords‹ Berlin, Schleiermacher, 1880. – Bleibtreu war kaum zwanzig Jahre alt, als er dieses Buch schrieb –, eine beispiellose Leistung, die zu den kühnsten Hoffnungen berechtigte! Und Bleibtreu ist auf dem besten Wege, alle diese Hoffnungen zu erfüllen! Sein ›dies irae‹ (Stuttgart, Krabbe), seine ›Novellen aus Norwegens Hochlanden‹ – seinem Freunde Björnson gewidmet! – sind Taten von imponierender Größe, herausgeboren aus einer genialen Künstlernatur! Er ist einer der ersten und glänzendsten unter den Vorkämpfern einer neuen literarischen Blütezeit! Für Vorkämpfer halte ich weiter in erster Linie Heinrich und Julius Hart, die Verfasser der ›Kritischen Waffengänge‹, dann u. a. Wolfgang Kirchbach, S. Lipiner, R. Voß, E. von Wildenbruch, Oscar Linke, H. Heiberg. – Wahrheit und Dichtung! – gegeben! – Minder erlauchte Geister haben ihm natürlich nachgedichtet. Das hat uns aber mehr geschadet wie genützt. Byron ist kein echter Germane. In ihm pulst das Blut meerfahrender, abenteuernder Normannen. Slawische Dichter sind seine begabtesten Schüler. Vor allem Puschkin. Dem germanischen Geiste steht er ferner. Scott war uns verwandter. Der starb im Todesjahr Goethes. Doch beginnt sein Einfluß auf deutsche Kunst eigentlich erst nach seinem Tode. –

Byron und Scott wirkten zwischen 1820 und 1830 auf ihr Volk – auf ihr Volk in seiner Gesamtheit. Das waren die Jahre, wo das deutsche Volk von den Freiheitskriegen ausruhte, bis zum Tode erschöpft, geistig als Ganzes impotent. Einzelne Strömungen. Gesondert laufend, ohne befruchtenden Einfluß aufs Ganze. Geniale Naturen wie Grabbe (gest. 1835) gehen ohne Teilnahme unter. Überall Brüche, Fragmente. Kein harmonisches Durchdringen von Leben und Kunst. Das Leben schleppte sich hin, die Kunst ging betteln. Viele starben jung. Sie haben sich schlecht entwickelt. Das konnte nicht anders sein. Bedauernswert, daß der glänzend beanlagte Immermann (1796–1840), erst vierundvierzig Jahre alt starb. Er war noch einer der Gesündesten. Eine der machtvollsten Schöpfernaturen der deutschen Literatur!

In Berlin doziert um diese Zeit Hegel (1770-1831). Auch Schleiermacher. Der erstere wird der Messias der neueren Philosophie. Seine Lehre war lange fortwirkend. Noch bis heute. Schleiermacher (1768-1834) begründete eine neue Theologie. In weitere Kreise drangen seine Anschauungen erst, als Bauer und besonder Strauß hervortraten, größer als er, der ihnen den Weg geebnet!

Doch ich breche hier ab.

Und warum ich diesen Überblick zum Schluß noch gebe? Das ist leicht begründet. Darauf ist leicht erwidert. Ich habe mich bemüht, in kurzen gedrängten Zügen, in ein paar andeutenden Strichen, in weiten, kühnen Umrissen, die Zeit zu charakterisieren, in der Leßmann lebte, an deren literarischem Leben er sich beteiligte. Die Qualität und Quantität, die Lebens energie und Muskelkraft dieses Lebens, dieser Zeit muß bei der Beurteilung eines Charakterkopfes in erster Linie berücksichtigt werden. Nur dann läßt sich eine Künstlerindividualität in ihrem aktiven wie passiven Leben voll begreifen. Wir sahen, daß Leßmanns Hauptwirksamkeit in eine Epoche fällt, wo die Nation als Ganzes sich von der Literatur und Kunst abwendet, wo die letzteren in gewissen Kreisen monopolisiert werden. Leßmann schloß sich keiner Hauptrichtung an. Er stand abseits. So starb er auch abseits. Am Partikularismus des geistigen Lebens ist er zugrunde gegangen. –

Und heute? Und heute? Ein halbes Jahrhundert später. Der deutsche Geist ist in Glanz und Glorie wieder aufgewacht. Wir haben ein reiches, intimes Geisterleben hinter uns. Zu gewaltigem Sonnenfluge hat sich nach jener Epoche trägen, laxen Dämmerlebens der Aar der deutschen Kunst wieder erhoben. Aus dem zerrissenen ward ein einiges, ein einziges Deutschland. Die Quadern, aus denen es aufgebauet, sind mit dem Blut von Tausenden bespritzt; der Mörtel, der es zusammehält, ist mit dem Blute Unzähliger verbunden. Aber ohne die Rittertaten des deutschen Geistes wären die Heldentaten der deutschen Faust nie und nimmer möglich gewesen! Das wollen wir nicht vergessen.

Und heute, wo wiederum nach einigen Jahren geistiger Reaktion, ein neues Jungdeutschland, eine neue Schar von Rittern eines erneueten künstlerischen Geistes auf der Schwelle steht, das einer neuen literarischen, künstlerischen Ära voranwehende Banner in der Hand Ich werde das sowohl in meiner größeren Studie ›Unsere Literatur in ihrer jüngsten Phase‹ auf speziell literarischem wie im ersten Teile meines Romanzyklus ›Die Lebendigen und die Toten‹, ›Jungdeutschland‹ auf dem erweiterten Gebiete des gesamten öffentlichen Lebens erweisen und durchführen. – da wage ich es, einen längst Vergessenen wieder aufzuwecken! Und war es auch keiner der Größten, die damals gelebt und gelitten, so war er doch einer, der es treu und ehrlich mit seiner Kunst meinte und zweifellos noch zu größeren Dichtungen ausgereift wäre, wenn er nicht in einer Stunde der Verzweiflung – ›müde zu hassen, müde zu lieben‹ – das Schwert zerbrochen hätte! – – ›Laß deine müden Waffen rosten, Zerbrich dein Schwert! ... Die Posse deckt noch nicht die Kosten, Ist nichts mehr wert ...‹

Des Lebens ganzer Jammer hatte ihn angepackt und seinen Mikrokosmos aus den Fugen gesprengt! ...

›So ends Child Harold his last pilgrimage.‹

– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – Die Schlange hatte ihn zum dritten Male gestochen. Zu Tode! ... Zu Tode! ... – – – – – – – – – – – – – –

Das ›Wanderbuch‹ mit seinem Witz, seinem Spott, seiner Satire, seinem – trotzdem es ein ›Schwermütiger‹ geschrieben! – gesunden Leben, mag sein Scherflein dazu beitragen, die Mächte moralisch zu vernichten, mit denen der neu entstehenden Richtung, tritt sie energischer mit ihren Prinzipien hervor – was übrigens demnächst auf der ganzen Linie geschehen wird! – ein Kampf auf Leben und Tod bevorsteht!

Und so, mein Wanderbuch, send' ich dich hinaus, als einen bescheidenen Vor- und Mitkämpfer um den Sieg, den über Materialismus, Indifferentismus, Flachheit, Versumpfung, erbärmliche Gedankenlosigkeit und konventionelles Lügentum erringen soll ein einheitlicher, gesunder, starker, auf realer Basis gegründeter, nährkräftiger
+++++++++++++++++++++++ Idealismus!


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