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Zweiter Abschnitt.
Der Kampfflieger

siehe Bildunterschrift

Nach dem ersten Siege.

D., 24. Juni 1915.

Gestern nachmittag hat unser Armeeführer, der Kronprinz von Bayern, unseren Flugplatz besichtigt. Hier ist so ziemlich alles versammelt, was unsere Flugzeugtechnik jetzt herausgebracht hat: Zwei Fliegerabteilungen und ein Kampfflugzeuggeschwader. Die beiden Fliegerabteilungen sind normale mit gewöhnlichen Doppeldeckern, nur haben wir jetzt eine Neuerung auf den Flugzeugen, die Funkerei, mit deren Hilfe das Artillerieschießen gemacht wird. – Das Kampfflugzeuggeschwader ist hierher gekommen, da im Westen augenblicklich am meisten los ist. Dabei gibt es die witzigsten Kisten, z. B. ein Großkampfflugzeug mit zwei Motoren, drei Insassen und Bombenabwurfvorrichtung, ein ganz kolossaler Kahn. Außerdem sind hier noch andere Kampfflugzeuge mit Maschinengewehren. Die sind etwas größer als die gewöhnlichen. Dann sind noch kleine Fokkereindecker auch mit Maschinengewehr ausgerüstet, also alles, was man haben will. Das Geschwader ist erst einmal losgeflogen, aber seitdem sind die Franzosen nicht wieder hier gewesen, es ist ihnen scheinbar doch etwas in die Knochen gefahren.

30. Juni 1915.

Seit dem 22. fast täglich Regen. Mir wird die Faulenzerei bald zu viel.

Seit dem 14. Juni habe ich auch ein Kampfflugzeug, das ist ein Doppeldecker mit 150 PS.-Motor. Der Führer sitzt vorn, der Beobachter hinten und bedient das Maschinengewehr, das nach der Seite und nach hinten schießen kann. – Da die Franzosen unsere Luftaufklärung durch Kampfflugzeuge zu hindern suchen, haben wir jetzt die Aufklärung unserer Abteilung zu decken. Wenn die anderen Artillerieflüge usw. machten, steige ich auch mit auf und fliege in der Nähe herum, beobachte mit und schütze sie gegen feindliche Angriffe. Will also ein Franzose ihnen zu Leibe, dann nehme ich ihn wie ein Habicht an, während der andere von uns ruhig weiter fliegt und beobachtet. Ich verjage inzwischen den Franzosen, indem ich auf ihn zufliege und ihn tüchtig mit dem Maschinengewehr beschieße. Die Kerls reißen dann immer so schnell aus, daß es eine wahre Pracht ist. Ich habe auf diese Weise schon über ein Dutzend verjagt.

6. Juli 1915.

Einen Kampf bis zum Siege durchzuführen, das gelang mir am Sonntag früh zum erstenmal. Ich hatte den Auftrag, Leutnant P., der Artillerieschießen hatte, gegen feindliche Flugzeuge zu schützen. Gerade war ich aus dem Weg nach vorn, da sahen wir einen französischen Eindecker höher als wir auf uns zukommen. Da man als der Tiefere im Nachteil ist, bogen wir aus; er sah uns nicht, sondern flog tiefer ins Land herein. Wir freuten uns sehr, denn die Franzosen kommen in letzter Zeit sehr selten und ungern hinter unsere Front. Über unserem Gebiet kann sich der Gegner aber dem Angriff nicht durch Gleitflug entziehen. – Sowie er an uns vorbei war, nahmen wir die Verfolgung auf. Jedoch flog er sehr schnell, und wir brauchten etwa eine halbe Stunde, bis wir ihn bei V. einholten. Wie es scheint, hat er uns erst ziemlich spät gesehen. Dicht bei V. begannen wir ihn anzunehmen, indem ich ihm immer den Weg abzuschneiden versuchte. Zum Glück waren wir schneller als er, so daß er auch durch Kurven und Wendungen sich uns nicht entziehen konnte. Sobald wir nahe genug heran waren, begann mein Beobachter ihn mit dem Maschinengewehr zu beschießen. Er wehrte sich, so gut er konnte, doch waren wir immer der Angreifer, er immer in der Defensive, wir höher und schneller, er tiefer und langsamer, so daß er uns gar nicht entschlüpfen konnte. Durch allerlei Manöver versuchte er die Entfernung zwischen uns zu vergrößern, was ihm aber nicht gelang, ich saß ihm immer im Nacken. Es war eine herrliche Sache. Ich blieb immer dicht auf, so daß mein Beobachter aus nächster Nähe ruhig zielen konnte. Deutlich konnte man alles an dem Gegner erkennen, jeden Draht beinahe. Die Durchschnittsentfernung war etwa hundert Meter, zeitweise kam ich aber bis auf dreißig und vierzig Meter heran, denn nur auf die nächsten Entfernungen hat man bei den großen Geschwindigkeiten beider Flugzeuge Aussicht auf Erfolg. Der ganze Kampf dauerte etwa zwanzig bis fünfundzwanzig Minuten. Durch scharfe Wendungen des Gegners, Ladehemmungen oder Neuladen des Maschinengewehrs traten immer kleine Feuerpausen ein, die ich zum Einholen oder Näherkommen benutzte. Unsere Überlegenheit zeigte sich immer stärker, zuletzt hatte ich gar nicht mehr den Eindruck, daß der Gegner sich wehrte, sondern daß er beinahe ein Entkommen aufgegeben hatte. Kurz vor dem Absturz machte der feindliche Beobachter eine so typische Bewegung mit der Hand, als ob er sagen wollte: Laßt uns doch nur gehen, wir sind ja besiegt und ergeben uns. Doch wer kann in solchem Falle einem Gegner in der Luft trauen! Er ging darauf zum Gleitflug über, ich sofort hinterher. Mein Beobachter gab nochmals auf den Gegner dreißig bis vierzig Schuß ab, da verschwand plötzlich das Flugzeug. Um nicht aus seiner Nähe zu kommen, ging ich in steilem Gleitflug hinterher, doch plötzlich rief mein Beobachter laut: »Er fällt, er fällt!« und schlug mich vor Freude auf die Schulter. Ich traute dem Frieden zuerst nicht, da man mit einem solchen Eindecker ganz steile, einem Sturz ähnliche Gleitflüge machen kann, und sah mich also noch ganz erstaunt in der Luft um, konnte aber nichts mehr sehen. Ich ging im Gleitflug herunter, und dabei erzählte mir W., daß der Apparat plötzlich übergekippt und senkrecht in den Wald unter uns gefallen sei. Wir gingen auf hundert Meter herunter und suchten von oben etwa zehn Minuten den Wald nach der abgestürzten Maschine ab, doch war nichts zu erkennen. Da entschlossen wir uns, neben dem Walde auf einer Wiese zu landen und nach dem Flugzeug zu suchen. Von allen Seiten strömten Soldaten und Zivilisten in den Wald. Sie sagten, daß der Apparat senkrecht aus großer Höhe heruntergestürzt sei, sich zweimal überschlagen habe und im Walde verschwunden sei. Die Nachricht, über die wir große Freude hatten, bestätigte auch sofort ein Radfahrer, der schon an der Absturzstelle gewesen war und uns sagte, daß die Insassen tot seien. Wir machten uns sofort auf, um hinzugehen. Unterwegs erzählte mir Rittmeister W., der mich in seinem Auto zur Absturzstelle mitgenommen hatte, daß die ganze Gegend an dem Kampfe, wenn auch nur von unten, mitteilgenommen hätte. Alles war sehr erregt gewesen, besonders, da wegen der großen Höhe keiner wußte, wer der Deutsche und wer der Franzose war. – An der Absturzstelle waren schon Offiziere, Ärzte, Soldaten usw. Der Apparat war senkrecht aus einer Höhe von fünfzehnhundert bis achtzehnhundert Metern abgestürzt. Da beide Insassen angeschnallt waren, waren sie nicht herausgefallen. Die Maschine hatte mit Wucht die Bäume durchschlagen und war vollständig zertrümmert, die Insassen natürlich tot. Die Ärzte, die gleich untersucht hatten, konnten nicht mehr helfen. Der plötzliche Absturz ist durch den Tod oder eine tödliche Verwundung des Führers zu erklären. Der Führer hatte sieben Treffer, der Beobachter drei. Ich glaube sicher, daß beide schon in der Luft tot gewesen sind. Bei ihnen fanden wir verschiedene sehr wichtige Papiere und andere Sachen. Am Nachmittag flogen mein Beobachter W. und ich nach einigen Ehrenrunden über Dorf und Unfallstelle nach D. zurück. Am darauffolgenden Tage sind die beiden Flieger mit militärischen Ehren auf dem Friedhof von M. begraben worden. Gestern waren wir dort. Das Grab ist mit Blumen geschmückt, ebenso die Unfallstelle, wo ein großer blauweißroter Strauß stak. – Sehr gefreut habe ich mich, daß W., mein Beobachter, das Eiserne Kreuz bekommen hat, er hat sich tadellos geschlagen und geschossen, im ganzen dreihundertachtzig Schuß, davon saßen siebenundzwanzig im feindlichen Flugzeug.

Brief vom 16. Juli 1915.

... Vater fragt an, ob er meinen Bericht in der Zeitung veröffentlichen dürfe. Das Reklamemachen in der Zeitung schätze ich nicht allzu hoch, auch glaube ich, daß mein Bericht nach Stil und Umfang gar nicht in eine Zeitung paßt. Die Leutchen wollen doch so etwas viel poetischer und schauerbarer geschildert haben, von angstdurchzitterter, nervenerregender, seelischer Spannung, von jauchzender Genugtuung, von himmelhohen, alpenähnlichen Wolken oder von zephirdurchflüstertem Blau des Himmels usw. hören. Doch wenn ihr große Freude an einer Veröffentlichung habt, will ich nicht dagegen sein.

siehe Bildunterschrift

Die Trümmer des Gegners.

11. August 1915.

Am 10. August früh war sehr schlechtes Wetter, so daß der Offizier vom Dienst in die Stadt telephoniert hatte, es habe keinen Zweck herauszukommen. Ich lag also vergnügt noch im Bett. Plötzlich weckt mich mein Bursche, es sei ein Engländer da. Ich also raus und ans Fenster. Der Engländer hatte aber die Richtung zur Front, ich also gar keine Aussicht, ihn zu erwischen, und krauchte schimpfend wieder ins Bett. Kaum liege ich wieder bequem und etwas angewärmt, da kommt wieder mein Bursche angelaufen, der Engländer käme zurück. Na, wenn der Kerl so frech ist, will ich mich schnell anziehen. Ungewaschen, im Nachthemd, ohne Gamaschen, kaum angezogen, wetze ich mit dem Motorrad auf den Platz und komme gerade zurecht, wie sich die Kerls (nicht bloß einer, sondern vier!) damit belustigen, Bomben auf den Flugplatz zu werfen. Ich also hinein in mein Flugzeug, wie ich war, und hinterher. Da die Engländer aber sehr schnell waren und sofort nach Abwurf ihrer Bomben wieder nach Hause flogen, gelang es mir nicht, auf Schußweite heranzukommen. Sehr traurig kehre ich zurück und traue meinen Augen kaum, denn unterdessen sind schon wieder fünf Flugzeuge bei uns zu Besuch. Also auf den nächsten, einen französischen Eindecker. Ich bekam ihn sehr schön zu fassen, jochte ihn auch tüchtig, doch wie ich so weit heran war, daß ich dachte, nun müsse er aber bald purzeln, bauz, Ladehemmung! O, war ich wütend! Ich versuchte, sie oben gleich zu beheben, und habe vor Wut das Schloß so bearbeitet, daß die Patrone, die sich geklemmt hatte, ganz entzweiging. Mir blieb nichts weiter übrig, als schnell zu landen, um die Patronen zu wechseln; während ich herunterging, sah ich unseren anderen Eindecker ankommen und freute mich, daß wenigstens von dem die Engländer noch etwas gerupft würden. Während ich mir unten neue Patronen einladen ließ, sah ich, wie Leutnant Immelmann einen Engländer sehr schön attackierte, der darauf ausriß. Ich ging schnell wieder hoch, um Immelmann gegen die anderen zu unterstützen. Diese rissen aber bei meiner zweiten Ankunft wieder aus, und ich hatte nur das Nachsehen. Inzwischen hatte Immelmann seinen Engländer zur Landung gezwungen. Er hatte ihm den linken Ellenbogen zerschossen. – Immelmann hat viel Glück entwickelt. Zwei Tage vorher hatte ich ihn auf Fokker geschult, d. h. ich bin mit ihm geflogen und habe ihn mitsteuern lassen. Am Tage vorher war er das erstemal allein geflogen und konnte nur mit Mühe und Not landen. Er war noch nie mit gegen den Feind geflogen und hatte noch nie geschossen, hat es aber trotzdem sehr schön gemacht.

23. August 1915.

Am Abend des 19. August habe ich wieder einmal Glück gehabt.

Ich fliege meist abends, um die Franzosen beim Artilleriefliegen zu jagen, und an diesem Abend waren ziemlich viele vorn. Als ersten bekam ich einen englischen Bristol-Doppeldecker zu fassen, der mich zuerst für einen Franzosen zu halten schien und ganz gemütlich auf mich zugeflogen kam, was die Gegner sonst im allgemeinen nicht tun. Als er aber merkte, daß ich schoß, machte er schleunigst kehrt. Ich ging tüchtig hinterher und setzte ihm noch etwas zu. Dabei muß er oder sein Apparat getroffen worden sein, denn plötzlich stellte er ab und verschwand in der Tiefe. Da der Kampf über den Stellungen war, ist es ihm leider gelungen, drüben zu landen. Nach Aussage unserer Artilleristen ist er vorn in der feindlichen Artilleriestellung gelandet. Das ist der zweite, von dem ich positiv sagen kann, daß er etwas abbekommen hat und zur Landung gezwungen worden ist. Er ging herunter, nicht aus Angst, sondern weil er getroffen war.

Am selben Abend habe ich noch zwei andere angegriffen, und beide sind vor mir im Gleitfluge ausgerissen. Doch kann ich hierbei nicht sagen, ob ich sie wirklich getroffen habe, da die Kämpfe hinter den französischen Linien stattfanden.

29. August 1915.

Vorgestern habe ich meinen Fokker zur Abteilung ... hinübergeflogen, wo ihn von jetzt ab ein Offizierstellvertreter fliegen soll. Ich bekomme einen neuen stärkeren Apparat mit 100 PS. – Gestern habe ich wieder meine Schwimmkünste beweisen können. Vor unserem Kasino fließt der Kanal, der etwa 25 Meter breit und 2½ Meter tief ist. Der Sage nach sollen in dem Wasser auch Fische sein, und infolgedessen steht die halbe Bevölkerung immer da und angelt. Daß einer was gefangen hat, habe ich bisher noch nicht gesehen. Vor unserem Kasino ist so eine Art Rampe, wo die Kähne ausgeladen werden. Gestern mittag nach dem Essen stehe ich mit T. vor der Tür unseres Kasinos, da sehe ich, wie ein französischer Junge von etwa 15 Jahren über das Geländer steigt und beim Angeln ins Wasser hopst. Ich laufe hin, um zu sehen, was der da unten sucht, er war aber nicht mehr zu sehen. Da ich nicht annehmen konnte, daß er Tauchversuche machte, hatte ich nicht lange zu überlegen, Kopfsprung und hinein. Das war so schnell gegangen, daß T. bloß noch meine Beine hat verschwinden sehen und gar nicht wußte, was los war. Ich kam wieder an die Oberfläche, aber immer noch allein. Da sah ich denn nicht weit von mir Blasen und darunter einen plubbernden Kerl. Ich schwamm also hin, tauchte unter, faßte ihn und kam wieder hoch. Inzwischen waren T. und der Chauffeur auch zur Stelle. T. dachte, ich wollte auch verplubbern und war schon bereit, nachzuspringen. Schließlich nahm T. mich und den Jungen in einem nahen Kahn in Empfang. Als wir an Land waren, kam die Mutter angelaufen und bedankte sich unter großem Wortschwall. Auch die übrige Bevölkerung brachte mir Ovationen dar. Ich muß dabei sehr witzig ausgesehen haben, da ich umgeschnallt, wie ich war, hineingehopst war und wie ein begossener Pudel dastand.

18. September 1915.

Heute war ich bei den Eltern des Jungen, die sehr dankbar sind. Der Junge ist an der steilen Kaiwand schwindlig geworden und deswegen hineingepurzelt. Die Leutchen sagten, sie würden mir, wenn sie könnten, gern die französische Ehrenlegion verschaffen. Das wäre ein Spaß!

In letzter Zeit bin ich immer abends mit Leutnant Immelmann zusammen an die Front geflogen, um dort die Franzosen zu jagen. Da sie meist zu acht bis zehn da sind, haben wir beide genügend Arbeit. Am Sonnabend glückte es uns, ein französisches Großkampfflugzeug zwischen uns zu nehmen und so zu jagen, daß es kaum noch wußte wohin. Nur durch eilige Flucht nach unten ist es uns entwischt. Diesen Zwischenfall hatten uns aber die Franzosen sehr übelgenommen. Am nächsten Abend sind wir wieder friedlich zum Jagen an der Front vereinigt, da fällt uns schon die große Zahl der Gegner auf. Und plötzlich kriegen die Kerls den Größenwahn und attackieren mich, und zwar mit einer neuen Art Doppeldecker, mit Rumpf und sehr schnell. Sie waren aber scheinbar doch erstaunt, daß wir uns nicht nur ruhig attackieren ließen, sondern uns umgekehrt freuten, daß wir endlich jemand hatten, der nicht gleich ausriß. Nach einigen vergeblichen Attacken gingen sie zurück; wir nicht faul, hinterher, nahmen jeder einen und zwangen ihn zum Gleitflug. Da es schon ziemlich spät war, gaben wir uns mit diesem Erfolg zufrieden und flogen nebeneinander heim. Wie ich mich einmal umblicke, sehe ich noch zwei Flugzeuge hinter der Front kreisen. Da nun vielleicht die Leute im Schützengraben denken konnten, wir rissen aus, machte ich Immelmann ein Zeichen, wir wollten noch einige Runden zum Zeichen des Nichtunterlegenseins machen. Doch Immelmann verstand mich falsch und begann, den einen der Franzosen zu attackieren, der sich jedoch auf keinen Kampf einließ, sondern Flucht vorzog. Währenddessen wollte sich der andere Franzose von hinten an Immelmann heranpirschen. Darauf mußte ich auch noch einmal zurück, um Immelmann zu helfen, der den zweiten nicht sehen konnte. Als der Franzose mich ankommen sah, drehte er gegen mich. Ich pfefferte ihm ein paar auf die Nase, so daß ihm doch die Sache unheimlich wurde und er kehrtmachte. Das war sein größter Fehler. So kam ich ihm in den Nacken, was für mich am erstrebenswertesten ist. Da ich mich nun einmal festgebissen hatte, und ziemlich nahe, etwa auf 50 Meter heran war, so dauerte es nicht lange, und ich hatte ihn getroffen. Ich mußte den Führer tödlich verwundet haben; er warf plötzlich beide Hände hoch, und der Apparat stürzte senkrecht ab. Ich sah ihn bis unten hinfallen, wobei er sich mehrmals überschlug und 400 Meter vor unseren Gräben hinfiel. Alle Leute im Graben freuten sich über den Luftkampf, und es ist einwandfrei festgestellt, daß die Maschine vollständig zertrümmert und beide Insassen tot sind. Immelmann hat ihn auch stürzen sehen und große Freude über unseren Sieg gehabt.

M., 23. September 1915.

Ganz plötzlich, am Sonntagabend, bekam ich ein Telegramm, daß ich versetzt sei. Bis jetzt ist noch gar keine Maschine für mich hier, so daß ich vorläufig gar nichts zu tun habe.

M., 27. September 1915.

Ich gehe zufällig durch die Straßen und lese die neuesten Depeschen, siehe da, da steht mein Name im Tagesbericht. –

Es war am dritten Tag meines Hierseins. Da meine Maschinen noch nicht da waren, hatte mir der Hauptmann vorläufig einen Fokker anvertraut, und ich sollte an dem Tage von 9 Uhr ab bereit sein, zu starten, da die anderen Flieger den Kaiser, der in einem nahen Schlosse frühstückte, vor Bombenangriffen schützen sollten. Da ich nun meine Maschine noch einmal ausprobieren wollte, startete ich schon um ¾9 Uhr. Ich bin vielleicht drei bis vier Minuten in der Luft, da sehe ich Sprengpunkte und gleich darauf nicht etwa ein, sondern drei bis vier feindliche Flugzeuge Richtung M. fliegen. Ich suchte schnell die Höhe der feindlichen Flieger zu bekommen. Das dauert aber natürlich immer einige Zeit, und inzwischen waren die Gegner über M. und luden ihre Bomben auf den Bahnhof ab. Sie haben zum Glück nichts getroffen. Nachdem sie ihre Bomben abgeworfen hatten, flogen sie (es waren inzwischen mehr geworden, ich zählte im ganzen zehn) wieder Richtung Heimat. Ich bekam nun allmählich die Höhe der feindlichen Flugzeuge und ging näher heran. Da sah mich einer von den Rumpfdoppeldeckern, die, wie es schien, den Schutz der anderen Flugzeuge hatten, und griff mich von oben an. Man kann nun aber sehr schlecht, eigentlich gar nicht, nach oben schießen. Ich wechselte ein paar Schüsse mit dem Gegner und wich dann aus. Damit gab sich der Franzose zufrieden und flog mit den anderen weg. Ich hängte mich dem Geschwader sofort wieder an, und da ich schneller war, gelang es mir bald, an den am tiefsten fliegenden Gegner auf Schußentfernung heranzukommen. Ich schoß aber nicht gleich, um die andern Flugzeuge nicht zu früh aufmerksam zu machen. Erst als ich auf hundert Meter heran war, fing ich zu feuern an. Da bekam der andere es mit der Angst und versuchte auszureißen. Ich hängte mich aber an ihn und jagte ihm immer wieder wohlgezielte Schüsse von hinten hinein. Meine Sorge waren nur die anderen, die mein Geschieße hörten und ihrem Kameraden zu Hilfe kamen. Ich mußte also schnell machen. Daß ich Erfolg hatte, merkte ich daran, daß der Franzose schließlich in den Gleitflug überging, um so zu entkommen. Wir kamen beide schließlich von 2500 bis auf 1200 Meter herunter. Ich schoß ihm dabei immer, so gut ich konnte, in den Rücken. Inzwischen waren aber zwei Kameraden von ihm da und so freundlich, mir einige Grüße zu senden. Sehr angenehm ist das nicht, und für mich kam noch das Unangenehme hinzu, daß ich ohne Karte in einer ganz neuen Gegend herumtoste und nicht mehr wußte, wo ich war. Da mein Gegner immer tiefer ging und seine Kumpane auch näher kamen, mußte ich schließlich annehmen, daß ich hinter der feindlichen Linie war. Ich brach deshalb das Gefecht ab und war bald, infolge meiner Geschwindigkeit und da die Franzosen daraufhin von mir abließen, wieder allein. Nun mußte ich mich zurückfinden. Ich flog also stur nach Norden und kam denn auch bald wieder in die mir von der Kriegsschule her bekannte Umgegend von M. Als ich zurückkam, wußte ich also bloß das, was ich geschildert habe; ich konnte nur von einem Kampf, nicht von einem Siege melden. Mit Hilfe der Karte stellte ich fest, daß ich bei P. à M. gewesen war. Am Nachmittag kamen dann die Meldungen von vorn: die Infanterieposten hatten auf der Höhe ... einen Doppeldecker herunter »flattern« sehen. Die Artillerie meldete schon bestimmter: der von mir beschossene Doppeldecker läge hinter dem feindlichen Drahthindernis, der Führer wäre als Leiche oder schwer verwundet in den nahen Graben geschleppt; das Flugzeug sei daraufhin von unserer Artillerie beschossen und zerstört worden. – Ich reime mir nun die Geschichte so zusammen: Ich habe den Führer beim Kampf schwer verwundet, er hat daraufhin versucht, den Boden im Gleitflug und möglichst noch innerhalb der eigenen Linien zu erreichen. Kurz vor der Landung hat er dann die Besinnung oder die Herrschaft über das Flugzeug verloren und ist dann herunter»geflattert«, d. h. abgestürzt. Das war der vierte.

siehe Bildunterschrift

Bölcke schreibt über seinen ersten Besuch beim Kaiser [Faksimile]

17. Oktober 1915.

Gestern, 16. Oktober, dicht bei P. französischen Voisin-Doppeldecker abgeschossen.

R., 2. November 1915.

Am 30. Oktober war unsererseits Angriff bei T. Jede feindliche Luftaufklärung sollte unterbunden werden, was den Tag sehr schwer war: Wolkenhöhe 1500 Meter, an einzelnen Stellen durchbrochen. Franzosen kutschten in 1400 Meter immer hinter ihrer Front herum. Habe zwei durch die Wolken hindurch attackiert. Der erste entkam. An den zweiten kam ich auf 100 Meter ungesehen heran. Der Kerl riß aus, half aber nichts, ich war viel schneller. Habe 500 Schuß abgegeben, bis er fiel. Bin bis auf drei bis fünf Meter heran gewesen. Er wollte nicht fallen. Im Moment, wo Zusammenstoß erfolgen mußte, meinen Kahn links weggerissen. Gegner kippte nach rechts. Habe nichts mehr von ihm gesehen. Kam selber arg in Schwindel. Wurde verfolgt von zwei Farmans und war nur 1000 Meter hinter feindlicher Linie. Artillerie schoß. Alles zu hoch. Bin ohne Treffer nach Hause gekommen. Feindliches Flugzeug ist in die feindlichen Linien gestürzt. Die etwa 200 Meter von unseren Linien entfernten Trümmer sind deutlich zu sehen, besonders ein aufrechtstehender Flügel. Angriff war meinerseits etwas frech, doch an diesem Tage von großem militärischen Wert: Franzosen kamen nicht mehr so nah an unsere Front.

siehe Bildunterschrift

Zwei Siege

D., 12. Dezember 1915.

Bin jetzt wieder im altbekannten D. In der Stadt ist alles beim alten. Der Hauptmann hat sich besonders gefreut, daß er mir gestern die für mich durch Zufall gerade angekommene Rettungsmedaille überreichen und mich mit guter Vorbedeutung empfangen konnte.

D., 31. Dezember 1915.

Weihnachten sehr schön und gemütlich gefeiert. Am Heiligabend war zuerst Feier der Mannschaften in einem ausgeschmückten Flugzeugschuppen. Die Mannschaften sind sehr reich beschenkt worden. Für jeden Mann hatte die Inspektion der Fliegertruppen ein Paket mit allen möglichen Sachen geschickt. Außerdem hatten sich zwei auf Urlaub weilende Herren in Köln und Hamburg sehr bemüht. Am Abend hatten wir Offiziere im Kasino auch eine kleine Bescherung, wo gleichzeitig auch die Auszeichnungen verteilt wurden. Für mich war ein sehr schöner silberner Pokal neben anderen kleineren Sachen vorhanden. Diesen Pokal mit der Inschrift »Dem Sieger im Luftkampf« hat der Chef des Feldflugwesens für mich gestiftet. Immelmann hat den gleichen bekommen. –

Vorgestern hatte ich es mit einem ganz zähen Menschen zu tun, der sich tapfer wehrte. Ich war aber doch überlegen und drängte ihn gleich in die Defensive. Nun versuchte er durch Kurven usw. mir zu entrinnen, auch einigemal mir meine schwache Seite abzugewinnen. Das gelang ihm zwar nicht, mir gelang es aber leider auch nicht, den Führer tödlich zu verwunden, nur den Erfolg hatte ich, daß ich das Flugzeug immer tiefer drückte. Wir hatten in 2800 Meter Höhe angefangen, und in kurzer Zeit hatte ich ihn auf 1000 Meter herunter. Wir tosten fortwährend beide umeinander herum. Da ich schon vorher auf zwei andere geschossen hatte, standen mir nur noch wenig Patronen zur Verfügung. Das war für den anderen die Rettung. Er konnte sich schließlich nicht mehr wehren, da ich den Beobachter tödlich verletzt hatte. Nun wäre es für mich verhältnismäßig ungefährlich gewesen, ihn herunterzuholen, doch hatte ich in etwa 800 Meter Höhe keine Patronen mehr. So konnte keiner dem anderen zu Leibe. Da kommt schließlich ein anderer Fokker (Immelmann) zu Hilfe, und der Kampf beginnt von neuem. Ich attackiere immer lustig mit, um den Engländer möglichst verwirrt zu machen. Es gelingt uns auch, ihn bis auf 100 Meter herabzudrücken, wir warten schon darauf, daß er landet, doch fliegt er wie ein Verrückter immer hin und her, wir beide immer nach. Ich wollte ihn durch mein Anfliegen usw. möglichst vom Weiterflug abhalten, da setzte mein Motor aus, und ich mußte landen. Ich sehe gerade noch, wie der Gegner hinter der nächsten Baumreihe verschwindet, denke, er landet dort, freue mich, bewaffne mich mit einer Leuchtpistole (ich hatte nichts anderes da) und reite auf einem Gaul hinüber, um den Kerl gefangenzunehmen. Doch Kuchen! Der war weitergeflogen. Ich erkundige mich überall, telephoniere, nichts Genaues ist zu erfahren. Am Abend kommt dann die Meldung, daß der Engländer tatsächlich in 100 Meter Höhe über unseren Schützengräben nach Hause geflogen ist. Schneidig von dem Kerl! Das macht ihm nicht jeder nach. Immelmann hat wegen Ladehemmung nicht mehr schießen können.

8. Januar 1916.

Am 5. Januar früh verfolgte ich zwei Engländer, holte sie bei H.-L. ein und griff den nächsten an. Der andere scheint mich nicht gesehen zu haben, auf jeden Fall toste er weiter. Der Kampf war verhältnismäßig kurz, ich griff ihn an, er verteidigte sich, ich traf, er nicht. Er war im Kampf ziemlich heruntergekommen, schließlich fing er an zu winken und schritt zur Landung. Ich blieb ihm dabei dicht auf dem Pelz, damit er mir nicht wieder entschlüpfte. Dicht bei H. landete er; der Apparat brach dabei auseinander. Den Führer sah ich herausspringen und daneben zusammenbrechen. Ich landete schnell in der Nähe und fand den Apparat schon umringt von Leuten aus dem nahen Nest. Die Engländer, die ich ansprach, waren beide verwundet, der Beobachter schwer, der Führer leicht. Letzterer sprach Deutsch, und ich unterhielt mich mit ihm, während der andere weggetragen wurde. Er war sehr traurig, daß er Bruch gemacht hatte. Ich hatte ihm die Verwindung zerschossen. Gestern habe ich dem Beobachter (der Führer war inzwischen abtransportiert) im Lazarett einen Besuch gemacht und ihm englische Bücher und Photographien von seinem Flugzeug gebracht. Er freute sich sehr darüber. Meinen Namen kannte er gut. –

Am 5. Januar flog ich mittags noch einmal die Front ab, aber es war alles still. Ich landete und fuhr mit den anderen zum Essen in die Stadt, da sich der Himmel wieder bezog. Jetzt stelle sich einer mein Pech vor. Ich bin gerade drinnen, da kommt ein feindliches Geschwader von zehn Flugzeugen an. Ich presche wieder hinaus auf den Platz, wo gerade der Feind seine Bomben ablädt. Alle Monteure waren in den Unterständen. Ich schrie wie am Spieß; endlich kam einer an. Ich mußte eine 80-PS.-Maschine nehmen, da meine 160er Immelmann (der auf dem Platz geblieben war) schon genommen hatte. Mit der 80er kam ich aber nicht mehr recht an die Gegner heran. Ein feindliches Flugzeug hing vom Geschwader etwas ab. Auf dieses hatte es schon ein anderer Fokker abgesehen, dem ich dann zu Hilfe gekommen bin, da ich die anderen doch nicht mehr erwischen konnte. Als der Engländer uns beide um sich herumturnen sah, wurde ihm die Sache zu bunt, und er landete schleunigst bei V., wir beide gleich daneben. Der Engländer war allein in seinem Kahn, hatte seine dicken Bomben noch darin, war selber unverwundet und nur aus Angst vor uns niedergegangen.

15. Januar 1916.

Nun sind die Ereignisse so schnell aufeinandergefolgt, daß ich gar nicht mehr mit Schreiben nachkommen kann.

Am 11. Januar abends hatten wir eine kleine Feier, die mich auf etwas länger als gewöhnlich aufgehalten hatte. Ich hatte früh gar keine rechte Lust aufzustehen. Doch da das Wetter gut war, trottelte ich auf den Platz hinaus, stieg gegen 9 Uhr auf und flog nach Lille, um mich dort auf Lauer zu legen. Anfangs hatte ich gar kein Glück und flog über eine Stunde, ohne etwas zu sehen. Endlich sah ich bei Ypern Sprengpunkte. Ich flog so weit, daß ich das Meer sehen konnte, fand aber das Flugzeug leider nicht mehr. Auf dem Rückwege sah ich westlich Lille zwei Engländer über die Linie kommen, von denen ich dem ersten auf den Leib ging. Das schätzte aber dieser gar nicht, sondern machte gleich kehrt und flog wieder zurück. Ich bekam ihn gerade an der Front zu fassen. Hier begrüßten wir uns gegenseitig mit unseren Maschinengewehren, worauf er vorzog, schnell niederzugehen. Ich ließ von ihm ab, um womöglich dem zweiten des Pärchens auch noch die Aufklärung bei uns zu versalzen. Dank meiner schnellen Maschine kam ich ihm, der nördlich Lille nach Osten flog, allmählich näher. Als ich etwa 400 bis 500 Meter noch von ihm entfernt war, schien er genug gesehen zu haben, denn er flog (oder wollte) jetzt wieder nach Westen. Da bekam ich ihn zu fassen. Ganz ruhig flog ich hinter ihm her, bis ich nahe genug heran war. Der Engländer schien den Spaß auch zu kennen, denn er ließ mich ruhig näherkommen, ohne zu schießen. Erst als ich anfing, fing er auch an. Ich flog genau hinter ihm her und konnte sehr schön und ruhig zielen, besonders, da der Gegner genau geradeaus flog. Er wechselte zweimal seine Patronentrommeln. Plötzlich, nach gar nicht langer Zeit, ging der feindliche Apparat absturzähnlich nieder. Ich wußte Bescheid; da mußte der Führer getroffen sein. In etwa 800 Meter Höhe, während ich nachging, fing sich für kurze Zeit der Apparat und ging dann wieder fast senkrecht herunter. Er sauste in einen Garten des Dorfes M., nordöstlich S. Da das Gelände dort sehr schlecht war, flog ich zur Fliegerabteilung ... nach Lille. Ich meldete telephonisch meinen Kampf, und was höre ich zu meinem Erstaunen? Immelmann hat zur selben Zeit bei P. einen Engländer abgeschossen. Da mußte ich doch laut lachen.

Die größte Überraschung kam am Abend. Wir waren gerade beim Essen, da wurde ich ans Telephon gerufen. Am anderen Ende war der Adjutant des Feldflugchefs und beglückwünschte mich zum Pour le mérite. Ich meinte, er mache Spaß. Doch er teilte mir mit, daß Immelmann und mir von Seiner Majestät telegraphisch der Orden verliehen sei. Mein Erstaunen und meine Freude waren groß. Ich ging dann hinein, sagte nichts, sondern schickte Hauptmann K. ans Telephon, der bei seinem Wiederkommen die Nachricht öffentlich verkündete. Zuerst allgemeines Erstaunen, dann große Freude. Noch am selben Abend liefen verschiedene Glückwünsche ein, und am nächsten Tage, am 13. Januar, habe ich eigentlich nichts weiter tun können, als Glückwünsche in Empfang nehmen. Die Leute waren alle aus dem Häuschen vor Freude. Eine alte Exzellenz ließ mich gar nicht wieder los, und nur unter dem Versprechen, ihn zu besuchen, kam ich frei. Von überall kamen telephonische und telegraphische Glückwünsche. Der König von Bayern, der zufällig beim Kronprinzen von Bayern in Lille war, lud uns für den 14. Januar zum Essen ein.

Nun kam aber das Witzigste. Am 14. Januar, also gestern, war früh Flugwetter. Ich starte also um 9 Uhr in alter Frische, um nach meiner Kundschaft zu sehen. Da bei Lille Wolken kamen, verlegte ich mein Jagdrevier südlich Arras. Ich bin auch kaum eine Stunde geflogen, da sehe ich bei P. Sprengpunkte. Während ich hinflog, schien mich der Engländer auch bemerkt zu haben, denn er flog zurück. Ich holte ihn aber bald ein.

Als er sah, daß ich ihm auf den Leib kam, machte er plötzlich eine Wendung auf mich zu und attackierte mich. Nun begann mein bisher schwierigster Kampf. Der Engländer versuchte immer, mir in den Rücken zu kommen, und ich umgekehrt. Wir tosten also immer lustig umeinander herum. Da ich aber meine Erfahrungen vom 28. Dezember, wo ich mich verschossen hatte, beherzigte, schoß ich jetzt nur, wenn ich ihn gut im Visier hatte. So kam es, daß wir manchmal mehrere Minuten umeinander herumflogen, ohne daß ich schoß. Mir konnte ja diese Dreherei gleichgültig sein, da wir über unserem Gebiet waren. Ich sagte mir, einmal muß er ja doch geradeaus nach Hause fliegen. Er versuchte denn auch, während der Fliegerei immer etwas mehr an seine Linien, die nicht allzuweit entfernt waren, heranzukommen. Bei dieser Gelegenheit gelang es mir, ihn einmal richtig zu fassen und ihm den Motor zu zerschießen; dies merkte ich daran, daß er nach diesem Angriff in flachem Gleitfluge, eine Öldampfsäule hinter sich herziehend, der jetzt schon ziemlich nahen englischen Stellung zustrebte. Das mußte ich verhindern. Er war in seinem Gleitflug schon ziemlich tief heruntergekommen. Ich mußte ihn also trotz seines zerschossenen Motors noch einmal angreifen. In etwa 100 bis 200 Meter kurz vor unseren Schützengräben holte ich ihn ein und beschoß ihn nun aus nächster Nähe mit meinen beiden Maschinengewehren (Munition brauchte ich jetzt ja nicht mehr zu sparen). Mit dem Augenblick, wo ich ihn ganz aufgeholt hatte, waren wir gerade über unseren Gräben. Ich bog dann ab und flog zurück. Wo das andere Flugzeug geblieben war, konnte ich nicht mehr feststellen, da ich selber machen mußte, daß ich wegkam. Ich flog wieder zurück, und da ich nicht mehr viel Benzin hatte, landete ich in der Nähe des Dorfes F. Hier wurde ich vom Divisionsstab sehr gut aufgenommen und erfuhr zu meiner großen Freude gleich, was aus dem Engländer geworden war. Der feindliche Apparat ist sofort nach meinem Abfliegen in der Nähe der englischen Stellung niedergegangen. Die Gräben sind an der Stelle nur hundert Meter auseinander. Einer der Insassen, wie es scheint, der Führer, ist aus dem halb zerstörten Apparat herausgesprungen und in den englischen Schützengraben gelaufen. Er scheint entwischt zu sein, trotzdem unsere Infanterie auf ihn schoß, und hat Glück gehabt. Den feindlichen Apparat hat unsere Feldartillerie unter Feuer genommen. Unter den ersten Schüssen war ein Volltreffer, so daß die Maschine gleich gebrannt hat. Der eine Insasse, wohl der Beobachter, der entweder schon tot war oder schwer verwundet, ist mit verbrannt. Von dem Apparat ist nur das Gerippe übriggeblieben. – Da meine Monteure erst sehr spät kamen und ich um ½6 Uhr beim König von Bayern sein mußte, fuhr ich mit dem Auto der Division nach D. und von dort gleich weiter nach Lille. König und Kronprinz haben sich beide lange mit mir unterhalten, besonders freute es sie, daß ich schon wieder einen heruntergeholt hatte. – Als wir wieder zu Hause waren, kam die Kehrseite der Medaille. Jeder gratulierte einem, überall wurde man eingeladen und überall dasselbe gefragt; ich werde bald einen gedruckten Fragebogen bei mir führen müssen. – Über meinen neunten habe ich mich besonders gefreut, weil er eine so schnelle Antwort auf den Pour le mérite war.

S., 16. März 1916.

Ich bin seit 11. März hier in S. Da die Front sich vor Verdun überall weiter nach vorn geschoben hat, waren wir zu weit hinten. Man sah die feindlichen Flieger an der Front nicht mehr, die Meldungen kamen zu spät, so daß man niemals früh genug da war. Darum bat ich, mir weiter vorn einen Flugplatz einrichten zu dürfen. Ich suchte mir hier eine schöne Wiese aus. Ich bin ganz selbständig, habe ein Personen- und ein Lastauto, einen Unteroffizier und fünfzehn Mann. Wir sind so nahe an der Front, daß wir jeden feindlichen Flieger sehen können, der erscheint. In den ersten Tagen meines Hierseins hatte ich gleich guten Zulauf. Am 12. März war sehr schönes Flugwetter. Da gab es tüchtig zu tun. Ich startete gegen 11 Uhr, um zwei französische Farmandoppeldecker, die über dem Toten Mann kreisten, zu vertreiben. Wie ich hinkam, waren aber schon vier da. Ich wartete eine günstige Gelegenheit ab, bis zwei von ihnen über unsere Front kamen, und griff sofort den oberen an. Nun entspann sich ein lustiges Geschieße. Die beiden Franzosen hielten wie Pech und Schwefel zusammen; ich ließ aber den einmal angegriffenen nicht wieder los und flog immer hinter ihm her, während der zweite Franzose seinerseits versuchte, hinter mir her zu sein. Es war das reine Katze- und Mausspielen. Der von mir angenommene wand sich wie ein Aal, um zu entkommen. Schließlich waren wir bis auf fünfhundert Meter herunter. Ich kriegte den einen schön von hinten zu fassen, flog ganz nahe heran, wunderte mich, daß er keine Kurven mehr machte, und wollte ihm gerade den letzten Rest geben, da versagten plötzlich meine Maschinengewehre. In der Hitze des Gefechts hatte ich zu stark auf den Knopf gedrückt, so daß dieser sich jetzt klemmte. Da mich nun der zweite Franzose seinerseits vornahm, riß ich schleunigst aus. Der letzte Kampf war über unseren Stellungen gewesen. Wie nun meine Nachforschungen und die Meldungen von vorn ergaben, hatte der eine Franzose doch sein Teil abbekommen. Er hat im Gleitflug gerade noch das jenseitige Maasufer erreicht und ist dort östlich M., wie einige sagen, gelandet, wie andere sagen, gestürzt. Ich glaube das erstere, bloß hat er keine glatte Landung gemacht, sondern die Maschine ist dabei in die Brüche gegangen. Durch Leutnant R. erfuhr ich dann, daß sowohl das Flugzeug wie auch ein Auto, das Hilfe bringen wollte, in Brand geschossen wären, und durch Leutnant B., Jägerregiment ..., hörte ich die näheren Umstände. Nach der Landung ist der eine Insasse in das nahe Dorf gerannt, nach kurzer Zeit mit einer Tragbahre wiedergekommen und hat den zweiten abgeschleppt. Die Sache scheint also so gewesen zu sein. Ich habe den Führer schwer verwundet, dieser ist gerade noch heruntergekommen, ist fortgeschleppt worden, und das Flugzeug hat unsere Artillerie zerstört. –

Am folgenden Tage, dem 13., war wieder großer Luftbetrieb. Früh kam ich gerade dazu, wie über dem Fort Douaumont ein Deutscher von einem avion de chasse angegriffen wurde. Den letzteren habe ich mir vorgenommen und verjagt, es war eine reine Pracht, wie er ausriß. – Nachmittags gegen 1 Uhr sah ich ein französisches Geschwader beim Toten Mann über die Front Richtung D. fliegen. Ich suchte mir nun einen von ihnen aus und stieß auf ihn zu, es war ein Voisin-Doppeldecker, der etwas rechts abhing. Da ich sehr hoch über ihm war, kam ich schnell heran und beschoß ihn kräftig, ehe er die Lage richtig erfaßt hatte. Er machte sofort kehrt, um nach der Front auszureißen. Ich griff ihn nochmals kräftig an, da kippte er nach rechts und verschwand unter meinem Flügel. Ich glaubte, er stürze ab, drehte gleich wieder bei, um ihn weiter im Auge zu behalten, und sehe zu meinem Erstaunen, daß der Gegner sich wieder aufrichtet. Nochmals gehe ich auf ihn zu, da erblicke ich etwas ganz Sonderbares. Der Beobachter war aus dem Apparat herausgeklettert und saß auf dem linken Tragdeck, hielt sich an den Streben fest, sah erschreckt auf mich und winkte mit der Hand. Das ganze Bild sah sehr kläglich aus, und ich zauderte einen Augenblick, auf ihn zu schießen. Er war ja gänzlich wehrlos. Ich hatte dem Apparat die Steuerorgane zerschossen, und die Maschine war abgestürzt; um sie wieder in die Gewalt zu bekommen, war der Beobachter herausgeklettert und hatte sich auf den einen Flügel gesetzt, um das Gleichgewicht wiederherzustellen. Ich schoß noch einige Schuß auf den Führer, um den Gegner ganz herunter zu bekommen. Da wurde ich von einem zweiten Franzosen gestört, der seinem Kameraden zu Hilfe kam. Da ich nur wenig Patronen hatte und auch schon über den Schützengräben war, flog ich schnell weg. Der feindliche Apparat ist nach meinem Weggang noch eine kurze Strecke im Gleitflug geflogen, schließlich aber doch aus niedriger Höhe abgestürzt. Er liegt vor einer unserer Feldwachen, östlich des Dorfes M. Man kann ihn von unserer Front aus deutlich liegen sehen.

Nun haben wir den Franzosen doch auch den Spaß versalzen. – Am 14. März habe ich nochmals einen avion de chasse gefaßt, der es sehr eilig hatte, sich aus meiner Nähe zu entfernen. Ich habe ihn noch etwas begleitet und mit dem Maschinengewehr die Musik dazu gemacht. Er ging hinter dem Fort M. nieder, wie auch die Jäger gemeldet haben.

17. März 1916.

Gestern abend war ich beim Kronprinzen zum Abendessen eingeladen. Es war sehr gemütlich und nett. Der Kronprinz legt gar keinen Wert auf Etikette und ist sehr natürlich. Mich hat er tüchtig »ausgequetscht«, wie er selbst sagte. Wir haben uns lange unterhalten, und beim Weggehen meinte er, er wolle beide Daumen für mich drücken, daß das Dutzend bald voll würde.

S., 21. März 1916.

Nummer zwölf und dreizehn sind sehr schnell hintereinander gekommen. Da jetzt täglich Flugwetter war, gab es immer Arbeit. Am 19. März flog ich gegen Mittag in der Gegend D. und wollte dort zwei Farmans abfassen, die hinter ihrer Front, herumkutschten. Da sah ich gegen ¼1 Uhr auf dem westlichen Maasufer Sprengpunkte nach Norden gehen. Ich kam gerade hin, als der feindliche Apparat über seinen Linien wieder zurückflog. Ich glaubte schon, er wäre mir entwischt, da sehe ich plötzlich, wie er kehrtmacht und auf einen deutschen Doppeldecker zufliegt. Das ist ihm aber schlecht bekommen, denn ich kriegte ihn von oben zu fassen. Sobald er mich sah, wollte er in steilem Spiralgleitflug ausreißen und versuchte dabei, auf mich zu schießen. Wenn aber einer so angstgeschwollen ist und dazu noch in der Kurve, dann trifft er nie etwas. Ich dagegen wartete immer die günstigen Augenblicke ab und setzte ihm gutgezielte Schüsse hinein. Dabei kam ich ziemlich heran, plötzlich sehe ich, daß der Gegner sich überschlägt, kurz darauf ein Flügel wegbricht und das Flugzeug sich langsam in Atome auflöst. Da wir Südwind hatten, waren wir im Kampf an unsere Stellungen herangekommen, so daß der Apparat in unsere Gräben fiel. Die Insassen, ein Offizier und ein Unteroffizier, waren beide tot. Ich habe den Führer mehrfach getroffen, so daß sofort der Tod eingetreten war. Die Infanterie hat verschiedene Sachen aus dem abgestürzten Flugzeug zurückgeschickt, so einen Photographenapparat und ein Maschinengewehr. Die Bilder sind entwickelt worden, sie zeigten unsere Artilleriestellungen. –

Heute früh startete ich um 9 Uhr 50, da über der Côte de ... ein Farmandoppeldecker von Ballonabwehrkanonen beschossen wurde. Der Gegner flog in der Linie Ch... bis Ch... auf und ab. Etwa um 10 Uhr 10 hatte ich den feindlichen Doppeldecker überhöht, ebenso einen zweiten, über dem Rücken von M. fliegenden Farman. Als sich der Farman wieder unseren Stellungen näherte, flog ich auf ihn zu, um anzugreifen. Auch die Ballonabwehrkanonen schossen auf die sich nähernden Flugzeuge. Ich hielt die Schüsse für Richtungsschüsse, da sie gar nicht an die Franzosen heranreichten. Den Augenblick, wo der eine Farman eine Kurve nach Süden machte, benutzte ich, um mich auf den etwas tiefer fliegenden von beiden zu stürzen. Dieser sah mich kommen und versuchte, sich in steilem Kurvenfluge dem Angriff zu entziehen. Da der Gegner sehr geschickt flog, kam ich sehr spät erst zum Schießen. In etwa fünf- bis sechshundert Meter Höhe eröffnete ich das Feuer auf den Gegner, der immer noch im Kurvengleitflug die schützende Nähe seiner Linien zu erreichen suchte. Da ich schließlich im Verfolgen bis auf zweihundert Meter an die Chaussee M.–Ch. gekommen war, brach ich den Kampf ab. Der Gegner gab darauf wieder Gas (es war deutlich die Ölwolke zu erkennen) und flog in südöstlicher Richtung fort. Für diesen Mißerfolg wurde ich zwei Stunden später entschädigt. Vormittags gegen 11 Uhr sah ich westlich O. einen deutschen Doppeldecker im Kampfe mit einem Farmandoppeldecker. Ich stürzte mich auf den Farman, den ich von hinten zu fassen bekam, während ein anderer Fokker von schräg oben auf ihn zusteuerte und dann beidrehte. Währenddessen war ich dem Farman, der mich scheinbar gar nicht hat kommen sehen, auf ganz nahe Entfernung (unter achtzig Meter) aufgekommen und eröffnete erst jetzt das Feuer. Da ich von schräg oben kam, und stark drückte, hatte ich den feindlichen Apparat in wenigen Sekunden aufgeholt. In dem Augenblick, wo ich meine Maschine über den Gegner hinwegreißen wollte, sah ich diesen explodieren. Ich bekam noch die schwarze Rauchwolke ins Gesicht. Es war gar kein Kampf, sondern ein in kürzester Zeit erfolgtes Herunterknallen. Das Schauspiel, wie kurz vor mir der feindliche Apparat auseinanderbrach, in Flammen aufging und dann wie eine große Fackel herunterfiel, war sehr schön. –

Die Gerüchte über meine Kopf-, Hals-, Arm-, Bauch-, Bein- usw. Schüsse werden wohl nun verstummen. Die Leute werden nun jetzt vielleicht glauben, daß ich mich ganz wohl fühle, und nicht mehr mit »bedenklichen« Mienen nach mir fragen.

29. April 1916.

Am Donnerstag früh um 9 Uhr, als ich nach einer kurzen Reise nach Deutschland wieder in S. einfuhr, erschienen auch schon zwei Franzmänner (seit vier Wochen das erstemal!). Ich fuhr gleich auf den Platz und hinterdrein, kam aber doch zu spät. Ich war gerade noch Zeuge, wie ein deutscher Doppeldecker einen abschoß, der andere entkam. Ich flog dann nach der Ostfront von Verdun und kam gerade noch zurecht zu einem neuen Rabatz. Dort waren drei Franzmänner über die Front gekommen und sofort von einem Fokker angenommen worden, der aber dabei doch in Not kam und sich zurückziehen mußte. Ich kam ihm zu Hilfe, nahm mir einen vor und wickelte ihn. Daraus flog die ganze Gesellschaft wieder zurück. Ich ließ aber meinen Klienten nicht los, sondern blieb ihm immer dicht auf. Er wand sich wie ein Aal und flog sehr geschickt. Ich bekam ihn dreimal von hinten und einmal schräg von vorn gut zu fassen, so daß die Maschine schließlich eine steile Kurve machte und sich so überschlug, daß sie eine Zeitlang mit den Rädern nach oben flog. Dann kippte sie über den Flügeln nach unten. Nach den Meldungen der ... Reservedivision ist das Flugzeug, sich noch zweimal überschlagend, senkrecht über das Waldgelände südwestlich V. gestürzt. Das war Nummer 14.

S., 9. Mai 1916.

Am 1. Mai sah ich vom Platz gegen Abend einen feindlichen Doppeldecker über dem Pfefferrücken. Ich startete gleich und fand ihn noch in etwa fünfzehnhundert Meter Höhe. Wie es schien, hatte er mich nicht gesehen. Ich nahm ihn von hinten oben an und begrüßte ihn mit dem bei uns üblichen Maschinengewehrfeuer. Er macht daraus schnell eine Kurve und, stelle sich einer die Frechheit vor, schießt wieder. Lange hat er das aber nicht gemacht. Ich hatte ihn gleich ordentlich in der Zange, die Operation war kurz und bündig. Er drehte und wand sich noch ein paarmal, dann war er erledigt und kippte um, woraus ich befriedigt nach Hause flog. Das Ganze dauerte höchstens zwei Minuten.

2. Juni 1916.

Am 17. Mai hatte ich einen anständigen Tag. Eines unserer Artillerieflugzeuge wollte bei Verdun photographieren und bat mich, als Schutz mitzufliegen. Über der Côte de ... traf ich den anderen und begleitete ihn in großer Höhe. Er konnte in aller Ruhe arbeiten und kehrte unbeschossen bald wieder zurück. Auf dem Rückfluge sah ich bei Douaumont Sprengpunkte und flog zur näheren Besichtigung dorthin. Außer mir waren noch etwa vier bis fünf deutsche Doppeldecker da, doch sah ich auch einige französische Jagdflugzeuge drüben. Ich hielt mich etwas im Hintergrund und beobachtete die Gegner. Da sehe ich, wie ein Nieuwport frech wird und einen unserer Doppeldecker angreift. Ich stürze sofort darauf zu, komme auf nahe Entfernung heran und glaube schon meinen Erfolg sicher. Doch war ich mit zu großer Fahrt angelangt, so daß ich sofort über ihn wegschoß. Er machte sich nun schleunigst davon, ich hinterher. Mehrmals kam ich noch gut zum Schießen, doch hatte ich einen tüchtigen Gegner vor mir, der glänzend flog (die Angst wird auch mit geholfen haben); ich begleitete ihn noch ein wenig, was er aber nicht recht zu schätzen schien. Da inzwischen seine Kriegsgefährten ihm zu Hilfe kamen und versuchten, mir die Jacke vollzuschießen, zog ich mich hinter unsere Linie zurück und erwartete die Gegner hier. Einer, der viel höher als ich flog, kam auch und griff an, wir drehten einige lustige Kurven, worauf er wieder abdampfte. Da der Gegner höher war, kam ich sehr schlecht zu Schuß, ich ließ es mir aber nicht nehmen, ein bißchen hinterherzufliegen. Bei diesem Späßchen war ich mittlerweile von meiner schönen Höhe von viertausend Metern auf die Hälfte heruntergekommen, ebenso war es unseren Doppeldeckern gegangen.

Und siehe da, ich traue meinen Augen kaum, da erscheinen in viertausendvierhundert Meter Höhe, wie an einer Schnur ausgerichtet, acht feindliche doppelmotorige Caudrons. Sie flogen auf der Front Maas-Douaumont, immer zwei und zwei. So eine Gemeinheit! Ich mußte doch nun erst wieder auf diese Höhe klettern, hänge mich also unter ein Pärchen und versuche heranzukommen. Doch da sie so unheimlich hoch flogen und sich auch durchaus nicht zu mir herunter bemühten, kam ich nicht heran, zumal da sie schon vor unseren Fesselballons kehrtmachten. So vergingen etwa fünfzehn bis zwanzig Minuten. Als die Gegner wieder an der Front waren, war ich schließlich fast so hoch wie sie und versuchte nun, ihnen von untenher etwas zu geben. Aber die Herren straften mich mit Verachtung und flogen unbekümmert nach Hause. Da sah ich über der Côte de ... noch zwei Caudrons ankommen, die zu meiner Freude tiefer waren als ich. Ich flog hin, doch waren sie inzwischen schon über die Maas. Einen wollte ich trotzdem noch gern bedenken, da sah ich noch rechtzeitig hoch über der Stellung einen Nieuwport und einen anderen Caudron auf mich herunterstoßen. Ich nehme mir den gefährlicheren Gegner zuerst vor und fliege dem Nieuwport geradeswegs entgegen. Wir beknallten uns, rutschten übereinander weg, aber keiner traf den anderen. Ich wollte mich ja auch nur verteidigen. Wenn man aufeinander zufliegt, summieren sich die Geschwindigkeiten, so daß man nie etwas trifft. Doch da ich tiefer war, konnte ich weiter nichts tun, wenn ich keine Höhe verlieren wollte. Ich drehte sofort um und knallte hinter dem anderen kurz hinterher. Da kam auch schon der andere Caudron und machte dasselbe Manöver mit mir, nur schlechter wie der Nieuwport. Ich setzte mich auch sofort dahinter und wollte ihm noch etwas am Zeuge flicken, da kommt mir ein anderer Fokker zu Hilfe und zuvor. Dieser stürzt sich auf den Caudron, der, da wir inzwischen leider schon hinter der französischen Linie waren, sofort abstellte und ausriß. Der andere Fokker ging schon hinterher. Das sah der Nieuwport und kam seinen bedrängten Kameraden zu Hilfe; dies sah ich und kam dem anderen Fokker zu Hilfe. Jetzt war folgende witzige Lage geschaffen: Unten der ausreißende Caudron, hinterher ein Fokker, hinter diesem der Nieuwport, hinter diesem ich. Das war eine lustige Knallerei. Schließlich ließ der Fokker von dem Caudron, und auch der Nieuwport von dem Fokker, da ihm die Schießerei allmählich langweilig wurde. Ich verschoß noch meine letzten Patronen und flog dann auch nach Hause. Die ganze Komödie hatte etwa eine Stunde gedauert. Gearbeitet hatte ich schwer genug, doch ohne sichtbaren Erfolg. Aber wenigstens hatte der andere Fokker (der sich nachher als Althaus entpuppte) und ich das Schlachtfeld behauptet.

Am 18. Mai kam Nummer 16. Ich flog gegen Abend und fand die ganze Gegend um Verdun durch unsere Doppeldecker verpestet, da hielt ich mich für vollkommen überflüssig und ging deshalb etwas auf Reisen. Ich wollte mir einmal wieder die Champagne ansehen und flog bis A. und wieder zurück. In der ganzen Gegend herrschte der tiefste Frieden, sowohl auf der Erde wie in der Luft. Nur ein einziges Flugzeug hatte ich bei A. von fern gesehen. Da habe ich das Glück, auf meinem Rückfluge südöstlich M. zwei Sprengpunkte und gleich darauf einen zweimotorigen Caudron dicht bei mir zu finden. Der Franzmann hatte mich gar nicht gesehen. Er flog schon wieder nach Hause und ahnte nichts Böses. Da er gar keine Anstalten machte zu entweichen oder anzugreifen, flog ich immer näher heran, ohne zu schießen. Als ich auf etwa fünfzig Meter nahe war und die beiden Leute im Apparat deutlich sehen konnte, fing ich ein wohlgezieltes ruhiges Dauerfeuer an. Gleich darauf kippte der Gegner und wollte nach unten entweichen, doch das war jetzt zu spät, ich war zu nahe heran und konnte ihn in aller Ruhe beschießen. Nach etwa hundertfünfzig Schuß sah ich den linken Motor stark qualmen, kurz darauf mit einer grell leuchtenden Flamme explodieren. Der Apparat überschlug sich, brach in sich zusammen und brannte auf. Wie ein Klotz fiel er in die zweite französische Stellung hinunter und brannte dort weiter. –

Am 20. Mai ging ich wieder in der Champagne auf Jagd und faßte auch einen Farman nördlich V. Ich griff ihn hinter seiner Linie an, doch ging er gleich herunter. Trotzdem versuchte ich es mit ihm, da sonst weit und breit nichts zu sehen war. Ich hängte mich an seinen Schwanz und beschoß ihn, er wollte aber nicht fallen. Die Farmanpiloten sind durch den hinten liegenden Motor sehr geschützt. Man kann ihnen den Beobachter totschießen, Motor, Tanks, alles entzweischießen, wenn sie einmal drüben sind, kommen sie immer noch im Gleitflug herunter. Doch glaube ich in diesem Falle sogar den Führer verwundet zu haben, da der Apparat die typischen steuerlosen Bewegungen in der Längsrichtung machte. Da aber der Kampf schließlich zu weit hinter der Front war, flog ich nach Hause.

Am folgenden Tage hatte ich dann endlich wieder einmal greifbare Erfolge. Mittags flog ich auf beiden Seiten der Maassperre. Jenseits der Linie flogen in großer Höhe zwei französische Jagdflugzeuge, an die ich nicht herankam. Ich wollte schon umkehren und ging im Gleitfluge über dem Toten Mann herunter, da sehe ich unten zwei Caudrons fliegen, die mir bis dahin entgangen waren. Ich ging auf die beiden zu, doch sie rissen aus. Auf etwa zweihundert Meter kam ich auf den einen heran und begann gerade zu schießen, da sehe ich einen von den Nieuwports auf mich stoßen. Dem wollte ich gern einen Denkzettel geben. Ich ließ von den Caudrons ab und flog nach Norden weg. Der Nieuwport kam hinter mir her in dem Glauben, ich hätte ihn nicht gesehen. Ich behielt ihn immer im Auge, bis er sich auf etwa zweihundert Meter genähert hatte, dann warf ich plötzlich meine Maschine herum und flog auf ihn los. Er bekam einen gewaltigen Schreck, riß seine Maschine herum und nach Süden hin aus. Durch meinen Angriff hatte ich aber doch etwa hundert Meter gewonnen, so daß ich ihm auf hundert bis hundertundfünfzig Meter den Kahn vollschießen konnte. Er machte mir auch die Arbeit nicht schwer, sondern flog schnurgeradeaus. Außerdem hatte ich Munition zum Kenntlichmachen der Geschoßbahn mit. Der Gegner fing bald an zu torkeln, doch habe ich ihn nicht so lange verfolgen können, bis er unten aufschlug. Erst am Abend hörte ich vom Stabsoffizier der Flieger, daß schon mittags die Infanterie vom Toten Mann das Flugzeug als abgestürzt gemeldet hatte. – Am Abend ging ich nochmals ohne bestimmtes Ziel auf Jagd und hatte nach mehreren vergeblichen Versuchen nach etwa zwei Stunden Flugzeit Erfolg. Ich flog nördlich vom Bois de ..., da sehe ich über diesem einen Franzmann fliegen. Ich tat so, als ob ich fortfliege und, siehe da, der Franzmann fiel darauf herein und kam nach bis über unsere Front. Jetzt stürzte ich mich mit gewaltiger Schnelligkeit (ich war viel höher) auf ihn. Er machte sofort kehrt, doch ohne entkommen zu können. Dicht hinter seinen Linien faßte ich ihn. Er ist auch jetzt noch so unklug, geradeaus zu fliegen, ich bin dicht dahinter und fange an zu hämmern, immer gutgezieltes Dauerfeuer. Ich hämmerte so lange, bis auch dieser Apparat wieder Feuer fing. Mitten im Schießen sehe ich den Gegner explodieren, in sich zusammenbrechen und hinunterstürzen. Unterwegs montierte er gleich noch den einen Flügel ab. – So hatte ich an einem Tage Nummer 17 und 18.


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