Georg Bötticher
Bunte Reihe
Georg Bötticher

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Der rätselhafte Zahn.

(Oberbayrisch.)

Herr Fleischhuber genießt im Kreise seiner Familie, bestehend aus der Frau, zwei Töchtern und drei Söhnen, seine Leibspeise: Schweinshaxen mit Kraut. Er kaut mit vollen Backen, als er plötzlich mit einem Schreckensruf nach dem Munde fährt: »Jesses – dös hat an Zahn gekostet! Da schauts, so an scheenen Zahn! Ich glaub, es ist gar an eigener – no, dös hat noch g'fehlt!«

»Dös ist an eing'setzter,« sagt die Frau, »du hast ja gar kan eignen mehr.«

»Red' du – an eigner ist's! Da rechts muß er g'sessen haben, i hab' den Stumpfen kennt.«

»Vater,« sagt die älteste, »die Mutter hat recht, der Zahn schaut so eing'setzt aus.«

»Geh' – was verstehst denn du davon!« meint der älteste Sohn, »der Vater hat noch an eignen g'habt; i hab'n g'segn, wann er den Mund aufg'rissen hat. Dös wird der Zahn da sein.«

»I glaub's a,« sagt nasweis der jüngste, ein Achtjähriger.

»Halt dein Maul,« schilt die Mutter, »der Zahn ist eing'setzt.«

»Und der Vater hat doch recht!« schreit der mittelste Bub.

»I sag', die Mutter hat recht!« ruft die jüngste.

»Jetzt laßt die Nannerl reinkommen,« entscheidet Herr Fleischhuber. »Wollen heeren, was die meint.«

»Freilich ist dös an eing'setzter,« sagt die Nannerl, »so schön is kan eigner.«

»Jetzt san mer so dumm wie z'vor,« brummte Herr Fleischhuber verdrießlich. »Vier sagen so und vier so! Weißt, Nannerl, jetzt läufst zum Herrn Doktor un sagst an scheen' Empfehl und i ließ frag'n, ob der Zahn da an eigner oder an eing'setzter wär! Verstanden!«

Nach zehn Minuten kommt die Nannerl zurück. »An scheen' Empfehl vom Herrn Doktor und der Zahn wär kan eigner, aber auch kan eing'setzter, es wär halt an Schweinszahn!«


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