Marcus Tullius Cicero
Vom Schicksal
Marcus Tullius Cicero

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980 Einleitung

Zur Vollendung seiner Untersuchungen über das Wesen der Gottheit und über die Weissagung, schien dem Cicero auch eine Beleuchtung der Lehre vom Schicksal nöthig. Er hatte über diesen Gegenstand Schriften von Posidonius, Chrysippus, Kleanthes, Diodorus und Carneades vor sich, deren Ansichten, außer der des Letztern, ihn nicht recht befriedigten. Er stellt also in dieser mit Scharfsinn abgefaßten und nicht blos auf der Oberfläche des Gegenstandes verweilenden Schrift, in einem mehr acroamatischen als dialogischen Vortrage seine Ansichten besonders dadurch auf und fest, daß er die der Andern bestreitet, oder vielmehr in ihrer Nichtigkeit und ihrem innern Widerspruche darstellt. Daß das Buch am Anfang, in der Mitte und am Ende verstümmelt ist, 981 gibt der Augenschein. Was und wie viel aber fehlt, läßt sich schwer bestimmen, Einiges allenfalls aus dem noch vorhandenen Buche Plutarchs über denselben Gegenstand ergänzen. Cicero spricht hier auf seinem Landgute bei Puteoli, wo er sich nach Cäsars Tode im April und Mai des Jahres der Stadt siebenhundert und neun aufhielt, mit seinem Freunde, dem zum Consul ernannten Hirtius. Der Gang der Untersuchung, so weit sie uns noch vorliegt, ist folgender.

Cap. 1. 2. Angabe des Gegenstandes, seiner Hauptpunkte und der für nothwendig erachteten Form. Cap. 3. Andeutung einer Einwendung gegen die Ansicht des Stoikers Posidonius, und der Ablehnung eines Schicksals in dem Sinne, wie Dieser es auffaßte. Cap. 4 – 8. Betrachtung der Lehre des Stoikers Chrysippus von dem Zusammenhange aller Dinge miteinander. Ablehnung des Einflusses des Schicksals auf unsern Willen, unsere Vorsätze und unsere Bestrebungen, bei dem Zugeständniß, daß jener Zusammenhang nicht nur auf Ereignisse, sondern auch auf die Anlagen und den natürlichen Hang der Menschen einwirke. Cap. 9. Beleuchtung der Lehre des Megarikers Diodorus von dem Möglichen, und seiner Ansicht davon: daß nur Das möglich sey, was wirklich sey, oder einmal wirklich werden werde. Cap. 10 – 12. Widerlegung der Schlußfolge des Chrysippus: daß, wenn keine Bewegung ohne Ursache sey, was man nicht läugnen könne, auch Alles, was geschehe, dem Schicksal zu Folge geschehe. Cicero rettet sich gegen 982 diese Folgerung durch die Erklärung, daß der Wille nicht eine Folge äusserer und vorangehender Ursachen sey. Cap. 13 – 16. Darstellung des sogenannten faulen Schlusses, vermöge dessen wir gegen nichts uns Bedrohendes Schutzmaßregeln ergreifen dürften, weil es auf den Fall, daß wir zu unterliegen bestimmt seyen, Nichts helfe; und falls wir gerettet werden sollen, unnöthig sey. Es wird eingewendet, daß die Anwendung von Gegenmitteln so gut zum Verhängniß gehöre, als das drohende Uebel selbst; auch jener Schluß zu viel, also Nichts, beweise, weil sonst auch unser ganzer freier Wille aufgehoben würde; den doch Niemand läugne und läugnen könne. Daraus folge aber, daß nicht Alles in Folge des Verhängnisses geschehe. Cap. 17 – 19. Erörterung des Mittelweges, den Chrysippus einschlagen wollte, zwischen der Annahme eines durchaus nöthigenden Schicksals, wie die alten Philosophen wollten, und der Behauptung Anderer, daß das Verhängniß auf die freie Bewegung unseres Innern keinen Einfluß habe. Bemerkung, daß sich Chrysippus zur letztern mehr hinneige. Cap. 20. Dieß sey jedoch auf jeden Fall besser, als der Einfall des Epicurus, der Alles aus der Abweichung der Atome von ihrer senkrechten natürlichen Richtung ableitete.Der Uebersetzer legte den Text seiner eigenen, nächstens in Frankfurt bei Brönner mit den Büchern von der Weissagung erscheinenden Ausgabe zu Grunde.



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