Benvenuto Cellini
Leben des Benvenuto Cellini
Benvenuto Cellini

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Achtes Kapitel

Offener Bruch zwischen Cellini und Bologna, dem Maler, weil dieser auf Eingeben der Madame d'Estampes verschiedene Entwürfe des Verfassers auszuführen unternommen. – Bologna, durch des Autors Drohungen in Furcht gesetzt, gibt die Sache auf. – Cellini bemerkt, daß Paul und Katharine ihr Verhältnis fortsetzen, und rächt sich auf eine besondere Weise. – Er bringt Seiner Majestät ein Salzgefäß von vortrefflicher Arbeit, von welchem er früher eine genaue Beschreibung gegeben. – Er nimmt ein ander Mädchen in seine Dienste, die er Scorzone nennt, und zeugt eine Tochter mit ihr. – Der König besucht den Autor wieder, und da er seine Arbeiten sehr zugenommen findet, befiehlt er, ihm eine ansehnliche Summe Geldes auszuzahlen, welches der Kardinal von Ferrara wie das vorige Mal verhindert. – Der König entdeckt, wie der Autor verkürzt worden, und befiehlt seinem Minister, demselben die erste Abtei, welche ledig würde, zu übertragen.

Wenn das feindselige Geschick oder, um eigentlich zu reden, unser widriger Stern sich einmal vornimmt, uns zu verfolgen, so fehlt es ihm niemals an neuen Arten und Weisen, uns zu quälen oder zu beschädigen. Kaum dachte ich, von einem unübersehlichen Unheil mich befreit zu haben, kaum hoffte ich, wenigstens einige Zeit einer erwünschten Ruhe zu genießen, noch hatte ich mich von jener großen Gefahr nicht erholt, als mein feindseliger Stern mir zwei neue zubereitete: denn in Zeit von drei Tagen begegneten mir zwei Fälle, bei denen beiden mein Leben auf der Waagschale lag.

Es begab sich nämlich, daß ich nach Fontainebleau ging, um mit dem König zu sprechen, der mir einen Brief geschrieben hatte, in welchem sein Wille enthalten war, daß ich die Stempel aller Münzen seines Reiches arbeiten sollte; dabei lagen einige Zeichnungen, um mir einigermaßen seine Gedanken verständlich zu machen, doch gab er mir die Erlaubnis, ganz nach meinem Gefallen zu tun. Darauf hatte ich denn neue Zeichnungen nach meiner Einsicht und nach der Schönheit der Kunst gemacht.

Als ich nun nach Fontainebleau kam, sagte einer der Schatzmeister, die vom König den Befehl hatten, mir das Nötige zu geben, sogleich zu mir: Benvenuto! der Maler Bologna hat vom König den Auftrag erhalten, Euren großen Koloß zu machen, und die sämtlichen schönen Aufträge, die der König für Euch bestimmt hatte, sind alle aufgehoben und nun auf ihn gerichtet. Das hat uns sehr übel geschienen, und es kommt uns vor, daß Euer Italiener sich sehr verwegen gegen Euch beträgt, denn Ihr hattet schon die Bestellung der Werke durch die Kraft Eurer Modelle und Eurer Bemühungen erhalten; nun nimmt sie Euch dieser allein durch die Gunst der Madame d'Estampes weg, und ob es gleich schon mehrere Monate sind, daß er den Auftrag erhalten hat, so sieht man doch nicht, daß er irgend Anstalt zur Arbeit machte. Ich verwunderte mich und sagte: Wie ist es möglich, daß ich nie etwas davon erfahren habe? Darauf versetzte er mir: jener habe die Sache äußerst geheimgehalten; der König habe ihm die Arbeit nicht geben wollen, und nur allein durch die Emsigkeit der Madame d'Estampes sei es ihm gelungen.

Da ich nun vernahm, man habe mich auf solche Weise beleidigt, mir ein solches Unrecht angetan und mir eine Arbeit entzogen, die ich mir durch meine Bemühungen erworben hatte, so nahm ich mir vor, etwas Großes von Bedeutung in den Waffen zu tun. Ich ging sogleich, den Bologna aufzusuchen, und fand ihn in seinem Arbeitszimmer. Er ließ mich hineinrufen und sagte mir mit so gewissen lombardischen Manieren, was ich ihm Gutes brächte? Darauf versetzte ich: Etwas Gutes und Großes! Sogleich befahl der Mann seinen Dienern, sie sollten zu trinken bringen, und sagte: Ehe wir von etwas sprechen, wollen wir zusammen trinken; denn es ist die französische Art so. Darauf versetzte ich: Das, was wir zu reden haben, bedarf nicht, daß man erst trinke; vielleicht läßt sichs hintendrein tun. Ich fing darauf an, mit ihm zu sprechen, und sagte: Jeder, der für einen rechtschaffenen Mann gehalten sein will, beträgt sich auch auf die Weise rechtschaffener Leute; tut er das Gegenteil, so verdient er den Namen nicht mehr. Ich weiß, daß Euch wohl bekannt war, wie der König mir den Koloß aufgetragen hatte, von dem man achtzehn Monate sprach, ohne daß weder Ihr noch sonst jemand hervorgetreten wäre, um auch sein Wort dazu zu geben; deswegen unternahm ich es, dem König meine großen Arbeiten vorzulegen, und da ihm meine Modelle gefielen, gab er mir das große Werk in die Arbeit, und so viele Monate habe ich nichts anders gehört: nur diesen Morgen vernahm ich, daß es mir entzogen und Euch aufgetragen sein solle. Nun kann ich nicht zusehen, daß Ihr mir eine Arbeit, die ich durch bewundernswürdige Bemühungen mir verschafft habe, mit Euren eitlen Worten nur so entreißen sollt.

Darauf antwortete Bologna: O Benvenuto! jeder sucht auf alle mögliche Weise seine Sachen zu betreiben, und wenn der König so will, was habt Ihr darein zu reden? Ihr würdet nur die Zeit wegwerfen, denn die Arbeit ist mir einmal aufgetragen, und sie ist mein!

Darauf versetzte ich: Wisset, Meister Franz, daß ich viel zu sagen hätte und Euch mit vielen wahren und fürtrefflichen Gründen zum Bekenntnis bringen könnte, daß sich unter vernünftigen Geschöpfen die Art, wie Ihr Euch betragt und sprecht, keinesweges geziemt; aber ich will mit kurzen Worten zum Punkt des Schlusses kommen! öffnet die Ohren und versteht mich wohl, denn hier gilt es.

Da wollte er vom Sitz aufstehen, denn er sah, daß ich feuerrot im Gesicht wurde und höchlich verändert war; ich sagte aber: es sei noch nicht Zeit aufzustehen, er solle sitzenbleiben und mich anhören. Darauf fing ich an und sagte: Meister Franz! Ihr wißt, daß das Werk zuerst mein war und daß nach der Welt Weise niemand mehr etwas darüber zu reden hat. Nun aber sage ich Euch, daß ich zufrieden bin, wenn Ihr ein Modell macht, und ich will außer dem meinigen noch ein anderes fertigen: dann wollen wir sie beide zu unserm großen König tragen, und wer auf diesem Wege den Ruhm davonträgt, am besten gearbeitet zu haben, der verdient alsdann, den Koloß zu übernehmen. Trifft es Euch, so will ich das ganze Unrecht, das Ihr mir angetan habt, vergessen und Eure Hände segnen, die würdiger als die meinigen einer so großen Ehre sind, und so wollen wir bleiben und Freunde sein, da wir auf andere Weise Feinde werden müßten. Gott beschützt immer die Vernünftigen, und er mag Euch überzeugen, in welchen großen Irrtum Ihr verfallen seid, und daß das der rechte Weg ist, den ich angebe.

Da sagte Meister Franz: Das Werk ist mein! und da es mir einmal aufgetragen ist, so will ich das Meinige nicht erst wieder in Frage stellen. Darauf antwortete ich: Meister Franz! da Ihr den guten Weg nicht gehen wollt, der gerecht und vernünftig ist, so will ich Euch den andern zeigen, der, wie der Eure, häßlich und mißfällig aussieht, und ich sage Euch: sobald ich auf irgendeine Weise vernehme, daß Ihr von diesem meinem Werke nur wieder ein Wort sprecht, so schlage ich Euch sogleich tot wie einen Hund! und ob wir gleich weder in Rom noch in Florenz noch Neapel oder Bologna sind und man hier auf eine ganz andere Weise lebt, so seid doch überzeugt: wenn ich nur irgend höre, daß Ihr davon mit dem König sprecht, so ermorde ich Euch auf alle Weise. Denkt, welchen Weg Ihr nehmen wollt, den ersten guten, den ich Euch vorschlug, oder den letzten häßlichen, von dem ich Euch sage.

Der Mann wußte nicht, was er reden oder tun sollte, und ich hätte lieber gleich Wort gehalten, als daß ich noch viel Zeit sollte verstreichen lassen. Darauf sagte Bologna nichts weiter als: Wenn ich wie ein rechtschaffner Mann handle, so habe ich keine Furcht in der Welt! Ich aber versetzte: Ihr habt wohl gesprochen, und wenn Ihr das Gegenteil tut, mögt Ihr Euch nur fürchten, denn alsdann betriffts Euch!

Sogleich ging ich von ihm weg und zum König, da ich denn mit Seiner Majestät eine ganze Weile mich über das Geschäfte der Münzen stritt, worüber wir nicht sehr einig waren; denn seine Räte, die sich gegenwärtig befanden, überredeten ihn, man müsse die Münzen nach französischer Manier, wie bisher, schlagen. Darauf antwortete ich: Seine Majestät hätten mich aus Italien kommen lassen, damit ich Ihnen Werke machte, die gut aussähen; beföhlen Sie mir aber das Gegenteil, so würde ich niemals den Mut haben, sie zu machen. Und so wurde die Sache aufgeschoben, bis man noch einmal davon gesprochen hätte, und sogleich kehrte ich nach Paris zurück.

Kaum war ich abgestiegen, so kam eine von den guten Personen, die Lust haben, das Böse zu sehen, und sagte mir: Paul Micceri habe ein Haus für das Dirnchen Katharine und ihre Mutter gemietet; er liege beständig bei ihr, und wenn er mit ihr spreche, sage er mit Verachtung: Benvenuto hat den Bock zum Gärtner gesetzt, er glaubt, daß man gar keinen Appetit habe. Wenn er noch immer so großtut und denkt, ich fürchte mich vor ihm, so habe ich diesen Dolch und Degen angesteckt, um zu zeigen, daß auch mein Stahl schneide. Ich bin Florentiner wie er, und die Micceris sind besser als seine Cellinis.

Der Schelm, der mir diese Nachricht brachte, sagte sie mir mit so großer Lebhaftigkeit, daß ich sogleich einen Fieberanfall verspürte. Ich sage `Fieber´ nicht etwa gleichnisweise: es fuhr eine solche bestialische Passion in mich, daß ich daran hätte sterben können. Nun suchte ich ein Mittel dagegen und ergriff sogleich die Gelegenheit, dieser Sache einen Ausgang zu geben nach der Art und Weise, wie meine Leidenschaft es verlangte. Ich sagte meinem ferraresischen Arbeiter, welcher Chioccia hieß, er solle mit mir kommen, und ich ließ mir von meinem Knechte das Pferd nachführen.

Als ich an das Haus kam, wo jener Unglückliche war, fand ich die Türe angelehnt und ging hinein. Ich beobachtete ihn und sah, daß er Degen und Dolch an der Seite hatte und auf einem Kasten saß; er hatte den Arm um den Hals der Katharine, und ich horchte nur kurze Zeit, als ich hörte, daß sie mit ihrer Mutter sich über meine Angelegenheiten lustig machte. Ich stieß die Tür auf, zog zu gleicher Zeit den Degen und setzte ihm die Spitze an die Gurgel, ohne daß ich ihm Zeit gelassen hätte zu denken, daß er auch einen Degen an der Seite habe; dabei rief ich: Schlechter Kerl, empfehle dich Gott, denn du bist des Todes! Er rührte sich nicht und sagte dreimal: O meine Mutter, hilf mir! Als ich nun, der ich die Absicht hatte, ihn auf alle Weise zu ermorden, diese dummen Worte vernahm, ging die Hälfte meines Zorns vorüber.

Ich hatte meinem Chioccia gesagt, er solle weder das Mädchen noch die Mutter hinauslassen; denn wenn ich ihn einmal traf, so hätte ich es mit den beiden Menschern nicht besser gemacht. Ich hielt ihm beständig die Spitze an der Kehle und stach ihn manchmal ein wenig und stieß immer fürchterliche Worte aus. Da ich nun sah, daß er sich auch nicht im mindesten verteidigte, so wußte ich nicht mehr, was ich machen sollte, und damit mein Überfall und meine Drohung doch etwas bedeuteten, so fiel mir ein, ihn wenigstens mit dem Mädchen zu verheiraten und mich nachher an ihm zu rächen. Da sagte ich entschlossen: Nimm den Ring, den du am Finger hast, schlechter Mensch, und verlobe dich mit ihr, damit ich mich nachher an dir rächen kann, wie du verdienst! Darauf sagte er sogleich: Wenn Ihr mich nur nicht ermorden wollt, so will ich gern alles tun. Ich versetzte: Stecke Katharinen den Ring an den Finger! und entfernte die Spitze des Degens ein wenig von seiner Kehle, damit er die Handlung desto bequemer verrichten könnte und sich nicht fürchten sollte. So steckte er ihr den Ring an. Ich sagte: Das ist mir noch nicht genug, man muß zu zwei Notarien gehn, daß der Kontrakt fest und gültig werde! und rief zu Chioccia, er solle die Notarien holen, wendete mich sogleich zu dem Mädchen und der Mutter und sagte zu ihnen auf französisch: Es werden Notarien und andere Zeugen kommen. Die erste, die zu der Sache nur ein Wort spricht, ermorde ich auf der Stelle! ich ermorde euch alle drei; drum bedenkt euch und atmet nicht! Und zu ihm sagte ich auf italienisch: Wenn du irgend etwas versetzest auf das, was ich vortragen werde, bei dem geringsten Worte, das du sprichst, leere ich dir sogleich dein Eingeweide aus! Er aber antwortete: Wenn Ihr mich nur nicht umbringt, so will ich alles tun, was Ihr nur wollt, und in nichts widersprechen! Als nun die Notarien und Zeugen gekommen waren, machte man einen gültigen und trefflichen Kontrakt: sogleich waren Ärger und Wut, die mich bei jener Erzählung überfallen hatten, vorbei, und das Fieber verließ mich. Ich bezahlte die Notarien und ging weg.

Den andern Tag kam Bologna expreß nach Paris und ließ mich von Matthäus del Nassaro rufen. Als ich zu ihm ging, kam er mir entgegen und bat mich, ich möchte ihn als einen Bruder halten; er wolle nicht mehr von gedachtem Werke reden, denn ich habe recht.

Wenn ich nun bei einigen meiner Begebenheiten nicht bekennte, daß ich einsähe, übel gehandelt zu haben, so würden die andern, deren ich mich rühmen darf, nicht für wahr gehalten werden. Daher will ich nur bekennen, daß es nicht recht war, mich auf eine so seltsame Weise an Paul Micceri zu rächen, wie ich erzählen werde; denn es war schon genug, daß ich ihn nötigte, eine so vollendete Dirne zu heiraten. Nun ließ ich sie aber nachher, um meine Rache zu vollenden, zu mir rufen, modellierte sie, gab ihr ein Frühstück und vergnügte mich mit ihr, nur um Paulen Verdruß zu machen, und dann, um mich auch an ihr zu rächen, jagte ich sie mit Tritten und Schlägen fort. Sie weinte und schwur, sie wolle nicht wiederkommen. Den andern Morgen früh hörte ich an der Tür klopfen. Es war Katharine, die mit freundlichem Gesicht zu mir sagte: Meister, ich bin gekommen, mit Euch zu frühstücken. Ich sagte: Komm nur! Dann gab ich ihr das Frühstück, modellierte sie und ergötzte mich mit ihr, um mich an Paul zu rächen. Und das ging so viele Tage fort.

Indessen hatte ich die Stunden zu meinen Arbeiten eingeteilt und hielt mich besonders an das Salzfaß, an welchem viele Leute arbeiten konnten, eine Bequemlichkeit, die ich nicht beim Jupiter hatte. Jenes war endlich vollkommen fertig; der König war wieder nach Paris gekommen, und ich brachte ihm das geendigte Salzfaß, das ich nach Angabe des Modells mit dem größten Fleiße ausgearbeitet hatte. Das Werk selbst, das man aus meiner Beschreibung schon kennt, hatte ich auf eine Base von schwarzem Ebenholze gesetzt; diese war von gehöriger Stärke und von einem Gurt umgeben, in den ich vier Figuren von Gold ausgeteilt hatte, die mehr als halberhaben waren: sie stellten die Nacht und den Tag vor, auch die Morgenröte war dabei. Dann waren noch vier andere Figuren von derselben Größe angebracht, welche die vier Hauptwinde vorstellten, so sauber gearbeitet und emailliert, als man sich nur denken kann. Da ich dieses Werk vor die Augen des Königs brachte, ließ er einen Ausruf der Verwunderung hören und konnte nicht satt werden, das Werk anzusehen. Dann sagte er zu mir: ich möchte es wieder nach Hause tragen; er würde mir zu seiner Zeit befehlen, was ich damit machen solle. So trug ich es zurück, lud einige meiner lieben Freunde zusammen, und wir speisten in der größten Lust; das Salzfaß ward in die Mitte des Tisches gesetzt, und wir bedienten uns dessen zuerst. Dann fuhr ich fort, am Jupiter von Silber zu arbeiten und an dem großen Gefäß, das mit den artigsten Einfallen und mit vielen Figuren verziert war.

Ungefähr um diese Zeit gab gedachter Bologna, der Maler, dem Könige zu verstehen, es sei gut, wenn Seine Majestät ihn nach Rom gehen ließe und ihn daselbst durch Briefe dergestalt empfähle, daß er die schönsten vorzüglichen Altertümer, den Laokoon, die Kleopatra, die Venus, den Commodus, die Zigeunerin und den Apoll, abgießen könnte. Und wirklich sind auch das die schönsten Stücke, die sich in Rom befinden. Dabei sagte er dem König, daß, wenn Seine Majestät diese herrlichen Werke würde gesehen haben, er alsdann über die bildenden Künste erst würde urteilen können; denn alles, was er von uns Neuen gesehen, sei sehr entfernt von der Art, die von den Alten beobachtet worden. Der König war zufrieden und begünstigte ihn, wie er es wünschte. So ging die Bestie ins Teufels Namen fort, und da er sich nicht traute, in der Kunst mit mir zu wetteifern, so nahm er den lombardischen Ausweg und wollte meine Werke erniedrigen, indem er die Alten erhob; aber ob er gleich jene Werke vortrefflich formen ließ, so entstand doch eine ganz andere Wirkung, als er sich eingebildet hatte, wovon ich nachher an seinem Orte reden will.

Indessen hatte ich die Katharine völlig weggejagt, und der arme unglückliche Jüngling ging mit Gott von Paris weg. Nun wollte ich meine Nymphe Fontainebleau vollenden, die schon von Erz gegossen war; auch gedachte ich, die zwei Siegesgöttinnen in den Ecken über dem Halbrund gut auszuarbeiten: deshalb nahm ich ein armes Mädchen zu mir, von ungefähr fünfzehn Jahren, von Körper sehr schön gebaut und ein wenig bräunlich. Sie war scheu in ihrem Wesen, von wenig Worten, schnell im Gange und von düsteren Blicken: ich nannte sie Scorzone (die Gebändigte), ihr eigentlicher Name war Johanna. Nach diesem Mädchen endigte ich trefflich meine Nymphe und die zwei gedachten Siegesgöttinnen. Sie kam als Jungfrau zu mir, und ich erhielt von ihr den Siebenzehnten Juni 1544 eine Tochter, und also in meinem vierundvierzigsten Jahre. Dieser gab ich den Namen Constanza, und Herr Guido Guidi, Medikus des Königs, mein bester Freund, hielt sie bei der Taufe; er war nach französischer Gewohnheit der einzige Gevatter, und die beiden Gevatterinnen waren Frau Magdalena, Gattin Herrn Ludwigs Alamanni, florentinischen Edelmanns und trefflichen Dichters, mit der Gattin des Herrn Riccardo del Bene, eines florentinischen Bürgers und großen Kaufmanns: sie stammte aus einer vornehmen französischen Familie. Dieses war das erste Kind, das ich jemals hatte, soviel ich weiß; der Mutter aber zahlte ich so viel Geld zur Mitgift aus, als eine Verwandte, der ich sie wiedergab, hinreichend fand, und ich hatte nachher kein weiteres Verhältnis mit ihr.

Ich war fleißig an meinen Arbeiten und hatte sie ziemlich weit gebracht. Jupiter war beinahe geendigt, das Gefäß gleichfalls, und die Tür fing an, ihre Schönheiten zu zeigen. Zu der Zeit kam der König nach Paris, und zwar hatten wir das Jahr 1543 noch nicht zurückgelegt. Von meiner Tochter, die 1544 geboren war, habe ich etwas zu früh gesprochen, werde nun aber, um Erzählungen von wichtigern Dingen nicht zu unterbrechen, nicht wieder als an seinem Orte von ihr reden. Der König kam nach Paris, wie ich gesagt habe, und begab sich sogleich in mein Haus, und da er so schöne Werke vor sich fand, die vor seinen Augen sehr gut bestehen konnten, war er damit so zufrieden, als nur jemand verlangen kann, der sich so viel Mühe gibt, als ich getan hatte. Sogleich erinnerte er sich von selber, daß der Kardinal von Ferrara mir nichts von dem gegeben hatte, was mir doch versprochen war, und sagte murmelnd zu seinem Admiral: der Kardinal habe übel getan, mir nichts zu geben, und er selbst denke die Sache wieder gutzumachen; denn er sähe wohl, ich sei ein Mann von wenig Worten, und ehe man sichs versehe, könnte ich einmal fortgehen. Ohne was weiter zu sagen, gingen sie nach Hause, und nach der Tafel sagte Seine Majestät zum Kardinal: er solle im Namen Seiner Majestät dem Schatzmeister der Ersparnisse sagen, daß er mir sobald als möglich siebentausend Goldgülden in drei oder vier Zahlungen einhändige, so wie es ihm bequem sei, doch solle er es nicht fehlen lassen. Ferner sagte der König: Ich habe Euch die Aufsicht über Benvenuto gegeben, und Ihr habt mir ihn ganz vergessen. Der Kardinal versetzte: er wolle gern alles tun, was Seine Majestät befehle. Aber er ließ doch nachher, seiner bösen Natur nach, den guten Willen des Königs ohne Wirkung; denn indessen nahm der Krieg zu, und es kam die Zeit, in welcher der Kaiser mit seinem großen Heere gegen Paris zog. Der Kardinal sah wohl, daß in Frankreich großer Geldmangel war, und als er einmal mit Vorbedacht auf mich zu reden kam, sagte er zu Seiner Majestät: Ich glaubte besser zu tun, wenn ich Benvenuto das Geld nicht auszahlen ließe, einmal weil man es gegenwärtig gar zu nötig braucht, und dann, weil uns so eine große Summe Geldes den Verlust des Benvenuto zuziehen könnte; denn er möchte sich reich scheinen und sich Güter in Italien kaufen, und so hätte gelegentlich sein wunderlicher Kopf einen guten Ausweg gesehen, von hier zu scheiden. Wenn Eure Majestät ihn bei sich fest behalten wollen, so geben Sie ihm lieber ein Besitztum in Ihrem Reiche.

Der König ließ diese Gründe für gut gelten, weil er diesen Augenblick selbst Mangel an Barschaft fühlte; dessenungeachtet sah er in seinem edelsten und wahrhaft königlichen Gemüte, daß gedachter Kardinal in dieser Sache mehr aus eigenem Antrieb als aus Notwendigkeit so gehandelt habe: denn wie hätte er denn die Notdurft eines so großen Reiches voraussehen können? Und so blieb der König insgeheim ganz anderer Gesinnung. Denn als er nach Paris zurückkam, besuchte er mich den ändern Tag, ohne daß ich gegangen wäre, ihn einzuladen. Ich ging ihm entgegen und führte ihn durch die Zimmer, wo sich verschiedene Arten von Arbeiten befanden. Ich fing bei denen von Erz an, die er von solchem Werte noch nicht gesehen hatte. Dann zeigte ich ihm den silbernen Jupiter, beinahe fertig, mit den schönsten Zieraten, den er mehr bewunderte, als vielleicht jeder andere getan hätte; denn es war ihm vor einigen Jahren ein sehr unangenehmer Fall begegnet. Er wollte nämlich dem Kaiser, der nach der Einnahme von Tunis durch Paris ging, ein Geschenk machen, das eines so großen Monarchen wert wäre: da ließ er einen Herkules von Silber treiben, von derselben Größe, wie ich den Jupiter gemacht hatte. Der König versicherte, daß dieser Herkules das häßlichste Werk gewesen sei, das er jemals gesehen, und diese seine Überzeugung habe er auch den Leuten gesagt, die sich für die größten Meister der Welt in dieser Profession ausgaben. Sie mußten gestehen, daß dies alles sei, was sie in Silber machen könnten, und wollten dessenungeachtet zweitausend Dukaten für ihre geringe Arbeit. Als nun der König meine Arbeit sah und sie so sauber ausgeführt fand, als er kaum geglaubt hatte, entschied er mit Bedacht und wollte, daß meine Arbeit am Jupiter auch auf zweitausend Scudi sollte geschätzt werden, und sagte: Jenen gab ich keinen Gehalt, und da ich diesem schon jährlich tausend Scudi gebe, so kann er für diesen Preis wohl zufrieden sein. Dann führte ich ihn, andere Werke von Silber und Gold zu sehen und viele Modelle von neuen Erfindungen. Zuletzt, da er weggehen wollte, deckte ich auf der Wiese meines Schlosses den großen Riesen auf und gab dem König zu verstehen, daß das alles sei, was man in Metall machen könne. Darüber bezeugte der König größere Verwunderung als bei keiner andern Sache und wendete sich zum Admiral, welcher Herr Hannibal hieß, und sagte: Nachdem der Kardinal nicht für ihn gesorgt hat und er selbst faul im Fordern ist, so will ich ohne weiteres, daß man an ihn denken soll! denn für die Menschen, welche wenig verlangen, sprechen ihre Werke desto mehr. Deswegen gebt ihm die erste Abtei, die aufgeht, bis zu zweitausend Scudi Einkünften, und wenn es nicht auf einmal sein kann, so gebt es ihm in zwei oder drei Pfründen, denn das kann ihm einerlei sein.

Ich war gegenwärtig und hörte alles und dankte sogleich, als wenn ich die Wohltat schon empfangen hätte, und sagte: wenn Seine Majestät mich also versorgten, wollte ich ohne weitern Gehalt, Pension oder Gabe für Seine Majestät so lange arbeiten, bis mich das Alter an meinen Bemühungen verhinderte und ich mein müdes Leben ruhig auswarten könnte, immer mit den Gedanken beschäftigt, einem so großen König gedient zu haben. Auf diese Worte wendete sich der König freudig und mit großer Lebhaftigkeit zu mir und sagte: Dabei soll es bleiben! und wie er zufrieden wegging, so ließ er mich auch zurück.


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