Benvenuto Cellini
Leben des Benvenuto Cellini
Benvenuto Cellini

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Viertes Kapitel

Der Autor macht außerordentliches Glück in Rom. – Er wird von einer edlen Dame, Porzia Chigi, höchlich aufgemuntert. – Besonderes Zutrauen dieser Dame. – Eifersucht zwischen ihm und Lucagnolo von fesi. – Er bläst vor Papst Clemens VII., der mit ihm wohl zufrieden ist und ihn, wegen der doppelten Fähigkeit als Goldschmied und Musikus, in Dienst nimmt. – Der Bischof von Salamanca gibt ihm auf die Empfehlung des Franziskus Penni, Schülers von Raphael, Arbeit. – Seltsame Abenteuer zwischen ihm und dem Bischof.

In Rom arbeitete ich wieder in der Werkstatt des Meister Santi, der verstorben war, und dessen Sohn das Gewerb fortsetzte, nicht selbst arbeitete, sondern alles durch einen jungen Menschen besorgen ließ, der sich Lucagnolo von Jesi nannte. Er war Sohn eines mailändischen Bauern und hatte von Jugend auf bei Meister Santi gearbeitet, klein von Statur und wohlgebildet. Dieser junge Mensch arbeitete besser als irgendeiner, den ich bis dahin gekannt hatte, mit der größten Leichtigkeit, und zwar nur große Gefäße, Becken und solche Dinge.

Ich übernahm für den Bischof von Salamanca, einen Spanier, Leuchter zu machen; sie wurden sehr reich gearbeitet, wie es für solche Werke gehört. Ein Schüler Raphaels, Johann Franziskus Penni, mit dem Zunamen il Fattore, ein trefflicher Maler und Freund des gedachten Bischofs, setzte mich bei ihm in Gunst; man gab mir viel zu arbeiten, und ich ward gut bezahlt.

Zu derselbigen Zeit ging ich an Festtagen manchmal in die Kapelle des Michelagnolo und manchmal in das Haus des Augustin Chigi von Siena, um zu zeichnen. Hier waren die schönsten Arbeiten von der Hand des vortrefflichen Malers Raphael von Urbino. Gismondo Chigi, der Bruder, wohnte daselbst. Sie waren stolz darauf, wenn junge Leute meinesgleichen bei ihnen zu studieren kamen. Die Frau des gedachten Gismondo, welche sehr angenehm und äußerst schön war, hatte mich oft in ihrem Hause gesehen; sie trat eines Tages zu mir, besah meine Zeichnungen und fragte: ob ich Maler oder Bildhauer sei? Ich antwortete ihr: ich sei ein Goldschmied, worauf sie versetzte, daß ich zu gut für einen Goldschmied zeichnete. Sie ließ sich durch ihr Kammermädchen eine Lilie von schönen Diamanten bringen, die in Gold gefaßt waren, und verlangte, daß ich sie schätzen sollte. Ich schätzte sie auf achthundert Scudi; sie sagte: ich habe es getroffen, und fragte: ob ich Lust hätte, sie recht gut umzufassen? Ich versicherte, daß ich es mit Freuden tun würde, und machte auf der Stelle eine kleine Zeichnung, die ich um desto besser ausführte, je mehr ich Lust hatte, mich mit dieser schönen und angenehmen Frau zu unterhalten.

Als die Zeichnung fertig war, kam eine andere schöne, edle Römerin aus dem Hause herunter und fragte ihre Freundin, was sie da mache? Porzia antwortete lächelnd: Ich sehe diesem wackern jungen Menschen mit Vergnügen zu, der so schön als gut ist. Ich ward rot und versetzte halb verschämt und halb mutig: Wie ich auch sei, bin ich bereit, Euch zu dienen. Die schöne Frau errötete auch ein wenig und sagte: Du weißt, daß ich deine Dienste verlange. Sie gab mir die Lilie und zwanzig Goldgulden, die sie in der Tasche hatte. Fasse mir die Steine nach deiner Zeichnung, sagte sie, und bringe mir das alte Gold zurück. Ihre Freundin sagte darauf: Wenn ich in dem jungen Menschen stäke, so ging' ich in Gottes Namen durch. Porzia antwortete: Solche Talente sind selten mit Lastern verbunden, er wird das Ansehen eines braven Jünglings nicht zuschanden machen. Sie nahm ihre Freundin bei der Hand, und indem sie sich umwendete, sagte sie mit dem freundlichsten Lächeln: Lebe wohl, Benvenuto!

Ich vollendete noch erst meine Zeichnung, die ich nach Raphaels Jupiter angefangen hatte, dann ging ich, ein kleines Wachsmodell zu machen, um zu zeigen, wie die Arbeit werden sollte. Ich wies es den beiden Damen, die mich so sehr lobten und mir so artig begegneten, daß ich kühn genug war zu versprechen, die Arbeit solle doppelt so schön als das Modell werden. So machte ich mich daran und endigte das Werk in zwölf Tagen, zwar wieder in Gestalt einer Lilie, aber mit so viel Masken, Kindern und Tieren gezieret und so sorgfältig emailliert, daß die Diamanten dadurch einen doppelten Wert erhielten.

Indessen ich daran arbeitete, war der geschickte Lucagnolo mit mir unzufrieden und versicherte: es würde mir zu viel mehr Nutzen und Ehre gereichen, wenn ich ihm an seinen silbernen Gefäßen hülfe; ich aber behauptete, daß Arbeiten wie die meine nicht alle Tage kämen, und daß man damit ebensoviel Ehre und Geld erwerben könne. Er lachte mich aus und sagte: Wir wollen sehen! Ich habe dieses Gefäß zugleich mit dir angefangen und denke auch mit dir zu endigen, wir können alsdann vergleichen, was wir beide gewinnen. Ich sagte: es würde mich freuen, mit einem so geschickten Manne in die Wette zu arbeiten, und so bückten wir, ein wenig verdrießlich, unsere Köpfe über die Arbeit und hielten uns beide so fleißig daran, daß in zehn Tagen ungefähr jeder mit aller Kunst und Reinlichkeit sein Werk geendigt hatte.

Das Gefäß des Lucagnolo sollte dem Papst Clemens bei Tafel dienen, um Knochen und Schalen der Früchte hineinzuwerfen, überhaupt mehr zur Pracht als zur Notwendigkeit. Es war mit zwei schönen Henkeln geziert, mit vielen Masken, so großen als kleinen, und mit den schönsten Blättern, alles von solcher Zeichnung und Zierde, als man nur wünschen konnte. Ich versicherte, in meinem Leben nichts Schöneres gesehen zu haben.

Lucagnolo glaubte, ich habe meinen Sinn verändert, lobte gleichfalls meine Arbeit, sagte aber: Den Unterschied werden wir bald sehen! Er trug sein Gefäß zum Papst und ward nach dem Maßstab dieser großen Arbeiten bezahlt. Indessen trug ich meinen Schmuck zur Frau Porzia, die mich mit großer Verwunderung versicherte, daß ich mein Versprechen weit übertroffen habe; ich solle für meine Arbeit, was ich wolle, verlangen, denn sie glaube nicht, mich belohnen zu können, auch wenn sie imstande wäre, mir ein Landgut zu schenken. Ich versetzte: meine größte Belohnung sei ihr Beifall, ich verlange nichts weiter; und so wollte ich mich ihr empfehlen.

Porzia sagte darauf zu ihrer Freundin: Sehet, wie sich in Gesellschaft seiner Talente auch die Tugenden befinden! und so schienen beide Frauen verwundert zu sein. Darauf sagte Porzia: Du hast wohl sagen hören, wenn der Arme dem Reichen schenkt, so lacht der Teufel. Ich versetzte, der Böse habe Verdruß genug; diesmal möchte er immer lachen. Darauf ging ich weg, und sie riefen mir nach: er solle den Spaß nicht haben!

Als ich in die Werkstatt zurückkam, zeigte Lucagnolo eine Rolle Geld und sagte: Laß nun einmal deinen Verdienst neben dem meinigen sehen! Ich ersuchte ihn, bis auf den nächsten Tag zu warten, da ich denn, weil ich mich in meiner Arbeit so brav wie er in der seinigen gehalten hätte, auch in Absicht der Belohnung nicht mit Schanden zu bestehen hoffte.

Den andern Tag kam ein Hausmeister der Frau Porzia, rief mich aus der Werkstatt und gab mir eine Rolle Geld. Sie wolle nicht, sagte er, daß der Teufel sich gar zu lustig machen sollte; doch seie das, was sie mir schicke, weder mein ganzes Verdienst noch die ganze Belohnung. Er setzte noch mehr freundliche Worte hinzu, wie eine solche vortreffliche Dame sich ausdrückt. Lucagnolo konnte nicht erwarten, meine Rolle mit der seinigen zu vergleichen, und brachte diese, sobald ich zurückkam, in Gegenwart von zwölf Arbeitern und andern Nachbarn, die, auf die Entscheidung des Streits neugierig, herbeigekommen waren, hervor, lachte verächtlich, sagte drei- oder viermal: Au! und goß mit vielem Lärm sein Geld auf die Tafel aus. Es waren fünfundzwanzig Scudi in Münze. Mich hatten sein Geschrei, seine Blicke, die Spaße und das Gelächter der Umstehenden ein wenig irre gemacht; ich schielte nur in meine Hülse hinein, und da ich merkte, daß es lauter Gold war, hub ich am ändern Ende der Tafel, mit niedergeschlagenen Augen und ohne Geräusch, mit beiden Händen meine Rolle stark in die Höhe und ließ das Geld wie aus einem Mühltrichter auf den Tisch laufen. Da sprangen noch die Hälfte so viel Stücke als bei ihm hervor, und alle Augen, die mich erst mit einiger Verachtung angeblickt hatten, wendeten sich auf ihn. Man rief: Hier siehts viel besser aus! hier sind Goldstücke und die Hälfte mehr! Ich dachte, er wollte für Neid und Verdruß auf der Stelle umkommen, und ob er gleich als Meister den dritten Teil meines Verdienstes erhielt, so kannte er sich doch nicht vor Bosheit. Auch ich war verdrießlich und sagte: jeder Vogel singe nach seiner Weise. Er verfluchte darauf seine Kunst und den, der sie ihn gelehrt hatte, und schwur, er wolle keine großen Arbeiten mehr machen, sondern sich auf solche Lumpereien legen, da sie so gut bezahlt würden. Ich antwortete darauf: er möchte es immer versuchen, doch ich sagte ihm voraus, seine Arbeiten wollte ich wohl auch machen, aber diese Lumpereien würden ihm nicht gelingen. So ging ich erzürnt weg und schwur: ich wollte es ihm schon zeigen. Die Umstehenden gaben ihm laut unrecht und schalten ihn, wie ers verdiente; von mir aber sprachen sie, wie ich mich erwiesen hatte.

Den andern Tag ging ich, Madame Porzia zu danken, und sagte, daß sie, gerade umgekehrt, anstatt dem Teufel Gelegenheit zum Lachen zu geben, Ursache wäre, daß er nochmals Gott verleugnete. Wir lachten freundlich zusammen, und sie bestellte bei mir noch mehr schöne und gute Arbeiten.

Zu derselben Zeit verschaffte mir Franz Penni abermals Arbeit beim Bischof von Salamanca. Dieser Herr wollte zwei große Wasserkessel von gleicher Größe auf die Kredenztische haben; den einen sollte ich, den ändern Lucagnolo machen, und wie es bei solchen Werken gebräuchlich war, gab uns Penni die Zeichnungen dazu.

So legte ich mit der größten Begierde Hand an das Gefäß. Ein Mailänder hatte mir ein Eckchen in seiner Werkstatt gegeben; dabei überschlug ich mein Geld und schickte, was ich entbehren konnte, meinem Vater, der, als es ihm in Florenz ausgezahlt wurde, zufällig jenem unfreundlichen Mitglied der Achte begegnete, dessen Söhne sich sehr schlecht aufführten. Mein Vater ließ ihn sein Unrecht und mein Glück recht lebhaft empfinden, wie er es denn mir auch gleich mit Freuden schrieb und mich dabei um Gottes willen bat, daß ich doch von Zeit zu Zeit blasen und das schöne Talent, das er mich mit so vieler Mühe gelehrt hätte, nicht vernachlässigen sollte. Ich nahm mir vor, ihm noch vor seinem Ende die Freude zu machen, daß er mich recht gut sollte blasen hören, in Betrachtung, daß ja Gott selbst, wenn wir ihn darum bitten, uns ein erlaubtes Vergnügen gewährt.

Indessen ich an dem Gefäß des Salamanca arbeitete, hatte ich zu meiner Beihülfe nur einen Knaben, den ich auf inständiges Bitten meiner Freunde, halb wider Willen, zu meiner Aufwartung genommen hatte. Er war ungefähr vierzehn Jahr alt, hieß Paulin und war der Sohn eines römischen Bürgers, der von seinen Einkünften lebte. Paulin war so glücklich geboren, der ehrbarste und schönste Knabe, den ich im Leben gesehen hatte; sein gutes Wesen, sein angenehmes Betragen, seine unendliche Schönheit, seine Anhänglichkeit an mich waren die gerechten Ursachen, daß ich so große Liebe für ihn empfand, als die Brust eines Menschen fassen kann. Diese lebhafte Neigung bewog mich, um dieses herrliche Gesicht, das von Natur ernsthaft und traurig war, erheitert zu sehen, manchmal mein Hörnchen zur Hand zu nehmen. Denn wenn er mich hörte, so lächelte er so schön und herzlich, daß ich mich gar nicht mehr über jene Fabeln verwunderte, welche die Heiden von ihren Göttern des Himmels erzählten. Ja gewiß, wenn er zu jener Zeit gelebt hätte, so würde er die Menschen ganz außer sich gebracht haben. Er hatte eine Schwester, die so schön war wie er und Faustina hieß; der Vater führte mich oft in seinen Weinberg, und ich konnte merken, daß er mich gern zu seinem Schwiegersohn gehabt hätte. Durch diese Veranlassung blies ich mehr als gewöhnlich.

Um diese Zeit ließ mich ein gewisser Jakob von Cesena, ein trefflicher Musikus, der bei dem Papste in Diensten war, fragen, ob ich ihnen am ersten August helfen und den Sopran blasen wollte; sie hätten auf diesen Tag die schönsten Stücke zu des Papstes Tafelmusik ausgesucht.

So ein großes Verlangen ich trug, mein schönes angefangenes Gefäß zu endigen, so reizte mich doch die Musik, als eine wunderbare Sache an sich, wobei ich zugleich meinem Vater zu gefallen dachte, und ich nahm mir vor, von der Gesellschaft zu sein. Acht Tage vorher probierten wir täglich zwei Stunden und gingen sodann am Festtage ins Belvedere und bliesen bei Tafel die geübten Motetten, so daß der Papst sagte, er habe keine angenehmere Musik gehört. Er rief jenen Jakob von Cesena zu sich und fragte ihn: wie er es angefangen habe, um einen so guten Sopran zu finden? und fragte ihn genau, wer ich sei? Als er meinen Namen erfuhr, sagte er: Ist das ein Sohn des Meister Johannes? Den will ich in meine Dienste haben! Jakob versetzte: Er wird schwer zu bereden sein, denn er ist ein Goldschmied, sehr fleißig bei seiner Kunst, in der er vortrefflich arbeitet, und die ihm mehr einbringt, als die Musik nicht tun würde. Desto besser, versetzte der Papst, daß er noch ein anderes Talent hat, das ich nicht erwartete! Er soll seine Besoldung wie die übrigen empfangen und mir dienen; in seiner andern Profession will ich ihm auch schon zu arbeiten geben. Darauf reichte ihm der Papst ein Schnupftuch mit hundert Goldgulden, unter uns zu verteilen. Jakob wiederholte uns des Papstes Rede und teilte das Geld unter uns achte. Als er mir meinen Teil gab, sagte er: Ich will dich in unsere Zahl einschreiben lassen. Ich verlangte Bedenkzeit bis morgen.

Da ich allein war, dachte ich hin und her, ob ich die Stelle annehmen sollte? denn ich sah wohl, welchen Schaden meine Kunst darunter leiden würde. Die folgende Nacht erschien mir mein Vater im Traume und bat mich mit den liebevollsten Tränen, daß ich um Gott und seinetwillen doch das Anerbieten annehmen möchte. Ich glaubte ihm zu antworten, daß ich es auf keine Weise tun könne; schnell erschreckte mich seine fürchterliche Gestalt, er drohte mir mit seinem Fluch, wenn ich es ausschlüge, und versprach mir, wenn ich gehorchte, seinen ewigen Segen. Kaum war ich erwacht, so lief ich, mich einschreiben zu lassen, und meldete es meinem Vater, der aus übergroßer Freude darüber beinahe den Tod gehabt hätte. Er schrieb mir, daß auch er beinah dasselbe geträumt habe, und ich glaubte nun, da ich das billige Verlangen meines Vaters erfüllt hatte, daß mir auch alles zu Glück und Ehre gereichen müsse.

Inzwischen arbeitete ich mit großer Sorgfalt, das angefangene Gefäß für den Bischof von Salamanca zu endigen. Er war ein trefflicher Mann, sehr reich, aber schwer zu befriedigen; er schickte täglich, um zu erfahren, was ich machte, und ward, wenn der Abgeordnete mich nicht fand, wütend und drohte: er wolle mir die Arbeit wegnehmen und sie durch einen andern endigen lassen. Daran war denn doch das verdammte Blasen schuld, denn übrigens arbeitete ich Tag und Nacht mit dem größten Fleiße, so daß ich dem Bischof das Gefäß wenigstens zeigen konnte. Aber ich hatte es darum nicht besser, denn nun ward erst seine Lust so groß, daß ich viel Unbequemlichkeit davon empfand. Nach drei Monaten war das Gefäß endlich fertig, mit so viel schönen Tieren, Laubwerk und Masken, als man sich vorstellen kann. Sogleich schickte ich es durch meinen Paulin zu Lucagnolo, dem der Knabe mit seiner gewöhnlichen Zierlichkeit sagte: Hier schickt Euch Benvenuto sein Versprechen und seine H....eien; er hofft von Euch bald auch Eure Lumpereien zu sehen. Lucagnolo nahm das Gefäß in die Hand, und nachdem er es lang genug betrachtet hatte, sagte er zu Paulin: Schöner Knabe, sage deinem Herrn, daß er ein trefflicher Mann ist; er soll mein Freund sein und das übrige auf sich beruhen lassen. Der gute Knabe brachte mir freudig die Botschaft; das Gefäß wurde zu Salamanca getragen, welcher verlangte, daß es geschätzt werden sollte. Lucagnolo kam dazu, seine Schätzung war ehrenvoll und sein Lob weit größer, als ichs zu verdienen glaubte. Salamanca nahm das Gefäß und sagte in spanischer Manier: Bei Gott! er soll so lange auf die Zahlung warten, als er mich mit der Arbeit hat warten lassen! Hierüber ward ich äußerst verdrießlich, ich verfluchte ganz Spanien und jeden, der dem Volke wohlwollte.

Unter andern Zieraten daran war ein Henkel von einem Stücke, auf das zarteste gearbeitet, der durch Hülfe einer gewissen Stahlfeder grade über der Öffnung des Gefäßes gehalten wurde. Eines Tages zeigte der Bischof mit großer Zufriedenheit einigen seiner Spanier dieses Gefäß; einer der Edelleute mochte mit dem Henkel nicht auf das feinste umgegangen sein: die zarte Feder konnte seiner bäuerischen Gewalt nicht widerstehen, und der Henkel brach ab. Der Bischof war schon weggegangen, und der Edelmann, äußerst erschrocken, bat den Mundschenken, er möchte doch geschwind das Gefäß zum Meister tragen, damit es schnell wiederhergestellt würde, es möchte kosten, was es wollte. So kam mir dies Gefäß wieder in die Hände; ich versprach, es schnell zu ergänzen, und tat es auch: denn zu Mittag war es mir gebracht worden, und zwei Stunden vor Nacht hatte ich es schon fertig. Nun kam der Mundschenk wieder, eilig und im Schweiß, denn der Herr hatte es nochmals verlangt, um es andern Gästen zu zeigen. Der Mundschenk ließ mich nicht zum Worte kommen und rief: Nur schnell! schnell das Gefäß her! Ich, der ich keine Lust hatte, es herauszugeben, sagte nur: Ich habe keine Eile. Er kam darüber in solche Wut, daß er mit der einen Hand nach dem Degen griff und mit der andern gewaltsam in die Werkstatt eindringen wollte. Ich widersetzte mich ihm mit den Waffen in der Hand und ließ es an heftigen Reden nicht fehlen. Ich geb es nicht heraus! rief ich. Geh, sage deinem Herrn, daß ich Geld für meine Bemühung haben will, ehe es wieder aus meinem Laden kömmt! Da er sah, daß sein Drohen nichts half, bat er mich, wie man das heilige Kreuz anzurufen pflegt, und versprach, wenn ich es herausgäbe, wollte er mir zu meiner Bezahlung verhelfen. Ich veränderte darum meinen Vorsatz nicht, und da ich ihm immer dasselbe antwortete, verzweifelte er endlich und schwur, mit so viel Spaniern wiederzukommen, daß sie mich in Stücken hauen sollten, und so lief er fort. Da ich sie nun wohl solcher Mordtat fähig hielte, setzte ich mir vor, mich lebhaft zu verteidigen, nahm meine Jagdbüchse zur Hand und dachte: Wenn mir jemand meine Sachen und meine Mühe rauben will, so kann ich ja wohl das Leben daran wagen. Da ich so mit mir zu Rate ging, erschienen viele Spanier mit dem Haushofmeister, der auf ungestüm-spanische Weise befahl, sie sollten hineindringen. Darauf zeigte ich ihm die Mündung der Büchse mit gespanntem Hahn und schrie mit lauter Stimme: Nichtswürdige Verräter und Meuchelmörder! Stürmt man so Häuser und Läden in Rom? So viel sich von Euch Spitzbuben dieser Tür nähern, so viel will ich mit dieser Büchse tot hinstrecken. Ich zielte sogleich nach dem Haushofmeister und rief: Du Erzschelm, der du sie anstiftest, sollst mir zuerst sterben! Schnell gab er seinem Pferd die Sporen und floh mit verhängtem Zügel davon.

Über diesem großen Lärm waren alle Nachbarn herausgekommen, und einige römische Edelleute, welche eben vorbeigingen, sagten zu mir: Schlag die Hunde nur tot, wir wollen dir helfen. Diese kräftigen Worte jagten meinen Gegnern große Furcht ein; sie sahen sich genötigt, zu fliehen und ihrem Herrn den Fall mit allen Umständen zu erzählen. Der stolze Mann machte seine Bedienten und Offizianten heftig herunter, teils weil sie einen solchen Exzeß begangen, teils weil sie den Handel, den sie einmal angefangen hatten, nicht besser durchsetzten.

Franz Penni, der in der ganzen Sache den Mittelsmann gemacht hatte, kam dazu, und Monsignor sagte zu ihm: er könne mir nur melden, daß, wenn ich ihm das Gefäß nicht geschwind brächte, so sollten meine Ohren das größte Stück sein, das an mir bliebe; brächte ich das Gefäß gleich, so sollte ich die Zahlung erhalten. Ich fürchtete mich keineswegs und ließ ihm wissen, daß ich die Sache gleich an den Papst bringen würde.

Indessen waren wir beide kälter geworden; einige römische Edelleute schlugen sich ins Mittel und verbürgten sich, daß er mich nicht beleidigen, vielmehr die Zahlung meiner Arbeit leisten würde. Darauf machte ich mich auf den Weg, in meinem Panzerhemde und mit einem großen Dolche; so kam ich in das Haus des Bischofs, der sein ganzes Gesinde hatte auftreten lassen. Ich hatte meinen Paulin an der Seite, der das Gefäß trug, und es war, als wenn ich durch den Tierkreis zu gehen hätte: einer sah aus wie der Löwe, einer wie der Skorpion, andere glichen dem Krebs, bis wir endlich vor den Pfaffen selbst kamen; der sprudelte äußerst pfäffische und überspanische Worte hervor. Ich hub den Kopf nicht auf, ihn anzusehen, und antwortete nicht; darüber wurde er noch giftiger, ließ ein Schreibzeug bringen und befahl mir, ich sollte quittieren, daß ich bezahlt und mit ihm wohl zufrieden sei. Darauf hob ich den Kopf und sagte zu ihm: ich würde es gerne tun, wenn ich nur erst mein Geld hätte. Der Bischof ereiferte sich noch mehr und fuhr fort, zu drohen und zu schreien; endlich zahlte man mir erst das Geld, dann schrieb ich, und munter und zufrieden ging ich von dannen.

Papst Clemens vernahm die Geschichte und freute sich sehr daran. Man hatte ihm vorher das Gefäß, aber nicht als meine Arbeit, gezeigt, und nun sagte er öffentlich, daß er mir sehr wohl wolle, so daß Monsignor Salamanca sein übles Betragen bereute und, um mich wieder anzukörnen, mir durch Franz Penni sagen ließ, daß er mir noch große Werke auftragen wolle. Ich antwortete, daß ich sie gerne übernehmen würde, aber voraus die Bezahlung verlangte.

Auch diese Worte kamen zu den Ohren des Papstes, der herzlich darüber lachte. Kardinal Cibo war eben gegenwärtig, dem der Papst die Händel zwischen mir und Salamanca erzählte; dann wandte er sich zu seinen Leuten und befahl, daß man mir immer sollte für den Palast zu tun geben. Kardinal Cibo selbst schickte zu mir, und nachdem er mir viel Angenehmes gesagt hatte, bestellte er ein Gefäß, größer als das für Salamanca. So gaben mir auch die Kardinäle Cornaro und besonders Ridolfi und Salviati vieles zu verdienen.

Madonna Porzia Chigi trieb mich, daß ich selbst eine Werkstatt eröffnen sollte; ich folgte ihr und fuhr fort, für diese treffliche Frau zu arbeiten, und vielleicht ist sie die Ursache, daß ich mich in der Welt als etwas gezeigt habe.

Ich gewann die Freundschaft des Herrn Gabriel Cesarini, der Gonfaloniere von Rom war; für diesen Herrn machte ich viele Werke, unter andern eine große Medaille von Gold, an einem Hute zu tragen; darauf war Leda mit dem Schwane zu sehen. Sehr zufrieden mit meiner Arbeit, wollte er sie schätzen lassen, um mich nach Verdienst zu bezahlen. Sie war mit größter Sorgfalt gemacht, und die Meister schätzten sie viel höher, als er geglaubt hatte. So behielt er meine Arbeit in der Hand und zauderte, mich zu bezahlen. Fast wäre mirs damit wie mit dem Gefäße des Salamanca gegangen.


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